Traumhafte
Karriere eines jüdischen Kaufmanns in den Rocky Mountains
recherchiert
von Rolf Hofmann
Leopold Guldmann wurde 1852 als Sohn eines
jüdischen Metzgermeisters in Harburg geboren. Harburg war damals ein kleines
romantisches Städtchen, in dem seine Vorfahren seit 1741 lebten, nachdem sie
aus dem nahegelegenen Monheim im Herzogtum Pfalz-Neuburg zusammen mit allen
anderen dort lebenden jüdischen Familien ausgewiesen worden waren. 1870
wanderte Leopold Guldmann nach Amerika aus und erreichte am 23 Mai mit dem
Schiff "Cimbria" (von Hamburg her kommend) New York. Zunächst liess
er sich in Watertown im Staat Wisconsin bei seinem aus Fellheim in Bayern
stammenden Schwager Morris A Hirsh nieder und machte sich dort sieben Jahre
lang als Kaufmann in dessen Warenhaus "New York Store" intensiv mit
amerikanischen Geschäftsprinzipien vertraut.
Gute Geschäfte in den Rocky Mountains
Als dann um 1877 silberhaltige Bleivorkommen in
den Rocky Mountains entdeckt wurden, zogen wieder einmal Heerscharen von
Schatzgräbern, sowie Händler und Glücksritter aller Art nach Westen. Auch
Leopold Guldmann liess sich von dieser Sehnsucht nach Reichtum und
Sorglosigkeit anstecken und begab sich auf den weiten Weg nach Colorado in eine
ungewisse Zukunft. Anstatt jedoch nach silbernen Schätzen zu graben, bemühte er
sich die Schatzgräber mit all jenen Waren zu versorgen, die sie für ihren
täglichen Bedarf benötigten. Im Gegensatz zu den meisten jüdischen Händlern war
Leopold Guldmann nie als Hausierer tätig, sondern richtete Ladengeschäfte in
Leadville und Cripple Creak ein, die über alle Massen erfolgreich waren. Dies
hing insbesondere wohl auch damit zusammen, dass er niemals auf Kredit kaufte
oder verkaufte und im übrigen auch darauf sah, dass er ganze Warenlager aus
bankrotten oder feuergeschädigten Unternehmen mit barem Geld zu billigen
Preisen in grosser Menge erwerben konnte. Alsbald ermutigten ihn seine
florierenden Geschäfte zur Gründung der "Golden Eagle Dry Goods
Company" in Denver (Colorado). So überstand er auch ohne Verluste die
durch den Verfall des Silberpreises verursachte Finanzkrise von 1893, unter der
viele andere Unternehmen und vor allem auch die Bankhäuser zu leiden hatten.
"Merchant Prince" als Ehrentitel
Äusseres Zeichen dieses atemberaubenden Erfolgs
war dann auch 1905 in Denver der Neubau eines Kaufhauses, das damals zu den
grössten und schönsten Gebäuden dieser Art gehörte und mit einer mächtigen
Skulptur des "Golden Eagle" bekrönt war. Leopold Guldmann war damit
zu einem der wirklich wohlhabenden und geachteten Kaufleute des Wilden Westens
geworden, versehen mit dem tatkräftig erworbenen Ehrentitel eines
"Merchant Prince". Er lebte auch privat in standesgemässen
Verhältnissen. Zeugnis davon gab sein "Guldman Mansion", ein 1912 im
aufwendigen neugriechischen Herrschaftsstil der Südstaaten vom Architekten
Aaron Grove erbautes Villengebäude in bester Lage von Denver. Zeichen seines
Wohlstands und auch seiner Verbundenheit mit Europa waren seine jährlichen
Reisen nach Frankreich an die Cote d'Azur, wo er die Wintermonate zu verbringen
pflegte. Als Leopold 1936 starb, hatte er sich ein bleibendes hohes Ansehen
geschaffen, indem er bereits zu Lebzeiten grosszügig und vielfältig seinen
Reichtum für kommunale Projekte aller Art zur Verfügung gestellt hatte,
insbesondere für die Bedürfnisse der jüdischen Gemeinden in Denver.
* * *