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Bad Segeberg (Kreisstadt,
Schleswig-Holstein)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Bad Segeberg bestand eine jüdische Gemeinde vom Ende des 18.
Jahrhunderts bis 1939. Eine neue Gemeinde wurde 2002 gegründet (siehe
unten).
1739, als Bad Segeberg unter dänischer Herrschaft war, war zunächst nur
ein sog.
Schutzjude mit seiner Familie am Ort. Seitdem nahm die Zahl der jüdischen Familien am Ort langsam
zu.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1820 70 jüdische Einwohner (2 % der Einwohnerschaft), 1865 200
(einschließlich der Kurgäste), 1871 91 (ohne Kurgäste).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad (Mikwe) und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war
(vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat in
Hamburg-Wandsbek.
An besonderen Einrichtungen gab es seit 1908 ein Erholungsheim (das
seit 1920 sogenannte Sidonie-Werner-Heim) für
bedürftige jüdische Kinder. Die Hamburger Sozialpolitikerin Sidonie Werner
(1860-1932) hatte es im Gebäude Bismarckallee 5 (frühere Fabrikantenvilla
Wittmack) eingerichtet (20 Plätze für Kinder; heute die Villa Flath, vgl. Link
zum Segeberger Kunstverein e.V.). Seit 1918 war der Träger des Heimes der
von Sidonie Werner 1893 mitbegründete Israelitisch-Humanitäre Frauenverein
Hamburg. Dieser betrieb in Bad Segeberg in zusammen drei Gebäuden in
der Bismarckallee (Gebäude 5, 11 und 21) neben dem Erholungsheim
außerhalb der Sommerzeit eine Haushaltungs-
und Gartenschule zum Zweck der Ausbildung jüdischer Mädchen von 15 bis 35
Jahren in allen Zweigen der Hauswirtschaft für den eigenen Haushalt und für
den Beruf. Das Erholungsheim bot in den 1920er-Jahren bis zu 100 Plätze
für Kinder und 30 für Erwachsene (Verwaltung des Heimes war beim
Israelitischen Humanitären Frauenverein Hamburg). Das Heim war von Mai bis
Oktober, teilweise auch darüber hinaus geöffnet; die Solbäder vor Ort wurden
für die Fünf-Wochen-Kuren mitbenutzt. Sidonie Werner hatte in den
Sommermonaten ihren Wohnsitz von Hamburg nach Bad Segeberg verlegt. Nach dem Tod von Sidonie Werner
übernahm 1932 Gertrud Katzenstein die Leitung (umgekommen 1932 im Ghetto
Theresienstadt).
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde in Bad Segeberg 35 Personen in Bad
Segeberg gehörten (0,7 % von insgesamt etwa 5000 Einwohnern), dazu 10 Personen
in Neumünster, waren die Mitglieder des Gemeindevorstandes
Ludwig Levy, Leo Baruch, Levi Meier, S. Goldschmidt und Jean Lebowsky. Zwei
schulpflichtige Kinder der Gemeinde erhielten ihren Religionsunterricht
(Wochenunterricht) durch Lehrer Gerendasi aus Lübeck. An jüdischen Vereinen
bestand in Bad Segeberg der Israelitische Männerverein (1924/32
Vorsitzender Levi Meier mit 11 Mitgliedern) und der Israelitische
Frauenverein (1924 Vorsitzende Frau E. Baruch mit 12 Mitgliedern; 1932
Vorsitzende Frau von Levi Meier). 1932 gehörten zur Israelitischen
Gemeinde 23 Gemeindeglieder in Bad Segeberg, 32 in Neumünster. Den
Gemeindevorstand bildeten Ludwig Levy (Hamburger Straße 17), Schriftführer war
Levi Meyer, Schatzmeister M. Steinhof. Zur Repräsentanz gehörten J. Feldmann
(Neumünster) und G. Weisbaum in Neumünster. Jüdischer Lehrer und Kantor war
Leopold Bornstein (vgl. unten im Bericht von 1931; umgekommen in der NS-Zeit).
Seit Ende der 1920er-Jahre kam es verstärkt zu antisemitischen
Übergriffen in der Stadt. Am Abend des 30. Januar 1933 wurden während
eines Fackelzuges zwei jüdische Geschäfte demoliert. Nach 1933 verließen hast
alle jüdischen Einwohner die Stadt, verzogen in Großstädte oder emigrierten
ins Ausland. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und
demoliert. Das einzige noch bestehende jüdische Geschäfte wurde geplündert
und die Waren auf der Straße verbrannt. Ende 1938 gehörten nur noch acht
Personen zur jüdischen Gemeinde Bad Segeberg. Als einziger jüdischer Einwohner
überlebte Jean Labowsky die NS-Zeit in Segeberg; er war von 1946 bis 1952
Stadtdirektor (seit 2007 ist eine Straße nach ihm benannt).
Die Gebäude des Erholungsheimes (Sidonie-Werner-Heim; Bismarckallee 5 und 11)
kamen zunächst in den Besitz der Stadt Bad Segeberg, 1939 in Privatbesitz
(Wilhelm Burmester und der Künstler Otto Flath).
Von den in Bad Segeberg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Greta Alexander geb. Meier
(1913), Emma Baruch geb. Katz(1873), Salomon Siegfried Baruch (1883), Selli
(Sally) Baruch (1874), Anna Beer geb. Baruch (1869), Gitella Libka Beer (1913),
Rosa Behrend geb. Seligmann (1874), Selma Berkowitz geb. Steinhof (1902), Helene
(Helena) Durkop geb. Goldschmidt (1895), Minna Engel geb. Meier (1870),
Charlotte Gurwitsch geb. Baruch (1881), Cäcilie (Cilly) Heilbronn (1868), Louis
Heilbronn (1877), Johanna (Hannchen) Heim geb. Levy (1860), Hermann Kahn (1870),
Gertrud Katzenstein geb. Michalski (1866), Rieckchen (Rechel, Rieke) Levin geb.
Frankenthal (1861), Ella Levy (1896), Ernst David Levy (1905), Frieda Levy
(1898), Friederike Levy geb. Frank (1861), Ludwig Levy (1889), Paula Levy geb.
Baruch (1886), Paula Levy geb. Steinhof (1904), Else Löwenstein geb. Baruch
(1902), Bernhard Meier (1869), Mathilde Meier geb. Löwenthal (1871), Recha
Saalfeldt geb. Levin (1853), Emil Waldemar Selig (1875), Gustav Seligmann
(1874), Jacob Seligmann (1881), Martin Meier Seligmann (1872), Recha Seligmann
(1898), Dina Steinhof geb. Kleve (1872), Moritz Steinhof (1874), Selma Steinhof
(1902).
Zur Erinnerung an die aus der jüdischen Gemeinde in der NS-Zeit umgekommenen
jüdischen (und nichtjüdischen) Personen werden seit 2009 auf Initiative
des Fördervereins der Jüdischen Gemeinde Segeberg Stolpersteine
in der Stadt verlegt: am 29. Juli 2009 die ersten vier
Gedenksteine vor dem Rathaus Lübecker Straße 9 für Melanie Annuschat (nichtjüdische
städtische Angestellte), am Standort der ehemaligen Synagoge für Lehrer
Leopold Bornstein, vor der Villa Flath / ehemals Sidonie-Werner-Heim
Bismarckallee 5 für Frieda Epstein geb. Dachauer (Heimangestellte) und Gertrud
Katzenstein (Heimleiterin; Biografie
in der Website stolpersteine-berlin.de), im April 2010 vier
Stolpersteine in der Lübecker Straße 12 für Moritz Steinhof, Dina Steinhof
geb. Kleve und ihre Töchter Selma Steinhof und Paula Steinhof (Moritz Steinhof
war Inhaber eines Geschäftes für Textilien, Schule und Kurzwaren,
"Hamburger Partiewarenlager"), 2011 in der Hamburger Straße 9
für Cäcilie Heilbronn (war seit 1899 Inhaberin eines Kurzwaren-Geschäftes),
am 17. Mai 2011 für Friederike Levy geb. Frank in der Hamburger Straße
15. Die Verlegung weiterer Stolpersteine ist
geplant.
Verlegung 2011: http://www.infoarchiv-norderstedt.org/kurzmeldungen/neuer-stolperstein-bad-segeberg.html
Jüdische Geschichte nach 1945:
Nach 1945 lebten zunächst nur wenige jüdische Personen in Bad Segeberg.
Auf Grund des Zuzuges von jüdischen Familien / Personen aus den GUS-Staaten
seit Anfang der 1990er-Jahre kam es in Bad Segeberg zur Neugründung einer
jüdischen Gemeinde im Februar 2002. 2005 gehörten ihr fast 170 Mitglieder
an, die im Kreis Segeberg und in umliegenden Orten wohnen. Eigene Einrichtungen
wurden geschaffen, Gottesdienste wurden zunächst in der Familienbildungsstätte
abgehalten, bis 2007 ein neues jüdisches Gemeindezentrum eingerichtet werden
konnte (siehe unten). Religionsunterricht und Hebräischunterricht wurden erteilt. 2004 wurde
der erste jüdische Sportverein in Schleswig-Holstein gegründet, der Segeberger
Kreissportclub SC Makkabi.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1867 / 1898 /
1899 / 1903 / 1907 / 1928
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Oktober
1867: "Die Gemeinde Segeberg (Holstein) wünsch sogleich
einen Religionslehrer, Schochet und Chasan. Gehalt nach Übereinkommen.
Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Abschrift ihrer Zeugnisse portofrei
einsenden an den Geistlichen der israelitischen Gemeinden Wandsbeck und
Segeberg, Dr. D. Hanover in Wandsbeck". |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober
1898:
"Die Gemeinde Segeberg (Holstein) wünscht sofort einen Chasan,
Schochet und Religionslehrer, unverheiratet, in Folge plötzlichen
Ablebens des bisherigen Beamten. Gehalt Mark 1000 und Nebeneinkommen.
Bewerber wollen umgehend ihre Meldungen nebst Zeugnisabschrift an Herrn
Dr. Hanover in Wandsbek einsenden." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1899:
"Erledigte Stelle.
Die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle in der
Gemeinde Segeberg (Holstein) soll zum 1. Mai 1900 besetzt werden.
Gehalt 1250 Mark oder 1100 Mark und freie Wohnung (4 Zimmer, Küche etc.)
in der Synagoge. Reflektierende wollen sich unter Beifügung ihrer
Zeugnisse respektive des Zeugnisses über die Befähigung zum
Elementar-Unterricht bei dem Unterzeichneten melden.
Ludwig Levy,
Vorsteher der Israelitischen Gemeinde Segeberg." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1903: "Die
Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle,
soll zum 1. Juli dieses Jahres besetzt werden. Gehalt Mark 1100,
Nebeneinkommen ca. Mark 100 und freie Wohnung in der Synagoge. Bewerber
wollen ihre Zeugnisse dem Unterzeichneten einsenden.
Ludwig Levy, Vorsteher
der israelitischen Gemeinde Solbad Segeberg (Holstein)."
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1907:
"Die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
ist zum 1. Mai
dieses Jahres zu besetzen. Gehalt 1200 Mark, Nebeneinkommen mindestens 100
Mark und freie Wohnung in der Synagoge. Nur deutsche, am liebsten
seminaristisch gebildete Bewerber wollen ihre Zeugnisse dem
Unterzeichneten einsenden.
Ludwig Levy,
Vorsteher der israelitischen Gemeinde Solbad Segeberg
(Holstein)." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1928: "Für
den vom Landesverband jüdischer Gemeinden geschaffenen Bezirk Bad
Segeberg - Neumünster wird ein
Religionslehrer, Vorbeter und Schächter (Balkaure und Baltokeo)
mit dem Sitz in Bad Segeberg sofort oder möglichst bald gesucht. Gehalt
nach der 7. Gehaltsgruppe. Dienstwohnung steht zur Verfügung. Zeugnisse
über streng religiösen Lebenswandel erbeten an den unterzeichneten
Vorsitzenden der Segeberger Gemeinde: Ludwig Levy." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Zusammenkunft der Gemeindemitglieder Bad
Segeberg-Neumünster (1931)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1931:
"Bad Segeberg, 5. Februar (1931). Am 15. Schewat wurde
auf Veranlassung des Herrn Rabbiner Dukesz, Altona, im Hause des Herrn J.
Feldmann, Neumünster, die erste diesjährige Zusammenkunft der
Gemeindemitglieder Bad Segeberg - Neumünster abgehalten. Die
schöne Feier mit einem Gebet und Gesang von Kantor Herrn Bornstein
umrahmt. Die Festrede hielt Herr Rabbiner Dukesz in gewohnter
geistvoller Weise. Herr und Frau Feldmann ließen es sich nicht
nehmen, ihre Gäste in ganz hervorragender Weise zu bewirten.
Bei dieser Gelegenheit wurde der Vorschlag des Provinzial-Verbandes
Schleswig-Holstein in Erwägung gezogen, wonach im Laufe des Winters in Bad
Segeberg und Neumünster abwechselnd die Vorträge der vom Verband
vorgeschlagenen Herren abgehalten werden sollen. Diese Vorträge mögen
den zerstreut liegenden Gemeinden eine Erbauung und Stärkung des Glaubens
bringen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts gab es einen kleinen Betraum. Am 14.
Juni 1842
konnte eine Synagoge in der Lübecker Straße eingerichtet werden. Sie wurde in
einem umgebauten Wohnhaus untergebracht. Fast 100 Jahre war das Gebäude
Mittelpunkt des religiösen Lebens der jüdischen Gemeinde Bad Segeberg. Im
Gebäude befand sich auch die Lehrerwohnung und ein Schulzimmer.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch NSDAP-Mitglieder
geschändet und demoliert. Zunächst war versucht worden, das Gebäude
anzuzünden, doch wurde wegen der Gefahr für die umliegenden Häuser das Feuer
wieder gelöscht. Ein Teil der Kultgegenstände war bereits 1932 an das
Lübecker Museum für Völkerkunde als Dauerleihgabe übergeben worden und
überstand daher die Kriegsjahre.
Das Synagogengebäude wurde ab Ende 1938 zweckentfremdet. Nach 1945
wurde es für Wohnzwecke (Flüchtlinge) verwendet. 1962 wurde das
Gebäude abgebrochen. 1988 wurde auf dem Grundstück eine Gedenktafel
angebracht.
Nach 1945. Nach der Zunahme der Zahl jüdischer Einwohner in Bad Segeberg
seit den 1990er-Jahren konnte man wieder an den Bau einer neuen Synagoge in der
Stadt denken. Zunächst fanden die Gottesdienste der Gemeinde in der
Familienbildungsstätte (Falkenburger Straße 88) statt; eine eigene Torarolle
war bereits seit Gründung der Gemeinde vorhanden. 2003 wurde ein
Gebäudekomplex (ehemaliges Industriegebäude Lohmühle) im Stadtzentrum
gegenüber dem alten jüdischen Friedhof erworben, um hier ein jüdisches
Gemeindezentrum einzurichten. Architekt für den Umbau war Klaus Eggers von BAS,
Bad Segeberg. Am 24. Juni 2007 wurde in Bad Segeberg der erste Synagogenneubau
Schleswig-Holsteins seit Ende des Zweiten Weltkrieges eingeweiht. An der
Einweihung nahm auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry
Carstensen sowie der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland,
Stephan Kramer teil. Das neue jüdische Gemeindezentrum im Gebäude einer
ehemaligen Ölmühle kostete etwa 1,5 Millionen Euro. Ein großer Teil des
Neubaues wurde von Gemeindemitgliedern in Eigenarbeit errichtet. Zu dem
Gemeindezentrum (Gemeindezentrum Mischkan HaZafon) gehören neben der Synagoge auch ein überkonfessioneller
Kindergarten (seit 1910: Sidonie-Werner-Kinderhaus e.V.) und ein Jugendzentrum. Gleichfalls
ist eine Mikwe vorhanden, die derzeit einzige Mikwe in Schleswig-Holstein.
Über die jüdische Gemeinde und ihre Einrichtungen siehe die Seite http://www.lvjgsh.de/html/bad_segeberg.html
In Bad Segeberg befindet sich auch der Verwaltungssitzu des Landesverbandes der
Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein.
Mai/Juni 2007:
Das neue jüdische Gemeindezentrum mit Synagoge
wird fertiggestellt und eröffnet |
Artikel von Heike
Linde-Lembke im "Hamburger Abendblatt" vom 15. Mai 2007:
"Gotteshaus - Die junge jüdische Gemeinde Segeberg hat ihr Zentrum
gebaut - Die Synagoge ist fast fertig. Das Lübecker Völkerkundemuseum gibt die 400 Jahre alte
Torarolle an die Gemeinde zurück.
Alyssia Filatov steigt vorsichtig die Treppe in die
Mikwe, das rituelle jüdische Bad, hinunter und auf der anderen Seite
wieder hinauf. Noch geht sie auf nacktem Beton, bald werden Treppe, Boden
und Wände gefliest sein. Die Mikwe ist ein wichtiger Teil der neuen
Synagoge in der alten Lohmühle an Segebergs neuem Jean-Labowsky-Weg, der
gegenüber dem alten jüdischen Friedhof von der Kurhausstraße abgeht und
am Sonntag um 12 Uhr eingeweiht wird (wir berichteten). Am Sonntag, 24.
Juni, 12 Uhr, wird dann die Synagoge feierlich geweiht. Es ist die erste
neue Synagoge in Schleswig-Holstein nach dem Holocaust. Rechtzeitig zur
Weihung erhält die Jüdische Gemeinde die Torarolle der alten Segeberger
jüdischen Gemeinde zurück. Die 400 Jahre alte Torarolle blieb 1932 nach
einer Ausstellung im Völkerkundemuseum Lübeck. Hans Wißkirchen,
Direktor der Lübecker Museen, entschied jetzt, der Gemeinde die wertvolle
Torarolle zurück zu geben. Als Dank überreicht Stephan Aaron Weckwerth
von der jüdischen Gemeinde dem Museum eine Torarolle seiner
Familie. "Wir sind froh, diese gute Lösung gefunden zu haben",
sagt Walter Blender (46). Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Segeberg
und des Landesverbandes jüdischer Gemeinden in Schleswig-Holstein weiter:
"Wir möchten bei der Weihung aber gern mit drei Torarollen in die
Synagoge einziehen." Die Gemeinde bittet um Spenden für eine dritte
Torarolle, die aufgrund ihrer aufwendigen Herstellung auf mindestens 8000
Euro veranschlagt wird. Doch auch für das neue jüdische Zentrum mit einer
Gesamtfläche von 3350 Quadratmetern werden noch Spenden benötigt. Der
Bau kostet 1,6 Millionen Euro. Einen großen Teil erbrachte die Gemeinde
in Eigenleistung. Das Land beteiligt sich mit 250 000 Euro. 35 000 Euro
kommen von der Stiftung "Holstein-Herz", 14 000 Euro von der
"Bingo-Lotterie" und 15 000 Euro vom Zentralrat der Juden in
Deutschland. Viele kleine Spenden halfen ebenso. "Viele
Bauunternehmen haben Material oder Arbeitszeit gespendet, darunter auch
der Segeberger Landschafts- und Gartenbauer Tilmann Kaden, der den Aufgang
zur Synagoge mit Sitznischen und Obstbäumen als Erlebnis-Weg gestaltete.
Jetzt suchen wir noch Spender für Dämmmaterial", sagt Blender. Ein
großes Foyer mit offenem Treppenhaus führt in den Kindergarten, in die Küche,
ins Gemeindebüro, zum Gemeinschaftssaal und ins Souterrain mit Mikwe, Gästezimmer,
Jugendräumen, Sportanlagen und Sanitärräumen. Im ersten Stock entsteht
neben einer Bibliothek der Gottesdienstsaal mit einem Fenster, das als
Davidstern geschnitten ist. Im zweiten Stock erhält die Synagoge eine
Empore und einen zweiten Treppenaufgang. Alyssia Filatov sagt strahlend:
"Uns ist jetzt sehr wichtig, unsere Synagoge endlich mit jüdischem
Leben zu füllen.
Spenden für die Torarolle: Sparkasse Südholstein, Bankleitzahl 230
510 30, Kontonummer 9822, Kennwort Torarolle. Spendenbescheinigungen
werden ausgestellt." |
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Mai 2010:
Ein jüdischer Kindergarten wird eröffnet |
Artikel von Wolfgang Glombik in den "Lübecker Nachrichten" vom
5. Mai 2010 (Artikel):
" In Bad Segeberg entsteht erster jüdischer Kindergarten im Land.
Ein Kindergarten in einer ehemaligen Mühle: Architekt Klaus Eggers im Gemeinschaftsraum des Sidonie-Werner-Hauses.
Bad Segeberg – In Bad Segeberg wird bald der landesweit erste jüdische Kindergarten eröffnet. Er ist zugleich offen für Kinder aller Religionen. Ob Juden, Muslime oder Christen – hier setzt man auf Gemeinsames.
Klein, aber oho: Der geplante Kindergarten der Jüdischen Gemeinde in Bad Segeberg wird etwas Besonderes. Der Betrieb der Kita mit einer altersgemischten Familiengruppe für 15 Kinder, darunter fünf noch im Krippenalter, soll im August starten. Der Stadtvertretung liegt jetzt der Rahmenvertrag zur Abstimmung vor.
Das Besondere an dem neuen Kindergarten im Gemeindezentrum 'Mishkan
HaZafon' ist nicht nur, dass er von der jüdischen Gemeinde getragen wird, sondern dass er ausdrücklich interreligiös und interkulturell sein soll. Eine in Norddeutschland einmalige Einrichtung. Der Vorsitzende der Gemeinde, Walter Blender, erklärt:
'Wir haben hier bewusst ein anderes Modell gewählt. Wir wollen eine Gruppe mit jüdischen Kindern aus der Gemeinde, aber auch mit einigen muslimischen und christlichen
Kindern.' Analog dazu sollen möglichst auch die Erzieher ausgewählt werden, betont Blender. Als wenn die Ringparabel von Lessings
'Nathan der Weise' hier in Bad Segeberg verwirklicht werden soll: Alle drei Religionen sind zwar verschieden, haben aber einen Gott.
Architekt Klaus Eggers öffnet für die LN die Tür zum Gemeinschaftsraum. Hier sollen sich die Kinder treffen, singen, beten, spielen und Spaß haben.
'Dieser Raum ist schon etwas Besonderes.' Die alte Mühle ist noch erkennbar. Die Fensterbänke sind in die einen Meter dicken Mauern als gemütliche Sitzgelegenheiten eingelassen. Architekt Eggers hat das mit den
'Bänken' einfach wörtlich genommen. Mit Buchenholz verkleidete Wände, wüstensandfarbenes Linoleum, hellblaue Decke. Der achteckige Grundriss der alten Holländermühle führt zu einer besonderen Raum-Atmosphäre. Das Sidonie-Werner-Kinderhaus – so wird der Kindergarten heißen – im Jean-Labowsky-Weg soll auch für viele Nicht-Juden der
'Türöffner' zum Gemeindezentrum werden. Auch wenn man jüdisch sein muss, um zur 180 Köpfe zählenden Gemeinde zu gehören, es gibt schon jetzt mit dem jüdischen Sportverein eine Institution, in der auch Christen mit von der Partie sind. Vieles im Alten Testament sei doch für alle drei großen Religionen gleich, vom
'Turmbau zu Babel' bis zur 'Arche Noah', meint Blender. 'Wir können so den Kindern vermitteln, dass wir alle einen gemeinsamen Gott haben. Das wird traumhaft schön', schwärmt Blender schon jetzt.
Bei der Zusammensetzung der Kindergruppe möchte die jüdische Gemeinde mit der Stadt zusammenarbeiten. Die habe eine lange Warteliste von Eltern, die Plätze für ihre Kinder suchen. Blender möchte so an interessierte Eltern aller Religionen herankommen. Ihm sei wichtig, dass der interreligiöse Kindergarten
'nicht nur so auf dem Papier steht, sondern auch Wirklichkeit wird'. Dabei soll das Religiöse übrigens nicht dominieren, sondern eher
'nebenbei laufen', so Blender.
'Der Kindergarten ist uns hier im Gemeindezentrum ganz wichtig', betont Blender.
'Dann ist immer Leben in der Bude.' Schon jetzt haben sich Praktikanten aus ganz Deutschland angemeldet, um das Kita-Modell kennenzulernen. Das Essen des täglich acht Stunden geöffneten Sidonie-Werner-Hauses soll aus einer Großküche kommen. Dort gibt es einen Koch, der auch koschere Speisen zubereiten kann. Und die Erzieherinnen? Schon jetzt liegen Bewerbungen für die 2,4 Stellen vor, aber Blender empfiehlt auch weiteren Fachkräften, sich zu bewerben, wenn sie sich für das interreligiöse Konzept begeistern – gerade wenn sie Moslems oder Christen sind.
" |
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Mitteilungen seit 2005 und
aktuelle Informationen siehe Mitteilungsblatt "Jüdisches
Schleswig-Holstein" - erscheint seit 2005 (1. Ausgabe/1. Jahrgang
Januar 2005/Tewet 5765):
http://www.lvjgsh.de/html/mitteilungsblatt.html |
Adresse/Standort der Synagogen: Lübecker
Straße 2 (1842 - 1938) Jean-Labowsky-Weg 1 (seit
2007)
Fotos
Fotos sind
noch zu ergänzen |
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Das neue Gemeindezentrum |
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Plan für den Neubau des
Jüdischen Gemeindezentrums
in Bad Segeberg (2005; Quelle: Mitteilungsblatt 1/2005) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Friedrich Gleiss: Juden in Segeberg. In:
Heimatkundliches Jahrbuch für den Kreis Segeberg. Jahrgang 33/1987 S.
66-67. |
 | ders.: Der jüdische Friedhof zu Segeberg von 1792 und
seine Toten. In: Heimatkundliches Jahrbuch für den Kreis Segeberg. Jahrgang
36/1990 S. 77-78. |
 | Torsten Mußdorf: Die Verdrängung der Segeberger
Juden im Zuge der Gleichschaltung. Frankfurt/Main 1991. |
 | ders.: "...ich beabsichtige, mich auf dem Hausboden zu
erhängen". Die Verdrängung jüdischen Lebens in Bad Segeberg. In: G. Paul/M.
Gillis-Carlebach (Hrsg.). Menora und Hakenkreuz - Zur
Geschichte der Juden in und aus Schleswig-Holstein, Lübeck und Altona
1918-1998. Wachholtz Verlag. Neumünster 1998. |
 | Friedrich Gleiss: Jüdisches Leben in Segeberg vom
18. bis 20. Jahrhundert. Gesammelte Aufsätze mit über 100 Fotos und
Dokumenten. Selbstverlag. Bad Segeberg 2002. |
 | Aktuelle Informationen siehe "Jüdisches
Schleswig-Holstein" Mitteilungsblatt des Landesverbandes der
Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein K.d.ö.R. http://www.lvjgsh.de/html/mitteilungsblatt.html
Online zugänglich sind alle Ausgaben seit 2005 (1. Jahrgang, Ausgabe 1 im
Januar
2005). |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Bad Segeberg Schleswig Holstein.
Although one protected Jew (Schutzjude) was allowed to live and trade in
Danish-ruled Segeberg (1739), no Jewish community existed until 1793. By 1820,
there were 70 Jews living there (2 % of the total). They dedicated a synagogue
in 1842 and participated in the first revolt against Denmark (1848-50). They
obtained civil rights in 1863. The number of Jews registered in 1865 varied from
200, which included those visiting the health resort, to 91 permanent residents
in 1871. Affiliated with the rabbinate of Hamburg-Wandsbek (1868), they had a
cantor-teacher who performed ritual slaughter (shehita). Community
members opened stores, kosher boarding houses, and clinics. Led by Sidonie
Werner, an associate of the Jewish feminist Bertha Pappenheim (1859-1936), the
Jewish Humanitarian Women's Association of Hamburg established between 1909 and
1919 a school for training housekeepers and three children's convascelent homes
with accomodations for 125. By 1916 the number of Jewish residents had declined
to 43 and, to bolster its finances, the community secured the affiliation of 20
Jews in Neumuenster (1913) and 35 in Klein Niendorf (1917). This brought
community membership up to 134 in 1925. Germany's postwar economic crisis badly
affected local Jewish tradesmen and hooligans began attacking Jews. Only 47 of
the community's 100 members lived in Bad Segeberg when Hitler came to power.
Nazi boybott measures forced Jewish enterprises and children's homes to close.
The synagogue was vandalized on Kristallnacht (9-10 November 1938). By
1939 the community had vanished. Three Jews committed suicide, 14 emigrated, and
about 15 (including three who moved to Holland) perished in the Holocaust. Only
one (hidden by a friendly policeman) survived. The former synagogue, which
housed refugees after Worldwar II, was demolished in 1962.

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