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Holzhausen über Aar
mit Breithardt (Gemeinde
Hohenstein [Untertaunus], Rheingau-Taunus-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Holzhausen bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts
zurück. 1668 gab es vier jüdische Familien am Ort. Die jüdischen
Familien betrieben schon damals Landwirtschaft und hatten jeweils bis etwa 10
Hektar Land. Der Landbesitz der jüdischen Einwohner hing größtenteils
zusammen und wurde als "Judengwannen" bezeichnet.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1843 31 jüdische Einwohner, 1861 78 (11,9 % von insgesamt 654
Einwohnern, ca. 20 Familien), 1871 29 (4,0 % von 721), 1885 41 (5,8 % von 711),
1895 28 (4,1 % von 678), 1905 25 (3,7 % von 679). Zur jüdischen Gemeinde
Holzhausen gehörten auch die in Breithardt
lebenden jüdischen Personen: 1843 11 jüdische Einwohner.
Aus Breithardt ist u.a. die Familie Nassauer bekannt (s.u. zu Siegfried
Nassauer). In Holzhausen begegnen als jüdische Familiennamen: Meyer
(Vorfahren kamen nach 1812 aus Kettenbach), Ackermann, Scheer. Unter den
jüdischen Gewerbetreibenden gab es im 19./Anfang 20. Jahrhundert in
Holzhausen u.a. einen Metzger, einen Schneider, mehrere Vieh- und
Pferdehändler; Familie Meyer hatte ein Geschäft für Landmaschinen und
Landesprodukte; in Breithardt gab es einen Viehhändler und einen Metzger;
Familie Falk betrieb ein Geschäft mit Kleidern und Möbeln.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule und ein
rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19.
Jahrhundert zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war. Von den Lehrern ist insbesondere H. Kahn bekannt, der von
1841 bis 1870 Lehrer in Holzhausen war (siehe Bericht unten). Die Toten der
jüdischen Gemeinde wurden in Burgschwalbach,
teilweise auch in Wehen
oder Laufenselden
beigesetzt.
Um 1924 wurden noch 9 jüdische Einwohner gezählt (1,5 % von insgesamt 620
Einwohnern). 1932 war Gemeindevorsteher Nathan Meyer (gestorben 1936,
siehe Bericht unten). Im
Schuljahr 1931/32 gab es drei schulpflichtige jüdische Kinder, die in Religion
- vermutlich durch einen auswärtigen Lehrer - unterrichtet
wurden.
1933 gehörten noch 22 Personen zur jüdischen Gemeinde (davon 13 in
Holzhausen, 9 in Breithardt). In
den folgenden Jahren sind die meisten der Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Vier Personen aus
Holzhausen gelang die Auswanderung in die USA, drei emigrierten nach Südafrika
(Brüder Richard und Hugo Ackermann),
ein junger Mann nach Palästina/Israel. Aus Breithardt wanderte Kaufmann Falk
und seine Frau nach Südafrika aus; die Familie des Händlers und Metzgers
Moritz Kahn ist gleichfalls ausgewandert. Nach dem Tod von Nathan Meyer (1933)
war letzter Gemeindevorsteher Isidor Meyer gewesen. Er sowie seine Frau starben
nach der Deportation in Theresienstadt.
Von den in Holzhausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Arthur Ackermann (1898, vgl.
Erinnerungsblatt
des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden),
Sally Blum (1882), Rosa Hirsch geb. Seufert (1903), Martha Kahn geb. Blumenthal
(1890), Johanna Levy (1885), Gustav Meyer (1903), Isidor Meyer (1868), Rosa
Meyer geb. Falk (1875).
Aus Breithardt sind umgekommen: Paula (Bina) Kahn geb. Falk (1881, siehe
Kennkarte unten),
Else Kahn (1911), Gustav Kahn (1880) sowie die bereits unter Holzhausen genannte
Rosa Meier geb. Falk (in Breithardt geboren und später in Holzhausen
wohnhaft).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Berichte
Gemeindebeschreibung von Holzhausen ü. Aar (1936 !)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
Juli 1936: "Holzhausen ü.A. 320 m hoch gelegenes altes
Dorf mit 700 Einwohnern; darunter noch einige Judenfamilien. Hier haben um
1876, als die jetzige Synagoge gebaut wurde, etwa 10 jüdische Landwirte
mit je bis zu 10 Hektar Land gewohnt. Ihre Ländereien hingen teilweise
zusammen und trugen - mit noch weiteren Feldern - die Gesamtbezeichnung 'Judengwannen'
oder -Gewannen. (Gewann war eine Flurabteilung im altgermanischen Dorfe).
So wird es nicht wundernehmen, die Anwesenheit und landwirtschaftliche
Lebensform von Juden in jener Gegend bis ins 16. Jahrhundert zurück
bestätigt zu wissen." |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Zum Tod von Lehrer Herz Kahn (Lehrer in Holzhausen von 1841
bis 1870)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. September
1903: "Schierstein, 10. September (1903). Am 12. vorigen Monats starb
der erst seit 1. Mai dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhestand
getretene Lehrer H. Kahn aus Flörsheim (Nassau). In dem nassauischen
Städtchen Nastätten 1823 geboren, besuchte er später von 1830-41 das
frühere jüdische Seminar in Ems. Nach erlangter Lehrbefähigung erhielt
er in Holzhausen über Aar (Nassau, für Aur) die erste Anstellung. Im Jahre 1870
wurde er auf Ansuchen nach Flörsheim versetzt. Hier wirkte er 33 Jahre.
Kahn war ein sehr tüchtiger Lehrer und besaß ein tiefes jüdisches
Wissen. Für die nassauischen Schulblätter der Jahrgänge 1856-73
lieferte er sehr gediegene Aufsätze pädagogischen Inhalts. An der Bahre
schilderte in würdiger Weise Herr Bezirksrabbiner Dr. Silberstein in
Wiesbaden den Lebenslauf des Verstorbenen und gab insbesondere in
anerkennenden Worten dem Pflichteifer und der Treue des Verstorbenen
seinen Vorgesetzten gegenüber Ausdruck. Nicht unerwähnt mag bleiben,
dass der Verstorbene Mitbegründer des großen Lehrer-, Witwen- und
Waisen-Unterstützungsvereins 'Achawa' Sitz Frankfurt am Main war und
stets großes Interesse für das unschätzbare soziale Werk bekundete.
Ehre seinem Andenken!" |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über die Vorfahren des Journalisten Siegfried Nassauer in
Breithardt
Aus Arnsberg s.Lit. Bd. I S. 386: "Die
Vorfahren des Journalisten Siegfried Nassauer, der bei der Frankfurter
Zeitung lange Zeit in führender Position tätig war, stammten aus
Breithardt: Jean (Jesaias) Nassauer war in Breithardt geboren, ging aber
anscheinend schon in jungen Jahren nach Würzburg, wo Siegfried Nassauer
geboren wurde (im Jahre 1868). Jean Nassauer war mit Ida Sonnemann, der
Kusine von Leopold Sonnemann - dem Begründer der Frankfurter Zeitung -,
verheiratet. Wahrscheinlich kam Siegfried durch diese verwandtschaftlichen
Beziehungen nach Frankfurt; Siegfried Nassauer schrieb u.a. das Buch 'Was
Frankfurter Brunnen erzählen', das 1921 erschien. Siegfried Nassauer war
verheiratet mit einer Frankfurterin namens Else Jeanette Horkheimer. Sie
war in Theresienstadt und lebt jetzt (sc. um 1970) in Frankfurt bei
ihrem Sohn Hans, der Redakteur bei der Frankfurter Rundschau war." |
Zum Tod von Nathan Meyer, langjähriger Gemeindevorsteher
(1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Februar 1936: "Holzhausen
über Aar, 6. Februar (1936). Hier starb nach einem Leben voll Kampf,
Arbeit und Pflichterfüllung in seinem 61. Lebensjahr am 4. Februar Nathan
Meyer, langjähriger Vorsteher der Kultusgemeinde Holzhausen/Breithardt.
Meyer hatte den Feldzug mitgemacht und wurden ihm die größten Auszeichnungen
zuteil. Eine große Zahl jüdischer und christlicher Menschen und die
alten Soldaten und Kriegskameraden des Ortes gaben dem Verstorbenen in
Anerkennung seiner großen Beliebtheit das Geleite. Herr Lehrer Grünebaum,
Wiesbaden, sprach Worte, die der Trauergemeinde zu Herzen
gingen." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
von
Bina Kahn geb. Falk |
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Bina Paula Kahn geb. Falk ist
am 23. Juli 1881 als Tochter des Falk Falk und der Jettchen geb. Straus in
Breithardt geboren, sie lebte später in Mainz. Am 27. September 1942
wurde sie ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt deportiert, so sie am
24. Juni 1943 umgekommen ist.
Link
zu holocaust.cz |
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Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge musste um 1875 einer Straßenerweiterung
weichen und wurde abgebrochen. Der Verkaufserlös für das Gebäude diente zum
Kauf des Holzes für einen Neubau.
Eine neue Synagoge wurde 1876 erbaut. Es handelte sich um einen
eingeschossigen Bau mit ca. 25 Quadratmetern.
1937 - bereits vor der Auflösung der Gemeinde (1938) - wurde das
Synagogengebäude durch den früheren jüdischen Besitzer - Abraham Ackermann - verkauft. Bis in die 1960er-Jahre war darin eine kleine
Druckerei untergebracht. 1974 ist die ehemalige Synagoge vom Besitzer
abgebrochen worden.
Adresse/Standort der Synagoge: Felsterbachstraße
Fotos
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Fotos des
Synagogengebäudes - weder historische Fotos noch nach 1945 - sind bislang
vorhanden.
Über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Zwei der Beisetzungen
im
jüdischen Friedhof in
Burgschwalbach |
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Grabsteine
für Sarah Blumenthal geb.
Rosenbaum (1836-1908) und Herz Blumenthal
(1833-1908) von Holzhausen über Aar |
Grabstein
für Nathan Meyer
geb. 25.3.1875 gest. 4.2.1936
in Holzhausen über Aar |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 385-386. |
 | Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 178. |
 | dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 144 (keine weiteren
Informationen) |
 | dies.: Neubearbeitung der beiden Bücher. 2007. S.
368. |
 | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 298. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 439. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Holzhausen
ueber der Aar Hesse Nassau. Dating from the 16th century, the
community numbered 78 (12 % of the total) in 1861. It disbanded in 1938: 14 of
the 21 Jews emigrated; four deportees perished in the Theresienstadt ghetto.

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