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Jugenheim (VG
Nieder-Olm, Kreis Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Jugenheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1927. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 fünf jüdische Haushaltungen, 1824 49 jüdische Einwohner, 1830 57,
1861 67, 1900 29, 1905 34 (3,1 % von insgesamt 1.093 Einwohnern).
1881 kam es in Jugenheim und Partenheim
zu schweren antisemitischen Ausschreitungen (siehe Berichte unten).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (Betstube,
s.u.), zeitweise eine Schule (Religionsschule, 1855 genannt) und einen Friedhof. Ob zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
zeitweise ein Lehrer am Ort war (am ehesten in der Mitte /zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts), der auch als Vorbeter und Schochet tätig war,
ist nicht bekannt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk in Bingen.
Um 1924 war die Gemeinde in Auflösung begriffen. Es gehörten ihr noch
26 Personen an. Damals hätten die Gemeinden Partenheim und Jugenheim gerne eine
gemeinsame Gemeinde gebildet, was jedoch behördlicherseits abgelehnt wurde, da
die Gemeinden unterschiedlichen Landkreisen angehörten.
1933 wurden noch 18 jüdische Einwohner gezählt. Die meisten von ihnen sind in den folgenden
Jahren auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom
1938 wurden die Synagoge zerstört und die jüdischen Wohnungen überfallen und
geplündert.
Von den in Jugenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paula (Pauline) Bendorf
geb. Müller (1897), Siegfried Blatt (1875), Albert Deutsch (1864, Foto des
Grabsteines in Gurs siehe unten), Auguste Kahn
geb. Blatt (1868), Eugen Müller (1903), Fritz Müller
(1900), Hilde Müller (1930), Robert Müller (1895), Salomon Müller (1876),
Jenny Seligmann geb. Schwab (1870), Arthur Umstein (1901), Markus Umstein
(1896), Berta Wolf geb. Blatt
(1866).
Anmerkung: Es kommt in den Listen immer wieder zu einzelnen Verwechslungen
mit Personen, die in Jugenheim an der Bergstraße
gelebt haben.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Berichte zu den antisemitischen Ausschreitungen in
Jugenheim und Partenheim (1881)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9.
Februar 1881. Aus Rheinhessen. Auch in unserer Provinz hat die
Antisemitenbewegung böse Früchte gezeitigt. In den beiden, meistens von
Protestanten bewohnten Dörfern Partenheim und Jugenheim ist die
bekannte antisemitische Petition fast von allen protestantischen Bewohnern
derselben unterzeichnet worden. - "Was von Berlin kömmt," sagte ein
Bürgermeisterei-Adjunkt, "ist gut und muss unterschrieben werden."
Dabei ließen es aber die Herren Antisemiten nicht bewenden. Sie warfen den
Juden die Fenster ein; schwere Steine wurden auf die Dächer geworfen, die
natürlich großen Schaden gelitten haben. Schon haben sich einige Israeliten
entschlossen, diese beiden Dörfer zu verlassen und nach Mainz oder Bingen zu
ziehen. - Gegen die in den genannten Dörfern wohnenden Juden liegt nicht die
geringste Beschwerde vor; es sind fleißige, friedliche Menschen, und unter
ihnen befinden sich keine Wucherer. Der Hass ist ein künstlich geschürter,
lediglich durch die von Berlin ausgehende Antisemitenbewegung angefacht,
Während der großen Kälte in den verflossenen Wochen hatte man, um den Juden
einen Schabernack zu spielen, auf das Strengste verboten, für die Juden am
Sabbat Feuer anzumachen und die Wärmeöfen zu bedienen, sodass die Armen gezwungen
waren, bei 12 Grad Kälte in ungeheizten Zimmern zu sitzen.
Nach den hier geltenden Gesetzen sind die politischen Gemeinden verpflichtet,
für den durch Ruhestörung verursachten Schaden aufzukommen und werden beide
Gemeinden die eingeworfenen Fenster und die zerstörten Dächer wieder
herstellen müssen, wenn die Täter nicht zu eruieren oder nicht im Stande zu
bezahlen sind. Die Anzeuge ist bereits bei der Staatsbehörde gemacht. Die
Herren Stöcker, Förster etc. können auf diese Erfolge stolz sein.
Wie wir vernehmen, sind von der Behörde energische Maßregeln ergriffen worden,
um die Wiederkehr der Exzesse zu verhindern. |
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Artikel in der Beilage zur Zeitschrift "Der
Israelit" vom 9. Februar 1881. Mainz. Auf Verfügung des Großherzoglichen
Ministeriums ist die Gemeinde Partenheim, in welcher jüngst verschiedene
Ausschreitungen gegen die dort wohnenden Israeliten vorgekommen sind, auf die
Dauer von vier Wochen mit einem Gendarmerie-Wachposten, aus zwei Mann bestehend,
belegt worden.
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18.
Mai 1881. Partenheim, 10. Mai (1881). Die Antisemiten scheinen immer noch
keine Ruhe zu haben; neuerdings verlegen sie sich auf Schändlichkeiten, die
nicht scharf genug getadelt werden können. In einer der jüngst verflossenen
Nächte wurden die Reben derjenigen Weinberge, die Israeliten gehören, fast
sämtlich abgeschnitten, dem Weinmakler B. von Partenheim wurden nicht allein
die Einlager und Sprösslinge, sondern auch die Stöcke aus der Erde
herausgerissen. |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Vermächtnis von Julius Weil an die katholische Kirchenverwaltung (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. November
1906: "Jugenheim (Pfalz). Der Synagogenvorstand Julius Weil
hat der katholischen Kirchenverwaltung testamentarisch 3000 Mark mit
der Bestimmung vermacht, dass aus den Zinsen Brot zur Verteilung an die
Ortsarmen angeschafft werde." |
Erinnerung an die Deportation in das südfranzösische
Internierungslager Gurs im Oktober 1940: Grabstein für Albert Deutsch in Gurs
Grabstein im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs
für
Albert Deutsch,
geb. am 16. Februar in Jugenheim (nicht Ingenheim), später wohnhaft in
Heidelberg,
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 1. Dezember 1940
umgekommen ist. |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Jugenheim geboren sind |
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Kennkarte (Mainz 1939) für Salomon
Blatt
(geb. 25. Januar 1868 in Jugenheim), Metzger
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Kennkarte (Mainz 1941) für Hilde
Müller
(geb. 13. April 1930 in Jugenheim), Schülerin, wohnhaft in Mainz,
am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt in das
Ghetto Piasko, umgekommen |
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Kennkarte (Mainz 1939) für
Salomon Müller
(geb. 22. Mai 1876 in Jugenheim), wohnhaft in Mainz,
am 27. September 1942 deportiert ab Darmstadt in das Ghetto
Theresienstadt, wo er am 19. Mai 1944 umgekommen ist |
Kennkarte (Mainz 1939) für
Siegfried Müller
(geb. 25. Oktober 1912 in Jugenheim), Metzger
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Zur Geschichte der Synagoge
In Jugenheim wurde um 1846 eine Betstube eingerichtet, die
über mehrere Jahrzehnte Mittelpunkt des jüdischen Lebens am Ort war. Auch die
in Partenheim lebenden Juden kamen zu den Gottesdiensten nach Jugenheim (noch 1927).
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Bethaus nach einem Augenzeugenbericht durch
Einheimische zerstört. Es brannte bis auf die Grundmauern nieder. Nach dem
Verkauf des Grundstückes wurden unter Verwendung der Mauerreste des Gebäudes
ein Werkstatt und ein Laden erstellt.
Adresse/Standort der Synagoge: Hintergasse
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Fotos
Fotos und
Abbildungen zur jüdischen Geschichte in Jugenheim sind noch nicht
vorhanden;
über Zusendungen oder Hinweise freut sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 413-414. |
 | Adolf Schick: Die jüdischen Familien in Jugenheim nach der
Erinnerung eines Zeitgenossen. In: Heimatjahrbuch 1994 Landkreis
Mainz-Bingen S. 79-82. |
 | ders.: Jugenheimer Juden im 20. Jahrhundert. In: AVZ (Aus
vergangenen Zeiten - Beiträge zur Jugenheimer Ortsgeschichte) 2 1980
S. 10-13. |
 | Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 196 (mit weiteren Literaturangaben).
|

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Jugenheim Hesse. Numbering
67 (6 % of the total) in 1861, the community fell victim to antisemitism in the
1880s and disbanded in 1927. Most of the few remaining Jews (18 in 1933) left
after Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue was
vandalized.

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