Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kastellaun (VG Kastellaun, Rhein-Hunsrück-Kreis )
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Allgemeiner Bericht von 1930
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
       
In Kastellaun gab es bereits im Mittelalter eine jüdische Gemeinde (14. Jahrhundert)
 
Eine neuzeitliche jüdische Gemeinde bestand bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Erstmals wird 1862 ein jüdisches Ehepaar am Ort genannt. 1895 wurden 64 jüdische Einwohner gezählt. Gemeindevorsteher zur Zeit der Gründung der Gemeinde (um 1892) war Isaak Forst II. 
    
An Einrichtungen bestanden nach 1892 eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein Friedhof. In der Religionsschule besuchten im Schuljahr 1924/25 14 Kinder den Unterricht, der durch Lehrer Hermann Fein aus Boppard erteilt wurde. 1932 wurden 11 jüdische Kinder durch den Lehrer Ludwig Gabel aus Hasenthal unterrichtet (letzterer wird auch bei der Einbringung einer neuen Torarolle 1931 genannt, siehe Bericht unten). An jüdischen Vereinen bestand der Israelitische Wohltätigkeitsverein (Chewra Gemilus Chasodim, 1932 unter dem Vorsitz von Isaak Forst) und die Frauen-Chewra (Wohltätigkeitsverein, 1932 unter dem Vorsitz von Babette Forst). 1927/29 wird auch ein Jüdischer Jugendverein Kastellaun (1927 unter Vorsitz von Simon Hammerschlag, 1929 unter Vorsitz von Hilde Forst) genannt. 
    
1924, als die Höchstzahl von 90 jüdischen Einwohner erreicht wurde, waren die Vorsteher der Gemeinde Isak Forst, Hermann Marx, Albert Katzenstein, Adolf Forst, Julius Kohn. Der Repräsentanz gehörten an die Herren Bernhard Forst, Albert Katzenstein, Josef Kirch, Jonas Mayer, Siegmund Forst, Hermann Kahn und Julius Kahn. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Isaak Forst (1. Vors.), Adolf Forst (2. Vors.) und Leo Schwarz (3. Vors.). Der Repräsentanz unter dem Vorsitz von Bernhard Forst gehörten neun Mitglieder an.  
     
1933 wurden 85 jüdische Einwohner gezählt. In den folgenden Jahren ist auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im Juni 1933 waren es bereits nur noch 66 jüdische Einwohner. Bis 1938 ging die Zahl der jüdischen Einwohner auf etwa 20 bis 30 zurück. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen Männer in das KZ Dachau verschleppt und dort für mehrere Wochen festgehalten. Die letzten jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert. 
    
Von den in Kastellaun geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Cerline (Zilly) Bier geb. Forst (1895), Bella Forst (1928), Hannelore Forst (1931), Jakob Forst (1882), Manfred Forst (1924), Rosa Forst geb. Baer (1893), Betty Hirsch (1903), Hugo Hirsch (1876), Irma Hirsch (1905), Rosa Hirsch geb. Lorch (1874), Ella Jacobsohn geb. Katzenstein (1902), Walter Jacobsohn (1899), Albert Katzenstein (1874), Jenny Katzenstein geb. Rosenthal (1877), Rosa de Leeuw geb. Wolf (1901), Herta Loeb geb. Seligmann (1910), Harry Schwarz (1928), Heinrich (Zwi) Seligmann (1880), Franziska Wolf (geb. ?), Ludwig Wolf (1885).       
  
Am 19. März 1986 wurde der Öffentlichkeit auf dem jüdischen Friedhof von Kastellaun in der Hasselbacher Straße ein Gedenkstein übergeben, dessen Errichtung vom Kastellauner Stadtrat Ende Mai 1985 beschlossen worden war. Auf dem Stein stehen die Worte: "Zur Erinnerung an die Angehörigen jüdischer Familien aus Kastellaun, die in der Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft aus ihrer Heimat vertrieben, deportiert oder ermordet wurden. Die Synagoge stand in der Eifelstraße. Sie wurde am 10.11.1938 zerstört. Die Bürger der Stadt Kastellaun". 
 
Kastellaum Stolperstein 025.jpg (425559 Byte)Ende September 2009 wurden in Kastellaun 20 "Stolpersteine" zur Erinnerung an jüdische Personen verlegt, die in der NS-Zeit ermordet wurden. Zur Gedenkfeier am 29. September 2009 war auch ein Enkel des ermordeten Ehepaares Albert und Jenny Katzenstein anwesend. Einer der insgesamt sechs Verlegeorte war das Haus Marktstraße 22 - direkt gegenüber dem Rathaus - vor dem ehemaligen "Haus Katzenstein", wo vier "Stolpersteine" verlegt wurden.    
Links: Foto von Stefan Haas: Stolperstein für Siegmund Forst (1879)   
   
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde                   
   
Allgemeiner Bericht über die jüdische Gemeinde Kastellaun (1930)  

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" im "Israelitischen Familienblatt" vom 19. Juni 1930 (Aus der Reihe "Mit jüdischen Augen durch deutsche Lande - III. Vom Idarwald an den Rhein.
Kastellaun. 1650 Einwohner, prächtiger Flecken, dem man den Aufstieg schon an den schmucken Villen und an den zahlreichen neuen Häusern ansieht, die übrigens fast alle mit Schiefer gedeckt und z.T. damit bekleidet sind. Von der alten Stadt ist kaum noch etwas zu sehen. Nur die Burg Kastellaun der einst mächtigen Grafen von Sponheim ist noch als mächtige Ruine erhalten. 1689 wurde die Stadt durch die Franzosen verwüstet. Heute ist Kastellaun ein Hauptzentrum des linksrheinischen Viehhandels, und infolgedessen von Juden viel besucht. Juden müssen in Kastellaun schon frühzeitig gewohnt haben. Denn König Heinrich VII. aus dem luxemburgischen Haus, der 1308 bis 1313 regierte, schenkt seinem Bruder, dem Grafen Simon von Sponheim in Kastellaun 30 Juden. Der Sponheimer Graf hat nach einer Mitteilung des Hirsauer Benediktinerabtes Johannes Trithemius (der aus Trittenheim a.d. Mosel stammte, eine Zeitlang in Berlin lebte und die Gründung der Universität Frankfurt anregte und 1516 starb) diese Juden sich vollsaugen lassen wie einen Schwamm und hat sie dann ausgedrückt. Hernach müssen die Juden der Grafschaft vielleicht zwischen 1380 und 1390 wie die der Pfalz, ausgewiesen worden sein; denn 1548 bekunden die damaligen Herren der Grafschaft in einer Niederlassungsgenehmigung, dass sie eine Zeitlang Juden nicht in die Grafschaft ausgenommen hätten. In Kastellaun selbst scheint aber nie wieder ein Jude ansässig gewesen zu sein, bis nach dem Deutsch-Französischen Krieg. Ende der siebziger (sc. 1870er) Jahre taucht ein jüdischer Handelsmann Elias Löb auf, der von dem angesehenen (christlichen) Kaufmann Leonhard, Vater des Historikers von Kastellaun, Dr. Otto Leonhard, durch kurzfristige Darlehn, meist auf 1—2 Tage, gefördert wird und feine Kunden im Viehhandel so zuverlässig bedient, dass er in der ganzen Umgegend bald nur 'der ehrliche Jud' heißt. 1905, also nach weiteren 25 bis 30 Jahren hat die Gemeinde schon 65 Seelen, 1909: 84. 1913: 78 Seelen, aber 1924 trotz des dazwischen liegenden Krieges wieder 90 Seelen. Die Hauptbeschäftigung der jüdischen Bevölkerung ist Vieh- und Pferdehandel, daneben Handel mit Leder und Futtermitteln. Es ist eine ganze Reihe junger Familien da; vom Zug in die Großstadt spürt man kaum etwas. Vorsteher ist seit Jahrzehnten Isaak Forst. Die Synagoge, aus einer ehemaligen Scheune hergestellt, mit einem Giebel versehen, ist wie die meisten neueren Häuser der Stadt mit Schiefer gedeckt und bekleidet, wohl als die einzige in Deutschland. Der kleine Friedhof außerhalb der Stadt, etwa ebenso alt wie die jetzige Gemeinde, ist sauber eingezäunt und sehr gepflegt. — Die ganz ausgezeichnete rituell geführte Speisewirtschaft von Ludwig Wolf, Hasental, wird von den zahlreichen auswärtigen Geschäftsleuten stark frequentiert. Natürlich ist an guten Hotels kein Mangel. Auch eine Schülerherberge ist vorhanden. Herrliche Ausflüge: 1. Zur tausendjährigen Eiche im Pfarrdorf Buch, 3,5 Kilometer (der Stamm hat am Boden 6 1/2 Meter Umfang), mit entzückendem Ausblick auf die Burg Baldeneck, die Moselhöhen und die Eifel; noch 1/4 Stunde weiter Ruine der Burg Baldeneck, von Balduin von Trier, dem Beschützer der Juden (s. Moselroute!), erbaut. Kastellaun ist zum Erholungsaufenthalt ganz besonders geeignet. Von Kastellaun nach Boppard a. Rh. wandert man, wenn man gut zu Fuß ist, die prachtvolle letzte Strecke des Höhenweges Merzig-Boppard, allerdings 28 Kilometer, aber sehr lohnend, besonders in der zweiten Hälfte. Oder man fahre mit der Bahn nach Station Leiningen und hat von dort noch etwa 15 Kilometer nach Boppard.
Die Bahn Kastellaun—Boppard nimmt unter den deutschen Gebirgsbahnen eine hervorragende Stellung ein, nicht nur weil sie zahlreiche überraschende Ausblicke auf die bunt wechselnde Landschaft gewährt, sondern weil sie von Station Buchholz aus bis Boppard als Zahnradbahn auf einer Strecke von 6,3 Kilometern ein Gefälle bzw. eine Steigung von 326 Metern zu überwinden hat..." 

  
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1913    

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 6. März 1913: "Die israelitische Gemeinde Kastellaun sucht zum 1. April dieses Jahres einen
Lehrer
welcher auch Vorbeter und Schochet sein muss. Gehalt 1200 Mk. und Nebenverdienst.
Offerten sind zu richten an den
Vorsitzenden der israelitischen Gemeinde
Isac Forst
Castellaun
, Reg.-Bez. Koblenz."  

  
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Isak Forst feiert seine 30-jährige Tätigkeit als Vorsteher der Gemeinde und als ehrenamtlicher Vorbeter (1929)  

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 17. Mai 1929: "Kastellaun (Hunsrück). (Jubiläum.) Herr Jsak Forst konnte auf eine dreißigjährige Tätigkeit als Vorsteher der Synagogengemeinde und als ehrenamtlicher Vorbeter zurückblicken. Der Festsabbat gestaltete sich zu einer erhebenden Feier für den Jubilar und die Ge­meinde, die es sich nicht hatte nehmen lassen, das Gotteshaus prächtig zu schmücken. Nach dem Einheben dankte Herr Albert Katzenstein im Namen der Gemeinde ihrem Führer in zu Herzen gehender Ansprache. Dabei überreichte er ihm ein Ehrengeschenk in Gestalt eines silbernen Bechers. Tief bewegt nahm der Jubilar die Ehrung entgegen. Nach Beendigung des Gottesdienstes erschienen die Gemeindemitglieder vollzählig im Hause des Herrn Forst, um ihm und seinen Angehörigen auch persönlich Glück zu wünschen. Nach Sabbatausgang bereitete der Jubilar seinen Getreuen einen gemütlichen Abend in einem Restaurant, der alle bis tief in die Nacht hinein zusammenhielt. Das Fest wird dem Jubilar und der Gemeinde Kastellaun noch lange in freundlicher Erinnerung bleiben."   

  
Zum Tod von Rika Kahn geb. Forst (1931)  

Kastellaun Israelit 05111931.jpg (58652 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1931: "Kastellaun, 1. November (1931). Kurz nach Vollendung ihres 66. Lebensjahres verstarb nach viertägigem Krankenlager Frau Rika Kahn geb. Forst, tief betrauert von ihrem Gatten, den vier Kindern und Angehörigen. Mit ihr ist eine gottesfürchtige, schlichte, selbstlose Frau zu Grabe getragen worden. Das zahlreiche Trauergefolge zeugte von ihrer besonderen Beliebtheit sowohl bei den Glaubensgenossen als auch bei der nichtjüdischen Konfession. Am offenen Grabe gab Herr Lehrer Gabel in seiner Trauerrede beredten Ausdruck, indem er in kurzen Strichen das Bild der Entschlafenen zeichnete. Möge Gott den trauernden Hinterbliebenen Trost spenden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

  
 
 
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Anzeige des Leder- usw. Geschäftes von Schoemann & Hammerschlag (1922)  

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 12. Januar 1922:
"Zum sofortigen Eintritt suchen wir für unsere Leder-, Schäfte- u. Schuhmacher-bedarfsartikel-Handlung einen tüchtigen jungen
Reisenden
Anfragen mit Gehaltsansprüchen erbeten an
Schoemann & Hammerschlag, Kastellaun (Hunsrück)."   


Verlobungsanzeige von Ella Katzenstein und Walter Jacobsohn (1929) 
Anmerkung: Walter Jacobsohn (geb. 17. September 1899 in Eichenau) und Ella Jacobsohn geb. Katzenstein (geb. 10. Juni 1902 in Kastellaun) lebten zuletzt 1939 in Kastellaun (damals Markt Nr. 207). Die Eheleute beabsichtigten, mit ihren Kindern in die USA zu emigrieren, was nicht mehr möglich war. Am 19. September 1939 sind sie nach Köln, Lütticherstraße 30 verzogen. Im Sommer 1944 wurden sie von Litzmannstadt (Łódź) nach Kulmhof deportiert und dort ermordet https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de887665   https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/Details-Gedenkbuch?sfrom=958&id=5990&buchstabe=J und https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/Details-Gedenkbuch?sfrom=958&id=6013&buchstabe=J
An Ella Jacobsohn geb. Katzenstein erinnert in Köln, Zülpicher Straße 302 ein Stolperstein. 

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 4. Juli 1929:
"Ella Katzenstein  Walter Jacobsohn  
Verlobte 
Kastellaun (Rheinland)   Bunzlau"   

 
Verlobungsanzeige von Trude Katzenstein und Alfred Lehmann (1935)  

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 30. Mai 1935:
"Trude Katzenstein   Alfred Lehmann  
Verlobte 
Kastellaun (Rheinland)   Darmstadt Hofmannstraße 12."   

 
Verlobungsanzeige von Ilse Dessauer und Otto Katzenstein (1937)  

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 22. April 1937:
"Ilse Dessauer     Otto Katzenstein  
Verlobte 
Nienburg-Weser    Johannesburg   Kastellaun-Rheinland"   

 
  
Zur Geschichte der Synagoge      
   
Zunächst (1891) richteten die jüdischen Familien einen Betsaal ein, den sie anmieteten. Da sie noch nicht über die nötigen Ritualien verfügten, veröffentlichten sie eine Bitte in der Zeitschrift "Der Israelit", dass auswärtige Gemeinden ihnen Ritualien zur Verfügung stellten: 

Kastellaun Israelit 25021892.jpg (68009 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1892: "Herzliche Bitte! Die israelitische Kultusgemeinde Kastellaun im Hunsrück, welche jetzt aus 12 Mitgliedern besteht, fand ihrem Herzensdrange folgend das Bedürfnis, sich ein allgemeines Betlokal einzurichten. Daher mieteten sie sich ein diesen Anforderungen entsprechendes Zimmer und ist es ihnen nur mit Anwendung aller Mittel möglich, den Mietzins aufzubringen. Nun fehlt es ihr noch an allen nötigen Zeremoniellgeräten und ergeht daher ihre Bitte an alle Kultusgemeinden, um gefällige Übersendung von derartigen überflüssigen Geräten. Gefällige Gaben nimmt der unterzeichnete Vorstand gerne entgehen und ist eine jede derselben, möchten dieselben noch so gering sein, trotzdem sehr angenehm. 
Kastellaun im Hunsrück. Isaak Forst II., Vorstand."

Noch im selben Jahr 1892 konnten die Kastellauner jüdische Gemeinde einen "Hofraum groß 85 Meter (= qm), nebst aufstehenden Gebäulichkeiten" für 1.965 Mark erwerben. Sie verpflichteten sich, "das auf der Parzelle stehenden Gebäude gemeinschaftlich auszubauen und auf gemeinsame Kosten herzurichten". In der Folgezeit wurde das "in der Eifel" stehende Gebäude zu einer Synagoge umgebaut. 1899 wurde ein "Statut für die Synagogen-Gemeinde zu Castellaun" erlassen. 
   
Einer der letzten besonderen Höhepunkte in der Synagogengeschichte war die Einbringung einer neuen Torarolle im August 1931:  

Kastellaun Israelit 03091931.jpg (96401 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1931: "Kastellaun (Hunsrück), 15. August (1931). Am 7. August fand in der hiesigen Gemeinde eine erhebende Feier statt. Trotz der Wirtschaftsnot war es dank dem Opfersinn der Gemeinde, insbesondere der hochherzigen Spende eines Gemeindemitglieds sowie durch Zuschüsse privater jüdischer Institutionen gelungen, eine neue Torarolle zu schreiben. Nachdem die Torarolle in der Wohnung des bereits erwähnten Spenders unter Beteiligung aller übrigen Gemeindemitglieder zu Ende geschrieben worden war, wurde sie unter feierlichem Baruch Haba ('Gesegnet, der da kommt...')-Gesang und unter Vorantragung von Fähnchen seitens der Kinder und der übrigen Torarollen durch die Gemeindeältesten in die Synagoge gebracht. - Am darauf folgenden Schabbat Reeh (= Schabbat mit der Toralesung Reeh = 5. Mose 11,26 - 16,17, das war Schabbat, 8. August 1931) wies Herr Lehrer Gabel in seiner Ansprache auf die große Mizwe-Tat (=eine Tat nach biblischem Gebot) von 'Und nun, schreibt euch diesen Gesang auf' (5. Mose 31,19) hin und schloss mit dem Wunsche, dass das jüdische Leben in der hiesigen Kehilla (Gemeinde) durch vertieftes Torastudium eine Stärkung erfahren möge."    

Bis 1938 blieb die Synagoge in Kastellaun Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens der Stadt.  
    

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und von etwa zehn Männern "mit eisernen Feuerhaken niedergerissen, das Mauerfachwerk mit schweren Zuschlaghämmern niedergeschlagen". Wenig später wurden die Ruine des Gebäudes vollends abgebrochen. Die Stadt erwarb am 16. Dezember 1942 das Grundstück, der Kaufpreis wurde mit den Abbruchkosten von 550 Reichsmark verrechnet.  
   
   
Adresse/Standort der SynagogeEifelstraße   
   

   
Fotos
(Historisches Foto in Landesamt s. Lit. S. 204).   

Kastellaun Synagoge 101.jpg (68854 Byte)  
Foto von 1937 mit der Synagoge in Mittelpunkt der Aufnahme (Gebäude mit dem 
Rundfenster und den darunter sichtbaren Rundbogenfenster)
 
     

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

September 2009: "Stolpersteine" wurden in der Stadt verlegt  
LinksPressebericht mit Fotos in der Website der Stadt Kastellaun: "Stolpersteine erinnern an Holocaust"
Weiterer Bericht mit Fotos bei mehr-hunsrueck.de: "Bewegende Aktion mit SchülerInnen der IGS"      
 
 

   
    

Links und Literatur 

Links:  

bulletWebsite der Verbandsgemeinde Kastellaun     
bulletWebsite der Stadt Kastellaun  
bulletInformationsseite zu Kastellaun bei www.hunsrueckreise.de    
bulletSeite zum jüdischen Friedhof in Kastellaun (interner Link) 

Literatur:  

bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 204-205 (mit weiteren Literaturangaben).  
bulletJudith Pies: Die Problematik der Wiedergutmachung - Ein Beispiel aus Kastellaun (Hundsrück). In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad Kreuznach. 6. Jahrgang, Ausgabe 1/1996 Heft Nr. 11 S. 47-53. Online zugänglich (pdf-Datei).   
bulletChristof Pies: Gemeinsame Erinnerung - Jüdische Überlebende des Nationalsozialismus begegnen Bürgern und Schülern ihrer Heimatstadt. Projektwoche der Integrierten Gesamtschule Kastellaun. 2000. Schriftenreihe Kastellaun in der Geschichte Bd. 1.   

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kastellaun im Hunsrueck  Rhinleand. Jews were present in the 14th century and apparently expelled in the 1380s. 
In the modern period, they are first mentioned in 1862. A cemetery was opened in 1879 and a synagogue was consecrated c. 1892. Jews dominated the cattle trade, the town's economic mainstray, and were also prominent in the farm produce trade. They were well integrated in the local life. In 1892, they numbered 12 families. In June 1933, about four months after the Nazi rise to power, the Jewish population numbered 66. In that year, a Jew was elected to the municipal council but anti-Jewish measures were strictly enforced, undermining the economic and social position of the Jews. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was destroyed and Jewish men were sent to the Dachau concentration camp. Most of the Jews left before the onset of deportations, about 20 making it to the United States. The last nine were deported to Auschwitz in April and August 1942.       
      
       

                   
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Stand: 06. Oktober 2024