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"Synagogen im Kreis Limburg-Weilburg"
Merenberg (Marktflecken,
Kreis Limburg-Weilburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte jüdischer Einwohner
In Merenberg ist es zu keiner Zeit zur Bildung einer
selbständigen jüdischen Gemeinde gekommen. Die am Ort zeitweise lebendigen
jüdischen Familien gehörten zur jüdischen Gemeinde in Weilburg.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1842 13 jüdische Einwohner in zwei Familien, 1897 vier Familien,
1898/1903 elf Personen in drei Haushaltungen (davon ein schulpflichtiges Kind),
1905 zwölf Personen.
Als Einrichtung für die in Merenberg lebenden jüdischen Familien
bestand am Ort ein eigener jüdischer Friedhof.
1924 und 1932 lebten in Merenberg noch jeweils acht jüdische
Personen.
Von den in Merenberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bernhard Kahn (1879, vgl.
Beitrag unten über Literaturverzeichnis),
Hilda Kahn (1898), Sara Niklas geb. Schwarz (1861), Ferdinand Fritz Schwarz
(1920).
Berichte aus der jüdischen
Geschichte
Antisemitenversammlung in Merenberg (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1891: "Aus
dem Ober- und Unterlahnkreis, 1. Juni (1891). Auch in unserem,
gegenwärtig durch den freisinnigen Abgeordneten Münch vertretenen
Reichstagswahlkreis macht der Antisemitismus große und, wie man leider
hinzufügen muss, in Folge der bedauerlichen Indolenz der anderen Parteien
keineswegs erfolglose Anstrengungen. Gestern, Sonntag Nachmittag, fand auf
der etwa 7 Kilometer von Weilburg wundervoll gelegenen Ruine Merenberg
bei dem gleichnamigen Orte unter freiem Himmel eine vom Weilburger
Antisemitenverein einberufene 'Deutsche Volksversammlung' statt, in
welcher Dr. Böckel die Rede hielt. Es mochten etwa 800 Personen, darunter
viele Frauen und Kinder, anwesend sein. Auf Dr. Böckel's Rede einzugehen,
ist überflüssig, es war das sattsam bekannte Geschimpfe, die
volkswirtschaftlichen und sonstigen Ungeheuerlichkeiten und die
jämmerlichen Späße, durch welche der gegenwärtige Oberfeldherr der
Antisemiten bei einem gewissen Publikum in den Ruf gekommen ist, ein guter
Redner zu sein. Mit Genugtuung erzählte Böckel, dass er neulich auch im
Reichstag eine Rede gehalten habe, die jetzt im Druck zu haben sei; aus
derselben könne man klar und deutlich ersehen, dass die antisemitische
Partei eine volksfreundliche sei. Man gehe also und kaufe! Nach Dr.
Böckel erhielt Redakteur Schreiber - Frankfurt, der auf dringende
Einladung aus dem Kreise erschienen war, aber trotzdem nur zwei Herren als
Begleiter hatte finden können, das Wort, um den Böckel'schen
Ausführungen entgegenzutreten. Schon nach zwei Minuten erhob sich ein
wahres Indianergeheul, welches den Redner auch die gute oder vielmehr
böse Viertelstunde hindurch, die das Wort einigermaßen behaupten konnte,
getreulich, mit wenigen Pausen akkompagnierte. Vergebens versuchte der
Redner der fanatisierten Menge klar zu machen, welch' ein schlimmes
Zeugnis sie in ihrer politischen Reife durch ein solches Benehmen
ausstelle, vergebens auch forderte Dr. Böckel selbst sein deutsches Volk
auf, den Redner sprechen zu lassen, dieses tobte nur umso mehr und
äußerte laut und lebhaft den Wunsch, die um denselben Stehenden
möchte den Redner von der etwa 15 Fuß hohen Turmmauer, von welcher
herab er ebenso wie Dr. Böckel sprach, herunter-, dem dort harrenden
'Volk' in die Arme werfen. Nach etwa 20 Minuten erklärte Schreiber Herrn
Dr. Böckel, unter diesen Umständen auf das Wort zu verzichten. Ob es den
Antisemitenführern nicht doch wohl ein wenig zum nachdenken veranlasst
hat, als er sah, dass sein Einfluss auf die fanatisierten menschen ganz
und gar dahin war? Die einmal entfesselte Flut verschlingt alles, zuletzt
auch den, der sie entfesselt hat. Aus der Entgegnung Böckel's auf die
fragmentarischen Ausführungen Schreibens, der übrigens der Versammlung
bis zum Schlusse beiwohnte, ist nur hervorzuheben, dass Böckel die
Entrüstung Schreiber's über die Untaten der russischen Regierung gegen
die Juden durchaus nicht teilt; 'Russland könne die Pollaken im Kaftan
doch nicht mit Glacéhandschuhen anfassen', meinte er, und ehe man die
russische Regierung tadle, müsse man zusehen, wie diese Juden es
getrieben haben. Man darf sich über einen solchen Zynismus seitens
unserer 'Urdeutschen' ja nicht mehr wundern, aber diese Äußerung des
'großen Führers' verdient, wie die 'Frankfurter Zeitung' meint, doch
wohl besonders festgenagelt zu werden. Wir können angesichts des Verlaufs
dieser Versammlung an die entschiedenen freisinnigen Elemente nur
neuerdings die Mahnung richten, die bisherige laue Haltung aufzugeben und
sich an dem agitatorischen Eifer der Antisemiten ein Beispiel zu nehmen:
man könnte sonst bittere Erfahrungen
machen." |
Fotos
Fotos zur
jüdischen Geschichte in Merenberg liegen - außer zum Friedhof - nicht
vor;
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 352-355 (innerhalb des Abschnittes zu
Weilburg) |
| Keine Artikel zu Merenberg in den Publikationen von Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 und Neubearbeitung der beiden
Bände 2007². |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirk Gießen und Kasel. 1995 S. 138. |
| Martina Hartmann-Menz: Bernhard Kahn - Soldat im
1. Weltkrieg und "Schammes" aus Weilburg. 10 S. mit mehreren Abbildungen.
07/2021.
Eingestellt als pdf-Datei.
Beitrag zur Lebensgeschichte des am 10. August 1879 in Merenberg
geborenen und am 15. März 1939 in Frankfurt gestorbenen Bernhard Kahn. Er
starb, da er keine adäquate medizinische Betreuung mehr bekam. Er wurde als
Synagogendiener in Weilburg im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 mit
anderen Weilburger Juden aufs Schlimmste verunglimpft. Sein Wegzug nach
Frankfurt wurde öffentlich bejubelt.
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