Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Angenrod mit Leusel (Stadt Alsfeld, Vogelsbergkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(Diese Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Ingfried Stahl)

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Kleinere Artikel aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe   
Persönlichkeiten aus der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     
bulletLinks und Literatur    

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
   
In Angenrod bestand eine jüdische Gemeinde bis 1942. Es war im 19. Jahrhundert die größte jüdische Gemeinde im Altkreis Alsfeld. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. 1650 werden die beiden Angenröder Juden Falck und Isaac genannt, die an einem in Alsfeld stattfindenden "Judenkonvent" teilnahmen. Als Ende des 17. Jahrhunderts der Fürstabt von Fulda die Juden seines Herrschaftsbereiches vertrieben hatte, fanden einige Aufnahme im Gebiet der Herren von Nodung in Angenrod. 1736 ließ die Ortsherrschaft zwölf kleine Häuser für die jüdischen Familien erstellt. Wenig später galt Angenrod in der Umgebung als "Neu-Jerusalem". 1807 wurden die zwölf "Jüdenhäuser" von der Ortsherrschaft derer von Nodung an jüdische Einwohner des Ortes verkauft.  
    
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wie folgt: 1861 247 jüdische Einwohner (41,9 % von insgesamt 589), 1880 180 (29,9 % von 607), 1895 140 (24,6 % von 568), 1905 129 (25,5 % von 573), 1910 109 (20,0 % von 546). Auch die im benachbarten Ort Leusel (heute: Stadtteil von Alsfeld) gehörten zur jüdischen Gemeinde in Angenrod (1924 7 Personen). Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh und Waren, einige hatten zudem Landwirtschaft. Von den fünf ehemaligen Schankwirtschaften am Ort gehörten drei jüdischen Familien. Einige jüdische Geschäfte und Handlungen waren seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts für das wirtschaftliche Leben im Ort von großer Bedeutung (vgl. als Beispiel unten Anzeige des Putz- und Modewarengeschäftes von Regina Grünstein 1893). In Leusel bestand ein Kolonialwarengeschäft der Familie Stern (zwangsarisiert mit Kaufvertrag vom 16. September 1937).  
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Elementar- und Religionsschule mit Lehrerwohnung, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein jüdischer Elementar- beziehungsweise Religionslehrer angestellt, der teilweise zugleich auch als Vorbeter und Schochet tätig war. Im 19. Jahrhundert war über 50 Jahre (von vor 1820 bis 1870, Ausschreibung der Stelle siehe unten) als Lehrer Mayer Bamberger in Angenrod. Sein 1834 in Angenrod geborener Sohn Isaac Bamberger war später erster Rabbiner in Königsberg (siehe unten). Lehrer Levi in Angenrod wurde 1880 zum ordentlichen Klassenlehrer an das Gymnasium in Gießen berufen (siehe Bericht unten). Die jüdische Gemeinde Angenrod gehörte zum orthodoxen Provinzialrabbinat in Gießen. 
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Meier Höxter (geb. 12.1.1879 in Angenrod, gef. 27.10.1918), Gefreiter Hugo Levi (geb. 30.1.1893 in Angenrod, gef. 24.9.1918), Max Oppenheimer (geb. 28.5.1895 in Angenrod, gef. 15.5.1916), Friedrich Wertheim (geb. 10.9.1891 in Angenrod, gef. 26.5.1915) und Isidor Wertheim (geb. 29.7.1894 in Angenrod, gef. 15.6.1916). 
  
Um 1924, als noch 80 jüdische Personen am Ort lebten (11,4 % von insgesamt etwa 700 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Sally Wertheim, Juda Stern und Julius Justus. Als Rechner war Juda Stern tätig, als Kultusbeamter (Religionslehrer, Vorbeter und Schochet) Justus Liebmann. Die Religionsschule der Gemeinde besuchten noch drei jüdische Kinder. Sie wurden durch den jüdischen Lehrer aus Alsfeld unterrichtet. An jüdischen Vereinen gab es die Wohltätigkeitsvereine Chewra Kadischa (1924 unter Leitung von Hermann Rothschild, 15 Mitglieder) und Chewra Kedanne* (1924 unter Leitung von Juda Stern, 15 Mitglieder) sowie den Israelitischen Frauenverein unter Leitung der Frau von Hermann Rothschild. 1932 waren weiterhin die Gemeindevorsteher Sally Wertheim, Juda Stern und Julius Justus. Im Schuljahr 1931/32 besuchten den jüdischen Religionsunterricht sechs Kinder. 
*Anmerkung zu den Vereinen: über den im "Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung" genannten Verein "Chewra Kedanne" herrscht Unklarheit, da es einen Verein mit einem solchen Namen sonst nirgends gibt. Nach Abraham Frank (Jerusalem, Auskunft vom 2.5.2012) ist vielleicht möglich, dass ein Schreibfehler vorliegt und die Rede von Nadanna, Nadan oder Naden ist, dann wäre die Bedeutung Naden = Mitgift; damit würde es sich um einen auch sonst vorkommenden Brautausstattungsverein handeln. Nach Auskunft von Ingfried Stahl gab es auch einen Wohltätigkeitsverein "Bet Hoozar" in Angenrod. Dabei handelt es sich - nach Auskunft von Meir Brom und Uri Kellermann (Jerusalem, Auskunft vom 2.5.2012) um einen Verein, der eine Art "Vorratskammer für Bedürftige" eingerichtet hatte (der Begriff Bet Haozar kommt in Maleachi 3,10 vor als Lagerhaus für den Zehnten) .  

1933 lebten noch 63 jüdische Personen in Angenrod (12,2 % von insgesamt 518 Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1942 waren noch 12 jüdische Personen am Ort. Sie wurden von hier aus deportiert (abgeholt von einem in Höhe der Leuseler Straße 3 stehenden Lastwagens), fünf von ihnen in das Ghetto Theresienstadt, die anderen direkt in Vernichtungslager des Ostens.   
     
Von den in Angenrod geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Friederike (Frieda) Abt geb. Bauer (1874), Jakob Abt (1872), Ida Breidenbach geb. Stern (1891), Lina Buchthal geb. Justus (1877), Fanny Fried geb. Wertheim (1873), Mathilde Gailingen geb. Wertheim (1895), Jenny Gans geb. Oppenheimer (1890), Selma Hartog geb. Schaumberger (1884), Johanna Hecht geb. Lorsch (1871), Juda Justus (1880), Fanny Katz geb. Schaumberger (1881), Selma Katz geb. Steinberger (1879), Hilma Klein (1932), Mathilde Klein geb. Hecht (1905), Ruth Klein (1934), Hilda Levi geb. Wertheim (1885), Theresia Lewi geb. Levy (1874), Riekchen Löwenstein geb. Stern (1872), Ida Moses geb. Rothschild (1890), Bertha Oppenheimer (1888), Johanna Oppenheimer geb. Abt (1867), Manuel (Emanuel) Rothschild (1876), Fanny Schaumberger geb. Gras (1862), Rickchen (Rike) Schaumberger (1876), Rosa Schaumberger (1895), Jette Scheuer geb. Löwenstein (1862), Hannchen Schirling geb. Rothschild (1862), Abraham Speier (1877), Adolf Speier (1876), Alfred Speier (1927), Jettchen Scheuer geb. Löwenstein (1862), Johanna Speier geb. Weisenbach (1878), Leopold Speier (1875), Lieselotte Speier (1933), Willi Speier (1922), Markus Stern (1865), Sofie Strauss (1878), Wally Strauss geb. Stern (1876), Cäcilie Weinberg geb. Rothschild (1888), Fritz Wertheim (1917), Jeanette Wertheim (1859), Minna Wertheim geb. Löwenthal (1892), Sally (Sali, Salli) Wertheim (1888), Simon Wertheim (1883), Bertha Wolf geb. Steinberger (1890).   

Von den in Leusel geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosalie Grünebaum geb. Stern (1875).
Hinweis: die bislang unter Leusel (Geburtsort) aufgeführte Riekchen Löwenstein geb. Stern ist nach den Recherchen von Ingfried Stahl 1872 in Angenrod geboren.    
  
  
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibungen der Religionslehrer-, Vorbeter und Schächterstelle 1870 / 1882 / 1884 / 1892 / 1901   
Anmerkungen: aus den Anzeigen geht auch der Name der damaligen Gemeindevorsteher hervor: um 1870 M. Rothschild, in den 1880er-Jahren bis mindestens 1892 Moses Justus, um 1901 H. Löwenstein.  

Angenrod Israelit 09111870.jpg (62338 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1870: "Die Elementarlehrerstelle der israelitischen Gemeinde zu Angenrod (Oberhessen), Kreis Alsfeld, verbunden mit Vorsänger-Dienst, bei einem jährlichen fixen Gehalt von 300 Gulden, nebst beträchtlichen Neben-Akzidenzien und freier Wohnung mit Obst- und Gemüsegarten ist wegen Pensionierung des seitherigen Lehrers erledigt. 
Reflektanten belieben ihre Offerten sofort an den unterzeichneten Vorstand gefälligst einzusenden. Angenrod, den 19. Oktober 1870. 
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde M. Rothschild."
 
Angenrod Israelit 27091882.jpg (58242 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1882: Die israelitische Religionslehrerstelle der Gemeinde Angenrod (Kreis Alsfeld, Oberhessen), verbunden mit Vorsängerdienst, bei einem jährlichen fixen Gehalt von 700 Mark nebst beträchtlichen Neben-Akzidenzien und freier Wohnung mit Obst- und Gemüsegarten, ist sofort zu besetzen.
Reflektanten wollen sich an den unterzeichneten Vorstand wenden. 
Angenrod, den 8. September 1882. Der Vorstand Moses Justus".
 
Angenrod Israelit 11091884.jpg (57645 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1884: "Die israelitische Religionslehrerstelle der Gemeinde Angenrod (Kreis Alsfeld), Oberhessen, verbunden mit Vorsängerdienst bei einem jährlichen fixen Gehalt von 600 Mark nebst beträchtlichen Neben-Akzidenzien und freier Wohnung mit Obst- und Gemüsegarten, ist sofort zu besetzen. 
Reflektanten wollen sich an den unterzeichneten Vorstand wenden. 
Angenrod, den 8. September 1884. Der Vorstand Moses Justus". 
 
Angenrod Israelit 15091892.jpg (51720 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1892: "Die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters in der israelitischen Gemeinde Angenrod soll sofort besetzt werden. Fixer Gehalt Mark 700 nebst freier Wohnung und Nebeneinkünften. Reflektierende wollen sich unter portofreier Einsendung ihrer Zeugnisse bei dem unterzeichneten Vorstand melden. 
Angenrod bei Alsfeld, 5. September 1892. Der Vorstand: Moses Justus."
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1901: "Vakanz.
Infolge Berufung unseres jetzigen Lehrers in den Staatsdienst, wird die Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schochets am 1. August dieses Jahres vakant. Das fest Gehalt beträgt Mark 800. Nebenverdienste ca. Mark 300, sowie schöne freie Wohnung mit Garten. Außerdem bietet sich Gelegenheit, den Unterricht in einem Nachbarorte zu übernehmen, welcher mit 2-300 Mark honoriert wird. Seminaristisch gebildete Inländer werden bevorzugt. Bewerbungen mit Zeugnisabschriften wolle man bald anher senden. 
Angenrod, Oberhessen, 17. Mai (1901). 
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde

H. Löwenstein."     

    
Rabbiner Dr. Levi (Gießen) berichtet:  Lehrer Levi aus Angenrod wird ordentlicher Klassenlehrer an der Vorschule des Gymnasiums in Gießen (1880)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. März 1880: "Gießen, 8. Februar (1880). ... - Sodann ist ein weiterer Fortschritt zu Gunsten unserer Glaubensgenossen im Schulwesen des Großherzogtums zu verzeichnen. Der seitherige Elementarlehrer Levi zu Angenrod ist zum Lehrer an der Vorschule des hiesigen (= Gießen) Gymnasiums ernannt worden, das heißt nicht zum Religionslehrer, sondern zum ordentlichen Klassenlehrer. Vielleicht der erste derartige Fall in Deutschland. - Das Dritte, was ich Ihnen zu melden habe, dürfte vielleicht da und dort einen Sporn zur Nachahmung abgeben. Ich hatte an unseren Stadtvorstande folgendes Schreiben gerichtet: ...'...  Dr. Levi."  
Der ganze Artikel findet sich ausgeschrieben auf einer Seite mit Texten zur jüdischen Geschichte in Gießen.      

 
Anzeigen des jüdischen Lehrers Schiff (1891)      

Angenrod Israelit 16031891.jpg (30441 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1891: "Tüchtige Witwe, 35 Jahre alt, mit guten Zeugnissen, sucht Stelle als Haushälterin bei alleinstehendem Herrn oder Dame, oder kleinen Haushalt. Offerten mit Gehaltsangabe an Lehrer Schiff in Angenrod, Oberhessen."
  
Angenrod Israelit 14051891.jpg (23494 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1891: "Ein kräftiges, 16-jähriges Mädchen, die auch Handarbeiten kann, sucht Stelle als Stütze der Hausfrau oder zu Kindern. Offerten an Lehrer Schiff, Angenrod, Oberhessen."
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1891: "Stellegesuch
Ein junger Mann, 18 1/2 Jahre alt, der 3 1/2 Jahre in einem Manufakturgeschäft tätig war, sucht Stellen unter bescheidenen Ansprüchen. Offerten mit Gehaltsangabe an Lehrer Schiff, Angenrod, Oberhessen."     

    
Der jüdische Lehrer Kaufmann aus Angenrod referiert bei einer Generalversammlung des "Unabhängigen Vereins israelitischer Lehrer im Großherzogtum Hessen (1902) 
Anmerkung: Der Bericht über die Generalversammlung mit einem Referat Kaufmann "über den Unterricht im Gebetübersetzen" wird hier nicht abgeschrieben, da er nicht unmittelbar zu jüdischen Geschichte in Angenrod gehört; bei Interesse bitte anklicken und die Originalseiten einsehen.

Angenrod Israelit 05011903.jpg (361525 Byte) Angenrod Israelit 05011903a.jpg (381973 Byte) Sprendlingen Dok 060.jpg (37056 Byte)  
Anmerkung: bei Lehrer Kaufmann handelte es sich um Leopold Kaufmann (rechts mit seiner Frau Hilda geb. Sonneborn; Quelle: Die Sprendlinger Juden. 1983 S. 29). Leopold Kaufmann ist am 21. Juni 1877 in Bisses geboren. Er war verheiratet mit Hilda geb. Sonneborn (geb. 16. Mai 1877 in Wölfersheim). Das Ehepaar hatte fünf Kinder, von denen die Tochter Judith (geb. 8. September 1902) und der Sohn Meier (geb. 7. Oktober 1905) in Angenrod geboren sind. In dieser Zeit, also um 1902/05 war Leopold Kaufmann Lehrer in Angenrod. Später war er in Birkenau (um 1912), danach (um 1915/1938) in Sprendlingen tätig. Er und seine Frau Hilda sind nach der Deportation im KZ Auschwitz ermordet worden.   

    
    
Kleinere Artikel aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
"Seltenes Beispiel von Humanität - die Kirchenglocken rufen zur Synagoge in Angenrod 1842"  

Angenrod Israelit 19Jh 10041842.jpg (49961 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 10. April 1842: "Ein gleiches, ja noch selteneres Beispiel von Humanität und Toleranz gab kürzlich der Großherzogliche Hessische Kreisrat in Alsfeld. In Angenrod, einem Orte, wo sehr viele Israeliten wohnen, verordnete er, dass die Letzteren gleichfalls durch das Glockengeläute zur Synagoge gerufen und ebenso hierdurch der Anfang des Unterrichtes in der israelitischen Lehr-Schule angezeigt werden solle". 

  
Die Chewra Kadischa (Jüdischer Beerdigungs- und Wohltätigkeitsverein) sucht eine Torarolle 1909

Angenrod Israelit 15041909.jpg (40411 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1909: "Die Chewra Kadische zu Angenrod, Kreis Alsfeld, will eine neue 
Sefer Tora
(hebräisch falsch Tefer Tora geschrieben; Torarolle) 
anschaffen und bittet Interessenten um sofortige Offerten. Der Vorsteher der 
Chewra Kadische
. Josef Wertheim".  

    
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Stiftung von Hirsch Levi für die christlichen Hausarmen des Ortes (1840)  
(Anzeige erhalten von Ingfried Stahl)   

Angerod GHH Regierungsblatt 1840 273.jpg (29539 Byte)Anzeige im "Großherzoglich Hessischen Regierungsblatt" Nr. 23 Darmstadt am 16. October 1840 S. 273-274: "Bekanntmachung, die Bestätigung einer frommen Schenkung betreffend.
Der Israelite Hirsch Levi zu Angerod hat der dasigen Gemeinde für die christlichen Hausarmen daselbst die Summe von einhundert Gulden durch Schenkung zugewiesen.
Des Großherzogs Königliche Hoheit haben dieser wohlthätigen Schenkung die allerhöchste Genehmigung zu ertheilen geruht und ist sofort die betreffende Behörde zur Annahme der Schenkungssumme ermächtigt worden.
Darmstadt am 30. September 1840.
Großherzoglich Hessisches Ministerium des Innern und der Justiz.   du Thil.   Prinz.".   

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe
Anzeige des Putz- und Modewarengeschäftes Regina Grünstein (1893)   

Angenrod Israelit 16031893.jpg (38965 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1893: "Zum sofortigen oder baldigen Eintritt suche für mein Putz- und Modewarengeschäft eine Arbeiterin und 1 Lehrmädchen aus achtbarer Familie. Kost und Logis im Hause. Bedingungen günstig. 
Frau Regina Grünstein
, Angenrod bei Alsfeld."

          
  
Persönlichkeiten aus der jüdischen Gemeinde  
Über den aus Angenrod stammenden Rabbiner Isaac Bamberger (1834-1896)  

Koenigsberg Synagoge 017.jpg (34101 Byte)Rabbiner Isaac Bamberger: geb. 1834 in Angenrod als Sohn des jüdischer Lehrers Mayer Bamberger; besuchte die Realschule in Alsfeld, danach Ausbildung in Fulda und Giessen; in Giessen Studium an der Universität und bei Rabbiner Dr. Levi; Abschluss der Ausbildung zum Rabbiner in Breslau 1861. Seit 1865 bis zu seinem Tod 1896 erster Rabbiner der liberalen Gemeinde in Königsberg.
 
links: Synagoge in Königsberg, im nachfolgenden Artikel als Werk des Rabbiners Isaac Bamberger beschrieben.
Angenrod AZJ 30101896.jpg (91865 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. Oktober 1896: "Königsberg, 27. Oktober (1896). Einen schweren, ja unersetzlichen Verlust hat unsere Gemeinde durch das Hinscheiden des Herrn Rabbiners Dr. J. Bamberger, der gestern Mittag um 12 Uhr nach langen und schweren Leiden im 63. Lebensjahre gestorben ist, erlitten. Ausgezeichnet durch hervorragende Gaben des Geistes und des Herzens, war der Verblichene nicht bloß ein bedeutender Kanzelredner und treuer Seelsorger seiner Gemeinde, sein für die Not der Armen warm schlagendes Herz trieb ihn auch dazu, auf dem Gebiete des Wohltuns eine weitgehende Tätigkeit zu entwickeln, die zahlreichen, in dieser Richtung arbeitenden Vereinen zugute gekommen ist. Geboren zu Angenrod in Hessen, wurde Bamberger gleich nach Beendigung seiner Studien am jüdisch-theologischen Seminar zu Breslau als Rabbiner nach Königsberg berufen und hier hat er länger als 30 Jahre hindurch in dieser Stellung mit reichem Erfolge gewirkt, nicht bloß innerhalb des Kreises seiner Glaubensgenossen, sondern weit darüber hinaus ein gesegnetes Andenken hinerlassen. Hat er sich so in zahlreichen Herzen ein unsichtbares Denkmal gesetzt, so fehlt es ihm auch nicht an einem sichtbaren, denn die vor Kurzem eingeweihte prachtvolle Synagoge darf als sein Werk angesehen werden, mit dem sein Name immerdar verknüpft bleiben wird. Ein ausführlicher Nekrolog folgt in nächster Nummer."
(Der Nekrolog in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums", Ausgabe vom 6. November 1896 wird hier nicht wiedergegeben). 

      
Über den aus Angenrod stammenden Professor Gabriel Bamberger in Chicago (1845-1903, Bruder des o.g. Rabbiners Isaak Bamberger) 

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Mai 1903: "Chicago. Professor Gabriel Bamberger, Direktor der Jewish Training School (Volksschule mit Handfertigkeitsunterricht) st gestorben. Er war am 3. Juni 1845 in Angenrod, Hessen, geboren, hatte anfangs in Breslau sich dem Theologiestudium gewidmet, trat aber bald in das Lehrfach über, wurde 1879 von Felix Adler zur Leitung der Musterschule der Ethischen Kulturgesellschaft berufen, welche Stellung er 1890 mit der Leitung der Schule in Chicago vertauscht, welche hauptsächlich der Amerikanisierung russischer Einwanderer dient. Er war ein Bruder des verstorbenen Rabbiners von Königsberg, Dr. Isaak Bamberger."    

     
Über Angehörige der Familien Steinberger und Schaumberger    

P. Arnsberg Bd. I S. 274 weist im Zusammenhang mit Auswanderungen nach den USA um die Mitte des 19. Jahrhunderts auf Mitglieder der Familie Steinberger hin: "So wanderte u.a. die Schwester der Urgroßmutter von William Steinberger [sc. ein in Grebenau geborener US-Soldat, der im Oktober 1945 eine Heimatstadt besuchte] von Angenrod nach Amerika aus (1845) - noch der Vater von William Steinberger war in Angenrod geboren -; sie heiratete in die Familie Rosenwald ein, aus der der später bedeutende Philanthrop Julius Rosenwald hervorging". 
Link: Wikipedia-Artikel über Julius Rosenwald.  
   
Prof. Dr. Hugo Schaumberger, geb. 1875 in Angenrod, in Frankfurt Lehrer am Philanthropin von 1903 bis 1937, 1940 nach Belgien emigriert. Hier konnte er sich mit Hilfe von Nazigegnern versteckt halten. Er starb 1962 im Jüdischen Altersheim in Neustadt a.d. Weinstraße
Anmerkung: Hugo Schaumberger wurde 1904 in Gießen mit einer Dissertation zum Thema "Über einen besonderen Linienkomplex vierten Grades" promoviert: https://mathgenealogy.org/id.php?id=52081. Ein frei zugängliches Digitalisat der Arbeit ist nicht zu finden, nur dieses nicht einsehbare: https://books.google.de/books?id=J6k1swEACAAJ

      

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte für den in Angenrod 
geborenen Markus Stern
 
Angerod KK MZ Stern Markus.jpg (101005 Byte)    
  Kennkarte (ausgestellt in Mainz 1939) für Markus Stern (geb. 14. März 1865 in Angenrod), 
wohnhaft in Mainz; am 27. September 1942 ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt
 deportiert und dort am 11. Oktober 1942 umgekommen.     
 

  
     
     
Zur Geschichte der Synagoge       
   
Zunächst (17./18. Jahrhundert) dürfte ein einfacher Betraum in einem der jüdischen Häuser vorhanden gewesen sein, seit 1736 in einem von der Ortsherrschaft für die jüdischen Familien erbauten Häuser. 

Am 27. Februar 1797 (nach neuen Recherchen von Ingfried Stahl) konnte eine neu erbaute Synagoge in der "Judengasse" in der Ortsmitte feierlich eingeweiht werden. Bei der Feier hielt u.a. der Syndikus der Stadt Alsfeld Karl Dieffenbach eine Ansprache. Die Gutsherren von Noding hatten für den Synagogenbau ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Der Patron war bei der Einweihung samt seiner Frau anwesend (damals Dragonermeister Carl Reinhard von Wehrda genannt Noding mit Frau Katharina). 
 
1861 wurde eine umfassende Renovierung der Synagoge durchgeführt. Zugleich ist sie erweitert worden. Über die Wiedereinweihung am 18. Oktober 1861, die durch Rabbiner Isaac Bamberger, den Sohn des Lehrers Bamberger und späteren Rabbiner von Königsberg (s.o.) vollzogen wurde, liegt folgender Bericht vor:

Angenrod AZJ 26111861.jpg (131461 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. November 1861: "Aus Oberhessen, Kurhessen, November. In Angenrode, Kreisamtsbezirkes Alsfeld, im Großherzogtume Hessen, einem von vielen Israeliten bewohnten Dorfe, in welchem diese fast die Hälfte der Einwohnerzahl bilden, fand am 18. Oktober dieses Jahres die Einweihung der restaurierten und durch Neubau erweiterten Synagoge statt. Die Feier wurde in der würdigsten Weise vollzogen. Herr Dr. Bamberger, Sohn des dortigen Lehrers und Zögling des Rabbinerseminars in Breslau, hielt die Einweihungsrede und erntete allgemeinen Beifall. Was von dieser Feier besonders hervorgehoben werden muss, ist die freundliche Beteiligung der christlichen Bewohner des Ortes. Die an der Straße, durch welche der schön geordnete Zug sich bewegte, wohnenden Christen hatten gleich den Israeliten ihre Häuser dekoriert und die sämtliche christliche Einwohnerschaft des Ortes war festlich gekleidet. Auch die Kreisamtlichen Behörden in Alfred beteiligten sich an der Feier in hervorragender Weise. Von solchen Vorgängen muss Akt genommen werden, da sie Belege dafür sind, dass das eigentliche Rischus (gemeint hier: Antisemitismus) im Volke keinen rechten Boden mehr hat. Der frühere Vorsteher der israelitischen Gemeinde in Angenrod, Herr Gutkind Rothschild, ist Mitglied des Ortsvorstandes, zu welchem das Vertrauen und die wohlbegründete Achtung seiner Mitbürger ihn vor Jahren schon erwählt hat. B.H." 

  
In der "Oberhessischen Zeitung"  fanden sich im Juli und Oktober 1861 zwei kleine Inserate mit Bezug auf die Restaurierung und Wiedereinweihung der Synagoge (übersandt von I. Stahl, Alsfeld):  

Vergabe der Schindelarbeit an der Synagoge (Juli 1861) 
Angenrod Synagoge 750.jpg (37374 Byte)Anzeige in der Oberhessischen Zeitung vom 9. Juli 1861:  "Montag den 15. Juli dieses Jahres, vormittags um 10 Uhr, soll die zu 73 Gulden 52 Kreuzer veranschlagte Schindelarbeit an der Synagoge zu Angenrod an Ort und Stelle an den Wenigstnehmenden versteigert werden. Angenrod am 9. Juli 1861. Der Vorstand."
   
Öffentliche Danksagung nach der Synagogeneinweihung (Oktober 1861)
Angenrod Synagoge 751.jpg (53395 Byte)Anzeige in der "Oberhessischen Zeitung" vom 22. Oktober 1861: "Öffentliche Danksagung. Allen unsern geehrten Mitbürgern von nah und fern, welche sich an unsrer Synagogenweihe beteiligt und durch ihre würdige Haltung zur Erhöhung der Feier beigetragen haben, sagen wir hiermit, namens unserer Gemeinde, herzlichen Dank. 
Angenrod, den 22. Oktober 1861. Der Vorstand der israelitischen Gemeinde D. Löwenstein. B. Speyer. J. Levi."

   
1897 konnte das 100jährige Synagogenjubiläum feierlich begangen werden. Dazu berichtete die Zeitschrift "Der Israelit":   

Die Feier des 100jährigen Bestehens der Synagoge (1897)       

Angenrod Israelit 15031897.jpg (106638 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. März 1897: "Angerode (für Angenrod), 7. März (1897). Ein seltenes Fest feierte unsere Gemeinde vergangenen Samstag, Paraschat Schekalim (Schabbat mit der Toralesung Schekalim, das ist 2. Mose 35,1 - 38,20; es war Schabbat, 27. Februar 1897) nämlich das 100jährige Jubiläum unserer Synagoge. Bereits am Freitag waren von Nah und Fern zahlreiche Teilnehmer herbeigeeilt. 
Freitagnachmittag begann die Festlichkeit mit einem Zuge vom israelitischen Gemeindehaus nach der festlich geschmückten Synagoge, wobei sich auch u.a. die Vertreter der christlichen Gemeinde, wie z.B. der Bürgermeister, die Lehrer, der Rechner etc. beteiligten. Nach Absingen eines hübschen Psalms hielt der Lehrer, Herr Eisenberger, eine ergreifende Festrede. Anknüpfend an den Vers 7 des 5. Buches Mose, Kap. 32 entrollte Redner ein Bild der Verhältnisse, ein Bild von Einst und Jetzt. Zum Schlusse ermahnte Redner festzuhalten an dem heiligen Erbe unserer Vorfahren. Alsdann folgte ein Gebet für die Obrigkeit. Samstag morgens 7 Uhr fand Schacharis-Gottesdienst statt. Um 10 Uhr versammelten sich sämtliche Festteilnehmer zum Mussaw-Gottesdienste, wobei die an und für sich ziemlich große Synagoge sehr überfüllt war. Nachmittags 2 Uhr begann die Lustbarkeit mit einem heiteren Commers, durch diverse hübsche Vorträge ernsten und heiteren Inhalts verschönert mit am Abend darauf folgendem Ball. Dass dieses seltene Fest einen so glänzenden Verlauf genommen, haben wir größtenteils unserem Lehrer, Herrn Eisenberger, zu verdanken. Mit dem Bewusstsein, ein erhebendes und in allen Teilen glanzvoll abgelaufenes Fest gefeiert zu haben, trennten sich erst beim anbrechenden Morgen die Teilnehmer". 

Bis 1938 dürften in der Synagoge regelmäßig Gottesdienste abgehalten worden sein.  

Über Ereignisse in der NS-Zeit, insbesondere beim Novemberpogrom 1938 liegen keine Angaben vor. 

Auf Grund der Recherchen (u.a. in den Grundbüchern des Amtsgerichtes in Alsfeld) von Prof. Dr. Ingfried Stahl ergaben sich in der Folgezeit (1940 bis 1960) folgende Besitzerwechsel
   
1. bis 1940 war die Synagoge im Besitz der jüdischen Gemeinde Angenrod. 
2. Mit Kaufvertrag vom 18. September 1940 verkaufte Sally Wertheim (letzter Vorsitzender der Judengemeinde Angenrod) das Synagogengebäude an die bürgerliche Gemeinde: es unterzeichnete als Käufer Bürgermeister Karl Hoffmann. 
3. Die bürgerliche Gemeinde Angenrod übergab des Gebäude 1954 an die Hessische Treuhandverwaltung GmbH (Urkunde vom 26. Oktober 1954)
4. Die Treuhandverwaltung verkaufte das Gebäude 1955 an einen Angenroder Geschäftsmann (Kaufvertrag vom 10. Mai 1955).   
5. Dieser Angenroder Geschäftsmann verkaufte das Synagogengebäude samt Zubehör 1960 wieder an die bürgerliche Gemeinde (Kaufvertrag vom 29.12.1960).   

1962 wurde das Synagogengebäude abgebrochen. Auf dem Grundstück befindet sich großenteils eine Gartenfläche. 
 
Am 4. April 2012 beschloss der Ortsbeirat Angenrod die Aufstellung einer Gedenktafel für die Synagoge in Angenrod. Sie wurde am 20. Oktober 2013 eingeweiht (siehe Presseberichte und Fotos unten).  
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:   Judengasse 
   
   
  
Fotos / Darstellungen  
(Quelle: www.synagogen.info: eingegebene Bilder und Kommentare von Prof. Dr. Ingfried Stahl, Alsfeld und William L. Gross, Tel Aviv)

Historische Aufnahme
(Quelle: mit freundlicher Genehmigung 
aus der Website von Frantisek Bányai,
 www.judaica.cz 
Angenrod1.jpg (66100 Byte) Angenrod2.jpg (60079 Byte)
    Die Synagoge Angenrod auf einer historischen Ansichtskarte 
         
Fotografie der Synagoge 
(erhalten von Ingfried Stahl)
Angenrod Synagoge 131.jpg (101623 Byte) Angenrod Synagoge 130.jpg (87395 Byte)
    Auf der Wetterfahne ist die 
Jahreszahl der Erbauung (1797)
     
Nach Ende der 
Synagogenzeit 
Angenrod Synagoge 112.jpg (37913 Byte) Angenrod Synagoge 111.jpg (102169 Byte)
   Synagogengebäude 1942   Abbruch der Synagoge 1961  
     
     
     
Andernorts entdeckt 
(nach Hinweis von Ingfried Stahl)
 Benfeld Cimetiere 100.jpg (92389 Byte)  
 Auf einem Denkmal im jüdischen Friedhof im elsässischen Benfeld stehen die Namen der aus Angenrod stammenden Mathilde Klein geb. Hecht (geb. 1905 in Angenrod), Hilma Klein (geb. 1932 in Angenrod), Ruth Klein (geb. 1934 in Angenrod), die in Angenrod bis um 1935 lebten, dann nach Frankreich emigrierten, in Benfeld lebten, von dort in das Sammellager Drancy verbracht und schließlich 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet wurden. 
           
  Foto von Mathilde Klein geb. Hecht und Gedenkblätter für sie aus der
Gedenkstätte Yad Vashem Jerusalem  https://yvng.yadvashem.org/
Gedenkblätter für Hilma Klein aus der
Gedenkstätte Yad Vashem Jerusalem 
Gedenkblatt für
Ruth Klein

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

November 2008: Gedenkstunde aus Anlass des 50. Jahrestages der Pogromnacht 1938 
(Presseberichte erhalten von Ingfried Stahl)  
  Presseberichte aus der "Alsfelder
 Allgemeinen" vom November 1988
 (links) und der "Oberhessischen
 Zeitung" vom 10. November 1988 
 (rechts mit Foto) 
(zum Lesen bitte 
Textabbildungen anklicken) 
Angenrod Pogromgedenken 1988  Alsfelder Allgemeine Nov08.jpg (264585 Byte) Angenrod Pogromgedenken 1988  OZ 10111988.jpg (396764 Byte) Angenrod Pogromgedenken 1988 OZ Foto.jpg (162264 Byte)
   
November 2008: Gedenkstunde aus Anlass des 70. Jahrestages der Pogromnacht 1938 
 Pressebericht aus der 
"Oberhessischen Zeitung" 
vom 11. November 2008 
(zum Lesen bitte 
Textabbildung anklicken)
Angenrod Pogromgedenken 2008  OZ 11112008.jpg (311955 Byte)    
   
Juni 2010: Enttäuschung über fehlendes Gedenken in Angenrod - ein Nachkomme einer jüdischen Familie besucht den Ort  
Kenneth Stein 010.jpg (21496 Byte)Foto links: Dr. Kenneth W. Stein, Director of the Institute for the Study of Modern Israel of Emory University in Atlanta, GA 
Quelle des Fotos: ismi.emory.edu 
  
Artikel von Heinrich Dittmar im "Lautenbacher Anzeiger" vom 12. Juni 2010 (Artikel): 
"Enttäuschung über das fehlende Gedenken in Angenrod
ALSFELD. Dr. Kenneth Stein, ein Nachfahre der Familie Wertheim, zu Besuch in der Region

Vor einigen Tagen besuchte Dr. Kenneth Stein, ein Nachfahre der Familie Wertheim, die in Lauterbach und Angenrod lebten, die Region. Dr. Stein, der Sohn von Tilly Stein, geborene Wertheim, ist Professor für Jüdische und Nahost-Geschichte an der 'Emory University' in Atlanta. Dazu ist er Direktor zweier Universitätsinstitute. Er spricht Französisch, Spanisch und Hebräisch und auch Deutsch, das er in der Kindheit von den Eltern lernte. Er ist international auf seinem Fachgebiet anerkannt und als Gesprächpartner auch deutscher Universitäten gerne gesehen.
Seine Großeltern stammten aus Lauterbach. Sie waren um 1900 von Angenrod und Kirtorf dorthin gegangen und hatten in Lauterbach gegenüber der Brauerei eine Viehgroßhandlung aufgebaut. Tilly Stein, die Mutter des Besuchers, ist insbesondere bekannt durch ihre umfassende Lebensbeschreibung, die das jüdische Lebens in Lauterbach, Alsfeld und Angenrod in den zwanziger und dreißiger Jahren darstellt (siehe Literaturliste). Sie hatte Heinrich Dittmar aus Alsfeld gebeten, ihren Sohn durch die Region zu führen. Zunächst wurde das alte Alsfeld und besonders das Gymnasium, das Tilly Stein in den Jahren 1933 bis 34 besucht hatte, angesehen. Dann führte der Weg nach Lauterbach. Hier wurde das ehemalige Anwesen der Wertheims gegenüber der Brauerei angesehen und ausgiebig fotografiert. Es folgte der Besuch der Lauterbacher Judenfriedhofs mit den Gräbern von Verwandten und Bekannten der Mutter. Ein kurzer Besuch wurde auch bei einer Alterskameradin von Tilly Stein gemacht. 
Es musste aber flott weiter gehen, denn der Historikprofessor Stein nahm an einer Fachtagung der Uni Mainz in Kooperation mit der Deutsch-israelischen Gesellschaft teil und musste rechtzeitig dort zurück sein. Es blieb daher nur kurze Zeit für den Alsfelder Judenfriedhof und die christlich-jüdische Leichenhalle. Angenrod, der Heimatort seiner Großeltern und auch Urgroßeltern, war schließlich das Hauptziel des Besuchs.
Am Friedhof in Angenrod stand Prof. Dr. Stahl, der mit seinen Arbeiten zur jüdischen Geschichte Angenrods wertvolle Arbeit geleistet hatte, als Berater zu Verfügung. Zur Überraschung Stahls wurde dieser von Stein sogleich in akzentfreiem Deutsch begrüßt: 'Wir haben es zu Hause gesprochen.' Es waren bewegende Momente, als Kenneth Stein in Gebeten seiner Vorfahren gedachte.
Der Platz der ehemaligen Synagoge Angenrods setzte Stein in Erstaunen. 1959, als junger Mann, hatte er die damals noch in gutem Zustand stehende Synagoge gesehen und konnte sich noch gut an viele Einzelheiten erinnern. Er fand in 1959 an einem besonderen Platz ein Behältnis mit den Resten der zerstörten Thoras und Gebetbücher. Diese Reste brachte er in einem besonderen Bereich der Synagoge unter, wie es üblich war. Nicht bedacht hatte er, dass man drei Jahre später das Gebäude abriss und auch die geheiligten Reste vernichtete und mit dem übrigen Abrissgut entsorgte. Es war ihm anzumerken, dass er über diese Handlungsweise der damaligen bürgerlichen Gemeinde, die formell Eigentümer der Anlage war, entsetzt, enttäuscht und verbittert war. Das ehemalige Großelternhaus war danach nur noch von geringem Interesse. Angesprochen auf die Probleme mit dem 'Speierhaus', aus dem die letzten dort untergebrachten acht Angenröder Juden im September 1942 deportiert wurden, konnte er nicht mehr sachlich antworten. Dass noch nicht einmal ein Gedenkstein an die ehemalige Synagoge erinnert, konnte er nach den Besuchen in Alsfeld und Lauterbach nicht verstehen. Die Enttäuschung über das fehlende Erinnern und Gedenken an die jüdischen Opfer von Angenrod, der ehemals größten Jüdischen Gemeinde in Hessen, war nicht zu übersehen. Tilly Stein, die Mutter des Besuchers, mit der man an diesem Tage mehrfach telefonierte, war allerdings nicht überrascht, hatte sie doch bei ihren Besuchen in der Region immer wieder keine guten Eindrücke gewonnen.
Der Besuch von Prof. Dr. Kenneth Stein ist Veranlassung, über die Erinnerungsarbeit an die jüdische Vergangenheit in Angenrod nachzudenken."
 
November 2010: Erstmals Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938 in Angenrod    
Angenrod Gedenken 112010a.jpg (454873 Byte)Presseartikel von Ingfried Stahl in der "Oberhessischen Zeitung" vom 11. November 2010 (Artikel): "'Ein wichtiges Stück unserer Geschichte. Erstmals Gedenkveranstaltung von Ortsbeirat und Evangelischer Kirchengemeinde zur Reichspogromnacht. 
ANGENROD (la). Musikalisch umrahmt mit Klezmermelodien, gespielt von Felix Ebert auf der Klarinette, gedachte Angenrod erstmals auch am Standort der ehemaligen Synagoge in der Judengasse seiner Shoah-Opfer: durch Verlesen ihrer Namen, Lebensdaten und Nennung der letzten Stationen ihres, teils allzu kurzen, Lebenswegs: der SS-Vernichtungslager. Eingeladen zu der Gedenkveranstaltung hatten am Montagabend der Kirchenvorstand der evangelischen Kirche und der Ortsbeirat Angenrod
Im Beisein von rund 50 Teilnehmern, darunter Stadtrat Dieter Ermel und Mitglieder des Ortsbeirats sowie des Kirchenvorstands, war es insbesondere die nachdenklich stimmende Schlussansprache von Pfarrer Walter Bernbeck, die für das gemeinsame Glaubensgebäude von Juden und Christen mit dem Glauben an den einen und einzigen Gott sensibilisierte. An der Gedenkveranstaltung beteiligten sich auch drei Angenröder Zeitzeugen. 
Es habe hier in Angenrod ein 'lebendiges und über viele Generationen gutes Miteinander' gegeben, sagte Bernbeck. Seit etwa Beginn des 20. Jahrhunderts seien jüdische Menschen in diesem Land systematische ausgegrenzt worden, die Nazis hätten sich diesen Hass zu eigen gemacht und in einem 'sonst nie gesehenen Ausmaß ihre totale Vernichtung' betrieben. 'Die Angenröder Synagoge blieb stehen', so der Pfarrer mit Blick auf das Pogromgeschehen in Angenrod: 'Nicht aus nachbarschaftlicher Rücksicht, sondern weil ein Feuer in diesem großen, zentralen Gebäude gewiss vieles miterfasst hätte.' Die Synagoge habe dann für ein Gefrierhaus Platz machen müssen. 1961 sei sie endgültig abgetragen worde. Heute sei klar, es war nicht um eine Heiligtum gegangen, sondern um 'ein entscheidendes Stück der gemeinsamen Angenröder Geschichte und um ein Gebäude, in dem der Glaube an den einen Gott Ausdruck fand'. In der Synagoge seien nach dem Krieg auch katholische Gottesdienste gefeiert worden. 'Gedankenlos - geistlos - geschichtslos wurde diese Synagoge beseitigt.' Aber, fügte er eindringlich hinzu: 'Geschichte lässt sich nicht so einfach beseitigen.' 
Wenn man sich hier in Angenrod zum Gedenken versammele, dann könne er, Bernbeck, dies nur tun 'mit einem Schuldbekenntnis'. Noch immer werde die jüdische Geschichte Angenrods - von 'ganz vielen' - nicht als ein 'ganz wichtiges Stück unserer eigenen Geschichte' erkannt. Sie werde vielmehr abgespalten als etwas Fremdes, 'nicht ganz Zugehöriges'. Solange dieses Denken aber so stark sei, sei es auch fraglich, ob Gedenksteine im Namen der Gemeinschaft erinnerten: 'So lange bildet das zerfallende Haus in der Leuseler Straße mit seiner noch traurigeren Geschichte als letzte Unterkunft jüdischer Menschen in diesem Dorf unseren Umgang mit dieser Geschichte ganz gut ab.' 'Ich möchte nicht Recht haben', so der vorsichtige Wunsch des Pfarrers. 'Unsere christliche Gemeinde hat im Blick auf die jüdischen Geschwister vielfach versagt, auch hier in Angenrod.' Heute müsse erkannt und bekannt werden: Jahrhunderte lang hätten die Kirchen viel dafür getan, um sich von 'den Juden zu distanzieren, zu trennen'. Jetzt endlich, nach all den Zerstörungen, beginne man die Gemeinsamkeiten zu sehen und zu betonen: 'Da sind wir noch ganz am Anfang.' 
Ortsvorsteher Hans-Dieter Korell hatte zu Beginn der Gedenkveranstaltung ein engagiertes Bekenntnis zur jüdischen Geschichte Angenrods abgelegt, wobei er, teils recht detailliert, auf die historische Entwicklung der bedeutenden jüdischen Gemeinde Angenrods einging, von der Erbauung der ersten eigenen Häuser 1736, der erstmaligen Einweihung der 'stattlichen Synagoge' 1797 bis letztlich hin zum Erlöschen der jüdischen Gemeinde in der NS-Zeit. Im 19. Jahrhundert habe sich die jüdische Religionsgemeinde zeitweilig zur größten 'deutsch-jüdischen Religionsgemeinde im Altkreis Alsfeld' mit fast der 'Hälfte der Angenröder Bevölkerung' entwickelt. Einige jüdische Geschäfte und Handlungen seien seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für das wirtschaftliche und kulturelle Leben im Ort 'von großer Bedeutung' gewesen. 
Ein jäher Wandel im Zusammenleben von Juden und Christen habe die Machtergreifung der Nazis 1933 gebracht, eskalierend mit zunächst der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Ein eher trauriges Ende sei der vor 100 Jahren letztmals geweihten Synagoge beschieden gewesen. Kurzerhand, 'weil verwendungslos', sei die stattliche Synagoge 1961 abgetragen worden. Eine 'bedeutender politischer und kultureller Bestandteil Angenrods' habe unwiderruflich aufgehört zu existieren. Zur Erinnerung an die 'systematische Diskreditierung, Hetze, Vertreibung und schließlich den willkürlichen Abtransport von insgesamt 44 Angenröder Juden in die Vernichtungslager' und insbesondere der noch verbliebenen letzten acht Juden, die am 7. September 1942 aus Angenrod deportiert worden seien, führe der Ortsbeirat zusammen mit dem Kirchenvorstand der evangelischen Kirche 'zum ersten Mal in der Geschichte Angenrods am Standort unserer ehemaligen Synagoge' eine Gedenkveranstaltung durch. Obwohl kaum noch Zeitzeugen lebten, verstünden 'wir Jüngere' es als Aufgabe, die 'Erinnerung an unsere ehemaligen deutschen Mitbürger in Angenrod wach zu halten'. Man stelle sich der Verantwortung 'gemeinsam mit unserer Kirche, den Bürgern sowie der Politik'. 
Bezugnehmend auch auf Kritik am Umgang mit dem Andenken an die ehemalige jüdische Religionsgemeinschaft erklärte Korell, man wolle sich dieser Sicht von außerhalb nicht entziehen. Korell nannte Beispiele für die Bewahrung der jüdischen Geschichte in Angenrod und informierte über den einstimmigen Beschluss des Ortsbeirats für die Errichtung einer Gedenktafel für die Synagoge und verwies dabei auf die bislang nicht erfolgte Zusage für die Restmittelfinanzierung der Stadt Alsfeld als Rechtsnachfolgerin der früheren Gemeinde Angenrod. Zur beschlossenen Stolpersteinverlegung in Angenrod scheint es dem Ortsvorsteher sinnvoller zu sein, die Steine auf dem Bürgersteig des Hauses zu verlegen, von dem aus die Deportation der letzten Angenröder Juden erfolgt sei: das Haus Leuseler Straße 3, auch als 'Haus Speier' bezeichnet. 
Einen Einblick in das überaus harmonische Zusammenleben von Angenröder Christen und Juden gab auch eine Lesung von Martin Reibeling, Mitglied des Kirchenvorstands. Er verlas den auch im Internet dokumentierten Bericht aus der 'Allgemeinen Zeitung des Judentums' vom 26. November 1861 aus Anlass der Einweihung der restaurierten Angenröder Synagoge." 
       
Fotos der Gedenkveranstaltung 
(Ingfried Stahl) 
Angenrod Gedenken 112010b.jpg (84240 Byte) Angenrod Gedenken 2010r.jpg (78837 Byte) Angenrod Gedenken 2010s.jpg (111720 Byte)

  Verlesen der Namen der 
Angenröder Shoah-Opfer durch 
drei Konfirmanden, links Pfarrer
  Walter Bernbeck, rechts zwei
  Angenröder Zeitzeuginnen.

Klezmermelodien 
auf der Klarinette zur 
Begleitung der 
Gedenkveranstaltung 
   
Anzünden von Kerzen für die 
letzten Angenröder Shoah-Opfer
 mit Wohnort Angenrod 
  
       
   
    
November 2011: Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938 in Angenrod   
Angenrod PA 112011a.jpg (365234 Byte)Bericht von Ingfried Stahl über die Gedenkveranstaltung in der Alsfelder Allgemeinen Zeitung vom 12. November 2011 (nachstehend wird der Originalbeitrag von Ingfried Stahl zitiert, der in der Zeitung kleinere redaktionelle Kürzungen erfahren hat): "Gedenktafel soll bald angebracht werden. Pogromgedenkfeier an der ehemaligen Synagoge - 'Wie konnten Millionen damals ihr Gewissen ausschalten?'. 
"ALSFELD–ANGENROD
. Im Rahmen der Pogromgedenkfeier am Platz der ehemaligen Synagoge in der Judengasse wurde nun auch erstmals öffentlich – vorgetragen von Pfarrvikar Christian Coenen - der angedachte Text für die vorgesehene Synagogengedenktafel bekannt gemacht: 'Der ALLGEGENWÄRTIGE – ER tröste Euch inmitten des Rests derer, die um Zion und Jerusalem weinen.' Die Gedenktafel selbst, für die bereits einige insbesondere externe Spenden durch Privatinitiative hatten eingeworben werden können, werde jetzt, wie stellvertretende Ortsvorsteherin Maritta Fink-Schlosser in einer gehaltvollen Ansprache vor den gut 30 Feierteilnehmern mitteilte, 'in absehbarer Zeit' errichtet werden.
Am 9. November denke man in Angenrod, in ganz Deutschland und in der Welt an 'ganz furchtbare Verbrechen – an die systematische Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden.' Am 9. November dächten Millionen Menschen an Gewalt, Verfolgung und Verlust. Gedacht werde ihren Angehörigen, die sie im sogenannten Dritten Reich verloren hätten. Viele dächten an die schlimmste Zeit in ihrem eigenen Leben. 
Als Symbol für die Judenverfolgung stehe bis heute die sogenannte Reichskristallnacht. Die stellvertretende Ortsvorsteherin zeigte sich erfreut, dass auch in diesem Jahr wieder ein großer Kreis zusammengekommen sei, dieser Verbrechen und insbesondere der verfolgten Menschen gemeinsam zu gedenken. Die Herrschaft der Nazis habe für viele einen 'unglaublichen persönlichen Verlust' bedeutet, 'aber für die Gesellschaft bis heute einen unermesslichen Schaden.' 
Und die Rednerin resümierte dann, nach wie vor sei, und dies sollte im Vordergrund stehen, 'mutiges Eintreten und Kämpfen für eine gerechte Welt auf der Basis allgemein anerkannter Menschenrechte sehr wichtig.' Neu errichtete Gedenkstätten oder schon bestehende erreichten aber nicht von allein die 'Herzen der nachwachsenden Generation', lenkte Fink-Schlosser jetzt den Blick auf die angedachte Gedenkstätte in Angenrod. Um so erfreulicher sei es, dass es nicht nur hier in Angenrod engagierte Bürgerinnen und Bürger gebe, die dazu beigetragen hätten, für eine Gedenktafel zu spenden. 
Die Gedenktafel solle hier am Platz der Synagoge errichtet werden, blickte die Ortsbeiratsrepräsentantin konstruktiv nach vorne: 'Dank allen Spendern und der Friederichs-Stiftung, dass dies in absehbarer Zeit realisiert werden kann.' Dieser positiven Entwicklung ungeachtet gelte es aber auch weiterhin, Fragen zu stellen, 'auf die wir vielleicht nie eine Antwort bekommen.' Und dann wurde die Sprecherin noch deutlicher, indem sie fragte: 'Wie konnten Millionen ihr Gewissen ausschalten?'
Wie habe es passieren können, dass Millionen denjenigen letztlich mit Verachtung und mit Hass gegenüber getreten seien, mit denen sie seit Generationen 'friedlich und in Eintracht – Tür an Tür' gelebt hätten. Könne so eine Situation wiederkommen, sei nur eine der vielen Fragen, die einen an solch einem Tag bewegten: 'Fragen, die mahnen und die zur Wachsamkeit aufrufen.' Dies gelte insbesondere mit Blick auf Wahlerfolge der Rechtsextremen. Es seien Fragen, die motivierten, 'gegen rechts aufzustehen.' 
Und die stellvertretende Ortsvorsteherin rief abschließend dazu auf, für ein Miteinander der Kulturen und Religionen, für eine 'tolerante, bunte Gesellschaft' einzutreten. Sie dankte allen, die zur Gedenkfeier gekommen seien, unter anderem dem Kirchenvorstand und den Konfirmanden.
Den bereits erwähnten angedachten Text für die Synagogengedenktafel, bereits in englischer Sprache aufgrund eines Fotodokuments in der Lebensbeschreibung von M. Wertheim-Stein (Atlanta) dokumentiert, danach 2007 im Rahmen ortshistorischer Forschungsarbeiten auch in den Mitteilungen des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld publiziert, interpretierte dann Pfarrvikar Christian Coenen auf Basis des jüdischen Religionsverständnisses als sehr angemessen, wie dies auch Dr. Ursula Wippich, die dankenswerterweise vor geraumer Zeit die Übersetzung des hebräischen Ursprungstextes ins Deutsche übermittelt hatte, ausdrücklich unterstrichen hatte. 
Manche Ereignisse, so der Vikar, könne man nur schwer in Worte fassen, und er nahm dann mit Worten aus dem Psalm 74, - 'ganz alten Worten' - gemeinsam im Wechsel gebetet mit den Umstehenden, Anlehnung an die Verfolgung des Volkes Israel in Vorzeiten, ein betont religiös fundierter Part der Gedenkfeier, darin auch schon die Passage: 'Sie verbrennen alle Gotteshäuser im Lande.' Und mit Blick auf den tief fundierten Glauben der Juden an den einzigen Gott schloss der Psalm mit 'Ehre sei dir, Ewiger. Amen.' 
Die drei Angenröder Konfirmanden Janina Schmidt, Lorena König und Adrian Weppler gingen dann, im Wechsel gelesen, tiefgründiger auf den Synagogentafeltext ein. Er solle sowohl in hebräischer als auch in deutscher Sprache auf der Gedenktafel an diesem Platz zu lesen sein. Es handele sich um einen Segen für trauernde Menschen, Einzelnen und ganzen Familien persönlich zugesprochen, die in die Gottesdienste in der Synagoge ihr Leid und ihre Trauer mitgebracht hätten. 
Zugleich erinnere der Segenswunsch aber auch an das lange Leiden des Volkes Israel, in den Zeiten des Exils und der Trennung von Zion und Jerusalem. Und im Wechsel mit Vikar Coenen, der wiederholt den Vers rezitierte, bekundeten die Konfirmanden auch, der Vers verbinde uns 'mit einem Stückchen Leben in der hiesigen jüdischen Gemeinde.' Angenrod besaß 1861 mit 41,94 Prozent Bevölkerungsanteil eine herausragend große jüdische Religionsgemeinde, prozentual Rang 2, bezogen auf das jetzige Bundesland Hessen (d. Verf.).
Es wurde auch das Statement Frau Dr. U. Wippichs, die lange und intensiv über die Geschichte der Angenröder Juden geforscht habe ('Memorbuch über Klein-Jerusalemern', hdschrftl. 1981/82, d. Verf.), im Originalwortlaut mitgeteilt: 'Wenn das als Inschrift in der Synagoge stand, dann hatte es vermutlich den Zweck, dass Bestattungsgäste, die nicht ganz gut mit hebräischen Gebeten zurechtkamen, wenigstens diesen guten Wunsch rasch noch mal nachlesen können sollten, falls sie kein Gebetbuch bei sich trugen.'
Eingehender Interpretation unterzog schließlich der Pfarrvikar den jetzt vorgeschlagenen Text, dies natürlich ganz auf Basis des religiösen Fundus und Hintergrunds, der jüdischen Religion, grundlegend auch für das Christentum.
Die Gedenkfeier in der Angenröder Judengasse wurde sensitiv musikalisch umrahmt von Bläserklängen, intoniert von den beiden Konfirmandinnen Marieke Ebert (Billertshausen, Trompete) und Kristin Schneider (Zell, Tenorhorn). Eine humorigen Akzent in der würdevollen Gedenkfeier setzte schließlich Martin Reibeling zum Thema: 'Das Lachen und der Humor in der jüdischen Tradition.' Rezitierend gab Reibeling auch ein schönes Beispiel mit einer frappierenden und viel Heiterkeit bei den Umstehenden genierenden Schlusspointe zum Besten."   
   
 Fotos der
 Gedenkveranstaltung

(Qualitätsbeeinträchtigung 
durch starken Nebel; 
Fotos: Ingfried Stahl) 
Angenrod Ged 2011d.jpg (98575 Byte) Angenrod Ged 2011b.jpg (96996 Byte) Angenrod Ged 2011a.jpg (99060 Byte) Angenrod Ged 2011c.jpg (89990 Byte)
   Untermalten die Feier
  mit Bläserklängen:
  Marieke Ebert,
  Trompete, und Kristin
  Schneider (Tenorhorn) 
  
Lesung durch die 
Angenröder Konfirmanden, 
von links: Janina Schmidt,
  Lorena König und 
Adrian Weppler 
  
Alle Konfirmanden
  zusammen, von links:
  Janina Schmidt, Lorena
  König, Adrian Weppler,
  Marieke Ebert und
  Kristin Schneider 
Rezitierte jüdischen 
Humor: Martin Reibeling,
  daneben (v. l.) Janina 
Schmidt, Lorena König 
und Adrian Weppler 
  
         
November 2012: Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938 in Angenrod  
Fotos der
 Gedenkveranstaltung 

(Fotos: Ingfried Stahl)  
Angenrod Pogromgedenken 2012010.jpg (129711 Byte) Angenrod Pogromgedenken 2012011.jpg (110555 Byte)   Angenrod Gedenktafel 2013.jpg (89482 Byte)
Die beiden Fotos vermitteln Impressionen vom Pogromgedenken 2012 unter Mitwirkung von derzeitigen Konfirmanden. Auf den Fotos ist eine Skizze des angedachten Gedenkplatzes am Eingang der ehemaligen Synagoge in der Angenröder Judengasse zu sehen. Auf dem Gruppenfoto rechts stehen als Mitwirkende: von links Joshua Schäfer (Zell), Tillmann Knudtsen (Ohmes), Moritz Reimer und Hendrik Bräutigam (beide aus Heimertshausen), Pfarrer Walter Bernbeck und Ortsvorsteher Axel Möller.
Zur Skizze der späteren Synagogengedenkstätte: Ihr liegt eine Tuschezeichnung von Ortsbeiratsmitglied Gerhard Stock zugrunde. Die Gedenktafel soll an insgesamt sechs unterschiedlich hohen hexagonalen Basaltsäulen angebracht werden – mit Bezug zur siebenarmigen Menora. 
Ganz rechts der Entwurf der Synagogengedenktafel, die im Frühjahr 2013 angebracht werden soll. Sie wird in der Metallgießerei Herborn als Bronzegedenktafel (60 mal 80 cm) hergestellt. Die Gestaltung der Tafel wurde im Anschluss an das Pogromgedenken am 9. November 2012 gemeinsam mit Ortsvorsteher Axel Möller, Vertretern des Ortsbeirats sowie Pfarrer Walter Bernbeck – im Beisein von Ingfried Stahl – einstimmig gebilligt.   
         

Oktober 2013: Die Einweihung der Gedenkstätte für die Synagoge am 20. Oktober 2013 
(Fotos und Berichte erhalten von Ingfried Stahl) 

 
Angenrod 102013013.jpg (240143 Byte) Angenrod 102013011.jpg (191911 Byte) Angenrod 102013011a.jpg (218236 Byte)
Blick auf die Gedenkstätte  Die Gedenktafel  Darstellung der Synagoge auf der Gedenktafel
     
  Angenrod 102013012.jpg (227664 Byte) Angenrod 102013010.jpg (212418 Byte)
  Bürgermeister Stephan Paule Teilnehmer bei der Veranstaltung 
     
Presseartikel zur Veranstaltung 
(zum Lesen bitte Textabbildung anklicken) 
Angenrod 102013 PA 01.jpg (429038 Byte) Angenrod 102013 PA 02.jpg (458669 Byte)
   Artikel in der "Alsfelder Allgemeinen" 
vom 23. Oktober 2013 (Link zum Artikel)   
 Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" 
vom 22. Oktober 2013 (Link zum Artikel)  
     

   

2014: Eine Initiative zur Rettung des Hauses Speier engagiert sich  
Anmerkung: Der Verein "Gedenkstätte Speier Angenrod" möchte das Haus Speier übernehmen und zur Gedenkstätte ausbauen. Aus diesem Haus erfolgte 1942 die Deportation der letzten acht jüdischen Personen aus Angenrod.   
Angenrod PA 06122014.jpg (228761 Byte) Artikel vom 6. Dezember 2014 in der "Oberhessischen Zeitung" (Alsfeld): 
"Zeichen nachträglicher Zivilcourage' setzen. Beschluss. Stadt unterstützt Verein Gedenkstätte Speier Angenrod mit 25.000 Euro..." 
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.    
 
Sommer 2018: Der Umbau des Hauses Speier zur "Gedenkstätte Speier Angenrod" kommt voran   
Artikel von Ingfried Stahl in der "Oberhessischen Zeitung" (Alsfeld) vom 2. August 2018: "Nähmaschinen und Bauschutt..." 
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken oder über zur Website der Oberhessischen Zeitung
Nähmaschinen und Bauschutt (Oberhessische Zeitung, 01.08.2018) 
 
Dezember 2018: Ein Radierung des Hauses Speier wird dem Verein "Gedenkstätte Speier Angenrod" übergeben     
Artikel von Ingfried Stahl in der "Oberhessischen Zeitung" (Alsfeld) vom 12. Dezember 2018: "Freude an Chanukka und Advent.
Bodo Runte überreicht Radierung des Hauses Speier an Konrad Rüssel vom Verein 'Gedenkstätte Speier'..."  
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. 
 
Oktober 2019: In Kassel werden "Stolpersteine" für drei NS-Opfer aus Angenrod verlegt 
Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" (Alsfeld) vom 25. September 2019: "Erste Stolpersteine für Angenröder Opfer
Elbenröder Gunter Demnig installiert im Oktober für Kasseler Verein Erinnerung an jüdische Familie aus Alsfelder Stadtteil.
ANGENROD -
Zum ersten Mal wird jetzt auch an Angenröder Shoah-Opfer mit Stolpersteinen gedacht. Wie vom Verein 'Stolpersteine in Kassel' mitgeteilt, wird am 22. Oktober in Kassel durch Verlegen dieser Erinnerungssteine an die drei Angenröder Shoah-Opfer Hermann Katz und Friederike Katz (geb. Schaumberger) sowie an 'Rickes' Bruder Moritz Schaumberger, der in Kassel Suizid beging, erinnert. Die Verlegungen werden wieder durch Künstler und Projektentwickler Gunter Demnig aus Elbenrod im Rahmen einer Gedenkfeier des Vereins ausgeführt. Der Neu-Elbenröder Demming und seine Vertreter haben mittlerweile deutschland- und europaweit um die 70 000 Steine in Europa gesetzt, alleine in Deutschland waren es etwa 53 000 in 1099 Städten und Gemeinden. Die Anregung zur Verlegung der Stolpersteine kam von Sonja Zoder aus Hamburg, wo ein Stolperstein für Hermann Katz' Schwester Lina verlegt ist.
Wolfgang Matthäus (Kassel), maßgebender Initiator der bisher in Kassel verlegten 217 Stolpersteine für jüdische Holocaust-Opfer, informiert auch über das von seinem Verein für die Angenröder Opfer vorgesehene Gedenkblatt. Sorgsam vorbereitet wurde von Matthäus jetzt auch das Zusammentragen von Lebensdetails der drei Angenröder Israeliten, dies in enger Abstimmung mit dem ortsansässigen Zeitgeschichtsforscher Ingfried Stahl.
So heißt es in dem Gedenkblatt für die Angenröder Opfer, auch ausgestattet mit einem Foto von Fanny Katz (Auszüge): 'Hermann Katz wurde am 12.3.1872 als ältestes Kind des Handelskaufmanns David Katz (1852-1925) und seiner Frau Sophie, geb. Mendel (1853-1936), in Minden geboren. ... Hermann Katz heiratete 1905 die am 14.5.1875 geborene Maria Schnabel aus Weinsberg. Die Ehe wurde 1908 vor dem Landgericht in Karlsruhe geschieden. In zweiter Ehe heiratete er am 5.6.1911 in Angenrod bei Alsfeld die 1881 dort geborene Fanny Schaumberger. Als Berufsbezeichnung für Hermann Katz tauchen in Dokumenten Tapezierer, Polsterer und Dekorateur, zuletzt auch Invalide auf.'
Fanny Schaumberger war die Tochter von Heinemann Schaumberger (1837-1910) und Auguste Schaumberger (geb. Süsel 1841-1923) aus Angenrod. Sie hatte den Bruder Moritz und die Schwester Rickchen, als Geschwisterpaar 'Moritz und Ricke' bestens bei Angenröder Zeitzeugen bekannt. Die Familie lebte in einem Dorf nahe Alsfeld - heute einer seiner Stadtteile - das damals etwa 550 Einwohner mit einem erheblichen Anteil jüdischer Bevölkerung hatte. Dieser lag 50 Jahre zuvor (1861) bei über 40 Prozent und war nach Rhina der zweithöchste in Hessen. Zahlreiche jüdische Familien verfügten über Hausbesitz, die 'Judengasse' im Dorf galt als 'Klein Jerusalem'.
Hermann und Fanny Schaumberger ließen sich 1911 in Kassel in der Wolfhager Straße 151 und dann 147 nieder, später wohnte die Familie einige Jahre in der Müllergasse 21, ehe sie mit dem einzigen gemeinsamen Sohn Herbert in die Mönchebergstraße zog. Nachdem er den Führerschein erworben hatte, schlug er sich bis etwa 1937 als Chauffeur durch, ehe er im Februar 1938 die Möglichkeit ergriff, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Seinen Eltern, die sich nach seinen Angaben gleichfalls darum bemühten, sollte dies jedoch nicht mehr gelingen. 1938, als die meisten Juden aus Fannys Heimatdorf Angenrod vertrieben waren, kamen ihre Geschwister, die ledige Rickchen und der verwitwete Moritz Schaumberger nach Kassel und wohnten bei ihrer Schwester und dem Schwager in der Mönchebergstraße 21. Moritz Schaumberger war der wohl einzige Angenröder Israelit, der einem schwereren handwerklichen Beruf in Alsfeld nachging. Er arbeitete auf dem Holzplatz der Firma Wallach. In Kassel wurde er als 'Invalide' registriert und gehörte zu den jüdischen Männern, die verhaftet und als 'Aktionshäftlinge' im Sonderlager innerhalb des KZ Buchenwald eingesperrt wurden. Am 12. Dezember 1938 mit der Häftlingsnummer 24559 entlassen, starb er knapp ein Jahr später am 5. Dezember 1939. Zu diesem Zeitpunkt war die Familie bereits in das benachbarte Haus Mönchebergstraße 19 ½ umgezogen.
Rickchen Schaumberger verwies man von dort im August 1940 in das Lager Wartekuppe in Nieder-Zwehren, das einer Haftstätte glich. Die vorliegenden Dokumente legen nahe, dass dies auch für Fanny und Hermann Katz zutraf. Im Januar 1940 waren sie gezwungen Fanny Katz' elterliches Haus in Angenrod zu verkaufen. In dem Kasseler Gedenkblatt wird dann auch noch ausführlich auf die finanzielle Notlage der Eheleute Katz und das Haus-Verkaufs-Prozedere Bezug genommen. Hermann Katz war im Herbst 1940 mit Wohnsitz der Eheleute im Kasseler Lager Wartekuppe Pfleger seiner Frau 'Rickchen Sara Schaumberger früher Angenrod'.
Ihr Mann unterzeichnete in der NS-Ära, den menschenverachtenden Rassegesetzen geschuldet, mit 'Hermann Israel Katz'. Und abschließend heißt es im Gedenkblatt: 'Fanny und Hermann Katz sowie Rickchen Schaumberger wurden am 7. September 1942 mit dem Transport XV/1, nr. 528 von Kassel über Chemnitz nach Theresienstadt deportiert und von dort bereits drei Wochen später, am 29. September, mit den Transporten Bs, nr. 848 bzw. Bs, nr. 1143 zusammen mit 4001 Menschen in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt, wo alle Opfer der Transporte ermordet wurden." 
Link zum Artikel  
Link zur Website des Vereins Stolpersteine Kassel - Biographie Schaumberger: https://www.kassel-stolper.com/biografien/fanny-und-hernann-katz-rickchen-schauberger/  
 
     
 Artikel in der "Oberhessischen Zeitung"
vom 26.10.2019 
 Die drei "Stolpersteine" mit Steinen,
Blumen und Botschaften 
 Kantor Jacob Axenrod von
der jüdischen Gemeinde Kassel
 Wolfgang Matthäus verteilt
 Informationsblätter
       
     
 Rezitationen von Schülerinnen und Schülern   
    - Hochhalten von Begriffen    
  Prof. Ingfried Stahl (Angenrod)
bei seinen Grußworten 
  Harmonikaspiel durch
Philipp Hoffmann (Kassel)
 
Mai 2020: Daniel Rothschild auf Spurensuche in Angenrod   
Artikel von Ingfried Stahl in der "Oberhessischen Zeitung" vom 26. Mai 2020: "Mit E-Bike auf Ahnensuche. 
ANGENROD -
Die sorgsame Pflege ihrer familiären Stammlinien ist seit Alters her ein essenzielles Identitätsmerkmal jüdischen Selbstverständnisses. Sie basiert auf den jahrtausendealten Überlieferungen in der Heiligen Schrift der Israeliten, der Thorah, eng gefasst: der 'fünf Bücher Mose'. Vor diesem Hintergrund ist auch immer wieder der Besuch jüdischer Nachfahren aus dem fernen Ausland, vor allem aus den USA und auch aus Israel selbst, zu werten, die auf der Spurensuche ihrer mitteleuropäischen und auch deutschen Vorfahren unterwegs sind. Bezogen auf die damalige bedeutende und florierende Heimstätte von Israeliten in der Region ist für diese Konfessionsangehörigen speziell Angenrod ein geschätzter Ort: für einen Besuch und ein Innehalten an Ortsbereichen, Wohnstätten, Plätzen und vor allem am jüdischen Gemeinschaftsfriedhof. Friedhöfe sind für Israeliten deren 'Haus der Ewigkeit'. Speziell hier hofft man, im Lichte ihrer genealogischen Recherchen neue Erinnerungsmale aufzufinden.
So war es denn auch am 16. März 2012 der Fall, als sich überraschend ein Besucher aus Israel selbst am jüdischen Friedhof Angenrods bei dessen sorgsamen Schlüsselverwalter Ernst Dieter Schlosser vorstellte. Gekommen war er mit dem Wunsch, die letzten Ruhestätten einiger seiner hiesigen Vorfahren zu lokalisieren und diesen an den Gräbern zu gedenken. Die Anfahrt nach Angenrod hatte der Gast aus dem 'Gelobten Land' mit einem geliehenen E-Bike von Alsfeld her vorgenommen. Überraschenderweise sprach er sogar etwas Deutsch. Die Führung über die Gräberanlage mit über 207 Grabmalen übernahm dann wieder Angenrods Lokalhistoriker Ingfried Stahl ganz im Sinne schon mehrfach praktizierter Vor-Ort-Besichtigungen und -Erläuterungen. Komplettiert wurden diese mit Fotos und Dokumenten, upgedatet mit den bis dato erfolgten Forschungsarbeiten zur israelitischen Geschichte Angenrods. Am Gemeinschaftsfriedhof stellte sich der sportlich-dynamisch und weltoffen auftretende mutmaßliche Nachfahre Angenröder Israeliten dann selbst vor. Und schon sein Familienname und dieser unverändert über lange Zeiten selbst war richtungweisend für die weitere – dann auf Englisch geführte – Kommunikation auf dem Friedhof. Es war Daniel Rothschild aus der Halbmillionenstadt Tel Aviv, 1909 gegründet und ursprünglich ein Vorort der antiken Hafenstadt Jaffa. Rothschild verband seinen erstmaligen Besuch Deutschlands und somit auch unserer Region sogar mit der Feier seines 50. Geburtstages. Gekommen sei er mit dem Flieger von Tel Aviv mit Landung in Frankfurt am Main. In nachfolgenden E-Mails teilte Rothschild dem Angenröder Geschichtsforscher auf dessen Anfrage noch einige persönliche Daten mit. Geboren wurde er 1962 in Rehovot bei Tel Aviv. Mit seiner Familie – Ehefrau Tsipora und den beiden Kindern Ori (25) (hebr.: 'mein Licht') und Amber (22) (hebr. 'Edelstein') – wohnt er in Rishon Lezion, 14 Kilometer südlich der weltoffenen israelischen Metropole. Der gelernte und jetzt 58-jährige Elektronik-Ingenieur für Netzteile arbeitet aktuell speziell im Tätigkeitsfeld eines Ingenieurs für Elbit Systeme LTD. Seinen Besuch im Heimatland seiner oberhessischen Ahnen hatte Rothschild sehr gut vorbereitet. Von Frankfurt, teilte er mit, sei er zunächst mit der Bahn nach Gießen gefahren. Dort sei sein am 18. Februar 1938 in der oberhessischen Universitätsstadt verstorbener Urgroßvater 'Cheskel' (Hesekiel) Rothschild (1870 – 1938) bestattet.
Stammbaum. Wie sich dann später auch im Rahmen der E-Mail-Kommunikation aus Angenrod mit Daniel Rothschild noch genauer herausstellen sollte – Rotschild hatte seinen 'family tree', also seinen Stammbaum, nach seinem Oberhessen-Besuch noch erheblich ausweiten und präzisieren können – stammte Hesekiel Rothschild aus Angenrod. Geboren war er am 14. Januar 1870 im Stammhaus der Angenröder Rothschild-Familie in der Judengasse. Er war zugleich auch Bruder des vielleicht nur noch zwei, drei hochbetagten Zeitzeugen bekannten Handelsmannes Hermann Rothschild (*1864 in Angenrod, gest. 1937 in Johannesburg/Südafrika). Dieser hatte 1895 von seinem Vater, dem Angenröder David Hirsch Rothschild (1848 – 1916, bestattet in Alsfeld) dessen schon 1856 im Handelsregister eingetragene Geschäft übernommen und übergab es dann 1927 an seinen Sohn Isidor Rothschild (*1898, gest. 1959 in Johannesburg). Isidor Rothschild betrieb hier ein zunächst gut gehendes Manufakturwarengeschäft, Handel mit Nähmaschinen und Viehhandel. Seinen Angaben zufolge habe er 'ausschließlich nichtjüdische Kundschaft' gehabt, die aber dann 'unter dem Einfluss des Judenboykotts' im Nationalsozialismus habe 'wegbleiben' müssen. Die Familie um Isidor Rothschild – Vater Hermann (71), Ehefrau Irene geb. Stein und Tochter Sonja, später verh. Barnett, geb. 1927 in Angenrod – entschloss sich daher am 5. Oktober 1936 zur Emigration nach Johannesburg (Südafrika), dies in der Hoffnung, sich dort 'eine neue Existenz zu gründen'. Die Auswanderung erfolgte recht spektakulär: mit Liftvans, also mit geschlossenen hölzernen Containern für den Abtransport des eigenen Inventars, und letztlich mit Schiff von Genua aus nach Kapstadt. Nach dem Vorortbesuch Daniel Rothschilds vor acht Jahren stellten sich die Familien um Hermann und Isidor Rotschild dann als Angenröder Vorfahren des Tel Aviver Israelis heraus. Es konnten insbesondere im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt zahlreiche Akten und Fotos seiner Angenröder Ahnen recherchiert werden. Sie alle wurden Daniel Rothschild danach via E-Mails zur Komplettierung seiner Ahnenforschung zur Verfügung gestellt. Während auf dem Sammelfriedhof damals lediglich das Grab von Siegfried Heini Rothschild (16.04.1932 – 19.09.1934), des im Alter von nur knapp 17 Monaten verstorbenen Bruders von Sonja, aufgefunden wurde, stellte sich das damals schon gute bekannte älteste Grab auf dem reduzierten israelitischen Friedhof dann als Grabstätte eines Vorfahren David Rothschilds in indirekter Linie heraus. Daniel Rothschild sei dann, wie er mitteilte, mit dem E-Bike nach Alsfeld gefahren und habe auf dem dortigen jüdischen Friedhofsteil Alsfelds sogar noch das Grab seines Angenröder Urururgroßvaters selbst, nämlich des bereits erwähnten David Hirsch Rothschild, ausfindig gemacht. Nach einer Übernachtung in einem Alsfelder Hotel sei er dann wieder mit Bahn und Flieger in seine Heimat am Mittelmeer zurückgekehrt.
Informiert. Das vitale Interesse des heute 58-jährigen Israeli mit Vorfahren in Angenrod an der 1942 abrupt abgebrochenen langjährigen Geschichte der Israelitischen Religionsgemeinde Angenrod – es waren letztlich 57 Shoah-Opfer des NS-Regimes zu beklagen – erhellt unter anderem auch aus der Tatsache, dass sich Daniel Rothschild alle drei Bände des Angenröder Geschichtsautors, und dies sogar in zweifacher Ausfertigung, hat nach Tel Aviv zusenden lassen. Auch wurde er aus Angenrod regelmäßig über weitere Veröffentlichungen informiert. Im deutschen Sprachraum und auch global sind vor allem die Bankiers ab Mayer Anschel Rothschild, der zunächst ab 1783 im 'Haus mit dem Grünen Schild' in der Frankfurter Judengasse wohnte und finanziell höchst erfolgreich agierte. Der Rothschild-Dynastie wird somit auch großer Reichtum attestiert, den aber Daniel Rothschild, dabei dezent lächelnd, für sich und die Seinen in klare Abrede stellte. Und im ganz aktuellen E-Mail-Austausch, dies in Zeiten der Corona-Pandemie auch in Israel, folgend seiner Nachfrage nach dem Befinden des Schlüsselverwalters, freute er sich zu lesen, dass sich 'key keeper' Dieter Schlosser in guter Verfassung befinde. Er bat beste Wünsche auszurichten, denn er sei der 'richtige Mann in der richtigen Zeit' gewesen, sonst hätte er lange Zeit um Hilfe ersuchen müssen." 
Link zum Artikel  
 
August 2020: Aufführung des Deutsch-jüdischen Theaters in Angenrod 
Ankündigung/Artikel in der "Gießener Allgemeinen" vom 26. August 2020:"Großstadtmärchen im Getürms
Alsfeld
(pm). Um 1880 gehörten 42 Prozent der Einwohner von Angenrod dem jüdischen Glauben an, im Jahre 1942 wurden die letzten Bewohner im Haus Speier zusammengepfercht und von den Nazis verschleppt und ermordet. Anlässlich der Restaurierung und Neueröffnung der Gedenkstätte Speier Angenrod mit der interaktiven Ausstellung unter dem Motto 'Verbinden - nicht Trennen' präsentiert das Ensemble des Deutsch-Jüdischen Theaters aus Berlin ihr Großstadtmärchen 'Wenn die beste Freundin mit der besten Freundin' im Getürms von Billertshausen bei Alsfeld.
Hier werden nun die Welten von Großstadt und Landleben, verschiedenen Religionen und Lebensweisen sowie Zerstörung und Neugestaltung verbunden. Die drei Künstler/innen Alexandra Julius Frölich (Gesang), Eva Maria Kölling (Gesang) und Alexander Gutman (Klavier) lassen die wunderschönen Musikstücke und Lieder von Paul Abraham, Friedrich Hollaender, Mischa Spolianski und Werner Richard Heymann (jüdische Komponisten der 20er/ 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts) erklingen, eingebettet in eine Geschichte von heute. In dieser werden die arbeitslosen Künstlerinnen Edith und Griseldis vom Jobcenter zur Renovierung der Gedächtniskirche abgestellt, da der Besuch des Papstes bevorsteht. Das Theaterstück findet im Getürms von Billertshausen statt, eine Kirche, die etwas außerhalb inmitten des Friedhofs von Angenrod liegt. Datum ist Samstag, 1. August, ab 18 Uhr..." 
 
      
Oben: Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" vom 21. August 2020:
"Musikalische Revue im Getürms" 
(zum Lesen bitte Textabbildung anklicken bzw. Link zum Artikel)
    Oben: Fotos von Bodo Runte (Alsfeld) 

                                       

September 2020: Eröffnung des Hauses Speier   
(Fotos erhalten von Ingfried Stahl)
 
      

 
          
 Rede von Bürgermeister
Stephan Paule (Alsfeld)
 Eröffnungsteilnehmer im
Hof der Gedenkstätte
Musikalische Umrahmen durch
die Gruppe flex á ton
     
     
 Die Treppe erinnert an die
 NS-Hetze gegen Juden
 Die historische Schreibmaschine wurde
 durch Mäzen Arthur Speier (Texas) gespendet 
 Dokumente 
  
     
     
 In der Gedenkstätte Haus Speier   Pressespiegel   
     
Vgl. Pressebericht von Anna Becker in der "Oberhessischen Zeitung" vom 12. September 2020: "Ort kultureller Begegnung in Angenrod. Mit Kopfhörern auf den Ohren und einem Tablet in der Hand begeben sich die Besucher der Ausstellung in Angenrod auf eine Zeitreise. Am heutigen Samstag öffnet das Speier-Haus.
Angenrod Mit Kopfhörern auf den Ohren und einem Tablet in der Hand begeben sich die Besucher der Ausstellung im Haus Speier in Angenrod auf eine Zeitreise in den bunten Vogelsberg vor 1933. Durch Texttafeln, Bilder und Filme wird an insgesamt 15 Stationen Geschichte auf anschauliche Weise vermittelt. Jede der Stationen setzt den Fokus auf einen anderen Teilbereich des Lebens der Juden im Vogelsberg. Vom Zusammenleben im Dorf, über Feste und religiöse Gemeinsamkeiten, bis hin zu Antisemitismus, Ausgrenzung und Ermordung können sich Interessierte Wissen aneignen. Am heutigen Samstag öffnet die Ausstellung im Speier-Haus (Leuseler Straße 3 in Angenrod) nach drei Jahren Arbeit.
Vor allem Schulklassen und Konfirmanden gehören zu der Besucher-Zielgruppe. Aber auch die restliche Bevölkerung hat die Möglichkeit, die Ausstellung an einem Tag in der Woche zu besuchen. Geplant ist, sonntagnachmittags das Speier-Haus für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Für Schulklassen ist der Besuch besonders interessant, da 'die große, allgemeine Geschichte' lokal veranschaulicht wird. Geschichte wandelt sich vom abstrakten, vergangenen Konstrukt in etwas Greifbares, das man noch heute erleben kann und dessen Auswirkungen immer noch spürbar sind. Kurze Videos dienen als Erklärungshilfe für die unterschiedlichen Stationen. Hierbei lernen die jugendlichen Besucher von Gleichaltrigen, denn in einem Teil der Filmbeiträge stehen Schüler der Max-Eyth-Schule im Mittelpunkt und vermitteln die Inhalte. Aber auch Zeitzeugensequenzen, die Rekonstruktion eines möglichen vergangenen Dialoges und Erklärclips, die die Texttafeln ergänzen, sorgen für Abwechslung während des Video-Rundgangs. Da jeder Besucher mit Tablet und Kopfhörern ausgestattet wird, können die einzelnen Stationen im individuellen Tempo durchlaufen werden.
'Wir wollen auf die kulturelle Geschichte des Vogelsbergs aufmerksam machen und zeigen, dass dieser ein Ort der Begegnung von Kulturen ist', erklärt Joachim Legatis. Er ist Vorsitzender des Vereins Gedenkstätte Speier Angenrod. Gabriele Geiß, die die Regie für die Museumsgestaltung und Konzeption übernahm, erläutert: 'Das Speier-Haus bietet sich in besonderer Weise als Ausstellungsort an, da Mitte des 19. Jahrhundert in Angenrod die größte jüdische Gemeinde in Hessen/Darmstadt bestand'. Das Haus werde auch als 'Gettohaus' bezeichnet, da dort die letzten übrig gebliebenen Angenröder Juden zusammengepfercht wurden, bevor sie in Konzentrationslager deportiert wurden. In dieser Zeit habe Familie Speier, bestehend aus Leopold Speier, seiner Frau und ihren drei Kindern, das Haus bewohnt. 'Alle Familienmitglieder - bis auf Sohn Ludwig - sind in Auschwitz gestorben', informiert Legatis. Ludwig Speier habe aus Deutschland fliehen können. So sei das Speier-Haus bis in die 2000er Jahre in jüdischem Besitz geblieben, da das Gebäude nach dem Zweiten Weltkrieg nicht verkauft wurde.
Allerdings sei es bis in die 1980er Jahre genutzt worden, zuerst als Flüchtlingsunterkunft, später dann als Wohnsitz. In den folgenden Jahren habe das Haus vor sich hin vegetiert und sei immer weiter zerfallen. 'Seit dem Jahr 2015 hat der Verein Gedenkstätte Speier mit Hilfe der hessischen Denkmalpflege, der Stadt Alsfeld und weiteren Spendern das Haus gesichert und saniert. Nach Abschluss der Sicherheitsmaßnahmen kaufte der Vereine das Grundstück im Jahr 2018. Die Arbeit an der Ausstellung begann im Sommer 2019 und dauerte bis September 2020', blickt Legatis zurück. Doch nun ist es so weit. Das Museum ist fertig und wartet auf interessierte Besucher. .." 
Link zum Artikel 
   
Weiterer Bericht in der "Oberhessischen Zeitung" vom 19. September 2020: "Jüdische Leben im Vogelsberg. Der Vogelsberg ist um eine Gedenkstätte reicher. Dieser Tage eröffneten die Aktiven des Trägervereins das Speier-Haus als Lernort und Gedenkstätte für Jüdinnen und Juden im Vogelsberg im Alsfelder Stadtteil Angenrod.
ANGENROD -
(red). Der Vogelsberg ist um eine Gedenkstätte reicher. Dieser Tage eröffneten die Aktiven des Trägervereins mit Gästen aus Politik und Gesellschaft das Speier-Haus als Lernort und Gedenkstätte für Jüdinnen und Juden im Vogelsberg im Alsfelder Stadtteil Angenrod. Über ein Jahr hinweg hatten Aktive des Gedenkstätten-Vereins mit Ausstellungsmacherin Gabriele Geiß eine Ausstellung vorbereitet, die nun erstmals geöffnet war. Die Reaktionen der Gäste zeigen, dass das Konzept aufgeht. An 15 Stationen geben Texttafeln, Bilder und Filme einen Überblick über den jüdischen Vogelsberg. Da das Haus recht klein ist, stehen die meisten Informationen auf Tablets bereit, die für den Rundgang genutzt werden. Die Geschichte, das Zusammenleben im Dorf, Kleinhandel, Feste, religiöse Gemeinsamkeiten, Jiddisches in der Umgangssprache, Antisemitismus, Ausgrenzung und Ermordung sind Themen des Rundgangs. Dabei gehört das alte Fachwerkhaus als begehbares Denkmal zum Konzept, selbst die Farbe der Hocker hat eine tiefere Bedeutung. Dargestellt wird eine 650-jährige Geschichte mit Höhen und Tiefen, es geht um das gemeinsame Leben in den Dörfern, aber auch die Ermordung vieler jüdischer Vogelsberger wird thematisiert. Bei der Eröffnung sprachen Landtagsabgeordnete Eva Goldbach und Bürgermeister Stephan Paule großes Lob für das Engagement aus. Eine Sprecherin des Ortsbeirats gratulierte zum Gelingen des Vorhabens. Träger der Stätte ist der Verein Gedenkstätte Speier Angenrod. Die Ausstellung wurde ermöglicht durch eine großzügige Förderung des Landwirtschaftsministeriums aus dem Programm 'Landkultur“. Künftig wird das Speier-Haus als Lernort für Schulklassen und Konfirmandengruppen genutzt. Das Speier-Haus ist das einzige Haus in Angenrod, das bis in die 2000er Jahre einer jüdischen Familie gehörte. Erbaut wurde es in den 1840er Jahren für die Familie Benedict Speier und war bis zur Verschleppung von Leopold Speier und seiner Familie 1942 von den Nachkommen bewohnt. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es nicht verkauft, sondern blieb im Eigentum der Familie Speier. Bis in die 1980er wurde es als Wohnhaus genutzt, danach verfiel das Fachwerkhaus. Der Verein sicherte das baufällige Gebäude im Jahr 2015 mit Unterstützung der hessischen Denkmalpflege und der Stadt Alsfeld. Nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen kaufte der Verein das Grundstück im Jahr 2018, sanierte das Gebäude weiter mit Spenden von Privatleuten und Institutionen, mit Unterstützung der Denkmalpflege und der Stadt Alsfeld. Die Arbeit an der Ausstellung begann im Sommer 2019 und dauerte bis September 2020. Angenrod ist der ideale Platz für einen Lernort zur langen Geschichte der Vogelsberger Jüdinnen und Juden, weil dort eine der größten jüdischen Gemeinden der Region bestand. Im Jahre 1862 gehörten 42 Prozent der Angenröder der jüdischen Gemeinde an. Das ist der prozentual zweithöchste Wert für Hessen, nach dem osthessischen Rhina." 
Link zum Artikel   
 
Oktober 2020: Ausstellung im Haus Speier
Artikel in der "Oberhessischen Zeitung vom 5. Oktober 2020: "Haus Speier zeigt Ausstellung jetzt in der Öffentlichkeit..."
Zum Lesen des Artikels bitte Abbildung anklicken.
  
 
Oktober 2022: Verlegung von Stolpersteinen in Angenrod  
Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" vom 1. Oktober 2022: "Gedenken an die ermordeten Juden.
Gunter Demnig verlegt die ersten 15 Stolpersteine in Angenrod / Zwölf Jahre sind seit Ortsbeiratsbeschluss vergangen..." 
Zum Lesen des Artikels bitte Abbildung anklicken.
  
  
 Fotos von der Verlegung der Stolpersteine am 29. September 2022 (Fotos erhalten von I. Stahl)        
 
November 2022: Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht in Angenrod    
Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" vom November 2022: " Eine Kerze für jedes Opfer.
Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht am Platz der ehemaligen Synagoge in Angenrod. Erstmals wird Fotoalbum gezeigt..." 
Zum Lesen des Artikels bitte Abbildung anklicken     

    


Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Angenrod mit Seite zur Geschichte des Ortes  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Angenrod (interner Link) 
bulletGeplant: Web-Plattform des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen zur "Israelitischen Religionsgemeinde Angenrod".   
Website des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen 
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Angenrod 

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 44.
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 108. 
bulletUrsula Mirjam Wippich: Memorbuch von klein Jerusalemern in Angenrod: 1736, 1802, 1875, 1942. Erschienen 1982.  
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 190-192.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 76. 
bulletNorbert Hansen: Rothschild, Geschichte einer jüdischen Familie aus Angenrod. Hrsg. vom Geschichts- und Museumsverein Alsfeld. 2007.  
bulletMathilda (Tilly) Wertheim-Stein: The Way It Was: The Jewish World of Rural Hesse. Atlanta 2000. 
"When I visited Angenrod Synagogue in 1959 (in Hesse about 100 km north of Frankfurt Am Main), the sanctuary was littered with bicycles and agricultural machines, which defiled the sanctity of the building. Although some of the Angenrod population were certainly aware of our displeasure with this state of affairs, they proudly emphasized that the synagogue in their village had survived the pogrom of Kristallnacht in Germany on November 10, 1938. However, the synagogue of 1797 endured for practical rather than ideological reasons: it was a wooden structure that had been built about nine feet away from other buildings. If the Nazis had set fire to the Angenrod Synagogue, then adjacent houses would also have gone up in flames.        ...During my visit in 1959, I took from the synagogue any books I could find in Hebrew writing. Although no sacred books or scrolls of the Angenrod congregation had survived, one segment of Hebrew writing remained on the wall. Ironically it read, 'May the God who is always present comfort you together with the mourners for Zion and Jerusalem.' The salvaged books had been used and left during World War II by members of the American armed forces who had conducted religious services in the synagogue while they were stationed in the region. No Jews have lived in Angenrod since 1942."  
  
bulletAngenrod Lit 04.jpg (24725 Byte)Ingfried Stahl: Die Israelitische Religionsgemeinde Angenrod. Reihe: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins Alsfeld. Heft 1 Juni 2007. 
bulletders.: Opfer des NS-Regimes - Angenrods letzte Israeliten. Etabliert seit 1736: Die Israelitische Religionsgemeinde Angenrod. In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen. 95. Band. Gießen 2010. S. 183-263. Online zugänglich
Abstract zum Beitrag von Ingfried Stahl (aus der Website des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen): Opfer des NS-Regimes - Angenrods letzte Israeliten
Der Beitrag befasst sich mit den letzten Jahren der ehemals blühenden Israelitischen Religionsgemeinde Angenrod, der 1861 prozentual zweitgrößten Gemeinde des heutigen Bundeslandes Hessen, bis hin zu deren Erlöschen in der Zeit des Nationalsozialismus. Mit Belegen der Hessischen Staatsarchive und insbesondere des International Tracing Service (ITS) Bad Arolsen werden erstmals die Schicksalswege zahlreicher Angenröder Opfer der Shoa dokumentiert. Die innerörtlichen sozialen Ausgrenzungsvorgänge der zuvor weitgehend emanzipierten und in die dörfliche Gemeinschaft integrierten Angenröder israelitischer Religionszugehörigkeit seit 1935 gewinnen durch Gespräche mit zahlreichen Angenröder Zeitzeugen in Übereinstimmung mit Presseberichten in der 'Oberhessischen Zeitung' Alsfeld an Signifikanz. Eine Reihe von Fotos der bislang ermittelten 42 in Angenrod geborenen Opfer des Holocaust geben den Opfern des NS-Regimes nicht nur Namen, sondern auch Gesicht.
Abstract to the contribution from Ingfried Stahl: Victims of the NS-Regime – the last Jews of Angenrod
The contribution details the last years of the formerly flourishing Jewish community in Angenrod, which in 1861 was the second-largest Jewish community of the present state of Hesse, through to their eradication during the country’s National Socialist period.
For the first time the fate of many Angenrod residents, victims of the Shoah, could be documented, using documents from the Hessian state archives and especially the International Tracing Service (ITS) Bad Arolsen. Conversations with numerous contemporary witnesses to history as well as newspaper reports from the 'Oberhessische Zeitung' out of Alsfeld document how, beginning in 1935, the once well-integrated and emancipated Jewish residents were ostracized in the rural community. A collection of photos of the 42 Angenrod citizens who so far have been identified as victims of the Holocaust add faces to the names of these victims.     
bulletAngenrod Lit 1301.jpg (78944 Byte)Ingfried Stahl: Opfer der NS-Ideologie - Angenrods letzte Israeliten. Die Israelitische Religionsgemeinde Angenrod (1736-1942). 2013. 330 Seiten. Zahlreiche Abbildungen. 
(Selbstgestaltete erweiterte Dokumentation auf Basis des offiziellen Textbeitrags in den "Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen" 95. Band. Gießen 2010 S. 183-263).  
Anfragen und Bestellwünsche für das als "book on demand" erstellte Buch bitte gegebenenfalls an den Autor: ingfried.stahl[et]web.de.
bulletIngfried Stahl: Angenrod vor 1945 - Band 1. Vom Vormärz bis zum Ende der Weimarer Republik. 458 S., 256 Abb. Verlag F. Ehrenklau GmbH & Co.KG, Am Kreuz 10, 36304 Alsfeld 2014.
bulletAngenrod vor 1945 -2.jpg (56230 Byte)ders.: Angenrod vor 1945 - Band 2. Vom Anfang bis zum Ende der NS-Diktatur. ISBN 978-3-00-055108-6  599 S. zahlr. Abb. Selbstverlag 2017.    
bulletWertheimer Mathilde Lit 005.jpg (59674 Byte) Mathilda Wertheim Stein: The Way it Was: The Jewish World of Rural Hesse. 427 pages. FrederickMax Publications Atlanta: Max, 2000. ISBN 978 0 967 3282 01. 
Weitere Informationen: siehe eingestellte pdf-Datei mit Bestellmöglichkeit über www.israeled.org bzw. http://www.amazon.com/The-way-was-Jewish-world/dp/0967328209 
U.a. in Kap. 1: "The History of Angenrod and its Environs until 1789, Moses Wertheim (I) and his family". Kap. 2: "Urban and Court Jews, History of Angenrod and its Environs after 1789, Raphael Vogel Wertheim ((I)...", Kap. 3: "The Schaumberger and Löb Levi Families of Angenrod..."     

    
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Angenrod  Hesse.  Owing to their useful role in the cattle trade, Jews were welcomed and by 1797 had established a community - dubbed "New Jerusalem" - which numbered 247 (42 % of the total) in 1861. Reduced to 63 by the time Hitler came to power in 1933, it had virtually disintegrated by 1939. The last eight Jews were deported in 1942. 
   
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020