Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kestrich mit Groß-Felda (Gemeinde Feldatal, Vogelsbergkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
   
In dem bis 1806 den Freiherren von Schenck zu Schweinsberg gehörenden Kestrich bestand eine jüdische Gemeinde bis 1936. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (1650) werden Juden am Ort genannt. Zwischen 1788 und 1808 gab es 14 jüdische Familien am Ort.
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1808 38 jüdische Einwohner, 1828 73 (15,4 % von insgesamt 385 Einwohnern), 1861 100 (25,2 % von 397), 1880 52 (14,1 % von 361), 1900 34 (16,7 % von 224), 1910 32 (10,7 % von 298). Die jüdischen Familienvorsteher waren als Vieh- und Warenhändler tätig. Der 1770 geborene und 1838 verstorbene Salomon Adler hatte eine Spezereihandlung.       
    
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Israelitische Konfessionsschule vor kurz vor 1900; im selben Gebäude wie die Synagoge), ein rituelles Bad (angebaut an das Schul- und Synagogengebäude) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als Lehrer werden genannt: von 1834 bis 1848 Isaak Adler (aus Lengsfeld); von 1848 bis 1850 Marckus Hauser (aus Grünberg); 1850 bis 1863 Lehrer Metzger; 1863 bis 1865 David Collin; von 1865 bis 1884 (siehe Ausschreibung der Stelle von 1884 unten) Ruben Jacob Leermester (gestorben 1888); sein Nachfolger war M. Heller (1890/91 genannt, siehe unten); danach bis 1925 Lehrer Steinhauer; 1925 bis 1931 Lehrer Stern; 1935/36 Lehrer Jakob Bick. Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Provinzialrabbinat Oberhessen mit Sitz in Gießen.  
     
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Hugo Bacharach (geb. 28.2.1896 in Kestrich, gef. 26.11.1918) und Moses Katz (geb. 26.4.1877 in Kestrich, gef. 26.2.1916).        
     
Um 1924, als zur Gemeinde noch 27 Personen gehörten (9,8 % von insgesamt 275 Einwohnern, in fünf Familien), waren die Gemeindevorsteher Siegmund Bacharach, Leopold Kapenberg und Nathan Goldenberg. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin die genannten Herren Siegmund Bacharach (1. Vors.), Nathan Goldenberg (2. Vors.) und Leopold Kapenberg (3. Vors.). Im Schuljahr 1931/32 erhielten noch vier schulpflichtige Kinder der Gemeinde Religionsunterricht.    
     
Anfang 1933 lebten noch 24 (8,9 % von insgesamt 271 Einwohnern), zum 1. September 1933 noch 19 jüdische Personen in Kestrich (in fünf Familien).
In den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (der Gemeindevorsitzende Siegmund Bacharach nach Südafrika, Familie Goldenberg in die USA). Im September 1938 waren noch 16, 1939 nur noch drei jüdische Einwohner am Ort. Auch Anfang Februar 1942 waren es noch drei, die im September dieses Jahres in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden.
     
Von den in Kestrich geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sally Bacharach (1903), Chaje Blum geb. Bleichfeld (1879), Dr. David Robert Blum (1879), Hermann Blum (1865), Robert Blum (1879), Salomon Blum (1864), Selma Görtz geb. Blum (1874), Norbert Goldenberg (1885), Irma Kapenberg geb. Mayer (1884), Leopold Kapenberg (1880), Leopold Katz (1875), Jeanette Löb geb. Katz (1881), Rosa Maas geb. Goldenberg (1883), Sara Roth geb. Kapenberg (1870). 
      
Aus Groß-Felda sind umgekommen: Cips Sidda Hill geb. Katz (1910) und ihre Tochter Irene Hill (1928).  
 

      
      
      
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1884   

Kestrich Israelit 17031884.jpg (42321 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. März 1884: "Die hiesige Religionslehrer-Stelle nebst Vorsängerdienst soll bis zum 1. Mai dieses Jahres besetzt werden. Gehalt beträgt pro Jahr 700 Mark sowie freie Wohnung.   
Bewerber wollen sich unter Beilage der Zeugnisse an Unterzeichneten wenden.  
Kestrich, den 12. März 1884.  Löb Katz, I. Vorstand."   
   
Kestrich Israelit 08121884.jpg (40442 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1884: "Die hiesige Religionslehrerstelle mit einem Gehalt von 600 Mark und freier Wohnung ist alsbald zu besetzen. 
Unverheiratete Bewerber werden bevorzugt. Polen und Russen bleiben unberücksichtigt. 
Kestrich (Oberhessen), 5. Dezember 1884. Der Vorstand: Löb Katz."

   
Anzeige von Lehrer Leermeester (1886)  
Ruben Jacob Leermeester ist 1822 in Amsterdam geboren. Er war verheiratet mit der gleichaltrigen Regina geb. Danzig aus Linz am Rhein. Warum er von Amsterdam nach Kestrich kam, ist nicht bekannt. Gemeinsam mit seiner Frau und einer Tochter wohnte er im Haus "Am Erlenbach 7" in Kestrich, wo er von 1865 bis 1884 als Lehrer tätig war. Er starb 1888 in Kestrich; sein von seinen Schülern gestiftetes Grab ist im Friedhof erhalten. 

Kestrich Israelit 18021886.jpg (28370 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1886: "Wimpel, Mappot und Mazzewot – (Grabstein)-Inschriften werden schön und billig verfertigt durch Ruben Jacob Leermeester
Lehrer in Kestrich, Oberhessen."

    
Spendenaufruf für die Lehrerwitwe Regina Leermester (L.R., 1890)  

Kestrich Israelit 10111890.jpg (139050 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1890: "Die Witwe R.L. in Kestrich, Oberhessen, hat ihren Mann vor ca. zwei Jahren durch den Tod verloren. Dieselbe ist mir zwei Kindern zurückgeblieben. Jeder, der deren Mann gekannt hat, muss sagen, dass es ein tätiger und diensteifriger Lehrer und ein frommer und rechtschaffener Jehudi war. Trotzdem, dass ihn Gott mit mehreren Schlaganfällen heimgesucht hatte, hat er doch sein Amt zur größten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten bis an sein Lebensende verwaltet. Diese zurückgebliebene Lehrerwitwe ist nicht nur heimatlos und der Willkür fremder Menschen preisgegeben, sondern ist auch vor kurzer Zeit durch schwere Schicksalsschläge ganz brotlos geworden. Dabei ist sie eine sehr kränkelnde und schwache Person, die nicht mehr im Stande ist, ihr Brot zu verdienen.   
An die Herren Kollegen möchte ich hauptsächlich die ergebenste Bitte richten, für die genannte Frau, die lieber darbt, als öffentlich ihre Not zu klagen, und die nicht durch eigene Schuld in diese drückende Lage geraten ist, mir schleunigst Spenden zusenden zu wollen. Dringende Hilfe tut not. Ich hoffe nicht umsonst an die Herzen unserer edlen Glaubensgenossen appelliert zu haben. Jede kleine Gabe ist willkommen. Unter Bestätigung der obigen Angaben erklären sich gerne bereit, für die bezeichnete Lehrerwitwe Spenden in Empfang zu nehmen.  
Kestrich, 27. Oktober. M. Heller, Lehrer und Kantor. Döbel, Goldenberg, Vorsteher".   

     
Anzeige von Lehrer M. Heller (1891)   

Kestrich Israelit 19011891.jpg (56003 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1891: "Bitte nicht zu übersehen! Ein sehr achtbarer, braver und rechtschaffener Mann in Aschbach, Bayern, ist durch betroffenes, unverschuldetes Unglück in große Not geraten. Derselbe ist nun in Gefahr, sein einziges Gut, ein Häuschen, zu verlieren und des Obdachs beraubt zu werden. Dieser lässt durch mich edel gesinnte Menschen bitten, damit er sein Geschäft fortführen und seine zahlreiche Familie ernähren kann, ihn gütigst möglich reichlich zu unterstützen. Indem ich den betreffenden wirklich gütigen würdigen Mann allen Gönnern, Freunden und Kollegen angelegentlichst empfehlen kann, bin bereit, eingehende Gaben zu empfangen und darüber zu quittieren. 
M. Heller
, Lehrer und Kantor, Kestrich, Oberhessen."

    
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
  
Spendensammlung für ein "Sorgenkind" der Gemeinde Seligmann Moses (1875 / 1877)   

Kestrich Israelit 03031875.jpg (62356 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1875: "Für Seligmann Moses in Kestrich gingen bis jetzt ein: von Zadok Rapp in Reibach bei Umstand 1 fl., Peretz Katz in Jesberg 1 fl. 45 kr., H.St. (Poststempel Frankfurt am Main) 2 fl. 55 kr., unbenannter (Postst. Hanau) 1 fl. 45 kr., L. Herz in Friedberg 2 fl. 55 kr. Zusammen 10 fl. 20 kr. Im Namen des Notleidenden sagen wir den edlen Gebern unseren herzlichsten Dank und sehen weiteren milden Gaben entgegen. Kestrich 17. Februar 1875. 
In Abwesenheit des ersten Vorstehers: 
Joseph Kapenberg, 2. Vorsteher."
 
Kestrich Israelit 03031875a.jpg (96339 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1875: "Bitte an wohltätige Glaubensgenossen
Der Sohn des hiesigen Gemeindemitgliedes Seligmann Moses erkrankte in seinem etwa 30. Lebensjahr vor ca. 2 Jahren durch einen Fehltritt am Fuße. Alle ärztliche angewandte Hilfe blieb erfolglos. Er wurde daher in das Krankenhaus (Klinik) zu Gießen gebracht. Und da auch diese Ärzte die Heilung für unmöglich hielten, so wurde der Fuß amputiert. Hierdurch ist dem sonst so redlichen und fleißigen jungen Manne die Möglichkeit genommen, seinem Berufe als Hausierer mit Ware nachzugehen. Sein oben erwähnter Vater ist schon über 60 Jahre alt und war dieser vom Unglück Heimgesuchte die Stütze und auch der Ernährer seines alten schwächlichen Vaters. Wir bitten daher alle wohltätigen Glaubensgenossen um recht zahlreiche und baldige Spenden und erklären und recht gern zur Entgegennahme bereit. Die Namen der edlen Geber sollen dann in diesem Blatte veröffentlicht werden. 
Kestrich, Großherzoglich Hessisches Landgericht Ulrichstein, Ende Januar 1873. 
Der Vorstand: M.J. Blum, Joseph Kapenberg, Göbel Goldmann."
  
Kestrich Israelit 07031877.jpg (110831 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1877: "Bitte an wohltätige Glaubensgenossen. 
Unsere Glaubensgenossen werden sich erinnern, dass Ende Januar 1875 ein Unterstützungsaufruf von uns in diesem Blatte erschien wegen eines jungen Mannes namens Seligmann Moses von hier, welcher seinen rechten Fuß durch Amputation verlor. Sein alter Vater, der auch in diesem Aufruf erwähnt wurde, ist vor etwa 4 Wochen gestorben. Da die Wunde unaufhörlich eitert, so muss derselbe umso mehr kräftiger leben und seine Schwester, welche ihn verpflegen muss, ist dadurch gehindert, ihrem Berufe (Hausieren mit Ware) nachzugehen. Die Spenden, die ja von nah und Fern an uns gingen, gehen bald zu Ende, weshalb wir uns vertrauensvoll an Alle, die ein mitleidiges Herz für Arme und Kranke haben, mit der Bitte wenden, nach ihren Kräften eine Unterstützung für den arbeitsunfähig gewordenen Seligmann Moses hier zu geben und erklären wir uns zur Entgegennahme recht gerne bereit, auch wollen wir die Namen der edlen Geber in diesem Blatt veröffentlichen. 
Kestrich Kreis Alfeld im Februar 1877. 
Der Vorstand Löb Katz. Döbel Goldenberg. Anschel Goldenberg II.   
Nachbemerkung. Die Redaktion erklärt sich bereit, Spenden in Empfang zu nehmen und weiterzubefördern."      

    
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Stiftung des aus Kestrich stammenden Moses Goldenberg (1927)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 25. Februar 1927:  "Kestrich (Oberhessen). Stiftung für die Gemeinde. Am 2. Juli 1926 verstarb in Baltimore, hochbetagt, Herr Moses Goldenberg, der aus Kestrich stammt. In hochherziger Weise hat der Heimgegangene seinen Geburtsort in seinem Testament bedacht, indem er der Israelitischen Kultusgemeinde wie der Kommune je 2000 Dollar vermachte. Die jüdische Gemeinde wird durch eine Gedenktafel in der Synagoge das Andenken des Spenders ehren."    

    
Über Dr. Norbert Goldenberg (1909-1974) 
Dr. Norbert Goldenberg ist am 7. März 1909 in Groß-Felda geboren als Sohn des Viehhändlers Julius Goldenberg (geb. 1881 in Kestrich, gest. 1968 in New York) und seiner Frau Rosa geb. Goldenberg (geb. 1884 in Kestrich, gest. 1964 in New York), Er studierte 1927 bis 1932 Medizin an verschiedenen Universitäten und war von 1932 bis 1934 Assistenzarzt am Israelitischen Krankenhaus Hannover. 1934 ist er in die USA emigriert, wo er in der Folgezeit verschiedene Stellungen innehatte, zuletzt ab 1965 Chefarzt der Washington-Heights-Lungenklinik des Gesundheitsamtes der Stadt New York. Dr. Goldenberg war 1934 Mitbegründer, später Herausgeber der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift "Aufbau". Er ist am 25. September 1974 in New York gestorben. 
Dr. Norbert Goldenberg war verheiratet mit Lilo Thekla geb. Lamm, die als Tochter von Leopold Lamm (geb. 1887 in Homberg/Ohm) und Margret geb. Falk 1920 in Berlin geboren ist. Ihre Großeltern väterlicherseits waren Josef Lamm (aus Ober-Gleen) und Hilda geb. Frank (aus Nieder-Ohmen). Die beiden waren im späten 19. Jahrhundert mit ihren Kindern nach Homberg/Ohm gezogen, wo auch zwei Geschwister von Josef wohnten.    
    
      
    
Zur Geschichte der Synagoge 
              
     
Zunächst war ein Betraum in einem der jüdischen Häuser vorhanden. 
  
1839 wurde ein Fachwerkgebäude des 18. Jahrhunderts zu einem jüdischen Gemeindezentrum umgebaut. Das Wohnhaus wurde in der Folgezeit als Schule mit Lehrerwohnung verwendet, das rechte Drittel zum Betsaal mit Frauenempore ausgebaut. Ein Vergrößerungsbau für die dadurch mögliche Erweiterung des Betsaales wurde angebaut.  1870 wurde das Gebäude renoviert. Der Betraum hatte 41 Plätze für Männer und 17 für Frauen.
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge völlig zerstört.  
         
1940 wurde das Gebäude der Synagoge vom Bürgermeister an eine nichtjüdische Familie verkauft, die es in der Folgezeit als Wohnhaus nutzte. Beim Umbau zum Wohnhaus wurde eine Zwischendecke eingezogen. In den 1980er-Jahren war das Gebäude dringend sanierungsbedürftig. Ein neuer Besitzer ließ die linke Hälfte (Schule und Lehrerwohnung mit Teil des Betsaales und der Frauenempore) des Gebäudes unter Nachahmung des ursprünglichen Fachwerks nach dem Abbruch 1994 wieder aufbauen. Nach 2001 wurde der Erweiterungsbau des Betraumes restauriert.      
     
Im Juli 2005 konnte die ehemalige Synagoge als Gedenk- und Kulturstätte eingeweiht werden (Kulturhaus Alte Synagoge). Die Inneneinrichtung des Betraumes und die Frauenempore (mit teils alter Brüstung) wurden teilweise wieder hergestellt. Seitdem finden in der ehemaligen Synagoge Kulturveranstaltungen und Musikabende statt.     
     
     
Adresse/Standort der Synagoge         Erlenbacher Str. 1   
     
     
Fotos
(Quelle der Fotos: www.juedisches-museum-vogelsberg.de

Plan des ehemaligen 
jüdischen Gemeindezentrums
(Altaras 1988 S. 10; 2007² S. 258) 
Kestrich Synagoge 191.jpg (46282 Byte)
Im Gebäudeteil links war die Schulstube die Lehrerwohnung und ein Teil des Betsaales, 
im Obergeschoss die Frauenempore. Der Anbau ergab eine erhebliche Vergrößerung 
des Betsaales. 
     
Blick auf das ehemalige 
jüdische Gemeindezentrum
Kestrich Synagoge 197.jpg (66484 Byte) Kestrich Synagoge 195.jpg (54747 Byte)
  Im linken Gebäudeteil befand sich die Schule
 und Lehrerwohnung, aber auch ein Teil des
 Betsaales sowie Frauenempore 
(vor der Restaurierung im März 2001); 
rechts der Anbau von 1839  
Der Anbau rechts ergab 1839 eine
 Vergrößerung des Betsaales 
(Foto nach Restaurierung von 2003)
   
        
Kestrich Synagoge 196.jpg (43988 Byte) Kestrich Synagoge 198.jpg (47326 Byte)
Hinweistafel  Gedenktafel mit Inschrift: "Die eigene Freiheit bewahrt, wer die Freiheit des anderen achtet und schützt. 
Zum Gedenken an die Leiden und den Tod unserer ehemaligen jüdischen Mitbürger während der Zeit des Nationalsozialismus. Gemeinde Feldatal. 
Ehemalige Synagoge. 1839 von Abraham Bacharach und Ehefrau Delz (Delsa) geb. Lewi erbaut und der jüdischen Gemeinde vermacht. 1870 renoviert. Der Betraum hatte 41 Männer- und 17 Frauenplätze. 
Im Jahr 2005 teilweise rekonstruiert und zur Gedenkstätte umgebaut".   
 
 
 
 
 
     
Plakat zur Einrichtung der
 "Dauerausstellung Fundstücke" -
 Eröffnung Sonntag, 5. April 2009
Kestrich  Synagoge 180.jpg (127411 Byte)  
     
     

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

November 2009: Gedenkstunde zur Erinnerung an die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938   
Artikel in der "Wetterauer Zeitung" vom 9. November 2009 (Artikel):  "Eine schweigende Mehrheit hat alles mitangesehen
Feldatal
(rs). 'Das Schweigen der Mehrheit ermöglichte damals und ermöglicht auch heute das Böse' - Mit diesen mahnenden Worten wandte sich am Montag Abend Bürgermeister Ernst Uwe Offhaus auch als Vorsitzender des Vereines Historisches Feldatal an die knapp ein Dutzend Besucher einer Gedenkveranstaltung in der alten Synagoge von Kestrich zur Reichspogromnacht von 1938..."    
     
Mai 2010: Bericht über einen der musikalischen Abende in der ehemaligen Synagoge   
Artikel im "Lauterbacher Anzeiger" vom 4. Mai 2010 (Artikel): 
"Feldatal. Wohltuend natürliches Konzert
KESTRICH. "The Bowmans" gastierten in alter Synagoge - "Lasse mich vom Herzen führen". 

(mp). Da stehen sie. Zwillinge, 34 Jahre alt, die eine mitten aus New York, die andere aus Woodstock. Sarah und Claire Bowman, in ihrem breiten amerikanischen Slang wie aus dem tiefsten Tenessee begrüßen sie die Gäste und machen auch so ihre Ansage. Es ist eben alles authentisch, kein Übersetzer, kein Verstärker. Das hat was. Wohltuend natürlich und so gar nicht synthetisch und gestylt.. "The Bowmans" nennen sich die beiden Sängerinnen, die ihr Orchester selbst spielen und es in einem Koffer mit dabei haben: eine Westerngitarre, toll gespielt von Sarah, ein himmelblaues Glockenspiel, zwei Schellenringe, ein paar Rhythm-Eggs..."    
   
November 2010: Gedenkstunde zur Erinnerung an die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938    
Artikel im "Lauterbacher Anzeiger" vom 11. November 2010 (Artikel): 
"Feldatal. Diskriminierung schon in den Anfängen bekämpfen
KESTRICH. Gedenkfeier zum 9. November in der Alten Synagoge Kestrich

(gsi). Mit der Niederlegung eines Trauergestecks an der Gedenktafel neben der Alten Synagoge gedachte man am Dienstagabend in Kestrich der 21 jüdischen Mitbürger, die dem Holocaust zum Opfer fielen. Ehrenbürgermeister Ernst-Uwe Offhaus erinnerte daran, dass aufgebrachte Männer des Dorfes die Synagoge in Kestrich am Abend des 9. November 1938 in Brand stecken wollten. Einem Anwohner war es zwar gelungen, sie von diesem Vorhaben abzubringen, wohl aus Angst, dass die Flammen auf sein Haus übergreifen könnten, dennoch verschafften sie sich Zutritt zu dem Gotteshaus, plünderten und zerstörten das Inventar, dessen Reste sie auf dem Bolzplatz verbrannten..."   
  
September 2011: Glasmalereien für die ehemalige Synagoge   
Artikel im "Lauterbacher Anzeiger" vom 20. September 2011: "Motive des Holocaust auf Glasfenstern in der Synagoge. Die Berliner Professorin Helma Sauerbrey übergab zwei ihrer Werke nach Kestrich - Museumsverein stellt Esther-Rolle als Leihgabe zur Verfügung..."  
Link zum Artikel: Motive des Holocaust auf Glasfenstern in der Synagoge (Lauterbacher Anzeiger, 20.09.2011)  - auch eingestellt als pdf-Datei  
 
November 2011: Die Glasmalereien wurden eingeweiht   
Artikel im "Gießener Anzeiger" vom 21. November 2011: "Motive zur Mahnung und des Gedenkens in der Synagoge.  
Kestrich
. Dauerleihgabe der Berliner Professorin Helma Sauerbrey wurden feierlich eingeweiht - ihre Glasmalereien leben vom Spiel des Lichts..." 
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei    
 
Mai 2012: Die erste Etappe des "Judenpfades Vogelsberg" konnte eingeweiht werden   
Artikel im "Kreis-Anzeiger" vom 4. Mai 2012: "'Die jüdische Geschichte wird lebendig gemacht'. 
Vogelsbergkreis
(gsi). Zunächst war es nur eine Idee des Alsfelder Journalisten und Politologen Joachim Legatis, Mitglied im Förderverein zur Geschichte des Judentums im Vogelsberg, jetzt nach elf Jahren der Vorbereitung konnte nun bei strahlendem Sonnenschein die erste Etappe des 'Judenpfades Vogelsberg' - Wege von insgesamt 52 Kilometer Länge - eingeweiht werden..."   
Link zum Artikel: 'Die jüdische Geschichte wird lebendig gemacht' (Kreis-Anzeiger, 04.05.2012)  
Hinweis: der "Judenpfad" soll die alten Handelswege der Vogelsberger Landjuden über Stumpertenrod bis Ulrichstein, nach Storndorf oder Romrod oder von Ober-Gleen nach Kirtorf wiederbeleben. Auf 52 Kilometer Länge informieren künftig 54 Tafeln mit 49 Testen über die Geschichte der jüdischen Landbevölkerung im 19. Jahrhundert der Region.   
 
März 2019: Jahrestreffen des Vereins Historisches Feldatal im Kulturhaus Alte Synagoge mit Erinnerungen an die jüdische Geschichte   
Artikel von Joachim Legatis in der "Alsfelder Allgemeinen" vom 21. März 2019: "Notverkauf für die Flucht.
Führungen in der ehemaligen Synagoge, Arbeiten am Mundart-Buch und das Erinnern an jüdische Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg – ein breites Spektrum deckte das Jahrestreffen des Vereins Historisches Feldatal ab. Man traf sich im Kulturhaus Alte Synagoge, wobei Vorsitzender Ernst Uwe Offhaus betonte, dass der Bau wegen aufsteigender Feuchte saniert werden müsse. Er sei bereits im Gespräch mit Bürgermeister Bach.
In der Jahresbilanz berichtete Offhaus, dass sechs Führungen in der ehemaligen Synagoge erfolgten und der Zustand des jüdischen Friedhofs überwacht wird. Die historische Sammlung des Vereins wird im Altarchiv verwahrt, nachdem das 'Haus Schuh' verkauft wurde. Im vergangenen Jahr gab es mehrere Kontakte mit Mitarbeitern des Senckenbergmuseums Frankfurt im Hinblick auf die früheren Arbeiten von Hans Hupke. Der Verein arbeitet eng mit Vereinigungen zusammen, die sich mit Heimatgeschichte befassen. Weiterhin im Werden ist das Mundart-Wörterbuch, wie Erich Seim sagte. Er will die Zusammenstellung möglichst in diesem Jahr abschließen. Den Kassenbericht stellte Horst Bernhardt vor, es gab keine Beanstandungen. Einstimmig wiedergewählt wurde der Vorstand: Vorsitzender Ernst Uwe Offhaus, Schriftführerin Gudrun Großkopf, Rechner Walter Stein, Beisitzer sind Michaela Eckstein und Heinz Frank.
Brauerei wurde 1935 arisiert. Einen großen Bogen von jüdischen Frontsoldaten zur Geschichte der Alsfelder Brauerei schlug Ralf Weidert. In Fortsetzung seines Vortrags zur Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht 1938 im November 2018 erinnerte er daran, dass die deutschen Juden in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu nationalbewussten Bürgern wurden. Im Krieg kämpften rund 100 000 Männer aus jüdischen Familien mit, viele zeichneten sich aus, wie Weidert am Beispiel von Fliegerkameraden Hermann Görings deutlich machte. Moses Katz aus Kestrich starb 1916 an der Front, Hugo Bacharach im November 1918 an Kriegsverletzungen. Dennoch gab es eine antisemitische Propaganda, wonach sich gerade Juden vor dem Militärdienst drücken würden. Das griffen die Nationalsozialisten auf. Bereits im Jahr nach Beginn der NS-Ära emigrierte Theo Goldenberg aus Kestrich, 1936 konnte der Rest der Familie ebenfalls flüchten. Die Alsfelder Brauerei wurde 1935 arisiert, dabei bedrohten Nationalsozialisten Angehörige der Familie Wallach mit einer Pistole. Die Familie konnte 1937 nach Argentinien flüchten. Spätere Versuche, die Brauerei weiterzuführen, misslangen. In Kestrich musste das Ehepaar Katz ihr Textilgeschäft verkaufen, um 1937 der Tochter die Flucht zu ermöglichen. Die Eltern Mathilde und Leopold Katz wurden später deportiert und ermordet, wie Weidert aufzählte. Als letzte jüdische Kestricher verschleppte die Polizei im September 1942 Sally Bacharach sowie Leopold und Irma Kapenberg in den Tod. Weidert bedauerte, dass nach dem Zweiten Weltkrieg nur Einzelne für Verbrechen gegen Juden belangt wurden. Es habe bis in die 1960er Jahre gedauert, bis in den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt wenigstens einige direkte Täter verurteilt wurden."
Link zum Artikel   
 
Juni 2019: Nachkommen früherer jüdischer Familien zu Besuch in Romrod und Kestrich   
Artikel von Joachim Legatis in der "Alsfelder Allgemeinen" vom 3. Juni 2019: "Jüdische Vogelsberger. Plakette für ermordeten Großonkel in Kestrich
Nachkommen von jüdischen Vogelsbergern in der Heimat ihrer Vorfahren: In Kestrich war eine Gruppe aus Südafrika zu Gast, Großnichten von Sally Bacharach, der 1942 ermordet wurde
.
Besuch aus Johannesburg in Südafrika bekam dieser Tage Ernst-Uwe Offhaus. Der Vorsitzende des Vereins Historisches Feldatal führte einmal mehr Nachfahren von jüdischen Vogelsbergern durch die Alte Synagoge Kestrich. Er zeigte das frühere Wohnhaus der Familie Bacharach und fuhr mit zum Grab der Ur-Großvaters. Zuvor waren die Nachfahren Siegmund Bacharachs in Polen und in Romrod unterwegs gewesen. Lindsey Clare Krawitz und Carol Elaine Rabin kamen nicht mit leeren Händen nach Kestrich. Sie hatten eine Gedenkplakette für die Alte Synagoge dabei, die an ihren Großonkel Sally Bacharach erinnert. Er war im September 1942 mit dem Ehepaar Kapenberg von der Polizei verschleppt worden und in das Konzentrationslager Theresienstadt gebracht. Er wurde im KZ Auschwitz oder Vernichtungslager Treblinka ermordet. Lindsay und Carol waren mit Ehemann, Kindern und einem Enkel gekommen und zeigten sich beeindruckt von der restaurierten alten Synagoge. Genau studierten sie die kleine Ausstellung mit Fundstücken des 2005 restaurierten Fachwerkgebäudes.
In den nach dem Zweiten Weltkrieg eingezogenen Zwischenböden des ehemaligen Gotteshauses fanden die Bauarbeiter Reste des Kristallleuchters und Fragmente von Gebetbüchern. Die Gäste aus Südafrika freuten sich, dass der Verein die alte Synagoge als einen Ort der Erinnerung und der Kultur bewahrt. Gerhard Zinßer vom Verein Gedenkstätte Speier Angenrod erläuterte die Erinnerungsarbeit zu jüdischen Vogelsbergern durch die Vereine. Lindsey und Carol sind geborene Bacharachs, ihr Großvater war Siegmund Bacharach, der mit seiner Familie 1936 nach Südafrika flüchten konnte. Sein Bruder Sally blieb damals in Kestrich zurück, um den schwerkranken Vater zu pflegen. Dieser starb einige Wochen später. Sein Grab ist das letzte, das auf dem jüdischen Friedhof belegt wurde, wie Offhaus erläuterte. Carol E. Rabin erzählte, der Großvater Siegmund war ein stolzer Deutscher gewesen. Er hatte im Ersten Weltkrieg als Soldat in einer berittenen Einheit gedient. Der Viehhändler und seine Familie starteten in Johannesburg bei Null. "Sie hatten nichts und er arbeitete als Metzger, um den Lebensunterhalt zu verdienen", sagt Carol Rabin. Sein Sohn Helmut wurde Elektriker.
Besuch auch in Romrod. Seine Frau Marianne Margot war ebenfalls eine Überlebende des Holocaust, sie war mit einem Kindertransport nach England geflüchtet, die Eltern wurden getötet. Ihre Mutter wurde Krankenschwester, wie Carol Rabin weiter erzählt. Die Reise nach Europa unternahmen Elaine Rabin, Ehemann Harvey, Tochter Sarah Blumberg mit Ehemann Raphael und Enkel Jona sowie Lindsay Krawitz mit Tochter Jacqui. Die Schwestern freuen sich über den Nachwuchs, was ihnen nach dem Leid in der Familie sehr wichtig ist. Eine Visite der Gedenkstätte im ehemaligen KZ Auschwitz habe sie sehr traurig über die Grausamkeit von Menschen gemacht, sagt Lindsey Krawitz. Sie sieht aber auch das Gute: "Wir und unsere Kinder leben, Hitler hat uns als Juden nicht vernichten können". Erste Station beim Besuch von Lindsay Krawitz und Carol Rabin mit ihren Angehörigen im Vogelsberg war Romrod. Dort trafen sie Horst Blaschko vom Heimatverein und Bürgermeisterin Dr. Birgit Richtberg und besichtigten die Alte Synagoge. Blaschko erläuterte, dass in Romrod nach 1933 noch die Familien Fischer, Lorsch und Stern gelebt haben. Ihre Existenz war geprägt durch Überfälle und Einschüchterungen. So starb Berta Fischer im Jahre 1936 nach einem Überfall örtlicher Nazis auf das Haus der Familie in der Alsfelder Straße. Schon vorher wurden Mitglieder der jüdischen Gemeinde gezwungen, wichtige Gegenstände aus der Synagoge öffentlich zu verbrennen. Es war diese Drangsal, vor der die Familien flüchteten. So auch die Eltern der Mutter von Elaine Rabin und Lindsey Krawitz, Klara und Adolf Stern, die mit Tochter Margot nach Karlsruhe zogen. Margot Stern konnte nach dem Novemberpogrom 1938 mit einem Kindertransport nach England entkommen. Ihre Eltern deportierten die Nationalsozialisten im Jahre 1940 mit etwa 6500 Juden nach Südfrankreich. Sie wurden 1942 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet."
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Vgl. Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" vom 1. Juni 2019: "Jüdische Familien aus Südafrika besuchen Romrod und Kestrich"
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sowie Artikel in "nh24.de" vom 30. Mai 2019: "Auf den Spuren einer verlorenen Welt. Enkelinnen der früheren jüdischen Familien Stern und Bacharach besuchen Romrod und Kestrich" 
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November 2019: Gedenken am Jahrestag der Pogromnacht 1938  
Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" vom 12. November 2019: " Gedenken an der Synagoge.
FELDATAL - Im Namen der Gemeinde Feldatal, der Kirchengemeinde und des Vereins 'Historisches Feldatal' begrüßte Vorsitzender Ernst Uwe Offhaus die Besucher in der Kestricher Synagoge, um gemeinsam der Opfer der Reichspogromnacht und des Nationalsozialismus zu gedenken.
Offhaus betontete, dass er – wie viele anderen Menschen auch – beunruhigt sei, wenn er an die neuerlichen Vorkommnisse in Bezug auf das rechte Gedankengut denke, besonders, was auch so mancher AFD-Politiker äußere. In Deutschland, Europa und auch weltweit veränderten sich die politischen Verhältnisse und man müsse hier besonders darauf achten, den Frieden und die Freiheit zu bewahren. Offhaus berichtete auch noch kurz von einem Besuch der Enkel der Familie Bacherach aus den USA in Kestrich. Fragen über das Warum die Großeltern aus Kestrich weg mussten, prägten diese Zusammenkunft. In seiner Ansprache, betonte Bürgermeister Leopold Bach (parteiunabhängig, aber FDP-Mitglied), dass die Pogromnacht ein geplanter Auftakt und ein gleichzeitiger Übergang von Diskriminierung und Ausgrenzung bis hin zur systematischen Verfolgung der Juden in ganz Deutschland war. 'Das war kein Volksaufstand. Das war staatlich verordneter Terror, der letztlich zur Shoa und zur Ermordung von mehr als sechs Millionen Juden führte', hob Bach hervor. Die Welt habe damals geschwiegen, weil es für solche Abscheulichkeiten keine Worte gab, aber auch aus Gleichgültigkeit und Scham. Heute sei die Erinnerung an diesen Jahrestag wichtiger denn je, betonte Bach. Das politische Klima sei wieder deutlich rauer geworden. Wenn beispielsweise ein Landesvorsitzender der AFD öffentlich sage, dass die Judenverfolgung 'dämliche Bewältigungspolitik' sei, dann sei die geistige Brandstiftung von damals auch heute immer noch präsent. Mit den Worten: 'Möge eine breite Mehrheit in dieser Gemeinde immer für Toleranz und Mitmenschlichkeit einstehen und wachsam sein, dass sich die Tiefen des Schreckens nicht wiederholen', beendete Bach seine Ansprache. Gemeinsam mit Offhaus legte er am Gedenkstein vor der Synagoge ein Blumengesteck nieder.
Hollywood. Mit einem Vortrag, unterstützt mit Bildern von Ralf Weidert aus Kestrich mit dem Titel 'Hollywoods Traumfabrik und die Cohenhände' oder wie kam der Vogelsberg nach Hollywood, wurde diese Gedenkstunde fortgesetzt. Am Anfang stand dabei passend zur aktuellen Situation das Zitat von Albert Einstein, dem deutsch-jüdischen Physiker und Nobelpreisträger: 'Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben – nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.' Inhaltlich ging Weidert dabei auf den Ruhm Hollywoods und auf den Weg dahin ein. Hollywood stehe für Entertainment und seit die amerikanische Filmindustrie existiere, wurde und wird sie maßgeblich von Juden geprägt. Hollywood-Filmstudios wie zum Beispiel 'Universal', 'Warner Bros Pictures', 'Columbia', '20th Century FOX” und 'Metro Goldwyn Mayer” wurden von deutschstämmigen und osteuropäischen Juden gegründet. Informationen über Regisseure, Stars und Sternchen und die verschieden Filmepochen rundeten den Vortrag ab." 
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Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Feldatal   
bulletVeranstaltungen in der restaurierten Synagoge (mit Fotos im Innenraum): 
Vortrag 1 von Katharina Jacob (BA/MA): "Rosinchen mit Mandeln" am 13.02.2008    
Vortrag 2 von Katharina Jacob (BA/MA): "Hobn mir gehandelt mit Ribn" am 26.03.2009
   

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 441-442.   
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 110 mit Abb. S. 10 und 204) 
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 97-99.  
bulletdies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S. 256-258.   
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirk Gießen und Kassel. 1995 S. 193.   
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 295. 
bulletErnst-Uwe Offhaus: Geschichte der Juden in Kestrich. 2005 220 S.  Weitere Informationen zu dieser Publikation.    
bulletKatharina Jacob (Verein Landjudentum Vogelsberg): Kestrich: Brave Händler. Eingestellt in 2011: pdf-Datei - online zugänglich.    

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kestrich Hesse. The community, numbering 100 (25 % of the total) in 1861, disbanded in 1936 and within a year most of the Jews had left. Three were deported in 1942.  
    
     

                   
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Stand: 15. Oktober 2013