Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) 
Jüdische Friedhöfe 
   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde           
   
Siehe Seite zur Synagoge in Bad Kreuznach (interner Link)   
  
  
Zur Geschichte der Friedhöfe           
    
In Bad Kreuznach bestand bereits im 16. Jahrhundert ein (alter) jüdischer Friedhof. Nach einer Quelle von 1548 durften die hier lebenden Juden "in der Nähe von Kreuznach einen Platz ankaufen, um die Ihrigen oder andere Juden - woher sie waren - dort zu begraben". Dieser Friedhof lag in der Nähe des Schlossberges unterhalb der Kauzenburg im Gebiet des heutigen Rittergutes Bangert. 
  
Ein neuer Friedhof wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts angelegt. Der älteste erhaltene Grabstein ist von 1630. Der Friedhof wurde in den folgenden 300 Jahren mehrfach erweitert. Die Friedhofsfläche umfasst heute 78,30 ar.  Im ältesten Teil befinden sich etwa 300 teilweise stark verwitterte Grabsteine. Im "jüngeren" Teil sind etwa 400 Gräber angelegt worden; einige davon für Kurgäste der Stadt, die während ihrem Aufenthalt hier verstorben sind. Der Kreuznacher Friedhof gilt neben dem alten jüdischen Friedhof von Worms zu den besterhaltenen jüdischen Friedhöfen in Rheinland-Pfalz. Die Friedhofsfläche umfasst 75,30 ar. Die Totenhalle des Friedhofes wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut, 1894 erweitert und 1987 restauriert. An der Westseite ist eine schwarze Marmortafel mit den Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten angebracht. Die Tafel stammt aus der zerstörten Synagoge.
   
Schändungen des Friedhofes kamen bereits im 19. Jahrhundert vor. 1885 wird von zwei Schändungen innerhalb weniger Monate berichtet
:   

Kreuznach Israelit 29061885f.jpg (75803 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1885: "Kreuznach. Dem hiesigen Anzeiger entnehmen wir nachstehende Bekanntmachung: 
Bekanntmachung. 20 Mark Belohnung. Im Anfange dieses Monats sind in der Halle des Friedhofes der hiesigen Synagogengemeinde 37 Fensterscheiben vorsätzlich und rechtswidrig zerstört beziehungsweise eingeworfen worden. Indem ich einen Jeden, der über die Täterschaft Auskunft zu geben vermag, um sofortige Erstattung der Anzeige dringend ersuche, bemerke ich, dass derjenige, der die Täterschaft dergestalt zur Anzeige bringt, dass gegen dieselbe die gesetzliche Strafe ausgesprochen werden kann, obige Belohnung erhält. 
Kreuznach, 17. Juni 1885. Der Königliche Amtsanwalt, Bösken. 
Seit wenigen Monaten ist dies der zweite Fall, dass man unsrem Friedhofe unlieb, ja unmenschlich nahte. Anfangs dieses Jahres wurden auf demselben Grabmonumente teils demoliert, teils in einer Weise besudelt, wie man es am Ende des erleuchteten 19. Jahrhunderts kaum für möglich gehalten hätte."   
        
Die Friedhofshalle um 1900  Bad Kreuznach Friedhof 195.jpg (107240 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 196.jpg (108140 Byte)
   Über den Bögen befinden sich die Inschriften (hebräisch und deutsch aus Sprüche 23,18):
 "Wahrlich, es gibt eine Zukunft und deine Hoffnung gehet nicht zu Grunde".   

  
Im Mai 2003 wurde der Friedhof geschändet. Acht der insgesamt 13 von der Schändung betroffenen Grabsteine wurden mit schwarzem Lack besprüht und Hakenkreuze, SS-Runen sowie antisemitische Parolen aufgemalt. 
     
     
Lage des Friedhofes 
    
Der Friedhof liegt im Westen der Stadt an der "Stromberger Straße". 

Lage des jüdischen Friedhofes in Bad Kreuznach auf dem dortigen Stadtplan: links anklicken:
der Link zeigt die Lage des jüdischen Friedhofes an; 
oder unter "Einrichtungen" weiterklicken zu "Friedhof, israel."

       
Link zu den Google-Maps   
  

Größere Kartenansicht        
   
   
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 30.3.2005 und 24.5.2010; Fotos zum jüdischen Friedhof Bad Kreuznach auch in den Fotoseiten von Stefan Haas https://www.blitzlichtkabinett.de/friedhöfe/friedhöfe-in-rlp-iv/)  

Der Friedhof im März 2005 
(Aufnahmen rechts) und 
im Mai 2010 (weitere Fotozeilen) 
Bad Kreuznach Friedhof 201.jpg (57030 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 200.jpg (62275 Byte)
  Das Eingangstor Die Hinweistafel 
     
Bad Kreuznach Friedhof 243.jpg (120652 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 242.jpg (75568 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 241.jpg (127301 Byte)
Das Eingangstor Hinweise zum 
Erhalt des Schlüssels 
Blick auf den neuesten Friedhofsteil 
- vom Eingang kommend 
 
       
Bad Kreuznach Friedhof 170.jpg (123633 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 173.jpg (126926 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 175.jpg (118510 Byte)
Im neuesten Friedhofsteil, rechts mit Gräbern von 2010   Gräber der 1930er-Jahre, dazwischen 
auch Gräber nach 1945 
  
     
Bad Kreuznach Friedhof 177.jpg (113498 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 178.jpg (128075 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 183.jpg (114275 Byte)
Grabstein im Vordergrund für
Siegmund Morgenstern (1870-1936) 
Grabstein im Vordergrund für 
Julius Gamiel (1875-1933) und 
Rosa Gamiel geb. Baum (1874-1937) 
Grabstein vorne links für 
Lina Grünewald geb. Schwarz (1881-1964), 
rechts für Dr. G. Arfeld (1896-1962) 
 
     
Bad Kreuznach Friedhof 180.jpg (106950 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 181.jpg (100447 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 240.jpg (111038 Byte)
Grabstein für Rabbiner 
Dr. A. J. Tawrogi
(1857-1929) und 
Rahel Tawrogi geb. Kahlberg 
(1863-1934) 
Grabstein für Hugo Wolff (1871-1930) 
mit Gedenkinschriften für Emilie Wolff 
geb. Heymann
(1876 - 1943 Theresienstadt) 
und weiteren Angehörigen
Grabstein für 
Helene Berendt geb. Wachenheimer 
(1861 in Kippenheim - 1937) 
   
     
Bad Kreuznach Friedhof 184.jpg (105131 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 185.jpg (109039 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 186.jpg (118017 Byte)
Grabstein für 
Ida Nachmann geb. Goldmann 
(1871 - 1938 in Langenlonsheim
Grabstein für Julius Schneider
 (1862-1941?) und Gedenkinschriften 
für mehrere deportierte Angehörige
Kindergräber
 
 
     
Bad Kreuznach Friedhof 187.jpg (111295 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 188.jpg (116192 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 189.jpg (98858 Byte)
Grabstein in der Mitte für Thekla Lehmann 
geb. Ellenbogen
(1871-1923)
Hoher Grabstein für Daniel Rothenberg
 (1850-1922) und Jeanette Rothenberg 
geb. Marx
(1854-1935), rechts daneben für 
Dr. Franz Josef Seligmann (1889-1964)
Grabstein für 
Albert Mayer (1877-1924) und 
Selma Mayer geb. Löwenberg 
(1883-1919)  
 
 
     
Die Friedhofshalle 
inmitten des Friedhofes
Bad Kreuznach Friedhof 202.jpg (123196 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 190.jpg (112057 Byte)
   Blick auf die Friedhofshalle   Ehrentafel für die im Ersten Weltkrieg 
aus der jüdischen Gemeinde 
Bad Kreuznach Gefallenen - 
ursprünglich in der Synagoge
  
        
Bad Kreuznach Friedhof 191.jpg (76958 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 201.jpg (58994 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 194.jpg (70106 Byte)
"Zur Erinnerung aller Kreuznacher Juden, die 
als Opfer des Nationalsozialismus ihr Leben
 lassen mussten. Die Überlebenden in aller Welt!"
Eingangstor zur 
Trauerhalle / Friedhofsynagoge
in der Friedhofshalle 
Blick in die 
Trauerhalle 
    
     
Bad Kreuznach Friedhof 197.jpg (78186 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 200.jpg (70705 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 198.jpg (85186 Byte)
Inschrift (hebräisch und deutsch): 
"Gedenke o Herr, der Seelen der 
Heiligen Gemeinde Bad Kreuznach"
Einer der beiden Menorot (Leuchter) 
in der Friedhofshalle
Blick in den Friedhof 
   
     
Bad Kreuznach Friedhof 203.jpg (120375 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 204.jpg (121453 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 220.jpg (110292 Byte)
Grabstein für Leopold Weiler 
(1887 in Steinbach am Glan - 1902) 
Teilansicht des 
um 1900 belegten Friedhofsteiles
 
     
Bad Kreuznach Friedhof 206.jpg (103331 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 208.jpg (118977 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 209.jpg (109649 Byte)
Grabstein links für Alfred Wolf (1885-1914),
 rechts für Gertrude Kahn geb. Kahn 
(1856-1913) und Isaak Kahn (1858-1936)
Grabstein links für August Schloss (1858-1927)
 und Lina Schloss geb. Jonas (1854-1909),
 Mitte für Esther Neuberger geb. Mayer
 (1866 San Francisco - 1909), rechts für 
Michel Michel (1845-1908)
Vermutlich das ehemalige 
Taharahaus zur Leichenwaschung
(wird nicht mehr benutzt) 
    
     
Bad Kreuznach Friedhof 210.jpg (120415 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 211.jpg (113739 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 212.jpg (133497 Byte)
Teilansicht - im Hintergrund 
die Friedhofshalle
  
Grabsteine mit maurischer Form; 
der rechte Grabstein mit 
"segnenden Händen" der Kohanim
Am Rand des Friedhofes: 
Fragmente 
einer Inschriftenplatte  
     
Bad Kreuznach Friedhof 213.jpg (104917 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 214.jpg (109679 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 216.jpg (104475 Byte)
Aufwändig gestaltete Grabsteine mit reicher
 Ornamentik, rechts "segnenden Händen" der
 Kohanim für Ferdinand Scheyer, links für 
seine Frau Rosa Scheyer geb. Salm (1828-1878)
Teilansicht; 
im Hintergrund die Friedhofshalle 
Hoher Grabstein in der Mitte für 
Ferdinand Rheinstein (1842-1909) 
und Esther Rheinstein geb. Abraham
 (1844-1888)
 
 
     
Bad Kreuznach Friedhof 217.jpg (97212 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 218.jpg (102235 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 219.jpg (112068 Byte)
Grabstein für die im Ersten Weltkrieg 
gefallenen Arthur Schloss - Unteroffizier -
 (1891-1918) und Karl Schloss - Unteroffizier -
 (1887-1914), beide Inhaber des EK II
Oben: Vorder- und Rückseite derselben Grabsteine. Die hohen Steine (auf rechtem Foto rechts)
 für Moses Bermann (1831-1911) und Henriette Bermann geb. Rosenthal (1839-1882); der 
kleine Grabstein für Karoline Seligmann (1819-1882); auf den Steinen ist die Hauptinschrift 
auf der Vorderseite noch traditionell ganz in hebräisch abgefasst; die deutsche Inschrift 
auf der Rückseite.
     
Bad Kreuznach Friedhof 205.jpg (105631 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 221.jpg (115240 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 222.jpg (105737 Byte)
Hölzernes Grabdenkmal für Gustav Löb
 (1849-1913), Alfred Löb (1882-1914), Ludwig Löb
 (1879-1919) und Kätchen Löb (1853-1935)
Grabstein für Bertha Engel 
geb. Lazarus
(1853-1882) 
Grabstein für Michel Rauner 
(1833 in Rheinböllen
1892 in Hargesheim) 
     
Bad Kreuznach Friedhof 223.jpg (110109 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 224.jpg (107445 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 239.jpg (105719 Byte)
Grabstein links für Sara Brück 
geb. Nathan
(1851-1880), rechts für 
Rosa Adler geb. Woog (1825-1880)
Grabsteine rechts mit Amphoren / pflanzlicher
 Ornamentik; kleinerer Grabstein links für 
Sara Feist geb. Heymann (1819-1917) und
 Eduard Feist (1810-1896)  
 
  
       
Im alten 
Friedhofsteil
Bad Kreuznach Friedhof 225.jpg (138280 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 226.jpg (126377 Byte)
Ansichten des alten Friedhofsteiles
     
Bad Kreuznach Friedhof 227.jpg (140402 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 228.jpg (138946 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 229.jpg (137796 Byte)
Einzelne, teilweise bereits stark verwitterte Grabsteine; auf Foto in der Mitte Grabstein links mit Levitenkanne
     
Bad Kreuznach Friedhof 237.jpg (117113 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 232.jpg (138593 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 234.jpg (141337 Byte)
 Ein Teil des alten Friedhofsteiles ist stark verwildert 
     
Bad Kreuznach Friedhof 235.jpg (125795 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 230.jpg (126188 Byte) Bad Kreuznach Friedhof 238.jpg (132335 Byte)
Versunkene Grabsteine Teilansicht des 
alten Friedhofsteiles 
  
Blick vom alten zum neueren 
Friedhofsteil; rechts ist die 
Friedhofshalle erkennbar
 
     

     
     
Einzelne Presseberichte zum jüdischen Friedhof  

Mai 2010: Bericht über eine Führung über den jüdischen Friedhof    
Artikel von Christine Jäkel in der "Allgemeinen Zeitung" vom 26. Mai 2010 (Artikel): 
"Begräbnisstätte angelegt für die Ewigkeit. 
JÜDISCHER FRIEDHOF Totenruhe oberstes Gebot / Trauerkultur bei seltener Führung vorgestellt / Inschriften in Hebräisch

Bei seiner Gründung lag er außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern, heute ist der Jüdische Friedhof umgeben von Wohnhäusern, der Öffentlichkeit allerdings nur zugänglich anlässlich von Führungen. Die seltene Möglichkeit nutzten am Pfingstmontag rund 50 Bürgerinnen und Bürger, die sich der von Sigrid Brandstetter geführten Exkursion anschlossen. 
Das Gelände an der Stromberger Straße war ein Stück Land, das sich nicht für die landwirtschaftliche Nutzung eignete, daher konnte die Jüdische Gemeinde 1661 das Grundstück erwerben, erläuterte Brandstetter. Zudem gab es im jüdischen Bestattungsritus schon früh die Vorschrift, dass Begräbnisstätten mindestens 50 Ellen entfernt von der Stadt liegen sollten.  
Die Ursprünge jüdischen Lebens in Bad Kreuznach reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück, der erste Friedhof der Gemeinde, so Brandstetter, der im Gebiet des heutigen Rittergutes Bangert lag, ging im Dreißigjährigen Krieg unter. Auf dem zweiten Friedhof, der heute noch für Bestattungen der Jüdischen Kultusgemeinde Bad Kreuznach/Birkenfeld genutzt wird, befinden sich 800 noch sichtbare Begräbnisstätten. Dass die Begräbnisstätte bis heute erhalten blieb, verdanke sich wahrscheinlich dem Umstand, dass die Anlage eines jüdischen Gräberfeldes auf dem Hauptfriedhof der Stadt als zu teuer angesehen wurde, erklärte Brandstetter. Solche Maßnahmen wurden vielerorts im 19. Jahrhundert durchgeführt, als die Kommunen die Zuständigkeit für die Friedhöfe erhielten.  
Da jüdische Friedhöfe für die Ewigkeit angelegt werden und die Totenruhe oberstes Gebot ist, wurden sie wie auch die Anlage in Bad Kreuznach sehr alt und ermöglichen einen mehrere Jahrhunderte umfassenden Überblick über die jüdische Trauerkultur. 
So sind die Inschriften an den etwa 300 Gräbern im ältesten Teil in Hebräisch, während die Grabsteine im neueren Teil sowohl hebräische als auch deutsche Inschriften tragen. Kunsthistorikerin Brandstetter wies auf einige markante Dinge der jüdischen Trauerkultur hin, wie die ursprünglich sehr schnelle Bestattung der Toten, die rituell als unrein galten. Auch zum Friedhof habe man im Judentum ein eher zwiespältiges Verhältnis, damit auch die an strenge Einhaltung der rituellen Reinheit gebundenen Kohanim an Beerdigungen teilnehmen konnten, wurde diese häufig in der Trauerhalle oder im Eingangsbereich abgehalten, damit die Geistlichen keine unreine Erde betreten mussten, erläuterte Brandstetter. Auf dem Bad Kreuznacher Friedhof errichtete man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Totenhalle etwa in der Mitte des Grundstücks, die 1894 um einen östlichen Anbau erweitert wurde. 
Im Mittelteil der dreiachsigen Fassade ist die aus der ehemaligen Synagoge in der Fährgasse stammende Marmortafel angebracht, die an die im 1. Weltkrieg gefallenen 16 jüdischen Mitbürger erinnert. Eine kleinere Marmortafel daneben ist dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gewidmet."     
 
Juli 2016: Ausstellung zum jüdischen Friedhof Bad Kreuznach
Artikel von Beate Vogt-Gladigau in der "Allgemeinen Zeitung" vom 26. Juli 2016: "Bilder von 'einer fantastischen Welt'
BAD KREUZNACH
- Die Ausstellung 'Haus der Ewigkeit' im Schlossparkmuseum mit Fotografien von Toni Nemes über den jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach spiegelt auf berührende Weise und in einfühlsamer Perspektive eine Grabkultur wider, hinter der sich viele Facetten auftun. Denn anders als im Christentum haben die Toten ewiges Ruherecht – die Gräber dürfen nicht abgeräumt oder eingeebnet werden. Die alten Grabsteine verlieren im Laufe der Jahrhunderte ihren festen Halt, versacken, sind mit Pflanzen bewachsen, Teile bröckeln ab oder zerfallen zu Staub. Museumsleiter Marco van Bel vergleicht diesen Prozess mit dem mysthischen Kreislauf des Lebens. Alte Monumente verlieren festen Halt und versacken. 'Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Messias-Erwartung wird der jüdische Friedhof – nach einem jiddischen Ausdruck – auch 'guter Ort‘ genannt', führte van Bel aus. Im Ausstellungskonzept löste er die Präsentation aus der einengenden Perspektive des Holocaust und der Erinnerungskultur und lässt die Fotos mit einfühlsamen Details, mit aussagekräftigen Motiven und poetischen Stimmungsbildern für sich und eine andere Grabkultur sprechen. Auch Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer hob hervor, dass van Bel dieses auch für den Landkreis wichtige Thema in einen künstlerischen Kontext stellte. Denn die Aufnahmen sind zurückhaltend in ihrer Aussage, geben dem Betrachter den Raum für seine eigene Interpretation. Das war und ist die Absicht von van Bel.
Eine der seltenen Führungen mit Kunsthistorikerin Sigrid Brandstetter über den jüdischen Friedhof an der Stromberger Straße vor knapp neun Jahren veränderte die Sicht des Fotografen Toni Nemes auf einige Aspekte nachhaltig, wie er selbst sagt. Acht Jahre hatte Nemes bis zu diesem Zeitpunkt 'gleich um die Ecke' gewohnt und noch keinen Blick hinter das unscheinbare schmiedeeiserne Tor werfen können. Da jüdische Friedhöfe meist abgeschlossen sind, erhielt er durch Vermittlung der damaligen Kulturdezernentin Helga Baumann 2009 von der jüdischen Gemeinde einen Schlüssel. In den ersten drei Jahren war Nemes jeden Sonntag auf dem Friedhof, auf dem jüdische Mitmenschen begraben sind. Nach seinem Umzug 2012 nach Wiesbaden besuchte Nemes den Friedhof zwar seltener, aber regelmäßig. In diesen sieben Jahren gelang ihm auch per Zufall, den Zerfall eines Grabsteines als Werden und Vergehen zu dokumentieren. Es ist der Grabstein D 178 im ältesten Teil des Friedhofs.
Prägende Eindrücke hinterlässt diese Ausstellung auch, da Nemes bestimmte Situationen als Sequenzen zu unterschiedlichen Zeiten fotografierte. Nemes betont außerdem, er habe sich nicht als Kunsthistoriker oder Religionswissenschaftler oder dem Projekt genähert, sondern mit den Augen. 'Was meine Fotos wiedergeben wollen, ist der subjektive, staunende und unverstellte Blick auf ein fantastisches Stück Kreuznacher Geschichte und auf die Gegenwart.' Nemes betrachtet den jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach, der Mitte des 17. Jahrhunderts angelegt und in den folgenden 300 Jahren mehrfach erweitert wurde, als einen 'zu bewahrenden Schatz', zumal er die Nazizeit weitgehend unbeschadet überstand. 'Der jüdische Friedhof in Bad Kreuznach ist eine fantastische Welt.' Dieses Erbe müsse erhalten bleiben. 'Das ist uns Verpflichtung', unterstrich auch van Bel.
'Friedhöfe sind Orte der Geschichte und der Geschichten, sie sind sprechende Orte. Indem sie von den Verstorbenen reden, erzählen sie vom Leben.' Dieses Zitat vom Salomon Ludwig-Steinheim-Institut war für van Bel Ausgangspunkt für das Ausstellungskonzept in den musealen Räumen. In seiner Einführung ging van Bel auf die interessante Geschichte jüdischer Sepulkral-Kultur ein.
Einen jüdischen Friedhof hatte das heutige Bad Kreuznach, das seit dem Frühmittelalter einen jiddischen Namen trägt (Zelemochum), übrigens schon früher, der aber erst Mitte des 16. Jahrhunderts erwähnt wurde. Er lag in der Nähe des Schlossberges, im Gebiet der heutigen Museumsinsel. Von ihm gibt es aber keine Reste mehr." 
Link zum Artikel

    
    

Links und Literatur 

Links:   

bullet Website der Stadt Bad Kreuznach  
bulletWikipedia-Artikel "Jüdischer Friedhof (Bad Kreuznach)"    
bulletFotos zum jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach auch in den Fotoseiten von Stefan Haas  https://www.blitzlichtkabinett.de/friedhöfe/friedhöfe-in-rlp-iv/      

Literatur:  

bulletMatthias Molitor/Jörg Julius Reisek: Neue Erkenntnisse über den ältesten jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach. In: Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz 1 1991 1, S. 36-41. Online zugänglich (als pdf-Datei eingestellt) - 
Auch in: Bad Kreuznacher Heimatblätter 1991 S. 19; 24 (Erg.);  Leicht gekürzt u.d.T.: Ältester jüdischer Friedhof lag am Schlossberg : neue Erkenntnisse über die Verlegung 1881 [vielm. 1661] an die heutige Stelle in Bad Kreuznachs Neustadt. 
bullet Maren Heyne: Stille Gärten - beredte Steine. Jüdische Friedhöfe im Rheinland. Bonn 1994 S. 138-142.
bullet Dokumentation Jüdische Grabstätten im Kreis Bad Kreuznach. Geschichte und Gestaltung. Reihe: Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach Band 28. 1995. S. 41-112.  

   
    

                   
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Stand: 17. April 2020