Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zu den Synagogen im Kreis "Südliche Weinstraße" und Stadtkreis Landau  
   

Essingen/Pfalz (VG Offenbach an der Queich, Kreis Südliche Weinstraße) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Sonstiges (u.a. Abschaffung des Judeneids in der Rheinpfalz auf Grund einer Streitsache gegen Isaak Weiß III in Essingen 1863) 
Kennkarte aus der NS-Zeit  
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen  
Links und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde       
   
In Essingen bestand eine jüdische Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. 1548 werden vier jüdische Haushaltungen am Ort genannt: Mosse, Jacob, Osswalt und Israel von Essingen. Sie erhielten Schutzbriefe von Kurfürst Friedrich II. (Kurfürst der Pfalz von 1544-1556). Zwei Jahre später (1550) werden Mosse, Israel, Osswalt und Salomon von Essingen aufgeführt. 
  
Im 18. Jahrhundert nimmt die Zahl der jüdischen Einwohner weiter zu: 1718 44 jüdische Einwohner, 1760 70 und 1771 und 1781 je 80.     

Im 19. Jahrhundert gehörte die Gemeinde zeitweise zu den größten jüdischen Gemeinden der Pfalz, als etwa 20 % der Ortsbevölkerung der jüdischen Gemeinde angehörte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner jedoch durch Aus- und Abwanderung stark zurück (vgl. zur Auswanderung die Fotos der Grabsteine aus New Orleans unten). Es wurden bei den einzelnen Volkszählungen gezählt: 1808 156 jüdische Einwohner (14,0 % der Gesamteinwohnerschaft), 1815 182 (in 38 Haushaltungen, siehe Aufstellung nachstehend), 1825 254 (18,7 %), 1836 323, 1847 342, 1875 217, 1900 82. Die Mehrheit der jüdischen Familien lebten überwiegend in einfachen bis ärmlichen Verhältnissen.  
  
1815 werden die folgenden 38 jüdischen Haushaltsvorstände mit Beruf und bereits festen Familiennamen genannt: Simon Oppenheimer (Viehhändler), Joseph Oppenheimer (Viehhändler), Marx Oppenheimer (Kaufmann), Lazarus Oppenheimer (Kaufmann), Aaron Weiss (Kleiderhändler), Heinrich Weiss (Kleiderhändler), Isaak Weiss (Gewürzhändler), Jakob Weiss (Kaufmann), Victor Weiss (Kaufmann), Abraham Braun (Alteisenhändler), Aaron Braun (Alteisenhändler), Abraham Scharf (Kaufmann), Emanuel Scharf (Alteisenhändler), Joseph Scharf (Gewürzhändler), Lazarus Scharf (Kaufmann), Nikolaus Scharf (Kaufmann), David Wolf sen. (Alteisenhändler), David Wolf (Alteisenhändler), David Wolf jun. (Alteisenhändler), Samuel Wolf (Alteisenhändler), Michael Wolf (Kleiderhändler), Emanuel Kern (Metzger), Lazarus Kern (Metzger); Michael Rauh (Kaufmann), Ludwig Rauh (Kaufmann), Joseph Engel (Metzger), Karl Engel (Arbeitsloser), Lazarus Adler (Gewürzhändler), Samuel Defiebre (Metzger), Elias Apfel (Alteisenhändler), Jakob Klein (Alteisenhändler), Marx Dankheiser (Alteisenhändler), Heinrich Hirsch (Kaufmann), Simson Steiner (Kaufmann), Salomon Schwarz (Bierwirt), Jakob Majer (Kaufmann).   
    
Von jüdischen Gewerbetreibenden wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrere Kaufläden und offene Handlungen am Ort eröffnet.   
       
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (im Schulhaus mit Lehrerwohnung), ein rituelles Bad (im Schulhaus) und einen Friedhof (Verbandsfriedhof). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. unten Ausschreibung der Stelle von 1868). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Landau.     
   
Um 1924, als zur Gemeinde noch 18 Personen gehörten (in fünf Familien, 1,2 % von insgesamt etwa 1.500 Einwohnern), war Gemeindevorsteher Berthold Levy. Auch 1932 war die Gemeinde, obwohl es nur noch 10 jüdische Einwohner gab, noch eine selbständige Gemeinde; Gemeindevorsteher war inzwischen Bernhard Weiß. Als Kantor war Jakob Wolff tätig.    
   
1933 lebten noch zehn jüdische Personen (in vier Familien) am Ort.
In den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 lebten noch fünf jüdische Personen am Ort. Die beiden letzten (Jenny und Berthold Levi, Inhaber eines Manufakturwarengeschäftes) wurden im Oktober 1940 in das KZ Gurs in Südfrankreich deportiert. 
  
Von den in Essingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ludwig Dannheisser (1868), Laura Dreyfuss geb. Braun (1876), Costine Heymann geb. Kern (1867), Emanuel Kern (1867), Berta Levi geb. Dannheisser (1873), Berthold Levy (1871), Jacob (Jakob) Levy (1864), Frieda Löb geb. Wolf (1868), Melanie Rauh geb. Levy (1882), Seline (Selinde) Rauh (1884, vgl. Kennkarte unten), Max (Marcus) Reinach (1878), Frieda Rhein geb. Kahn (1880), Hilde Teutsch geb. Rauh (1875), Melanie Villard geb. Wolff (1875), Lina Wolff (1861).      
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1868  

Essingen Israelit 03061868.jpg (120597 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1868: "Wiederbesetzung 
der israelitischen Schullehrerstelle zu Essingen, königliches Bezirksamts Landau in der bayerischen Pfalz betr.   
Durch Pensionierung des bisherigen israelitischen Lehrers Joseph Weinländer dahier ist dessen Stelle, mit der auch jene eines Vorsängers und Schächters verbunden ist, erledigt und soll alsbald wieder besetzt werden.  
Der Gehalt als Lehrer und Vorsänger besteht in folgen Bezügen:  
1) aus der politischen Gemeindekasse bar   250 fl. - kr.   
2) aus der israelitischen Kultuskasse bar   75.- fl. - kr.   
3) Anschlag der Wohnung mit Garten  14 fl. 24 kr.  
4) Entschädigung für Kasualien aus der Kultuskasse als Vorsänger  75.- fl. - kr.   
zusammen 414 fl. 24 kr.    
Außerdem hat der Lehrer noch folgende Nebenverdienste:  
1) Schächtergebühren circa  100 fl. - kr.   
2) für religiöse Vorträge an Festtagen beim Wohltätigkeitsverein circa  15.- fl. - kr.   
Summa 529 fl. 24 kr.   
Ferner erhält der Lehrer für Beheizung des Schullokals aus der politischen Gemeindekasse jährlich 40 fl.   
Bewerber um diese Stelle, die jedoch die Note 'sehr gut' haben müssen, wollen ihre desfallsigen Gesuche, mit den nötigen Zeugnissen versehen, innerhalb 6 Wochen von heute an beim unterfertigten Amte einreichen, wobei zugleich bemerkt wird, dass wegen Versehung der Vorsängerstelle sich die betreffenden Bewerber zur Ablegung einer Probe bei dem israelitischen Kultusvorstande persönlich zu sistieren haben.   
Essingen, den 23. Mai 1868. Das Bürgermeisteramt: Schmickanth." 

      
      
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Spendenaufruf für eine in Not geratene Familie (1885)  

Essingen Israelit 31081885.jpg (103447 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1885: "Bittgesuch
Die unterzeichneten Bürger der Essinger israelitischen Kultusgemeinde erheischen es sowohl als Pflicht, als auch weil es die größte Notwendigkeit erfordert, die Notlage und das tiefe Elend zu schildern, in der sich eine hiesige israelitische Familie befindet, um bei edeldenkenden Menschenfreunden Mitgefühl, Mitleid und Teilnahme zu erwecken, damit, wenn auch nur durch kleine Gaben, wenigsten für den herannahenden Winter geholfen würde.   
Verwirklichen Sie sich einen kranken, mit bösem Übel behafteten, armen Mann, der seiner Familie nicht vorzustehen vermag, die Frau unzurechnungsfähig, ein Mädchen blödsinnig und eine arme, kleine Kinderschar, und sie werden gewiss nicht ermangeln, Ihr kleines Scherflein beizutragen. Die Essinger israelitische Kultusgemeinde, die seit Jahren sehr in Abnahme und die wohlhabenden Klassen bereits weggezogen, haben schon so viele Opfer für dieselbe gebracht und wird deshalb diese Bitte nicht leer verhallen. den Lohn finden sie in der Tat selbst.   Essingen bei Landau, im August 1885.  
Jos. Rauh
, vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Essingen. Auch wir sind gern bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die Expedition des 'Israelit'."      

    
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
 
Zum Tod des aus Essingen stammenden Rabbiners Immanuel Adler (1911)   

Kitzingen Israelit 30031911.jpg (312953 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. März 1911: "Rabbi Immanuel Adler das Gedenken an den Gerechten ist zum SegenKitzingen, 23. März (1911). Eine Trauerbotschaft durcheilte am Sonntag, den 19. März, unser sonst so ruhiges Städtchen. Unser innigstgeliebter, allverehrter Distriktsrabbiner, Herr Immanuel Adler, ist nicht mehr. Geboren am 29. März 1840 in Essingen (Pfalz), wurde bereits in seinen jungen Jahren von seinem Vater, dem späteren Distriktsrabbiner J.G. Adler – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – in Burgpreppach, der Grund zu seinem reichen Torawissen gelegt, welches er später zu Füßen des hoch gelehrten und weit bekannten Herren Rabbinern Rabbi Adler – Aschaffenburg und Rabbi Seligmann B. Bamberger – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – in Würzburg bereicherte und vervollkommnete; von letzterem erhielt er auch seine Hattara Horaah. Nachdem er vier Jahre als Elementarlehrer und Prediger in Schembeck und Siegburg (Rheinpreußen) sowie zwei Jahre als Institutslehrer in Miltenberg und Mainstockheim tätig gewesen, führte er die fromme und gottesfürchtige Tochter seines Lehrers Rabbi Seligmann Bär Bamberger  - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – als seine Gattin heim, mit welcher er 45 Jahre in denkbar glücklichster Ehe lebte. Im Sommer 1868 zum Rabbiner in Mainbernheim als Nachfolger des seligen Rabbi Loeb Thalheimer gewählt, trat er diese Stelle am 1. September 1868 an und verlegte, als die israelitische Gemeinde Mainbernheim kleiner wurde, während die neu gegründete Kultusgemeinde Kitzingen mehr und mehr sich vergrößerte. Am 1. August 1871 seinen Wohnsitz mit Genehmigung der hohen Königlichen Regierung nach letzter Stadt. Hier eröffnete sich nun für ihn ein Feld reicher Tätigkeit..."   
Siehe den weiter ausgeschriebenen Text auf einer Seite zu Kitzingen        

  
Goldene Hochzeit von David Dannheisser und seiner Frau geb. Bärmann (1912) 

Essingen FrfIsrFambl 28061912.jpg (14584 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Gemeindeblatt" vom 28. Juni 1912: "Essingen (Pfalz). David Dannheisser und Frau geb. Bärmann feierten die goldene Hochzeit."  

    
    
Sonstiges
 
Abschaffung des "Judeneids" in der Rheinpfalz auf Grund einer Streitsache gegen Isaak Weiß III von Essingen (1863)  

Essingen AZJ 15121863.jpg (160805 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Dezember 1863: "München, 30. November (1863). Eine der Streitfragen, welche die Juristen der Rheinpfalz schon seit Jahren beschäftigen, ist: ob ein Israelite angehalten werden könne, einen Entscheidungseid more judaica, d.h. entweder in der Synagoge oder in der Sitzung des Gerichtshofes in die Hände des Rabbiners unter Beobachtung gewisser religiöser Förmlichkeiten zu schwören oder nicht. In Frankreich, wo diese Kontroverse ebenfalls lange Zeit bestand, wurde dieselbe durch Erkenntnis des obersten Gerichtshofes vom 3. März 1846 beendigt, indem derselbe sich gegen die besonderen Förmlichkeiten des Judeneides als in Widerspruch mit dem Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetze stehend und nicht zum Wesen des Eides gehörig aussprach, in der bayerischen Pfalz jedoch entschied das Appellationsgericht in einem Erkenntnis vom 29. März 1859 für die Zulässigkeit des sogenannten Judeneides. Eine Streitsache Lambert, Ölmüller in Dahn, gegen Isaak Weiß III. in Essingen wird nunmehr diese Streifrage auch für die bayerische Rheinplatz zur Entscheidung bringen. In diesem Prozess erkannte nämlich das Bezirksgericht zu Landau in seiner Eigenschaft als Handelsgericht unterm 14. Mai 1862, dass Isaak Weiß III. den ihm auferlegten Entscheidungseid nicht more judaico abzulegen habe; hiergegen wurde Berufung ergriffen und die Sache kam heute beim Cassationshofe der Pfalz dahier zur Verhandlung. Sowohl der Vertreter des Cassationsklägers, Herr Anwalt Böcking, als der Vertreter des Cassationsbeklagten, Herr Anwalt Kuhn, hatten sehr gründliche und von großer Gelehrsamkeit zeigende Denkschriften eingereicht; Herr General-Staatsprokurator von Pixis sprach sich für Aufrechthaltung des Urteils des Bezirksgerichtes von Landau aus, indem er der Ansicht ist, dass der Eid more judaica in den bestehenden in der Pfalz geltenden Gesetzen nicht begründet sei, dem Grundsatze der Gleichheit aller vor dem Gesetze widerspreche und dass dessen Förmlichkeiten nicht zum Wesen des Eides gehören. Das Erkenntnis wird erst heute über acht Tage verkündet werden. Wir werden auf die ausgezeichnete und höchst interessante Ausführung des Herr General-Staatsprokurators zurückkommen und auch das Erkenntnis seinerzeit mitteilen."    
     
Essingen AZJ 22121863.jpg (109134 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Dezember 1863: "München, 7. Dezember (1863). Der Eid more judaico ist in der Pfalz auf immer gefallen. In der heutigen Sitzung des Cassationshofes der Pfalz wurde das Urteil in Sachen B. Lambert, Ölmüller in Dahn, gegen J. Weiß, Handelsmann in Essingen, verkündet und der Rekurs des ersteren gegen das Erkenntnis des Bezirksgerichts Landau in seiner Eigenschaft als Handelsgericht, in welchem die Ausschwörung eines Eides unter den besonderen Förmlichkeiten des sogenannten Judeneides als unzulässig anerkannt wurde, als nicht begründet zurückgewiesen. Das Urteil lautet im wesentlichen wie folgt: 'Es kann zwar durchaus nicht in Zweifel gezogen werden, dass der Eid nicht bloß als prozessualisches Beweismittel in Betracht kommt, sondern auch die Natur eines religiösen Aktes an sich trägt, indem der Schwörende bei der Eidesleistung Gott zum Zeugen der Wahrheit und zum Rächer der Falschheit anruft, allein die wahre und innere Garantie gegen Meineid wurzelt nur in dem Gewissen des Menschen und darf nicht in äußerlichen Zeremonien gesucht werden, welche dem Eide kein größeres Gewicht zu verleihen vermögen, während die äußere Gewährschaft gegen die Falschheit eines Eidschwures in den Strafandrohungen gegen Meineid und falsches Zeugnis von Seiten des Staates eine wirksame Stütze findet. Was die Form des Parteien-Eides anlangt, so sind in der Pfalz lediglich die Bestimmungen der Zivilprozessordnung maßgebend, welche in ihrem Art. 121 vorschreiben 
Essingen AZJ 22121863a.jpg (203414 Byte)dass außer dem Falle rechtmäßiger und gehörige erwiesener Verhinderung der Eid von der Partei in Person und in der öffentlichen Gerichtssitzung geleistet werden solle; eine Stellvertretung ist unzulässig und nur eine Ausnahme in Bezug auf den Ort der Eidesleistung gestattet und es besteht die spezielle Eidesformel nach einem längst hergebrachten und nie beanstandeten Gebrauch in den Worten 'ich schwöre', welche unter Aufhebung der Hand ausgesprochen werden. Mit ganz ähnlichen, einfach Formen hat sich auch der Gesetzgeber bei anderen gesetzlich vorgeschriebenen Eiden begnügt, wie dies beim Geschworenen-Eide, beim Eide der Zeugen in Strafsachen und überhaupt bei allen gerichtlichen und politischen Eiden der Fall ist. Dieses Fernhalten aller zeremoniellen Zutaten bei der Ablegung eines Eidschwures ist aber in dem Geiste und dem Systeme der französischen Gesetzgebung unleugbar begründet, indem dieselbe das Rechtsgebiet des Staates von dem kirchlichen grundsätzlich getrennt hat, und es lag auch für den Gesetzgeber eine Veranlassung in Ansehung der in den bezüglichen Gesetzen allgemein vorgeschriebenen Eidesformel umso weniger vor, eine Ausnahme eintreten zu lassen, als nach den Zeugnissen einer bedeutenden Anzahl der hervorragendsten israelitischen Religionslehrer zur vollen Gültigkeit eines von einem Israeliten geleisteten Eides keine besonderen Förmlichkeiten nötig sind, vielmehr die Anrufung Gottes zur Bekräftigung der Wahrheit für durchaus wirksam und genügend erachtet wird. Jede andere Form der Eidesablage, als die durch Art. 121 der Prozessordnung vorgeschriebene, ist daher nach dem Grundsatze der Gleichheit vor dem Gesetze unstatthaft. In Bezug auf den von dem Cassationskläger subsidiär geltend gemachten Gesichtspunkt, dass, wenn auch zugegeben werden wolle, dass gemäß des Art. 121 der Eid nur in der Audienz des Gerichtes und nicht in der Synagoge ausgeschworen werden dürfe, immerhin die Verwarnung durch den Rabbiner und die Ablage des Eides auf die Tora aufrecht erhalten bleibe, ist dagegen zu bemerken, dass das Gesetze keine Eidesverschärfung kennt, seine Vorschriften für alle Bürger gleich bleiben und eine Anwendung anderer als gerichtlicher Normen auf die Eidesleistung der Juden eine evidente Verletzung der durch die Verfassungsurkunde gewährleisteten Gleichheit der Gesetze und vor dem Gesetze, sowie des Gesetzes vom 27. September 1791 involvieren würde. Nach diesen Erörterungen hat das Bezirksgericht von Landau, indem es den Antrag auf Ausschwörung des dem Beklagten zugeschobenen Eides in der Synagoge und unter größeren Zeremonien und Feierlichkeiten verwarf, kein Gesetz verletzt, vielmehr eine richtige Anwendung der einschlägigen gesetzliche Bestimmungen bestätigt, weshalb der erhobene Rekurs verworfen werden musste."      

     
Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert - Grabsteine für Emanuel Scharff (1831-1888) und Solomon Bloom aus Essingen (-1889) in New Orleans   
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860 eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd., aufgenommen     

Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans: 
"Hier ruht   
Emanuel Scharff
Born at Essingen, Rhenish. Bavaria. Nov. 1831. 
Died July 11, 1888. 
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
"       
 
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
 "Hier ruht: 
In memory of our beloved brother  
Solomon Bloom
  
Born in Essingen Bavaria  
Died Sept, 18, 1889  Aged 68 years. 
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

      

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten für die in Essingen 
geborene Selinde Rauh
 
 Essingen KK MZ Rauh Selinde.jpg (104864 Byte)   
   Kennkarte (ausgestellt in Landau 1939) für Selinde Rauh (geb. 21. Februar 1884 in Essingen), 
wohnhaft in Landau, verzogen am 2. Oktober 1939 nach Gonsenheim bei Mainz, am 
30. September 1942 deportiert ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka, umgekommen    
 

 
    
 
   
Zur Geschichte der Synagoge          
   
Spätestens im 18. Jahrhundert war ein Betsaal beziehungsweise eine erste Synagoge vorhanden. Jedoch findet sich erst 1815 ein urkundlicher Beleg für Essingen als "Synagogenort".     
   
Die 1820/21 in der heutigen Gerämmestraße erbaute Synagoge ersetzte vermutlich das ältere Bethaus. Es wurde ein charakteristischer klassizistischer Walmdachbau erstellt.   
  
Über 100 Jahre war die Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Essingen. Ob in den 1920er-Jahren auf Grund der geringen Gemeindegliederzahl noch regelmäßig Gottesdienste stattfanden, ist nicht bekannt. Seit 1933 wurde die Synagoge jedoch nicht mehr als solche genutzt.       
  
1937 wurde das Synagogengebäude vom Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde der Pfalz an einen örtlichen Landwirt für 2.300 RM verkauft. Die Tora-Rollen und andere Ritualien kamen nach Ludwigshafen. Der neue Besitzer baute die ehemalige Synagoge zu einer Scheune beziehungsweise Lagerhalle um. Eine großes Eingangstor wurde ins Mauerwerk gebrochen, einige Fenster vermauert. Insgesamt blieb jedoch die bauliche Substanz des Gebäudes wie auch das charakteristische Walmdach erhalten. Über dem Synagogeneingang ist die Portalinschrift vorhanden. Im Inneren sind noch die Frauenempore und die Nische für den Toraschrein zu erkennen.   
                    
Das Gebäude, in dem sich die jüdische Lehrerwohnung, Schule und das rituelles Bad (in den 1960er-Jahren zugemauert) befanden, ist das heutige Wohnhaus Gerämmestraße 56: links des Eingangs befand sich die Lehrerwohnung, rechts der Schulsaal   
  
  
Adresse/Standort der Synagoge      Gerämmestraße 48  (frühere Krämerstraße)  
  
  
Fotos
(Quelle: obere Fotozeile links und zweite Fotozeile links: Landesamt s. Lit. S. 149; obere Fotozeile rechts: O. Weber s.Lit. S. 67; Portalinschrift und Fenster:  F. Schmidt s.Lit. S. 52; Farbfoto:  Hahn) 

Rückwärtige Ansicht der 
ehemaligen Synagoge
Essingen Synagoge 140.jpg (88334 Byte) Essingen Synagoge 143.jpg (99368 Byte)
   Die Essinger Synagoge mit ihrem Walmdach ist ein charakteristisches Beispiel für eine
 ländliche Synagoge mit repräsentativem Charakter (vgl. ganz ähnlich in einer anderen 
Region die Synagoge in Freudental
        
Straßenseitige Ansicht der 
ehemaligen Synagoge 
Essingen Synagoge 144.jpg (42857 Byte)     
Essingen Synagoge 142.jpg (14777 Byte)
   Das große Einfahrtstor wurde nach dem
 Verkauf des Gebäudes an einen Landwirt 
in das Mauerwerk eingebrochen  
Portalinschrift, übersetzt: "Vollendet wurde 
die ganze Arbeit im Jahre des Erlösers 
Israels der kleinen Zeitrechnung" 
     
Spuren im Inneren  Essingen Synagoge 141.jpg (42607 Byte) Landau Loebsches Haus 102.jpg (37059 Byte)
Es sind u.a. mehrere farbige
 Fensterverglasungen erhalten
Aus der Synagoge in Essingen: Säulenstümpfe
 des Toraschreines; ausgestellt im
 Frank-Loebschen Haus in Landau.
   
     

   
   
Links und Literatur

Links: 

Website der VG Offenbach / Queich  

Zur Seite über den jüdischen Friedhof in Essingen (interner Link)   

Literatur:  

Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. 1992.
Edenkoben Lit 005.jpg (40145 Byte)Franz Schmidt: Die Steine reden. Zeugnisse jüdischen Lebens im Landkreis Südliche Weinstraße. Rhodt 1989.  
Tobias Benner: Spuren jüdischer Geschichte in Essingen: In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad Kreuznach. 7. Jahrgang Ausgabe  2/1997 Heft Nr. 14 S. 71-77. Online eingestellt (pdf-Datei).   
Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005. S. 65.67.70  (mit weiteren Literaturangaben).
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 148-149 (mit weiteren Literaturangaben).  

    
    n.e.     

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

                      

 

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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 14. Januar 2016