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Fischborn mit
Kirchbracht und Mauswinkel (Gemeinde Birstein, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Fischborn bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Zunächst gehörten die in Fischborn lebenden jüdischen Personen zur
Gemeinde in Birstein.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1816 35 jüdische Einwohner, 1835 36, 1842 41, 1853 60, 1861 62 (14,2 % von insgesamt 438
Einwohnern), 1871 48 (11,5 % von 416), 1885 37 (8,3 % von 447), 1905 35 (7,9 %
von 446). Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Kirchbracht und Mauswinkel
lebenden jüdischen Personen. In Kirchbracht
wurden gezählt: 1816 20, 1835 28, 1842 40, 1853 56, 1861 38, 1905 35 jüdische Einwohner; in Mauswinkel
waren es 1816 sechs, 1835, 1842 und 1861 jeweils sieben, 1853 acht, 1905 noch vier jüdische Einwohner.
Die jüdischen Familienvorsteher waren als Viehhändler und Landwirte
tätig, einige betrieben Textilhandel und andere kleinere Handelsgeschäfte. Es
gab auch jüdische Handwerker. In
Mauswinkel gab es bis 1930 einen jüdischen Gastwirt (Max Meyer). Die jüdischen
Familien waren im Leben des Ortes völlig integriert. Salomon Weißbecker war im
Gemeinderat der politischen Gemeinde und zeitweise stellvertretender
Bürgermeister. Sein Sohn - Dr. Leopold Weißbecker - war Arzt in Frankfurt.
Salomon Rosenthal, der gleichfalls im Gemeinde rat war, veranlasste, dass 1914
in Fischborn eine Wasserleitung gebaut wurde.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule mit Lehrerwohnung) und ein rituelles Bad (im Synagogengebäude). Die Toten der Gemeinde wurden im
jüdischen Friedhof in
Birstein beigesetzt. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein
jüdischer Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig
war. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier
Arthur Weißbecker (geb. 31.8.1897 in Fischborn, gef. 2.10.1917) und Simon
Weißbecker (geb. 23.6.1896 in Fischborn, gef. 1.4.1916) sowie Jakob Blumenthal
(geb. 15.9.1882 in Kirchbracht, gef. 9.8.1916). Die Namen der beiden Gefallenen
aus Fischborn wurden auf dem Kriegerdenkmal eingetragen (während der NS-Zeit
gestrichen).
Um 1924, als zur Gemeinde noch 28 Personen in Fischborn gehörten (6,8 % von
insgesamt 411; insgesamt gehörten zur Gemeinde 14 Familien), war
Gemeindevorsteher Salomon Rosenthal. Als Rechner wird Jacob Weißbecker genannt.
Die damals sechs schulpflichtigen Kinder der jüdischen Gemeinde erhielten ihren
Religionsunterricht an der jüdischen Volksschule in Birstein.
1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Salomon Rosenthal. Lehrer der
jüdischen Kinder war weiterhin der Birsteiner Lehrer Samuel Levi. Im Schuljahr
1931/32 unterrichtete er aus der Gemeinde Fischborn sechs
Kinder.
1933 lebten noch 20 jüdische Personen in Fischborn. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (insbesondere nach Frankfurt) beziehungsweise ausgewandert. 1939 wurden noch 16
jüdische Einwohner am Ort gezählt. Der letzte jüdische Einwohner war Max
Meyer (ursprünglich Gastwirt in Mauswinkel, seit 1930 Bahnarbeiter)
Von den in Fischborn geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hilda Baum (1896), Michael
(Michel) Baum (1883), Emma Berenz geb. Weißbecker (1890), Regina (Regine)
Blumenthal (1872), Else Franken geb. Weißbecker (1898), Emma Grünebaum geb.
Weißbecker (1890), Regina Katz geb. Strauss (1875), Karoline (Karolin) Levi
(1884), Kathinka Levi (1881), Adele Meyer geb. Weißbecker (1895), Ludwig
Rosenthal (1896), Minna Rothschild geb. Weißbecker (1893), Irma Viktor geb.
Rosenthal (1898), Jakob Weißbecker (1858), Salomon Weisbecker (1864).
Anmerkung: der Familienname "Weißbecker" wird häufig auch "Weisbecker"
geschrieben.
Link: Zur Geschichte von Salomon Weißbecker (1864) siehe Seite
im Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen e.V.
Aus Kirchbracht sind umgekommen: Isaak Blumenthal (1900), Jakob
Blumenthal (1878), Jeanette Blumenthal (1868), Regina (Regine) Blumenthal
(1872), Kathinka Halberstadt geb. Levy (1888), Moritz Levi (1892), Leopold Levy
(1886), Jettchen Löbenstein geb. Blumenthal (1877), Sara Rebekka Nieteckmann
geb. Blumenthal (1877), Isaak Strauß (1892), Selma Strauß geb. Levy (1884),
Bertha Wolf geb. Blumenthal (1883), Ingeborg Wolf (1926).
Aus Mauswinkel sind umgekommen: Siddi Levi (1927), Ilse Mayer (1923), Max
Meyer (1891).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige von Irma Rosenthal und Moritz Viktor II. (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1928:
"Irma Rosenthal - Moritz Viktor II. Verlobte.
Fischborn Kr. Gelnhausen - Rhina Hessen Nassau. Halbfeiertag von
Sukkot". |
Nach der Emigration: Verlobungsanzeige von Ella
Weisbecker und Albert Strauss (1941)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 2. Januar 1942:
"Ella Weisbecker - Albert Strauss. Verlobte.
Früher Fischborn - Früher Frankfurt am Main.
325 E. 79th Street. - 600 W. 141 Street Apt. 44.
New York City. Silvester 1941." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum in einem der jüdischen Häuser
vorhanden. Eigene Gottesdienste ("Privatversammlungen") wurden den
Fischborner Juden im 18. Jahrhundert durch den Fürst Wolfgang Ernst II.
"bei schlechtem Wetter" gestattet.
1858 erwarben die Fischborner Juden ein Haus, um darin eine Lehrerwohnung
usw. einzurichten. 1868 wurde - unter dem damaligen Gemeindevorsteher
Simon Weisbecker - daneben eine Synagoge errichtet. Sie hatte etwa 50
Plätze.
Wie lange in der Synagoge Gottesdienste abgehalten wurden, ist nicht bekannt. Anfang
der 1930er-Jahre war ein Betraum in einem Haus der Familie Rosenthal
eingerichtet, da die Synagoge in einem baulich schlechten Zustand
war.
Das Synagogengebäude blieb auch nach 1945 erhalten. Es wurde - zunächst
im Bereich der Schule und Lehrerwohnung - zu einem Wohnhaus umgebaut. Ein
weiterer, größerer Umbau erfolgte 2007 im Bereich des früheren Betsaales.
Durch den Umbau sollte der Charakter des Gebäudes als eine frühere Synagoge
(mit den hohen Fenstern) verdeutlicht werden.
Adresse/Standort der Synagoge: In
der Aue 2
Fotos
(Quelle: Altaras s. Lit. 2007² S. 90.328)
Die ehemalige Synagoge
in Fischborn |
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Nordwestseite der
ehemaligen Synagoge (mittlerer Teil des Gebäudekomplexes): links vor
dem
Umbau im Mai 2001; rechts nach dem Umbau 2007. Im rechten Teil des
Gebäudekomplexes
war die Lehrerwohnung und die Schule sowie der Eingang
zur Frauenempore, Schule,
Lehrerwohnung und Mikwe. Der Anbau links ist in
den 1930er-Jahren dazugekommen. |
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Blick auf die nordöstliche
Wand mit zwei
hohen Rundbogenfenstern (Mai 2001) |
Reste der Deckenbemalung
(Mai 2001) |
Schnitt der Innenwand
Nord-Ost-Seite |
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Die in Fischborn,
Kirchbracht und
Mauswinkel verstorbenen jüdischen
Personen wurden auf dem
jüdischen
Friedhof in Birstein
beigesetzt |
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Grabstein für
Abraham Meier
von Mauswinkel (1864-1920)
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Grabstein links
für Frau Rosenthal geb. Josef
(1870-1930), rechts für Simon Baum
(1855-1929), beide aus Fischborn |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Fischborn findet sich unter den Familienregistern zu Birstein
(auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,79 Geburtsregister der Juden von
Birstein 1826 - 1874 Enthält auch Personen aus Fischborn,
Helfersdorf, Hellstein, Obersotzbach, Udenhain, Unterreichenbach und
Untersotzbach
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3926558
HHStAW 365,81 Sterberegister der Juden von
Birstein 1826 - 1874 Enthält auch Personen aus Fischborn, Helfersdorf, Hellstein, Obersotzbach, Udenhain,
Unterreichenbach und Untersotzbach
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4971242
HHStAW 365,80 Trauregister der Juden von Birstein
1826 - 1874 Enthält auch Personen aus Fischborn, Helfersdorf,
Hellstein, Obersotzbach, Udenhain, Unterreichenbach und Untersotzbach
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101077
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Zu Fischborn findet sich unter den
Familienregistern zu Eckardroth:
HHStAW 365,136 Verzeichnis der jüdischen Söhne in der
Synagogengemeinde in Eckardroth mit Angabe von Geburtsdatum und
Beruf 1808 - 1823; darin auch Birstein, Fischborn,
Helfersdorf, Hellstein, Ober-Reichenbach, Unterreichenbach,
Untersotzbach https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289745
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Zu Fischborn mit Kirchbracht und Mauswinkel sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,173 Geburtsregister der Juden von Fischborn
1837 - 1857; enthält auch Angaben zu Kirchbracht und
Mauswinkel https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5494583
HHStAW 365,169 Sterberegister der Juden von Fischborn
1838 - 1873; enthält auch Angaben zu Kirchbracht und Mauswinkel
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1230089
HHStAW 365,170 Trauregister der Juden von Fischborn 1839
- 1873; enthält auch Angaben zu Kirchbracht und Mauswinkel https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289748
HHStAW 365,172 Geburtsregister der zur Synagogengemeinde
Fischborn gehörigen Juden von Kirchbracht 1851 - 1860 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3031381
HHStAW 365,171 Geburtsregister der Juden von Fischborn
1857 - 1874; enthält auch Kirchbracht und Mauswinkel
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4782866
|
Literatur:
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 176-177. |
 | Kein Abschnitt zu Fischborn in: Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
 | dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
328. |
 | Kein Abschnitt zu Fischborn in: Studienkreis Deutscher Widerstand
(Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 538-539. |
 | Jürgen Ackermann: Juden in Fischborn, Kirchbracht
und Mauswinkel im 19. Jahrhundert. In: Geschichte der Großgemeinde
Birstein. 1992. Abschnitt 9.4.5.2
Eingestellt als pdf-Datei. |
 | ders.: Die Juden in und um Birstein im 17. und 18.
Jahrhundert. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und
Landeskunde Kassel. 93. 1988. Eingestellt
als pdf-Datei. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Fischborn
Hesse-Nassau. Established in 1823, the community numbered 62 (14 % of the total)
in 1861, built a synagogue in 1868, and drew members from Kirchbracht and
Mauswinkel. Most of the 20 Jews who remained in 1933 went to Frankfurt
(1939-49); 11 perished in the Holocaust.

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