Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Oberhof (Kreis Schmalkaden-Meiningen)
Jüdische Geschichte 
(Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Wolfgang Lerch, Oberhof) 

Übersicht:

bulletZur jüdischen Geschichte in Oberhof  
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte 
Aus der jüdischen Geschichte in Oberhof 
Berichte zu einzelnen Personen  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe    
bulletZur Geschichte des Betsaales   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Oberhof    
   
In Oberhof lebten bis Ende des 19. Jahrhunderts keine Juden. Der Ort entwickelte sich seit den 1860er-Jahren zu einem Ferien- und Erholungsort, nach 1900 zu einem Wintersportzentrum (von den Einheimischen gerne als das "deutsche Sankt Moritz" bezeichnet).
 
Nach 1900 bis Anfang der 1930er-Jahre gab es rituell geführte Pensionen für jüdische Gäste, insbesondere das seit 1924 von Benjamin Blum geführte "Hotel Blum" (das bisherige "Trösters Hotel" in der Zellaer Straße). Blum richtete in seinem Hotel einen Betsaal ein. Dadurch wurde es alsbald zum Mittelpunkt jüdischen Lebens in Oberhof. Das koschere Fleisch wurde von den Gebrüdern Katz und Sachs aus Bibra geliefert. Wein wurde von der Weingroßhandlung Stern in Würzburg bezogen. Auch einige nichtjüdische Hoteliers bezogen für ihre jüdischen Gäste koscheres Fleisch und koscheren Wein. 
  
Außer dem Hotel Blum gab es zeitweise noch eine Pension des Wiesbadener Kaufmannes Louis Levy in der früheren Kaiser-Wilhelm-Straße 100 (heute Rudolf-Breitscheid-Straße); Geschäftsführer war Richard Levy. 
 
Neben den jüdischen Unterkünften gab es an jüdischen Geschäften am Ort: eine Filiale des Bankgeschäftes der Gebr. Goldschmidt (Hofbankhaus Gotha; siehe Anzeige unten). 
  
Mehrere jüdische Familien hatten Sommervillen in Oberhof, insbesondere in der Tambacher Straße. Der Berliner Professor Dr. Werner Magnus (jüdischer Herkunft) ließ 1923/24 ein "Sommerhaus" unmittelbar am Rande des Golfplatzes ("Herzoglicher Golfclub Oberhof") erbauen; seine Frau gehörte damals zur Riege der besten Golferinnen Deutschlands.       
  
Nach 1933 gab es von Seiten der Nationalsozialisten energische Bemühungen, die Forderung des Reichsstatthalters von Thüringen, Fritz Sauckel umzusetzen: "Oberhof muss judenfrei werden". 1933 musste Dr. Alexander Lion (s.u.) seine Praxis im Haus Gutenberg räumen; vor seinen neuen Praxisräumen in der Breitscheid-Straße zogen SA-Männer mit antisemitischen Parolen auf. 1935 gab die Familie Levy ihre Pension auf. 1937/38 wurden die jüdischen Hausbesitzer in der Tambacher Straße zum Verkauf ihrer Häuser und Wohnungen gezwungen. 1938 wurde Benjamin Blum nach bereits langen Schikanen durch die Behörden gezwungen, sein Hotel zu verkaufen; die Familie Blum verließ Oberhof. Aus dem "Hotel Blum" wurde unter seinem neuen Besitzer das Hotel "Zum Rennsteig" mit der Beifügung "altdeutsche Gaststätte". 1941 brannte das Hotel ab. 
Im September 1939 wurde Professor Magnus (dem "Juden Magnus") der Aufenthalt in Oberhof durch Oberhofs Bürgermeister (zugleich  Ortsgruppenleiter der NSDAP) gekündigt. 
      
Von den in Oberhof geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gustav Blum (1879), Hedwig Blum geb. Friesen (1895), Leopold Blum (1926).     
    
    
    
Berichte aus der jüdischen Geschichte   
   
Aus der jüdischen Geschichte in Oberhof   
Konzertveranstaltung des Hauses Nix (1925)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1925: "Oberhof, 1. August (1925). Auf Veranlassung des Inhabers des Hauses Nix, Herrn B. Zeitlin, veranstaltete Herr Oberkantor Manfred Lewandowski, Berlin, der sich in diesem Hause zum Sommeraufenthalt während seiner Ferien befand, ein Konzert, in dem er mit seiner schönen Stimme Arien italienischer und deutscher Komponisten und als Zugabe Lieder von Brahms darbot. Das jüdische Publikum des Hotels dankte dem Ausführenden für sein abwechslungsreiches Programm, das er mit Geschmack und Können vortrug, durch zahlreichen Besuch und herzlichsten Beifall. Auf Veranlassung des Herrn Zeitlin wurde das Programm zu Gunsten des Keren Hathora verkauft. Es wäre wünschenswert, dass die Besitzer anderer jüdischer Hotels diesem nachahmenswerten Beispiel folgen würden."   
  
Abbildungen zur obigen Pressemitteilung 
(erhalten von 
Wolfgang Lerch, Oberhof)
Oberhof Dok 062.jpg (52412 Byte) Oberhof Anz Villa Nix 010.jpg (61394 Byte)
   Anzeigen des Pensionshauses "Pensionshaus 'Villa Nix' Oberhof i. Thür. 
Streng rituelles Haus ersten Randes, Besitzer B. Zeitlin" (linke Anzeige von 1922)  
     
  Oberhof Anz Villa Nix 011.jpg (89529 Byte) Oberhof Dok 065.jpg (64902 Byte)
  Historische Ansicht der "Villa Nix" mit Garten und Schwimmbad
     
Nach Informationen von Wolfgang Lerch war in der Villa Nix nach 1945 ein "Haus des Sports" eingerichtet; das Gebäude steht derzeit leer.   
   
Hinweis zu dem in der Pressemitteilung genannten Kantor Manfred Lewandowski (geb. 1895 in Hamburg, gest. 1970 in Elkins Park bei Philadelphia): Manfred Lewandowski war ein Sohn des Hamburger Kantors Isidor Lewandowski und ein Großneffe des bekannten Komponisten Louis Lewandowski. 1921 wurde Manfred Lewandowski Kantor in Königsberg, von 1923 bis 1928 Kantor am Friedenstempel in Berlin, von 1928 bis 1938 an der Synagoge in der Lindenstraße in Berlin. Er war von 1924 bis 1933 regelmäßig über Rundfunksender zu hören. 1939 konnte er in die USA emigrieren (seine beiden Brüder wurden deportiert und ermordet), wo er noch einige Jahre als Kantor tätig war.  
Weitere Informationen über http://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00003583 

   
Werbung für das koschere Hotel (sc. Blum) in Oberhof (1927)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1927: "Oberhof in Thüringen. Auch in diesem Jahre ist das als Luftkurort rühmlichst bekannte Oberhof von vielen Fremden besucht, die in den herrlichen Fichtenwaldungen Erholung suchen. Die Anforderungen, die an einen klimatischen Höhenluftkurort gestellt werden, sind hier erfüllt. Die vorzüglich angelegten Wege trocknen schnell ab und zeigen nur selten Staubentwicklung. Die Luft ist stets frisch und erquickend. Da sich hier ein Hotel des Hamburger Speisevereins befindet, besuchen viele jüdische Kurgäste von Kissingen, Nauheim und anderen Badeorten Oberhof zur Nachkur".  
   
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1927: "Oberhof in Thüringen, 825 m, HOTEL BLUM, erstklassig geführtes Haus, Tel. 14, einziges jüdisches Haus am Platze."  

     
Reisebrief aus Oberhof (1927)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1928: "Reisebrief aus Oberhof. Von Fabius Schach.  Jude und Wintersport scheinen vom Hause aus Gegensätze zu sein. Der Wintersport ist nicht nur geschichtlich, sondern auch psychologisch nordischen Ursprungs. Nur der Nordländer versteht die Sprache der gewaltigen Winternatur, nur ihm offenbart sie sich in ihrer ganzen Größe. Und der Jude ist südlich gestimmt, seine Sehnsucht ist die Natur in grün und nicht in weiß. Er lechzt nach Wärme und nicht nach Kälte. Aber - schließlich bedeutet Sport nicht Natur, sondern Überwindung der Natur, Wille, Energie. Und darin war der Jude stets Meister. Seine Lehre und seine Schicksalsgeschichte zwangen ihn immer wieder, seine Begierden zu beherrschen, seine Leidenschaft zu dämpfen, seine Willenskraft zum höchsten Instrument auszubilden. Nur so ist es zu erklären, dass die Juden, die man lange für körperlich degeneriert hielt, in kürzester Zeit sich einen Ehrenplatz auf allen Gebieten des Sports erwarben. So befremdet uns der Anblick der jüdischen Jugend auf dem Rodel oder auf den Skiern nicht. Wir freuen uns über die jüdische Kraft, über die jüdische Lebensfreude und erhoffen daraus auch geistig viel für die Zukunft. Auch der Winter ist eine Zeit des Lebens und auch er kann der Seele in der Natur Gottes mehr als in der Atmosphäre des Tanzsalons geben. Nennet es nicht Sport, sondern Leben in der Natur, und die Sache hat auch ihre religiös-ethische Seite, oder kann sie wenigstens haben. Denn alle Freude ist Lebensbejahung im Dienste einer sittlichen Idee, eines höheren Willens. Wenn wir Juden trotz aller tragischen Geschicke uns den Optimismus als Lebenselement erhalten haben, so verdanken wir es in erster Reihe unserer Religion, unserer Lebensführung im Geiste unserer Lehre. Auch die körperliche Kraft des Juden ist, richtig verstanden, ein Erbe des Judentums.     
Man wird also die Beteiligung der Juden an dem Wintersport nicht tadeln. Nur wird man wünschen, dass er nicht zum Selbstzweck wird. Man stählt seine Kräfte, um sie hohen Zielen dienstbar zu machen. Eine körperliche Erstarkung, um damit zu protzen, entspricht weder einer gesunden Kultur, noch dem Ideale des Judentums. Und man wird auch verlangen dürfen, dass das Jüdische beim Sportlichen nicht zu kurz kommt, dass der jüdische Name verherrlicht und nicht verdunkelt wird.
Oberhof ist durch seine glückliche Lage im Herzen Deutschlands, durch seine Höhe, seine Schönheit und seine eigenartigen Reize für den Sport wie für die Erholung auch im Winter geradezu auserwählt. Dazu kommt, dass es alle Bequemlichkeiten eines modernen Luftkurortes bietet, ohne die unerschwinglichen Ansprüche der europäischen Weltbäder an den Geldbeutel zu stellen. Kein Wunder daher, dass diese Perle des Thüringer Waldes sich in den letzten Jahren zum Eldorado für Jung und Alt entwickelt hat. Und dass auch die Juden hier stark vertreten sind, wer mag darüber staunen? Die Juden Deutschlands sind zum größten Teil Kopfarbeiter und Großstadtmenschen, und sie bedürfen der Auffrischung ihrer Kräfte in der Natur Gottes am meisten. Ärzte raten in letzten zeit immer mehr zur Erholung im Winter, wo die Luft reiner und die Natur nervenberuhigender ist. Wir Juden sind durch unsere religiöse Weltanschauung lebensfreudig und die Bewunderung der Natur als Werk Gottes ist uns hohe Seelenfreude. Niemand wird sich darüber ärgern, dass viele Juden in Oberhof Zuflucht suchen. Nur möchte man wünschen, dass sie sich auch jüdisch fühlen. Das wird man aber leider von vielen nicht sagen dürfen. Viele verwenden ihre ganze Lebenskunst darauf, ihr Judentum zu verstecken, und - fallen gerade dadurch unangenehm auf. Eine Unnatur mitten in der Natur, - kann man sich etwas Hässlicheres denken? ...
In der Weihnachtswoche waren in Oberhof mindestens 200 Juden, zum Gottesdienst am Freitagabend und Sabbatmorgen waren wir 13-14 Männer. Man braucht nur diese beiden Tatsachen nebeneinander zu stellen, um zu erkennen, wie es mit uns bestellt ist. Die meisten wohnen in christlichen Hotels und Pensionen und sind sentimental am Lichte des Weihnachtsbaums und lustig gestimmt bei der Silvesterbowle. Dabei ist im jüdischen Hotel Blum eine geradezu ideale Verpflegung und aufmerksame Bedienung geboten, die auch den Verwöhntesten befriedigen muss. Und auch im Preise ist der Aufenthalt in dieser echt gemütlichen jüdischen Gaststätte nicht höher als in nichtjüdischen besseren Hotels. Aber - es ist 'moderner', nichtjüdisch zu leben und 'sich nicht zu erkennen zu geben'. Der gebildete Christ höhnt darüber und macht Witze, die umso mehr schmerzen, weil sie nicht ganz unberechtigt sind. Am 31. Dezember hörten wir folgendes Gespräch zwiscchen zwei christlichen Herren:
'Gehen wir zur Silvesterfeier nach dem Sch.-Hotel?'
'Nein, in diesen Judenmarkt kriegst Du mich nicht hinein.' 
Judenmarkt? Ein furchtbares, widerliches, aber leider nicht ganz falsches Wort. Im modernen telegraphischen Stil ausgedruckt, wird man vom wunderschönen winterlichen Oberhof berichten dürfen: 'Eine weiße, aber nicht unschuldsvolle Welt, viele Juden, wenig Judentum.' 
Ja, es gibt kein besseres Mittel, sich lächerlich zu machen, als sein Judentum zu einer Karrikatur herabzuwürdigen. Das, was man ist, soll man ganz sein und es mit Würde tragen, ohne Feigheit und ohne Übermut. Wenn man jüdische Frauen in auffallenden Sportkleidern sieht, wenn man jüdische Männer germanisches Heldentum mimen sieht, dann weiß man wirklich nicht, ob man darüber lachen oder weinen soll. 
Der richtig erkannte Sport soll Harmonien erzeugen und keinen Widerspruch zwischen Körper und Seele bilden. Auch dem Sport sind Grenzen gezogen, er darf nicht zur hohlen Mode werden. Der Jude kann und soll Sport treiben, um das jüdische Wesen zu stärken und es in Einklang mit der jüdischen Ethik zu bringen. Jeder Sport ohne höheres Ziel ist verfehlt und bringt uns Schaden und nicht Nutzen. 
Der Aufenthalt in der Natur soll uns erheben, soll uns im Sinne des Psalmisten von der Schöpfung zum Schöpfer führen, uns vertiefen und harmonischer stimmen. Der Jude kann, wenn er in die Sommer- oder Winterfrische geht, nicht sein Judentum zu Hause lassen, weil darin sein Bestes und Schönstes ist." 

        
Sabbat mit einer "Esra-Gruppe" in Oberhof (Bericht von 1928)
     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1928: "Oberhof. Es ist Freitagnachmittag. Dort läuft ein jüdischer Junge, die Hände voll mit Broten, hier Mädels Körbe mit Kartoffeln tragend, wiederum sieht man einen Jungen, der auf die Frage, wohin er mit seinem großen Kochtopf gehen will, antwortet, er will sich Milch einmelken lassen und dort kommt ein Mädel mit großen Tüten aus einem Kolonialwarengeschäft. Und nun erfahren wir, dass wohl ungefähr 60 Jungens und Mädels, die an der Bezirkstagung des Esra in der Nähe von Jena teilnahmen, anschließend eine Wanderung in den Thüringer Wald unternommen haben und über Schabbat in Oberhof verweilen werden. 
Sobald sich dieses unter den Kurgästen herumgesprochen hat, sind diese bemüht, es den Esräern so gemütlich wie möglich zu machen und fast sämtlich Kurgäste sind bereit, einen dieser sonnenverbrannten, frischen jungen Freunde zu Tisch zu laden. Mit anregenden Unterhaltungen verbringen wir gemeinsam den Schabbat, bis wenige Stunden vor Nacht die Esräer der Einladung der Kurgäste zur Scholausch Szudaus-Mahlzeit folgen. Welche Begeisterung erweckten bei uns die schönen Semirous (Gesänge), die die Esräer uns vortrugen, unterbrochen von herrlichen Diwreh-Tauroh (Toraworten), die Herr Dr. Wohlgemut - sein Licht leuchte - Berlin, zu uns sprach. - Wir werden gerne an den gemeinsam verbrachten Schabbat zurückdenken, der uns auch Gelegenheit gab, die Ideale des Esra kennen zu lernen, wenn auch die Notwendigkeit bestand, dass Herr Dr. Wohlgemuth - sein Licht leuchte -, in seinem Worten einige Mussar-Sätze einfügen musste. - Aber viele schöne Lebensideale haben uns die Esräer gezeigt und was mich besonders ergriffen hat, war die Kwonoh, mit der die Jungens die Tfillos (Gebete) verrichteten. - Am Schabbat-Ausgang verabschiedeten wir uns mit den Worten. Sei stark - nächstes Jahr in Jerusalem."      

   
Über das jüdische "Hotel Blum" in Oberhof (1928 / 1930 / 1931) 
  
 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1928: "Wer keine weite Reise machen will, dem sei Oberhof in Thüringen, 825 Meter über dem Meer empfohlen. An der Hauptstrecke Berlin - Würzburg - Stuttgart gelegen, ist Oberhof auch von Hamburg, vom Rheinland und von Süddeutschland aus durch gute Verbindungen schnell zu erreichen.  
Als einziges jüdisches Hotel in Thüringen eröffnet das Hotel Blum am 15. Dezember wieder seinen Betrieb und erwartet zahlreichen Zuspruch. Die Aufsicht führt Seine Exzellenz Herr Bezirksrabbiner Dr. Wohlgemuth in Kitzingen am Main."  
   
Oberhof Dok 241.jpg (87384 Byte)Anzeige des Hotels Blum aus einem Reiseführer Thüringen, ohne Datum (Quelle: Sammlung W. Lerch): 
"Hotel Blum
Einziges, rituell geführtes Haus. 
Zentralheizung - Bäder - Fließendes Wasser. 
Gesellschaftsräume.
 Telefon 214."    
  
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom  13. März 1930: "Auch in Oberhof (Thür. Wald) hat der Frühling seinen Einzug gehalten. Unter der Einwirkung der in dieser Höhe besonders starken Frühlingssonne ist der Schnee weggeschmolzen. Man denkt nicht mehr an Wintersport; man rüstet schon überall zu Ostern. Zum ersten Male in diesem Jahre wird auch das Hotel Blum zu Pessach geöffnet sein und den Gästen einen angenehmen Aufenthalt in einem modern ausgestatteten Hotel bei bekannt erstklassiger Verpflegung bieten."   
 
 
Oberhof Israelit 10121931.jpg (86899 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1931: "Oberhof, D- und F.D.-Zugstation, an der Hauptstrecke Berlin, Erfurt, Würzburg, Stuttgart gelegen, im Herzen Deutschlands, eröffnet seine Wintersaison am 15. Dezember. Dank günstiger Verkehrs- und Lageverhältnissen nimmt Oberhof als einer der größten, ältesten und höchstgelegenen Wintersportplätze Deutschlands eine begründete Vorrangstellung ein. Durch die während des ganzen Winters günstige, gleichmäßige Schneelage (1 bis 2 Meter) und durch die vorzüglich angelegten Sportbahnen werden die Besucher Oberhofs in die Lage versetzt, jegliche Art Wintersport, wie Skilauf, Skijörring, Rodel, Lenkrodel, Bobsleigh, Curling und Eislauf auszuüben. 
Die Sonne, die den Gesunden zum friedlichen sportlichen Kampf anspornt, scheint nicht zuletzt auch den Erholungsbedürftigen: sie schafft ihm, die Möglichkeit, seine Gesundheit wieder zu erlangen. Das Hotel Blum bietet als einziges jüdisches Hotel bei erstklassiger Verpflegung jeden Komfort. Die Preise sind denkbar niedrig gehalten. Die Aufsicht führt S.E. Herr Bezirksrabbiner Dr. J. Wohlgemuth, Kitzingen am Main."    

    
 Jüdische Gäste sind in Oberhof "nach wie vor willkommen" (1930)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 13. Mai 1930: "Thüringen
Von einem in Thüringen reisenden Freund unseres Blattes wird uns berichtet, dass die von einigen Zeitungen gebrachten Nachrichten über nationalsozialistische Ausschreitungen jeder Grundlage entbehren und unwahr sind. Der Thüringer Bäder-Verband und der Thüringer Hotelbesitzer-Verband geben offiziell in der Presse bekannt, dass sie antisemitischen Bestrebungen nach jeder Richtung fern stehen und dass in den thüringischen Hotels jeder Gast ohne Unterschied der Konfession, der Parteiangehörigkeit oder Nationalität aufs herzlichste willkommen ist.  
Die Kurverwaltung Oberhof legt Wert auf die Feststellung, dass, ungeachtet der gegenwärtigen politischen Verhältnisse in Thüringen, jüdische Gäste nach wie vor in Oberhof willkommen sind. Der unpolitischen Einstellung der Kurverwaltung entsprechend, sind politische Umzüge nicht gestattet, sodass eine ungestörte Erholung aller Kurgäste gewährleistet ist."         

   
1935: das "Hotel Blum" wird im Hotelverzeichnis in Oberhof als "nichtarisch" markiert 

Rechts: "Oberhof... Wohnungsverzeichnis und Preisliste der Hotels, Pensionen und Logierhäuser. Sommer 1935"
(Sammlung W. Lerch)
Oberhof Hotelliste 1935a.jpg (33047 Byte)

Oberhof Hotelliste 1935b.jpg (68094 Byte)

  
 
1937: Sanktionen gegen das Hotel Blum      
(Quelle: "Arisierung" in Thüringen. Entregung, Enteignung und Vernichtung der jüdischen Bürger Thüringens 1933-1945. Hrsg. von Monika Gibas. Schriftenreihe der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. 2. überarbeitete Auflage 2008. I. Halbband S. 78-80. 
Die Publikation ist online zugänglich als pdf-Datei)   

Oberhof Hotel Blum D10.jpg (97361 Byte) Oberhof Hotel Blum D11.jpg (72597 Byte) Oberhof Hotel Blum D12.jpg (86510 Byte)
Bericht des Landrats in Gotha an 
den Reichsstatthalter über eine
 Tanzveranstaltung im Hotel Blum 
(30. Juni 1937)
Anweisung des Reichsstatthalters 
in Thüringen zur Aufhebung der
 Tanzerlaubnis für das Hotel Blum 
(29. Juli 1937) 
Entzug der Tanzerlaubnis 
für das Hotel Blum in Oberhof
 (2. August 1937)
   
     

Oberhof PA HBlum 015.jpg (198639 Byte)Links: Presseartikel (ohne Datum, aus der Sammlung W. Lerch) von Bernhard R. Mitschke: "Die Nacht, als das Hotel 'Rennsteig' brannte..."   
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken. 

  
  
Berichte zu einzelnen Personen 
Dr. Alexander Lion (1870-1962, Arzt, Generaloberst a.D. Gründer der deutschen Pfadfinderbewegung)  

Alexander Lion 010.jpg (6425 Byte)Alexander Lion (geb. 1870 in Berlin als zweiter Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie; Eltern: Max Lion und Cäcilia geb. Loeser): verließ mit 16 Jahren die jüdische Gemeinde und ließ sich später katholisch taufen; 1891 bis 1896 Studium der Medizin in Würzburg, Berlin und Kiel; im Ersten Weltkrieg u.a. Chefarzt im Bayerischen Armee-Korps, später Divisionsarzt in Frankreich, wurde hoch ausgezeichnet; nach der Entlassung aus der Reichswehr arbeitete Lion von 1921 bis 1935 als praktischer Arzt und Badearzt in Oberhof (Praxis zunächst im "Haus in der Sonne", seit Mitte der 1920er-Jahre im "Kurhaus Esplanade", dann im Haus Gutenberg (ehem. "Pension Holland"), dem heutigen Rathaus, 1935 wurden ihm auf Grund der Nürnberger Gesetze die Bürgerrechte entzogen. Dr. Lion konnte nur noch in einem Hinterhaus (ehemaliger Pferdestall) des Hauses "In der Sonne" seine Praxis betreiben. Auf Grund von Kontakten zu ausländischen Pfadfinderfreunden u.a.m. nach 1939 Inhaftierungen und Prozesse; sein Bruder Richard und dessen Frau wurden 1944/45 im KZ Bergen-Belsen ermordet. Nach 1945 von Bad Aibling aus Mitwirkung beim Aufbau des Bundes Deutscher Pfadfinder, seit 1948 Ehrenpräsident. Er starb 1962 auf Schloss Elmischwang und wurde auf dem Friedhof in Fischach beigesetzt. 
Quelle des Fotos: Archiv des Bundes der Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Bayern, Seite über Alexander Lion.            
Dokumente zu den Stationen seines Wirkens in Oberhof siehe unten.    

      
      
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe 
(Quelle: Sammlung W. Lerch)
Anzeige des Hofbankhauses Gotha der Gebr. Goldschmidt mit Filiale in Oberhof   

Oberhof Dok 240.jpg (58764 Byte)Anzeige der Gebrüder Goldschmidt aus einem Kuranzeiger von Oberhof (aus der Sammlung W. Lerch): 
"Gebr. Goldschmidt - Hofbankhaus Gotha. 
Gegründet 1868. Filiale Oberhof. Zellaer Straße 89 (Villa Horn). 
Ausführung sämtlicher bankmäßigen Geschäfte..."
Anmerkung: Die Filiale der Bank Goldschmidt wurde 1932 aufgegeben; die in Gotha lebenden Inhaber konnten nach 1933 in die USA emigrieren.   

       
Anzeige des Arztes Dr. Paul Weiß (1920er-Jahre)  

Oberhof Dok 060.jpg (48141 Byte)Der Arzt Dr. med. Paul Weiß, der im Sommer in Bad Homburg v.d.H. und im Winter in Oberhof praktizierte, war nach Erinnerungen am Ort jüdischer Konfessionsangehörigkeit.     

   
   
   
Zur Geschichte des Betsaales     
   
Im Hotel Blum war ein Betsaal vorhanden.    
   
   
Adresse/Standort des Hotels Blum:  Zellaer Straße 73  
    
    
Fotos / Abbildungen  

Oberhof PK 020.jpg (174265 Byte) Oberhof Hotel Blum 215.jpg (41918 Byte) Oberhof Hotel Blum 205.jpg (159795 Byte) Oberhof Hotel Blum 209.jpg (128187 Byte)
Luftaufnahmen von Oberhof aus  dem Jahr
 1939: auf dem rechten Foto sind zu
 erkennen: links "Hotel Blum", rechts 
die "Villa Horn"    
"Trösters Hotel" an der Zellaer Straße
 (rechts); 1924 wurde das Hotel von 
Benjamin Blum erworben und als 
"Hotel Blum" weitergeführt  
Friseurgeschäft Thews an der 
Zellaer Straße, rechts ist die 
Aufschrift "Hotel Blum" zu erkennen
    
      
Oberhof Hotel Blum 211.jpg (73135 Byte) Oberhof Hotel Blum 212.jpg (120821 Byte) Oberhof Hotel Blum 210.jpg (62871 Byte)
Das "Hotel zum Rennsteig" nach 1938,
 rechts ist noch "Hotel Blum" zu lesen  
Ansichtskarte des "Hotels zum Rennsteige", ehemals "Hotel Blum" nach 1938;
im "Gesellschaftsraum" (Vergrößerung der Karte rechts) war bis 1938 der Betsaal.
     
     
Die "Villa Horn", in der die Filiale Oberhof des Bankhauses der 
Gebr. Goldschmidt betrieben wurde 
Oberhof PK 022.jpg (125769 Byte) Oberhof PK 021.jpg (100717 Byte) Oberhof Dok 063.jpg (110035 Byte)
 Villa Horn, noch ohne 
Geschäftseinbau  
Die Villa Horn, nach 
Einbau einer Apotheke 
(vor dem Einzug des Bankhauses)
Neueres Foto der "Villa Horn"
mit Filiale der Sparkasse
      
       
Das "Haus Spangenberg", bis 1937 Pension der Familie Louis Levy
  Oberhof Haus Spangenberg 016.jpg (67031 Byte) Oberhof Haus Spangenberg 010.jpg (73261 Byte) Oberhof Haus Spangenberg 011.jpg (105230 Byte) Oberhof Haus Spangenberg 015.jpg (57888 Byte)
Anzeige des "Hauses Spangenberg.
 Besitzer: Louis Levy"
Das Haus Spangenberg, in DDR-Zeiten 
"FDJ-Heim Katja Niederkirchner"
Heute im ehemaligen Haus Spangenberg:
 das "Hotel am Schloßberg"
         
 Der Berliner Professor Werner Magnus  (jüdischer Herkunft) ließ am Rand des Golfplatzes 1923/24 für sich und seine Frau ein "Sommerhaus" bauen; 1939 wurde "dem Juden Magnus" vom Bürgermeister der Aufenthalt in Oberdorf untersagt   
 Oberhof Sommerhaus Magnus 010.jpg (102540 Byte)  Oberhof Sommerhaus Magnus 016.jpg (109604 Byte) Oberhof Sommerhaus Magnus 015.jpg (73509 Byte) Oberhof Sommerhaus Magnus 017.jpg (87293 Byte)
 Baupläne für das "Sommerhaus" von 
Prof. Werner Magnus
 Das "Haus Golfeck"
nach 1945
 In stark umgebautem Zustand: neue Aufnahmen des "Hauses Golfeck" 
     
     
Dokumente zu Alexander Lion: die Stationen seines Wirkens in Oberhof 
Oberhof Dr Lion Dok 020.jpg (52684 Byte) Oberhof Dok 061.jpg (38727 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 027.jpg (54223 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 034.jpg (48363 Byte)
Sein 1. und 4. Quartier hatte 
Dr. Lion im "Haus in der Sonne" 
Das 1. Quartier von Dr. Lion: 
das "Haus in der Sonne" - Haupthaus 
"Haus in der Sonne"  
nach 1920   
     
Oberhof Dr Lion Dok 021.jpg (69896 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 022.jpg (82977 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 029.jpg (58983 Byte)
Das ehemalige "Haus in der Sonne", 
heute "Hotel zum Gründl" 
Das 2. Quartier von Dr. Lion: 
"Kurhaus Esplanade",  ehemals Marienbad, 
heute Berghotel Oberhof
Anzeige des "Kurhauses Esplanade" 
(früher Marienbad); oben 
mit Anzeige von Dr. Lion 
  
        
Oberhof Dr Lion Dok 025.jpg (70961 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 023.jpg (53364 Byte) Oberhof Rathaus 030.jpg (159504 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 036.jpg (98582 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 035.jpg (112051 Byte)
 Das ehemalige "Hotel Esplanade" 
heute Berghotel 
 Die 3. Wohnung und Praxis von Dr. Lion 
in der Zellaer Straße, ehem. Pension 
Holland, heute Rathaus (Foto rechts)
 Links: Anzeige für "Hollands Hotel"; 
rechts: Dr. Lion als Sportarzt: genannt 
bei der Meisterschaft von Thüringen 1931    
   
       
Oberhof Dr Lion Dok 026.jpg (41231 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 031.jpg (52684 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 033.jpg (61280 Byte)
Dr. Alexander Lion mit Frau und 
Tochter in Oberhof
Dr. Lion in Oberhof, wahrscheinlich 
mit Sohn und Tochter
Dr. Lion (weiße Mütze) als Arzt der 
Freiwilligen Sanitätskolonne Oberhof 
Oberhof Dr Lion Dok 030.jpg (67565 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 032.jpg (41208 Byte)   Oberhof Haus Sonne 030 .jpg (117661 Byte)
Das 4. Quartier von Dr. Lion war beim "Haus in der  Sonne" im Pferdestall 
(auf Foto links rechtes Gebäude; auf Foto rechts links Gebäude; inzwischen 
abgebrochen für Garagenneubau)
  Heutiger Garagenneubau an Stelle
des ehemaligen Pferdestalles des 
"Hauses in der Sonne"
       
Oberhof Dr Lion Dok 024.jpg (72301 Byte) Oberhof Dr Lion Dok 028.jpg (77636 Byte)   
Dr. Lion wird 1933 aus dem 
Thüringer Wintersport-Verband, 
Ortsgruppe Oberhof entlassen
Schreiben des Bürgermeisters an 
Dr. Lion am 7. Dezember 1938 
    
     
     

    
     

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Oberhof 
bulletBericht über "Ostern 1938" (gemeint Pessachfest) in Oberhof auf einer Seite der Kulturwerkstatt Bamberg   (pdf-Datei)    

Literatur:  

bulletRolf Hackel: Juden in Oberhof. In: Juden in Südthüringen (Hrsg. von Hans Nothnagel). Bd. 6: Über jüdisches Leben im mittleren Werra- und Rennsteiggebiet. Suhl 1999 S. 165-179. 
bulletders.: Oberhof. Vom Hospiz der Johanniter zur Stadt am Rennsteig. Geschichte und Landschaft Oberhof - ein Zentrum des Wintersports. Wandern im Herzen des Thüringer Waldes. Zella-Mehlis / Meiningen 1993.      
bulletIsrael Schwierz: Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen. Eine Dokumentation - erstellt unter Mitarbeit von Johannes Mötsch. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen ( www.lzt.thueringen.de) 2007. Zum Download der Dokumentation (interner Link). Zu Oberhof: S. 202.      
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Band 8 Thüringen. Frankfurt am Main 2003. S. 255. 

     
     n.e.            

                   
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Stand: 30. Juni 2020