Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Polch (VG Maifeld, Kreis Mayen-Koblenz) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Kennkarte aus der NS-Zeit   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In Polch bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40 (allerdings konnte bisher noch kein Beleg zur Bildung einer Synagogen-Gemeinde gefunden werden, nur Statuten eines Synagogenvereins; Hinweis von Stefanie Maltha vom 2.1.2013). Die Entstehung der Gemeinde geht in die Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts zurück. Erstmals wird 1790 ein Jude in Polch genannt (Levy Hirsch). 

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1808 30 jüdische Einwohner, 1828 32, 1848 39 in 8 Familien, 1850 48, 1858 39, 1867 50, 1871 49, 1880 55, 1889 68, 1895 58, 1912 84.

Bei den 1808 genannten Personen handelte es sich um Jakob Lehmen mit drei Kindern, Michael Hirsch mit Frau Adelheit und vier Kindern, Moyses Anschel mit Frau Helene und acht Kindern, Michel Anschel, Salomon Hirtz mit Frau Sara und fünf Kindern. 
  
Mitte des 19. Jahrhunderts verdienten die Familienvorsteher den Lebensunterhalt als Händler (6), Krämer (1) und als Handwerker (1848 wird ein Schuster genannt). 

An Einrichtungen bestand eine Synagoge (s.u.). Zeitweise wurde vor Ort jüdischer Schulunterricht - wahrscheinlich in privaten Räumen - erteilt (nach Mitteilung von Stefanie Maltha vom 2.1.2013 gibt es allerdings einen Ablehnungsbescheid des Landrates für jüdischen Unterricht von 1908). Ein rituelles Bad konnte noch nicht gefunden werden; möglicherweise war ein solches in einem der jüdischen Privathäuser vorhanden (doch liegt hierfür nach Mitteilung von Stefanie Maltha noch kein Nachweis vor). Die Toten der Gemeinde wurden bis 1868 im jüdischen Friedhof bei Wierschem, dann im jüdischen Friedhof in Mertloch beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert vermutlich zeitweise ein jüdischer Lehrer angestellt, der zugleich als Kantor und Schochet tätig war. Ansonsten erteilten auswärtige jüdische Lehrer den Religionsunterricht der Kinder.   
 
Um 1924, als in der Gemeinde 72 jüdische Einwohner gezählt wurden, waren die Gemeindevorsteher Ferdinand Faber und Simon Levy II. Als Schochet wird Hermann Hirsch genannt. Die damals sieben schulpflichtigen jüdischen Kinder erhielten ihren Religionsunterricht durch Lehrer Albert Levy aus Mayen. 1932 waren die Gemeindevorsteher Benno Faber (1. Vors.) und Siegmund Herz (2. Vors.). Als Schriftführer war Leo Hirsch tätig. Im Schuljahr 1931/32 waren nur zwei Kinder in Religion zu unterrichten. An jüdischen Vereinen bestand - gemeinsam mit der Gemeinde in Münstermaifeld - ein Israelitischer Wohltätigkeitsverein e.V. (1932 unter Leitung von Fritz Dewald in Münstermaifeld; Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattungswesen).        

1933 lebten noch 44 jüdische Personen in Polch.
In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (USA, Palästina, Südafrika). 1936 wurden jedoch noch 40 jüdische Einwohner gezählt. Die letzten acht jüdischen Einwohner wurden 1941/42 von Polch aus in verschiedene Lager (Ghetto Theresienstadt oder eines der Vernichtungslager) deportiert. 1942 sind zuletzt die Eheleute Max Haas und Simon Levy nach Auschwitz deportiert worden.       
  
Von den in Polch geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ernst Anschel (1913), Isidor Anschel (1881), Jakob Anschel (1873), Moritz Anschel (1878), Wilhelm Anschel (1907), Emma Anschel (1907), Emma Bender geb. Herz (1891), Johanna Faber (1871), Max Haas (1870, siehe Kennkarte unten), Rosa Haas geb. Levy (1875), Franziska Herz (), Josef Herz (1898), Mathilde Herz geb. Herz (1880), Albert Hirsch (1884), Rosa Josef geb. Anschel (1880), Frieda Kerp geb. Herz (1895), Emmi Knappe geb. Levy (1891), Blondine Levy geb. Haas (1872), Simon Levy (1870), Bertha Mayer geb. Herz (1889).       
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde     

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Polch gefunden.    

     

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte des zeitweise in Polch
 wohnhaften Max Haas
 
 Ruelzheim KK MZ Haas Max.jpg (85472 Byte)   
  Kennkarte (Mainz 1939) für Max Haas (geb. 23. Dezember 1870 in Rülzheim), Kaufmann, 
wohnhaft in Polch, Mainz und Saarbrücken; am 27. Juli 1942 deportiert ab Trier - Köln 
in das Ghetto Theresienstadt, wo er am 21. August 1942 umgekommen ist  
 
 

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge          
   
Zunächst war eine Betstube vorhanden, die sich 1850 im Haus des Benjamin Aschel in der Kirchstraße befand.
 
1867 konnte die jüdische Gemeinde für 400 Taler ein Grundstück in der heutigen Ostergasse erwerben. Da zum Bau einer Synagoge jedoch die Mittel noch fehlten, zog sich dieser bis 1877 hin. Nach einem Kostenvoranschlag waren 2.100 Taler für eine den Bedürfnissen der Gemeinde angemessene Synagoge notwendig. Die politische Gemeinde gab einen Zuschuss von 450 Taler. 1874 fehlten noch weitere 450 Taler, die teilweise jedoch durch eine in den jüdischen Gemeinden der Rheinprovinz durchgeführte Kollekte gesammelt werden konnten. 1876/77 wurde der Bau durchgeführt; die Einweihung erfolgt 1877. 
  
1927 konnte die Gemeinde das 50-jährige Jubiläum der Synagoge feierlich begehen.
  
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von einem Rollkommando der Mayener SA angezündet. Durch den Einsatz der freiwilligen Feuerwehr Polch konnte eine Zerstörung verhindert werden. Es war vor allem die Empore durch den Brand vernichtet worden. Am 17. Januar 1940 musste das Synagogengebäude an die politische Gemeinde verkauft werden. 
   
Nach Abschluss des Restitutionsverfahrens 1953 kam das Gebäude wiederum in den Besitz der Ortsgemeinde, die es bis 1980 als Lagerraum verwundete. Bemühungen der Orts- und Verbandsgemeinde führten dann allerdings dazu, dass das Gebäude von 1981 bis 1983 restauriert und seit der feierlichen Einweihung 1984 für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Auf der neu eingebauten Empore wird in einer Dauerausstellung über die Geschichte der jüdischen Gemeinde und die Synagoge informiert.  
  
Bei einem Erdbeben vor 2010 (Polch war bereits mehrfach Epizentrum von lokalen Erdbeben) entstanden erhebliche Risse im Deckengewölbe des Synagogengebäudes. Dadurch war eine langwierige Sanierung des Gebäudes erneut notwendig. Bei dieser musste auf Grund der stets vorhandenen Feuchtigkeit im Bereich des Synagogengrundstückes auch die Gründung freigelegt und abgedichtet werden. Im April 2014 wurde diese neuerliche Sanierung abgeschlossen. 
Vgl. Artikel von Heinz Israel in der "Rhein-Zeitung" vom 30. April 2014: "Polcher Synagoge langwierig saniert".      
  
  
Adresse/Standort der Synagoge            Ostergasse 11 
   
   
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 27.08.2009)  

Polch Synagoge 170.jpg (124297 Byte) Polch Synagoge 171.jpg (120517 Byte) Polch Synagoge 173.jpg (104965 Byte)
Blick auf das von charakteristischem Krotzenlavamauerwerk geprägte 
Synagogengebäude, rechts des Eingangs die Gedenkstätte mit den 
Namen der umgekommenen Polcher Juden
Hinweistafel: "Ehemalige Synagoge - erbaut
 1877. Durch Brandlegung in der
 Reichspogromnacht (9./10. Nov. 1938)
 beschädigt. Von der Gemeinde Polch 
erworben und 1983/84 restauriert."
 
     
Polch Synagoge 176.jpg (103458 Byte) Polch Synagoge 175.jpg (85910 Byte) Polch Synagoge 172.jpg (64950 Byte)
Fensterrosette über Eingangsportal mit
 Portalinschrift aus Psalm 95,6: "Kommt,
 lasst uns anbeten und knien und niederfallen
 vor dem Herrn, der uns gemacht hat" sowie
 nicht mehr präzise lesbares Baudatum
Auf dem Gedenkstein sind die 
Personen genannt, die von Polch aus
 deportiert und ermordet wurden.
Schaukasten mit Ankündigung 
von Veranstaltungen 
  
   
        
Polch Synagoge 178.jpg (62686 Byte) Polch Synagoge 179.jpg (48194 Byte) Polch Synagoge 184.jpg (57479 Byte)
Im Betsaal - Blick zum 
ehemaligen Toraschrein
Der Standort des 
ehemaligen Toraschreines
Original erhaltene Bemalung über dem
 Standort des ehemaligen Toraschreines
     
Polch Synagoge 181.jpg (70259 Byte) Polch Synagoge 177.jpg (87386 Byte) Polch Synagoge 190.jpg (60281 Byte)
Blick vom Betsaal zur Frauenempore 
mit der Fensterrosette
Deckengewölbe 
mit Rankenmalerei
Blick von der Frauenempore zum Standort 
des ehemaligen Toraschreines
     
Polch Synagoge 193.jpg (71673 Byte) Polch Synagoge 191.jpg (64420 Byte)  
Blick aus dem ("maurischen") 
Fenster der Frauenempore
Die Fensterrosette über dem Eingang - 
von der Frauenempore aus gesehen
 
      
Polch Synagoge 185.jpg (61984 Byte) Polch Synagoge 188.jpg (69500 Byte) Polch Synagoge 189.jpg (70187 Byte)
Beitrag zum Schülerwettbewerb der
 Bundeszentrale für politische Bildung 2003:
 "Spuren des Nationalsozialismus in Polch" -
 Projekt der 10. Klasse der Hauptschule 
in Polch.
Die Dauerausstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Polch und ihrer Synagoge
  
  
     

   
   
Links und Literatur

Links:

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Website der Stadt Polch  

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Website der VG Maifeld  

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Video zur Synagoge bei "Deutschlandreporter.de"   

Literatur:  

bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 314-316 (mit zahlreichen weiteren Literaturangaben). 

   
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Polch  Rhineland. The Jewish population was about 20 in the first quarter of the 19th century, growing to 68 in 1889. At the turn of the 19th century, the Jewish population was 60-70 and in 1933 it was 44. Twenty-four Jews emigrated by 1941 and 15 moved to other localities in Germany. The last five Jews were deported to the east in 1942. At least seven perished in the Holocaust. The synagogue (built in the mid-19th century) was vandalized on Kristallnacht (9-10 November 1938).  
         
           

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013