Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Binau (Neckar-Odenwald-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Persönlichkeiten  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen        
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)        
     
In Binau bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. oder Anfang des 18. Jahrhundert zurück. 
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 113 jüdische Einwohner (34,8 % von insgesamt 325 Einwohnern), 1839 mit 146, 1875 87 (21,1 % von 412), 1900 57 (13,2 % von 431), 1910 40 (10,2 % von 392). Die Familien lebten bis Mitte des 19. Jahrhunderts überwiegend vom Viehhandel. 
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule mit Lehrerwohnung, ein rituelles Bad (auf Anwesen Alte Dorfstraße 35) und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise (im 19. Jahrhundert) ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungstexte unten und Bericht über den Lehrer Karl Kaufmann, der bis 1841 Religionslehrer in Binau war; bis 1855 Lehrer S. Lippschütz, um 1881 J. Rosenthal). Später wurde der Religionsunterricht durch auswärtige Lehrer erteilt. 1827 wurde die Gemeinde dem Bezirksrabbinat Mosbach zugeteilt. 
 
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1881/1901 A. Würzburger.
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Zacharias Würzburger (geb. 13.8.1883 in Binau, vor 1914 in Hirschhorn am Neckar wohnhaft, gef. 16.8.1915).   
 
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handelsbetrieben im Besitz jüdischer Personen gab es unter anderen: Stoffladen Samuel Eisemann (Reichenbucher Straße 12), Viehhandlung Karl Kaufmann (Alte Dorfstraße 16), Viehhandlung Willi Kaufmann (Alte Dorfstraße 20), Viehhandlung Fam. Edheimer (Reichenbucher Straße 3), Kleinviehhandlung Jakob Würzburger (Reichenbucher Straße 5).
 
Um 1924, als der Gemeinde noch 28 Personen angehörten (6,9 % von 389 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Heinrich Würzburger, H. Edheimer (gest. 1929 siehe Bericht unten) und Karl Kaufmann. Den Religionsunterricht der damals drei schulpflichtigen jüdischen Kinder in Binau erteilte Lehrer Elieser Zeilberger aus Heinsheim. 1932 waren die Gemeindevorsteher Heinrich Würzburger (1. Vors.) und Karl Kaufmann (2. Vors.).
   
1933 wurden noch 20 jüdische Einwohner gezählt. Auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts sind in den folgenden Jahren mehrere Familien emigriert beziehungsweise in andere Orte verzogen. Die Familien Moritz Jesselsohn und Wilhelm Kaufmann sowie Joseph Eisemann konnten in die USA emigrieren. Sechs jüdische Einwohner zogen in andere Orte in Deutschland. Der langjährige Gemeindevorsteher Heinrich Würzburger starb 1938. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge beschädigt, fünf jüdische Männer danach in das KZ Dachau verschleppt. Die letzten sieben jüdischen Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich deportiert. Von ihnen ist 1942 Albert Kaufmann im Lager Récébédou umgekommen, Lina Edheimer im Hospital in Pau, Karl Kaufmann in Gurs. Seine Frau Rosa überlebte den Krieg in französischen Lagern und ist nach 1945 in die USA ausgewandert. Adolf Edheimer, Fanny und Samuel Eisemann wurden im August 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.  
 
Von den in Binau geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Jette Bär geb. Strauss (1881), Adolf Edheimer (1895), Lina Edheimer geb. Stammhalter (1867), Fanny Eisemann geb. Stengel (1886), Samuel Eisemann (1880), Berta Fridenberg geb. Jesselsohn (1882), Karoline Heyum geb. Würzburger (1874), Babette Hirschler geb. Eisemann (1858), Sophie Joachimsthal geb. Kaufmann (1872), Heinrich Hugo Kaufmann (1878), Karl Kaufmann (1866, Foto des Grabsteines in Gurs siehe unten), Johanna (Hannchen) Marx geb. Würzburger (1862), Lina Ottenheimer geb. Würzburger (1872), Babette Reinmann geb. Kaufmann (1874), Sophie Rosenthal geb. Würzburger (1855), Babette Würzburger geb. Wassermann (1869), Berta Würzburger (1896), Hermann Würzburger (1857), Hermann Würzburger (1867), Hilda Würzburger geb. Dreifuss (1903), Meier Würzburger (1861), Max Würzburger (1873).  
  
  
Spuren der Verfolgungszeit 1933 bis 1945. Im Binauer Schloß war von Dezember 1944 bis April 1945 die Verwaltung des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler/Elsass untergebracht.  
     
     
     
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde                  
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1855 / 1884 / 1885 / 1887 / 1889 / 1890 

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 28. März 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen). "Durch Ableben des israelitischen Hauptlehrers S. Lippschütz in Neckarbinau, ist die zur 1. gesetzlichen Klasse gehörige Schulstelle bei der genannten israelitischen Gemeinde, mit welcher ein fester Gehalt von 175 gl., ein Schulgeld von 48 kr. für jedes Kind, freie Wohnung oder der gesetzliche Wertanschlag für solche, sowie der Vorsängerdienst mit den davon abhängigen Gefallen verbunden ist, in Erledigung gekommen.    
Die berechtigten Bewerber um diese Stelle werden daher aufgefordert, nach Maßgabe der Verordnung vom 7. Juli 1836, unter Anfügung ihrer Aufnahmescheine und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel durch ihre Schulvisitaturen bei der Großherzoglichen evangelischen Bezirksschulvisitatur Mosbach, binnen 6 Wochen sich zu melden."     
 
Binau Israelit 14081884.jpg (66815 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. August 1884: "Auskündigung 
einer Religionsschul-Stelle. 
Die mit einem festen jährlichen Gehalte von 650 Mark, freier Wohnung, dem Vorsänger- und Schächterdienst mit den daran abfließenden Gefällen von ca. 150 Mark bei der israelitischen Gemeinde Binau am Neckar, diesseitigen Rabbinatsbezirks verbundene Religionsschul-Stelle ist vom 5. kommenden Monats an, wieder neu zu besetzen. Berechtigte Bewerber - Polen und Russen werden nicht berücksichtig - wollen ihre diesbezüglichen Zeugnisse binnen 3 Wochen portofrei anher einsenden. 
Mosbach a.N. (Baden), 11. August 1884. 
Das Großherzogliche Bezirksrabbinat: S. Weil."
 
Binau Israelit 24081885.jpg (70551 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. August 1885: "Bei der israelitischen Gemeinde Binau am Neckar diesseitigen Rabbinatsbezirks ist die Religionsschul- Vorsänger- und Schächterstelle mit einem festen Jahresgehalte von 500 Mark freier Wohnung und ca. 200 Mark Nebengefällen sofort wieder zu besetzen. 
Berechtigte Bewerber wollen unter Beifügung amtlich beglaubigter Zeugnisse über ihre bisherige Lehrtätigkeit sowie der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel ihre desfallsigen Bewerbungseingaben alsbald bei unterfertigter Stelle einreichen. 
Mosbach, 19. August 1885. Das Großherzogliche Bezirksrabbinat: S. Weil."
 
Binau Israelit 03111887.jpg (52816 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1887: "Vakanz
Die Religionsschullehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle in Neckarbinau, mit einem festen Gehalte von Mark 600, freier Wohnung und Nebeneinkommen von ca. Mark 200, soll sofort besetzt werden. Geeignete Bewerber, unter denen diejenigen ledigen Standes bevorzugt werden, wollen ihre mit Zeugnisabschriften belegten Gesuche alsbald an den Unterzeichneten einsenden. 
Mosbach, 31. Oktober 1887. Große Bezirks-Synagoge Dr. Löwenstein
 
Binau Israelit 14011889.jpg (51293 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14 Januar 1889: "Vakanz
Die mit einem festen Gehalte von 600 Mark, freier Wohnung und einem Nebeneinkommen von etwa 200 Mark verbundene Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle in Neckarbinau soll sofort besetzt werden. Geeignete Bewerber wollen ihre mit Zeugnisabschriften belegten Gesuche alsbald an uns gelangen lassen. 
Mosbach (Baden), 9. Januar 1889. Große Bezirks-Synagoge: Dr. Löwenstein."
 
Binau Israelit 05061890.jpg (52772 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1890: "Vakanz
Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle in Neckarbinau mit einem festen Gehalte von Mark 600, freier Wohnung und einem Nebeneinkommen von etwa Mark 200 ist sofort zu besetzen. Geeignete Bewerber wollen ihre Meldungen unter Abschluss von Zeugnisabschriften baldigst an uns einsenden. 
Mosbach (Baden), 29. Mai 1890. Die Bezirkssynagoge: Dr. Löwenstein."
   
Binau Israelit 25091890.jpg (51895 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1890: "Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schochetstelle ist per sofort zu besetzen. Fixes Gehalt 700 Mark bei freier Wohnung. Nebeneinkünfte ca. 200 Mark. Ledige Bewerber, jedoch nur deutscher Abstammung, wollen ihre Zeugnisse an den unterzeichneten Synagogenrat oder auch an das Bezirksrabbinat Mosbach einsehen. 
Binau in Baden, 21. September 1890. Der Synagogenrat: Würzburger, Vorstand, Eisemann." 

       
Lehrer Karl Kaufmann wechselt von Binau nach Rohrbach (1841)                

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1841 S. 1109 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Dienst-Nachrichten. Die bei erfolgender Vakatur des Vorsängerdienstes mit diesem zu vereinigende Lehrstelle an der neu konstituierten öffentlichen israelitischen Schule in Rohrbach, Amtsbezirks Hoffenheim (Sinsheim), wurde dem bisherigen Religionsschullehrer, Schulkandidaten Karl Kaufmann von Neckarbinau, übertragen".     

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Zur diamantenen Hochzeit von Feist Eisemann und Babette geb. Eisemann (1904)

Binau FrfIsrFambl 07101904.jpg (45516 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. Oktober 1904: "Binau (Baden), 5. Oktober (1904). Gestern feierten Herr Feist Eisemann und dessen Ehefrau Babette geb. Eisemann, das seltene Fest der diamantenen Hochzeit, der Jubilar zählt 88, die Jubilarin 80 Jahre und erfreuen sich beide noch der besten Gesundheit. Das Fest, welchem ein großer Familienkreis beiwohnte, vollzog sich im Gasthaus 'Zum Hirsch', woselbst vor 60 Jahren die Vermählung stattfand."

  
Zum Tod von Isaak Edheimer (1907)

Binau Israelit 18041907.jpg (21750 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April (1907): "Binau, 12. April. Heute nacht starb hier der 91jährige Isaak Edheimer. Er fühlte sich bis auf die letzte Zeit vollständig wohl. Mit ihm wird wohl der älteste Mann in hiesiger Gegend zu Grabe betragen."    

   
Zum Tod von Minna Eisemann geb. Böttigheimer (1928)
  

Binau Israelit 25101928.jpg (89998 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1928: "Binau bei Mosbach (Baden), 20. Oktober (1928). In der Nacht zum Fest Hoschana Rabba (Nacht zum 5. Oktober 1928) wurde im Alter von 82 Jahren Frau Minna Eisemann geb. Böttigheimer, in die Ewigkeit abberufen. Aufgewachsen in einer frommen Umgebung in Kleineicholzheim, war sie ihr Leben lang erfüllt von jüdischem Fühlen und Denken. Besonders bedacht war sie auf die religiöse Einstellung der Kinder und Enkelkinder. Trotz Abratens ließ sie es sich nicht nehmen, am letzten Jom Kippur (24. September 1928) noch zu fasten. Ihr Heimgang bedeutet für die ohnehin kleine Gemeinde einen besonderen Verlust, gehörte die Verstorbene doch noch zu jenem alten Schlage der wirklich edlen, rechtschaffenen, echt jüdischen Frauen. Die Beisetzung fand an 'Simchas Tora' (7. Oktober 1928) statt und musste daher jede Klage und jeder Nachruf unterbleiben. Alle, die sie kannten, werden aufrichtig sagen können, das Andenken einer Gerechten ist zum Segen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

    
Zum Tod von H. Edheimer, langjähriger Gemeindevorsteher (1929)

Binau Israelit 14021929.jpg (81484 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1929: "Binau bei Mosbach, 9. Februar (1929). Einen echten jüdischen Mann, dessen Heimgang allerwärts tief betrauert und beklagt wird, haben wir zu Grabe getragen, Edheimer, der ein Menschenalter hindurch die Geschicke der Gemeinde Binau geleitet hat. Dank seiner ungewöhnlichen jüdischen Kenntnisse war er der Gemeinde 25 Jahre lang Führer und ehrenamtlich Chasan (Vorbeter) und Baalkaure. Für unsere so sehr geschwächte Gemeinde ist dieser neue Verlust unerträglich. Sein tiefgründiges Allgemeinwissen setzten ihn in den Stand, der Gemeindeverwaltung zu dienen, kein Wunder, dass man hier wohl seit Menschengedenken keine so große Lewajoh (Beerdigung) mehr gesehen hat. Die Witwe und drei Kinder betrauern nun den edlen Mann, den vorbildlichen Gatten und Vater. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

     
Erinnerung an die Deportation in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober 1940: Foto des Grabsteines in Gurs für Karl Kaufmann      

Binau Gurs BK 020.jpg (191427 Byte)Grabstein im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs für 
Karl Kaufmann, 
geb. am 10. Juli 1866 in Binau, wohnhaft in Binau,  
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 3. Januar 1942 umgekommen ist.      

  
  
Persönlichkeiten 
Über den Kantor Selig Scheuermann  
 
Selig Scheuermann (1873 Binau - 1935 Frankfurt a.M.), 1910 erster Kantor an der neuen Synagoge Frankfurt (Westendsynagoge), 1926 Oberkantor ebd., veröffentlichte auf dem Gebiet synagogalen Gesangs.
     
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
Anzeige von Siegfried Jesselsohn (1901)

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. August 1901: "Bäckergeselle 
sucht dauernde Stellung. 
Siegfried Jesselsohn,
Binau, Baden."   

    
    
    
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge           
    
Bereits um 1770 war eine jüdische Gemeinde mit einer Synagoge beziehungsweise einem Betsaal vorhanden. Am 18. Mai 1778 wandten sich die Gemeindevorsteher an das Hochgräfliche Amt mit der Bitte um Genehmigung eines mit dem Rabbiner Samuel Moises in Heinsheim abgeschlossenen Vertrages. Dieser verpflichtete sich, für 2 Gulden 24 Kreuzer jährlich zweimal nach Binau zu kommen und eine Predigt zu halten. Bei religiösen Zeremonien wie einer Hochzeit kamen die Binauer zum Rabbiner nach Heinsheim. Damals (1782) lebten sieben jüdische Familien in Binau. Mit den über älteren Söhnen und in manchen Familien zusätzlich vorhandenen Knechten war die für Gottesdienste notwendige Zehnzahl der Männer vorhanden.    
  
Die Synagoge beziehungsweise das Haus mit dem Betsaal war 1792 in einem baufälligen Zustand und musste abgebrochen werden. Im März dieses Jahres richtete die jüdische Gemeinde, nachdem bereits mit dem Bau einer neuen Synagoge begonnen worden war, an den Grafen Riaucour die Bitte um einen Zuschuss zum Bau der neuen Schule (Synagoge).  

Am 28. März 1792 richtete die jüdische Gemeinde Binau an den Grafen Riaucour die Bitte um eine Beisteuer zum Bau ihrer neuen Schule (Synagoge): "Es wird Euer Hochgräflichen Excellenz noch gnädigst bekannt seyn, wie baufällig unsere Schule gewesen und wie sehr wir uns alle vor deren täglichem Einsturz zu fürchten hatten. Diesem Ruin, der bey Christen und Juden das größte Unglück hätte verursachen können, mußten wir zuvorkommen und die Hütte von Grund aus wegreißen lassen. 
Um eine neue Juden-Schule aufbauen zu können, wendeten wir alle unsere Kräfte an und gingen mit einem authentisirten Collectenbuch auswärts collectiren. Wir brachten auch bey unseren jüdischen Mitbrüdern eine artige Beysteuer zusammen, die aber noch lange nicht zulänglich, unser Vorhaben auszuführen. Wir entlehnten daher noch einige Hundert Gulden aus der Nachbarschaft und sezten unser Bauwesen durch hülfreiche Hand unseres Herrn Amtsmanns mit allem Eifer fort. Der bemelte Bau ist auch vom Zimmermann schon ziemlich hergestellt und wird sehr artig. Es fehlt uns aber noch an manchen Stücken, die zu unserem Gottesdienst und zur Vollendung unserer Schule äußerst nöthig, die wir aber aus unseren eigene Mitteln zu bestreiten unvermögend sind. 

Wir nehmen uns daher die Freyheit, Euer Hochgräfl. Excellenz in tiefer Submission anzuflehen, uns zu unserem angefangenen Schulbau, in welchem der Allmächtige verehrt und angebetet werden soll, eine milde Beysteuer gnädigst zufließen zu lassen. Diese uns erzeigende Hohe Milde werden wir mit unterthänigstem Dank erkennen und in diesem neuen Gotteshaus ein Gebet zu Gott schicken, daß er seine Segens-Ströme auf das ganze Hochgräfliche Haus noch vi

Wir nehmen uns daher die Freyheit, Euer Hochgräfl. Excellenz in tiefer Submission anzuflehen, uns zu unserem angefangenen Schulbau, in welchem der Allmächtige verehrt und angebetet werden soll, eine milde Beysteuer gnädigst zufließen zu lassen. Diese uns erzeigende Hohe Milde werden wir mit unterthänigstem Dank erkennen und in diesem neuen Gotteshaus ein Gebet zu Gott schicken, daß er seine Segens-Ströme auf das ganze Hochgräfliche Haus noch viele Jahre fließen lassen wollte! Wir werden auch diese uns gnädigst zugehende Wohlthat durch ein aufgestelltes Denkmahl in unserer neuen Schule verewigen.
Benedict Wolf, Hertz Wolf, Moses Joseph, Liebman Issack, Mosis Joseph Wolf, Joseph Cafel ledig, Vigter Issacc.       
    
Aus den Akten des Schlossarchivs Binau zitiert im Heimatbuch Binau (s. Lit.) S. 186-187.

Bei der neuen Synagoge handelte es sich um das Haus in der Reichenbucher Strasse 7. In diesem Gebäude wurden auch eine Wohnung für den Lehrer und Vorsänger der Gemeinde sowie ein Zimmer für den Unterricht der Kinder eingerichtet. Während der napoleonischen Kriege um 1810 wurde die Synagoge auch für Einquartierungen von Soldaten benützt, was zu längeren Diskussionen führte, da die Kirche am Ort nicht für Einquartierungen verwendet wurde. Die jüdische Gemeinde argumentierte, dass dies gegen die Freiheit der Religionsausübung verstoße, die vom Landesherrn zugesichert sei. Die staatlichen Behörden meinten, dass die Synagoge deswegen für Einquartierungen in Anspruch genommen wurde, weil sie zugleich Wohnung des jüdischen Lehrers sei. Eine kleine finanzielle Entlastung brachte das Jahr 1810 für die Gemeinde insofern, als das bisherige "Judenschulgeld", das in Höhe von 6 Gulden jährlich an die gräfliche Verwaltung zu zahlen war, aufgehoben wurde. 
  
In einem Bericht des Vorstandes des Bezirksamtes Mosbach 1860 werden die Räumlichkeiten im Synagogengebäude als "so schadhaft und ungenügend" beschrieben, dass ein Neubau notwendig sei. Man war der Ansicht, dass die politische Gemeinde zu den Kosten des Neubaues genauso beizutragen habe wie zur Unterhaltung des evangelischen Schulhauses. Die jüdische Gemeinde hatte bereits wieder eine Spendensammlung in Nachbargemeinden begonnen, die allerdings erst 160 Gulden erbrachte. Da ein Neubau auf 4.000 bis 5.000 Gulden geschätzt wurde und die politische Gemeinde nicht mehr als 700 bis 800 Gulden Zuschuss geben würde, verschob man das Vorhaben. Da in den folgenden Jahren auch aus Binau eine starke Aus- und Abwanderung der jüdischen Einwohner einsetzte, hat sich die Frage eines Neubaus mit der Zeit nicht mehr gestellt. Man half sich vermutlich mit gelegentlichen Reparaturen und Instandsetzungen.
 
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gebäude von auswärtigen SA-Leuten beschädigt. Nach 1945 waren hier das Postamt und eine Wohnung untergebracht, inzwischen dient das ganze Haus Wohnzwecken (Reichenbucher Strasse 7).
  
  
  

Fotos 
Historisches Foto (1946): 
(Quelle: H. Rullmann s. Lit. S. 9)   

Binau Synagoge 001.jpg (75741 Byte)

Links: Die ehemalige Synagoge/Judenschule in Binau 1946. Im ersten 
Stock befand sich der Betsaal (an den Fenster erkennbar); das Gebäude 
steht vermutlich unmittelbar vor dem Umbau. 

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) 
Binau Synagoge 001.jpg (65340 Byte) Binau Synagoge 002.jpg (68110 Byte)
   Von der ehemaligen Synagoge Binau sind äußerlich keinerlei Spuren mehr erkennbar.
 Im Vergleich mit dem Foto oben ist immerhin der Eingangsbereich mit der 
hohen Treppe (9 Stufen) geblieben. 
   
Fotos 2003 
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 22.10.2003) 
Binau Synagoge 151.jpg (49191 Byte) Binau Synagoge 150.jpg (51981 Byte)
         
    
Foto 2010 
(Foto: Michael Ohmsen, Aufnahme vom
 September 2010; Foto in höherer 
Auflösung über die 
Website von M. Ohmsen
Binau Synagoge 875.jpg (51398 Byte)
   

    
      

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Binau  
bullet Liste der 1815 in Binau wohnenden jüdischen Einwohnern (mit alten und neuen Familiennamen): hier anklicken  

Literatur:  

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 45-46.   
bulletDie Binauer Juden. In: Ernst Brauch (Hg.) Binau, Kleinod am Neckar. Binau 1969. S. 181-188.  
bulletHarald Rullmann: Binau und seine Menschen in alten Aufnahmen. Horb am Neckar 2002.  
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 271-272.     
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.  

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Binau  Baden.  Jews were present by the late 18th century. A synagogue was built in 1790 and a Jewish elementary school was opened in 1835, with the Jewish population reaching a peak of 146 in 1842 and then dropping steadily to 20 in 1933 (total 390). In 1936 and on Kristallnacht (9-10 November 1938) the synagogue was vandalized and five Jews were detained in Dachau. Ten left for the United States in 1936-39 and the last seven were deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940.  
  
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020