Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Fechenbach mit Reistenhausen (Gemeinde Collenberg, Kreis Miltenberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Leonhard Scherg, Marktheidenfeld)

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte      
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Fechenbach bestand eine jüdische Gemeinde bis zum Januar 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück. Möglicherweise lebten auch bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Juden in Fechenbach und im benachbarten Reistenhausen. Die damalige Herrschaft beider Dörfer, die Rüdt von Kollenberg, hatten von Kaiser Ludwig im Jahr 1345 das Judenregal zu Leben mit dem Recht zur Niederlassung von vier jüdischen Familien erhalten.  
    
Die jüdische Ansiedlung in Fechenbach (und Reistenhausen) dürfte jedenfalls die erste der gesamten Umgebung gewesen sein. Eberhard Rüdt von Kollenberg, Dorfherr von Fechenbach und einer Hälfte von Reistenhausen erhielt 1555 erneut das Privileg von Kaiser Karl V., Juden in seinen Dörfern aufzunehmen (privilegium recipiente Judaeos).  Ein "Juden Gartten", womit wohl der Friedhof in Reistenhausen gemeint ist, ist schon in der Dorfordnung von Reistenhausen aus dem Jahr 1542 belegt. Am Judenschutz hielten auch die nach einer Zwischenzeit anerkannten Nachfolger der Rüdt von Kollenberg, die Freiherrn von Reigersberg, ab 1645/48 bzw. 1677 bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts fest. Die jährlichen Einnahmen aus dem Judenschutz in Reistenhausen und Fechenbach wurden 1706 mit 20 fl. und aus dem "Judenbegräbnis zu Reistenhausen" auf 5 fl. verzeichnet. 
  
1671 lebten in Fechenbach und Reistenhausen zusammen 20 jüdische Familien, wobei damals 18 Familien in Reistenhausen gemeldet waren und erst zwei Einzelpersonen in Fechenbach. Damals war die Hauptgemeinde Reistenhausen, im 19. Jahrhundert war es umgekehrt, als die letzten noch in Reistenhausen lebenden jüdischen Familien zur Gemeinde in Fechenbach gehörten. 1826 gab es keinen jüdischer Haushalt mehr in Reistenhausen.     
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner in Fechenbach wie folgt: 1814 68 jüdische Einwohner (10,1 % von insgesamt 672 Einwohnern), 1837 70 (8,2 % von 850), 1867 61 (8,0 % von 761), 1871 51 (6,6 % von 774), 1880 32 (4,1 % von 790), 1899 32 (in acht Haushaltungen), 1910 32 (3,6 % von 881). 
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Fechenbach und dem dazugehörigen Reisenhausen auf insgesamt 12 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): in Fechenbach Magul Schmul Bergmann (Hausierhandel), Hinla, Witwe von Götz Frey (Handarbeit), Leser Seligmann Kaufmann (Hausier-, auch Lederhandel), Magul Nehm Name (Makler), Leser Seligmann Selig (Hausier- und Viehhandel), Benjamin Löser Selig (Hausier- und Viehhandel), Joseph Hersch Straus (Hausierhandel), Nathan Hersch Straus (Hausierhandel), Samuel Berle Stern (Hausieren und Viehhandel), Hinle Berle Stern (Hausieren und Viehhandel), Leser Berle Rothschild (Hausieren und Viehhandel) und - in Reistenhausen - Goldle, Witwe des Abraham Kolb (Hausierhandel). Keine Matrikelstelle erhielten: Schmul Abraham Elz (ledig), Schullehrer Maier Goldstiker und sein lediger Sohn David Goldstiker.  
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule) und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem Friedhof in Reistenhausen beigesetzt. Letzterer war im Besitz der jüdischen Gemeinde Fechenbach. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war (bis nach der Mitte des 19. Jahrhunderts) ein jüdischer Lehrer (Religionslehrer) angestellt , der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1817 wird als Lehrer Maier Goldstiker genannt. Als weiterer Lehrer in Fechenbach wird in den 1860er-Jahren genannt: um 1863/1868 Simon Buttenwieser (wechselte 1868 nach Rimpar). Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgegangen war, übernahmen spätestens seit der Zeit um 1880 auswärtige Lehrer diese Aufgaben. So wurde 1881 die Religionslehrerstelle in Freudenberg ausgeschrieben mit dem Zusatz: "Durch Erteilung des Religionsunterrichts an die Kinder in Fechenbach kann der Gehalt um 100 M. erhöht werden" (siehe unten). 1885 versucht die jüdische Gemeinde Fechenbach nochmals die Ausschreibung einer eigenen Lehrerstelle (siehe unten), doch ist nicht klar, ob sie damit Erfolg hatte oder ob auch danach der Lehrer aus Freudenberg nach Fechenbach kam. 1891 übernahm nach dem Bericht zur Goldenen Hochzeit des Ehepaares Straus Lehrer Schonunger aus Kleinheubach einen Vortrag. 1892 jedenfalls unterrichtete Lehrer Feuerbach aus Freudenberg die Kinder der Gemeinde. 1894/97 erteilte Lehrer Stern aus Miltenberg den Unterricht, 1898/99 Lehrer Sonn, 1900 Lehrer M. Rosenkranz, beide aus Miltenberg. 1899 waren noch sechs jüdische Kinder in Fechenbach in Religion zu unterrichten. Um 1909/10 wird anlässlich von Spendensammlungen in Fechenbach Lehrer Translateur aus Miltenberg genannt. Sicher hat auch er damals den Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht erteilt. 
 
Die jüdische Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Aschaffenburg
 
Von den jüdischen Vereinen in der Gemeinde werden genannt: anlässlich einer Spendensammlung ("Der Israelit" vom 15. April 1868) ein "Männerverein" und ein "Frauenverein" (Ziele: Wohltätigkeit und Beerdigungswesen).
  
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1879 A. L. Seelig, um 1881 S. Seelig, um 1885 Herr Rothschild, um 1886/96 Herr Blumenthal, um 1897/99 Herr Rothschild, um 1899/1900 L. Lustig, um 1909 L. Strauß. 
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Hugo Strauß (geb. 11.4.1897 in Fechenbach, gest. an der Kriegsverletzung 21.8.1920), Oberjäg. Josef Strauß (geb. 29.11.1886 in Fechenbach, gef. 28.10.1914), Max Strauß (geb. 2.3.1889 in Fechenbach, gef. 14.11.1914).      
     
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 20 Personen gehörten (2,2 % von insgesamt etwa 900 Einwohnern), war (nach dem Bericht von 1931 s.u. "schon über Jahrzehnte") Gemeindevorsteher Leser Lustig (siehe Berichte unten). Als Kantor war (ehrenamtlich) das Gemeindemitglied Max Bergmann tätig. Bereits seit dem 1. Januar 1922 war die Kultusgemeinde Fechenbach eine Filiale der Kultusgemeinde Miltenberg. Den Religionsunterricht der damals zwei schulpflichtigen jüdischen Kindern erteilte Lehrer Abraham Heß aus Miltenberg. Dieser übernahm zugleich die Schechita und weitere religiöse Aufgaben in der Gemeinde (1931 spricht er bei der Beisetzung von Leser Lustig). Nach dem Tod von Leser Lustig Anfang 1931 wurde Leopold Strauss Gemeindevorsteher. 
  
1933 lebten noch 11 jüdische Personen in Fechenbach (1,4 % von 790). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen (Frankfurt a.M., Stuttgart und Aschaffenburg) beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge vernichtet (s.u.). Am 1. Juli 1939 wurden noch zwei jüdische Gemeindeglieder gezählt, die seit Auflösung der Gemeinde zur jüdischen Gemeinde Miltenberg gehörten und Ende 1939 - noch vor Beginn der Deportationen - Fechenbach verließen. 
  
Von den in Fechenbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Abraham Bergmann (1871), Amalie Bergmann (1863) Johanna Bergmann (1917), Ludwig Bergmann (1903), Max Bergmann (1873), Moritz Bergmann (1903), Samuel Bergmann (1870), Bernhard Blumenthal (1882), Moses Freudenreich (1853), Frieda Gusstein geb. Lustig (1890), Jenny Laupheimer geb. Strauß (1894), Mathilde Laupheimer geb. Strauß (1890), Leopold Lustig (1902), Klotilde (Tilla, Tilli) Löwenthal geb. Blumenthal (1873), Meta Rosendahl (1907), Bertha Schild geb. Lustig (1859), Mathilde Seelig (1880), Amalie Veilchenblau geb. Lustig (1864). 
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde    
    
Aus der Geschichte des jüdischen Lehrers und der Schule

Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet (Fechenbach teils Nebenstelle zu Freudenberg; 1881 / 1885 / 1891 / 1894)    
Anmerkung: in den 1880er- und 1890er-Jahren wurden der Unterricht durch den Lehrer aus Freudenberg erteilt. Ob die Ausschreibung der Fechenbacher Gemeinde von 1885 (s.u.) Erfolg hatte, ist nicht bekannt; 1891 war die Stelle wieder zusammen mit Freudenberg ausgeschrieben. Nach 1895 wurde dann der Unterricht durch den Lehrer aus Miltenberg erteilt, wobei es bis nach 1933 geblieben ist.

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. August 1881: "Die hiesige Stelle ist sofort zu besetzen mit einem Religionslehrer, Vorsänger und Schächter.
Die drei Ämter ertragen jährlich fixo Gehalt 500 nebst Nebenverdienste.
Durch Erteilung des Religionsunterrichts an die Kinder in Fechenbach kann der Gehalt um 100 M. erhöht werden.
Russen und Polen werden nicht berücksichtigt.
Freudenberg
in Baden. Der Synagogenrat: Leser Sommer. Feist Sohn, Vorsteher, David Bergmann. "     .  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar 1885: "In der israelitischen Gemeinde Fechenbach, Kreis Unterfranken, ist die Religionslehrerstelle zu besetzen. Gehalt 400 Mark nebst freier Wohnung. Für Nebenverdienste ist Gelegenheit geboten. Nur ledige Bewerber wollen sich melden an Rothschild, Kultus-Vorstand. "     . 
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1891: "Vakanz.
Die mit einem festen Gehalt von 500 M. und den üblichen Nebengefallen verbundene Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle in Freudenberg nebst Filiale Fechenbach (das mehr als 200 M. einträgt), soll sofort besetzt werden. Geeignete Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnisabschriften innerhalb 14 Tagen bei uns einreichen.
Mosbach (Baden), 16. November 1891. Die Bezirkssynagoge: Dr. Löwenstein. "  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Mai 1894: "Lehrerstelle.
Durch Eintritt des bisherigen Lehrers in den Staatsdienst ist die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle in Freudenberg mit einem festen Gehalt von 500 M. und den üblichen Nebengefällen (wozu wahrscheinlich noch die Filiale Fechenbach kommt), sofort zu besetzen. Bewerber wollen ihre Meldungen nebst Zeugnis Abschriften alsbald dem Unterzeichneten zugehen lassen.
Mosbach, den 9. Mai 1894. Die Bezirkssynagoge. Dr. Löwenstein."    

  
  

Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zur Goldenen Hochzeit des Ehepaares Straus (1891)

Fechenbach Israelit 31121891.jpg (120716 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1891: "Fechenbach am Main, 21. Kislew (= 1. Dezember 1891). Ein seltenes Familienfest wurde heute dahier abgehalten. Herr H. und Frau Straus feierten im Kreise ihrer Kinder und Enkel, Freunde und Verwandte ihre goldene Hochzeit. Ein imposanter Zug bewegte sich vom Hause des Jubelpaares zur Synagoge. Diese war beinahe überfüllt, indem die meisten Ortsbewohner, ohne Unterschied der Konfession, ihre herzliche Teilnahme durch ihr Erscheinen bekundeten. Herr Schonunger, Lehrer von Kleinheubach, hielt einen Vortrag über den Psalmvers (Psalm 13,6): 'Ich aber vertraue deiner Huld. Es frohlockt mein Herz ob deiner Güte. Ich will dem Ewigen singen, denn er hat mir wohlgetan."  Der Bürgermeister war sowohl in der Synagoge als auch bei der Festtafel zugegen und brachte einen sehr sinnigen Toast auf das Jubelpaar aus. Auch der Pfarrer sandte dem Jubelpaar eine schöne und herzliche Gratulation. Die Ortsarmen und die Auswärtigen wurden wohl bedacht. Viele Depeschen und Gratulationsschreiben liefen ein. Möge das Jubelpaar auch die diamantene Hochzeit in bester Gesundheit feiern. Mögen beide im höchsten Alter blühen, immer frisch und kraftvoll bleiben. Fr."

   
Zum Tod von Leopold Rothschild  (1916)   

Fechenbach AZJ 21041916.jpg (41382 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. April 1916: "Die Eisenbahndirektion Würzburg teilt mit: Donnerstag, 30. März (1916) vormittags 5 Uhr 40 Minuten wurde der verwitwete 70-jährige Leopold Rothschild von Fechenbach (Main) auf dem Geleise zwischen den Stationen Reistenhausen-Fechenbach und Freudenberg (Main) tot aufgefunden."  
 
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1916: "Nürnberg. Der 70-jährige Leopold Rothschild aus Fechenbach wurde tot auf dem Bahngeleise aufgefunden."  

    
Zum 70. Geburtstag des langjährigen Gemeindevorstehers Leser Lustig (1931) 

Fechenbach BayrGZ 01091931.jpg (56580 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Oktober 1931: "Fechenbach, 14. August 1931. Heute beging Herr Leser Lustig seinen 70. Geburtstag; leider nicht bei vollster Gesundheit, da der Jubilar schon längere Zeit an das Krankenbett gefesselt ist. Nichtsdestoweniger zeigt er noch regesten Anteil und warmes Interesse an allen Obliegenheiten seiner Familie und der Kultusgemeinde, in der er schon über Jahrzehnte das Amt des Vorstandes bekleidet.
Ob seines aufrechten Charakters, seiner rastlosen Energie und als biederer Geschäftsmann erfreut sich der Jubilar nicht nur in der hiesigen Gesamtbevölkerung, sondern darüber hinaus in weitesten kreisen größter Achtung und Wertschätzung. Möge ihm eine baldige Genesung und ein sonniger Lebensabend beschieden sein." 

   
Zum Tod von Leser Lustig (1931)  

Fechenbach BayrGZ 15101931.jpg (40786 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Oktober 1931: "Fechenbach: Herr L. Lustig, über dessen 70. Geburtstag wir jüngst berichten konnten, ist am Zom Gedaljo (= 14. September 1931) in Stuttgart seinem schweren Leiden erlegen. Bei der Überführung nach Fechenbach hatten sich aus Nah und Fern die zahlreichen Freunde des Entschlafenen zu seiner letzten Ehrung eingefunden. Vor dem Trauerhause zeichnete Lehrer Abraham Heß aus Miltenberg ein Lebensbild des Verstorbenen. Im Namen der Familie Lustig nahm Herr Rechtsanwalt Dr. Lustig, München, in bewegten Worten von dem Heimgegangenen Abschied."

   
Der letzte Gemeindevorsitzende Leopold Strauss legt sein Amt nieder (Juli 1937)

Fechenbach Dok 05.jpg (66057 Byte)Letzte Eintragung in dem 1832 begonnenen Synagogenbuch der Gemeinde: "Mit dem heutigen Tage, trete ich als Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Fechenbach zurück. Fechenbach, den 18.7.1937. Leopold Strauss". 
Quelle: Pinkas Hakehillot s.Lit. S. 535.

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige von Spengler Joseph Bergmann (1865)
       

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Februar 1865: "Ein junger Mensch von guter Familie, welcher Lust hat, die Spenglerprofession zu erlernen, kann bei Unerzeichnetem, allwo jüdische Sabbat- und Feiertage nach religiöser Vorschrift gehalten werden, sogleich in die Lehre treten.
Fechenbach am Main bei Stadtprozelten, den 9. Februar 1865.
Josef Bergmann, Spengler. "   

     
Isaak Lustig sucht für seinen Sohn eine Lehrstelle (1898)

Fechenbach Israelit 29091898.jpg (42605 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit " vom 29. September 1898: "Suche für meinen 14jährigen Sohn, der drei Jahre lang eine Realschule mit Erfolg besucht hat, eine Lehrstelle in feinem Manufakturwarengeschäfte, welches Samstags geschlossen ist. Kost und Logis im Hause erwünscht. 
Offerten sind zu richten an Isaak Lustig, Fechenbach am Main, Bayern."   

  
Louis Strauß sucht für seinen Sohn eine Lehrlingsstelle (1902)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. August 1902: "Suche für meinen Sohn, der die Realschule mit gutem Erfolge absolviert hat, eine Lehrlingsstelle in einem größeren Bankgeschäfte, das Samstags und israelitische Feiertage geschlossen ist. 
Offerten an Louis Strauß, Fechenbach am Main."  

      
      
      
Zur Geschichte der Synagoge                
   
Die Synagoge der Gemeinde wurde möglicherweise 1832 erbaut (in diesem Jahr wurde das Synagogenbuch begonnen)  und 1868 renoviert. Angebaut war das jüdische Schulhaus mit Lehrerwohnung. Auch ein rituelles Bad befand sich im Gebäude. 
    
Bereits in den 1920er-Jahren bestand in der Gemeinde kein Minjan mehr (nötige Zehnzahl jüdischer Männer zum Gottesdienst). Die jüdischen Einwohner Fechenbachs besuchten die Synagoge in Miltenberg. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge, insbesondere die Ritualien vernichtet, das Gebäude, Ritualbad und das Schulhaus werden insgesamt nur geringfügig beschädigt.   
   
Nach 1945 kam das Gebäude in Privatbesitz. Bis 1985 war darin eine Werkstatt eingerichtet. Ab 1986 wurde die ehemalige Synagoge und das jüdische Schulhaus in ein Wohnhaus umgebaut (vgl. Pressebericht unten vom Oktober 2014). Es war nach Angaben bei Schwierz s.Lit. damals geplant, am Haus eine Gedenktafel anzubringen mit der Inschrift: 'Dieses Gebäude diente der Israelitischen Kultusgemeinde in Fechenbach als Synagoge bis 1938. Zur Erinnerung und Mahnung."  Bei einem Besuch im März 2008 konnte eine solche Tafel jedoch nicht festgestellt werden.  
 
 
Geschichte einer Torarolle aus Fechenbach     
(auch in englischer Sprache eingestellt: The Lustig Family Torah (pdf-Datei, verfasst von Bernie King-Smith, Version vom 20. Juni 2023)  

Die Tora der Familie Lustig stammte wahrscheinlich aus Unsleben und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von der Familie Lustig der Synagoge in Fechenbach geschenkt. Die ersten Lustigs, die in Fechenbach lebten, kamen hierher wahrscheinlich um die Zeit der Hochzeit von Loeb Lustig mit Adelheid Kaufmann (1853 in Würzburg). Die Torarolle, die sie der Synagoge schenkten, ist eine große Thora und wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert geschrieben. Die Buchstaben sind sehr gut lesbar und es gibt keine ungewöhnliche Verlängerung der Buchstaben, um die gesamte Breite jeder Zeile in einer Spalte auszufüllen.
Die letzten Vertreter der Familie Lustig in Fechenbach waren Mitglieder der Familie von Leser Lustig. Er verstarb im Oktober 1931 und hinterließ seine Witwe Sophie Lustig. Sie wurde 1942 nach Theresienstadt verschleppt, doch überlebte sie die Zeit der Shoa (gest.1962 in New York City).
Adolf Lustig, Lesers Neffe, war in Fechenbach aufgewachsen und verließ den Ort Anfang des 20. Jahrhunderts, um seine Ausbildung in Würzburg fortzusetzen. Er wurde schließlich Anwalt, ließ sich in München nieder und heiratete dort. Als Adolf 1933 während der NS-Herrschaft in München lebte, verlor er die Zulassung, als Anwalt zu praktizieren, lebte jedoch weiterhin von seinen Ersparnissen. Am 22. Mai 1937 wurde Adolf verhaftet, da er Ehrensekretär des örtlichen B’nai Brith war und in das KZ Dachau gebracht. Am 14. August 1937 wurde er freigelassen; im April 1938 emigrierte er mit seiner Familie aus Deutschland. Während Adolf und seine Frau Kate ihre Sachen für die Reise nach Australien packten, brachten Mitglieder des Bayerischen Jüdischen Gemeindeverbandes eine Holzkiste vorbei, deponierten sie in ihrem Wohnzimmer und sagten, sie sollten sie nach Australien mitnehmen. 1974 erinnerte sich Kate Lustig: 'Während die Packer unsere Möbel und Habseligkeiten nach unten zum Aufzug nach Australien trugen, beschwerten sie sich bei mir, dass die geschlossene, festgenagelte Kiste (mit der Schriftrolle darin) zu schwer sei und ich antwortete lachend: Da ist Gold drin!! Sie sahen sich an, bis der Vorarbeiter nickte und aufforderte, die Kiste in unseren Aufzug zu stellen.'
Adolf und Kate und ihre Kinder Ruth, Bernd und Ludwig kamen am 4. Juni 1938 in Australien an. Kurz nach seiner Ankunft wurde Ludwigs Name in Lewis geändert. Ungefähr drei Wochen nach ihrer Ankunft, am 28. Juni 1938, schrieben Adolf und Kate an Temple Beth Israel (https://tbi.org.au/) und boten an, die Thora der Familie zu spenden. Der Vorstand von Temple Beth Israel antwortete am 20. Juli 1938, dass er das Geschenk demütig annahm. Es wurde offiziell in einer Zeremonie am Rosch Haschana 5699, dem 26. September 1938, entgegengenommen.
Beim Schabbatgottesdienst am 12. August 1978 sprach Rabbi Levi im Tempel Beth Israel über die beiden Holocaust-Schriftrollen, die 1938 der Synagoge gespendet worden waren. Die andere Rolle stammte von Rabbi Herbert Saenger. In einem Brief an Rabbi Levi kommentierte Kate Lustig die Predigt und erinnerte an die Geschichte der Thora und wie sie aus Deutschland in den Tempel Beth Israel gebracht wurde. Adolf Lustig war inzwischen im Jahr 1962 verstorben. Am 25. April 2004 schickte Kates Sohn Lewis auch seine Erinnerungen an die Ausfuhr der Thora aus Deutschland an die damalige Präsidentin von Temple Beth Israel, Frau Kathy Kaplan.
Seit ihrer Ankunft in Melbourne haben mehrere Nachkommen von Adolf und Kate Lustig für ihre B’nai Mizwot aus der Thora gelesen, darunter auch ihr Sohn Lewis Lustig. Für die B’nai Mizwot der Enkel von Adolf und Kate, Danny Lustig (1974), Anne Picus (1976) und Richard Lustig (1979), wurde die Thora in die Schwestergemeinde von Temple Beth Israel, das Leo Baeck Center in East Kew, gebracht. Darüber hinaus lasen Adolfs Urenkel Jeremy Lustig (2006), Steven Lustig (2008) und Kate Lustig (2011) für ihre B’nai Mizwot im Tempel Beth Israel aus der Thora.
Im Jahr 2015 bereitete sich Brayden Lustig, der Urenkel von Adolf Lustig, auf seine bevorstehende Bar Mizwa vor, die in Caulfield Shule, etwa 1 km vom Tempel Beth Israel entfernt, stattfinden sollte. Sein Vater Richard Lustig, Lewis‘ Sohn, fragte, ob es möglich sei, die Familien-Sefer-Tora für diesen Zweck zu nutzen. Sie sagten ja, vorausgesetzt, es würde zunächst überprüft, ob es in Ordnung ist. Richard ließ es vom Caulfield Shule Sofer überprüfen. Es wurde festgestellt, dass die Tinte stark verblasst war und nicht mehr verwendet werden konnte. Daher verwendete Brayden für seine Bar Mizwa eine Caulfield Shule Sefer Tora. Die Familie hielt es für lohnenswert, das Problem beheben zu lassen. Die Caulfield Shule Sofer organisierte den Versand der Sefer-Tora (ohne die Griffe) an eine Jeschiwa in Jerusalem wurde und dass ein Gelehrter die gesamte Schriftrolle neu einfärbte. Der Prozess dauerte mehrere Monate und Lewis und seine Frau Eve übernahmen die Kosten für die Reparaturen. Die Sefer-Tora wurde zurückgegeben, die Griffe wurden wieder angebracht und sie wurde in den Tempel Beth Israel gebracht, wo sie sich noch heute befindet.
Die Thora wird immer noch gelegentlich für Veranstaltungen der Familie Lustig verwendet, aufgrund ihres Alters jedoch nicht regelmäßig. Sie ist weit über 170 Jahre alt und möglicherweise sogar 200 Jahre alt. Rund um den Griffansatz befindet sich eine Inschrift: 'Von Dr. Adolf und Kate Lustig aus Fechenbach am Main 1938 vor dem Holocaust gerettet'.
Quellen:
bulletLustig family history 1700 – 1800s – Bernie King-Smith February 2023 
bulletEarly Adolf Lustig and Fechenbach history - Bernie King-Smith February 2023 
bulletTorah donation June 29th 1938.pdf – From Ruth King-Smith 
bullet Lustig Torah story August 13th 1978.pdf – From Ruth King-Smith (Scan eines Briefes, den Bernie King-Smith von Kate Lustig an den Temple Beth Israel in Melbourne schrieb und in dem es darum geht, woher die Thora ursprünglich kam. Darüber hinaus wird beschrieben, wie die Thora nach Australien verschifft wurde)
bulletLustig Torah correspondence to TBI April 25 2004.pdf – Letter to Bernie King-Smith from Lewis Lustig.       
Rechts: in Fechenbach 1936 von links: Henriette Kaufmann sowie Leopold, Adolf, Kate und Sophie Lustig. Sophie wurde 1942 mit anderen Juden nach Theresienstadt deportiert. Sie überlebte den Krieg und zog nach ihrer Befreiung nach New York City, um bei ihren Kindern zu leben. Sie starb im August 1962 im Alter von 95 Jahren. Die Frau hinten, zweite von rechts, ist unbekannt.  Rechts: die "Lustig Torah" im Tempel Beth Israel im Vorort St. Kilda in Melbourne, Australien. Auf dem Foto: Bernie King-Smith, seine Frau sowie Kantor Michel Laloum.

 

 

   
  
  
Adresse/Standort der SynagogeKleine Gasse 12  
  

  
Fotos  
(Fotos: sw-Foto aus Schwierz s.Lit. S. 56; Farbfotos: Hahn, Aufnahmedatum 16.3.2008)

Die ehemalige Synagoge während den 
Umbauarbeiten zu einem Wohnhaus 
(um 1990) 
Fechenbach Synagoge 140.jpg (70282 Byte)  
     
     
Die ehemalige Synagoge
im März 2008 
Fechenbach Synagoge 150.jpg (66088 Byte) Fechenbach Synagoge 151.jpg (71840 Byte)
   Blick zur ehemaligen Synagoge
  
Das ehemalige jüdische Gemeindezentraum 
mit Schulhaus (links) und Synagoge
     
  Fechenbach Synagoge 153.jpg (75341 Byte) Fechenbach Synagoge 152.jpg (74806 Byte)
    Die Ostfassade mit einem Rundfenster 
über dem ehemaligen Toraschrein

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

August 2014: Bericht über das Leben in der ehemaligen Synagoge     
Artikel von Sylvia Breckl im "Main-Echo" vom 30. August 2014: "Geschichtsträchtiger Wohnraum. Leben in ehemaliger Collenberger Synagoge
Collenberg.
Schon der Glockenstrang, an dem der Besucher zieht, deutet darauf hin, dass hier niemand mit standardisiertem Einrichtungshausgeschmack wohnt. 'Manchmal hätten wir uns schon gerade Wände gewünscht', gesteht Robert Ullrich. Der 60-Jährige lebt mit seiner Frau Anette und zwei Söhnen in einem Haus, das einst Synagoge und jüdisches Schulhaus mitten im Ortskern von Collenberg war. Dass sich hinter der weiß und gelb getünchten Fassade ein origineller Wohnraum inklusive großzügigem Gartengrundstück verbirgt, ahnt der Besucher von außen zunächst nicht. Lediglich die großen Rundbogenfenster weisen darauf hin, dass sich hinter dem schlichten Äußeren ein einst geschichtsträchtiges Inneres verbirgt. Seit 1993 lebt Ullrich mit seiner Familie in den Gebäuden. Übernommen hat Ullrich die alte Synagoge von seinem Vater, der das Haus von einem Künstler gekauft hatte, und der den Rohbau bis dahin als Lagerhalle und Werkstatt genutzt hatte. 'Es war im Sommer 1985, als ich das Haus sah und sofort haben wollte', erzählt Ullrich, der im Nachbarhaus, einer alten Mühle, aufwuchs.
Umbaustart 1986. 'Bau dir ein gescheites Haus, nicht so eine Bruchbude', habe sein Vater ihm geraten. Ullrich war damals 31 Jahre und für große Baufinanzierungen nicht zu haben, dafür wild entschlossen, die alte Synagoge zum Wohnhaus umzubauen. 1986 ging es mit Hilfe eines Architekten und Bauingenieurs los. Das meiste hat der gelernte Elektriker aber selbst renoviert. Etwa vier volle Jahre hat der Um- und Ausbau gedauert. Ullrich hat mehrere Fotoalben von der Renovierung, jede, so der Freiberufler, wurde mit einem Fest mit Helfern und der Nachbarschaft begossen. Fördermittel für die Sanierung habe er nie bekommen, auch nie beantragt. 'Ich wollte die Freiheit haben, das Gebäude so umzubauen, wie ich es will, ohne seinen Charakter zu zerstören', so Ullrich. Vom Inventar der Synagoge sei 'kein Krümel' übriggeblieben. Umso mehr wollte er die Seele des Gebäudes bewahren. Etwa das typische Rundfenster über dem Klavier oder das Oculus-Fenster in der Decke, von der künftig ein Kronleuchter baumeln soll. 
Licht flutet in Raum. Die in Buntsandstein gefassten Rundfenster, die fast wie aus einer Kirche wirken, fluten viel Licht in den Raum, dessen Grundfläche aus gerademal 44 Quadratmetern besteht. Die Gips-Zierleisten und Kapitäle an den Säulen hat Ullrich neu gemacht. Die 4,50 hohen Decken - 'nicht für Putzfans' - sind wie gemacht für die Galerie, deren Glasgeländer die natürliche Weite des Raumes betont. Eine Wendeltreppe führt hinauf. Hier wird altes Gebälk sichtbar, unter dem sich das gemütliche Wohnzimmer sowie eine Schreibtischecke befinden. Im Erdgeschoss fällt der große Kachelofen ins Auge. Wie die Lamperie, die Holzverkleidung an der Wand, strahlt er Wärme und Behaglichkeit aus. Ans Esszimmer schließt sich der zweite Teil des Wohnensembles an - das frühere jüdische Schulhaus. 'Bis hierin war die Renovierung ein hochinteressantes Abenteuer', resümiert Ullrich, der niemals Zweifel an seiner Entscheidung gehabt hat. Auch Ehefrau Anette haben die Jahre des Umbaus 'fast nie' aus der Ruhe gebracht. 'Das lief so nebenher. Und die Kinder sind ganz natürlich mit Akkuschrauber und Stichsäge großgeworden.'
Fotoarchiv von den Arbeiten. Aber das Schulgebäude, dessen Ursprung Ullrich etwa auf das Jahr 1550 datiert, sei die 'perfekte Ruine' gewesen. Fotos von Baustelle, Bagger und windschiefen Tragebalken, die angehoben und mit Stahlträgern gestützt werden mussten, dienen als Beweis für die 'perfekte Katastrophe'. 'Wir mussten einiges zurechtbiegen', erinnert sich Ullrich und bekennt: 'Als ich überschaut habe, was alles zu machen ist, ist mir schlecht geworden.'
Von der 'gnadenlosen Arbeit' ist heute nichts mehr zu sehen. Aus den einst verrußten Räumen sind schmucke Schlafzimmer und Bäder geworden. In den zweiten Stock führt eine Blocktreppe aus stabilen Eichenbalken, ein Unikat, das offenbar die Jahrhunderte überdauert hat und auf das Ullrich besonders stolz ist. Die oberen Stockwerke wollen die Kinder irgendwann ausbauen.
Auch Anette Ullrich möchte um nichts in der Welt tauschen. Ihr Wirkungsbereich beginnt spätestens nach dem Wintergarten, wo ein uneinsehbares Gartengrundstück samt Scheune und Halle zum Werkeln und Basteln einlädt. Über den plätschernden Fechenbach führt eine kleine überdachte Brücke zu einem weiteren idyllischen Grundstück. Neben einem Gemüsebeet und einer Rasenfläche hat Anette Ullrich hier lauschige Sitzecken angelegt. Stillleben aus Sandstein, Blumenkübeln und Sukkulenten zieren den Garten. Ob sie das wiedermachen würden? 'Das Schulgebäude war eine echte Herausforderung', räumt Ullrich ein. 'Aber so etwas wie die Synagoge auf jeden Fall.' Das Leben im Altort war für den Collenberger eine bewusste Entscheidung. Für alte Häuser brauche es eben Fantasie und Kreativität. 'Man entwickelt sich persönlich weiter, weg vom Wohnzimmerschrankwand-Durchschnittstypen', finden die Ullrichs. Am Ende habe man einen anderen Bezug zu seinem Zuhause als bei einem Fertighaus. Was er an Geld reingesteckt hat, kann er nicht mehr genau sagen. 'Jedenfalls weniger als in einen Neubau.' Robert und Anette Ullrich können einen Blick hinter die Fassaden von Häusern in alten Ortskernen nur empfehlen: 'Viele wissen nicht, was sich da für günstig zu renovierende Schmuckstücke und Gestaltungsmöglichkeiten verstecken.' 
Hintergrund: Haus in der Kleinen Gasse 10 in Collenberg. Die Synagoge, die Robert Ullrich zum Wohnhaus umgebaut hat, stammt vermutlich aus dem Jahr 1772. Zumindest ist diese Jahreszahl auf einer Eisenstange eingraviert, die bei den Umbauarbeiten zu Tage kam. In den Geschichtsbüchern aus dem Ort findet sich wenig, auch die Thorarollen sind vernichtet. Laut Ullrich hat einer der Vorbesitzer sämtliche schriftliche Aufzeichnungen verbrannt, ohne sich des historischen Werts bewusst zu sein. Nachweisbar ist lediglich, dass das Gebäude bis Januar 1938 als Synagoge genutzt wurde. Dazu gehörten außerdem ein jüdisches Schulhaus und ein rituelles Bad, die Mikwe. Während des Novemberpogroms 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge vernichtet. Die jüdische Gemeinde Collenberg/Fechenbach wurde infolge zu weniger Mitglieder aufgelöst. Im Heimatbuch lassen sich Ullrich zufolge die Prozesse gegen jüdische Gemeindemitglieder während der NS-Zeit nachlesen. Nach 1945 kam das Gebäude in Privatbesitz. Bis 1985 war darin eine Werkstatt eingerichtet."  
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Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Collenberg     

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 290-291.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1992² S. 56. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 534-535. 
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 235.  
bulletLudwig-Andreas Riedel / Lothar Romstöck: Fechenbach. Ein fränkisches Dorf mit 800-jähriger Geschichte. Collenberg 2014. Darin ein Abschnitt 10.6.: Das Jüdische Leben in Fechenbach S. 269-272.    

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Fechenbach  Lower Franconia. Jews were present in the early 18th century and numbered 70 in 1837 (total 850). In 1933, 11 remained, nine of them leaving in 1937 for other German cities.   
       
        

                     
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Stand: 30. Juni 2020