Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 


zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz" 
Zur Übersicht "Synagogen im Kreis Mayen-Koblenz"       
    

Kobern mit Gondorf (Gemeinde Kobern-Gondorf, VG Rhein-Mosel, Kreis Mayen-Koblenz) 
und Lehmen (VG Rhein-Mosel, Kreis Mayen-Koblenz)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Allgemeine Berichte zur jüdischen Geschichte in Kobern 
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde         
   
In dem in früheren Jahrhunderts zum Erzstift Trier gehörenden Kobern bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis 1942 (nach dem Bericht von 1930 s.u. wurde diese auf Grund der geringen Zahl der jüdischen Einwohner nicht mehr als eigentliche Gemeinde wahrgenommen).
    
Bereits im Mittelalter lebten Juden am Ort. im Zusammenhang mit der Verfolgung aufgrund der Legende vom Guten Werner werden in Kobern 1287 19 Personen erschlagen. Eine weitere Verfolgung war in der Pestzeit.
   
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht bis zum 16./19. Jahrhundert zurück. Im 16. Jahrhundert werden Juden in Kobern 1563 und 1576 erwähnt. Ein "Judenkirchhof" in Kobern wird erstmals 1585 genannt. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts werden die Juden Juden Isaac Salomon (1754) bzw. Wittib Isaac Salomon (um 1764 / 1774), Isaac Wolf (um 1754 / 1774), Mayer (um 1764 / 1774) in Steuerlisten des Erzstiftes Trier genannt. Damals lebten offenbar drei jüdische Familien am Ort.  
   
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1808 19 jüdische Einwohner, 1906 39, 1927 16. 
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (Religionsschule) und ein Friedhof in Gondorf. Teilweise wurden bis Mitte des 19. Jahrhunderts auch Beisetzungen in Wierschem vorgenommen. Von den jüdischen Lehrern wird zuletzt Paul (Pinkas) Goetzoff aus Cochem genannt (1932/33 waren 12 Kinder aus der Gesamtgemeinde zu unterrichten; Goetzoff war 1924 bis 1939 Lehrer in Cochem und unterrichtete auch Kinder in umliegenden Orten, ausführlich zu ihm in der Seite zu Cochem).  
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Walter Wolff (geb. 23.12.1890 in Kobern, gest. 15.9.1914 in Gefangenschaft).     
   
Bis kurz zu seinem Tod 1933 war langjähriger Gemeindevorsteher der Kaufmann Samuel Grünewald. Ihm folgte im Vorsitz Siegmund Marx nach.  
   
1933 lebten noch etwa 15 jüdische Einwohner in Kobern (in der Gesamtgemeinde nach dem "Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung..." 1932/33 68 Personen). In den folgenden Jahren sind nur wenige der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die letzten jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert.
    
Von den in Kobern geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Daniel David (1877), Selma Grünewald (1899), Susanne Grünewald geb. Mayer (1859), Susanne Hanau geb. Wolff (1858), Bila Kahn (1882), Addi Koppel geb. Benedik (1903), Elisa Koppel geb. Emanuel (1877), Ellen Koppel (1926), Emil Koppel (1897), Leo Koppel (1875), Ella Löwenthal (1901), Ellen Berta Ruth Löwenthal (1926), Adolf Marx (1862), Wilhelm Marx (1875), Herta Salomons geb. Weinberg (1913), Elisabeth Gertrud Schneider (1897), Johanna Schneider (1892), Frieda Schwarz geb. Hirsch (1889), Herta Wolf (1922), Eduard Wolff (1889), Ferdinand Wolff (1886), Fritz L. Wolff (1924), Karoline Wolff geb. Feiner (1897), Leo Wolff (1880), Rosa Wolff geb. Wolff (1886), Simon Wolff (1885), Theodor Wolff (1930).   
        
Aus Gondorf sind umgekommen: Erna Alexander geb. Herz (1902), Selma Friesem geb. Marx (1886), Rosa (Rose) Friesen geb. Marx (1890), Markus (Max) Herz (1874), Maximilian Wilhelm Friedrich Joel Herz (1875), Adele Marx geb. Kahn (1892), Siegmund Friedrich Wilhelm Marx (1888). 
    
Aus Lehmen sind umgekommen: Alexander Feiner (1865), Johanna Feiner geb. Haimann (1883),  Siegmund (Sigmund) Feiner (1870), Thekla Feiner (1883), Eugen Friesen (1925), Rosa (Rose) Friesen (1890), Albert Hirsch, Ida Hirsch geb. Löb (1885), Johanna Hirsch (1878), Karoline (Lina) Wolff geb. Feiner (1897).     
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Allgemeine Berichte zur jüdischen Geschichte in Kobern  

Abgaben von Juden in Kobern in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an das Erzstift Trier  

Ausschnitt aus einer Übersicht im Beitrag von Jakob May: Die Steuern und Abgaben der Juden im Erzstift Trier. In: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland Jg. 7 1937 S. 156-179, hier S. 177: Kobern. Einnahmen von den Juden Isaac Salomon (1754), Isaac Wolf (um 1754 / 1774), Wittib Isaac Salomon (um 1764 / 1774), Mayer (um 1764 / 1774).  

   
Beitrag zur jüdischen Geschichte Kobern von S. Lilienthal (1930)   
Der Beitrag wurde erstellt von Saul Lilienthal, Oberkantor der jüdischen Gemeinde Wiesbaden, Religionslehrer und Verleger (geb. 14. Oktober 1877 in Jerutten, Ostpreußen, ermordet am 30. Oktober 1944 im KZ Auschwitz. Weitere Informationen: https://www.wiesbaden.de/stadtlexikon/stadtlexikon-a-z/lilienthal-saul).
 

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 8. Mai 1930: Artikel von S. Lilienthal - Wiesbaden: Mit jüdischen Augen durch deutsche Lande: "Cobern. l. (links der Mosel) 1860 E., heute ohne jüdische Gemeinde; im 16. Jahrhundert wahrscheinlich ansehnliche Gemeinde. In Austreibungserlassen 1563 und 1570 wird ihr ausdrücklich das Verbleiben in Cobern zugebilligt. 1570 hat sogar der Rabbiner für das Erzstift Trier seinen Sitz in Cobern."    
 
Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 15. Mai 1930 - ergänzender Hinweis zu Kobern: "Zu unserem ersten Reiseführer wird uns noch ergänzend mitgeteilt:
Cobern besitzt 5 jüdische Einwohner. Es besteht eine Synagoge, die 50 Jahre alt ist. Zur Gemeinde gehören Cobern, Dieblich, Niederfell, Gondorf. Die Ortschaften müssen zusammengehen, da es sonst kein Minjan gibt."   

    
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Feier einer Brit Mila (Brismiloh, Beschneidung) mit vier Generationen der Familie Wolff - Feiner (Lehmen 1924)  
Anmerkung: vgl. unten Bericht von 2021 - Geschirrübergabe nach 80 Jahren.  

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 19. Juni 1924: "Vier Generationen bei einer Brismiloh.
Der Vereinigten Gemeinde Cobern-Gondorf war es in diesen Tagen beschieden, ein gar seltenes Fest zu feiern, wie es wenig Familien vergönnt ist. In der Familie Wolff war ein Stammhalter angekommen. zu dessen Brismiloh sich nicht weniger als die Vorfahren von vier Generationen in vollkommener körperlicher und geistiger Frische gesellten, an ihrer Spitze das langjährige treue Vorstandsmitglied der Korporationsgemeinde, der 83jährige Urgroßvater Emanuel Feiner, Lehmen a. d. Mosel. Auf ihn waren aller Augen gerichtet und man wünscht dem Urenkel, dass er in die Fußstapfen dieses guten Vorbildes treten möge."   

 
Über Selma Grünewald (1899-1942) und ihre Mutter Susanne Grünewald geb. Mayer (1859-1942)      

Selma Gruenewald 010.jpg (37702 Byte)Über die Lebensgeschichte und das Schicksal der 1899 in Kobern geborenen Selma Grünewald informiert eine Seite bei www.mahnmal-koblenz.de: Seite zu Selma Grünewald.    
Selma Grünewald war Tochter des Gemeindevorstehers Samuel Grünewald und seiner Frau Susanne geb. Mayer. Die Familie lebte in Kobern, Mühlengraben 10. Nach dem Tod des Vaters lebten seine Witwe und die Tochter von den durch den Boykott spärlicher werdenden Einkünften des Bruders Julius Grünewald, der als Viehhändler tätig war. Er war in schlimmster Weise Schikanen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt und floh schließlich mit seiner Frau und der Tochter nach Frankreich. Im Januar 1939 müssen Selma Grünewald und ihre Mutter Kobern verlassen und ziehen nach Düsseldorf. 1941 wird Selma in das Frauen-KZ Ravensbrück verschleppt und im Mai 1942 in der "Heil- und Pflegeanstalt" Bernberg ermordet. Die Mutter wird im Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt, wo sie am 28. Oktober 1942 umgekommen ist.   

   
Zur Familiengeschichte der Familie Gärtner       

Entdeckt in einem der jüdischen Friedhöfe von Ingelheim am Rhein (Foto erhalten von Stefan Haas): Grab von Andreas Gärtner, geb. in Gondorf (Mosel) 9. April 1847, gest. (in Ingelheim) 7. März 1912. Zur Familie Salomon Gärnter, Kobern-Gondorf siehe Beitrag in der Website "Tobias Herz"  https://tobiasherz.de/familie-salomon-gaertner-kobern-gondorf. Demnach war Andreas Gärtner ein Sohn von Salomon Gärnter und seiner Frau Veronika geb. Mayer.   

   
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeige von Max Herz in Gondorf (1916)     

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 27. Januar 1916: "Für meinen Sohn,
welcher 3 Jahre die höhere, und 1 Jahr die Handelsschule besucht hat, eine
Lehrstelle
gesucht. Getreidebranche bevorzugt.
Max Herz Gondorf
(Mosel).  

  
   
   
Zur Geschichte der Synagoge    
      
   
1768 wird erstmals eine Synagoge ("Judenschule") genannt. Sie war im Haus Peterstraße 3 eingerichtet. Das Gebäude wird in Kobern auch als "Altes Juden-Bethaus" bezeichnet. Das Gebäude - ein vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammendes Fachwerkhaus ist erhalten und wurde 1980 anlässlich des 1000-jährigen Ortsjubiläums renoviert. Damals wurde auch eine Hinweistafel an dem Gebäude angebracht. Der Betraum im Inneren hatte eine barocke und mit verschiedenen Motiven (Fische, Blumen und Trauben) ausgemalte Stuckdecke.   
   
1879 wurde unweit der alten eine neue Synagoge in neuromanischem Rundbogenstil erbaut.  
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet und durch Brandstiftung zerstört. Nationalsozialisten aus Winningen und Kobern behindern die Löscharbeiten der Feuerwehr. Das Gebäude blieb insgesamt jedoch erhalten und wurde später zu einem Wohnhaus umgebaut
.     
   
   
Adresse/Standort der Synagoge alte Synagoge ("Judenschule"): Peterstraße 3; neue Synagoge: Lennigstraße 6      
    
    
Fotos
(Quelle: neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 27.08.2009)   

Die alte "Judenschule"  Kobern Synagoge 172.jpg (85949 Byte) Kobern Synagoge 170.jpg (97273 Byte)
  Blick auf die ehemalige alte Synagoge   Hinweistafel
        
  Kobern Synagoge 171.jpg (81016 Byte) Kobern Synagoge 173.jpg (99103 Byte)
   Ansichten der alten Synagoge / "Judenschule"   
        
Die neue Synagoge (von 1879)        
Kobern Synagoge 180.jpg (84139 Byte) Kobern Synagoge 181.jpg (94379 Byte) Kobern Synagoge 182.jpg (92192 Byte)
Ansichten des am Fuße des Burgberges gelegenen Synagogengebäudes mit seinem charakteristischen Rundbogenfries 
sowie einem kleinen Rundfenster  
       

                 
                 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte        

Oktober 2019: Verlegung von "Stolpersteinen" in Kobern                                       

Artikel in "Blick-Aktuell" vom 2. Oktober 2019: "Realschule plus und FOS. Stolpersteinverlegung am 21. Oktober
Kobern-Gondorf.
Schüler der Realschule plus und FOS Untermosel verlegen auch in diesem Jahr wieder vier Stolpersteine. In der Marktstraße 40 lebte bis 1942 die Familie Ferdinand Wolff. Ferdinand und Sophie sowie ihre Kinder Herta und Paul mussten in der Zeit des Nationalsozialismus am eigenen Leib spüren, wie sie zuerst ausgegrenzt und später verfolgt wurden. Nur Paul Wolff überlebte das Grauen. Die Schüler der Klasse 9e haben die Geschichte der Familie aufgearbeitet und laden am 21. Oktober um 11 Uhr in die Marktstraße 40 ein, um mit der Verlegung von Stolpersteinen das Leben der ehemaligen jüdischen Mitbewohner zu würdigen."
Link zum Artikel      
 
Artikel von EP in "Blick-Aktuell" vom 23. Oktober 2019: "Stolpersteinverlegung für Familie Wolff aus Kobern-Gondorf. Ein Stein – ein Name – ein Mensch.
Schüler/innen der Realschule plus und FOS Untermosel auf Spurensuche
Kobern-Gondorf.
In der Marktstraße 40 – die früher Adolf-Hitler-Straße hieß – lebte bis 1942 die jüdische Familie Ferdinand Wolff. Es war die Zeit des Nationalsozialismus und für alle eine schwere Zeit. Die Eltern Ferdinand und Sophie bekamen am eigenen Leib zu spüren, wie sie selbst, Tochter Herta und Sohn Paul ausgegrenzt und unmenschlich behandelt wurden.
Paul Wolff überlebte die Zeit des Nationalsozialismus als einziger. Paul Wolff überlebte diese Zeit als einziger, entkam der Deportation in dem er nach Holland emigrierte und sich dort der holländischen Widerstandsbewegung anschloss. Im September 1943 wurde er aber doch verhaftet, konnte noch in derselben Nacht über Belgien nach Frankreich fliehen. In Paris arbeitete er für die Forces Francaises de l’Intérieur (Französische Streitkräfte im Innern), dem militärischen Arm der Résistance. In deren Auftrag übernahm er mehrmals Reisen nach Holland. Am 17. Juli 1944 wurde er verhaftet und ins Gestapogefängnis Fresnes bei Paris gebracht. Dort erwarteten ihn Verhöre und Folterungen. Da die amerikanischen Truppen auf dem Vormarsch waren, verschleppten die Nazis Paul in einem Viehwaggon über Drancy nach Buchenwald. Es war eine viertägige Reise, an die der Roman 'Le dernier wagon' erinnert. Paul Wolff musste in Mülhausen zwölf Stunden täglich hart arbeiten, in einer Fabrik die Untergestelle für Junkers Flugzeuge herstellte. Seine Gefangenschaft fand 1945 ein Ende, aber der schwer an Typhus Erkrankte ins Lazarett. Nach folgenden Aufenthalten in Holland und Frankreich, kehrte er 1945 nach Kobern zurück, um seine Ansprüche bezüglich des Elternhauses geltend zu machen. Das gelang erst 1953, danach verkaufte Paul das Haus. Zwischenzeitlich lebte er in Israel. In einem vierseitigen Lebensbericht, den er hinterlassen hat, beschreibt er die Anfänge seines neuen Lebens in Tel Aviv: '…nachdem mir klar wurde, dass von meiner Familie niemand mehr aus den Lagern zurückkehrte und ich mich mutterseelenallein in einem sehr deprimierten, kranken und runtergekommenen Zustand befand, …war es mir auch hier in Israel in den ersten Jahren sehr schwer in einen normalen Zustand zurückzukehren und einen Anschluss an die Gesellschaft zu finden.' Mit seiner Frau Rachel bekommt er einen Sohn Ben Zion und zwei Töchter Ofra und Warda.
Das ist eine Kurzfassung aus den Unterlagen, die Schüler/innen der Realschule plus und FOS Untermosel zusammengetragen und aufgearbeitet haben. Dabei hat ihnen die Zeitzeugin Hilde Böcker geholfen. Diese wohnt heute im ehemaligen Elternhaus von Paul Wolff, in dem das Treppenhaus und ein Terazzoboden noch original erhalten sind. Sie erinnerte sich noch an die Kinder, wie sie durch das Treppenhaus tobten.
Vier Steine gegen das Vergessen. In Gedenken an das grausame Schicksal der Familie, beschlossen die Schüler/innen gemeinsam mit ihrer Lehrerin Anette Schröter, an diesem Haus vier Steine gegen das Vergessen verlegen zu lassen. Am 21. Oktober um 11 Uhr schritten sie in einer kleinen Feierstunde zur Tat. Anette Schröter begrüßte die Gäste: 'Dank Ihnen allen, die Sie heute den Weg zu uns gefunden haben. Liebe Schüler, gleich werdet Ihr erzählen, dass die Würde des Menschen nicht immer unantastbar war. Und Eure Arbeit, Euer Erinnern ist gerade heute wichtiger denn je, da sich wieder Menschen mit extrem rechter Gesinnung gewaltsam gegen jüdische Mitbürger wenden, bereit sind zu verletzen und zu töten, so in Halle vor zwei Wochen. Wir danken Euch jungen Menschen.' Angehörige der Familie Paul Wolff waren aus Frankfurt und Israel gekommen, um bei diesen sehr emotionalen Momenten dabei zu sein. Emotional waren auch die jüdischen Worte von Pauls Tochter Warda, welche von einem Enkel übersetzt wurden. Die Gäste lauschten und hielten den Atem an.
'Ein Mensch ist vergessen, wenn sein Name vergessen ist'. Das Verlegen der Steine übernahm Katja Demnig, in Vertretung ihres Mannes Gunter Demnig. Dem Künstler ist es seit dem Jahr 2000 ein Anliegen, mit den Gedenktafeln aus Messing, die ins Trottoir vor ihrem letzten selbst gewählten Wohnort eingelassen werden, an die Opfer der NS-Zeit zu erinnern, denn: 'Ein Mensch ist vergessen, wenn sein Name vergessen ist (Zitat aus dem Talmud)'. Auf den Gedenksteinen ist zu lesen 'Hier wohnte' und weitere Information über Jahrgang und Abschnitte ihres Lebens: 'Ein Stein – ein Name – ein Mensch'. Inzwischen liegen Stolpersteine in 1265 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas. Für 120 Euro kann jeder eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines Stolpersteines übernehmen (www.stolpersteine.eu). Mit ruhiger Hand und bedächtig, fast andächtig ließ Katja Demnig die Steine in das Pflaster, wie streicheln mutete das Abkehren mit dem Handfeger an. Währenddessen verlasen vier Schüler die Geschichte der Familie Wolff, legten danach vier mit den Namen versehene rote Rosen auf die nun in Gold glänzenden Steine. Anschließend wurde dieser Anlass in der Schule gebührend gefeiert.
Es war die dritte Aktion der Realschule plus und der FOS Untermosel in Kobern-Gondorf, die jedes Mal finanziert werden muss. Bei diesem Projekt half den Akteuren ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro, gewonnen beim 'Stolperstein-Wettbewerb 2019'. Er wird bundesweit ausgerichtet. Eingereichte Projekte werden ausführlich von einer Jury begutachtet und bewertet (Infos unter www.stolpersteine.eu und Anfragen an paedagogik@stolpersteine.eu). Katja Demnig ist gemeinsam mit ihrem Mann Initiatorin des Wettbewerbes und hofft: '…dass das Stolperstein-Projekt für Schülerinnen und Schüler nicht nur eine kurzzeitige Abwechslung zum normalen Schulalltag ist, sondern sich das Projekt auch nachhaltig positiv gesellschaftspolitisch auf Schülerinnen und Schüler auswirkt.' Im Blick auf das vergangene und aktuelle weltpolitische Geschehen, sollte das für alle Menschen gelten." 
Link zum Artikel   
 
Juni 2021: Erinnerung an eine jüdische Familie in Lehmen   
Artikel von Alke Kerber in swr-fernsehen.de vom 16. Juni 2021: "Über Generationen weitergegeben
Weshalb eine Familie aus Lehmen 80 Jahre lang Geschirr aufbewahrte.

Sie sollten auf das Geschirr von Familie Feiner aufpassen, bis sie wieder da wären. Doch die jüdische Familie aus Lehmen wurde 1942 deportiert. Jetzt wurden Nachfahren gefunden.
Nach 80 Jahren: Enkelin von Holocaust-Überlebender erbt jüdisches Geschirr von deutschen Nachbarn
Ein Geschirr, das über 80 Jahre Familiengeschichte in sich trägt. Es ist Symbol für Gemeinschaft, aber auch für großes Leid. Es erzählt die Geschichte zweier Familien, die sich ein Versprechen gegeben haben. 80 Jahre lang hat die Familie von Ulrike Moritz aus Lehmen an der Mosel auf das Porzellan aufgepasst. Begonnen hat alles mit ihrem Großvater: 'Mein Großvater Eberhard Marx, hat es damals 1942 kurz vor der Deportation übernommen und versprochen, dass er es aufbewahren wird, bis sie zurückkommen.' Doch die jüdischen Nachbarn, Familie Feiner, kehrte nie zurück. Sie wurde im Konzentrationslager ermordet. Trotzdem hat die Familie von Ulrike Moritz 80 Jahre lang auf das Familiengeschirr der Nachbarn aufgepasst. Mit Hilfe des ehemaligen Dorfpfarrers und eines Heimatforschers haben sie nach überlebenden Familienangehörigen gesucht – und sind fündig geworden: in Bosten, in den USA. Dort lebt Alice Lichtenstein. Ihre Großmutter war eine Großnichte der Familie Feiner. Sie überlebte den Holocaust und wanderte später nach Amerika aus.
Große Übergabe des Geschirrs. Mit ihrer Enkelin Alice wurde nun endlich eine rechtmäßige Erbin des Familiengeschirrs gefunden. Familie Moritz hat sie zu sich an die Mosel eingeladen. Alice ist gekommen, um das Geschirr entgegenzunehmen, aber auch, um sich auf die Spuren ihrer Familiengeschichte zu begeben. In Lehmen steht sogar noch das ehemalige Haus ihrer Großmutter. Alice ist gerührt, von der Einladung: 'Die Leute hier kennen uns nicht und dass sie trotzdem so hart daran gearbeitet haben, um diese Reise zu ermöglichen und unsere Erfahrung hier so positiv zu machen, ist unglaublich. Das zeigt wirklich, wie wunderbar die Deutschen heute sind. Dass sie Verantwortung für etwas übernehmen, was sie nicht einmal selbst getan haben.' Das Geschirr wird nun wieder eine wichtige Rolle in ihrer Familie einnehmen und weitervererbt werden: 'Es gibt Kinder in der Familie und zu wissen, dass sie in der Lage sein werden, das Geschirr weiterzugeben und immer weiterzugeben – jetzt, wo es zurück in unserer Familie ist – das ist so unglaublich.'"
Link zum Artikel mit TV-Beitrag:  https://www.swrfernsehen.de/landesschau-rp/weshalb-eine-familie-aus-lehmen-80-jahre-lang-geschirr-aufbewahrte-100.html (bis 16. Juni 2022 online).  
Dazu Video - eingestellt auf Youtube https://www.youtube.com/watch?v=tPV8fKpkywU und https://www.youtube.com/watch?v=YUcOLUSuK-g 
 

    
    

         
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der VG Rhein-Mosel   
bulletWebsite von Daniela Tobias mit Seite zu Familie Salomon Gärtner in Kobern-Gondorf  http://tobiasherz.de/familie-salomon-gaertner-kobern-gondorf   

Literatur:  

bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 214 (mit weiteren Literaturangaben).  
bulletJosef May: Die Vertreibung deutscher Juden aus Alken, Brodenbach, Burgen, Dieblich, Gondorf, Hatzenport, Kobern, Lehmen, Löf und Niederfell. In: Mosel-Kiesel. Hrsg. von der Volkshochschule Untermosel. Kobern-Gondorf 1 1998 S. 163-181.   
bullet Ulrich Offerhaus: 'Aber sie kamen nicht zurück' - Jüdische Familien in Lehmen an der Mosel. Hrsg. von der Ortsgemeinde Lehmen. Verlag Sokrates & Freunde. Koblenz 2023.
Verlagsseite: https://lehrerselbstverlag.de/Aber-sie-kamen-nicht-zurueck-Juedische-Familien-in-Lehmen-an-der-Mosel 
Zum Inhalt: "Vor 200 Jahren ließ sich die erste jüdische Familie in Lehmen nieder. Nachfahren dieser Familie und wenige zugezogene jüdische Familien lebten mit den Dorfbewohnern der christlichen ­Mehrheitsgesellschaft zusammen - in gegenseitigem Respekt und in nachbarschaftlichem und freundschaftlichem Einvernehmen. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft trat ein radikaler Wandel ein. Die vorliegende Studie geht den Wegen nach, die jüdische Familie aus Lehmen in der Verfolgungssituation des herrschenden Antisemitismus gewählt haben, um durch Flucht und Emigration ihr Leben zu retten - und den Wegen, die sie gezwungenermaßen durch Gefängnisse, Internierungs- und Sammellager gehen mussten, bis sie zuletzt in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert und dort ermordet wurden. Jede Familie hat ihre eigenen Stationen von Flucht, Emigration, Verhaftung, Internierung und Deportation durchgemacht - wenige, die durch Auswanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika sich ihr Leben bewahren konnten, und viele, die von Zuhause aus deportiert oder die nach der Besetzung der westlichen Nachbarstaaten durch die Wehrmacht (Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich) wieder in die Hände der Gestapo fielen. Als Eltern von der Polizei verhaftet und deportiert wurden, konnten ihre Kinder fliehen und überlebten die Judenverfolgung, jedoch zwei Jahre lang völlig auf sich allein gestellt - sei es bei Bauern und Hirten in der einsamen Berglandschaft des Massifcentral untergetaucht oder in einem von Nonnen geleiteten Kinderkrankenhaus versteckt. In Zeiten der Entrechtung und Ausgrenzung von Juden aus der Dorfgemeinschaft gab es in Lehmen erschütternde Szenen infamer Denunziation wie auch rührende Beispiele nachbarschaftlicher Hilfe. Der Lehrer in Lehmen war Mitglied der NSDAP; dennoch erfüllte er die Bitte seines jüdischen Nachbarn und nahm das Festtagsporzellan der Familie Feiner am Abend vor ihrer Deportation in Verwahrung, bis wir wiederkommen - aber sie kamen nicht zurück.
Inhaltsverzeichnis: Einleitung (danach jeweils ab Seite:) 11 Landjudenschaft im Kurfürstentum Trier 11 Zeitenwende unter französischer Herrschaft 13 Jüdische Familien in Lehmen 15 Familie Alexander Ritter und Eva, geb. David 15 Lehmen als Orts- und als Familienname 22 Familie Simon Hirsch und Johanna, geb. Ritter 25 Kinder der Familie Simon und Johanna Hirsch 26 Familie Emanuel Feiner und Johanna, geb. Ritter 29 Familie Alexander Feiner und Frieda, geb. Strauß 35 Familie Siegmund Feiner und Thekla, geb. Haymann 43 Familie Albert Leopold und Helene, geb. Feiner 53 Die Kinder des Ehepaares Albert und Helene Leopold 55 Familie Leopold in den USA 59 Familie Albert Marx und Nanette, geb. Gärtner 61 Kinder und Enkelkinder von Albert und Nanette Marx 63 Die Brüder Moritz und Julius Friesem aus Burgbrohl, verheiratet mit den Schwestern Selma und Rosa Marx aus Lehmen 71 Familie Albert Hirsch und Ida, geb. Löb 79 Alice Hirsch, verheiratet mit Martin Brauner 85 Zusammenfassung 91 Nachweis der Abbildungen 97 Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens, die in Lehmen geboren wurden oder hier zeitweilig gelebt haben - und die nicht wieder zurückkamen 99"
 

    
     

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

              

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 06. Oktober 2024