Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Metzingen (Kreis Reutlingen)
 Jüdische Geschichte 
  

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Metzingen 
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte in Metzingen  
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletZeitzeugenbericht 
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Metzingen          
     
In Metzingen gab es zu keiner Zeit eine jüdische Gemeinde. Erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lassen sich einzelne jüdische Personen am Ort nachweisen.     

Im 19./20. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt (Volkszählungsergebnisse nach den Staatshandbüchern; dabei wird es sich teilweise auch um zufällig ortsanwesende, nicht unbedingt um ortsansässige Personen handeln): bis 1858 0, 1864 2, 1867/1871 0, 1875 3, 1880 1, 1885 0, 1890 3, 1895 9, 1900 1, 1905 1, 1910 4, 1925 0, 1933 5 jüdische Einwohner.  
Nach dem Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung von 1932 gehörten die in Metzingen lebenden jüdischen Personen offiziell zur jüdischen Gemeinde in Tübingen.  
 
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gab es zeitweise Filialen auswärtiger Textilfirmen in Metzingen, die jüdischen Unternehmern gehörten. Um 1890 waren es für einige Jahre zwei Filialen von Cannstatter Textilfirmen, einer Korsettfabrik und einer Mechanischen Spinnerei.
 
In den 1920er-Jahren lebte in Metzingen zum einen der Kaufmann Hugo Nathan (geb. 7. März 1893 in Ulm als Sohn von Arnold Nathan und Ernestine geb. Guggenheim, gest. August 1948 in Metzingen; genealogische Angaben https://www.geni.com/people/Hugo-Nathan/6000000021107749716), Teilhaber der Lederfabrik Firma Braunwarth, der 1936 seine Anteile an der Firma verkaufen musste und nach Kreuzlingen in die Schweiz emigrierte. Nach Kriegsende kam er wieder nach Metzingen und wurde als Teilhaber restituiert. Der Metzinger Bevölkerung machte er bis zu seinem frühen Tod 1948 großzügige Spenden. So stiftete er im Dezember 1947 für die Metzinger Kinder 200 Paar Kinderstiefel. Er sorgte auch dafür, dass die Metzinger Fußballmannschaft (ab 1947 "Sportvereinigung Metzingen") Leder zur Herstellung von Fußballschuhen bekamen. Zum Tod von Hugo Nathan wurde zu seinen Ehren ein Gedächtnisspiel in Metzingen zwischen den Stuttgarter Kickers und der Metzinger Spielvereinigung ausgetragen ("Hugo Nathan-Gedächtnisspiel am 15. August 1948). Die Beziehung Nathans zu den Stuttgarter Kickers geht in Vor-NS-Zeiten zurück, da Nathan bis 1933 Hauptsponsor der Stuttgarter Kickers war und als zeitweiliger 2. Vorsitzender und Spielausschussvorsitzender der Stuttgarter Kickers großen Anteil an den Glanzzeiten des Vereins hatte (vgl. Kickersarchiv). 1933 war der Lederfabrikant aus dem Verein ausgeschlossen worden.
Vgl. Artikel von Carola Eißler in der Südwestpresse vom 14. August 2015: "Als der Ball wieder rollte..."  Link zum Artikel  
  
Zum anderen lebte hier Adolf Herold und seine Familie. Er stammte aus dem mittelfränkischen Schopfloch (geb. 17. März 1885, genealogische Angaben siehe Familienblatt von Rolf Hofmann sowie   https://www.geni.com/people/Adolf-HEROLD/6000000006427859978) und hatte in Metzingen 1910 als Verkäufer von Textilwaren angefangen und 1922 in der Schillerstraße 13 eine Strickwarenfabrik eröffnet, die 1925 bereits 25 Beschäftigte zählte. Seine Frau Jenny geb. Goldschmidt ist am 28. Oktober 1880 in Vacha geboren. Adolf Herold war über Jahre mit dem Metzinger Fabrikanten Hugo F. Boss befreundet, die beiden Männer gingen unter anderem zusammen auf die Jagd. Im Rahmen des Konkursverfahrens 1931/32 half Herold Hugo Boss. Familie Herold war in der Metzinger Bevölkerung völlig integriert.
 
1933 wurde Adolf Herold gezwungen, aus dem Metzinger 'Schwäbischen Albverein' auszutreten. Er wurde 1938 in einer Regionalzeitung 'Metzingens einziger Jude' genannt. Im Zusammenhang mit den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938, bei dem das Haus Herold Ziel eines Angriffes durch Nationalsozialisten war, wurde Adolf Herold in "Schutzhaft" genommen und in das KZ Dachau eingeliefert. Nach seiner Rückkehr zog die Familie nach Stuttgart. Adolf Herold war gezwungen, sein Wohnhaus und die Firma in Metzingen zu verkaufen, da die Stadt "judenfrei" gemacht werden sollte. Von Stuttgart aus konnten die Kinder des Ehepaares Herold 1940 gerade noch rechtzeitig emigrieren konnten: die älteste Tochter Gertrud und der Sohn Walter in die USA, die jüngere Tochter Gretl war bereits 1935 mit ihrem Mann Herbert Geballe nach Palästina emigriert. Die Maschinen und die Einrichtungsgegenstände der Strickwarenfabrik von Adolf Herold wurden 1939 von der Strickwarenfabrik Adolf Baur aus Metzingen übernommen; das Wohn- und Fabrikgebäude kam in den Besitz des Arztes Dr. Walter Scharnbeck (1980 verstorben), da der Stadt daran lag, dass der Arzt in Metzingen blieb. Das Ehepaar Herold konnte nicht mehr emigrieren; Adolf und Jenny Herold standen in der Warteliste für die Einwanderung für Amerika, wurden jedoch 1941 nach Riga deportiert und sind 1942 umgekommen. 
In den 1980er-Jahren wurde das Haus in der Schillerstraße an neue Besitzer verkauft, nachdem es einige Jahre von der Familie Dr. Scharnbeck vermietet worden war.   
  
Von den in Metzingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Adolf Herold (1885), Jenny Herold geb. Goldschmidt (1880).   
    
    
    
Berichte aus der jüdischen Geschichte in Metzingen      
    
Zugehörigkeit der jüdischen Einwohner Metzingens zur Gemeinde Tübingen (1932/33)  

Aus dem "Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege" von 1932/33 S. 337: "Tübingen: Israelitisches Vorsteheramt ...  
Angeschlossen: Balingen, Bronnweiler, Gomaringen, Metzingen, Reutlingen, Rottenburg, Tailfingen..."    

   
Familienanzeigen   
Anmerkung: Ehepaar Adolf Herold und seine Frau Jenny geb. Goldschmidt hatten drei Kinder: die älteste Tochter Gertrud und der Sohn Walter sowie die jüngere Tochter Gretl. In der NS-Zeit konnten Gertrud und Walter in die USA emigrieren, Gretl emigrierte mit ihrem Mann Herbert Geballe nach Palästina/Israel. 

Mitteilung der Barmizwah von Walter Herold (1933): "Metzingen. Barmizwah:
31.5.33. Walter, Sohn des Fabrikanten Adolf Herold und seiner Ehefrau Jenny geb. Goldschmidt."   
 
Mitteilung der Hochzeit von Herbert Geballe und Gretl geb. Herold in der "Jüdischen Rundschau" vom 15. November 1935: "Statt Karten  
Herbert Geballe -  Gretl Geballe geb. Herold.
  Vermählte. 
Metzingen Württemberg  -  Haifa Nordaustr. 30 14.XI.35  Berlin". 
 
Mitteilung der Hochzeit von Herbert Geballe und Gretl geb. Herold in der "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Dezember 1935:
"Metzingen. Eheschließung:
14.11.35. Herbert Geballe mit Gretl Herold. Berlin."    

   
Hinweis auf die Metzinger Filiale der Bankkommandite Siegmund Weil in Metzingen (1923)   
Anmerkung: Siegmund Weil ist am 2. Oktober 1871 in Hechingen geboren als Sohn des dortigen Bankiers Julius Weil. Er war seit 1899 verheiratet mit Paula geb. Lyon und zog mit ihr nach Tübingen. Mit seinem Onkel Friedrich Weil leitete er zunächst die Niederlassung des Hechinger Hauses M.J. Weil & Söhne. 1910 trennten sich die beiden Teilhaber. Siegmund Weil kaufte von der Stadt Tübingen das frühere Landgerichtsgebäude in der Wilhelmstraße 22, wo er als Kommandite der Mitteldeutschen Kreditbank Frankfurt - Berlin die Bankkommandite Siegmund Weil gründete. Filialen in Hechingen (Stammhaus), Sigmaringen und Metzingen folgten, dazu wurden noch an anderen Orten Agenturen eröffnet. Die Bankkommandite Siegmund Weil wurde eine der wenigen führenden Regionalbanken Württemberg-Hohenzollern und genoss das uneingeschränkte Vertrauen ihrer Kundschaft. In der NS-Zeit musste die Bank bereits 1933 schließen. Siegmund Weil verließ Tübingen und emigrierte über die Schweiz in die USA, wo er 1942 starb. Ausführlich bei Lili Zapf: Die Tübinger Juden S. 175-179.       

Anzeige in "Der Israelit" vom 5. Juli 1923: Ausschnitt aus einer größeren Anzeige der Mitteldeutschen Kreditbank mit Hinweis darauf, dass Dividendenscheine eingelöst werden können u.a.: ".... in Tübingen, Hechingen, Metzingen und Sigmaringen bei der Bankcommandite Siegmund Weil..."    

  
Pogromnacht 1938 in der Metzinger Tagespresse   
In der Metzinger Tagespresse war nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 der folgende Artikel unter "Volkszorn gegen die Juden" zu lesen: "In Metzingen wurden im Hause des einzigen ansässigen Juden, Herold, von empörten Volksgenossen die Fenster eingeworfen, Herold in Schutzhaft genommen. - Das Denken der Bevölkerung zeigt auch die Tatsache, dass sich sämtliche hiesigen Glasermeister weigerten, die zerstörten Fenster auszubessern. - Wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass Metzingens einziger Jude bald das Feld räumt und unsere Stadt judenfrei wird."
    
   
 
    
Fotos

Das Haus der Familie Herold Schillerstraße 13
(Foto: Hahn, Aufnahme vom 21.3.2021) 
 
      

Hinweise: 1. Fotos von Walter Herold und seiner Schwester Gretel Herold finden sich im Beitrag von Rolf Bidlingmaier siehe Literatur S. 201. 
2. Das Häuschen direkt gegenüber der ehemaligen Synagoge in Buttenhausen (Mühlsteige) gehörte einst dem Metzinger Strickwarenfabrikanten Adolf Herold.  

   

 
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

Juli 2016: Gedenken an den verstorbenen Walter Herold  
Artikel in der "Südwestpresse" vom 15. Juli 2016: "NS-Opfer Walter Herold ist tot.
Walter N. Herold ist am 1. Juli in seinem Haus in Stratham, New Hampshire, USA im Beisein seiner Tochter Lise friedlich entschlafen. Er war 96 Jahre alt. Er wurde am 17. Mai 1920 als Sohn von Jenny und Adolph Herold geboren, die beide 1941 nach Riga deportiert wurden. Die Familie wohnte in der Schillerstraße 13 in Metzingen, bis sie sich nach einem Angriff auf ihr Haus in der Reichspogromnacht dazu gezwungen sah, nach Stuttgart umzuziehen. 1936 schloss er die Realschule in Metzingen ab und machte dann eine Ausbildung als Werkzeugschlosser bei der Firma H.C. Stoll in Reutlingen. Der nationalsozialistischen Verfolgung entkam er durch die Emigration in die USA im Februar 1940. Er diente von 1943 bis 1946 in der 10. Gebirgsjägerdivision der US-Amerikanischen Armee. Für kurze Zeit arbeitete er bei den Firmen Brooklyn Tool und Die Company und wurde dann von Homelite, einem Hersteller von Pumpen, Generatoren und Kettensägen übernommen. Dort arbeitete er 44 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1985 und war dort zuletzt Leiter des internationalen Kundendienstes. 1952 heiratete er Natalie A. Horgan, die 1997 verstarb. Ihre drei gemeinsamen Kinder mit Familien sind Lise Herold mit Floyd Watts in Liberty, Maine, USA; Jane Herold mit Robert Adzema und Tochter May Adzema-Herold in Palisades, New York, USA und Ruth Herold mit Gilles Reverdin und den Töchtern Elizabeth und Eva Herold-Reverdin in Paris, Frankreich. Seine zwei Schwestern sind vor ihm gestorben: Gertrude (Trude) Herold 1957 in Brooklyn, USA und Grete (Gretl) Geballe geb. Herold 1998 in Haifa, Israel. Er war ein passionierter Tischler, begeisterter Angler, liebte Musik und war fasziniert von Sprachen und Astronomie. Er war sehr geschätzt bei seinen Nachbarn in Stratham. Seine Freunde und Familie werden ihn sehr vermissen."
Link zum Artikel 
Artikel von Peter Kiedaisch in der "Südwestpresse" vom 15. Juli 2016: "Gedenken. Stolper-Stelen fürs Gedenken. Die Stadt wird künftig der NS-Oper auf individuelle Art gedenken. Das hat der Gemeinderat am Mittwochabend beschlossen.
Die Frage, in welcher Form die Stadt Metzingen den Opfern der NS-Herrschaft gedenkt, ist geklärt. Der Gemeinderat hat sich am Mittwoch bei nur einer Enthaltung dafür entschieden, als sichtbare Form des Gedenkens an prominenter Stelle eine oder mehrere Stelen zu errichten. Es war eine emotionale, aber in der Sache harmonisch geführte Diskussion, der Oberbürgermeister Dr. Ulrich Fiedler eine traurige Nachricht voranstellte. Nur wenige Stunden vor Beginn der öffentlichen Sitzung erhielt er eine Mitteilung aus den Vereinigten Staaten. Ruth Herold, die Tochter eines ehemaligen Metzingers, der nach den Vorkommnissen während der Reichspogromnacht seine Heimatstadt verließ und später in die Staaten auswanderte, teilte Fiedler mit, dass ihr Vater 96-jährig verstorben sei (siehe obenstehenden Nachruf). Eine Minute des stillen Gedenkens schloss sich dem an.
Die von Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier ausgearbeitete Vorlage der Stadtverwaltung ließ den Räten die Wahl zwischen Stolpersteinen, einer Stele oder beidem. Peter Rogosch, der für die FWV sprach, betonte, die Variante mit einer Stele oder einer Stelengruppe vorzuziehen. Grundsätzlich würden auch Stolpersteine diesem Zweck gerecht, doch diese gäbe es in vielen Kommunen, Metzingen aber möge für einen eigenen Weg stehen. Gleichzeitig kritisierte er einen wohl im Vorfeld der Sitzung an die Stadträte herangetragenen Hinweis der Verwaltung, ideologisch motivierte oder parteipolitische Debattenbeiträge zu vermeiden: 'Eigene Gedanken zu formulieren hat weder mit Ideologie noch mit Parteipolitik zu tun, allenfalls mit kommunalpolitischem und historischem Einfühlungsvermögen und auch mit ästhetischem Empfinden.' Der weitere Verlauf der Diskussion sollte ihm recht geben. Dr. Ursula Wilgenbus (FDP) indes vertrat eine andere Ansicht. Stolpersteine wirkten 'wie Nadelstiche im Alltag'. Die Zeit jedenfalls sei reif dafür: 'Wir sollten dem Leiden der Andersdenkenden gedenken. Überall wird derzeit gezündelt, Menschenfänger sind unterwegs, die die Überlegenheit ihrer Völker kundtun.' Freilich gibt es Gründe, warum sich die Ratsmehrheit gegen Stolpersteine aussprach. Für Peter Rogosch ist es die fehlende Individualität. Hingegen sei es in Metzingen bereits Tradition, 'historische Botschaften und wichtige Informationen auf Stelen zu vermitteln', so Rogosch. Susanne Bernauer (Grüne) sprach sich namens ihrer Fraktion ebenfalls für die Stolpersteine aus. Durch sie würden die Opfer ihre Würde zurückerhalten: 'Wer Persönlichkeit wahrnehmen will, muss von der Person etwas wissen', betonte sie. Persönliche Infos aber sind nur durch Stolpersteine vermittelbar. Jürgen Fromhold (SPD) kann mit beiden Lösungen leben. Stelen auf dem Friedhof unter Einbeziehung Metzinger Künstler zur Würdigung anonymer Opfer und Stolpersteine, die sich auch für erlebbaren Geschichtsunterricht eignen. Wie fruchtbar die Diskussion war, verdeutlichte Peter Rogosch, nachdem Holger Weiblen (CDU) gesprochen hatte: Die Rede des Kollegen 'hat mich sehr berührt'. So viel inhaltliche Nähe ist auch in kommunalen Gremien nicht selbstverständlich. Weiblen sprach sich für Stelen aus, 'für Stolperstelen'. Damit brachte er einen neuen Gedanken ein. Stolpersteine, das habe er im Gespräch mit seiner jugendlichen Tochter erfahren, fallen heutzutage kaum mehr auf. Und dass eine Stele auf dem Mühlwiesenfriedhof nicht unbedingt zum Ort des Erinnerns wird, verdeutlichte zuvor bereits Ursula Wilgenbus: 'Wer geht schon auf den Friedhof? Nur Metzinger.' Weiblen schlug deswegen vor, die Stelen dort zu installieren, wo sie als Stolperstelen auch auffallen: 'Im spannenden Scharnier zwischen Friedhof und Glamourwelt', gegenüber McDonalds. Zudem, so Weiblen, gibt es triftige Gründe für Grundstücksbesitzer, warum sie vor ihrem Haus keine Stolpersteine wollen. Und wenn es nur der ist, nicht ständig daran erinnert zu werden, in einem Haus zu leben, dessen Bewohner schweres Leid zugefügt wurde. Oberbürgermeister Fiedler, der sich für Stolpersteine und für Stelen aussprach, brachte es auf den Punkt: 'Egal, wie wir entscheiden, wir werden die richtige Entscheidung treffen.' Angeregt hatte die Diskussion der Arbeitskreis Stadtgeschichte, der vor etwa eineinhalb Jahren bei der Stadtverwaltung einen Antrag gestellt hatte auf angemessene Würdigung des wohl prominentesten Metzinger NS-Opfers, Albert Fischer (wir haben darüber berichtet). Dass Stelen errichtet werden, ist nach dem Ratsbeschluss jetzt klar. Wo sie errichtet werden und wie sie aussehen, gilt es noch zu besprechen." 
Link zum Artikel   
Artikel im "Reutlinger General-Anzeiger" vom 15. Juli 2016: "Mahnmal. An einer Stele der NS-Opfer gedenken.
METZINGEN.
Stille im Sitzungssaal. Der Metzinger Gemeinderat steht, die Stadtverwaltung, die Zuhörenden. Minutenlang. Sie gedenken Walter Herold, der im Alter von 96 Jahren am 1. Juli in New Hampshire verstorben ist. Mit behutsamen Worten würdigt Oberbürgermeister Dr. Ulrich Fiedler den früheren Metzinger, der, von den Nazis verfolgt, 1940 in die USA emigrierte..." 
Link zum Artikel  (kostenpflichtig) 
 
Oktober 2021: Übergabe einer Gedenkstele für die Opfer des Nationalsozialismus und der Gewaltherrschaft   
Am 7. Oktober 2021 wurde eine Gedenkstele für die Opfer des Nationalsozialismus und der Gewaltherrschaft übergeben. Aus Anlass der Übergabe erschien eine Broschüre über die Opfer des Nationalsozialismus, die auch eine ausführliche Lebensgeschichte der Familie Herold enthält (siehe Literatur unten).  

    

     
Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Metzingen      
bulletAllgemein zur NS-Zeit und zur Zwangsarbeit in Metzingen:  http://www.metzingen-zwangsarbeit.de/

Literatur:  

bulletJakob Toury: Jüdische Textilunternehmer. 1984. S. 191.
bulletRoman Köster: Hugo Boss, 1924-1945. Die Geschichte einer Kleiderfabrik zwischen Weimarer Republik und "Drittem Reich". Schriften zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte. Band 23. Verlag C.H. Beck. München 2011. ISBN 978 3 406 61992 2. S. 62-63.     
bulletRolf Bidlingmaier (Hrsg.): Metzingen in der Zeit des Nationalsozialismus. Publikationen des Stadtarchivs Metzingen 5. Metzingen 2000. Hier S. 200-202 über "Die Metzinger Juden - der Leidensweg der Familie Herold".    
bulletders.: Die Opfer des Nationalsozialismus und der Gewaltherrschaft in Metzingen, Metzingen 2021. Hier S. 15-20: Adolf Herold (1885-1942) und Jenny Herold (1880-1942). Beraubt, deportiert, ermordet. Der Leidensweg einer jüdischen Familie.  

  
   

                   
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Stand: 30. Juni 2020