Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Oberlustadt mit Niederlustadt (Gemeinde Lustadt, Kreis Germersheim) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 
(erstellt unter Mitarbeit von Karl Erhard Schuhmacher, Römerberg) 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule   
Zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Anzeigen    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte            
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)            
    
In Oberlustadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. 
  
1809/10 werden als jüdische Haushaltsvorsteher am Ort genannt: in Oberlustadt Jacques Frank (Gebrauchtwarenhandel), Salomon Frank (Metzger), Abraham Haber (Gebrauchtwarenhandel), Josef Haber, Aron Mayer, Emanuel Mayer (Gebrauchtwarenhandel), Jacques Reinach (Gebrauchtwarenhandel), Moses Reinach (Gebrauchtwarenhandel), Abraham Weill (Weyl; Gebrauchtwarenhandel) David Weill (Weyl), Jacques Weill (Weyl, Kleinhändler), Jesaias Weill (Weyl; Kleinhändler), Moses Weill (Weyl, Viehhändler); in Niederlustadt Samuel Holzmann (Gebrauchtwarenhandel), Michel Mohr (Gebrauchtwarenhandel) und Abraham Silbernagel (Gebrauchtwarenhandel).                                                                                                               

                                               

Oben: die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Oberlustadt 1808 in der Übersicht: "Jews Registering Their Adopted Names in Oberlustadt. Departement de Mont Tonnere (Pfalz) from 11 to 17 Nov 1808 as a result of Napoleon's Decret de 20 Juillet 1808". Es werden 51 Erwachsene und 72 Kinder genannt. 

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: in Oberlustadt 1800 53 jüdische Einwohner, 1801 63 (7,7 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 49 (5,3 %), 1825 132 (13,1 %), höchste Zahl 1848 mit 188 Personen in 43 Familien, 1875 108 Personen, 1900 71; in Niederlustadt 1801 40 (7,1 % der Gesamtbevölkerung), 1808 17 (2,9 %), 1825 26 (3,6 %), 1875 26 Personen, 1900 7. 
 
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (jüdische Konfessions-/Elementarschule von 1836 bis 1905 im jüdischen Schulhaus neben der Synagoge, s.u.) ein rituelles Bad und ein Friedhof. Die Einrichtungen wurden auch von den im benachbarten Niederlustadt lebenden Juden benutzt, die mit Oberlustadt eine gemeinsame Gemeinde bildeten. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer in der Gemeinde angestellt (1836 bis 1905 Elementarlehrer). Er war zugleich als Vorbeter und Schochet tätig. Unter den Lehrern ist Lazarus Waldbott bekannt (gest. 1869), der ein Werk über "Die traditionellen Synagogengesänge der Juden" herausgegeben hat. Aus dem Jahr 1908 wird der Tod von Lehrer Eigner berichtet (siehe Artikel unten). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Landau
  
Um 1924 lebten noch 40 jüdische Einwohner in Oberlustadt (3,5 % von insgesamt etwa 1.150 Einwohnern) und sechs in Niederlustadt. Damals waren Salomon Frank und Heinrich Mayer (= Meier?, siehe Bericht zu seiner Auswanderung 1938)  die Synagogenvorstände. Den jüdischen Religionsunterricht, den Lehrer Adolf Maier aus Niederhochstadt hielt, besuchten noch vier Kinder. 1932 waren die Gemeindevorsteher Salomon Frank (1. Vors.), Heinrich Mayer (2. Vors.) und Isidor Mayer (3. Vors.).  
 
Von den 1933 in Oberlustadt wohnhaften etwa 25 jüdischen Einwohnern (dazu drei in Niederlustadt) konnte in den Jahren der NS-Zeit gut die Hälfte emigrieren. Die Synagoge wurde beim Novemberpogrom 1938 niedergebrannt (s.u.). Die letzten zehn jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940 nach Gurs deportiert.     
    
Von den in Oberlustadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Helene Emsheimer geb. Meyer (1876), Kurt Frank (1911), Salomon Frank (1873), Johanna Grünebaum geb. Weil (1901), Flora Kaufmann geb. Meier (1898), Regina Kern geb. Behr (1866), Frieda Mayer geb. Krämer (1862), Johanna Mayer geb. Mayer (1882), Lina Mayer (1889), Martha Mayer geb. Frank (1907), Emanuel Meier (1886), Heinrich Michel (1884), Isidor Weil (1880), Julius Weil (1864), Selma Weil (1896), Siegfried Weil (1871), Wilhelm Weil (1880), Wilhelm Weil (1882).  
Aus Niederlustadt ist umgekommen: Hermine Mayer geb. Mohr (1876).     
  
An Salomon Frank, der 1939 über Ettlingen nach Karlsruhe verzogen war, erinnert ein "Stolperstein" in Karlsruhe, Schlößleweg 2   
Link zur Seite der Stolpersteine Karlsruhe Schlößleweg 2
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Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
      
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  

Klärung finanzieller Fragen bezüglich der israelitischen Schule in Oberlustadt (1898)  

Oberlustadt AZJ 15071898.jpg (106858 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Juli 1898: "Aus Anlass der Beschwerde des Gemeinderates Niederlustadt gegen den Bescheid der pfälzischen Kreisregierung wegen Leistung eines jährlichen Beitrags von 122 Mark zu den Kosten der israelitischen Schule in Oberlustadt wurde vom Verwaltungsgerichtshof der Regierungsbescheid dahin abgeändert, dass der Anspruch der israelitischen Kultusgemeinde Oberlustadt gegen die politische Gemeinde Niederlustadt auf eine jährliche Beitragsleistung als unbegründet zurückzuweisen sei. Nach den Entscheidungsgründen kann der Anspruch auf Artikel 1 des Schuldotationsgesetzes nicht gestützt werden, da keine Gemeindeanstalt in Frage steht, vielmehr die Schule lediglich für israelitische Elementarschüler mit  obligatorischem Charakter bestimmt ist. Beiträge wurden zwar von der Gemeinde Niederlustadt geleistet, und zwar für die diese Schule besuchenden israelitischen Elementarschüler dieser Gemeinde, ohne dass jedoch eine rechtliche Verpflichtung in dieser Richtung übernommen wurde. Ebenso wenig besteht ein anderweitiges Vertragsverhältnis zwischen politischer Gemeinde und Kultusgemeinde rücksichtlich regelmäßiger jährlicher Beitragsleistungen."   

        
Lehrer Lazarus Waldbott übernimmt den Vertrieb eines von ihm mitherausgegebenen Werkes zu Synagogen-Gesängen (1868)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Januar 1868: "Hierdurch den Herren Lehrern und Kantoren die ergebenste Anzeige, dass die Subskription auf 'die traditionellen Synagogen-Gesänge' eröffnet, und Bestellungen von Herrn L. Waldbott, Lehrer und Kantor in Oberlustadt (Bayerische Pfalz), und von mir franko entgegengenommen werden. Gleichzeitig die Bemerkung, dass ich für Hannover, Nassau, Württemberg, Preußen usw., Agenten für den Verkauf gedachten Werkes gegen gute Provision suche, und können sich Reflektierende an uns wenden.  
Brilon, im Januar 1868. N. H. Katz".            
Katz Synagogen-Gesaenge.jpg (76618 Byte)Bei dem oben angezeigten Werk handelt es sich um die gemeinsam von N. H. Katz (Lehrer und Kantor in Brilon) und Lazarus Waldbott (Lehrer und Kantor in Oberlustadt, Bayrische Pfalz) herausgegebene Publikation "Die traditionellen Synagogen-Gesänge". Sie erschienen im Selbstverlag von N. H. Katz in Brilon (Westfalen).  
Das Werk ist online einsehbar (Freimann-Sammlung - Universitätsbibliothek der Goethe-Universität Frankfurt am Main) 

  
Die israelitische Lehrerstelle ist "durch große Opfer der Gemeinde" gesichert (1908)  
Anmerkung: neben dem Verstorbenen Lehrer Eigner in Oberlustadt wird im nachstehenden Artikel auch der aus Oberlustadt stammende Lehrer Leo Waldbott  (siehe unten) in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der freien Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz genannt.  

Edenkoben Israelit 18061908.jpg (127610 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1908: "Kaiserslautern, 29. Mai (1908). Die freie Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz hielt gestern hier im Lokale der Julius Plotke-Loge ihre Jahresversammlung ab. Der Vorsitzende Lehrer Waldbott in Speyer eröffnete die Versammlung, die von etwa 30 Mitgliedern besucht war, mit Dankesworten an die Verwaltung der Loge für die Überlassung ihres Lokales zur Abhaltung der Versammlung, begrüßte alsdann die anwesenden Vertreter der Loge, sowie der israelitischen Kultusgemeinde Kaiserslautern, welche durch den Bezirksrabbiner Dr. Landsberg und ein Vorstandsmitglied vertreten war. Das Andenken der im Laufe des Vereinsjahres verstorbenen Kollegen Eigner - Oberlustadt und Weil - Edenkoben ehrten die Anwesenden durch Erheben von den Sitzen. Rechtsanwalt Dr. Rheinheimer begrüßte hierauf die Versammlung im Namen der Julius Plotke-Loge, Bezirksrabbiner Dr. Landsberg namens der Israeliten-Gemeinde. Der Jahresbericht der Vorsitzenden erwähnte zunächst die Umwandlung der israelitischen Lehrerstelle in Edenkoben in eine Verweserstelle, was weder den Interessen noch den Erwartungen der israelitischen Lehrer der Pfalz entspreche. Die Erhaltung der israelitischen Lehrerstelle in Haßloch sei durch große Opfer der dortigen Synagogengemeinde erfreulicherweise gesichert. Dagegen harren die Verhältnisse in Kaiserslautern noch immer der definitiven Entscheidung..."   

   
   
Zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Über Leo Waldbott (1867 Oberlustadt - 1940 in Cincinatti/USA)   

Oberlustadt LeoWaldbott.jpg (49758 Byte)Leo Waldbott wurde am 28. Januar 1867 in Oberlustadt als zweiter Sohn des Lehrers und Autors Lazarus Waldbott (siehe Anzeige oben)  geboren. Nach dem frühen Tod seiner Vaters (1869) wuchs er bei seinem Großvater, dem Lehrer und Kantor Levi Waldbott (1809 - 1889), auf, dessen vier Söhne alle Lehrer waren. Auch Leo Waldbott ließ sich zum Lehrer ausbilden (am protestantischen Lehrerseminars in Kaiserslautern): von 1885 bis 1890 war er als Lehrer in Hagenbach tätig, seitdem als Lehrer mit Rabbinerfunktionen und als Kantor in Speyer. Er war Mitglied der Speyerer Liedertafel, Organist und Dirigent des Synagogenchors. Mit dem in Königsberg tätigen berühmten Kantor Eduard Birnbaum (1855 - 1920), der als weltweit führender Experte auf dem Gebiet der Synagogalmusik galt, war Leo Waldbott eng befreundet. Bei der Eröffnung der neuen Speyerer Synagoge im Jahr 1894 hatte Leo Waldbott die Ehre, die Festansprache halten zu dürfen. 1911 wurde er Hauptlehrer, 1916 Oberlehrer. Leo Waldbott galt als eine der angesehensten Persönlichkeiten des pfälzischen Judentums vor dem 2. Weltkrieg. Jahrzehntelang war er Vorsitzender des Vereins der jüdischen Lehrer und Kantoren der Pfalz sowie Vorstandsmitglied im Reichsverband jüdischer Lehrervereine in Deutschland. Besonders engagiert war Leo Waldbott auch im sozialen Bereich. Auf seine Initiative ging die Gründung des ersten Jüdischen Altersheimes für die Pfalz (in Neustadt) zurück. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 1938 wurde ihm vom Bezirksrabbinat der altehrwürdige Ehrentitel "Chaver" (Ehrenrabbiner) verliehen. 
Die beiden Söhne Leo Waldbotts, Emil und George, wanderten in jungen Jahren in die USA aus und folgten damit den Spuren ihrer Tante Flora Waldbott, die bereits im 19. Jahrhundert ebenso wie ihr Bruder, der Botaniker Dr. Sigmund Waldbott, in die USA ausgewandert war. Leo Waldbott, der stolz auf die jahrhundertelange Geschichte seiner Familie in der Pfalz und am Rhein war, wollte eigentlich in Deutschland bleiben, doch bewogen ihn, den deutschjüdischen Patrioten, die Ereignisse der "Reichskristallnacht", schweren Herzens in seinen alten Tagen noch zu emigrieren. Er starb am 26. Mai 1940 in Cincinnatti/Ohio. 
Obige Informationen nach der Website www.angelfire.com/art/gregorbrand/bios/LeoWaldbott.html; hier finden sich als Literaturangaben:  
Reinhold Herz: Gruß für Leon Waldbott. In: Israelitisches Gemeindeblatt 1937 (15. Jg.), Nr. 3, S. 12 
Katrin Hopstock: Leon Waldbott. In: Speyerer Vierteljahreshefte, 1988, S. 24 - 25 
George Waldbott: Memories (Mschr., unveröffentlicht, o. O., o. J.) 
Leo Waldbott: Mein Leben in Deutschland vor und nach dem 30. Januar 1933 (Mschr., Detroit/USA 1940, unveröffentlicht). 
   
Würdigung von Leon Waldbott zu seinem 70. Geburtstag (1937 in Speyer)  
Speyer BayrGZ 15011937.jpg (132704 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1937: "Gruß für Leon Waldbott. Am 28. Januar vollendet in Speyer Oberlehrer a.D. Leon Waldbott in ungewöhnlicher Schaffenskraft das 70. Lebensjahr. Leon Waldbotts Tätigkeit in der Speyerer Gemeinde reiht ihn in die bewährte Tradition 'unserer Lehrer von Speyer' ein, wie es in alten Dokumenten heißt. Von 1890 bis 1923 wirkte er hier als Leiter der Schule und als 1. Kantor, seit 1923 als Dirigent des Synagogenchors. In ihm verbinden sich pädagogische und musikalische Begabung, Lauterkeit des Charakters und des Gemeinschaftssinnes zu einer Wirkungskraft, die sich weit über Speyer hinaus Sympathie und Begehrtheit erwarb. So zählte ihn die Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz und der Reichsverband jüdischer Lehrer in Deutschland 26 Jahre zu ihrem Vorstandsmitglied. Aber die zentrale Leistung Leon Waldbotts liegt in seiner sozialen Arbeit: Das pfälzische Judentum verdankte seiner Initiative im Jahre 1908 die Gründung des israelitischen Altersheims für die Pfalz in Neustadt a.d.H. und eine seitdem unermüdliche Arbeitsliebe für dieses Werk, die ihn immer wieder von seinen zahlreichen Reisen nach den Vereinigten Staaten hierher zurückrief. - Sein 70. Lebensjahr vollendet Leon Waldbott als ein Unermüdlicher. Er schließt gerade in diesen Tagen eine literarische Arbeit ab, in der er die Geschichte des israelitischen Altersheimes für die Pfalz niedergeschrieben hat und seine Sorge für die Alten findet neuerdings wieder ihre Ergänzung in einer zukunftsbahnenden Bemühung um die Jugend. Alle, die Leon Waldbotts Lebenswerk kennen, verbindet an diesem Tage der Dank für das Geleistete und der Wunsch für seine weitere Vollendung in ungebrochener Lebenskraft. Reinhold Herz."      

    
Verlobungsanzeige von Erna Meier und Hugo Frank (1938)      

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. April 1938: "Aus Oberlustadt. Fräulein Erna Meier - Oberlustadt hat sich mit Herrn Hugo Frank - Oberlustadt verlobt."        

  
Der Gemeindevorsteher Heinrich Meier (Mayer?) wandert in die USA aus (1938)     

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. Juni 1938: "Aus Oberlustadt. Am 30. Mai wanderte der bisherige Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Oberlustadt, Herr Heinrich Meier nach USA aus. Er führte das Vorstandsamt in treuer Pflichterfüllung und zur Zufriedenheit seiner Gemeindemitglieder mehrere Jahre hindurch. Die besten Wünsche begleiten ihn auf seinem Lebenswege in seiner neuen Heimat!"       

 
Erinnerung an die Deportation in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober 1940: Grabstein für Julius Weil in Gurs      

Oberlustadt Gurs BK 020.jpg (197935 Byte)  Grabstein für Julius Weil (geb. 19. Oktober 1864 in Oberlustadt), wohnte in Speyer und Heidelberg. 
Wurde am 22. Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs deportiert, wo er am 17. August 1941 umgekommen ist.    

    
Erinnerung an die Deportation in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober 1940: Grabstein für Wilhelm Weil in Gurs        

Oberlustadt Gurs BK 021.jpg (199320 Byte)Grabstein für Wilhelm Weil (geb. 7. November 1882 in Oberlustadt), wohnte in Walldorf und Langenlonsheim. 
Wurde am 22. Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs deportiert, wo er am 17. August 1941 umgekommen ist.     

     
     
Anzeigen  
Schwester Lina Mayer empfiehlt sich als Wochenpflegerin (1929)  

Oberlustadt Israelit 06061929.jpg (41199 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juni 1929: "Wochenpflegerin
ärztlich geprüft. Ia Referenz. Streng rituell, empfiehlt sich: 
Schwester Lina Mayer 
Oberlustadt (Pfalz)
."   

     
     
  
   
Zur Geschichte der Synagoge     
    
    
1815 wird erstmals eine Synagoge genannt. 1846 sollte diese wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Nach Einziehung von zwei Stützpfosten konnte sie bis zur Erstellung einer neuen Synagoge weiter verwendet werden. 

1846 kauften jüdische Gemeindeglieder aus Nieder- und Oberlustadt als vereinigte Synagogengemeinde Oberlustadt einen Bauplatz zum Neubau einer Synagoge. 1851 konnte eine (neue) Synagoge neben der Schule (das heutige Gebäude Obere Hauptstraße 140) in der Rosengasse erbaut werden. Sie war Mittelpunkt des jüdischen Lebens in den beiden Orten bis zu ihrer Zerstörung 1938. Die Synagoge war architektonisch geprägt von romanischen und neuorientalischen Stilelementen. An der Westseite hatte es ein Eingangsportal mit einem Hufeisenbogen, darüber ein Drillingsfenster sowie im Giebelfeld ein als Davidstern ausgebildetes Fenster. Im Inneren gab es 120 Männersitze; auf der Empore 70 Frauensitze. Acht Bronzeleuchter beleuchteten den Raum.   
       
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch ein SA-Kommando aus Landau in Brand gesteckt. Das Gebäude ist dabei weitgehend ausgebrannt, zumal sich die Feuerwehr auf den Schutz der Nachbargebäude beschränkte Die aus der Synagoge herausgeschafften Ritualien, auch die Torarollen und der Toraschrein wurden vor der Synagoge verbrannt. Eine Frau legte sich das liturgische Gewand des Vorbeters an und äffte einen jüdischen Gottesdienst nach.  
 
Die Ruine der ehemaligen Synagoge blieb nach 1945 stehen. 1971 wurde das Anwesen von der Jüdischen Kultusgemeinde verkauft. Der neue Besitzer baute die Ruine unter Verwendung erhaltener Außenmauern zu einem bis heute erhaltenen Wohnhaus um. Das Gebäude ist wie die ehemalige Synagoge etwa 15 m von der Straßenfront zurückgesetzt und übernimmt augenscheinlich deren großes Flächenmaß und die Firstposition und -richtung Ost - West. Das heute flache Satteldach mit den flachen Giebeln, der breite moderne Eingang, die Fenstergestaltungen, die Balkongestaltung an der Ostwand wie die Glasbausteine sind erst beim Umbau entstanden
.     
    
    
Adresse/Standort der Synagoge      Röderstraße 3, daneben das Gebäude der ehemaligen jüdischen Schule (Röderstraße 5)  
   
   
Fotos
(Quelle: Historische Karte: Gemeinde Lustadt; Foto 1963: Landesamt s.Lit. S. 241; Fotos von 2011: Karl Erhard Schumacher, Römerberg)     

Die Synagoge in Oberlustadt  Oberlustadt Synagoge 101.jpg (69109 Byte) Oberlustadt Synagoge 100.jpg (44852 Byte)
    Historische Ansichtskarte von Oberlustadt - vermutlich aus den 1920er-Jahren - 
 mit Ausschnittsvergrößerung: die Synagoge
      
Die Ruine der 
ehemaligen Synagoge (1963) 
Oberlustadt Synagoge 112.jpg (82096 Byte)  Oberlustadt Synagoge 111.jpg (82966 Byte)
  Blick von Westen auf den früheren Eingang zur Synagoge 
     
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge - 
zu einem Wohnhaus umgebaut 

(Fotos vom März 2011, 
Fotos: Karl Erhard Schuhmacher) 
Oberlustadt Synagoge 155.jpg (115511 Byte) Oberlustadt Synagoge 158.jpg (167486 Byte)
    Blick auf das Gebäude der ehemaligen Synagoge von Westen (Foto links; Eingangsbereich 
aus Perspektive wie oben) und Südosten (Foto rechts); aus der Zeit der Synagoge dürfte 
noch ein Teil der Umfassungsmauer (u.a. die Ecklisenen) erhalten sein      
     
     
Rechts der ehemaligen Synagoge:
das Gebäude der ehemaligen 
jüdischen Schule 
(Fotos vom März 2011, 
Fotos: Karl Erhard Schuhmacher)  
Oberlustadt Synagoge 156.jpg (144409 Byte) Oberlustadt Synagoge 157.jpg (124617 Byte)
   
     
       
Wohnhaus Obere Hauptstraße 165 - 
nicht mit der ehemaligen Synagoge 
zu verwechseln 
(Fotos vom März 2011; 
Fotos: Karl Erhard Schuhmacher)  
Lustadt Synagoge 220.jpg (141916 Byte) Lustadt Synagoge 221.jpg (123976 Byte)
  Das heutige Gebäude in der Oberen Hauptstraße 165 sieht in einigen Details dem Gebäude der früheren Synagoge ähnlich. Es wurde von einer wohlhabenden jüdischen Familie in Oberlustadt erbaut. Es hat vermutlich identische Ausmaße, einen identischen Bogenfries mit exakt 13 Bögen und einen wohl identischen Winkel des Giebels und der Dachneigung. Die Übereinstimmung ist derart frappant, dass man davon ausgehen muss, dass der Erbauer dieses Hauses sich der Pläne der Synagoge bedient hat. 

 

   

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     

November 2023: Zwei Presseartikel erinnern an die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 in Oberlustadt       
1. Artikel von Hartwig Humbert in der "Rheinpfalz" vom 9. November 2023: "Synagoge verbrannt, Wohnung verwüstet. Geschichten aus der Geschichte: Nach der Machtergreifung nahmen Nazis auf brutale Weise vor allem Juden ins Visier - auch die Familie Frank..." Artikel ist als pdf-Datei eingestellt
2. Artikel von Hartwig Humbert in der "Rheinpfalz" vom 12. November 2023: "Urteile zehn Jahre nach Synagogenbrand. Geschichten aus der Geschichte: Im April 1948 kam es vor der Strafkammer des Landgerichts Landau zu einem Verfahren, das Einblicke in die Vorgänge beim Brand der Synagoge im November 1938 in Oberlustadt erlaubt. Fünf Lustadter saßen auf der Anklagebank..."  Artikel ist als pdf-Datei eingestellt.   

      


    
Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Gemeinde Lustadt  
bulletSeite zum jüdischen Friedhof in Oberlustadt (interner Link)    
bulletWebsite zu Familie Waldbott, aus der der Lehrer Lazarus Waldbott stammte   

Literatur:  

bulletListe 1809/10: Alfred Hans Kuby: Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte. Beitrag von Wilhelm Kreutz: Die pfälzischen Juden der napoleonischen Ära: Bevölkerungsentwicklung, regionale Ausbreitung und Sozialstruktur. S. 33-84. Zu Oberlustadt und Niederlustadt. S. 63.  
bulletOtmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. 2005 S. 113.124.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 240-241 (mit weiteren Literaturangaben). 

 
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Oberlustadt Palatinate.  The Jewish population was 188 in 1848 and 108 (total 1.370) in 1875. A cemetery was opened in 1824 (and desecrated in 1828) and a synagogue in 1851 (together with Niederlustadt). The two communities also operated a joint elementary school in 1836-1905. In 1932, the Jewish population was 26. Most Jews left in the Nazi era. From among the last ten deported to the Gurs concentration camp in October 1940, seven perished. Three others from the community also died in the Holocaust. The synagogue was burned down on Kristallnacht (9-10 November 1938).     
      
        

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020