Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
Weener mit
Stapelmoor (Kreis Leer, Ostfriesland)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Weener (Stadtrechte seit 1929) bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/41. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17.
Jahrhunderts zurück. Im Generalleitbrief des Grafen Ulrich II. von 1645
wird auch Arend Michaels aus Weener genannt.
1749 gab es fünf jüdische Familien/Haushaltungen in der Stadt. In der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging ihre Zahl offenbar zunächst wieder
zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1804 elf jüdische Einwohner, danach offenbar starke Zuwanderung von
Familien, 1861 138 jüdische Einwohner (von 3.347 Einwohnern), 1864 167 (von
3.383), 1871 205 (6,4 % von 3.209), 1885 231 (6,2 % von 3.724), 1895 192 (von
3.626), 1905 175 (von 3.872). Die jüdischen Familien lebten vor allem vom
Viehhandel, teilweise auch vom Verkauf von Fleischprodukten. Außerdem gab
es Pferdehändler, Textilhändler, seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch
Handwerker (Bäcker, Uhrmacher).
Zur jüdischen Gemeinde Weener gehörten auch die in der unmittelbaren Umgebung
von Weeners lebenden jüdischen Personen, insbesondere in Stapelmoor,
wo erstmals 1671 Gerson Arends genannt und 1895 14 jüdische Einwohner gezählt
wurden, 1905 20, 1924 4.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(seit 1853 Israelitische Elementarschule),
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Elementarlehrer für die Schule angestellt sowie ein Schochet,
der auch als Synagogendiener und Hilfsvorbeter tätig war (über die
Stellenprofile vergleiche die Ausschreibungen unten zwischen 1855 und 1925).
Zwischen 1853 und 1925 gab es sieben Lehrer an der israelitischen
Elementarschule. Am längsten blieb Lehrer de Vries am Ort (Lehrer von 1858 bis
1899), 1897 hatte er 41 Schüler zu unterrichten. Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk Emden.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Aron Gerson (geb.
10.11.1897 in Weener, gest. 28.11.1918 in Gefangenschaft) und Samoel Mindus
(geb. 31.1.1888 in Ihrhove, gef. 21.3.1916). In der Synagoge wurde eine
Gedenktafel für die beiden angebracht; ihre Namen stehen auch auf dem
Gefallenendenkmal vor dem jetzigen Heimatmuseum.
Um 1924, als zur Gemeinde noch etwa 162 Personen gehörten (ca. 4 % von
insgesamt etwa 4.000 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Josef Arons und
Moritz Arons. Der Repräsentanz gehörten an: Sally Meyer, Moses Heß, Jos.
Pinto, Bernhard Weinberg und Moses Gerson. Als Lehrer, Kantor und Prediger der
Gemeinde war Arnold Seliger tätig, als Kantor, Schochet und
Synagogendiener Simon Cossen. An der israelitischen Volksschule
wurden nur noch vier Kinder unterrichtet; 1925 wurde die Schule geschlossen.
Acht Kinder der Gemeinde, die weiterführende Schulen besuchten, erhielten in
der Volksschule ihren Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen waren
vor allem tätig: die Kranken- und Beerdingungsbrüderschaft (Chewra
Kadischa, gegründet 1876; 1924 unter Leitung von A. de Vries und Jos. Pinto,
1932 unter Leitung von A. de Vries und Moritz Gerson, Bahnhofstr. 13 mit 26
Mitgliedern; Zwecke und Arbeitsgebiete: Krankenpflege und Bestattungswesen), der
Israelitische Frauenverein (gegründet 1847/48, 1924 unter Leitung der
Frau von Josef Arons und der Frau von A. de Jonge, 1932, 1932 unter Leitung der
Frau von Josef Arons mit 42 Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiete:
Unterstützung hilfsbedürftiger Frauen und Mädchen), ein "Frauenverein
zur Verschönerung der Synagoge" (seit 1901) sowie der Jüdische
Jugendbund (1924 unter Leitung von Moritz de Vries). Dazu war eine
Ortsgruppe des "Central-Vereins" am Ort.
Auch in den 1920er-Jahren waren unter den jüdischen Gewerbetreibenden vor allem
Viehhändler und Schlachter. Dazu kamen neue Geschäfte wie das Maschinen- und
Fahrräder-Geschäft von Jacob de Jonge. Jüdische Einwohner waren auch im
Vereinsleben in Weener engagiert: Walter Pinto spielte beim TuS Weener Fußball,
Moritz und Hermann de Vries waren in der Feuerwehr aktiv.
1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Josef Arons (1. Vors.) und
Moritz Arons (2. Vors. und Schatzmeister). Als Lehrer und Kantor war nun Sally
Boley genannt, als Schochet und Kantor weiterhin Simon Cossen.
Religionsunterricht erhielten im Schuljahr 1931/32 12 Kinder der
Gemeinde.
1933 wurden 131 jüdische Einwohner in Weener gezählt (von 4,290). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Hauptziele der
Nationalsozialisten waren seit 1933 die jüdischen Schlachter und Schächter.
Bereits am 28. März 1933 war eine Hausdurchsuchung bei Kantor und Schächter
Simon Cossens vorgenommen wurden; dabei wurde sein Schächtmesser beschlagnahmt.
In der Wohnung von Lehrer und Prediger Boley wurde ein Beschneidungsmesser
beschlagnahmt. Beide Messer wurden öffentlich unter Leitung des
SA-Sturmführers Marcus verbrannt. Noch 1933 kam es zu mehreren Verhaftungen
jüdischer Gemeindemitglieder, darunter des Kaufmanns Jakob de Jonge, der in das
KZ Börgermoor verbracht wurde und des Bäcker Ludwig Aron. Bis 1935 konnten die
meisten jüdischen Gewerbebetriebe noch weiterbetrieben werden. Bis 1938 hatten
mindestens 63 der jüdischen Einwohner Weener verlassen, zehn von ihnen sind
nach Übersee emigriert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
niedergebrannt (s.u.), die jüdischen Einwohner verhaftet, ihre Wohnungen
verwüstet und die Wertsachen beschlagnahmt. Die Männer wurden in das
Schlachthaus nach Leer verbracht, schwer misshandelt und danach in das KZ
Sachsenhausen überführt. Mitte 1939 wohnten noch 42 jüdische
Personen in der Stadt. Die meisten von ihnen wurden im Februar 1940 evakuiert.
Im April 1940 gab es keine jüdischen Personen mehr in Weener. In Stapelmoor
lebte bis zu ihrer Emigration nach Holland im April 1942 Rosa
Lazarus.
Von den in Weener geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Karl Arends (1896), Luise
Arends (1905), Minna Arends (1868), Helene Arons (1891), Josef Arons (1861),
Moritz Arons (1867), Julius Baruch (1885), Moses Salomon Lazarus Berliner
(1882), Arondine Blättner (1876), Georgine Blättner geb. Goldschmidt (1871),
Helene Cohen geb. Israel (1883), Rezia Cohen geb. Israels (1888), Henriette Cohn
geb. Gerson (1880), Gertrud Cossen (1910), Max Cossen (1899), Riekchen Cossen
(1901), Lehrer Simon Cossen (1861), Aron Goldsmidt (1886), Bendine
Goldstein geb. Gerson (1887), Henni de Groot geb. Cossen (1903), Marianne
Grünberg (1887), Wolff Joseph Grünberg (1888), Sophie de Haas geb. van der Zyl
(1883), Veronika Hartogsohn geb. Berliner (1892), Frieda Hess (), Paula Hess (),
Theodor Hess (1899), Arnold S. Israels (1894), Edith Israels geb. Arons (1901),
Louis Meenhard Peter Israels (1928), Rosa Israels geb. Salomons (1860), Johanne
(Johanna) Jacobs geb. de Jonge (1875), Rosa Jacobs geb. Löwenstein (1904),
Albert de Jonge (1903), Alfred de Jonge (1901), Amalie de Jonge (1906), Arno de
Jonge (1914), Benjamin de Jonge (1873), Curt de Jonge (1902), Elise de Jonge
(1904), Elise de Jonge (1923), Eva de Jonge (1877), Friedrich Wilhelm de Jonge
(1876), Gretchen de Jonge geb. Berliner (1893), Henry de Jonge (1910), Pauline
de Jonge geb. Meyer (1977), Rebecke de Jonge geb. Pels (1880), Samuel de Jonge
(1903), Sara de Jonge geb. Levis (1881), Simon de Jonge (1874), Simon de
Jonge (1897), Teda Katz geb. Arends (1897), Minna Koch geb. Baruch (1887),
Auguste Kosses geb. van der Zijl (1903), Bertha Löwenstein geb. van der Walde
(1870), Eva Löwenstein (1862), Johanna Löwenstein geb. Rosenberg (1899),
Lazarus Hartog Löwenstein (1871), Levy Löwenstein (1868), Max Löwenstein
(1899), Rieke Marcus geb. Lazarus (1891), Elsa Meijer (1899), Leopold Meijer
(1893), Margot Meijer geb. Israels (1891), Bernhard Meyer (1886), Estella Meyer
(1861), Samuel Meyer (1863), Elsa Michelsohn geb. Israels (1885), Eva Mosbach
geb. Arends (1870), Edith Lore Luise Nathans geb. Israels (1925), Veronika
Norden geb. Berliner (1884), Else Pinto geb. Herzberg (1882), Josef Pinto
(1871), Walter Pinto (1910), Benjamin Karl Polak (1872), Carl Polak (1875),
Ernst Polak (1876), Lea Popper (1908), Bertha Rosenbaum geb. van der Zyl (1870),
Henriette Rosenbaum geb. van der Zyl (1880), Eva Rosenfeld geb. de Jonge (1877),
Helene Rybier geb. de Jonge (1911),
Augusta Schönthal geb. Windmüler (1904), Therese Schragenheim geb. Markreich
(1883), Marianne Senf geb. de Jonge (1881), Eleonore Teichert geb. Salomons
(1875), Margarete Trapowski geb. Israels (1863), Abraham de Vries (1866), Alida
de Vries (1871), Frieda de Vries (1869), Helene de Vries geb. van der Zyl
(1906), Henriette de Vries (1861), Hermann de Vries (1872), Hilde Vries (1876),
Jakob de Vries (1876), Jürgen Adolf Vries (1930), Sophie Vries geb. Jakobs
(1897), Wilhelm (Willi) Vries (1927), Annemarie Weinberg (1935), Baruch Weinberg
(1881), Caroline (Karoline) Weinberg (1907), Flora Weinberg geb. Grünberg
(1886), Rahel Weinberg geb. Grünberg (1875), Titia Werner geb. Cossen (1907),
Friederike Windmüller (1900), Isidor Windmüller ((1874), Max Windmüller
(1901), Martha Wolff geb. Löwenstein (1908), Paula Wolffs geb. Hess (1893),
Amalie van der Zijl geb. Herz (1876), Philipp van der Zijl (1873), Lydia van der
Zyl geb. Salomon (1909), Philipp van der Zyl (1937).
Aus Stapelmoor sind umgekommen: Gerda Lazarus geb. Jacobs (1900), Simon
Lazarus (1886), Rika Marcus Lazarus
(1891).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Elementarlehrers (1855 / 1858)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1855:
"An der jüdischen Elementarschule zu Weener ist die
Lehrerstelle sofort zu besetzen. Nebst freier Wohnung, Feuerung und Licht
beträgt das jährliche Fixum für anjetzt 150 Thaler. Auf Bewerber,
welche zur Übernahme des Vorbeteramts sich eignen - wofür seinerzeit ein
angemessenes Honorar erfolgt - soll besondere Rücksicht genommen werden.
Portofreie Anmeldungen sind an das Landrabbinat zu richten.
Emden, den 1. Dezember 1854. Der Landrabbiner
Hamburger." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. April 1858:
"Bei der hiesigen israelitischen Gemeinde ist die Stelle eines
Elementarlehrers und Vorbeters mit einem jährlichen Gehalte von 200
Thalern nebst freier Wohnung vakant, und ist dieselbe im Mai, längstens
bis zum 1. Juni dieses Jahres zu besetzen. Hierauf Reflektierende werden
ersucht, sich baldmöglichst unter Einsendung ihrer
Qualifikations-Zeugnisse an den Unterzeichneten zu wenden.
Weener in Ostfriesland, im März 1858. Der israelitische
Vorstand." |
Ausschreibungen der Stelle
des Schochet / Synagogendiener beziehungsweise Vorbeters / Hilfsschochet (1886 /
1925)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Juni 1886:
"Die hiesige Synagogengemeinde sucht auf sofort einen tüchtigen Schochet,
welcher auch als Synagogendiener zu fungieren hat und an den hohen
Feiertagen einen Teil der Gebete vortragen, sowie im Verhinderungsfalle
den Vorbeter vertreten kann. Anmeldung nimmt entgegen Weener
in Ostfriesland, 6. Juni 1886.
A. C. Salomons, Synagogenvorsteher." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1925:
"Wir suchen zum baldigen Antritt möglichst einen abgebauten Lehrer,
welcher das Amt des Vorbeters sowie Hilfsschächters mit übernimmt
und einen deutschen Vortrag halten kann. Ein zweiter Beamter, welcher als Schochet
und Hilfsvorbeter fungiert, wird gehalten. Gute Dienstwohnung mit
Garten vorhanden. Meldungen mit Gehaltsansprüchen und Zeugnisabschriften
sind bis zum 12. Juli einzusenden.
Der Vorstand der Synagogengemeinde Weener in
Ostfriesland." |
40-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Simon Cossen (1931, seit 1896 in Weener)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. September 1931:
"Ems, 26. August (1931). Am 1. Oktober begeht Kollege S. Cossen, Weener
- Ems, das 40-jährige Dienstjubiläum als Chason und Schochet,
früher in seiner Heimatgemeinde Norden, seit fast 35 Jahren in Weener-Ems.
Wir wünschen dem Kollegen, der sich allgemeine Beliebtheit erfreut,
weiter Gesundheit und erfolgreiche Tätigkeit zum Wohle seiner
Gemeinde." |
Hinweis auf Lehrer Ignatz Popper (1873 -
1941)
Anmerkung: Lehrer Ignatz Popper (geb. 25.1.1873 in Ahrensburg) war
nach 1905 bis längstens 1922 (mindestens um 1908 / 11 nach den
Geburtsjahrgängen seiner in Weener geborenen Kinder) Lehrer in Weener,
von 1922 bis 1935
Lehrer und Kantor an der jüdischen Volksschule und in der Gemeinde in Leer /
Ostfriesland; er war verheiratet mit Nanette geb. Marx (geb. 1881 in Oberdorf); nach
seiner Zurruhesetzung übernahm Lehrer Popper noch einige Zeit den Unterricht
und die Betreuung der Gemeinde in Maßbach; am 22. November 1941 ist das Ehepaar
Popper von Frankfurt aus nach Kowno (Kauen) deportiert und dort wenige Tage
später ermordet worden. Die beiden Töchter Käthe (geb. 1905 in Lingen) sowie
Lea (geb. 1908 in Weener) wurden gleichfalls von Frankfurt aus
deportiert. Der einzige Überlebende der Familie, Sohn Alfred (geb. 1911 in Weener)
hat 1938 noch in die USA emigrieren können (gest. 1992 in Falmouth, Maine, USA).
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Antisemitismus Anfang des 20. Jahrhunderts (1904)
Anmerkung: Weener war Anfang des 20. Jahrhunderts ein Zentrum
antisemitischer Hetze. Bei dem in nachfolgendem Abschnitt genannten
Arzt, der als Antisemit eine besondere Rolle am Ort spielte, handelte es sich um
Dr. Feenders. Der Prozess, zu dem es auf Grund der Auseinandersetzung kam, wurde
zunächst vor dem Schöffengericht in Weener ausgetragen, das sowohl das
jüdischen Gemeindeglied wie Dr. Feenders zu einer Geldstrafe verurteilte. Dr.
Feenders ging in Berufung, doch lehnte die Strafkammer in Aurich die Berufung
ab, verdoppelte die ihm auferlegte Geldstrafe und sprach den jüdischen
Mitangeklagten frei.
1908 war Reichstagskandidat der Rechten im Wahlkreis Norden-Emden-Leer der
antisemitische Rechtsanwalt Groeneveld aus Weener. Er konnte einen beachtlichen
Stimmenanteil für sich verbuchen, wenngleich der liberale Kandidat gewählt
wurde.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1904: "Vom
Antisemitismus in Ostfriesland.
Weener (Ostfriesland), im November (1904). Wir können zu unserer
Freude Ihnen mitteilen, dass der Antisemitismus, der Sozialismus der
Dummen, hier in Ostfriesland nur ganz vereinzelt noch anzutreffen ist.
Jene Personen, welche einst in dieser Bewegung besonders stark machten,
hat man von sich abgeschüttelt; sie waren auch danach. Dem Schreiber
dieser Zeilen sind einige Herren bekannt, die mit Bedauern heute
erklären, dass sie sich von Führern, wie Ehren-Leuß, haben betören
lassen. Wenn nun hie und da noch Personen von mehr oder minder
horizontaler Vergangenheit ihren Judenhass in die Erscheinung treten
lassen, so ist das nicht sehr sonderbar; aber als bedauerlich muss es
erscheinen, wenn Herren mit akademischer Bildung sich an jener Hetze
beteiligen, die von Kaiser Friedrich als eine Schmacht des Jahrhunderts
bezeichnet worden ist. Ein hier ansässiger Arzt, Dr. V., sucht sich
fortgesetzt darin zu gefallen, seinem Hass gegen das Judentum Ausdruck zu
geben. Darüber kam es vor Kurzem in einem hiesigen Hotel zwischen Dr. V.
und einem hochangesehenen israelitischen Herrn zum Streit, in dessen
Verlauf sich letzterer durch eine kräftige Ohrfeige schallende Genugtuung
verschaffte. Das Ende vom Liede ist ein Strafprozess, über dessen Ausgang
wir berichten werden. Da Dr. V. Sanitätsoffizier ist, so wird sich auch
das zuständige Bezirkskommando mit der Angelegenheit zu befassen haben.
K." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Der plattdeutsche Dichter Louis Israels wurde zum
Bürgervorsteher wiedergewählt (1902)
Anmerkung: Louis Israel war im "normalen Beruf" Viehhändler. Er
war erstmals um 1890 zum Bürgervorsteher gewählt worden.
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Dezember
1902: "In Weener (Ostfriesland) wurde der bekannte
plattdeutsche Dichter Louis Israels mit großer Majorität zum
Bürgervorsteher wiedergewählt. Die Antisemiten hatten gegen die
Wiederwahl Israels, der seine Verehrung für den Fürsten Bismarck in
zahlreichen plattdeutschen Gedichten zum Ausdruck gebracht hat, eine
heftige Agitation entfaltet, sind aber von der überwiegenden Mehrheit der
Bürgerschaft abgewiesen worden." |
Goldene Hochzeit von Moses Heß und Amalie geb. Kahn sowie
von Jos. Arons und Sophie geb. Israels (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April
1936: "Weener (Ostfriesland), 28. April (1936). Am Sonntag,
den 10. Mai begeht unser ältestes Gemeindemitglied und langjähriger
Repräsentant, Herr Moses Heß und Frau Amalie geb. Kahn, das
seltene Fest der goldenen Hochzeit. - An eben diesem Tage feiern
auch unser früherer erster Vorsteher und jetziger Ehrenvorsteher Herr
Jos. Arons und Frau Sophie geb. Israels, welche in seltener
Rüstigkeit das Amt der ersten Vorsitzenden des Israelitischen
Frauenvereins wahrnimmt, ihr goldenes Ehejubiläum. Die Gemeinde
Weener wird es sich nicht nehmen lassen, diesen seltenen Festtag würdig
zu gestalten." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen von Frau Joseph Israels Witwe (1873 / 1891)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Februar 1873:
"Gesucht zu Ostern dieses Jahres eine in den reiferen Jahren stehende
Gouvernante (mosaischer Religion), die in allen Gegenständen, sowie im
Englischen und Französischen, wo tunlich auch in Musik Unterricht
erteilt.
Frau Joseph Israels Witwe. Weener in Ostfriesland, im Januar
1873." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1891:
"Gesucht wird auf sofort ein tüchtiges, erfahrenes
Fräulein zur Pflege einer älteren Dame und Stütze des
Haushaltes.
Frau Jos. Israels Witwe, Weener
(Ostfriesland)." |
Verlobungsanzeige von Edith Arons und Arnold Jsraëls
(1924)
Hinweis: Arnold Jsraels und Edith geb. Arons sind in der NS-Zeit
beide nach der Deportation umgekommen.
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins)
vom 1. Mai 1924: "Statt Karten.
Die Verlobung ihrer Kinder Edith und Arnold beehren sich anzuzeigen
Moritz Arons und Frau - Frau Louis Jsraëls.
Edith Arons - Arnold Jsraëls.
Verlobte. Weener (Ostfriesland), Ostern 1924." |
Anzeige der Schlachterei und Wurstwarenfabrik A. M. de Vries (1924)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins)
vom 27. März 1924:
"Versende koschere
Fleisch- und Wurstwaren.
Spezialität: Ostfriesische grobe Kochwurst mit Fettwürfeln.
A. M. de Vries, Weener (Ems).
Schlachterei und Wurstwarenfabrik mit elektrischem
Betrieb." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum vorhanden. Er befand sich -
wie die spätere Synagoge - in einem Gebäude in der Westerstraße.
1828 war die Zahl der jüdischen Familien am Ort groß genug, um ein
Grundstück an der Westerstraße zum Bau einer Synagoge zu erwerben. Sie konnte
im folgenden Jahr eingeweiht werden. 1837 wurde das Gebäude mit dem
früheren Betraum von den Gemeindevorstehern verkauft, um vor der Synagoge ein
Haus für die Einrichtung einer Lehrerwohnung und eines Schulzimmers zu
erwerben. 1853 wurde zwischen diesem Gebäude und der Synagoge ein neues
Schulhaus zur Einrichtung der jüdischen Elementarschule
erstellt.
1928 wurde die Synagoge umfassend renoviert. Das 100-jährige Bestehen der
Synagoge wurde am 22. September 1929 im Hotel zum Weinberg gefeiert.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde in den
frühen Morgenstunden des 10. November die Synagoge unter Leitung des Leeraner
SA-Standartenführers Meyer geschändet und niedergebrannt. Der
SA-Sturmbannführer Lahmeyer aus Weener hatte seine Leute mit Benzin
ausgestattet. Die Feuerwehr war zum Schutz der Nachbargebäude anwesend. Am
Nachmittag des 10. November standen nur noch die verkohlten Außenwände der
Synagoge.
Auf dem Synagogengrundstück wurde 1990 eine Menora aufgestellt; am
ehemaligen Lehrerhaus wurde eine Gedenktafel angebracht.
Im Sommer 2021 wurden bei Grabungen der Ostfriesischen Landschaft auf dem
Synagogengrundstück die Grundmauern der Synagoge wiederentdeckt (vgl. Artikel
vom 6. Juli 2021 in der Ostfriesenzeitung "Fundament jüdischer Synagoge in
Weener entdeckt").
Adresse/Standort der Synagoge: hinter
dem Gebäude Westerstraße 32 (heute
Parkplatz)
Fotos
(Innenansicht und Plan aus dem Beitrag von F. Wessels s. Lit.
S. 280-281; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 4.8.2010)
Innenansicht der Synagoge
und historischer Plan |
|
|
|
Innenansicht der Synagoge
um 1930 mit Blick
zum Toraschrein. Erkennbar sind u.a. das
Rundfenster
über dem Toraschrein mit
Davidstern, die Frauenempore, Leuchter und
der
Toralesetisch am unteren Bildrand. |
Auf dem Plan von 1873
sind in der mittleren
Spalte die Häuser der jüdischen Gemeinde
eingetragen:
oben an der Westerstraße (Nr. 140)
das Lehrerwohnhaus, darunter (Nr. 139)
die
Schule) und schließlich die Synagoge (139) |
|
|
|
|
|
|
Gedenken an die ehemalige
Synagoge
in der Westerstraße |
|
|
|
Die Gedenktafel
erinnert mit der Inschrift: "In dieser Straße stand in Höhe des
Hauses Nr. 32
über 100 Jahre die Synagoge der früheren jüdischen
Gemeinde Weener, bis sie am 9. Nov. 1938
gewaltsam zerstört
wurde". |
|
|
|
|
|
|
Gedenken im Bereich der
ehemaligen Synagoge
und der jüdischen Schule |
|
|
|
|
|
In der Mitte: Standort des
ehemaligen
Lehrer- und Rabbinerhauses
(erbaut 1887) |
Hinweis- und Gedenktafel für
Synagoge,
Schule, Lehrer- und Rabbinerhaus
mit Plan |
Das Haus links war das
Gebäude der
ehemaligen jüdischen Schule. Links davon
stand die ehemalige
Synagoge. |
|
|
|
|
|
|
Straßenschild
"An der
Synagoge" |
Die Menora
(siebenarmiger Leuchter) zur Erinnerung an die zerstörte Synagoge
mit der
Inschrift: "Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung" |
|
|
|
Das Ehrenmal vor
dem Heimatmuseum |
|
|
|
Blick auf das
Ehrenmal vor dem Heimatmuseum mit Hinweistafel zu seiner Geschichte:
"Ehrenmal. 1927 errichtet zum Gedenken der Opfer des 1.
Weltkrieges 1914-18. 1959 erweitert zum Gedenken der Opfer der
Kriege 1870-71 und 1939-45. 1980 erweitert um den Gedenkstein für
die Opfer und Verfolgten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
1933-45, der insbesondere an die über 120 aus Weener vertriebenen
jüdischen Mitbürger erinnert. Mehr als 60 von ihnen wurden
ermordet." |
|
|
|
|
|
|
|
Name des jüdischen Gefallenen
des
Ersten Weltkrieges: Samuel Mindus. |
Im Mittelpunkt die Inschrift:
"Den Opfern und Verfolgten
der Gewaltherrschaft 1933/45" |
|
|
|
|
|
|
Andernorts entdeckt:
"Stolpersteine"
für Angehörige der Familie de Jonge
in Minden
(Quelle: Website
Friedenswoche-Minden.de) |
|
|
|
|
Von
Februar 1940 bis zu ihrer Deportation im Juli 1942 lebte in Minden das
Ehepaar de Jonge mit ihrem Sohn. Benjamin de Jonge (geb. 1867 in
Weener) betrieb in
Weener einen Viehhandlung, vermutlich mit Landwirtschaft und Schlachterei.
Er war verheiratet mit Sara geb. de Levie (geb. 1881 in Ihrhove Kreis
Leer). 1938 wurde Benjamin de Jonge zur Aufgabe seiner Viehhandlung in
Weener, die er inzwischen gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Samuel
(geb. 1903) betrieb, gezwungen; im Februar 1940 wurde das Ehepaar aus
Weener ausgewiesen; sie fanden Unterkunft bei der Verwandten Eva Rosenfeld
geb. de Jonge (geb. 1877 in Weener). Auch Sohn Samuel ist mitgezogen; er
war einige Zeit zur Zwangsarbeit in Wilhelmshaven eingesetzt. Im Juli 1942
wurden alle drei in das KZ Theresienstadt deportiert; Eva Rosenfeld geb.
de Jonge wählte angesichts der Deportation den Freitod. Von den vier oder
fünf Kindern des Ehepaares wurden auch Amalie de Jonge (1906) und Henry
de Jonge (1910) 1942 in Auschwitz
ermordet. |
|
|
|
|
|
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Oktober 2016:
Erste sieben "Stolpersteine" werden in Weener
verlegt |
Am 17. Oktober 2016 wurden in Weener sieben
"Stolpersteine" vor dem Haus Neue Straße 15 (heutige Buchhandlung
Klinkenborg) verlegt. Sie erinnern an die jüdische Familie van der Zyl.
Anlässlich der Aktion wurde auch eine Broschüre mit Informationen zu der
Familie herausgebracht.
Stolpersteine wurden verlegt für Alfred van der Zyl (1907), Philipp van der
Zyl (1873), Philipp Amos van der Zyl (1937), Lydia van der Zyl (1909), Leo
van der Zyl (1938), Immanuel Manfred van der Zyl (1941), Amalia van der Zyl
(1876).
Download der
Broschüre zur Verlegung (pdf-Datei). |
|
Oktober
2017:
13 weitere Stolpersteine werden in
Weener verlegt |
Am 21. Oktober 2017 wurden weitere
"Stolpersteine" verlegt: vor dem Haus
Kommerzienrat-Hesse-Straße 7 (fünf "Stolpersteine" zur
Erinnerung an die Familie Grünberg - Weinberg) und vor dem Haus Weserstr.
41a (acht "Stolpersteine" zur Erinnerung an die Familie de
Vries).
Stolpersteine wurden im einzelnen verlegt für Bernhard Baruch Weinberg
(1881), Rahel Weinberg geb. Grünberg (1875), Max Grünberg (1888), Karoline
'Lilli' Weinberg (1907), Annemarie 'Rosel' Weinberg (1935) sowie für Abraham
de Vries (1866), Mathilde de Vries geb. Cohen (1871), Daniel de Vries
(1907), Moritz de Vries (1896), Sophie de Vries geb. Jacobs (1897), Hilde de
Vries (1925), Wilhelm de Vries (1927), Jürgen Adolf de Vries (1930).
Siehe Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Weener
Siehe auch Artikel von Käthe Dübbel in der
"Ostfriesen-Zeitung" vom 22. Oktober 2017: "Weener:
Stolpersteine wurden verlegt..."
Link
zum Artikel (Artikel gebührenpflichtig)
Download der
Broschüre zur Verlegung für Familie Weinberg-Grünberg (pdf-Datei)
Download der
Broschüre zur Verlegung für Familie de Vries (pdf-Datei) |
|
Februar 2019:
12 weitere Stolpersteine werden
verlegt |
Bei der Verlegung am 12. Februar 2019 wurden
Stolpersteine im Bereich des alten Hafens verlegt: Am Hafen 13 für Familie
Cossen (Kultusbeamter/Schächter Cossen): Titia Cossen (1907), Simon Cossen
(1861), Gertrud Cossen (1910), Am Hafen 3 für Familie Hess (Fleisch- und
Viehhandel Hess): Moses 'Momo' Abraham Hess (1861),Theodor Hess
(1899), Amalie Malchen Hess geb. Kahn (1860); Am Hafen 24 für Familie Gerson
(Viehhändler Gerson): Rosa Gerson geb. Schulenklopper (1889), Margot Gerson
(1914), Elfriede 'Friedel' Gerson (1917), Albert Gerson (1921); Am
Hafen 26 für Ehepaar de Jonge (Viehhändler de Jonge): Benjamin
Heinrich de Jonge (1879), Elisabeth 'Else' de Jonge geb. Strauss (1891).
Download der
Broschüre zur Verlegung der Stolpersteine Am Hafen in Weener (pdf-Datei)
|
|
November 2019:
22 weitere "Stolpersteine" werden
verlegt |
Weitere Informationen siehe Website
http://stolpersteine-weener.de/
Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Weener
|
Fotos (kleinformatig, in höherer
Auflösung siehe über die obigen Links; erhalten von Gisberg Marx,
Stolpersteininitiative Weener): |
|
|
|
|
|
|
|
|
Die Stolpersteine bei
der Anlieferung |
Markierung der
Verlegestelle |
Kommerzienrat-
Hesse-Straße 7 |
Neue Straße 2
|
Norderstraße
79 vor, während und nach der Verlegung
|
Süderstr. 3
|
|
November 2021:
Weitere "Stolpersteine" werden
verlegt |
Artikel von Tatjana Gettkowski
in der "Ostfriesenzeitung" vom 24. November 2021: "Gedenken. 21 neue
Stolpersteine wurden in Weener verlegt.
Stolpersteine erinnern vor Häusern in Weener an die ehemaligen jüdischen
Weeneraner, die einst dort gewohnt haben. 21 neue Erinnerungstafeln wurden
jetzt verlegt – in anderer Form als sonst üblich..."
Link zum Artikel (für Abonnenten) |
|
Oktober 2023:
Weitere 26 "Stolpersteine" werden
verlegt |
Artikel von Tatjana Gettkowski
in der "Ostfriesen-Zeitung" vom 20. Oktober 2023: "Erinnerung an jüdische
Schicksale. 26 neue Stolpersteine werden in der Stadt Weener verlegt
In Weener erinnern 100 Stolpersteine an die früheren jüdischen Bewohner. Nun
kommen 26 hinzu. Verlegt werden sie am 21. Oktober von dem Kölner Künstler
und Initiator der Aktion Gunter Demnig.
Weener - In Weener gab es einst eine große jüdische Gemeinde. Die
jüdischen Bewohner der Stadt waren als Schlachter, Viehhändler und Kaufleute
wichtiger Bestandteil des öffentlichen Lebens, waren Freunde und Nachbarn.
Doch dann begann die Zeit der Ausgrenzung und Schikanen. Viele von ihnen
wurden von den Nazis verfolgt, zwangsenteignet und später in den
Konzentrationslagern ermordet. Wie in vielen anderen Städten will man auch
in Weener ein Zeichen gegen das Vergessen setzen und die Erinnerung an die
früheren jüdischen Bewohner bewahren – mit Stolpersteinen vor den Häusern,
in denen sie einst lebten und arbeiteten. 100 dieser Messingplatten wurden
seit 2016 schon in Weener verlegt. Nun sollen 26 weitere hinzu kommen.
Verlegt werden die neuen Stolpersteine am Sonnabend, 21. Oktober, unter
anderem in der Norderstraße, in der Westerstraße und in der Bahnhofstraße.
Initiiert wurde die Aktion im Jahr 2000 von dem Kölner Künstler Gunter
Demnig, der in diesem Jahr den 100.000. Stolperstein verlegt hat. Er wird an
diesem Sonnabend auch die Stolpersteine in Weener ins Gehwegpflaster
einlassen.
Hinter jedem Stein steht ein Schicksal. Der Weeneraner Arbeitskreis
Stolpersteine hat interessante, aber auch erschütternde und traurige
Informationen über das Schicksal der früheren jüdischen Bewohner Weeners
zusammengetragen, an die mit den Stolpersteinen erinnert werden soll. Wie
bereits bei den vorherigen Aktionen wurden daraus kleine Broschüren mit
Fotos, Dokumenten und Texten über die Familien-Schicksale zusammengestellt.
Mitglieder des Arbeitskreises werden bei der Veranstaltung am Sonnabend die
Biografien der ehemaligen jüdischen Mitbürger vorlesen. Erhältlich sind die
Broschüren ab dem Tag der Stolpersteinverlegung in der Buchhandlung Klibo in
Weener.
Die Gedenksteinverlegung beginnt am Sonnabend, 21. Oktober, um 12.30 Uhr in
der Norderstraße 81. Dort wird an die Familie von Alice Gobas gedacht, bevor
es in die anderen Straßen geht. Die Begrüßung der Teilnehmer macht
Bürgermeister Heiko Abbas. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung gibt es
bei einer Tee- und Kaffeetafel im Restaurant 'Hafenblick' am Sportboothafen
1 Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch."
Link zum Artikel |
Artikel von Bodo Wolters in der
"Ostfriesen-Zeitung" vom 22. Oktober 2023: "Stolpersteine verlegt. Weener
erinnert an jüdische Mitbürger und zeigt Solidarität
100 Stolpersteine erinnern in Weener bereits an vertriebene und ermordete
jüdische Mitbürger. Nun sind 26 neue Messingplatten hinzugekommen. Bei der
Verlegung zeigte man auch Solidarität mit Israel.
Weener - Sie sind ein Zeichen gegen das Vergessen und eine Erinnerung an
die früheren jüdischen Bewohner der Städte und Gemeinden: Stolpersteine.
Initiiert wurde die Aktion im Jahr 2000 von dem Kölner Künstler Gunter
Demnig, der in diesem Jahr den 100.000. Stolperstein verlegt hat. An diesem
Sonnabend wurden nun 26 weitere Stolpersteine in Weener verlegt. Seit 2016
waren in der Stadt bereits 100 verlegt worden. An acht einstigen Wohnorten
ehemaliger jüdischer Weeneraner wurden am Nachmittag mit begleitenden
Erinnerungsworten von Demnig die Stolpersteine mit Messingplatten, auf denen
die Namen der Betroffenen eingraviert sind, verlegt. Sie liegen unter
anderem in der Norderstraße, in der Westerstraße und in der Bahnhofstraße.
Broschüre mit Informationen erhältlich. Der Weeneraner Arbeitskreis
Stolpersteine hatte wieder interessante, aber auch erschütternde und
traurige Informationen über das Schicksal der früheren jüdischen Bewohner
Weeners zusammengetragen. Birgit Rutenberg vom Arbeitskreis sprach während
der Verlegung einleitende Worte und dankte den Unterstützern. Die Mitglieder
haben zudem wieder kleine Broschüren mit Fotos, Dokumenten und Texten über
die Familien-Schicksale zusammengestellt. Die Erkenntnisse und Erinnerungen
wurden am Sonnabend vorgetragen. Erhältlich sind die Broschüren ab sofort in
der Buchhandlung Klibo in Weener. Der Weeneraner Bürgermeister Heiko Abbas
dankte zu Beginn dem Arbeitskreis, der bereits 100 Stolpersteine verlegen
ließ. Er freute sich auch, dass auch der 98-jährige Holocaust-Überlebende
Albrecht Weinberg teilnehme. 'Wir setzen hier heute gleich mehrere Zeichen',
betonte der Bürgermeister. 'Denn mit der Verlegung der Stolpersteine zeigen
wir deutlich, dass das historische Erbe und die Verantwortung der
Nazi-Diktatur für uns nach wie vor Verpflichtung sind.' Man zeige, dass man
dem Ausspruch 'Nie wieder' gerecht werden wolle. 'Wir fühlen mit den Opfern
des Terrorregimes von 1933 bis 1945 und den vielen Millionen Toten der Shoa
in ganz Europa.'
Solidarität mit Israel. Dies tue man an diesem Sonnabend mit dem
Gedenken an 26 Menschen, die, aus Weener kommend, ihr Leben verloren haben.
'Darum kann es für uns nie ein Aufhören geben, nie ein Aufhören der
Auseinandersetzung mit diesen Gräuel-Taten, nie ein Vergessen der Opfer
dieses Terrors, nie ein Aufhören von Veranstaltungen wie der Verlegung von
Stolpersteinen, oder dem Gedenken an die Pogromnacht am 9. November.' Darum
werde man in der Mitte von Weener in der Westerstraße eine neue Bücherei und
eine Begegnungsstätte für das jüdische Leben in der Stadt bauen. 'Doch wir
setzen heute nicht nur ein Zeichen der Verantwortung vor der Geschichte
unseres Landes und der Verantwortung, die sich daraus für uns ergibt',
betonte Abbas. 'Wir setzen auch ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen
in Israel, die derzeit unter den terroristischen Angriffen der Hamas
leiden.' Man stehe solidarisch an der Seite Israels. 'Wir verurteilen die
feigen Angriffe auf wehrlose Zivilisten, die unsägliche Gewalt, die bereits
mehr als 1300 Tote und mehrere tausend Verletzte gefordert hat.'"
Link zum Artikel |
|
Mai 2024:
Grundsteinlegung für Bibliothek
und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte am Synagogenplatz
|
Artikel in "tagesschau.de" vom
23. Mai 2024: "99-jähriger Holocaust-Überlebender bei Grundsteinlegung in
Weener.
Wo früher die Synagoge stand, bekommt Weener jetzt eine Bibliothek und eine
Begegnungsstätte für jüdische Geschichte. Die ostfriesische Stadt Weener hat
am Mittwoch die Grundsteinlegung für eine neue Bücherei und die
Begegnungsstätte für jüdische Geschichte mit einen besonderen Gast gefeiert.
Der 99-jährige Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg war zu dem Festakt
auf die Baustelle in der Westerstraße gekommen. Weinberg ist einer der
letzten Holocaust-Überlebenden. Er war in seiner Kindheit oft zu Gast in
Weener und besuchte auch die Synagoge der Stadt, die in der Westerstraße
stand. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge in Weener niedergebrannt.
Jüdische Einwohner wurden verhaftet, ihre Wohnungen verwüstet und die
Wertsachen geraubt. Weinberg legte eine Zeitkapsel in den Rohbau der neuen
Bücherei. Unterstützt wurde er dabei von seiner Lebensgefährtin Gerda
Dänekas und Weeners Bürgermeister Heiko Abbas."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Fritz Wessels: Die Reichspogromnacht und das Ende der
jüdischen Gemeinde in Weener. In: Frisia Judaica. Beiträge zur Geschichte der Juden in Ostfriesland
(Hg. von Herbert Reyer und Martin Tielke). Aurich 1988 (=
Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands. Bd. 67). S. 279-307. |
| Hans-Peter Klausch / Jakob de Jonge: Aus
deutschen Konzentrationslagern in den niederländischen Untergrund. Bremen
2002
(Hinweis: der Verfasser Jakob de Jonge stammte aus Weener)
|
| Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in
Niedersachsen und Bremen (Hrsg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit
mit David Bankier und Daniel Fraenkel). Bd. II Göttingen 2005 S. 1534-1544 (Abschnitt zu
Wehner von Daniel Fraenkel).
Hier
finden sich S. 1543-1544 weitere Literaturangaben. |
| Reise
ins jüdische Ostfriesland. Hrsg. von der Ostfriesischen Landschaft -
Kulturagentur Georgswall 1-5 26603 Aurich. Tel.
04941-179957 E-Mail:
kultur[et]ostfriesischelandschaft.de. Erschienen im Juli 2013. 67 S.
Kostenlos beziehbar.
Internet: www.ostfriesischelandschaft.de
"Reise ins jüdische Ostfriesland" ist ein gemeinsames Projekt im Rahmen des dritten kulturtouristischen Themenjahres
"Land der Entdeckungen 2013". Am 9. November 2013 jährte sich zum 75. Mal die Pogromnacht von 1938 in Deutschland. Dies haben 17 Einrichtungen, davon neun Museen und fast alle ehemaligen Synagogengemeinden zum Anlass genommen, sich unter dem Titel
"Reise ins jüdische Ostfriesland" zusammenzuschließen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschwand die jüdische Kultur im Vergleich zum übrigen Deutschland hier bemerkenswert schnell aus dem bis dahin gemeinsamen Alltagsleben von Juden und Nichtjuden.
"Reise ins jüdische Ostfriesland" will an das einst lebendige jüdische Leben in der Region erinnern.
Die Projekte zeigen in beeindruckender Weise, wie ein Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Allen jedoch geht es insbesondere darum, dem vielfältigen jüdischen Leben in Ostfriesland bis zur Shoah und darüber hinaus wieder ein Gesicht zu geben. Denn Erinnerung ist ein Weg zur Heilung und damit zur Versöhnung. |
| Heide Braukmüller: Hermann Gerson ...geflüchtet
aus Deutschland nach Argentinien. Von Weener an der Ems nach Moises Ville in
Santa Fe. Verlag Gerhard Rautenberg. Leer 1996 ISBN
3-7921-0582-9. |
| dies.: Eine Kommode mit berührender Geschichte. Rosalie
Israels Hab und Gut unterm Hammer. Leer 2014 (Divo Verlag) 11 S.
Anmerkung: Rosalie Israels stammte aus Weener. Sie ist im Ghetto
Theresienstadt umgekommen. Ihr Meublement wurde in Oldenburg
zwangsversteigert. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Weener (Mes) Hanover. The furst Jews
in Weener arrived under a letter of protection from Count Ulrich in 1645. In
1749, the community was conducting public prayer and by early 19th century it
was receiving a full range of religious services. Its old cemetery had
tombstones dating from the 16th century. New cemeteries were opened in 1849 and
1850 and a synagogue was consecrated in 1829. A Jewish school was opened in
1853. By 1861, the Jewish population was 139, reaching a peak of 231 (total
3.724) in 1885. Most Jews engaged in trade, dealing mainly in cattle and meat
products. Though efforts were made to impede the process of Jewish
naturalization after the town was annexed to Prussia in 1866, relations with the
local population were for the most part satisfactory and in 1894 a Jew was named
chairman of the municipal council. The community was officially recognized in
1874 with a number of other communities coming under its jurisdiction. In 1921,
in the Weimar republic, it was given the status of a corporate body.
Antisemitism began to develop in the early 20th century. By 1933, the Jewish
population was down to 131 after declining steadily from its 19th century peak.
Boycotts and anti-Jewish pressure under the Nazis destroyed the Jewish economy
in the town and by the end of 1937 almost all Jewish property had been 'Aryanized.'
On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was set on fire,
Jewish stores and homes were vandalized, and 12 Jewish men were arrested and
sent to the Oranienburg concentration camp, where they were held until the
following spring. During the Nazi era, 68 Jews moved to other German cities and
at least 48 emigrated, 27 of them to Holland. At least 43 Jews perished in the
Holocaust, including 14 in Auschwitz.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|