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Bad Hönningen (Kreis
Neuwied)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Bad Hönningen bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42.
Bereits im Mittelalter werden Juden in Hönningen (damals Hohingen) genannt (1297 und
1316). 1297 überließ Adolf von Nassau dem Ortsherren Gerlach von
Isenburg die Einkünfte der Juden am Ort gegen eine Schuld von 200 Mark Kölner
Pfennige. 1316 belehnte König Ludwig der Bayer Gerlachs Sohn Theoderich
mit dem Königshaus in Sinzig und den Einkünften von 12 Hönninger Juden.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17./18. Jahrhundert
zurück. Seit 1654 werden wieder jüdische Einwohner in Hönningen
genannt. In diesem Jahr wird in einer Arenfelser Kellnereirechnung quittiert:
"Von vier Hönninger Juden wegen Gleidtsgeld (sc. Schutzgeld)
empfangen = 13 Reichthaler 76 Albus". Auch 1697 werden Juden am Ort
genannt.
Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Familien am Ort zu. 1708
wird der Kameraljude Seligmann von Hönningen genannt, der damals um eine
Steuerermäßigung nachsuchte. Hintergrund des Gesuches war, dass die Hönninger
Juden bis etwa 1690 jährlich 6 Rthlr an Steuern zu zahlen hatten, von da ab 9
Rthlr. 1718
beschwerten sich die Hönninger beim Landesherrn darüber, dass sich die Zahl
der Hönninger Juden (gemeint jüdischen Familien) von drei bis vier "wie
seit langem üblich durch das Einschleichen weiterer Juden" auf mehr als
acht vermehrt habe. Ein besonderer Ärger war für manche Hönninger Christen,
dass der Jude Jacob in der Kirchgasse wohnte, "wo alle Prozessionen vorbey
gehen, auch vor seiner Tur allte Toten niedergesetzt werden, bis sie von Herrn
Pastoren zum Begraben (auf dem bei der Kirche liegenden Friedhof) abgenommen
werden". Kurfürst Franz Ludwig bestimmte, dass nur die vier ältesten
Juden in Hönningen bleiben dürften, die anderen seien auszuweisen. Unter den
damaligen jüdischen Einwohnern wird u.a. Jud Daniel genannt, der als
Viehhändler und Metzger tätig war. Der Steuersatz betrug um 1746 7 Rthlr
12 Alb.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1812 25 jüdische Einwohner, 1816 39, 1822 46, 1856 30 (in sechs Haushaltungen),
1862 37, 1895 22. 1816 werden alle jüdischen Familienvorstände als
"Händler" bezeichnet.
An Einrichtungen bestand eine Synagoge (Betraum, s.u.) und eine jüdische
Schule (Religionsschule, 1879 7 schulpflichtige jüdische Kinder am Ort). Zeitweise wird
auch ein jüdischer Lehrer genannt: 1816 war David Wolf Lehrer der
jüdischen Kinder in Hönningen. Die Toten der
Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in
Rheinbrohl beigesetzt.
1925 und 1933 wurden noch 18 jüdische Einwohner gezählt. Einige
von ihnen sind in den folgenden Jahren auf Grund der Folgendes wirtschaftlichen
Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung vom Ort verzogen oder
ausgewandert. 1938 und 1940 wurden jedoch noch jeweils 15 jüdische Einwohner am
Ort gezählt. Im Juli 1942 sind die letzten von ihnen aus Hönningen deportiert
worden.
Von den in Bad Hönningen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Esther Gertrud Jacobsohn
geb. Neumann (1864), Franziska Jungblut geb. Wolf (1903), Regina Lazarus geb.
Levy (1862), Johanna Rubinstein geb. Wolf (1910), Abraham Wolf (1866), Flora
Wolf geb. Friedmann (1873), Johanna Wolf (1868).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der jüdischen Gemeinde in Bad Hönningen
Über die "Judenordnung" des
Erzbistums Trier von 1717 und die Nennung jüdische Familien in Hönningen 1697 (Artikel von 1933)
Aus einem
längeren Artikel von Adolf Kober über "Eine Kurtrierer 'Jüdisch Ceremonial
Verordnung' aus der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts' in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des
Judentums" 1933 Heft 2 S. 103: "Die Judenordnung, genannt 'Ceremonial-Verordnung',
die hiermit im folgenden veröffentlicht wird, betrifft nicht die
Judengemeinde einer einzelnen Stadt, sondern die des Erzbistums Trier. Sie
ist in mehreren Judenlandtagen, die zwischen 1691 und 1717 stattfanden,
beschlossen und der größere Teil derselben im Jahre 1717 zu Neumagen
festgesetzt worden und vermutlich ursprünglich in deutscher Sprache mit
hebräischen Schriftzeichen geschrieben. Diese Judenordnung aber wird erst
verständlich, wenn wir die Lage der Juden im Erzstift Trier um die Wende des
17. und 18. Jahrhunderts vorher kurz schildern. Es wohnten um 1700 im Ober-
und Niedererzstift 160 Familien und außerdem einige Kameraljuden, die ihre
Abgaben an den Kurfürsten direkt zahlten - als 'Kameralorte' werden im Jahre
1697 Kruft, Hönningen,
Rheinbrohl, im Jahre 1716 außerdem
Sayn,
Herschbach, Osann,
Monzel, Amt S. Maximin,
genannt. Die Juden des Erzstifts bildeten einen 'Corpus' und lebten auf
Grund der Judenordnung vom 17. Januar 1681, die ihnen der Erzbischof und
Kurfürst Johann Hugo gegeben hatte und in deren 20 Paragraphen ihr
Verhältnis zur Obrigkeit geregelt war. Sie unterschied sich nicht viel von
den Judenordnungen, die vorausgegangen waren, denen vom Jahre 1618, 1624,
1670." |
Es gibt bei 27 jüdischen Einwohnern
7 schulpflichtige Kinder in Hönningen (1879)
Aus einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Februar
1879: "Der Bericht aus Linz am Rhein. II.
Der wackere Vorstand der Synagogen-Gemeinde zu
Linz, insonders dessen Vorsitzender Herr Marx Meyer hat auf unsere
Veranlassung Erhebnungen in seinen nächsten Kreisen gemacht. Dieselben
ergaben: aus dem Kreise Neuwied:
Rheinbrohl mit 31 jüdischen Einwohnern und 9 schulpflichtigen Kindern;
Hönningen mit 27 jüdischen Einwohnern und 7 schulpflichtigen Kindern; ..." |
Das Thermalschwimmbad ist für Juden
geschlossen (1935)
Artikel in "Der Israelit" vom 15. August 1935: "Neue
Bädersperren für Juden.
Berlin, 12. August. ... Im städtischen Freibad zu Bielefeld ist mit
Verordnung des stellvertretenden Bürgermeisters den Juden der Zutritt
verboten. Ebenso hat die Polizeiverwaltung in Bad Hönningen das
Betreten des Thermalschwimmbades verboten. Mit sofortiger Wirkung wurde das
Schwanseebad in Weimar für Juden
geschlossen." |
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Artikel in "Jüdische Rundschau" vom 16. August 1935: "Die
Polizeiverwaltung von Bad Hönningen hat den Juden das Betreten des
Thermalschwimmbades verboten."
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Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Josephine Levy (1896)
Anzeige in "Der Israelit" vom 24. Februar 1896: "Ein
junges israelitisches Mädchen, aus anständiger Familie, welches die
bürgerliche Küche versteht, sucht zum 15. April Stellung in einem besseren
Hause für Küche und Hausarbeit.
Offerten erbeten an Josephine Levy,
Hönningen am Rhein."
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Verlobungsanzeige von Bertha Sommer
und Arthur Benjamin (1924)
Anzeige
im "Israelitischen Familienblatt" vom 22. Mai 1924:
"Bertha Sommer - Arthur Benjamin
Verlobte
Bad Kreuznach
Hönningen am Rhein." |
Hochzeitsanzeige von Max
Sommer und Carla geb. Jacobsohn (1927)
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 11. August 1927: "Statt
Karten.
Max Sommer - Carla Sommer geb. Jacobsohn
Vermählte
Zülpich im Rheinland Hönningen am Rhein
Trauung: Sonntag, den 14. August, 1 Uhr, Rheinland-Loge, Köln." |
Zur Geschichte der Synagoge
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (vermutlich seit
den 1820/30er-Jahren) war ein Betraum im Haus der Witwe Salomon Samson
vorhanden, in dem 30 Personen Platz fanden.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde ein neuer Betraum im Haus der
Familie Isidor Levy in der Hauptstraße/Eck Schulheißgasse eingerichtet.
Der Betraum wurde bis zum Novemberpogrom 1938 verwendet. Am 10. November
1938 wurde der Betraum von fünf oder sechs Hönninger Männern geschändet und
völlig verwüstet. Betstühle und Einrichtungsgegenstände wurden auf die
Straße geworfen. Nach der Zerstörung wurde der Betraum vermutlich alsbald
zwangsverkauft und als Wohnraum verwendet.
Adresse/Standort der Synagoge: Ecke
Hauptstraße / Schultheißgasse
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur jüdischen Geschichte in Bad Hönningen vorhanden;
über
Zusendungen oder Hinweise freut sich der Webmaster der "Alemannia
Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 370.
|
| Die sich des Vergangenen nicht erinnern, sind dazu
verurteilt, es noch einmal zu erleben. Dokumentation über den
Nationalsozialismus in Bad Hönningen. Hrsg. von der Friedensinitiative Bad
Hönningen. 1989. |
| Jakob Weiler: Die Verhältnisse der Juden in
Hönningen und Rheinbrohl und ihr Leidensweg im "Dritten Reich".
Bad Hönningen 1997. (Beiträge zur Heimatkunde und Heimatgeschichte Bd.
3). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 87 (mit weiteren Literaturangaben).
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n.e.
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