Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Eisenach (Kreisstadt, Thüringen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte des Ortes

Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Eisenach wurden in jüdischen Periodika gefunden. 
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt. Neueste Einstellung am 14.12.2014.    
      
      
Übersicht: 

Allgemeine Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
-  Zur jüdischen Geschichte in Eisenach (Bericht von 1877)   
-  Zum obigen Bericht über die jüdische Gemeinde (1877)   
-  Zur jüdischen Geschichte in Eisenach (Bericht von 1884)   
-  "Thüringer Brief" mit Informationen zur jüdischen Gemeinde in Eisenach (1895)   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
-  Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1895 / 1896    
-  Lehrer Jakob Heidungsfeld wirbt für seine Pensions-Anstalt (1862 / 1864)  
Die Bildung einer Simultanschule wurde beschlossen (1875)    
-  25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Heidungsfeld (1889)  
-  Chanukkafeier mit den Schülern der Gemeinde und Lehrer Heidungsfeld (1893)   
-  Chanukkafeier mit den Schülern der Gemeinde und Lehrer Heidungsfeld (1895)  
Anzeige des Hotels Waldhaus mit Referenz von Prediger und Lehrer E. Meyer (1901)    
Aus der Geschichte des Landrabbinates (seit 1912 in Eisenach)  
Anzeigen von Landrabbiner Dr. Mendel Heß (1847 / 1848)    
Zum Tod von Landrabbiner Dr. Mendel Heß (1871, zuletzt in Eisenach wohnhaft) 
Dr. Josef Wiesen wird neuer Landrabbiner (1902, ab 1912 in Eisenach)  
Einführung des neuen Landrabbiners in Stadtlengsfeld mit einer Feier in Eisenach (1902)   
Auszeichnung für Landrabbiner Dr. Wiesen (1912)    
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Über die Wiedereinführung des deutschen Gottesdienstes bei den jüdischen Gemeinden des Großherzogtums Weimar (Artikel von Landesrabbiner Dr. M. Heß, 1850)   
-  Kritik an einer "Mischehe" durch Rabbiner Dr. Heß (1867)   
-  Ergänzung zum Gemeindestatut und Mitteilung des Todes der Witwe von Landrabbiner Dr. Heß (1878)   
-  Antisemitischer Prozess vor der Strafkammer in Eisenach (1884)   
-  Gründung eines Männervereins "Chebra-Gemilut-Chassodim" (Wohltätigkeits- und Bestattungsverein, 1885)  
-  Ein Antisemitenverein ("Reformverein") wird gegründet (1891)  
-  Die Goldene Hochzeit des Großherzoglichen Ehepaares wird gefeiert (1892)  
Konferenzen des Vereins israelitischer Lehrer Mitteldeutschlands in Eisenach (1892 / 1894)    
-  Vortragsabend des "Vereins für jüdische Geschichte und Literatur" (1895)  
Generalversammlung des "Armenvereins zur Bekämpfung der Wanderbettelei" (1900)   
-  Wechsel im Vorsitz des Israelitischen Frauenvereins von Lydia Stiebel zu Marta Weinstein (1914)  
Der Stadtrat von Eisenach ist gegen die Judenhetze (1930)   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Advokat Katzenstein kandidiert als Landtagsabgeordneter (1867)  
-  Salomon Backhaus feiert das 25-jährige Amtsjubiläum als Vorsteher der Gemeinde (1889)   
-  Zum Tod von Aaron Neuhaus (1891)    
-  80. Geburtstag von Lehrer und Schriftsteller B. Hause (1894)   
Zum Tod von Salomon Stiebel (1897) 
Z
um Tod des Kultusdeputierten und stellvertretenden Gemeindevorsitzenden Gustav Steinberger (1899)   
Zum Tod des großherzoglich sächsischen Hofbierbrauers Salomon Backhaus, langjähriger erster Vorsteher der jüdischen Gemeinde (1901)   
-  Konsul Adolf Weinstein erhält das Exequatur (1908)   
-  Goldene Hochzeit von Richard Rothschild und Henriette geb. Friedmann (1934)   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeige des Papier-Engros-Geschäftes Rud. Heinemann (1863)    
-  Anzeige der Viehhandlung A. Wolf (1900)  
Anzeige der Ochsenschlachterei und Wurstfabrik Berthold Linz (1901)    
-  Anzeige der Wollweberei L. Fey (1901) 
Sonstige Dokumente  
P
ostkarte von S. Katz (Eisenach) an die Malzfabrik Karlstadt (Josef Ullmann) (1928)       

   
   
Allgemeine Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Zur jüdischen Geschichte in Eisenach (Bericht von 1877)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Januar 1877: "Aus Thüringen. Aus Thüringen dringt von den israelitischen Gemeinde- und Kultuszuständen selten etwas in die Öffentlichkeit. Wenn man, gestützt auf den Ausspruch Schillers, dass der Staat und die Frauen die besten seien, welche am wenigsten von sich reden machen, jene Zustände dieserhalb für vollkommen und in jeder Beziehung mustergültig halten wollte, so dürfte das doch nicht ganz zutreffend sein. Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass Thüringen bis jetzt nur wenig jüdische Gemeinden zählt. Das Wohnrecht der Juden war dort bis vor dem Eintritte der Freizügigkeit auf nur wenige Orte beschränkt. Das Freizügigkeitsgesetz hat diesen Wall durchbrochen. Seitdem haben sich Juden auch in solchen Ortschaften niedergelassen, welche früher keine hatten, aber nur vereinzelt, sodass neue Gemeindebildungen daraus noch nicht hervorgehen konnten. Dass solche Vereinzelung dem religiösen Leben nicht förderlich ist, dasselbe vielmehr erschwert und schädigt, ist begreiflich. Nur einige größere Städte, welche bereits bestehende Gemeinden hatten, haben diese durch Zuzug schnell anwachsen sehen. Zu diesen gehört auch Eisenach, mit welchem wir heute unsere Thüringer Umschau eröffnen wollen.   
Vor ca. 25 Jahren wohnten in Eisenach nur zwei jüdische Familien, deren Wohnberechtigung daselbst noch viel weiter zurückdatiert. Vor 60 Jahren durfte außer diesen kein Jude in der Stadt übernachten. Im Jahre 1864 war die Zahl der hier ansässigen Familien bereits auf 12-14 angewachsen, da von Seiten der Stadt dem Zuzuge keine großen Schwierigkeiten entgegengesetzt wurden. Diese konstituierten sich um diese Zeit als selbstständige Gemeinde. Der jetzt hier noch amtierende Lehrer und Vorbeter, Herr Heidungsfeld, ein Schüler des hiesigen Schullehrerseminars, war vor der Konstituierung der Gemeinde hier schon wohnhaft und hat daher bei derselben mit zu Gevatter gestanden. Für den Aufbau und die friedliche Weitergestaltung der jetzt bis zu 60 Familien angewachsenen Gemeinde war es sicher ein Glück, dass dieser in religiöser Beziehung der konservativen Richtung angehört. Er bildete dadurch für einen großen Teil der Zugezogenen, welche, im Gegensatze zu den ursprünglichen Mitgliedern, der orthodoxen Richtung angehören, einen konservativen Mittelpunkt und das Bindemittel, den friedlichen Zusammenhang der Gemeinde zu ermöglichen, da er durch friedliches Wesen und richtigen Takt jede Kollision zu vermeiden und den Ansprüchen aller, die unser den obwaltenden Umständen möglichste Befriedigung zu verschaffen weiß. Die Gemeinde hat seine Leistungen auch bereits durch mehrmalige, ihrer jeweiligen Mitgliederzahl entsprechende Gehaltssteigerung anerkannt.  
Die Gemeinde hat kurz nach ihrer Konstituierung ein eigenes Haus erworben, in welchem sich die Lehrerwohnung, sowie auch das Betlokal, ein geräumiger Saal, befinden. Eine eigentliche Synagoge besitzt sie noch nicht. Das Bedürfnis zum Bau einer solchen ist in höchst dringender Weise vorhanden, da der jetzige Betsaal an den Festtagen die Besucher nicht mehr zu fassen vermag und an Jom Kippur und bei Neujahrsfest ein Teil der Gemeinde ausquartiert werden muss. Die Mehrzahl der Gemeinde dürfte auch wohl für den Synagogenbau gestimmt sein; aber man hat diese Frage bis jetzt noch nicht vor die Gemeindeversammlung gebracht. Man scheint diesen Punkt gern so lange als möglich unberührt lassen zu wollen, weil es eben ein - Geldpunkt ist. Wir halten diesen Punkt nicht für so unwesentlich, dass man ihn nciht sehr reiflich zu erwägen hätte; aber eine Gemeinde von 60 fast lauter wohlhabenden, ja sogar einigen sehr reichen Mitgliedern hat wahrlich nicht Ursache, vor demselben so sehr zurückzuschrecken, dass sie nicht einmal an die gemeinsame Erörterung desselben gehen dürfen. Wie beschämend ist diesem gegenüber das Beispiel so mancher kleinen Landgemeinde! Als David zur Ruhe gelangt war und sich ein prächtiges Haus gebaut hatte, führte er sich innerlich beruhigt durch den Gedanken: 'Siehe doch! Ich wohne in einem Hause von Zedern und die Lade Gottes wohnt unter dem Teppich' (2. Samuel 7,2). Möchten die reichen Mitglieder der Eisenacher Gemeinde, wenn sie in ihren Prunkzimmern sich bewegen und behaglich fühlen, auch zuweilen eine ähnliche Beunruhigung empfinden!  Der Gottesdienst findet noch ziemlich in althergebrachter Weise statt, sodass auch der orthodoxen Richtung Angehörige in demselben Befriedigung suchen und finden könnten. Die Pijutim (Melodien) und Jozrot (Zusatzgebete) für die Samstage sind indessen völlig, die          
Eisenach Israelit 17011877b.jpg (137566 Byte)für die Festtage teilweise abgeschafft. Eine durchaus durch nichts zu rechtfertigende, mit der Schrift in geradem Widerspruche stehende Reform besteht darin, dass am Sukkotfeste nicht einmal der Vorbeter Esrog und Lulaw beim Gottesdienste in die Synagoge bringen darf. In dieser Hinsicht ist die Eisenacher Synagoge sicher ein Unicum. Und dabei betet man das Jozer, welches auf diese Handlung Bezug hat, und liest die betreffende Vorschrift aus der Tora vor! Sieht das nicht wie Spott aus? Der Landesrabbiner hat es bis jetzt noch nicht vermochte, eine Änderung herbeizuführen.  
Als eine erfreuliche Tatsache ist zu berichten, dass sich hier schon vor etwa sechs Jahren zwei Chebro's (religiöse Vereine) gebildet haben, eine Männer-Chebro, deren Zweck sich auf allsabbatliches 'Lernen' beschränkt, und eine Frauenchebro, welche wohltätige Ziele verfolgt.  
Der vor mehreren Jahren als Landrabbiner ins Großherzogtum Weimar berufene und in Stadtlengsfeld wohnhafte Herr Dr. Kroner, früher Seminardirektor in Münster, gehört der orthodoxen Richtung an. In Folge dessen hat er mit den auf der entgegengesetzten Seite Stehenden schon manchen Kampf zu bestehen gehabt. Dieselben verhalten sich zum Teile ihm gegenüber immer noch abwehrend; doch hat die in der Tat sehr bedeutende Rednergabe dieses noch jungen Mannes ihn schon viel Boden innerhalb seiner Gemeinden gewinnen lassen und ebnet ihm die Herzen der seiner Seelsorge Unterstellten mehr und mehr, sodass sich mit der Zeit auch von dieser Seite ein freundliches Entgegenkommen hoffen lässt. In Stadtlengsfeld selbst hat sich seit dem Dortsein des jetzigen Landrabbiners wieder ein echtes K'hillaleben (Gemeindeleben) zu entwickeln begonnen.  
Über die äußeren Verhältnisse der Israeliten in Eisenach und im Großherzogtum überhaupt im nächsten Artikel."    

    
Zum obigen Bericht über die jüdische Gemeinde (1877)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1877:  "Vom Harz, 22. Januar (1877). Die Korrespondenz 'aus Thüringen' in Nr. 3 dieses Blattes wird wohl nicht verfehlen, in jüdischen kreisen freudigen Widerhall zu finden. Konstatiert dieselbe doch religiösen Sinn und religiöses Streben aus einer Gemeinde, die früher der Sitz des reformsüchtigsten Reformers war. Zudem haben namentlich die religiösen Verhältnisse Eisenachs noch dadurch allgemeines Interesse, weil in Folge dessen Bedeutung für die Geschäftswelt, dessen zahlreichen Bahnverbindungen viele Glaubensgenossen zu längerem oder kürzerem Aufenthalt dahin fahren. Auch die Hoffnungen für die Zukunft, so namentlich der Bau einer würdigen, den Verhältnissen entsprechenden Synagoge, werden sicherlich sich nach und nach realisieren, und Eisenach immer mehr eine jüdische Gemeinde werden. - Eines jedoch miss in erwähnter Korrespondenz befremden, und hier öffentlich besprochen werden: Man nannte die dortige Synagoge ein Unikum, weil die von den vier Pflanzenarten (zu Sukkot) Handelnden Jozrot (Zusatzgebete) gebetet wurden, diese selbst aber nicht einmal vom Vorbeter mit in die Synagoge gebracht werden durften. Uns erscheint das aber nicht ein Unikum - denn es gibt leider mehr dergleichen - doch was soll man dazu sagen, wenn man von 'orthodoxer Richtung vieler Mitglieder', von einem 'konservativen Mittelpunkt' und dergleichen schönen Dingen mehr, spricht 'und sich dennoch in dieser Gemeinde nicht einmal eine Mikwe befindet!' Wahrlich der Mangel an dieser sollte mehr empfunden werden, als der einer Synagoge, und erst wenn diesem wahrhaft jüdischen Bedürfnisse Genüge geschehen, dann mag ein Hinweis auf den frommen König David und seine Begeisterung für den Bau eines Tempels am Platze sein. Aber auch dann erst, wenn diesem oder ähnlichen Religionsgesetzen geeignete Stelle erworben, wird es dem wirklich gesetzestreuen Israeliten möglich sein, sich in Eisenach niederzulassen, oder eine Tochter dahin zu verheiraten. B."          

 
Zur jüdischen Geschichte in Eisenach (Bericht von 1884)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1884: "Aus Thüringen. Die Neuzeit hat sich in den Wohnsitzverhältnissen der großen und kleinen israelitischen Gemeinden Deutschlands merkwürdige Veränderungen bewirkt. Große Gemeinden in volkreichen Städten haben in einem Vierteljahrhundert ihre Mitgliederzahl verdrei-, vervier-, ja zum Teil verzehnfacht, während die kleineren Gemeinden in kleinen Städten und Dörfern immer mehr zusammenschrumpfen oder ganz zu existieren aufhören. Synagogen, welche sich seit undenklicher Zeit tagtäglich mit andächtigen Betern füllten, stehen verlassen, weil die Gemeinde sich nach allen Richtungen hin zerstreut hat, und in Städten, welche seit dem Mittelalter den Juden den Einsitz wehrten, erheben sich prachtvolle Synagogen. Zu diesen Letztern gehört auch Eisenach. Die Synagoge, welche hier erbaut wird, ist in ihrem äußeren Aufbau bereits vollendet; an dem innern Ausbau wird fleißig gearbeitet; derselbe kann jedoch vor den bevorstehenden hohen Festtagen nicht mehr fertig gestellt werden. Es ist ein stattliches Gebäude, in Backsteinrohbau mit Verzierungen und Gesimsen aus rotem Sandsteine ausgeführt und mit einem Rundturme versehen, das einen imponierenden Eindruck macht. Es ist schade, dass sie sich nicht inmitten der Stadt befindet. Sie ist in der Wörthstraße, einer neuen, erst noch im Entstehen begriffenen Straße gelegen. Die Heizung der Synagoge wird durch Öfen stattfinden. Man hat zwar einen Raum zur Anschaffung einer Orgel reserviert; von der Anschaffung einer solchen ist aber vor der Hand abgesehen worden, wird vielleicht auch ganz unterbleiben, da nach der bestehenden Synagogenordnung in dieser Beziehung auch das Landrabbinat ein Wort mitzusprechen hat.     
Bei Gelegenheit der Grundsteinlegung, welche ohne Sang und Klang stattgefunden hat, wurde auch Umschau in der Chronik Eisenachs gehalten, um das, was sich aus alter Zeit auf die Juden Eisenachs Bezügliches hier vorfindet, zugleich mit dem, was sich aus späterer und der neuesten Zeit über die jüdische Bevölkerung dieser Stadt berichten lässt, in einem eigenen Gedenkblatte zum Andenken für spätere Geschlechter in dem Grundsteine zur Aufbewahrung niederzulegen. Schreiber dieses hat, hierdurch angeregt, später Einsicht von der Eisenacher Chronik genommen und teilt hiermit das uns Interessierende aus derselben mit. Die Daten gehören größtenteils dem nachbenannten chronikalischen Werke an, dem sie entlehnt ist: 'Topographisch-historische Beschreibung der Stadt Eisenach von Johann Wilhelm Storch, Eisenach, bei Johann Friedrich Bärecke 1837.'   Das alte Eisenach befand sich nicht auf derselben Stelle, wo die jetzige Stadt steht. Der Ursprung des alten Eisenach verliert sich in das graue Altertum; es muss schon früher ein ansehnlicher Ort gewesen sein, da im Jahre 451 sich der Hunnenkönig Attila daselbst aufgehalten und hier seine Vermählung mit Grimhilde, der Tochter des damaligen thüringischen Königs Günther vollzogen haben soll. Es wird vermutet, dass auch in dem alten Eisenach schon Juden gewohnt haben. Zwischen dem Wege und der Hauptstraße, die nach Gotha führt, diesseits des Siechenbaches, in der Gegend, wo jetzt die Wegegeldeinnahme steht, befand sich der jüdische Totenhof. Ob derselbe schon zur Zeit des alten Eisenach existiert oder seine Anlage der jetzigen Stadt zu verdanken hat, lässt sich nicht mehr bestimmen. Die Erbauung der jetzigen Stadt soll Graf Ludwig II. der Salier genannt, im Jahre 1070 begonnen und im Jahre 1073 vollendet haben.  
Entweder haben die Juden bei dieser Gelegenheit erst Aufnahme in Eisenach gefunden, oder, was das Wahrscheinlichste ist, sind sie aus der alten, zugleich mit den übrigen Einwohnern, in die neue Stadt übergesiedelt. Sicher ist, dass die die Karlstraße gebaut und bewohnt haben. Diese Straße führte deshalb auch früher den Namen 'Judenstraße', wie man sie hin und wieder von alten Leuten jetzt noch benennen hört. Hier hatten sie ach eine Synagoge gebaut, welche merkwürdiger Weise jetzt noch vorhanden ist. Sie befindet sich in der Karlsstraße im Hohe des Hauses Nr. 24 und gehört zu den Hintergebäuden dieses Hauses. Es ist ein äußerlich noch ziemlich gut erhaltenes, massiv aus Steinen erbautes Gebäude mit kleinen Fenstern. Den innern Raum, welcher zur Aufbewahrung von Waren          
Eisenach Israelit 11091884a.jpg (403823 Byte)und sonstigen Utensilien des dermaligen Besitzers dient, konnte Schreiber dieses nicht beaugenscheinigen, derselbe soll jedoch, wie mir von glaubwürdiger Seite versichert wird, seine synagogale Bestimmung noch sehr gut erkennen lassen. Inschriften sind nicht mehr vorhanden. Es dürfte dieses wohl eine der ältesten Synagogen Deutschlands sein. Wenn diese Mauern reden könnten, von welchem Jammer wüssten sie zu erzählen, den sie unter denen oft wahrgenommen, die täglich die von ihnen umschlossenen Hallen mit Ehrfurcht betreten haben! Wie viel Tränen haben sie fließen sehen, wie viel Seufzer zu Gott emporsteigen gehört! Es waren wohl der niedergedrückten, kummergebeugten und angsterfüllten Gestalten gar viele, welche in diesen Hallen sich oft zusammenfanden; aber diese äußerlich niedergebeugten, so furchtsam aussenden Gestalten waren innerliche Helden! Sie wussten nicht bloß für das idealste und heiligste Gut des Menschen, für die angestammte, gottoffenbarte Religion, zu leben, sondern sie hatten auch den Mut, für dieselbe zu sterben! Wie klein erscheinen doch so viele der Unsrigen in der Jetztzeit, wenn sie bei jeder kleinen Entbehrung, bei jedem Opfer, welche die Religion ihnen auflegt, das Judentum als eine Last betrachten, die sie gern von sich werden möchten, wie klein erscheinen sie, trotz ihres aufrechten, selbstbewussten Daherschreitens, gegen diese gebückt und furchtsam einherwandelnden Glaubenshelden der Vorzeit, welche gern Alles aufgaben, Alles opferten, selbst das Leben, wenn es sein musste, nur - die Religion nicht! Solche altertümliche Stätten sollte man eigentlich zu erhalten suchen! Sie reden eine eigentümliche, tiefergreifende Sprache! Sie schaffen uns wehmütige Erinnerungen, auch auch heilsame Lehren!   
Später mussten die Juden die Karlsstraße, damals 'Judenstraße', verlassen und mussten in die 'Löbersgasse' übersiedeln, einer Gasse, welche bis vor einigen Jahren durch die Ausdünstungen der hier befindlichen Lohgerbereien die am wenigsten einladende aller Gassen und Gässchen Eisenachs war. Auch hier soll eine Synagoge gestanden und im Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts noch vorhanden gewesen sein.   
Was die Ursache dieser Ausweisung der Juden aus der Karlsstraße gewesen ist, berichtet die Chronik nicht. Man hat übrigens nicht nötig, seiner Phantasie viel Anstrengung zuzumuten, wenn man diese Ursache auffinden will. Man braucht nur die Geschichte des Mittelalters zu kennen, wie man damals mit den Juden umgesprungen ist, um darüber bald im Klaren zu sein. Die Straße mochte sich damals schon durch die Juden bald zu dem entwickelt haben, was sie jetzt auch nicht ist, nämlich zu der lebhaftesten und bedeutendsten Geschäftsstraße Eisenachs. Nachdem sie das geworden war, schien sie für die Juden viel zu gut zu sein. Der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan und konnte gehen, oder vielmehr er musste gehen. Es ist stets und überall dasselbe Spiel, in der Vergangenheit, wie in der Jetztzeit. Die Vorteile, welche die Juden einem Orte bringen, das was sie zum Aufblühen desselben beitragen, lässt man sich gern gefallen; aber die Früchte alles dessen gönnte man ihnen nicht, die sucht man ihnen möglichst zu schmälern oder sie ganz zu entreißen. So auch hier! Die von üblen Gerüchen angefüllte enge Löbersgasse wurde ihnen als der Arbeit Lohn zugewiesen. 
Die Chronik erzählt auch von dem 'schwarzen Tode', jener furchtbaren Pest, welche wie ein Würgengel Europa im Mittelalter durchzog und die Bevölkerung Deutschlands dezimierte. Sie berichtet in Betreff der Juden: 'Mit diesem Schrecken der Natur vereinbarte sich noch ein Übel, von fanatischen Priestern angefacht. Den Juden wurde die Schuld der Sterblichkeit vorzüglich beigemessen, weil solche die Brunnen vergiftet haben sollten. Eine unzählige Menge wurde in Deutschland qualvoll getötet, ihre Wohnungen gingen in Flammen auf und sie stürzten sich selbst mit ihren Weibern und Kindern verzweiflungsvoll in die angefachte Glut. Der Kaiser und mehrere weltliche und geistliche Fürsten, denen die Juden ein schweres Schutzgeld jährlich zu entrichten hatten, vermochten sie nicht gegen die Wut zu schirmen. Durch die vielfältigen Morde waren deren Einkünfte beträchtlich geschmälert worden. Die Stadt Erfurt musste daher Einhundert Mark Silber als eine jährliche Entschädigung an den Erzbischof von Mainz erlegen'. In einigen jüdischen Geschichtsbüchern wird berichtet, dass auch die Juden Eisenachs damals von dem tollwütigen Volke dem Feuertode überliefert worden seien. Die Chronik erzählt dieses zwar von anderen thüringischen Städten, übergeht aber Eisenach mit Stillschweigen, vielleicht aus Lokalpatriotismus, vielleicht auch, weil dem Verfasser keine verbürgten Urkunden hierüber zu Gebote gestanden haben. Oder sollte Eisenbach wirklich eine Ausnahme gemacht haben?* 
*Anmerkung der Redaktion: Im alten Mainzer Memorialbuch wird auch der Märtyrer von Eisenach gedacht. Daselbst werden die Märtyrer der nachstehenden Thüringischen Städte erwähnt: Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen, Meißen, Arnstadt, Ilmenau, Eisenach und Gotha.    
Eisenach Israelit 11091884b.jpg (187423 Byte)Dagegen berichtet die Chronik, dass die Juden im Jahre 1401 aus der Stadt vertrieben worden seien.   
Von jener Zeit an bis zu den letzten Jahrzehnten des achtzehnten Jahrhunderts scheinen sich in Eisenach keine Juden wieder ansässig gemacht zu haben. Zwischen 1770 und 1780 ließ sich der Hoffaktor Herr Michael Rothschild aus Stadtlengsfeld hier nieder und gründete hier ein Geschäftshaus, das sich jetzt noch im Besitze seines Sohnes befindet. Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts gesellten sich diesem noch drei Familien zu. Nachdem im Jahre 1848 die Gleichstellung der Juden mit den Bekennern anderer Konfessionen im Großherzogtum Sachsen-Weimar erfolgt war, vermehrte sich die jüdische Einwohnerschaft Eisenachs durch Zuzug aus benachbarten Ortschaften, sodass am 10. Dezember 1863 achtzehn stimmberechtigte Mitglieder hier wohnten. An dem genannten Tage konstituierten sich dieselben zu einer Religionsgemeinde und wählten Herrn Salomon Backhaus zu ihrem Vorsteher, nachdem sie kurze Zeit vorher Herrn Jakob Heidungsfeld zu ihrem Lehrer und Vorsänger bestellt hatten. Beide walten noch heute ihres Amtes.  
Kurz nach der Konstituierung der Gemeinde, im Jahre 1864, kaufte dieselben ein Haus und richtete im demselben einen Betsaal und eine Wohnung für den Lehrer und Vorsänger ein. Der Betsaal musste, um dem Bedürfnisse der anwachsenden Gemeinde zu entsprechen, mehrere Male vergrößert werden. Nach der Proklamierung der Freizügigkeit in Deutschland erhielt die Gemeinde durch Zuzug von außen allmählich einen solchen Zuwachs, dass sie jetzt aus 350 Seelen besteht. Der vorhandene Betsaal konnte, trotz der stattgefundenen Vergrößerung, schon seit Jahren an den hohen Festtagen die Zahl der Beter nicht mehr fassen und musste deshalb jedes Mal noch ein Nebensaal in Miete genommen werden. Die hieraus entstehenden Missstände und Unannehmlichkeiten wurden in der Gemeinde schon lange unangenehm empfunden, und bildete darum der Plan eines Synagogenbaues schon seit sehr geraumer Zeit ein Gegenstand lebhaftester Erörterung, welche endlich im Jahre 1883 einen definitiven Entschluss herbeiführte, dem auch die rasche Tat auf dem Fuße folgte. Möge diese Tat eine Quelle des Segens für die Gemeinde werden und bleiben für alle Zeiten, und möge es dem schönen Gotteshause zu jeder gottesdienstlichen Stunde nie an andächtigen Betern fehlen!"       

        
"Thüringer Brief" mit Informationen zur jüdischen Gemeinde in Eisenach (1895)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. September 1895: "Thüringer Brief. 
Eisenach,
im September (1895). Der Sommer neigt sich allmählich seinem Ende zu, die Blätter beginnen bunt zu werden, und alle Anzeichen sind vorhanden, dass der Herbst vor der Tür steht. Ich glaube, da ist so ein Rückblick auf die Frühlings- und Sommerzeit, soweit es die Juden betrifft, nicht unangebracht. Dass ich speziell Thüringen im Auge habe, der ich doch da zu Hause bin, liegt wohl auch auf der Hand.    
Thüringen ist von jeher das Land gewesen, das von der jüdischen Presse am stiefmütterlichsten behandelt worden ist. Nur selten verirrte sich einmal eine kurze thüringischen Notiz in die Blätter. Das hat aber auch seinen guten Grund. Die Judengemeinden sind hier fast alle nur sehr klein. Kaum vier oder fünf Städte besitzen größere Ansammlungen. Früher war das ganz anders; da zählte Thüringen zu den Ländern, die die meisten Juden besaßen, und erst seit den Zeiten des schwarzen Todes gehörten thüringische Juden zu den Seltenheiten. Seit dem vorigen Jahrhundert begannen die Städte, mit Ausnahme von Erfurt, das immer eine große Gemeinde besaß, sich wieder mit Juden zu bevölkern, und nur allmählich bildeten sich größere Gemeinden, wie zum Beispiel Eisenach. Eisenach zählt heute schon ungefähr 90 jüdische Familien, trotzdem die Gemeinde sehr jung ist. Erst in den sechziger Jahren hatte sie sich konstituiert. Das politische Getriebe hat auch hier in diesem Jahre nachhaltige Spuren zurückgelassen. Der Wahlkampf, der im Frühjahr getobt hatte, hatte auch den Antisemiten wieder ein reiches Feld eröffnet. Höher denn jemals brandeten die Wogen des Kampfes. Fünf Parteien hatten ihre Kandidaten aufgestellt, und alle fünf hofften auf Sieg. Uns interessieren hier nur die Antisemiten und der Bund der Landwirte. Der Bund der Landwirte, der in dem Reichstagskandidaten Dr. Rösicke vertreten war, hatte eine solch antisemitische Färbung angenommen, dass man zweifelhaft sein konnte, wer eigentlich von beiden Parteien am meisten gegen die Juden hetzte. Denn eine Hetze war es, die der Bund der Landwirte gegen die Juden veranstaltete. In Flugblättern und Zeitungen flog es nur so hinüber und herüber mit antisemitischen Floskeln und Kraftwörtern. Und dank seiner Agitation hatte der Bund der Landwirte einen Erfolg zu verzeichnen, der indes 'ohne Erfolg' blieb. Rösicke kam nämlich in die Stichwahl und - fiel durch. Die Reformparteiler und ihre sauberen Confratres lagen sich nun deshalb in den Haaren. Entgegen den Beschlüssen der Berliner     
Eisenach AZJ 13091895a.jpg (152260 Byte)Parteileitung hatten sich nämlich die reinen (?) Antisemiten entweder der Wahl enthalten, oder sie hatten den Gegenkandidaten gewählt. Deshalb wühlten die beiden Parteien gegenseitig ihren Schmutz auf.  
Überhaupt scheint das Wühlen der Lebenszweck der Antisemiten zu sein. Sogar in den Kurorten könnten sie ihre Hetzereien nciht lassen. So stößt man jetzt oft in den Badeplätzen Friedrichroda und Tabarz auf antisemitische Flugblätter. Die Wirkungen fehlen denn natürlich auch nicht. Anzeigen, wie 'Zimmer für christliche Herrschaften sind zu vermieten', gehören zwar noch zu den Seltenheiten, doch liegt Gefahr vorhanden, dass dies immer häufiger wird. Dass so etwas den Badeplätzen nur schaden kann, sehen oder wollen die Antisemiten nicht einsehen. Wozu auch? Mit einer leider zu bekannten Redensart können diese Herren sich ja so leicht über Unannehmlichkeiten hinwegsetzen. Wozu gäbe es den Ausspruch: 'Der Zweck heiligt die Mittel', wenn er nicht seine Anwendung finden sollte! Und was sind das erst für Zwecke? Aber woraus erklärt sich das Überhandnehmen der Intoleranz und Humanitätslosigkeit? Zum großen Teil aus der geradezu verblüffenden Gleichgültigkeit vieler unserer Glaubensgenossen. Allenthalben hört man von jüdischen Literaturvereinen, die gegründet worden sind, um den Indifferentismus der Juden zu brechen. Ja, in Thüringen hört man von derartigem nichts! Nur Eisenach besitzt einen Verein, der aber nur in bescheidenem Maße wirken kann. Derselbe besteht zwar schon über zwei Jahre, ist jedoch erst seit diesem Winter mehr in die Öffentlichkeit getreten. da ich nun doch einmal von den jüdischen Geschichts- und Literaturvereinen spreche, so möchte ich bei dieser Gelegenheit den Vorschlägen, über die sich Herr Prediger Ellguther in Nr. 278 dieses Blattes verbreitet hat, etwas näher treten. Dieselben finden meinen Beifall in vollem Maße, und ich glaube, wenn der 'Allgemeine Verband' die Sache in die Hand nimmer, so wird die Angelegenheit gewiss realen Boden gewinnen. Nur möchte ich vorschlagen, die Abhandlungen zum Jahresbericht nicht jedes Jahr, sondern alle zwei Jahre erscheinen zu lassen, da doch viele kleinere Vereine über ihre Barschaften in nicht so ausgedehntem Maße verfügen können wie größere.   
Eisenach AZJ 13091895b.jpg (171378 Byte)Wegen der beizudruckenden Vorträge selbst wird man wohl nicht sehr in Verlegenheit geraten, da dabei doch wahrscheinlich Auswahl vorhanden ist. Denn die jüdisch-wissenschaftliche Literatur ist, wie man mit Freuden konstatieren kann, auf dem Büchermarkte ziemlich stark vertreten. Wie verhält es sich aber mit der jüdischen Belletristik? Da ist es nun freilich anders bestellt. Bedeutende Werke werden jetzt nur in sehr bescheidenem Maße verfasst. Umso eifriger liest man aber dafür die wenigen Werke, die herausgegeben werden. Da ist jüngst - und ich glaube, ich habe als Eisenacher doppeltes Interesse, darauf näher einzugehen - von dem bekannten Schriftsteller . Hause ein Band erschienen, betitelt 'Drei Erzählungen'. Diese Erzählungen heben sich von seiner vorjährigen Arbeit 'Aus dem jüdischen Leben' sehr vorteilhaft ab. 'Aus dem jüdischen Leben' sind zwei Novellen, in denen Hause den Lehrer zu sehr durchblicken lässt und darüber fast ganz den Erzähler vergisst. Er geht meiner Meinung nach von einer ganz irrigen Voraussetzung aus. Er lässt in seinen Erzählungen eine ganz bestimmte Tendenz zutage treten, die er in mehr oder weniger ungeschickter Weise zum Ausdruck bringt. Ganz recht! Tendenz muss jeder tiefer angelegte Roman haben. Aber darf das in solcher Weise hervortreten, wie hier! Hause lässt nämlich einige Personen lange erbauliche Diskurse über die jüdische Erziehung pflegen, die, ohne viel zu sagen, mindestens den dritten Teil des Werkes ausmachen. Ja, heißt denn das den Leser in Spannung halten? Das jetzige übernervöse Lesepublikum hat eben keinen Sinn und keine Ausdauer für solche Exkurse. Da lässt man sich Hauses 'Drei Erzählungen' gefallen! Die sind in einem frischen, volkstümlichen Ton geschrieben und wirken packend bis an den Schluss. Den besten Eindruck hat auch mich 'Die silbernen T'fillah' gemacht. Etwas schwächer ist die zweite Erzählung 'Ein Waisenknabe'. Der Schluss, der zu unwahrscheinlich klingt, beeinträchtigt die Totalwirkung etwas, während wieder 'Eine wunderbare Errettung' bis ans Ende fesselt.   
Ich hätte zwar noch mehreres auf dem Herzen, will aber den Leser nicht ermüden. Sollte ich ja zu oft und zu sehr vom Thema abgeschweift sein, so möge mir das zur Entschuldigung dienen, dass ja ein Brief nicht für trockene Berichte geeignet ist, sondern mehr dazu, ein wenig zu plaudern und seine Gedanken auf dem Papier spazieren zu führen.   P-s A.."    


   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule 
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1895 / 1896   

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. August 1895
"In Folge zeitweiser Kränklichkeit unseres Religionslehrers, Kantors und Schächters 
soll ein unverheirateter seminaristisch gebildeter Vertreter desselben engagiert werden. Auf musikalische Befähigung wird besondere Rücksicht genommen. 
Bewerber wollen ihr Anerbieten unter Beifügung von Zeugnisabschriften bei dem Unterzeichneten einreichen. 
Eisenach, den 5. August 1895. 
Der Kultusvorstand der israelitischen Religionsgemeinde. S. Stiebel."      
   
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1896
"Die Stelle eines Religionslehrers und Kantors der hiesigen israelitischen Gemeinde ist zu besetzen. Staatlich geprüfte und musikalisch gebildete Bewerber, welche zur Leitung des Synagogenchors befähigt und in der Lage sind, einen freien Vortrag zu halten, wollen ihre Meldungsgesuche unter Einreichung ihrer Zeugnisse sowie Angabe ihrer persönlichen und familiären Verhältnisse an den Unterzeichneten richten. Das feste Gehalt beträgt 2000 Mark, außer einigem Nebeneinkommen. 
Der Kultusvorstand der israelitischen Religionsgemeinde zu Eisenach: 
S. Stiebel."     

   
Lehrer Jakob Heidungsfeld wirbt für seine Pensions-Anstalt (1862 / 1864)   

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. März 1862: "Pensions-Anstalt zu Eisenach
Zu Ostern dieses Jahres können noch einige Knaben, welche eine der hiesigen anerkannt vorzüglichen Schulen besuchen sollen, in meiner Anstalt Aufnahme finden. Neben strenger und religiöser Erziehung wird eine liebvolle Behandlung zugesichert. Die vielen und tüchtigen Schulen Eisenachs, sowie das gesunde Klima Thüringens dürfte manche Eltern veranlassen, ihre Knaben einer hiesigen Anstalt anzuvertrauen. Auf ganz portofreie Anfragen ist Herr Landrabbiner Dr. Heß dahier gern bereit, nähere Auskunft zu erteilen, sowie auch beim Unterzeichneten das Nähere zu erfahren ist. 
Eisenach, 24. Februar 1862. J. Heidungsfeld, Lehrer."         
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. November 1864: "Pensions-Anstalt zu Eisenach. 
Zu Weihnachten oder Ostern können noch 2 Knaben, welche das Gymnasium oder das Realgymnasium dahier besuchen sollen, in meinem Hause Aufnahme finden. Das Nähere ist zu erfahren bei den Herren Bankier Callmann in Weimar, Kaufmann S. Grünbaum in Rotenburg, Landrabbiner Dr. Heß dahier sowie beim Unterzeichneten. 
J. Heidungsfeld
, Lehrer."     

  
Anzeige von Lehrer Jakob Heidungsfeld (1873)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. März 1873: "Ein Mädchen, welches mit den Hausarbeiten und in der Küche vertraut ist, wird gegen guten Lohn von einer ganz kleinen Familie gesucht. Nähere Auskunft erteilt Herr Lehrer Heidungsfeld in Eisenach".  

   
Die Bildung einer Simultanschule wurde beschlossen (1875)     
Anmerkung: es wird nicht gesagt, in welcher Gemeinde im "Oberland" die Bildung einer Simultanschule beschlossen wurde. 

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. August 1875: "Eisenach, 21. Juli (Frankfurter Journal). In unserem Oberlande hat kürzlich eine aus Protestanten und Juden bestehende Gemeinde die Errichtung einer Simultanschule beschlossen; die Regierung hat aber wohl die Vereinigung der Schulgemeinden, nciht aber die der Schulen genehmigt, es sollte vielmehr der jüdische Lehrer nur die jüdischen Kinder unterrichten dürfen. Dabei hat sich jedoch der Schulvorstand des Ortes nicht beruhigt und Berufung eingewendet, von der man sich umso eher einen Erfolg versprechen darf, als jene auffällige Entscheidung in die Zeit fällt, da der Kultusminister Stichling noch nicht wieder in die Leitung der Geschäfte eingetreten war. Das wird aber in der nächsten Zeit schon geschehen, und dann kann man darauf rechnen, dass die auf Grund des Schulgesetzes zulässige und berechtigte Vereinigung nicht weiteren Schwierigkeiten begegnet."      

 
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Heidungsfeld (1889)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1889: "Aus Thüringen. Herr Heidungsfeld, israelitischer Lehrer und Kantor in Eisenach, feierte am 21. November sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Die 'Eisenacher Zeitung' berichtet hierüber Folgendes: 
'Am 21. dieses Monats feierte Herr Lehrer Heidungsfeld hier sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Er hat an der Wiege der hiesigen Synagogengemeinde gestanden, als dieselbe, aus nur wenigen Mitgliedern bestehend, im Jahre 1863 ihre Gründung vollzog. Im Jahre 1864 als Lehrer und Kantor der jungen Gemeinde bestellt, ist er derselben unentwegt treu geblieben und waltet bereits ein Vierteljahrhundert seines Amtes mit lobenswertem Fleiße und Eifer. Der durch die rasch angewachsene Mitgliederzahl der Gemeinde vermehrten Arbeitslast gegenüber hat er sich stets mit voll ausreichender Tüchtigkeit bewährt, was die Gemeinde auch durch mehrmalige, den Zeitverhältnissen entsprechende ansehnliche Gehaltserhöhung dankbar anerkannt hat. Sein friedfertiges Wesen und eine gegen Jedermann stets bereite Dienstfertigkeit haben ihm allgemeine Beliebtheit über den Kreis seiner Gemeinde hinaus verschafft. Von Seiten der israelitischen Gemeinde wurden dem Jubilar durch den Gesamtvorstand Glückwünsche und ein Geschenk überbracht, was auch später von Seiten vieler Familien geschah. Der hiesige Synagogenchor brachte Mittwoch Abend und die Lauterbach'sche Kapelle Donnerstag Morgen dem geehrten Jubilar ein Ständchen. Möge der wackere Mann seines Amtes noch lange walten!'  
Ich füge dem noch hinzu, dass an dem betreffenden Tage der Landrabbiner, Herr Dr. Salzer aus Stadtlengsfeld, sowie auch Herr Lehrer Fackenheim aus Mühlhausen, letzterer in seiner Eigenschaft als Vorsitzender und Vertreter des 'Vereins jüdischer Kultusbeamten Mitteldeutschlands' hier eintrafen, um dem Jubilar ihre Glückwünsche zu überbringen."              

   
Chanukkafeier mit den Schülern der Gemeinde und Lehrer Heidungsfeld (1893)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1893: "Aus Eisenach. Unser wirkungsfreudiger Herr Lehrer Heidungsfeld hat in diesem Jahre am achten Chanukkaabend der hiesiegn israelitischen Schuljugend und damit auch der hiesigen israelitischen Gemeinde, ein so schönes Chanukkafest bereitet, dass dasselbe innerhalb der Gemeinde mehrere Tage die Unterhaltung beherrschte und überall nur Äußerungen freudiger Anerkennung und Dankbarkeit laut wurden. Auf erfolgte Einladung hatte sich abends 1/2 8 Uhr die gesamte Schuljugend und der größte Teil der Gemeindemitglieder - die Damenwelt war vollständig vertreten - in dem großen Saale der Tivolirestauration versammelt. Hier hielt der Herr Heidungsfeld erst eine passende Ansprache über die Bedeutung des Chanukkafestes. Dann trat ein Knabe vor und zündete die Chanukkalichter an, nachdem er vorher die üblichen Benedeiungen gesprochen hatte, worauf dann die sämtlichen Schüler da Maos zur jeschuati sangen. Es wurden dann noch einige deutsche Gesänge vorgetragen, an welchen sich auch erwachsene Damen und Herren beteiligten. Nach diesen trugen die Schüler Deklamationen vor. Die sämtlichen Klassen der Schule waren vollständig vertreten, und jeder Schüler kam zum Vortrage. Die durchgängig gut gewählten Deklamationsstücke wurden mit Verständnis und schöner Betonung zum Ausdrucke gebracht. Die hierauf folgende Verlosung der für die Schüler bestimmten Geschenke erregte unter der Jugend ein bunt bewegtes Durcheinander und heiteres Wesen. Ein kleines Schülerbankett beschloss das Fest, das, wie sich hoffen lässt, bei Jung und Alt auch für die häusliche Chanukkafeier für die künftigen Jahre Stimmung gemacht haben wird. Zu wünschen wäre darum, dass eine solche Feier sich alljährlich wiederhole, und zwar nicht am Schlusse, sondern beim Beginne, am ersten Abend des Chanukkafestes, damit der Eindruck derselben der häuslichen Chanukkafeier mehr zugute komme. Dem Herrn Lehrer Heidungsfeld sei hier noch für die viele auf die Veranstaltung dieser schönen Chanukkafeier verwendete Mühe unser Dank ausgesprochen."             

    
Chanukkafeier mit den Schülern der Gemeinde und Lehrer Heidungsfeld (1895)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1895: "Eisenach. Herr Lehrer Heidungsfeld hielt vorige Woche mit einen sämtlichen Schülern eine erhebende Chanukkafeier ab. Vorträge, lebende Bilder und sonstige entsprechende Aufführungen würzten dieselbe."           
   
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Januar 1895: "Eisenach, 31. Dezember (1895). Wie schon in den beiden vorhergehenden Jahren, so hat auch in diesem Jahre wieder unser Lehrer Heidungsfeld seinen Schülern und seiner Gemeinde eine schöne Chanukkafeier veranstaltet. Sie fand in dem großen Tivolisaale, dem größten Saale hier, statt. Die sämtlichen Mitglieder der hiesigen Gemeinde waren geladen, sodass der Saal vollständig gefüllt war. Herr Heidungsfeld hielt darauf einen Vortrag über die Bedeutung des Chanukkafestes. Nach diesem zündeten die Knaben unter den vorgeschriebenen Lobgebetssprüchen die Chanukkalichter an, worauf von der Gesamtheit der Kinderschar das Maos Zur gesungen wurde. Darauf zog sich da Schülerkorps hinter die Kulissen zurück, von wo sie einzeln hervortraten, ein jeder, um die ihm zugewiesene Rolle abzuspielen. Diese bestand in dem Vortrag je eines kleineren oder größeren Gedichts, teils religiösen, teils humoristischen Inhalts. Sie kamen alle einzeln an die Reihe. Man musste wirklich das Exakte der ganzen Ausführung, die Unbefangenheit und Sicherheit des Auftretens der Kinder und das freudestrahlende Gesicht, mit welchem ein jedes derselben an die Rampe trat, um das ihm zugeteilte Pensum vorzutragen, bewundern, Den Schluss dieses ersten Teiles der Feier bildete, nachdem ein Knabe den Prolog hierzu vorgetragen hatte, ein lebendes Bild, welches den Traum unseres Erzvaters Jakob darstellte. Der zweite Teil der Feier, obgleich anderer Art, war doch ganz dazu angetan, die gute Stimmung aufrecht zu erhalten. Er brachte den Kindern eine Bewirtung mit Schokolade und Brezeln, welcher ein Kinderball folgte. Die ganze Gemeinde ist begeistert von dem schönen Verlauf dieser Chanukkafeier. Es wird diese Feier auch hoffentlich nicht wieder aus dem Chanukkafest-Programm der hiesigen Gemeinde schwinden, sondern eine bleibende Stätte in demselben behalten. Sie ist ganz allein aus der Initiative des Herrn Heidungsfeld hervorgegangen, und die ganze Arbeit lag in seiner Hand. Die hiesige Gemeinde hat in Herrn Heidungsfeld einen Kultusbeamten, der mit einer fast unverwüstlichen Arbeitskraft begabt ist, sobald es gilt, der Weckung des religiösen Sinnes innerhalb seiner Gemeinde neuen Sporn und Anlass zu verschaffen." 

       
Anzeige des Hotels Waldhaus mit Referenz von Prediger und Lehrer E. Meyer (1901)    

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Januar 1901:  
"Hotel Waldhaus, Eisenach
Zur Abhaltung von Hochzeiten, streng rituell unter Aufsicht des Predigers und Lehrers Herrn E. Meyer, empfiehlt sein gut renommiertes Etablissement I. Ranges, in hervorragend schöner Lage. 
P. Menzel, Besitzer.
 
Referenz erteilt E. Meyer, Prediger der israelitischen Religionsgemeinde."      

   
     
Aus der Geschichte des Landrabbinates (seit 1912 in Eisenach)     
 
Sitz des Landrabbinates war von 1824 bis 1912 in Stadtlengsfeld, danach in Eisenach (Landrabbinat Sachsen-Weimar-Eisenach). Es umfasste zuletzt die Gemeinden Apolda, Aschenhausen, Eisenach, Gehaus, Geisa, Jena, Ilmenau, Stadtlengsfeld, Vacha und Weimar. Landrabbiner Dr. Wiesen verlegte 1912 den Rabbinatssitz von Stadtlengsfeld nach Eisenach.  
  
Anzeigen von Landrabbiner Dr. Mendel Heß (1847 / 1848)   
Anmerkung: Rabbiner Mendel Heß war von 1829 bis 1871 Landrabbiner des Landrabbinates Sachsen-Weimar-Eisenach (geb. 1807 in Stadtlengsfeld als Sohn von Rabbiner Isaac Kugelmann Heß, gest. 1871 in Eisenach), studierte in Würzburg; 1827 Rückkehr nach Stadtlengsfeld; seit 1829 Landrabbiner für Sachsen-Weimar-Eisenach; verlegte seinen Wohnsitz und Rabbinatssitz 1846 nach Eisenach; war seit März 1863 gelähmt und wurde von dem Lehrer Löwenstein jun. vertreten.  

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Oktober 1847: "Anzeige
Unterzeichneter kann einen sehr gebildeten jungen Mann zu der Stelle eines Hauslehrers oder bei einer Gemeinde, insonders in einer großen Stadt, empfehlen. 
Eisenach
im September 1847. 
Dr. M. Heß, großherzoglich weimarischer Landrabbiner".        
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. September 1848: "Anzeige
Einer israelitischen Familie, die einen aufgeklärten, methodisch gebildeten Hauslehrer sucht, kann ich einen solchen empfehlen. 
Eisenach, den 4. September 1848. Dr. M. Heß, großherzoglich weimarischer Landesrabbiner."      

   
Zum Tod von Landrabbiner Dr. Mendel Heß (1871, zuletzt in Eisenach wohnhaft)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Oktober 1871: "Eisenach, 1. Oktober (1871). Am 21. September verstarb der seit vielen Jahren hier wohnhafte großherzoglich weimarische Landrabbiner, Herr Dr. M. Heß, der sein Amt über 43 Jahre bekleidet. Er war 1807 geboren, erreichte also ein Alter von 64 Jahren. Bekanntlich gehörte er der äußersten Reformpartei an, in welchem Sinne er auch eine Zeit lang eine Zeitschrift herausgab. Außerdem sind von ihm Predigten veröffentlicht worden. Längere Zeit hindurch war er die Zuflucht für Brautpaare gemischter Konfession. Viele Jahre leidend, hielt er sich während des letzten Stadiums seines Lebens von der Öffentlichkeit zurückgezogen."     

           
Dr. Josef Wiesen wird neuer Landrabbiner (1902, damals noch Rabbinatssitz in Stadtlengsfeld)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1902: "Eisenach, 28. August (1902). Zum Landrabbiner des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach wurde an Stelle des verstorbenen Dr. Salzer - Stadtlengsfeld Herr Dr. Wiesen - Böhmisch Leipa gewählt. Die ministerielle Bestätigung dieser Wahl ist bereits erfolgt. Der Landesrabbiner wird künftig seinen Wohnsitz in Eisenach nehmen. Herr Dr. Wiesen ist ein Sohn des verstorbenen Lehrers Wiesen in Osterode, der sich durch die Herausgabe des hebräischen Lesebuches mit gegenüberstehendem hebräischen Text sowie durch seinen Verlag von Bildern großer jüdischer Männer rühmlichst bekannt gemacht hat."             

 
Einführung des neuen Landrabbiners in Stadtlengsfeld mit einer Feier in Eisenach (1902)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. November 1902: "Eisenach, 1. November (1902). Die Einführung des neuen Landrabbiners unseres Großherzogtums fand am 14. vorigen Monats in feierlicher Weise in Stadtlengsfeld statt. Die würdige Feier, zu der die verschiedenen Staats- und städtischen Beamten sowie die Gemeindevertretungen und Lehrer aus allen Kultusgemeinden eingeladen und erschienen waren, machte auf alle Anwesenden einen tiefen Eindruck. Unter Führung des großherzoglichen Bezirksdirektors Herrn Geheimen Regierungsrat Schmidt aus Dermbach und des Kultusvorstehers Herrn Jakob Huhn aus Stadtlengsfeld bewegte sich der Zug von der Wohnung des Herrn Landrabbiners Dr. J. Wiesen in die festlich geschmückte Synagoge, wo der festliche Akt vollzogen wurde. - Nach vorausgegangenem Minchagebet hielt Herr Dr. Wiesen eine treffliche Antrittspredigt. Er entwickelte in zu Herzen gehender Rede sein Programm und legte zum Schlusse das Gelöbnis ab, sein Amt nciht nur als eine Würde, sondern auch als einen Dienst aufzufassen, dem er alle seine Kräfte widmen wolle. - Nun ergriff der Herr Bezirksdirektor das Wort, um unter Vorlesung der Bestellungsurkunde Herrn Dr. Wiesen in sein neues Amt einzuführen. Besonders anerkennende und ehrende Worte widmete der Herr Bezirksdirektor dem verewigten Landrabbiner Dr. Salzer, den er als einen Mann von seltener Herzensgüte, von reinem und makellosem Charakter in mehr denn 20-jähriger gemeinsamer Arbeit schätzen und lieben gelernt habe. Nachdem Herr Landrabbiner Dr. Wiesen den Segen für das Fürstenhaus, für Kaiser und Reich gesprochen hatte, schloss die Feier mit dem Gesange: Lobe den Herren. - Im Anschluss an obigen Bericht referiere ich gleichzeitig über die am Freitag, den 31. Oktober und Sonnabend, den 1. November stattgehabte Feier in der Gemeinde Eisenach. Am Freitag, nach vollzogenem Minchagebet, wurde der Herr Landrabbiner von dem Vorsteher der hiesigen Gemeinde, Herrn Leopold Kuh, und den Deputierten vom Sitzungszimmer aus nach seinem Platze in der Synagoge geleitet. Der Synagogenchor begrüßte den Herrn Landrabbiner mit dem 'Boruch habo'. Alsdann ergriff Herr Leopold Kuh das Wort, um als erster Vorsteher namens der Gemeinde Herrn Dr. Wiesen als neuen Landrabbiner herzlich zu begrüßen. Dr. Wiesen dankte in bewegten Worten für die ihm erwiesenen Aufmerksamkeiten und Ehrungen. In besonders herzlicher Weise betonte der Redner, dass er mit vollem Herzen den Gemeinden entgegenkomme; dass er Vertrauen und Liebe mitbringe und solches auch wieder zu finden hoffe. - Der Abendgottesdienst gestaltete sich unter Mitwirkung des Synagogenchores besonders feierlich. Am Sabbath hielt dann der Herr Landrabbiner seine Antrittspredigt, die nach Form und Inhalt vorzüglich war und tiefen Eindruck bei allen Zuhörern machte. Der neuernannte Landrabbiner hat sich im Fluge die Herzen der Israeliten im Großherzogtum erobert. Man sieht in ihm den wahren und berufenen Nachfolger des unvergesslichen Landrabbiners Dr. Salzer, einen echten Schüler Ahrons, der den Frieden liebt und ein treuer, friedlicher Seelenhirte allen Gemeinden des Großherzogtums sein wird."        

  
Auszeichnung für Landrabbiner Dr. Wiesen (1912)        

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1. November 1912: "Eisenach. Landrabbiner Dr. Wiesen hat das Ritterkreuz 2. Klasse des Großherzoglichen Sächsischen Hausordens erhalten."          

   
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben     
Über die Wiedereinführung des deutschen Gottesdienstes bei den jüdischen Gemeinden des Großherzogtums Weimar (Artikel von Landesrabbiner Dr. M. Heß, 1850)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. September 1850: "Eisenach, 21. August (1850). Durch Zufall kömmt mir erst jetzt Nr. 30 der Allgemeinen Zeitung des Judentums zu, in welche sich ein der Vossischen Zeitung entlehnter Artikel über die Wiedereinführung des deutschen Gottesdienstes bei den jüdischen Gemeinden des Großherzogtums Weimar befindet, der einer wesentlichen Berichtigung bedarf. - Das Sachverhältnis ist nämlich Folgendes: 
Bereits im Jahre 1823, noch vor meiner Anstellung, erschien im Großherzogtum Weimar das Gesetz, wonach der Gottesdienst der Juden in deutscher Sprache abgehalten werden solle; später ward jedoch denjenigen Israeliten, welchen hebräische Andachtübungen noch Bedürfnis, diese in einem gewissen Umfange nachgelassen. Allein nach Promulgation der Grundrechte führten die Orthodoxen den ganz alten hebräischen Gottesdienst wieder ein, ohne auch nur der Regierung eine Notiz davon zu geben, oder sich mit dem Landrabbinate zu benehmen. Inzwischen war des Gesetz über die bürgerliche und politische Gleichstellung der Juden erschienen, welches jedoch hinsichtlich des Kirchen- und Schulwesens es bei der bisherigen Gesetzgebung belässt. Auf dem Grund dieser Bestimmung ward nun die Einschärfung jenes seit 1823 bestehenden Gesetzes kürzlich dem Landrabbinate vom Ministerium aufgegeben. - Indes haben sich nun beide Parteien in den Gemeinden dem von dem Landrabbiante bereits im Februar 1848 hinsichtlich der Anwendung des hebräischen und deutschen Elements beim Gottesdienste der Regierung gemachten Vorschlage angeschlossen, und ist auch alle Hoffnung vorhanden, dass diese nunmehr denselben genehmigen werde.  
Dr. M. Heß, großherzoglich weimarscher Landrabbiner."      

  
Kritik an einer "Mischehe" durch Rabbiner Dr. Heß (1867)     
Anmerkung: in Nr. 20 des "Ben Chananja" von 1867 konnte - nach Einsehen in www.compactmemory.de kein Bericht gefunden werden, daher wird nur dieser zitiert.  

Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 1. Dezember 1867: "Die in unserm Berichte Nr. 20 dieses Blattes beregte Mischehe fand zu Eisenach am 20. vorigen Monats, d.i. Hoschana Rabba statt, und verdient sie schon des Festtages wegen dem Namen 'Mischehe' (hebräisch: 'man soll nicht eine Freude mit der anderen vermischen'*). Da wir von dem Trauungsakte einer solchen Ehe keinen Begriff hatten, haben wir uns Auskunft von dem christlichen Bräutigam erbeten, welche vielleicht auch unsere Leser interessiert.  
Das Landesgesetz zu Weimar stellt es dem Brautpaar anheim, sich nach einer der beiden Kulten gültig trauen zu lassen, und die Gäste bestimmten sich für die jüdische. Das zu trauende Brautpaar wurde von der beiderseitigen Verwandtschaft in die Synagoge und unter den Trauhimmel geleitet, wo sie Rabbiner Dr. Heß mit zwei Zeugen erwartete. Der Bräutigam bedeckte sich das Haupt (!!). Nachdem Herr Rabbiner das Brautpaar zu gegenseitigem Vertrauen, zu den Pflichten, welche es sich gegenseitig durch den Mund auferlegte, in ergreifender Weise ermahnte, sprach er einen längeren hebräischen Spruch (wahrscheinlich die üblichen Eulogien) über den Becher, den er früher der Braut und dann dem Bräutigam zum Trunke reichte. Das Brautpaar wechselte Ringe, während Herr Rabbiner einen kurzen hebräischen Satz sprach, den er mit den Worten übersetzte: Sei mir getraut N.N. und welche er von dem Bräutigam zur Braut gekehrt, nachsprechen ließ. Herr Rabbiner sprach hierauf wieder die üblichen Eulogien und trank aus dem Becher.  
Das Brautpaar legte Hand in Hand, welche der Herr Rabbiner ergriff und sprach: Kraft der mosaischen Religion und Kraft des großherzoglich weimarischen Staatsgesetzes ist die Ehe geschlossen! Hierauf folgte der Segen, die Zeremonie war zu Ende, welche Herr Rabbiner Dr. Heß als die 33. von ihm vollzogene Mischehe zählt.    Löwy."          
*) Jacob Levy Wörterbuch über die Talmudim und Midraschim 1924 Bd. 3 S. 690. 

   
Ergänzung zum Gemeindestatut und Mitteilung des Todes der Witwe von Landrabbiner Dr. Heß (1878)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1878: "In Eisenach hat das Gemeindestatut, das langjährige Streitobjekt zwischen Synagogenvorstand und Landrabbinat, endlich die landesherrliche Genehmigung erhalten, jedoch mit dem wohlweißlichen Zusatze: 'Bis auf Weiteres und unter dem allgemeinen Vorbehalt der dem Großherzoglichen Landrabbiner über die jüdischen Schulen, Synagogen, milden Stiftungen und Armenanstalten gesetzlich zustehenden Aufsicht, wie des Aufsichtsrechts der Großherzoglichen Aufsichtsbehörde und des Großherzoglichen Staatsministeriums.' Hoffentlich werden sich auf Grund dieses Zusatzes die dem Statute noch anhaftenden Mängel weniger fühlbar machen lassen.  
Am zweiten Tage von Rosch Haschana (Neujahresfest) wurde hier Frau Dr. Heß, Witwe des verstorbenen Landrabbinern Dr. Heß begraben. Sie war in Halle an der Saale gestorben, ihre Leiche wurde aber, vermutlich vorher geäußerten Wunsche gemäß, per Bahn hierher gebracht."          

   
Antisemitischer Prozess vor der Strafkammer in Eisenach (1884)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1884: "Aus Thüringen. Am 12. dieses Monats (12. Juni 1884) spielte, wie bereits kurz berichtet, vor der Strafkammer in Eisenach ein antisemitischer Pressprozess, dessen Ausgang es wohl verdient, Notiz von ihm zu nehmen. Der Redakteur der in Kaltennordheim erscheinenden 'Feldazeitung', eines wenig verbreiteten Blättchens, Herr Unglaube, hat schon seit einiger Zeit in demselben Stilübungen in antisemitischen Hetzartikeln zu Tage gefordert. So brachte er auch vor Kurzem eine Blumenlese aus dem Talmud, durch welche nachgewiesen werden sollte, dass es den Juden erlaubt sei, die Christen zu belügen und zu betrügen usw. Diesen Unglaublichkeiten fügte er die Bemerkung hinzu, dass der Talmud das Gesetzbuch der Juden sei, dessen Vorschriften, also auch die von ihm angeführten, alle Juden befolgen. Der Landrabbiner, Herr Dr. Salzer in Stadtlengsfeld, machte ihn brieflich darauf aufmerksam, dass seine Blumenlese lauter Unwahrheit enthalte und ersuchte ihn, dieselben zu widerrufen, widrigenfalls er genötigt sein würde, der Staatanwaltschaft Anzeige zu machen. Anstatt des Widerrufes ließ Herr Unglaube einen neuen, nciht minder gehässigen Artikel vom Stapel. Herr Dr. Salzer legte hierauf diese Angelegenheit in die Hände des Großherzoglichen Staatsanwaltes. Am 12. dieses Monats fand die strafgerichtliche Verhandlung und die Vernehmung des vom Gerichte erwählten Sachverständigen, des Redakteurs der 'Eisenacher Zeitung', Herrn Löwenheim, statt. da derselbe zwar die Behauptungen des Herrn Unglaube verneinte, aber doch erklärte den Talmud nicht genau zu kennen, so trug der Anwalt des Herrn Unglaube auf Vorladung eines andern Sachverständigen an und schlug zu diesem Zwecke einen Professor in Münster, der in einem ähnlichen Prozesse vernommen wurde, vor. Der Staatsanwalt widersprach diesem Ansuchen überhaupt und namentlich noch in Bezug auf den genannten Herrn. Die Akten des Münster'schen Prozesses in ähnlicher Angelegenheit lagen dem Gerichte vor, in diesem aber fände sich die Erklärung des erwähnten Sachverständigen, dass ihm eine genauere Kenntnis des Talmuds, sowie des talmudischen Idioms abgehe.  Es sei die bei den Akten liegende Erklärung des Herrn Landrabbinen, dass die betreffenden Behauptungen sich im Talmud durchaus nicht vorfinden und vollständig aus der Luft gegriffen seien, als ein autoratives und genügendes Sachverständigenurteil anzusehen; sollte aber das Gericht dennoch einen Sachverständigen hören wollen, so schlage er Herrn Professor Dr. Delitzsch in Leipzig vor, der auf diesem Gebiete eine anerkannte Autorität sei. Der Gerichtshof erklärte die Vernehmung noch eines Sachverständigen für unnötig. Herr Staatsanwalt Siefert führte ferner aus: Da der sehr beschränkte Leserkreis des in Rede stehenden Blättchens die nachteilige Wirkung seines Inhaltes mindere, und da Herr Unglaube selbst erklärt habe, seine Anführungen aus einer antisemitischen Zeitung entnommen zu haben, und diese sich, wie der Herr Staatsanwalt sich mit Recht ausdrückte, sonderbarer Weise 'Die Wahrheit' nenne, so sei anzunehmen, dass er in gutem Glauben gehandelt habe und sei daher von einer Bestrafung anzusehen. Die Behauptung des Herrn Unglaube aber, dass alle Juden nach diesen Talmudgesetzen handeln, sei eine strafbare Beleidigung der Juden und er beantrage deshalb gegen den Redakteur, Herrn Unglaube, die Zuerkennung einer vierwöchentlichen Gefängnisstrafe. Der Gerichtshof entschied diesem Antrage gemäß. Herr Unglaube musste noch die Bemerkung des Herrn Staatsanwaltes hinnehmen, dass sein Antisemitismus wohl seinen Grund in dem Umstande habe, dass ein Jude in Kaltennordheim die für ihn beim Vorschussvereine eingegangene Bürgschaft zurückgezogen habe."           

    
Gründung eines Männervereins "Chebra-Gemilut-Chassadim" (Wohltätigkeits- und Bestattungsverein, 1885)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1885: "Aus Thüringen. Die israelitische Gemeinde in Eisenach, die erst seit ungefähr 20 Jahren zu einer solchen herangewachsen ist, ermangelte bis jetzt noch mancher Institution, wie sie eben im Leben einer größeren jüdischen Gemeinschaft unentbehrlich sind, und die darum auch in keiner solchen älteren Datums fehlen. Seit der Erbauung der neuen Synagoge ist in dieser Beziehung hier bereits einige Besserung eingetreten. Es fängt ein gewisser Kehilasinn (Gemeindesinn) an, sich zu regen und geltend zu machen. Zeugnis hiervor gibt die jüngst stattgefundene Errichtung eines Männervereins 'Chebra-Gemilut-Chassadim', an welchem der weitaus größte Teil der Gemeindeglieder sich beteiligt haben. Zweck desselben ist gegenseitige Beihilfe in Krankheits- und Sterbefällen, sowohl durch geldliche Unterstützung der von solchen Fällen betroffenen bedürftigen Vereinsmitglieder, als auch durch selbsttätige Mitwirkung bei den bei Totenbestattungen üblichen Observanzen. Ich will nicht behaupten, dass alle Beigetretenen im Voraus schon entschossen seien, dieser letzteren Verpflichtung auch wirklich nachzukommen, glaube vielmehr, dass mancher, wenn die Reihenfolge ihn trifft, lieber den für den Fall festgesetzten Strafbetrag erlegen werde. Unter unserer jetzigen Generation sind es ja leider viele, welche sich der Übung solcher Liebespflichten entziehen, weil sie glauben, den Horror vor der Berührung einer Leiche nicht überwinden zu können, oder weil sie sich für so etwas für zu gut oder gar für 'zu gebildet' halten; aber es will doch jeder gern die beruhigende Gewissheit haben, wenn für ihn einmal die Stunde zur großen Reise ins Jenseits schlägt, vorschriftsmäßig behandelt zu werden. Dem sei indessen wie ihm wolle; es ist immer etwas Gemeinsames, was mit diesem Vereine geschaffen worden ist, und bei richtiger Leitung, wie solche zu erwarten steht, lässt sich auf dieser Grundlage weiter bauen. An willigem Entgegenkommen fehlt es keinerseits.    
Ein jüdischer Frauenverein, dem fast die sämtlichen Frauen der hiesigen Gemeinde angehören, besteht übrigens hier schon seit einer ziemlichen Reihe von Jahren und entwickelt derselbe eine recht wohltätige Wirksamkeit."               

  
Ein Antisemitenverein ("Reformverein") wird gegründet (1891)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1891: "Eisenach, 1. Mai (1891). Am 17. vorigen Monats ist nach langen Geburtswehen auch hier in Eisenach ein Antisemitenverein unter der Firma 'Reformverein' ins Leben getreten. Er hielt am 17. April im 'Wartburghof' eine öffentliche Versammlung ab, zu welcher sich ca. 120 Personen eingefunden hatten. Von diesen waren wohl die gute Hälfte aus Neugierde gekommen, während ein übriger beträchtlicher Teil aus nicht wahlberechtigten jungen Leutchen bestand. Den Vorsitz in der Versammlung führte der bisher als eifriger Nationalliberaler bekannte Herr Schäffer, in dessen Equipage noch bei der letzten Reichstagswahl der nationalliberale Kandidat, respektive dessen Begleiter, das Land bereisten".          

   
Die Goldene Hochzeit des Großherzoglichen Ehepaares wird gefeiert (1892)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Januar 1892: "Aus Eisenach. Die Bewohner des Großherzogtums Sachsen-Weimar haben am 5., 6., 7., 8. und 9. dieses Monats wahre Jubeltage erlebt. Eine hochfreudige Strömung war es, von welcher die sämtlichen Landesangehörigen erfüllt waren. Wurde ja dem erlauchten Großherzoglichen Ehepaare von Gott das seltene Glücke gewährt, Höchstihr goldenes Ehejubiläum feiern zu können. Und das ganze Völkchen feierte dieses Fest in der freudigsten Teilnahme mit und in den Gotteshäusern aller Konfessionen stiegen tiefempfundene Dankgebete zu Gott empor für die dem geliebten Herrscherhause erzeigte Wohltat. Warum sollte das auch nicht so sein! Die erhabenen Herrschertugenden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und seiner erlauchten Gemahlin haben während der langen Regierungsdauer Höchstderselben sich durch eine milde und gerechte Regierung und durch unzählige Wohltätigkeitshandlungen gegen Einzelne sowohl, als auch durch Stiftung und Beförderung von Wohltätigkeitsanstalten, sowie überhaupt durch ihre Teilnahme an allem, was das Wohl und Wehe der Landesangehörigen betrifft, so glänzend bewährt, dass sich dadurch wischen dem hohen Herrscherhause und seinen Untertanen ein Liebesband gebildet hat, das den Charakter eines zwischen Eltern und Kindern bestehenden Verhältnisses an sich trägt.    
Dass in dieser Beziehung die israelitischen Bewohner des Landes keine Ausnahme machen und diese, so oft sich Gelegenheit darbietet, die Liebe zum Großherzoglichen Hause auf irgendeine Weise zu betätigen, nicht zurückstehen, versteht sich umso mehr von selbst, als der hohe Sinn Seiner Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin, ihnen auch stets eine gleichmäßige Behandlung mit den übrigen Bewohnern des Landes zuteil werden lässt.  
Dieses war auch während der in Rede stehenden Feier der Fall. Der Großherzoglich Sächsische Landrabbiner, Herr Dr. Salzer in Stadtlengsfeld war gleich den Spitzen der Geistlichkeit der übrigen Konfessionen des Landes offiziell zur Feier geladen worden und hatte sich auch bei seiner Ankunft in Weimar sowohl, als auch während der ganzen Dauer der Festlichkeit einer vollständig paritätischen Behandlung mit den übrigen Geistlichen zu erfreuen.   
Der Landrabbiner hatte die Ehre, am 6. dieses Monats vom Großherzoglichen Ehepaare zur Audienz empfangen zu werden und seine persönlichen Glückwünsche zum goldenen Ehejubiläum aussprechen, sowie auch seitens der israelitischen Gemeinde eine prachtvoll ausgestattete Glückwunschadresse überreichen zu dürfen. Seine Königliche Hoheit der Großherzog, sowie           
Eisenach Israelit 20101892a.jpg (187202 Byte)auch dessen erlauchte Gemahlin geruhten beides huldvollst entgegenzunehmen und bei dieser Gelegenheit die Versicherung zu erteilen, dass Höchstdieselben bei ihren Untertanen in Betreff des Glaubens durchaus keinen Unterschied kennen, dass alle ihnen gleich nahe stehen und daher auch die israelitischen Bewohner des Landes sich des landesherrlichen Schutzes und der landesherrlichen Fürsorge stets in derselben Weise versichert halten können, wie die Bekenner der übrigen im Lande vertretenen Konfessionen. Das sind sicherlich hocherfreuliche Äußerungen aus hohem Fürstenmunde, namentlich in einer so von Glaubens- und Rassenhass durchwühlten Zeit, wie die unsrige leider ist.   
Das edle Großherzogliche Ehepaar hat stets auf der Höhe der Bildung und der Humanität gestanden und ist noch erfüllt von dem Odem einer klassischen Zeit, deren Geburts- und Pflegestätte Weimar war. Als der Dichter Leopold Kompert (vgl. Wikipedia-Artikel) gestorben war, drückte der Großherzog in einem eigenhändigen Schreiben der Witwe desselben sein Beileid aus, und der Dichter Ludwig August Frankl (vgl. Wikipedia-Artikel) erhielt vor nicht langer Zeit einen hohen Orden von ihm. Auch hat er vor einiger Zeit persönlich Einkäufe in israelitischen Geschäften in Eisenach gemacht. Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin, deren Wohltätigkeit unbegrenzt ist, lässt dem Landrabbiner oft Unterstützungsgelder zur Übermitteilung an arme Israeliten zukommen und hat erst vor Kurzem einer kleinen israelitischen Gemeinde eine ansehnliche Unterstützung zur Reparatur ihrer Synagoge zugesagt. Als vor einigen Monaten die erlauchte Frau Erbgroßherzogin einen Teil des Landes bereist und auch nach Stadtlengsfeld kam, wurde neben anderen Beamten auch der Landrabbiner zur Tafel geladen. Der Landrabbiner erhält auch den größten Teil seiner Besoldung aus der Staatskasse und außerdem eine Pauschalsumme für seine Dienstreisen und seinen Bureau-Aufwand. 
Möchte es doch in unserem deutschen Vaterlande überall so bestellt sein!  
Gott segne unser erhabenes, großherzogliches Haus und erhalte das erlauchte Ehejubelpaar noch lange in frischer, froher Gesundheit!".   

    
Konferenzen des Vereins israelitischer Lehrer Mitteldeutschlands in Eisenach (1892 / 1894)            

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Juni 1892:  
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Juni 1894:  
Genannt werden bei der Konferenz die Herren: 
Dr. Dessauer, 
Dr. Salzberger (Erfurt), 
Rothschild (Erfurt), 
Oppenheimer (Barchfeld), 
H. Katz (Aschenhausen), 
Heilbrunn (Gehaus), 
Popper (Mühlhausen), 
Wertheim (Gera), 
Baumgart (Stadtlengsfeld). 
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Lehrerkonferenz des "Vereins israelitischer Lehrer Mitteldeutschlands" in Eisenach (1894)    

       


Vortragsabend des "Vereins für jüdische Geschichte und Literatur" (1895)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Februar 1895: "Eisenach, 27. Januar (1895). Am 23. dieses Monats fand im Sitzungszimmer der hiesigen Synagoge ein zahlreich besuchter Vortragsabend des neuen Vereins für jüdische Geschichte und Literatur statt. Zuerst hielt der Vorsitzende, Herr Heilbronn, einen Vortrag. Derselbe sprach über die Geschichte der Makkabäer und den Talmud in interessanter Weise. Der Vortrag war für die Anwesenden sehr belehrend, und wurde nach Schluss desselben dem Vortragenden allgemeiner Beifall gespendet. Nach einer kleinen Pause wurde sodann Herrn Ginzberg das Wort erteilt. Derselbe sprach über den 'Kaufmann von Venedig'. Auch dieser Vortrag war sehr belehrend und fand lebhaften Beifall. Herr Ginzberg las nach Beendigung seines Vortrags noch einige Briefe von Heinrich Heine über sein Verhältnis zum Judentum vor. Hierauf teilte der Vorsitzende noch mit, dass der nächste Vereinsabend am 2. Februar stattfindet, und damit schloss die Sitzung. der Verein, welcher ja noch im Entstehen begriffen ist, jedoch durch fleißiges Wirken schon ziemlich sich emporgeschwungen hat, wird sich nunmehr ebenfalls dem Verband anschließen, um hervorragende Redner zu gewinnen. Wir wollen demselben auch für die Zukunft das Beste wünschen."    

    
Generalversammlung des "Armenvereins zur Bekämpfung der Wanderbettelei" (1900)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. September 1900: "Eisenach, 4. Februar (1900). Der hiesige 'Armenverein zur Bekämpfung der Wanderbettelei" hielt am 23. vorigen Monats seine Generalversammlung ab. Der Vorsitzende des Vereins, Prediger Meyer, erstattete den Jahresbericht und legte klar, wie segensreich der Verein auch im verflossenen Jahre gewirkt habe. Das Interesse für die Sache sei größer geworden und die Zahl der Mitglieder bedeutend gewachsen. - Als ganz besonders wichtig hob der Vorsitzende hervor, dass nach Beschluss der vorjährigen Generalversammlung, die Auszahlung der Unterstützungen von der Ortspolizei vornehmen zu lassen, seit dem 1. April 1899 gehandelt sei. Die Erfahrungen, die der Verein seit Übergabe der Kasse an die Polizei-Verwaltung gemacht, seien die allerbesten gewesen. Die Hausbettelei hat fast ganz aufgehört; die Unterstützungsbedürftigen konnten infolge Abnahme der Unterstützungsgesuche weit wirksamer unterstützt werden. Leuten, die arbeitswillig waren, ist von der Polizei in vielen Fällen Arbeit nachgewiesen und verschafft worden. Die Abnahme der Unterstützungsbedürftigen betrug 380 Personen. (Die Einrichtung der hiesigen Gemeinde, die Kasse durch die Polizei verwalten zu lassen, kann auch anderen 'Armenvereinen gegen Wanderbettelei' warm empfohlen werden). Die Revisoren, Herren M. Troplowitz und S. Katz haben die Kasse geprüft und für richtig befunden. Die Einnahme betrug an Mitgliederbeiträgen 1.084,56 Mark; die Ausgaben an 598 Unterstützungsbedürftige 964,05 Mark, sodass ein Kassenbestand von 110,51 Mark verbleibt. Der Polizeiverwaltung wurde für die Verwaltung der Kasse eine Gratifikation von 50 Mark zur Verteilung an die beteiligten Beamten überwiesen und der Vorsitzende außerdem beauftragt, der Polizeiverwaltung den Dank des Vereins auszudrücken. Als Vorsitzender wurde Herr Meyer, der die Leitung des Vereins seit drei Jahren hat, einstimmig wiedergewählt; als Stellvertreter Herr H. Grünstein. - In der daran anschließenden Generalversammlung des Männervereins (Chebra Kadischa) wurde der seitherige Vorstand, Herr Prediger Meyer, Vorsitzender, Herr Blüth, Stellvertreter, Herr S. Goldschmidt, Rendant einstimmt wiedergewählt."          

  
Wechsel im Vorsitz des Israelitischen Frauenvereins von Lydia Stiebel zu Marta Weinstein (1914)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Juli 1914: "Eisenach, 24. Juli (1914). Nach mehr als dreißigjähriger Wirksamkeit legte Frau Lydia Stiebel ihr Amt als 'Vorsitzende des hiesigen israelitischen Frauenvereins' aus Gesundheitsrücksichten nieder. An ihre Stelle tritt die seitherige stellvertretende Vorsitzende, Frau Marta Weinstein, hier. Frau Lydia Stiebel, eine hochgebildete, geistreiche Dame, hat den Verein aus geringen Anfängen zu seiner heutigen Blüte gebracht, sodass er jetzt fast alle Frauen der hiesigen Gemeinde umfasst. Sie hat es verstanden, dem Vereine immer neue Anregungen zu geben und Interesse für alle gemeinnützigen Bestrebungen zu erwecken. Ihr Scheiden aus dem Amte wird lebhaft bedauert. Als Anerkennung für die langjährigen Dienste, die Frau Stiebel dem Vereine geleistet hat, wurde ihr ein wertvolles Buch von dem Gesamtvorstand des Frauenvereins überreicht und zugleich der Dank des Vereins ausgesprochen. Auch im hiesigen allgemeinen Frauenbildungsverein, der sich aus Mitgliedern aller Konfessionen zusammensetzt, hat Frau Stiebel viele Jahre den Vorsitz geführt. Aus dem oben genannten Grunde legte Frau Stiebel auch hier das Amt als Vorsitzende nieder, was allgemeines und lebhaftes Bedauern erweckt, da Frau Stiebel sich auch in diesem Vereine sehr betätigt hat."        

  
Der Stadtrat von Eisenach ist gegen die Judenhetze (1930)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1930: "Der Stadtrat von Eisenach gegen die Judenhetze. 
Berlin,
30. Juni (1930). Aus Eisenach wird mitgeteilt: Der Eisenacher Stadtrat nahm eine von den Sozialdemokraten und den Demokraten eingebrachte Entschließung gegen die in Thüringen betriebene Judenhetze der Nationalsozialisten an. In der gleichen Sitzung wurde beschlossen, angesichts der Befreiung der Rheinlande zwei Straßen und einen Platz nach Ebert, Stresemann und Rathenau zu benennen. Der antirepublikanisch gesinnte Oberbürgermeister Janson beanstandete diesen Beschluss, obwohl nach dem thüringischen Wegegesetz die Straßenbenennung dem Stadtrat zusteht. Inzwischen hat Minister Frick eine Verordnung erlassen, nach der ab 1. Juli nur noch dem Stadtvorstand die Benennung von Straßen zusteht."      


      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Advokat Katzenstein kandidiert als Landtagsabgeordneter (1867)        

Stadtlengsfeld AZJ 19111867.jpg (131540 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. November 1867: "Aus Thüringen, im November (1867). (Privatmitteilung). Dieser Tage wurde im Großherzogtum Sachsen-Weimar der erste Jude in des Person des Kommerzienrates Rosenblatt aus Stadtlengsfeld als Landtagsabgeordneter gewählt; auch sein Gegenkandidat Advokat Katzenstein aus Eisenach war Jude. 
Wie weit die Hyperorthodoxie sich auch in unseren Tagen noch versteigt, das beweisen die Maßnahmen des gelehrten Rabbiner Dr. Enoch zu Fulda, früherer Redakteur des Zionswächter seligen Andenkens. Derselbe verirrt sich in seinem frommen Eifer sogar in die Tanzsalons seiner ihm anvertrauten Gemeinden, indem er mit aller Strenge das talmudische Verbot des Tanzens an den Feiertagen aufrecht zu erhalten sucht, was in vielen Orten seines Bezirkes zu sehr ärgerlichen Auftritten führte und nicht geeignet ist, dessen Ansehen zu erhöhen. Die Welt lässt sich einmal in der Jetztzeit nicht mehr mit solchem rabbinischen Spuk bannen. – Wenn übrigens der genannte fromme Herr seine Aufmerksamkeit anstatt dem harmlosen Tanzvergnügen dem synagogalen Leben seines Distrikts zuwenden würde, so könnte er sich wahrlich größere Verdienste um sein geistliches Amt erwerben. Auf diesem Felde sieht es noch traurig aus; von einer Andacht, einer Würde, einer Ordnung ist an vielen Orten wenig Spur. Hier öfters zeitgemäße Anordnungen zu treffen, wäre heilsamer als die Revisionen der Schächtmesser, der Mazzmaschinen, die Untersuchungen der Mikwahs, der Erubim (Sabbatweggrenzen), was der fromme Mann zu seiner Lebensaufgabe gemacht zu haben scheint". 


Salomon Backhaus feiert das 25-jährige Amtsjubiläum als Vorsteher der Gemeinde (1889)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1889: "Eisenach, 11. Januar (1889). Am 23. Dezember feierte Herr Salomon Backhauß hier sein 25-jähriges Jubiläum als Vorsteher der hiesigen israelitischen Gemeinde. Der Herr Landrabbiner Dr. Salzer war hierher gekommen, um dem Herrn Jubilar persönlich zu beglückwünschen. Am Vorabend des Jubeltages überbrachte der Synagogenchor dem Herrn Backhauß ein Ständchen. Am Jubeltage erschienen Deputierte und Lehrer und überbrachten Namens der Gemeinde einen Pokal als Zeichen der Verehrung. Auch der Herr Bezirksdirektor, Freiherr von Beust, als Vertreter der Aufsichtsbehörde, beglückwünschte den Herrn Jubilar Namens der Regierung. Möge unserm geliebten Herrn Vorsteher, welcher augenblicklich krank ist, eine recht bald völlige Genesung und noch viele Jahre der Freude und des Glückes beschieden sein.  J.H."         

  
Zum Tod von Aaron Neuhaus (1891)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1891: "Aus Eisenach. Am 16. Oktober (1891), nachmittags 1 1/2 Uhr bewegte sich ein feierlicher Leichenzug durch die Straßen der hiesigen Stadt. Der Teilhaber der hiesigen israelitischen Firma C. Neuhaus Söhne, Großherzoglich Sächsische Hoflieferanten, Herr Aaron Neuhaus, der im 46. Lebensjahre, nach langer Krankheit verstorben ist, wurde zu Grabe getragen. Die Firma hat sich um die hiesige Gegend dadurch verdient gemacht, dass sie hier und in der Umgegend altdeutsche Stickereien und Webereien anfertigen lässt, was ihr einige Beliebtheit verschafft hat. Der Verstorbene hat den französischen Krieg im Jahre 1870 als Unteroffizier mitgemacht und sich da wohl den Keim seiner langwierigen Krankheit geholt, da er auch schon während des Krieges vier Wochen am Typhus in Frankreich schwer krank darniedergelegen hatte. Während seines Hierwohnens verkehrte er viel mit seinen Kriegskameraden und in den betreffenden Vereinen. Das hatte ihn bei diesen besonders beliebt gemacht. Bei seinem Begräbnisse erschienen denn auch der hiesige Landwehrverein und der hiesige Kriegerverein vollzählig und begleiteten den Leichenzug mit ihren Fahnen unter voranschreitender Trauermusik. Bei der jetzt überall herrschenden antisemitischen Strömung, die auch hier ihre Vertreter hat und von denen auch mehrere im Zuge bemerklich waren, kann das immerhin als eine erfreuliche Erscheinung gelten, die an dieser Stelle vorgemerkt zu werden verdient."           

  
80. Geburtstag von Lehrer und Schriftsteller B. Hause (1894)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. März 1894: "Eisenach. Am 20. März (1894) hat unser allverehrtes Gemeindemitglied, der frühere Lehrer und jetzige Schriftsteller, Herr B. Hause hier sein 80. Lebensjahr vollendet. Hatte der Herr Landrabbiner Dr. Salzer schon am jüngst verflossenen Sabbat in seiner Predigt dieses Tages gedacht, so hatten auch andererseits viele Vereine und Private es nicht versäumt, ihre Gratulationen rechtzeitig zum Ausdruck zu bringen. So waren u.a. Depeschen und Adressen eingelaufen vom Deutsch-Israelitischen Gemeindebunde, vom israelitischen Lehrer-Kollegium in München, vom Hessischen Lehrerverein, vom Vereine israelitischer Lehrer Mitteldeutschlands etc. etc. Um 11 Uhr vormittags begab sich eine Deputation unter Anführung unseres Herrn Vorstehers S. Stiebel in die Wohnung des Geburtstagskindes, überbrachte die Glückwünsche der hiesigen israelitischen Gemeinde und überreichte Herrn Hause eine Ehrengabe, welche von der hiesigen und von auswärtigen Gemeinden und Vereinen zu diesem, Zwecke bestimmt wurde. Herr Hause dankte tiefbewegt für die ihm erwiesene Aufmerksamkeit, die er nicht verdient zu haben glaubt. Die Zensur über das, was er in der Schule des Lebens geleistet hat, werde ihm wie jedem anderen Menschen doch erst im Jenseits erteilt werden. Möge der himmlische Vater unserem Herrn Hause in seiner fast jugendlichen Frische des Körpers und des Geistes noch recht lange am Leben erhalten.  Heidungsfeld."             
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. März 1894:  
Ein ähnlicher Bericht wie im "Israelit" erschien in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"      

      
Zum Tod von Salomon Stiebel (1897)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. November 1897: "Eisenach, 5. November (1897), Einen schweren Verlust hat die hiesige Religionsgemeinde durch den Tod des Herrn Salomon Stiebel erlitten. Seit mehr als 20 Jahren gehörte der Verstorbene der Gemeindevertretung an. Den Vorsitz, den er seit den letzten 6 Jahren geführt hatte, legte er im verflossenen Jahre aus Gesundheitsrücksichten nieder. Aber auch dann blieb er noch Mitglied der Kultusdeputation. Sein plötzlich erfolgter Tod hat die ganze Gemeinde erschüttert. Herr Landrabbiner Dr. Salzer entwarf in sehr eindrucksvoller Rede ein Lebensbild des Entschlafenen. Die Trauerfeierlichkeiten, die im Hause des Verstorbenen stattfanden, wurden durch ergreifende Gesänge des hiesigen Synagogen-Chores eingeleitet und beschlossen. Fast die ganze Gemeinde beteiligte sich am Leichenzug, in dem man auch eine große Anzahl der besten christlichen Mitbürger erblickte. Der Herr Reichstagsabgeordnete Casselmann befand sich unter den Goldenden. Auf dem Friedhofe angelangt, hielt der Lehrer unserer Gemeinde, Herr Meyer, dem Entschlafenen einen warmen Nachruf, in dem er besonders die Friedensliebe, die Uneigennützigkeit und die wahre Menschenliebe des Verstorbenen hervorhob, dessen Andenken in der Gemeinde immer fortleben werde. Die Ersatzwahl in der Kultusdeputation für den Verstorbenen fand in der vergangenen Woche statt. Gewählt wurde mit großer Majorität Herr Kaufmann Joseph Löwenstein zum Deputierten. - Zum Schluss meines Berichtes möchte ich noch auf die Tätigkeit des hiesigen Armenvereins hinweisen. Die Einnahme inklusive Kassenbestand betrugen vom 1. Juli 1896 bis heute 1313,20 Mark, die Ausgaben 1146,35 Mark, sodass ein Kassenbestand von 166,85 verblieb. Diese Unterstützungen wurden an etwa 700-720 durchreisende Bettler verteilt. - Zum Vorsitzenden des Vereins wurde Herr Lehrer Meyer gewählt."          

   
Zum Tod des Kultusdeputierten und stellvertretenden Gemeindevorsitzenden Gustav Steinberger (1899)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Januar 1899: "Eisenach, 2. Januar (1899). Einen schweren Verlust hat die hiesige Religionsgemeinde durch den Tod des hier allseits geachteten und beliebten Gustav Steinberger (großherzoglich sächsischer Hoflieferant) erlitten. Seit mehr denn 15 Jahren gehörte er der Gemeindevertretung als Kultusdeputierter an; in den letzten Jahren war er stellvertretender Vorsitzender der hiesigen Gemeinde. Die ganze Gemeinde betrauert den frühzeitigen Tod dieses braven Mannes. Sein reicher Geist, sein edles, jederzeit zur Hilfe bereites Herz machten ihn zu einem Anwalt der Armen und Bedürftigen. Aber nicht allein die hiesige Religionsgemeinde, sondern auch unsere Vaterstadt hat durch seinen Tod einen herben Verlust erlitten. Herr Prediger Meyer entwarf in seiner rief empfundenen Gedächtnisrede ein Bild des Entschlafenen, dem er die Worte der Anerkennung und des Dankes der Gemeinde, seiner vielen Freunde und all derer, die ihn kannten nachrief. Nach einem Gesang des Synagogenchores sprach der erste Vorsitzende, Herr Kuh, namens der Gemeinde und dann Herr S. Weinstein als Freund Worte des Dankes und des Abschiedes. Viel verliert namentlich unser 'Verein für jüdische Geschichte und Literatur', dessen 1. Vorsitzender der Entschlafene war. Seine Verdienste um den Verein hob der II. Vorsitzende, Prediger Meyer, in der nächsten Vereinssitzung rühmend hervor. Sein Andenken wird in unserer Gemeinde, vor allem aber im Literaturverein, ein gesegnetes bleiben".          

 
Zum Tod des großherzoglich sächsischen Hofbierbrauers Salomon Backhaus, langjähriger erster Vorsteher der jüdischen Gemeinde (1901)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Februar 1901: "Eisenach, 24. Januar (1901). Nach kurzem Leiden verstarb hier am 11. dieses Monats der großherzoglich sächsische Hofbierbrauer S. Backhauß im vollendeten 83. Lebensjahre. Der Entschlafene war der Begründer der hiesigen israelitischen Gemeinde, in der der über 27 Jahre das Amt des ersten Vorstehers bekleidete. Auch in seinem Geburtsort Stadtlengsfeld bekleidete er bis zu seinem Fortzuge nach hier das Amt eines Vorstehers. Mit der hiesigen Gemeinde ist sein Name eng verwachsen, und sein Andenken wird hier fortleben. Mit Eifer und Hingebung hat es seines Amtes stets gewaltet, und auch nachdem sein Alter ihn zwang, sein Ehrenamt niederzulegen, regen Anteil an der Entwicklung unserer Gemeinde genommen. Aber auch an der Entwicklung unserer städtischen Gemeinde nahm der Verstorbene regen Anteil. Bis in sein hohes Alter gehörte er dem Gemeinderate der hiesigen Stadt an. Vor allem aber ist sein Name mit der hiesigen Aktienbierbrauerei eng verknüpft, die ihm die heutige hohe Blüte in erster Reihe verdankte. Bis zu seinem Tode war er Direktor der Aktienbrauerei. Zu seinem 25-jährigen Jubiläum als Vorsteher der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde wurde er seitens der großherzoglich sächsischen Aufsichtsbehörde und der hiesigen Religionsgemeinde hoch geehrt; ferner an seinem 80-jährigen Geburtstag von Nah und Fern. An der Bestattung nahm nicht nur die hiesige israelitische Gemeinde, sondern auch die christliche Bevölkerung regen Anteil. Nach einleitendem Gesang des Synagogenchores entwarf Herr Prediger und Lehrer Meyer in zu Herzen gehender Weise ein Lebensbild des Verblichenen, das auf alle Zuhörer einen tiefen Eindruck machte. Namens der Gemeinde rief der jetzige Vorsteher, Herr Leopold Kuh, dem Entschlafenen herzliche Worte der Anerkennung, des Dankes und Abschieds nach. Mit einem Gesange schloss die erhebende Feier, die von der Achtung und Liebe, die der Entschlafene in allen Schichten der Bevölkerung besaß, beredtes Zeugnis ablegte".    

  
Konsul Adolf Weinstein erhält das Exequatur (1908)   

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Dezember 1908: "Eisenach. Dem kubanischen Konsul Adolf Weinstein wurden namens des Reichs die Exequatur erteilt."           

  
Goldene Hochzeit von Richard Rothschild und Henriette geb. Friedmann (1934)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1934: "Eisenach, 27. August (1934). Herr Richard Rothschild und Frau Henriette geb. Friedmann, begehen am 10. September (erster Tag Roschhaschono) das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Herr Rothschild ist eine in weiten jüdischen Kreisen bekannte und geachtete Persönlichkeiten. Die Familie stammt aus Völkershausen bei Vacha und ist seit dem Jahre 1897 hier in Eisenach ansässig. Seit dieser Zeit ist der Jubilar Beamter der Israelitischen Kultusgemeinde. Von seinen Funktionen als Schochet, Rechnungsführer und Hilfsvorbeter ist ihm heute nur noch das letztere Amt verblieben.  
Trotz seines hohen Alters von 81 Jahren versäumt er fast keinen Gottesdienst, und die Ausübung des Hilfsvorbeteramtes ist ihm, der von tiefster Religiosität erfüllt ist, eine Herzenspflicht."           

     
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Anzeige des Papier-Engros-Geschäftes Rud. Heinemann (1863)      

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. November 1863: "Einen Lehrling 
suche ich für mein Papier-Engros-Geschäft, zum Komptoir- und Versandposten unter 150 Thaler Vergütung für 3-jährige Kost und Logis. 
Rud. Heinemann in Eisenach."                  

 
Anzeige der Viehhandlung A. Wolf (1900)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1900:   
"Suche für mein Geschäft, einen kräftigen, militärfreien Mann zum sofortigen Antritt. Offerten mit Zeugnissen und Lohnforderung an  
A. Wolf, Viehhandlung, 
Eisenach
."       

   
Anzeige der Ochsenschlachterei und Wurstfabrik Berthold Linz (1901)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1901: 
"Suche 
für meine Ochsenschlachterei und Wurstfabrik, welche Samstag streng geschlossen, einen jüdischen Gesellen und einen Lehrling
Berthold Linz
, Eisenach."       

 
Anzeige der Wollweberei L. Fey (1901)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901:  
"Wollene Talisse (Gebetsschale) 
alle Nummern. Beste Ware. Billigste Preise. 
L. Fey, Wollweberei, Eisenach in Thüringen."        

    
    
Sonstige Dokumente  
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries; weitere Angaben auf Grund der Recherchen von P.K. Müller)  

Postkarte von S. Katz (Eisenach) an die
 Malzfabrik Karlstadt (Josef Ullmann) (1928) 
Eisenach Dok 14072.jpg (198545 Byte) Eisenach Dok 14072a.jpg (43565 Byte) Eisenach Dok 14072b.jpg (222463 Byte)
Die Postkarte wurde von S. Katz, Eisenach, Kleesaaten, Getreide, Mühlenfabrikate versandt am 4. Oktober 1928 an die Malzfabrik Karlstadt, Inhaber Josef Ullmann. Im Adressbuch für die Großherzogliche Haupt - und Residenzstadt Eisenach von 1887 ist der Kaufmann Sally Katz in der Georgenstraße 2 erwähnt. 1920 hat sich seine Adresse geändert, jetzt Rennbahn 28 und zusätzlich ist auch der Kaufmann Siegfried Katz in der Katharinenstraße 9. aufgeführt. 
Der möglicherweise zu S. Katz verwandte Egon Katz ist am 17. Mai 1918 als Soldat im Ersten Weltkrieg gefallen. In der Opferliste von Yad Vashem und im Gedenkbuch des Bundesarchives Berlin findet sich der Familienname Katz in Eisenach allein 16 mal.
Zur Malzfabrik Karlstadt Josef Ullmann siehe auf Seite zu Karlstadt.  
Quellen: http://www.bündnisgegenrechts.de/index.php/2011.html ("Stolpersteine" in Eisenach) 
http://adressbuecher.genealogy.net/entry/book/415?max=25&sort=firstname&order=asc&start=S 
     

     
      

      

      

      

      

 

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Stand: 14. Dezember 2014