Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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München (Landeshauptstadt von Bayern) 
Die jüdischen Friedhöfe  
  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Siehe Seite über die Synagogen in München (interner Link)     
    
    
Übersicht:

Zur Geschichte der Friedhöfe:  

bulletDer mittelalterliche Friedhof  
-   Presseberichte Ende 2008/Anfang 2009 zum Friedhof 
bulletDer alte israelitische Friedhof an der Thalkirchner Straße    
-   Texte zur Geschichte des alten Friedhofes 
-   Fotos des alten Friedhofes 
-   Einzelne neuere Presseberichte zum alten jüdischen Friedhof 
bulletDer neue israelitische Friedhof an der Garchinger Straße  
Texte zur Geschichte des neuen Friedhofes
Fotos des neuen Friedhofes
Einzelne neuere Presseberichte zum jüdischen Friedhof 
bulletLinks und Literatur  

   
   
Zur Geschichte der Friedhöfe:   
   

Der mittelalterliche Friedhof 
    

Im mittelalterlichen München gab es bis 1416 keinen jüdischen Friedhof. Die Toten der Gemeinde wurden zur Beisetzung nach Regensburg gebracht. Der 1416 erstmals genannte Friedhof befand sich zwischen Moosach und dem Rennweg. Beim Rennweg handelt es sich um den Straßenzug Schleißheimer/Lerchenauer Straße, womit der Friedhof irgendwo zwischen der Schleißheimer Straße und Moosach gelegen sein wird. Nachdem 1442 die Juden aus der Stadt vertrieben wurden, ist dieser Friedhof vermutlich zerstört worden. Nach einer Angabe aus dem 19. Jahrhundert lag der Friedhof im Bereich des Grundstückes Dachauer Straße 24 (was die Angabe zwischen Schleißheimer Straße und Moosach konkretisieren würde), doch konnte hier bis heute hier kein Friedhof nachgewiesen werden.
 
Gefährdung von Teilen des mittelalterlichen Friedhofes durch Bauarbeiten (1900)   

Muenchen Israelit 12071900f.jpg (21946 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juli 1900: "München, im Tamus. Demnächst wird eine Lokalbahn von Mosach nach Schwabing, den sogenannten 'Rennweg' durchschneiden, an welchem die Juden in München im Jahre 1442 einen eigenen Friedhof besaßen. Sk." 

          
Presseberichte Ende 2008/Anfang 2009 zum Friedhof  

Artikel von Barbara Brubacher in der "Süddeutschen" vom 29. Dezember 2008 (Artikel): "Maxvorstadt: Maßmannpark birgt ein mittelalterliches Bodendenkmal - Spuren reichen zurück ins 15. Jahrhundert"   
Der frühere Bezirksausschuss-Vorsitzende Klaus Bäumler entdeckt Münchens ältesten jüdischen Friedhof. 

Die Maxvorstadt ist um eine historische Stätte reicher: Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat im Maßmannpark ein Bodendenkmal eingetragen - hier befinden sich vermutlich untertägige mittelalterliche Teile eines jüdischen Friedhofs. Entdeckt hat die frühen Spuren Münchens, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, der ehemalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt und pensionierte Richter, Klaus Bäumler. Bei Recherchen zum Bauvorhaben am Norkauer Platz fand er in alten Akten und Urkunden eher zufällig die versteckten Hinweise: Zu Beginn des 15. Jahrhunderts gab es demnach in München schon eine Jüdische Gemeinde und einen dazugehörigen Friedhof. Bisher war man davon ausgegangen , dass Münchens ältester jüdischer Friedhof an der Thalkirchner Straße liegt. Dieser existiert seit 1816. Wie Bäumler mit einer im Hauptstaatsarchiv verwahrten Urkunde vom 29. März 1416 nachweisen konnte, überließen die Herzöge Ernst und Wilhelm den Münchner Juden 1416 einen Friedhof. Bäumler lokalisierte ihn nach aufwendigen Recherchen im Maßmannpark: Laut der alten Urkunde wurde er "bei dem perg zwischen Moosach und des Rennwegs" angelegt. "Bei dem Rennweg handelt es sich um die Straßentrasse, auf der im Mittelalter Pferderennen ausgetragen wurden", erklärt Bäumler. Diese lief vom Neuhauser Tor - bekannt als "Stachus" - von Süden nach Norden und deckt sich mit dem Verlauf der heutigen Schleißheimer Straße. Unter dem Begriff "perg" sei die eiszeitliche Ufertrasse zu verstehen, die die Straße im Bereich des heutigen Maßmannparks schneidet. Damit stehe fest, dass der mittelalterliche jüdische Friedhof exakt in dem Bereich zu lokalisieren sei, der zwischen der Dachauer und Heßstraße westlich der Schleißheimer Straße liegt. Weitere Aufschlüsse erhielt Bäumler durch Kartenmaterial aus dem frühen 19. Jahrhundert: "In Plänen von 1808 bis 1849 findet sich dort eine trapezförmige Fläche, die von Bäumen umgeben ist", so Bäumler. Diese wurde nie bebaut. Ein zusätzlicher Hinweis auf die Existenz eines Friedhofs - denn nach dem jüdischem Ritus dürfen Friedhofe nicht bebaut werden. Dass sich jedoch heute, fast 600 Jahre später, noch Überreste finden lassen, hält Bäumler für unwahrscheinlich. Das könnte auch mit einem Unglücksfall im Jahr 1835 zusammenhängen: In unmittelbarer Nachbarschaft stand hier ein Pulverturm - bis sich dort eine gewaltige Explosion ereignete: Ein Soldat sprengte sich damals mit 15 Tonnen Pulver in die Luft und die Druckwelle zerstörte alles, was sich im näheren Umkreis befand. Inzwischen ist auch die Stadt über die neuesten historischen Erkenntnisse und die Eintragung in die Denkmalliste unterrichtet worden. "Die Thematik muss auch in die geplante partielle Neugestaltung des Maßmannparks mit einbezogen werden', fordert Bäumler. Die schon etwas in die Jahre gekommene Grünfläche soll als Ausgleich für die dichte Bebauung des Löwenbräugeländes demnächst überplant werden.
  
Artikel von Julia Stark im Münchner Wochenanzeige vom 13. Januar 2009 (Artikel):  Maxvorstadt · Gottesacker von 1416. Bodendenkmal im Maßmannpark erinnert an ersten jüdischen Friedhof. 
Maxvorstadt · Im Erdreich des Maßmannparks befinden sich möglicherweise Überreste jüdischer Grabstätten aus dem 15. Jahrhundert. Schon im vergangenen Jahr hatte Klaus Bäumler, der ehemalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt (BA 3), diese Vermutung dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege mitgeteilt. Daraufhin hat die Behörde den Ort nun zum Bodendenkmal erklärt. Die Stadt darf daher die geplante Umgestaltung des Parks nur unter strengen Auflagen durchführen. 
'Hier in etwa müsste der erste jüdische Friedhof in München gewesen sein', sagt Bäumler und weist mit der Hand auf den Rasen rund um die Tischtennisplatten im Maßmannpark. Woher der ehemalige Richter und Lokalpolitiker das weiß? Bei Recherchen im Stadtarchiv zum Bauvorhaben am Norkauer Platz stieß er zufällig auf einen Text, der eine Urkunde von 1416 erwähnt. In dieser versprechen die Wittelsbacher-Herzöge Ernst und Wilhelm den jüdischen Familien der Stadt einen 'Israelitischen Gottesacker'. Eine historische Karte aus dem 19. Jahrhundert erhärtet die Annahme. 'Das eingezeichnete Grundstück an der Heßstraße, Ecke Schleißheimer Straße, ähnelt in Form und Bepflanzung dem jüdischen Friedhof in der Thalkirchner Straße', erklärt Bäumler. Archäologische Beweise gebe es zwar noch nicht, räumt er ein. Aber es seien deutliche Hinweise vorhanden, 'bis jetzt hat meine Vermutung noch niemand widerlegt.' Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. 'Ich weiß, wie Bäumler vorgegangen ist und kenne die Quellen', sagt Andreas Heusler, der beim Stadtarchiv für jüdische Geschichte zuständig ist. 'Ich halte seine Argumente für sehr plausibel.' Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege teilt diese Ansicht – und hat den Maßmannpark kürzlich als offizielles Bodendenkmal eingetragen. Archäologische Grabungen, welche die Existenz des Friedhofs beweisen könnten, will die Behörde jedoch nicht einleiten. 'Die Neugierde wird bis auf weiteres unbefriedigt bleiben', sagt Jochen Haberstroh, stellvertretender Verantwortlicher für Bodendenkmäler. Der Grund: Eingriffe in das Erdreich könnten eventuelle Funde zerstören. Ziel sei daher, die Oberfläche im Park möglichst unangetastet zu lassen. Dies betreffe auch die geplante Umgestaltung des Areals durch die Stadt. 'Wir wirken darauf hin, dass die Veränderungen auf ein Minimum reduziert werden.' Das Baureferat indes hält an dem Vorhaben, im Maßmannpark neue Spielgeräte und Wege zu errichten, fest. 'Dazu müssen wir in den Boden graben', sagt Wolfgang Mesenich von der Abteilung Gartenbau. Allerdings sei hierfür nun eine Genehmigung der Denkmalschutzbehörde nötig. Diese habe bereits ihre Zustimmung signalisiert, die Erlaubnis aber an bestimmte Auflagen geknüpft. 'Sämtliche Erdarbeiten müssen dokumentiert und von archäologischen Experten begleitet werden', so Mesenich. Zudem dürfe nicht tiefer als 60 bis 80 Zentimeter gegraben werden. 'Für Sandflächen und Spielgeräte ist diese Tiefe aber völlig ausreichend', versichert er. Abgeschlossen sein sollen die Bauarbeiten voraussichtlich im Jahr 2010."  
 
081208Kartenausschnitt2.png (283802 Byte)Links: vermutete Lage des früheren jüdischen Friedhofes auf einer Stadtkarte des 19. Jahrhunderts.  
Quelle: Werkstattbericht von Klaus Bäumler zu Spuren eines jüdischen Friedhofs im 19. Jahrhundert in München. 
Online zugänglich

   
   
   
Der alte Friedhof an der Thalkirchner Straße  
   
Lage:  An der Thalkirchner Straße 240 in Höhe des Ditramszeller Platzes. 
   
Erst am Ende des 18. Jahrhunderts entstand wieder eine jüdische Gemeinde in der Stadt. Die Toten der Gemeinde wurden zunächst in Kriegshaber bei Augsburg beigesetzt. 1816 wurde der Alte Israelitische Friedhof an der Thalkirchner Straße eröffnet (Einweihung am 24. März 1816). 

Muenchen AZJ 31101837b.jpg (34689 Byte)In der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" wurde am 31. Oktober 1837 über die Anlage des jüdischen Friedhofes in München 1816 berichtet: "Die Toten hatte man bisher immer nach einem Orte bei Augsburg führen und dort begraben müssen. Im Jahre 1816 wurde der jüdische Leichenacker eine halbe Stunde unweit München errichtet. Die damaligen Kosten zum Ankauf des Grundes, zur Erbauung des Leichenhauses etc. erstreckten sich auf 12.000 Gulden. – Die Gemeinde scheute kein Opfer; in kaum vier Tagen war die Summe zusammengeschossen, und der erste Schritt zur weiteren, festeren Begründung der Gemeinde getan".     
 
Muenchen Israelit 07031907.JPG (62181 Byte)In einer Darstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in München aus dem Jahr 1907 in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1907 ist zu lesen: "Im Jahre 1783 befanden sich nur 56 Juden in München, 1788 waren es 124, 1799 135, 1801 aber 263. Diese schon ziemlich zahlreiche Gemeinde hatte weder Synagoge, noch Rabbinerwohnung, noch Begräbnisstätte; ihre Verstorbenen bestattete sie in Kriegshaber bei Augsburg. 1816 wurde der israelitische Friedhof an der Thalkirchnerstraße angelegt, nachdem der frühere, an der Dachauerstraße gelegene, während des von 1442 bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts dauernden Exils außer Gebrauch gekommen und vielfach überbaut worden war."   

Dieser Friedhof wurde 1854, 1871 und 1881 erweitert. Er ist von einer hohen Backsteinmauer umgeben, die 1881 nochmals neu erstellt wurde und eine Länge von 575 Metern hat. Insgesamt sind etwa 6.000 Grabsteine vorhanden. Sehenswert ist u.a. von L. v. Klenze entworfene Grabmal des Dramatikers Michael Beer (gest. 1833, Bruder des Komponisten Giacomo Meyerbeer). Die zuerst belegten Sektionen des Friedhofes haben die Nummern 11 und 12. Im Bereich von 11 stand auch seit 1816 eine erste Friedhofshalle, die nicht mehr erhalten ist und 1882 durch einen Neubau ersetzt worden ist.  
  
  
Texte zur Geschichte des alten Friedhofes     
Über die Leichenbestattung in der jüdischen Gemeinde (1850)    
Anmerkung: der Verfasser des Leserbriefes beklagt einige Missständige, zu deren Behebung er die Verantwortlichen in der Gemeinde aufruft.        

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. August 1850: "München, 30. Juli (1850). Wenn Ihnen nach langer Zeit einmal wieder von hier aus eine Mitteilung zukommt, und der Berichterstatter sich veranlasst sieht, seine Stimme zu erheben gegen einen nur zu lange schon bestehenden Missbrauch im hiesigen israelitischen Kultus, so beabsichtigt er darum nicht, einzelne Personen oder auch Innungen anklagen zu wollen, wie sehr auch dieselben Anteil haben mögen, dass die Beschwerde um Abhilfe einen so weiten Umweg machen muss. Der Gegenstand, um den es sich hier handelt, betrifft die Art und Weise, wie in hiesiger Kultusgemeinde die Leichenbestattung vor sich geht. Es ist in der Tat auffallend, wie dieser Gegenstand so ganz außer Acht gelassen wird und die Vorstände nicht wenigstens suchen, den stets bei solchen Fällen sich wiederholenden Klagen insoweit gerecht zu werden, als Zeit- und örtliche Verhältnisse dieses erfordern und man bei einem solchen in den Straßen einer Haupt- und Residenzstadt vor sich gehenden Akte nicht gezwungen ist, beschämt die Augen niederzuschlagen.    
Tritt nämlich ein Todesfalls ein und ist die Stunde zur Fortschaffung der Leiche festgesetzt, so fahren Leichenwagen und je nach den Standesverhältnissen des Verschiedenen eine größere oder kleinere Anzahl Mietkutschen vor das Haus der Leidtragenden, wo sich zugleich alle Bekannten einfinden, um nach frommem Herkommen, dem Heimgegangenen das Geleite zu geben. Es vergeht aber eine geraume Zeit, bis die Leiche in den Wagen gehoben, und zur Abfahrt geschritten werden kann, währenddem die Bewegung vor dem Hause, durch die Masse Neugieriger verstärkt, in gesteigerter Unordnung wächst. Man rennt Straßen quer- und über mit Büchsen zum Einsammeln kleiner Gaben; alle zum Dienste berufenen Personen, sowohl die anordnen, wie die, die ausführen, erscheinen in buntscheckiger Alltagskleidung; das Ganze ist so ganz aller religiösen Würde bar, dass es einen peinlichen Eindruck macht, und gar mancher, den das Pietätgefühl zum letzten Liebesdienst für den Verewigten herangezogen    
Muenchen AZJ F 12081850a.jpg (185205 Byte) hat, sich mit dem bitteren Gefühle wegbegibt, dass das Judentum noch immer nicht verstehen will, wenn es öffentlich erscheint, anders als zum Spotte zu werden. Nur wenn der Wagenzug sich in Bewegung gesetzt hat, und die in nicht geringer Unordnung begleitenden Fußgänger zurückbleiben, dann erst gewinnt das Ganze das Ansehen eines Leichenkondukts. Auf dem Friedhofe angelang, wird zuförderst zur Reinigung der Leiche geschritten. Aber auch hier zeigt sich ein großer Übelstand. Die Kultusadministration hat nämlich seit einigen Jahren die Anordnung getroffen, dass keine Leiche früher als 48 Stunden nach ihrem Verscheiden beerdigt werden darf. So zweckmäßig diese Anordnung wäre, wenn hierbei nur auch Rücksicht genommen werden wollte auf Umstände, die hie und da eine Ausnahme unabweislich und durch ärztliche Kontestation begründet erfordern, so lästig für die Familien wird dieselbe, weil keinerlei Ausnahme gestattet werden will; ja, sie wird sogar gefährlich, wenn man bedenkt, dass die Reinigung der Leiche erst im Moment der Beerdigung vorgenommen werden kann, und man muss in der Tat die Männer des auch hier mit Auszeichnung bestehenden Frommenvereins - Chewra Kadischa - bewundern, die sich dennoch aus frommem Eifer diesem mitunter gefährlichen Geschäfte bereitwillig unterziehen. Wohl wird als Entschuldigung für diese Strenge angeführt, dass es einem jeden unbenommen sei, eine Leiche bis zur Beerdigungszeit beisetzen zu lassen; aber noch keine Familie hat davon Gebrauch gemacht, und kann auch nicht wohl, da alsdann außer anderen Überständen die Leichenbegleitung vom Hause weg unterbleiben würde. Was nun die Beerdigung selbst betrifft, so erwarten Sie wohl, dass keine Leiche in das Grab gesenkt wird, ohne dass ein geistig, tröstendes Wort an die Leidtragenden und Umstehenden gesprochen wird, doch nein, das geschieht nur, wenn Solches von der Familie des Verschiedenen bestellt wird. Ja, wenn die Beerdigung an Tagen geschieht, wo nach religiöser Observanz das übliche Hazur-Tomim-Gebet zu unterbleiben hat, dann wird die Leiche still verscharrt, ohne dass das geringste Gebet für deren Seelenheil am Grabe gesprochen wird.   
Unfreundlich war der Gegenstand meines heutigen Berichtes, und noch unfreundlicher, was ich davon zu berichten hatte. Umso größer wird die Befriedigung sein, wenn ich bald imstande sein werde, Ihnen von getroffenen, zweckmäßigen Anordnungen in diesem Betreffe berichten zu können."    

 
Die alte Friedhofshalle soll in ein Asyl für Obdachlose umgebaut werden (1904)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1904: "München. Unser jüdischer Mitbürger Herr Lehmann Bernheimer hat in seiner Vaterstadt Buttenhausen (Württemberg) eine Realschule erbauen lassen und sie mit allen nötigen und modernen Einrichtungen versehen. Auch eine Lehrerwohnung ist in dem schönen Gebäude, welches als eine Zierde des Ortes betrachtet wird. Die Einweihung fand am 11. dieses Monats statt. Derselben wohnten unter anderem bei die Herren: Kommerzienrat L. Bernheimer mit seiner Familie, ferner Studienrat Dr. Greiff als Stellvertreter der Ministerialabteilung für höhere Schulen, Oberamtmann Binder, Professor Dr. Junker aus Ulm, als technischer Leiter und Gutsherr von Weidert. Herr K. Bernheimer übergab dem Magistrat 110.000 Mark zur Besoldung des Lehrers und zur Unterhaltung der Schule. Herr Bernheimer will nun auch in München eine jüdische Volksschule erbauen lassen und sein großes palastartiges Geschäfts- und Wohnhaus zu einem jüdischen Krankenhause hergeben. Herr Kommerzienrat und Hoflieferant Ballin (Möbelfabrikant), will die Einrichtungsstücke zu diesem großen, edlen Zwecke widmen. Herr Bankier und Kommerzienrat M. Kirchdörfer will die jetzige, weitläufige israelitischen Leichenhalle, welche nach Schließung des jetzigen israelitischen Friedhofes nicht mehr als solche benutzt wird, zu einem Asyl für jüdische Obdachlose einrichten lassen. Die vielen bedauernswerten Armen, besonders aus Russland und Polen, welche hierher kommen und oft von allen Geldmitteln so entblößt sind, dass sie sich kein Abendbrot kaufen können, werden es als unendlich große Wohltat empfinden, Nachtquartier, ein warmes Abendessen, ein Bad, frische Wäsche und wenn notwendig, bessere Kleidung zu erhalten. Frau Liebmann will die Betten, Herr Stoff die Wäsche, Herr Isidor Bech die Kleidung spenden."   

    
Die Pflege des alten Friedhofes ist bereits in den 1920er-Jahren aufwändig (1925)   

Muenchen Bayr GZ 06061925.jpg (95460 Byte)Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 6. Juni 1925: "Bekanntmachung über Behebung von Schäden an Grabstätten des alten Friedhofes an der Thalkirchnerstraße. 
Zahlreiche Grabstätten des alten Friedhofes in der Thalkirchnerstraße weisen schwere Beschädigungen auf und bedürfen, um nicht gänzlich zu verfallen, raschester Instandsetzung. 
Um Unfälle zu verhüten und die Beschädigung von Nachbargrabsteinen hintanzuhalten, ergeht daher die Aufforderung, die gefährdeten Grabstätten bis spätestens 1. August dieses Jahres wieder herstellen zu lassen. Insbesondere sind Grabmäler, die umzusinken drohen, aufzurichten, beschädigte Grabeinfassungen wieder herzustellen und brüchige oder verrostete Eisengitter auszubessern, abzurosten und zu streichen oder ganz zu entfernen. 
Sollten innerhalb der angegebenen Zeit die erforderlichen Maßnahmen seitens der Beteiligten nicht getroffen sein, so wäre die Friedhofverwaltung gezwungen, die beschädigten und gefahrdrohenden Grabsteine und Grabeinfassungen zu entfernen. 
Hierbei sei darauf hingewiesen, dass auch die Behebung kleiner Schäden im eigensten Interesse der für die Unterhaltung der Gräber Sorgenden gelegen ist, damit nicht erst größere Schäden entstehen, deren Beseitigung mit unverhältnismäßig höheren Kosten verbunden ist. 
München, 20. Mai 1925  Dr. Neumeyer."    

   
Einzelne neuere Presseberichte zum alten jüdischen Friedhof         

August 2016: Über den Alten Israelitischen Friedhof an der Thalkirchner Straße     
Artikel von Helmut Reister in der "Jüdischen Allgemeinen" vom 29. August 2016: "Sendling. Ort des ewigen Lebens.
Vor 200 Jahren wurde der Alte Israelitische Friedhof angelegt. Beisetzungen finden nur noch selten statt

Das Gezwitscher der Vögel und der Wind, der sich in den Thujen verfängt, sind die einzigen Geräusche, die die Stille auf dem alten jüdischen Friedhof an der Thalkirchner Straße unterbrechen. Die 200-jährige Geschichte, die mit ihm verbunden ist und das Auf und Ab der jüdischen Gemeinde Münchens in dieser Zeit widerspiegelt, erzählen die vielen Grabsteine. Das geht auch ohne Worte. Der 'Ort des ewigen Lebens' im Süden der Landeshauptstadt wurde im Jahr 1908 durch den neuen Friedhof ersetzt. Trotzdem fanden auf dem zweieinhalb Hektar großen Gelände immer wieder Beisetzungen in bereits vorhandenen Grabstätten statt, die letzte im Jahr 2003. Erich Haas fand damals, ganz in der Nähe der 1882 im Zuge von Erweiterungsmaßnahmen errichteten dritten Aussegnungshalle, neben seinen Eltern die letzte Ruhestätte. Johanna Angermeier ist seit einem halben Jahrhundert die Verwalterin des alten Friedhofs und kennt jeden Winkel, jeden Namen, jedes Detail. Natürlich kennt sie auch die Geschichte der Familie Haas, die in das düstere Kapitel des Nationalsozialismus führt. Bernhard Haas, Erichs Vater, für den das Grab ursprünglich angelegt wurde, gehörte zu jenen Juden der Stadt, die allein ihres Glaubens wegen sterben mussten. Schwer verletzt wurde er nach den Ausschreitungen in den Novemberpogromen 1938 ins Konzentrationslager Dachau gebracht und zwei Wochen später durch Genickschuss ermordet.
Plünderungen. Hinweise auf die Untaten der Nazis finden sich überall und auf unterschiedliche Weise. Zum Beispiel auf dem Grabstein von Mina und Jonas Thannhauser. Auf den beiden Grabplatten ist die von Hand angebrachte Zahl 14 zu lesen; die Zahl ist die Kennzeichnung für den geplanten Abtransport durch die Nazis, die auch auf dem Friedhof vor Plünderungen nicht zurückschreckten und mitnahmen, was sie gebrauchen konnten. Dazu zählten große Grabsteine oder Metallplatten, die sich zum Einschmelzen und zur Wiederverwendung eigneten. Im Fall des Thannhauser-Grabes gelang ihnen das allerdings nicht. Im Zuge der Kriegswirren hatten die Nazis für den geplanten Abtransport keine Zeit. Der 200. Jahrestag des alten Friedhofs ist für IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch der richtige Anlass, um an seine vielschichtige gesellschaftliche und historische Bedeutung zu erinnern. 'Die Pflege der jüdischen Friedhofskultur ist nicht nur für die Historie der Gemeinde wichtig. Im Alten Israelitischen Friedhof spiegelt sich auch ein Stück der Geschichte Münchens wider', betont sie und weist auf die Namen vieler bedeutender Juden hin, die München prägten. Die Wiederherstellung des Hauptraums im Tahara-Haus, für die sich Charlotte Knobloch konsequent eingesetzt hat, ist ein entscheidender Schritt, um die Erinnerung wachzuhalten. Mit der Projektbetreuung hat sie Ellen Presser betraut, die Leiterin der IKG-Kulturabteilung. Im Herbst soll eine Gedenkfeier, deren genauer Termin noch nicht feststeht, stattfinden und mit dem ersten Bauabschnitt begonnen werden.
Ewigkeit Die Kulturchefin der IKG ist es auch, die abgesehen von den von ihr begleiteten Sanierungsarbeiten zu den 'Störern' der Friedhofsruhe zählt: Wenige Male im Jahr führt sie historisch interessierte Besuchergruppen über den Friedhof, der sonst für die Öffentlichkeit geschlossen bleibt. Sie wechselt sich dabei mit Chaim Frank ab, der oft an den Wochenenden mit Besuchergruppen unterwegs ist. Für den Publizisten und Leiter des Dokumentations-Archivs für jüdische Kultur und Geschichte ist der alte Friedhof ein kulturgeschichtliches Kleinod. Im Gegensatz zu christlichen Friedhöfen, wo viele Gräber nach einiger Zeit aufgelöst werden können, sind jüdische Begräbnisstätten für die Ewigkeit angelegt. Für Regisseur Michael Verhoeven wurde in den 80er-Jahren ausnahmsweise der Friedhof geöffnet – als er den Film Die Weiße Rose drehte. Verwalterin Angermeier erinnert sich noch gut, als in der Trauerhalle die Gerichtsverhandlung gedreht und im Waschraum ein Schafott aufgebaut wurde. Bei den Führungen werden auch solche Episoden erwähnt, doch die Grabsteine verraten noch viel mehr. 'Man kann sehr gut erkennen', weist Ellen Presser auf besondere Feinheiten hin, 'dass auch die Gestaltung der Gräber oft dem jeweiligen Zeitgeschmack und architektonischen Trends unterlag. Manchmal waren Metallplatten angesagt, ein anderes Mal besondere Steine.' Der Zahn der Zeit, der an vielen Grabsteinen nagt und manche in bedenkliche Schieflage bringt, ist kaum zu stoppen. "  
Link zum Artikel  

    
   
    
Fotos des neuen Friedhofes
 
(Fotos: obere Zeile von Jürgen Hanke, Kronach, Aufnahmedatum ca. 2005; Zeilen darunter Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven, Aufnahmedatum: August 1993)    

Muenchen Friedhof 270.jpg (152718 Byte) Muenchen Friedhof 271.jpg (168601 Byte) Muenchen Friedhof 272.jpg (112460 Byte)
Der Eingangsbereich mit Friedhofshalle und Taharahaus  Hinweistafel mit Öffnungszeiten 
     
MUC0001.jpg (73086 Byte) MUC0002.jpg (78268 Byte) MUC0007.jpg (67499 Byte)
Teilansicht    Grabmal für den Dichter Michael Beer 
     
MUC0004.jpg (59990 Byte) MUC0005.jpg (66996 Byte) MUC0006.jpg (77081 Byte)
Grabstein - als Scheintüre (zur Ewigkeit)
 gestaltet (Grabmal für 
Blanche Heilbronner, 1880-1906)
   
   
MUC0008.jpg (55340 Byte) MUC0003.jpg (83469 Byte) MUC0009.jpg (59046 Byte)
Rechts: Grabstein mit "segnenden
 Händen" der Kohanim
   

      
       
Der neue Friedhof an der Garchinger Straße  
  
Lage:  Garchinger Straße 37

Nachdem schon seit den 1880er-Jahren absehbar war, dass der alte Friedhof nicht mehr erweitert werden konnte, wurde nach einem geeigneten Gelände für die Neuanlage eines Friedhofes gesucht. 1904 konnte ein solches an der Ungererstraße gefunden werden. Der Friedhof konnte ab dem 1. Juli 1908 belegt werden. Das Friedhofsareal umfasst heute eine Fläche von über 5 ha und hat 22 Grabsektionen. Umgeben ist dieser Friedhof von einer insgesamt 966,50 m langen Betonmauer. Auf diesem Neuen Israelitischen Friedhof liegen u.a. folgende Persönlichkeiten: der Politiker Kurt Eisner (1867-1919), der Schriftsteller Gustav Landauer (1870-1919), der Politiker Eugen Leviné (1883-1919). Das Friedhofsgebäude wurde 1905-07 von Hans Grässel erbaut. Dieser Friedhof wird bis heute als Begräbnisstätte der Israelitischen Kultusgemeinde München genutzt.  
  
Texte zur Geschichte des neuen Friedhofes 
Abkommen zum neuen Friedhof mit der Stadtgemeinde München (1904)  

Muenchen FrfIsrFambl 18031904n.jpg (46881 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. März 1904: "München. Neuer israelitischer Friedhof. Zwischen der Stadtgemeinde München und der israelitischen Kultusverwaltung kam ein Abkommen zustande, nach welchem die Stadtgemeinde auf dem Tauschwege ein geeignetes Areal beim Nördlichen Friedhofe überlässt und dasselbe mit einer Mauer umgibt. Die Kosten hierfür (53.000 Mark sind bei Übernahme des Friedhofes an die Stadtkasse zu entrichten."
     
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1904: "München. In diesem Jahr noch wird dahier ein neuer jüdischer Friedhof angelegt werden. Vertragsmäßig hat die Stadtgemeinde bis Ende September 1904 die Friedhofmauer herzustellen, was einen Aufwand von 53.000 Mark erfordert. Dieser Betrag wurde vom Magistrate ohne Erinnerung bewilligt, und hat die Kultusgemeinde denselben wieder an die Stadt zurückzuerstatten, nicht aber die gleichfalls genehmigten 15.150 Mark für Weganlagen, für welche letztere allein aufzukommen hat. Der Friedhof wird auf einem Gemeindegrunde seine Stätte finden, der seitens der Kultusgemeinde an Stelle eines früher angekauften Grundstückes eingetauscht wurde."   
  
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. März 1904: "Im Herbst dieses Jahres wird in der Nähe des neuen nördlichen Friedhofes in Schweting ein neuer Friedhof errichtet. Die Umfassungsmauern, durch die Stadt ausgeführt, kosten 53.000 Mark, welche Summe die jüdische Gemeinde wieder zurückzahlen muss. Dagegen läst die Stadt auf eigene Kosten Wege herstellen, welche ca. 15.000 Mark kosten. Es wird dann eben doch im jetzigen jüdischen Friedhofe an Hausmeister notwendig bleiben, wegen der Besuche an Jahrzeiten."   

   
Der neue Friedhof wird angelegt (1904)  

Muenchen FrfIsrFambl 14101904fn.jpg (34876 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14. Oktober 1904: "München, 8. Oktober. Der neue Israelitische Friedhof, der nach den Plänen des Baurats Gräßer in unmittelbarer Nähe des neuen nördlichen Friedhofes in Schwabing errichtet wird, soll noch im kommenden Jahr in Benützung genommen werden."

   
Das neue Friedhofsgebäude wird erstellt (1907)  

Muenchen Israelit 10101907f.jpg (170264 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1907: "München, 7. Oktober (1907). Die Gebäude des neuen israelitischen Friedhofes, welche im Auftrage der Kultusgemeinde von Stadtbaurat Hans Grässel erbaut wurden, sind bis auf die innere Einrichtung bereits vollkommen fertiggestellt. Erheblich vor die Stadt geschoben, in der Nähe des städtischen Zollhauses, westlich der Straße nach Altfreimann, nehmen die genannten Baulichkeiten schon aus großer Ferne die Aufmerksamkeit des aus der Stadt Kommenden in Anspruch. Man betritt das 15 Tagwerk große, von einer Mauer umschlossene Areal von Osten aus durch ein hohes, gewölbtes Portal. Links von diesem befindet sich das Pförtnerhaus, ein nahezu quadratischer Bau mit Erdgeschoss, ausgebautem Dachgeschoss und hohem Zeltdach, der mit der Umfassungsmauer und einem Remisenbau nach rückwärts einen kleinen Garten bildet. Die eigentlichen Friedhofsgebäude erheben sich weiter westlich, mehr in der Tiefe des Grundstücks, zwischen der Mauer im Süden und der breiten vom Portal herführenden Fahrstraße im Norden. Leichenhaus, Halle und Nebenräume sind zu einer Baugruppe verbunden; sämtliche Gebäude liegen nebeneinander, in einer malerischen Längsfront, an der Fahrstraße miteinander vereinigt. Zu dieser mit der Schmalseite gewendet, stellt sich die Leichenhalle dar als ein lang gestreckter, achteckiger Bau, bestehend aus Erde und ausgebautem, hohen Dachgeschoss, mit je einem kleinen Giebelausbau an den beiden Schmalseiten. Von diesem Gebäude führt nach Westen ein niedriger Verbindungsbau zur Halle, ein hoher im Grundriss quadratischer Zentralbau mit niedrigen Anbauten und hohem leicht geschweiften Zeltdach. Der Anbau der vorderen Seite ist zu einer von Säulen und Bogen getragenen offenen Eingangshalle ausgebildet. Die Eindeckung sämtlicher Gebäude, die mit weißem Rauputz versehen sind, besteht aus graugrünen, mit Rot vermischten, farbig wiederum sehr stimmungsvoll wirkenden Dachziegeln. Einfache Linien, edelste Verhältnisse, schlichte Sachlichkeit, die keines äußeren Schmuckes mehr bedarf, sind Elemente, die den Gebäuden ein unvergleichliches, künstlerisches Gepräge verleihen."

 
Die Einweihung des neuen Friedhofes (Mai 1908)   

Muenchen FrfIsrFambl 22051908.jpg (15243 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Mai 1908: "München. Die Eröffnung des neuen israelitischen Friedhofes fand gestern nachmittag in feierlicher Weise statt."  
  
Muenchen Israelit 28051908.jpg (162232 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1908: "München, 18. Mai (1908). Die Eröffnung des neuen israelitischen Friedhofes fand heute Nachmittag in feierlicher Weise statt. Hierzu waren erschienen die Vertreter des Magistrats, eine Abordnung des Kollegiums der Gemeinde-Bevollmächtigten, eine Deputation des Armenpflegschaftsrates, Vertreter der Polizeidirektion und die gesamte Vorstandschaft, der Verwaltungs- und Revisionsausschuss der israelitischen Kultusgemeinde usw. Es war eine sehr ansehnliche Versammlung, die sich in der großen Halle, einem Bauwerk von vornehm gediegener Pracht und echt künstlerischem Gepräge, eingefunden hatte. Nach einleitendem Gesange des Synagogenchores richtete der erste Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Justizrat Ofner an die Versammelten eine Ansprache. Er gab einen geschichtlichen Rückblick über die Entstehung von israelitischen Friedhöfen in München wie über den Bau des neuen Friedhofes und gedachte in dankbarer Anerkennung der Behörden, die alle, insonderheit die städtischen Kollegien, das Unternehmen nach Kräften fördern halfen, des genialen Baumeisters und Künstlers Grässel und besonders auch des Rentiers Michael Nußbaumer, der als Mitglied des Verwaltungsausschusses vom Beginn der Vorarbeiten ab bis zur entgültigen Vollendung mit unermüdlichem Pflichteifer seine Zeit und Kräfte dem Unternehmen selbstlos widmete. Sodann hielt Herr Rabbiner Dr. Werner die Festrede. Dieser lag das Wort des Psalmisten, das auch in goldenen Lettern in der Halle angeschrieben steht, zugrunde: 'Auch wenn ich walle im Todesschatten, ich fürchte nichts böses; denn Du bist bei mir, Herr des Lebens.' - Stadtbaurat Grässel ergriff das Wort zum Danke an die Verwaltung der Kultusgemeinde für die Ermöglichung des Baues sowie an Rentier Nußbaumer, die beiden Bauführer des Stadtbauamtes und alle Künstler für die rege Unterstützung und Mithilfe bei der Ausführung. Der hebräische Chorgesang 'Jigdal', vom Synagogenchor gesungen, gab der Feier einen weihevollen Abschluss." 

  
  
Fotos des neuen Friedhofes 
(Fotos: Hahn, Aufnahmen vom Sommer 2011)   

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Die Fotos zeigen Innenansichten der 1907 von Stadtbaurat Hans Grässel erbauten Friedhofshalle.  
     
     
     
     
     
 
Einzelne neuere Presseberichte zum jüdischen Friedhof   
September 2016: Max Mannheimer wurde auf dem Friedhof beigesetzt   
Artikel in der "Abendzeitung München" vom 27. September 2016: "Israelitischer Friedhof in München Holocaust-Zeitzeuge Max Mannheimer beigesetzt
Der Holocaust-Zeitzeuge Max Mannheimer ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Am Dienstag fand die Beerdigung im Israelitischen Friedhof in München statt. Etliche Politiker der Stadt München nahmen an der Trauerfeier teil.
München - 'Der Max', sagt ein älterer Mann leise. Und noch einmal: 'Der Max.' Die Umstehenden nicken still. Der schlichte Holzsarg von Max Mannheimer, bedeckt mit einem schwarzen, Samttuch mit weißem Davidstern, ist da gerade im Boden des Israelitischen Friedhofs in Freimann verschwunden. Ein kleines Holzschild wird in die frische Erde gesteckt, 'Dr. h.c. Max Mannheimer' steht darauf – Ehrendoktor ist er gewesen bei der LMU. Nach jüdischer Tradition legen alle Trauernden kleine Steine auf das Grab, das zwischen zwei Bäumen liegt. Die Steine symbolisieren unter anderem Unvergänglichkeit. Als erstes tritt die Familie von Mannheimer vor und legt Kiesel nieder.
Hunderte Trauergäste sind gekommen. Hunderte sind da, um dem Holocaust-Zeitzeugen und Humanisten, der am Freitag im Alter von 96 Jahren in einer Münchner Klinik gestorben ist, das letzte Geleit zu geben. Unter den Gästen sind neben vielen Vertretern der jüdischen Gemeinde auch Stadt- und Landespolitiker wie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU), Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Ex-OB Christian Ude und der ehemalige SPD-Parteichef Hans-Jochen Vogel. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und langjährige Freundin Mannheimers, hält die bewegende Abschiedsrede, in der sie noch einmal an sein Leben erinnert, seinen Verdienst, weil er den Opfern des Holocaust eine Stimme gab. Sein Name sei außerdem Inbegriff von Vielem gewesen, wie Warmherzigkeit, Güte, Freundschaft, Lebensmut. 'Für all das, was man im Jiddischen mit der größtmöglichen Ehrerbietung verbindet, indem man sagt: Er war a Mentsch.' Mannheimer war am Freitag im Alter 96 Jahren in einer Münchner Klinik gestorben."  
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August 2019: Die jüdische Gemeinde bittet um Hilfe für die Sanierung des alten Friedhofes  
Artikel von Ann-Kathrin Gerke in der "Bild-Zeitung" (regional) vom 13. August 2019: "Friedhof in Not Jüdische Gräber sind marode – Gemeinde bittet um Hilfe
München –
Es soll ein 'Ort des ewigen Lebens' sein: Die Grabstätten im Alten Israelitischen Friedhof sind auf ewig angelegt. Doch jetzt ist der ehrwürdige Ort in Gefahr! Stadtrat Michael Mattar (66, FDP) warnt: 'Durch den Zustand des Friedhofs mit teilweise schon verfallenen Grabdenkmälern droht ein Teil der Geschichte dieser Stadt verloren zu gehen. Die FDP will, dass die Stadt die Verantwortung für den Erhalt des Friedhofs übernimmt. Mattar zu BILD: 'Ich fordere den Oberbürgermeister auf, sich darum zu kümmern.' Aus dem Rathaus heißt es dazu auf Anfrage, Dieter Reiter (61, SPD) sei noch bis Ende August im Urlaub.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch (86) unterstützt den Antrag der FDP. 'Im Fall des Alten Israelitischen Friedhofs könnte eine Sanierung den Verfall teilweise verhindern', sagt sie.
Die Gemeinde würde es begrüßen, wenn sich die Stadt für den Friedhof einsetze: 'Er ist ein bedeutendes Denkmal der Stadtgeschichte, an dem sich der Aufstieg der Münchner jüdischen Gemeinde im 19. Jahrhundert ablesen lässt.' Doch nicht nur das: 'Mit mehreren Grabstätten für jüdische Bürger, die der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zum Opfer fielen und zwischen 1933 und 1940 hier beerdigt wurden, weist er auch auf das dunkelste Kapitel der Stadt hin."
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Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern 
mit Seite zum Alten Israelitischen Friedhof in München und Seite zum Neuen Israelitischen Friedhof in München   
bullet Website "Jüdisches Zentrum Jakobsplatz"      
bullet Jüdisches Museum München  
bullet Seite zu den Synagogen in München (interner Link) 
bulletArtikel "Alter Israelitischer Friedhof (München)" bei Wikipedia 
bulletArtikel "Neuer Israelitischer Friedhof (München)" bei Wikipedia    

Literatur:     

bulletGermania Judaica III,2 S. 900-906. 
bullet Wolfram Selig: Synagogen und Jüdische Friedhöfe in München. München 1988. Darin: Karl W. Schubsky: Jüdische Friedhöfe S. 149-188.
bullet Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. 1988 S. 307-316.  

   
    

                   
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Stand: 15. Oktober 2013