Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Schwarza (VG Dolmar, Kreis Schmalkalden-Meiningen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

   

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Aus der Geschichte der Rabbiner in Schwarza 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben    
Sonstiges    
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen  
Links und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde        
    
In Schwarza bestand eine jüdische Gemeinde bis 1930, danach von 1932 bis 1939 als Filiale zur Synagogengemeinde in Suhl. Die ersten Juden lebten hier bereits im 15. Jahrhundert: 1411 werden erstmals ein Jud Gutkind und ein Jud Salomon am Ort genannt.  
    
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück: 1652 wurde Joseph Aaron mit Familie aus Schmalkalden aufgenommen. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte konnten weitere Familien zuziehen, sodass 1669 inzwischen acht jüdische Familien mit 40 Personen am Ort lebten. Fünf Jahre später waren es 70 Personen. 
         
Ein Rabbiner wird 1704 erstmals genannt. Mit Abraham Ulmann ist 1706 ein jüdischer Lehrer am Ort. Eine Schulordnung wurde 1739 erstellt, in der u.a. die Bestellung des Lehrers, Vorsängers und Schächters festgelegt wurde. 1767 wohnten 18 jüdische Familien am Ort, die überwiegend vom Viehhandel leben. Die Erträge waren in dieser Zeit allerdings äußerst gering, sodass mehrere Juden im Zusammenhang mit einer Hungersnot 1774 von hier verzogen sind. Nur vier Familien galten als "bemittelt", die übrigen als "arm", "verarmt" oder "völlig verarmt". Mehrere der Familien lebten in der ehemaligen "Judengasse" (1933 in "Hüttengasse" umbenannt, 1946 in "Irma-Stern-Straße").   
      
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u..), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und ein eigener FriedhofRabbiner beziehungsweise rabbinische Gelehrte hatte die Gemeinde offenbar bis Mitte des 19. Jahrhunderts: 1824 bis 1828 war in Schwarza Moses Cohen tätig, der danach als Rabbiner in Kaiserslautern wirkte (s.u.); um 1840 wird Rabbiner Moses Michel in Schwarza genannt (s.u.). Er scheint auch in einem Bericht des Amtmannes von Schwarza 1842 ("von Moses Michel, der als Rabbiner fungiert, werden jährlich 3-4 Reden in deutscher Sprache gehalten").   
       
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen Einwohner stark zu. 1804 wurden 153 jüdische Gemeindeglieder (neben 889 christlichen Einwohner) gezählt, 1823 waren es 196 und 1829 225 jüdische Gemeindeglieder. Die Höchstzahl wurde 1846 mit 287 jüdischen Einwohnern erreicht. Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung relativ schnell zurück (1861 160, 1870 96, 1896 17 jüdische Gemeindeglieder). Parallel ging die Zahl der Kinder an der jüdischen Schule zurück (1838 54 schulpflichtige jüdische Kinder, 1861 22, 1867 10, 1896 nur noch ein schulpflichtiges jüdisches Kind).  In der Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die jüdischen Familien durchweg vom Handel mit Vieh, Waren und Landesprodukten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden von ihnen mehrere Handlungen und Läden am Ort eröffnet.   
     
Obwohl Anfang des 20. Jahrhunderts die jüdische Gemeinde nur noch aus wenigen Familien bestand, wurden bis 1922 noch Vorstandswahlen durchgeführt, zuletzt 1922 (Vorstandsmitglieder Max Grünspecht, Joseph Stern und Adolf Rosskamm). 1930 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst und 1932 dem Synagogen-Gemeinde-Bezirk Suhl angegliedert. 1938 lebten noch 7 jüdische Personen in Schwarza. Die letzten wurden 1942 deportiert, sodass nach dem 20. September 1942 keine jüdischen Personen mehr in Schwarza lebten. 
   
Von den in Schwarza geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Hanni Hähnlein (1939), Irma Hähnlein geb. Stern (1901), Susi Hähnlein (1929), Lina Hirschberg (1877), Leopold Ledermann (1875), Hanni Stern, Irma Stern, Susi Stern, Karoline Stern geb. Morgenroth (1866), Simon Ullmann.    
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Ausschreibungen der Stelle des Elementar- und Religionslehrers 1842 / 1845   

Schwarza AZJ 02071842.jpg (35980 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juli 1842: "Hiesige Gemeinde sucht einen gut qualifizierter Elementar- und Religionslehrer - gegen ansehnlichen Gehalt - zu Michaelis d.J., und bittet Kandidaten sich recht bald in frankierten Briefen zu melden bei dem Vorsteher L. Simson. 
Schwarza, Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schleusingen. 
  
Schwarza AZJ 03021845.jpg (37990 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Februar 1845: "Anzeige. Hiesige Gemeinde sucht einen gut qualifizierten Elementar- und Religionslehrer - gegen ansehnlichen Gehalt - zum 1. Mai diesen Jahres. 
Die geehrten Herren Bewerber - Preußen - die über ihre Qualifikation als tüchtige Elementar- und Religionslehrer, wie über ihre Moralität spezielle amtliche Zeugnisse aufzeigen können, belieben sich alsbald in frankierten Briefen zu wenden an den Vorsteher L. Simson.
Schwarza, Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schleusingen."
 
Schwarza AZJ 06101845.jpg (43904 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Oktober 1845: "Hiesige Gemeinde sucht einen gut qualifizierten Elementar- und Religionslehrer - gegen ansehnlichen Gehalt und freie Wohnung, - der sowohl zu Rosch Chodesch Cheschwan als auch zu Rosch Chodesch Kislew und nötigenfalls auch zu Rosch Chodesch Tewet die Stelle antreten kann. 
Die geehrten Herren Bewerber - Preußen - die über ihre Qualifikation als tüchtige Elementar- und Religionslehrer, wie über ihre Moralität spezielle amtliche Zeugnisse aufzeigen können, blieben sich baldigst in frankierten Briefen zu wenden an den Vorsteher L. Simson. Schwarza, Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schleusingen."   

  
  
Aus der Geschichte der Rabbiner in Schwarza   
Über Moses Cohen 
Anmerkung: Moses Cohen war vor 1824 Lehrer in Fulda, 1824 bis 1828 Lehrer/Rabbiner in Schwarza, von 1828 bis zu seinem Tod Rabbiner in Kaiserslautern

Schwarza Sulamith 1824.jpg (51006 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Sulamith" Jg. 1824 S. 282: "Herr M. Cohen, ein talentvoller Mann, welcher früherhin als Lehrer in Fulda angestellt war, sucht nun in seinem jetzigen Wohnort Schwarza, unweit Meiningen, seine Glaubensgenossen durch öffentliche deutsche Reden und Vorträge, die inhaltsreich und zweckmäßig ausgearbeitet sind, zu belehren, und sie für das Höhere und Bessere empfänglich zu machen."  
   
Zum Tod von Rabbiner Moses Cohn 1843  
Schwarza Israelit19Jh 02071843.jpg (90398 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 2. Juli 1843: "Der brave, wackere Moses Cohen, Rabbine in Kaiserslautern, ist nicht mehr. Er verschied in der Nacht vom 13. auf den 14. vorigen Monats in seinem 58. Jahre. Den Glaubensgenossen des Verewigten, die aus allen Orten des Bezirks in Menge herbeigeströmt waren, hatten sich die christlichen Bewohner der Stadt in Masse angeschlossen: die Beamten, die Geistlichen der verschiedenen Konfessionen, die Lehrer der Volksschulen, bezeigten, indem sie dem Leichenzuge folgten, ihre Teilnahme. Der. Grünebaum, Bezirksrabbiner in Landau, hielt eine ergreifende Leichenrede. - Als der Verblichene vor 15 Jahren sein Amt in Kaiserslautern antrat, fand sich in seinem Bezirke auch nicht eine einzige öffentliche jüdische Schule, und seitdem sind unter seiner Mitwirkung gegen 20 ins Leben getreten. Wir wissen den Verlust seiner Pflegbefohlenen umso mehr zu würdigen, da der Verblichene in unserer Gegend noch im besten Andenken steht, indem derselbe vor seiner Berufung nach Kaiserslautern, in Schwarza, im Hennebergischen, domizilierte und dortselbst, und in der Umgegend, wegen seiner talmudischen Kenntnisse, seiner gediegenen wissenschaftlichen Bildung, die er seinem Selbststudium verdankte und besonders wegen seines achtungswerten Charakters, Aller Achtung und Liebe genoss."  

  
Erwähnung von Rabbiner Moses Michel in Schwarza 1840    

Schwarza AZJ 14111840.jpg (28923 Byte)Bericht in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. November 1840: "Aus Schwarza bei Schleusingen berichtet man uns von einer sehr würdigen gottesdienstlichen Feier, die der dortige Rabbine Moses Michel veranstaltete, und die dieser durch eine eben so originelle, als kräftige Predigt erhöhte."

  
   
 Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
 Jüdische Personen aus Schwarza bemühen sich um Zuzug nach Suhl, wandern teilweise aus (1843)       

Suhl AZJ 22051843.jpg (147978 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Mai 1843: "Aus dem Hennebergischen, 26. März (D.A.Z.). Es ist wenig bekannt und scheint selbst die Aufmerksamkeit der preußischen Regierung noch nicht auf sich gezogen zu haben, dass die Juden in der Grafschaft Henneberg sich in einer ungleich ungünstigeren Rechtslage befinden als die des ganzen übrigen Staates. Es ist dort noch die alte Partikulargesetzgebung beibehalten worden, und in Folge davon dürfen die dortigen Juden keine Grundstücke erwerben, sich nicht als Handwerker etablieren, sich ohne eingeholte Erlaubnis nicht verheiraten. Namentlich sind ihnen die Suhler Stadtrechte feindselig. Gleichwohl ist dieser kleine Teil Landes verhältnismäßig stark von Juden bewohnt, und namentlich halten sich i n den Flecken Heinrichs und Schwarza sehr viele auf. Nach Suhl darf keiner ziehen. Ein junger Mann in Suhl, namens Nathan Mayer, der früher den Kleinhandel (Schacherhandel?) betrieben, aber das Handwerk eines Leinwebers erlernt hatte und nun dem Handel entsagen und sich seiner Profession widmen wollte, konnte, trotz aller Bemühungen, die Erlaubnis nicht erhalten und musste so zu seinem früheren Geschäfte zurückkehren. Ein angesehener und wohlhabender Jude in Heinrichs, namens Julius Mayer, wollte nach Suhl ziehen und wendete sich, da der dortige Magistrat widersprach, an die Regierung, endlich ans Ministerium, musste aber, mit Rücksicht auf das bestehende Recht, abgewiesen werden. Er verkaufte nun Hab und Gut und zog mit seiner Familie nach New York, wo es ihm wohl gehen soll, und viele junge Leute aus der Grafschaft schlossen sich ihm an. Gleichwohl treiben die Juden dieser Flecken viele Geschäfte mit Suhl und leben mit den dortigen Bürgern auf dem freundschaftlichsten Fuße."     

    
    
Sonstiges        
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: 
Grabstein in New York für 
Regina Goodmann aus Schwarza (1837-1914) und Meyer Goodman aus Münsterappel (1835-1901)     
Anmerkung: das Grab befindet sich im Cypress Hills Cemetery in New York - Brooklyn, Jamaica Ave; der Geburtsname von Regina Goodmann wird nicht mitgeteilt..      

Muensterappel NY Cyprus 1734.jpg (157082 Byte)   Grabstein für "our beloved Parents  
Regina Goodmann
 
Born in Schwarza, Germany 
Nov. 27, 1837  
Died April 9, 1914 - 
Meyer Goodmann 
Born in Münsterappel, Germany  
Nov. 27 1835. 
Died April 27 1901".    

       

Foto der aus Schwarza 
stammenden Jennie geb. Epstein
 
(erhalten von Sharon Grundfest-Broniatowski)
Hartman Mose und Jennie 010.jpg (135613 Byte)  
Das Foto links zeigt Moses Hartmann (geb. 1858 in Barchfeld als Sohn von Lipmann Hartmann und der Netta geb. Hoffmann) und rechts seine Frau Jennie geb. Epstein (geb. 1861 in Schwarza als Tochter von Lipmann Epstein und seiner Frau Karoline geb. ?). Die beiden sind um 1901-1903 aus Ilmenau in die USA ausgewandert; das Foto wurde in Meiningen aufgenommen. 
Ein Bruder von Moses Hartmann war Samuel Hartmann. Nach einer allerdings unbestätigten Überlieferung in der Familie war er oder dessen Sohn Levi Hartmann zeitweise Leibwächter von Kaiser Wilhelm.         

 
    
    
Zur Geschichte der Synagoge               
    
Ein  Betsaal dürfte noch im 17. Jahrhundert eingerichtet worden sein (vermutlich um 1680). Eine Synagoge ("Judenschule") wird 1753 genannt. Sie wird bereits einige Jahrzehnte bestanden haben, da damals die jüdischen Gemeindeglieder Hertz Wolff und Joseph Feibel die Genehmigung erhielten, für die Reparatur dieser Synagoge bei jüdischen Gemeinden im Land Spenden einzusammeln. Mit dem Ergebnis dieser Kollekte und eigenen Mitteln konnte 1754 die Reparatur der Synagoge durchgeführt werden. Johann und Philipp Ernst Bohn aus Hermannsfeld wurden beauftragt, die notwendigen Bauarbeiten (Schreinerarbeiten usw.) vorzunehmen. 1755 wurde eine neue Platzordnung in der Synagoge in Anwesenheit von Rabbiner Moses aus Wüstensachsen festgelegt. 
 
Die alte Synagoge war für die seit Anfang des 19. Jahrhundert stark steigende Zahl von Gemeindemitglieder alsbald viel zu klein. In den 1830er-Jahren konnte in der Nähe der alten Synagoge ein Grundstück gekauft werden, auf dem die neue Synagoge gebaut werden konnte. Die Grundsteinlegung war am 15. Oktober 1839, worüber nachstehender Pressebericht vorliegt:  
   
Grundsteinlegung der neuen Synagoge am 15. Oktober 1839     

Schwarza AZJ 30111839.JPG (136583 Byte)Schwarza (bei Meiningen), 15. November (1839; Privatmitteilung). Wenn lediglich aus Liebe zur Religion aus geringen Mitteln Großes bewirkt wird, so verdient dies gewiss Anerkennung und ist zugleich eine Aufmunterung für unsere Mitbrüder. Darum gönnen Sie wohl folgenden Mitteilungen einen Platz in ihrer Zeitung.
In Schwarza bei Meiningen wohnen 40 jüdische Familien, von denen die meisten sich kümmerlich ihr tägliches Brot erwerben. Seit einer langen Reihe von Jahren besteht bereits diese kleine, wahrhaft gottesfürchtige Gemeinde, und besitzt ein eigenes Gotteshaus. Da aber dasselbe mit der Zeit zu klein wurde, beschloss man schon vor mehreren Jahren, ein neues zu erbauen. Viele Opfer von Seiten der wenigen Wohlhabenden daselbst bedurfte es, um endlich die nötige Summe zusammen zu bringen, aber dennoch gelangte man ans Ziel. – Es wurde ein geräumiger Platz in der Nähe der alten Synagoge gekauft, welchen noch ein Mitglied der Gemeinde, Herr Löb Mayer, durch einen Teil seines daran stoßenden Gartens, ohne die geringste Entschädigung zu verlangen, vergrößerte. – Am 15. Oktober wurde feierlich der Grundstein zum neuen Bau gelegt. Bei dieser Gelegenheit legte der würdige Rabbine, Herr Moses Michel einige Schriften, welche die zeitigen Verhältnisse der Gemeinde enthielten, in den Grundstein, wobei von der Schuljugend gesungen wurde. Am folgenden Sabbat waren die Zimmerleute mit dem Aufrichten des Gebäudes fertig. Der Rabbine hielt eine andachtsvolle Rede über die Worte des Psalmisten: "Ich freue mich, wenn man zu mir spricht: lasst uns in das Haus des Ewigen gehen", worauf der 92. Psalm und andere Lieder von der ganzen Gemeinde gesungen wurden. Viele angesehene Christen nahmen Teil nicht bloß an der Festlichkeit, sondern auch an der Freude, welche die ganze Gemeinde belegte. Der Plan dieser neuen Synagoge ist nach der neuesten Bauart; in einem Jahr wird wahrscheinlich das Ganze zur Freude Gottes und der Menschen dastehen. Alsdann wird die alte Synagoge zum Schulhause eingerichtet werden. Besonders verdienen noch die vielfachen Bemühungen des zeitigen Vorstehers, Herrn Löb Simson, welcher den Synagogenbau mit größtem Eifer betrieb, rühmlichst erwähnt zu werden.

Die Fertigstellung der Synagoge dauerte bis zum Herbst 1841. Am 5. November 1841 konnte sie feierlich eingeweiht werden. Da kurz zuvor der Hennebergische Erbgraf gestorben war, konnte die Feier nicht mit "öffentlicher Musik und Lustbarkeiten" durchgeführt werden. Dennoch war es ein großes Fest für die gesamte Ortsbevölkerung von Schwarza und die jüdischen Gemeinden der Umgebung. Die Einweihung nahm der Kissinger Rabbiner Dr. Adler vor. Im Mittelpunkt stand die Überführung der 13 Torarollen der Gemeinde von der alten in die neue Synagoge. Auch hierzu liegt Presseartikel vor: 
  
Einweihung der neuen Synagoge am 5. November 1841     

Schwarza AZJ 04121841.JPG (192042 Byte)Mitteilung der Allgemeinen Zeitung des Judentums vom 4. Dezember 1841: "Aus dem Hennebergischen, 15. November (Privatmiteilung). Einen schönen Beweis, wie die Scheidewand zwischen Menschen und Menschen in unserer Zeit immer mehr verschwindet, gab die am 5. November stattgehabte Einweihungsfeier der in geschmackvoller Bauart errichteten Synagoge zu Schwarza, einer nicht unbedeutenden Israelitengemeinde im preußischen Henneberg. Aus Städten und Dörfern von Nah und Fern versammelten sich Tausende von Juden und Christen, um Augenzeugen jener heiligen Geier zu sein. Mittag 1 Uhr begab sich die dortige Gemeinde in die alte Synagoge, zum letzten Mal darin zu beten, das Amtspersonal hatte sich auch bereits dort eingefunden. Nach Beendigung des Gebets bestieg der eigens zu dieser Feier berufene Distriktsrabbine, Herr Dr. Adler von Kissingen, den Predigerstuhl und stellte der Gemeinde ergreifend dar, dass dies enge Haus von jeher ihr Zufluchtsort in allen Lagen ihres Lebens gewesen sei und forderte sie zum Danke gegen Gott auf, für die große Gnade, nun in ein Haus ziehen zu können, das so prächtig aus des Meisters Hand zur Verherrlichung Gottes hervorgegangen sei. Der imposanten Prozession vom alten zum neuen Gotteshause schloss sich eine unzählige Menge in geordneter Reihe ohne Unterschied des Glaubens an. Nachdem nun in geeigneter Weise dem dortigen Amtmanne der Schlüssel zur Synagoge übergeben war, öffneten sich seine geräumigen Hallen, die alle Teilnehmenden aufnahmen. Der Sängerchor stimmte mit Instrumentalbegleitung feierliche Weihegesänge an. Hierauf bestieg der Rabbine die Kanzel und sprach in gediegener Rede nach 2. Buch Mose 25,8 über "die Bestimmung des Gotteshauses und über das Verhalten des Menschen gegen dasselbe", sodass jedes Gemüt in tiefster Andacht sich durchdrungen fühlte. Nicht unbedeutend sind die Gaben, die Gemeindemitglieder und fremde Glaubensgenossen in diesen Tagen der Synagoge spendeten. Beseligend wird stets die Erinnerung sein, die diese hehre Feier in jedem Augenzeugen hinterlassen hat. Möge nach dem Gotteshause nun auch die Schule die Beachtung der Gemeinde erwerben!"    

Die von Bezirksrabbiner Dr. Adler in Bad Kissingen gehaltene Predigt wurde veröffentlicht und in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" besprochen:  

Schwarza Israelit 19Jh 29011843.jpg (116011 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 29. Januar 1843: "Rede bei der Einweihung des neuen Gotteshauses zu Schwarza, gehalten von Dr. Adler, Distriktsrabbiner in Kissingen. 
Wir hatten schon früher eines gottesdienstlichen Vortrages des Verfassers gedacht und gestehen offen, dass uns sein Fortschritt auf dem Gebiete der geistigen Beredsamkeit auf das Freudigste überrascht hat. In der Rede, welche jetzt vor uns liegt, begegnen wir - wenn auch die rechte Höhe der Begeisterung, wie sie der Anlass erheischte, fehlt - doch einem so einfachen beredeten, aus dem Herzen strömenden Ausdruck, einer so erleuchteten Gesinnung und einer so erbaulich-sinnigen (wenn auch zu oft gebrauchten) Deutung der Zeremonien, dass wir sie zu  dem Erfreulicheren, was die jüdische Homiletik in neuerster Zeit geleistet, zählen können. Der Verfasser ist ganz auf dem Wege, eine homiletische Zelebrität zu werden, und wenn er nur auch der Form noch mehr Vollendung widmet, die Gedrängtheit der Gedanken vermeidet, die sinnigen Stellen aus den Alten nicht zu oft und mit mehr Leichtigkeit einfließen lässt, auch nicht, was die Begeisterung erschöpft, zu lange spricht (die vorliegende Predigt enthält 52 Seiten): so werden wir ihn bald zu den vorzüglicheren Kanzelrednern in Israel zählen können. Dafür bürgt uns schon das wahrhaft Hinreißende, welches seine Worte haben, wenn er selbst vom Gegenstande ergriffen ist und wovon die wirklich tief ergreifende Weise, mit welcher er in dem fraglichen Vortrage die Feierlichkeitszeremonien den Zuhörern gedeutet und erklärt, einen schönen Beleg abgibt."  

Das Gebäude der alten Synagoge wurde nach der Einweihung der neuen Synagoge zum jüdischen Schulhaus umgebaut. 
   
Bis um 1930 dürften Gottesdienste in der Synagoge abgehalten worden sein, wobei es immer schwieriger geworden war, die notwendige Zehnzahl der jüdischen Männer (Minjan) zu erreichen. Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde Schwarza (1930/32) wurde das Synagogengebäude 1935 verkauft. Dennoch wurde das Gebäude beim Novemberpogrom 1938 geschändet. Von Mitgliedern der örtlichen Feuerwehr wurde vom Dach der Synagoge der preußische Adler mit Turmknopf und Wetterfahne heruntergeholt. SA-Männer und andere Nationalsozialisten brachen den Eingang zur Synagoge auf und zerschlugen die Inneneinrichtung beziehungsweise brachten diese samt den sich noch im Gebäude befindlichen Torarollen, Ritualien und Gegenstände vor das Gebäude, wo sie auf einem vor der Synagoge errichteten Scheiterhaufen verbrannt worden.  
    
1980/81 musste die ehemalige Synagoge nach jahrzehntelanger Vernachlässigung des Gebäudes wegen Einsturzgefahr abgebrochen werden.      
    
    
Adresse/Standort der Synagoge:        Irma-Stern-Straße 1             
   
   
Foto
(Quelle: Nothnagel usw. s.Lit. S. 189) 

Schwarza Synagoge 100.jpg (92262 Byte)    
Die Synagoge in Schwarza, 1840 erbaut, 
1938 geschändet, 1980/81abgebrochen 
   

   
    

Links und Literatur   

Links: 

Website der VG Dolmar     
Website zur Gemeinde Schwarza  
Seite zum jüdischen Friedhof in Schwarza (interner Link)  

Literatur:  

Hans Nothnagel / Elke Schwerda / Lothar von Hausen: Chronik über jüdisches Werden und Vergehen in Schwarza. In: Hans Nothnagel (Hg.): Juden in Südthüringen - geschützt und gejagt. Bd. 1: Über jüdisches Leben und Erbepflege im Evangelischen Kirchenkreis "Henneberger Land". Suhl 1988. S. 165-218. 
Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Berlin 1992. S. 285-286.  

    

                   
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Stand: 09. März 2014