Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Wächtersbach (Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
Links und Literatur   

      

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
    
In Wächtersbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1643 wird mit Hiskias erstmals ein Jude am Ort genannt. Auf Grund seines Namens war er vermutlich sephardischer Abstammung.   
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1827 70 jüdische Einwohner (6,2 % von insgesamt 1.127 Einwohnern), 1835 62 (4,7 % von 1.315), 1854 67 (5,9 % von 1.142), 1861 49 (4,7 % von 1.041), 1871 27 (2,3 % von 1.193), 1885 54 (4,7 % von 1.139), 1895 65 (5,9 % von 1.110), 1905 64 (5,3 % von 1.211). In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu relativ vielen Auswanderungen in die USA. Beruflich betätigten sich die jüdischen Haushaltsvorstände im 19. Jahrhunderts als Händler im Viehhandel sowie Groß- und Kleinhandel, aber auch als Metzger und Handwerker; später gab es auch jüdische Fabrikanten.     
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule mit Lehrerwohnung und ein rituelles Bad (diese Einrichtungen von 1830 bis 1910 in einem Gebäude am Untertor, danach in einem Anbau an das Synagogengebäude). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Aufenau beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau.    
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Jakob Grünebaum (geb. 25.11.1889 in Wächtersbach, gef. 15.4.1918), Leo Levi (geb. 14.6.1888 in Hitzkirchen, gef. 1.7.1918), Ludwig Loebenberg (geb. 30.4.1893 in Wächtersbach, gef. 26.7.1917) und Sally Rosenberg (geb. 27.9.1888 in Wenings, gef. 18.4.1916). Außerdem ist gefallen: Julius Gans (geb. 29.12.1898 in Wächtersbach, vor 1914 in Marburg wohnhaft, gef. 28.5.1918).    
   
Um 1924, als noch 55 jüdische Personen am Ort lebten (3,6 % von insgesamt 1.512 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher die Herren Benjamin Grünebaum und Hermann Loebenberg. Herrmann Loebenberg wird auch als Kantor genannt. Als Lehrer und Schochet kam regelmäßig Lehrer Siegmund Marx aus Gelnhausen nach Wächtersbach. Er unterrichtete 1924 zehn jüdische Kinder in Religion. 1932 waren weiterhin Hermann Loebenberg (1. Vorsitzender) und Benjamin Grünebaum (2. Vorsitzender) die Gemeindevorstände. Als Lehrer auf der Bezirksstelle Wächtersbach-Bad Orb (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1930 unten) wird Isak Lange genannt, der im Schuljahr 1931/32 zehn Kinder unterrichtete. Wenig später war Lehrer Gustav Rosemann am Ort, der 1934 nach Bremen wechselte. Sein Nachfolger wurde Lehrer Siegfried Wechsler, der aus Hamburg nach Wächtersbach kam und nun den Religionsunterricht der jüdischen Kinder in Wächtersbach, Bad Orb, Salmünster und Romstal erteilte.      
    
1933 lebten noch etwa 55 jüdische Personen in Wächtersbach. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Viele verzogen nach Frankfurt (21 Personen) und Köln (neun Personen), andere sind ausgewandert (USA, Südafrika, Tschechoslowakei). Im April 1935 wurden die Fenster der jüdischen Häuser und der Synagoge eingeworfen. Zu einem gewaltsamen Ende der jüdischen Beteiligung auf den Viehmärkten in Wächtersbach kam es im Juli 1935 (siehe Bericht unten). Mit Hermann Löbenberg, dem letzten Gemeindevorsteher verließ im August 1938 der letzte jüdische Einwohner Wächtersbach und zog zu seinen Töchtern, die bereits zuvor nach New York emigriert waren. 
   
Von den in Wächtersbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Regina Engelbert geb. Sichel (1890), Alexander Grünebaum (1880), Ingolf Grünebaum (1932), Norbert Grünebaum (1932), Erna Levi (1926), Johanna May geb. Sichel (1881), Benedix Nussbaum (1876), Dora Nussbaum geb. Löbenberg (1887), Gitta (Ida) Oppenheimer geb. Grünebaum (1884), Ida Rosenthal geb. Löbenberg (1863), Ilse Schlack (1930), Selma Schlack (1923), Gustav Sichel (1876), Rosa Simon geb. Sonn (1878), Lisette Sonn geb. Löbenberg (1872), Josef Stern (1865), Else Sternheimer geb. Löbenberg (1894).  
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorsängers und Schächters 1883 / 1894 / 1930 / beziehungsweise Hilfsvorbeters 1922

Waechtersbach Israelit 06121882.jpg (41908 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1882: "Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle in Wächtersbach soll vom 1. Januar 1883 ab besetzt werden, und wollen sich nur solche Bewerber melden, die eine seminaristische Prüfung abgelegt haben. Jährliches Einkommen circa 1.300 Mark nebst freier Wohnung. 
Kultusgemeinde Orb, Rabbinatsbezirk Aschaffenburg. Löb Seliger, Vorstand."  
  
Waechtersbach Israelit 29101894.jpg (75251 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1894: "Für die Synagogengemeinden Wächtersbach, Salmünster und Romsthal-Eckardroth ist die Stelle eines Religionslehrers sofort zu besetzen mit der Verpflichtung, in Wächtersbach, wo der Sitz des Lehrers ist, den Vorsängerdienst zu versehen und die Schächtfunktionen auszuüben. Das Gehalt beträgt jährlich 800 Mark nebst einem Einkommen aus dem Schächterdienst von 300-400 Mark. Bewerber haben sich unter Beifügung von Abschriften ihrer Zeugnisse bis zum 10. November laufenden Jahres an das unterfertigte Amt zu wenden.  
Hanau, 24. Oktober 1894. Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Koref". 
  
Waechtersbach Israelit 27071922.jpg (31831 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1922: "Die Synagogengemeinde Wächtersbach sucht für die hohen Herbstfeiertage einen Vorbeter, der auch Schofar blasen kann. Vergütung nach Übereinkunft. 
B. Grünebaum, Synagogenältester."  
  
Waechtersbach Israelit 27031930.jpg (82366 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1930: "Die Bezirksstelle Wächtersbach - Bad Orb soll tunlichst zum 15. Mai besetzt werden. - Gesucht wird ein tüchtiger Lehrer, stimmbegabter Chasan (Kantor) und ein in Theorie und Praxis gut durchgebildeter Schochet, der zur Ausübung der Schechita von gesetzestreuen Rabbinern autorisiert ist. Der Anzustellende (Inländer) soll während der Sommermonate in Bad Orb, während der Wintermonate in Wächtersbach wohnen. Die Orte liegen 6 km voneinander entfernt und haben Bahnverbindung. An beiden Plätzen sind Beamtenwohnungen. Gehaltszahlung in Höhe der früheren Gruppe VII der preußischen Staatsbeamten. Bewerbungen mit beglaubigten Zeugnisabschriften sind alsbald einzureichen beim Vorsteheramt der Israeliten zu Hanau."  

       
Hinweis: Bis 1848 war einige Jahre Lehrer am Ort: Markus Lion, seit 1848 Lehrer in Frielendorf (siehe dort).  
 
  
Lehrer Honas Gans in Wächtersbach wechselt nach Langendiebach (1903)        

Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August 1903: "Personalien. Die seit einem Jahre unbesetzt gewesene Lehrerstelle in Langendiebach wird in Kürze durch Herrn Lehrer Gans, bisher in Wächtersbach, wieder besetzt werden."   

       
Gustav Rosemann wechselt als Kantor nach Bremen (1933)   

Bad Orb Bremer BGBl 15121933.jpg (43918 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Bremen" vom 15. Dezember 1933: "Bremen. Neuer Lehrer und Kantor. Zum Nachfolger des seligen Oberkantors Mehrgut ist Herr Gustav Rosemann, ein gebürtiger Hamburger, berufen worden. Bis Mitte November in den Spessartgemeinden Orb und Wächtersbach tätig, hat Herr Rosemann sein Amt am 1. Dezember angetreten und den Unterricht in der Religionsschule begonnen. Die schulentlassene Jugend wird in Kantor Rosemann einen eifrigen Förderer finden. Wir wünschen dem neuen Beamten ein zufriedenes und segensreiches Wirken."    
Gustav Rosemann war seit 1934 verlobt mit Minni geb. Strauss aus Weiden:   
Weiden Israelit 23081934.jpg (34391 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1934
"Statt Karten   Minni Strauss - Gustav Rosemann. Verlobte.   
Weiden (Oberpfalz) / Fürth in Bayern, Mathildenstraße 40  -  Hamburg Rappstraße 20 / Bremen, Kleine Allee 19."    

    
Lehrer Siegfried Wechsler kommt nach Wächtersbach (1934)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1934: "Wächtersbach, 15. Januar (1934). Als Nachfolger des nach Bremen berufenen Religionslehrers Rosemann ist zur Erteilung des jüdischen Unterrichts in den Gemeinden Wächtersbach, Bad Orb, Salmünster und Romstal Herr Lehrer Siegfried Wechsler aus Hamburg bestellt worden."     

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Spendenaufruf des Lehrers Gans für eine verarmte Familie (1903)   

Waechtersbach Israelit 15011903.jpg (104548 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1903: "Herzliche Bitte! 
Ein in hiesiger Nähe wohnender jüdischer Handwerker, der in sehr ärmlichen Verhältnissen lebt und eine Familie (Frau und 5 Kinder) zu ernähren hat, ist gezwungen, bisherige Mietswohnung zu verlassen, da das Haus an einen anderen Besitzer übergeht. Da sich nun in dem kleinen Orte keine für sein Geschäft passende Wohnung findet, wäre der Familie hierdurch jegliches Obdach genommen und dem Manne noch obendrein sein Erwerbszweig abgeschnitten. Da nun dem Manne augenblicklich ein sehr billiges und passendes Haus zum Kaufe angeboten wurde, wozu eine Anzahlung von ca. 600 Mark erforderlich ist, ihm aber hierzu jegliche Mittel fehlen, so werden endeldenkende Glaubensbrüder gebeten, zu dieser großen Mizwoh beisteuern zu wollen. Zur Annahme und Weiterbeförderung von Spenden ist der Unterzeichnete gern bereit. 
H. Gans, Lehrer, Wächtersbach, Reg.-Bezirk Kassel. 
Nachbemerkung: Über den Empfang eingegangener Spenden wird an dieser Stelle quittiert."   

       
        
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Zum Tod von Hannchen Rosenberg geb. Stein (1921)    

Waechtersbach Israelit 30061921.jpg (72664 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juni 1921: "Wächtersbach, 23. Juni (1921). Am 13. Juni ist Frau Hannchen Rosenberg geb. Stein, im 81. Lebensjahre nach segensreichem Wirken im Hause und in der Gemeinde nach kaum zweitägigem Krankenlager heimgegangen. Schmerzlich empfinden wir die Lücke, denn die Verblichene war ein leuchtendes Vorbild für alle jüdischen Frauen. Ihre Kinder erzog sie in mustergültiger Weise. Wo es galt eine Mizwa (sc. Gebot, religiöse Pflicht) auszuüben, war sie die erste am Platze. Wie man ihr Gottvertrauen würdigte, erhellt die Tatsache, dass viele jüdische Krieger sich, bevor sie ins Feld zogen, ihren Segen erbaten. Die Verehrung, die man ihr zollte, bewies die zahlreiche Beteiligung bei ihrem Leichenbegängnisse. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

    
82. Geburtstag von Kätchen Loebenberg (1927)    

Waechtersbach Israelit 14071927.jpg (24243 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juli 1927: "Wächtersbach, 11. Juli (1927). Frau Kätchen Loebenberg feiert am Schabbos, den 16. Juli, in voller geistiger und körperlicher Frische ihren 82. Geburtstag. Dieselbe ist noch von Morgens bis Abends im Geschäfte tätig. (Alles Gute) bis 100 Jahre."   

    
Koschere Marktrestaurationen in Wächtersbach bei Gustav Rosenberg und Benjamin (Beni) Grünebaum (1934)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1934: "Wächtersbach, 17. Dezember (1934). Für diejenigen Viehhändler, die den Markt in Wächtersbach besuchen und dort rituell verköstigt zu werden wünschen, ist es wichtig zu wissen, dass die Marktrestaurationen Gustav Rosenberg und Beni Grünebaum einwandfrei koscher sind."       

  
Über den Schneider und Viehhändler Benjamin Grünebaum     
(nach: Jürgen Ackermann s.Lit.)   

Benjamin Grünebaum war gelernter Schneider und hatte zunächst ein Konfektionsgeschäft am Marktplatz. Er wohnte mit seiner Frau Lina im Haus Wittgenborger Straße 95. Später führte er den Viehhandel seines Bruders Jakob weiter, der im ersten Weltkrieg gefallen war, und stand an führender Stelle der Arbeiter- und Mittelstandsliste. Benjamin sorgte in den 1920er Jahren als Erster Vorsitzender des Main-Kinzigtaler Viehhändler-Vereins ganz wesentlich für den Aufschwung der Viehmärkte und war vor 1930 neben dem Bürgermeister von Wächtersbach deren Hauptförderer. Da diese sich 1933 nahezu vollständig in jüdischer Hand befanden, waren sie in der Folge den starken Repressionen, Verfolgungen und Anfeindungen der Nationalsozialisten solange ausgesetzt, bis mit dem letzten jüdischen Viehmarkt am 17. Juli 1935 diese Einrichtung völlig verschwand. Vom Ende dieser Tradition, die auf das Jahr 1768 zurückgeht, wird folgendes berichtet: Am 17. Juli 1935 drangen 'spontan' Horden in Zivil ein, wohl meist SA-Leute, die auf die wehrlosen jüdischen Händler einschlugen und mit ihren genagelten Schuhen Menschen und Vieh malträtierten. Die Juden kletterten über den Zaun und versuchten, sich in Häusern und Scheunen zu verbergen. Einem Juden wurde das Auge ausgestochen. Die Tiere band man los, und sie liefen auf die Felder und die Wiesen bis an die Kinzig und den Wal… Das war das Aus für ein weitgehend von Juden initiiertes und getragenes Viehhandelsunternehmen, das der Stadt und ihren Bewohnern beträchtliche Einnahmen gebracht hatte. Der Vorsitzende Benni Grünebaum emigrierte nach Südafrika und baute dort mit seinem Sohn Alfred eine große Rinderfarm und Molkerei auf. Andere Viehhändler aber, Max Sonn am Obertor, die Levis und Familie Adolf Grünebaum aus der 'Küfersburg' kamen in Vernichtungslagern um. Heute erinnert an diese Tradition nur noch der Standort…"

       
       
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Lehrlingssuche des gemischten Warengeschäftes von David Loebenberg (1890)  

Waechtersbach Israelit 27111890.jpg (35341 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1890: "Ich suche für mein am Samstage und israelitischen Feiertagen streng geschlossenes, gemischtes Warengeschäft einen Lehrling aus guter Familie, Kost und Logis im Hause. David Loebenberg, Wächtersbach."  

    
     
     
Zur Geschichte der Synagoge   
       
Die Synagoge von 1895 einen Vorgängerbau, der sich von etwa 1700 bis 1895 in einem Hintergebäude in der Schlossgasse 5 befand (nicht mehr erhalten). 
 
Um 1890 plante die jüdische Gemeinde einen Neubau. Die Ausführungspläne lagen im Mai 1894 beim Landesbauinspektor vor. Wenig später konnte gebaut werden. Die Einweihung erfolgte 1895 durch Provinzialrabbiner Dr. Koreff (Hanau).  
 
Bei dieser neuen Synagoge handelte es sich um einen Saalbau, einen Massivbau aus verputztem Steinmauerwerk mit einem steilen Satteldach und einem charakteristischen treppenförmigem Schildgiebel auf beiden Querseiten. 
 
Im Sommer 1938 verkaufte der letzte Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Wächtersbach, Hermann Loebenberg, das Synagogengebäude für 8.000 RM und verzog nach Frankfurt am Main (10. August 1938). Von der Verkaufssumme von 8.000 RM wurden 5.000 RM an die Gemeindemitglieder verteilt; der Rest von 3.000 RM der Gemeinde Hanau gegeben unter der Bedingung, für das Instandhalten des Friedhofes in Aufenau aufzukommen. Die rituellen Gegenstände wurden teilweise nach Hanau, teilweise nach Frankfurt gebracht. Der Tora-Schrein und das Vorbetepult wurden auf dem Friedhof in Aufenau begraben.   
  
In den 1950er-Jahren erwarb die Raiffeisengenossenschaft die ehemalige Synagoge und das Schulhaus der Gemeinde. Letzteres wurde abgebrochen und ein von der Straße zurückliegender Neubau (Bankgebäude) an dessen Stelle erbaut. Die ehemalige Synagoge wurde als Verkaufslager der Raiffeisengenossenschaft verwendet. 1981 bis 1983 wurde die ehemalige Synagoge zu einem Bürohaus der Raiffeisenbank umgebaut und baulich mit dem daneben bestehenden Bankgebäude verbunden, das gleichfalls nochmals umgebaut worden ist. Verschiedene Hinweis- und Gedenktafeln sind angebracht. Seit einigen Jahren ist die Bank ausgezogen; in den Gebäuden sind Büros beziehungsweise eine Rechtsanwaltskanzlei eingezogen.  
   
   
Adresse/Standort der Synagoge: Bleichgartenstraße 6, ehem. Hindenburgstraße  
   
   
Fotos
(Quelle: wie angegeben; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.3.2009)  

Bauskizze 1894 und Rekonstruktionszeichnung
(Quelle der Bauskizze: Jürgen Ackermann, Wächtersbach; rechts Altaras 1988 S. 163)
Waechtersbach Synagoge 119.jpg (128563 Byte) Waechtersbach Synagoge 120.jpg (65600 Byte)
  Bauskizze der 
Wächtersbacher Synagoge 
"mit Schule und Lehrerwohnung"
Rekonstruktionszeichnung der 
ehemaligen Synagoge mit dem
 charakteristischen treppenförmigen
 Schildgiebel auf beiden Querseiten.
     
Foto und Grundrisszeichnung 
(Quelle für das Foto: Website von Gudrun Kauck;
 Rekonstruktionszeichnung aus
 Altaras 1988 S. 163)
Waechtersbach Synagoge 110.jpg (28719 Byte) Waechtersbach Synagoge 121.jpg (35005 Byte)
  Foto um 1900: rechts die ehemalige
 Synagoge, erkennbar am Treppengiebel 
Grundriss des Erdgeschosses der Synagoge
 (Rekonstruktionszeichnung)
     
Das umgebaute Synagogengebäude
(Quelle: Altaras 1988 S. 163)
Waechtersbach Synagoge 122.jpg (80385 Byte) Waechtersbach Synagoge 123.jpg (66302 Byte)
  Webseite der 
ehemaligen Synagoge 
Ostseite der ehemaligen Synagoge 
mit neuem Anbau 
         
Waechtersbach Synagoge 176.jpg (59180 Byte) Waechtersbach Synagoge 170.jpg (63636 Byte) Waechtersbach Synagoge 177.jpg (55412 Byte)
Blick auf die Ostseite der 
ehemaligen Synagoge 
Die Westseite der ehemaligen Synagoge 
mit dem erhaltenen Risalit des Einganges 
Ostseite der ehemaligen Synagoge 
mit neuem Anbau 
     
Waechtersbach Synagoge 179.jpg (59440 Byte) Waechtersbach Synagoge 172.jpg (56695 Byte) Waechtersbach Synagoge 173.jpg (58103 Byte)
Das Gebäude der 
ehemaligen Synagoge 
Risalit des Eingangs 
aus rotem Sandstein 
Über dem Eingangsportal: hebräische
 Inschrift (Haus des Gebets...) und
 Rundbogenfenster (früher Rosette) 
      
           
Waechtersbach Synagoge 175.jpg (87021 Byte) Waechtersbach Synagoge 171.jpg (75297 Byte) Waechtersbach Synagoge 180.jpg (70792 Byte)
Hinwestafel: "In Wächtersbach bestand seit dem Jahre 1690 eine jüdische Gemeinde. 1933 gehörten ihr 58 Juden an. 13 von ihnen wurden in Vernichtungslagern umgebracht; die anderen mussten vor dem nationalsozialistischen Terror ins Ausland fliehen. Wir gedenken unserer jüdischen Mitbürger und ehren ihre Toten. Stadt Wächtersbach - November 1998". Hinweistafel: 
"Synagoge 1895-1938".
  
  
Hinweistafel: "Historisches Wächtersbach -
 Synagoge der jüdischen Gemeinde (1895-1938),
 Jüdische Religionsschule und Ritualbad
 (1910-1935)
   
  
  
 
         
     
Weitere Dokumente
(Quelle)
Waechtersbach Dok 011.jpg (60684 Byte) Waechtersbach Dok 010.jpg (50091 Byte)
  Symbolische Darstellung der Chuppa 
(1856) (© Jürgen Ackermann)  
Reisepass von Else Grünbaum 
(© Jocelyn Hellig, Johannesburg RSA) 

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

November 2009: Gedenkstunde zum Jahrestag des Novemberpogroms 1938  
Artikel im "Gelnhäuser Tageblatt" vom 11. November 2009 (Artikel): "Wächtersbach. Opfer von Verfolgung und Rassenwahn. 
Jahrestag der Pogromnacht: 13 Kerzen brennen bei Gedenkfeier vor der ehemaligen Wächtersbacher Synagoge. 

(ll). Christen beider Konfessionen, Kommunalpolitiker der Stadt mit Bürgermeister Rainer Krätschmer an der Spitze und Mitglieder aller im Wächtersbacher Parlament vertretenen Parteien sowie der Linken gedachten am Abend des 9. November vor der ehemaligen Synagoge in der Bleichgartenstraße der Pogromnacht vom November 1938 und der 13 jüdischen Mitbürger der Stadt, die den Verfolgungen durch den nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer fielen..."     

       
        
Links und Literatur

Links: 

Website der Stadt Wächtersbach    
Zur Seite über den jüdischen Friedhof in Aufenau (interner Link)   
Website des Heimat- und Geschichtsvereins Wächtersbach e.V.  
Seite über "Wächtersbacher Viehmärkte"  des Goethe-Institutes Südafrika  
Website von Gudrun Kauck mit Seite zu Wächtersbach, alte Fotos    

Quellen

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Wächtersbach 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Wächtersbach sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,845   Sterberegister der Juden von Wächtersbach  1826 - 1874      https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3732274      
HHStAW 365,843   Geburtsregister der Juden von Wächtersbach  1826 - 1878    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2924731      
HHStAW 365,844   Trauregister der Juden von Wächtersbach  1829 - 1874         https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2083541             
HHStAW 365,846   Verzeichnis der jüdischen Männer in der Synagogengemeinde Wächtersbach  1850 - 1850: Namensverzeichnis der jüdischen Söhne und ihrer Väter mit Angaben zum Gewerbestand und den Geburtsdaten der Söhne; enthält auch Angaben zu Personen aus Hesseldorf, Schlierbach und Wittgenborn     https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1900021       

Literatur:  

Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd.  
Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 162-164.   
dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 139. 
Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 227-228. 
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 477-478.   
Jürgen Ackermann: 1768-1935: Die Wächtersbacher Viehmärkte. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 3, 8/1984.  
ders.: 1690-1750: Die Judenschule in Wächtersbach. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 4a, 8/1984.
ders.: 1816-1866: Die Judenschule in Wächtersbach in kurhessischer Zeit. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 4b, 8/1984. 
ders.: Jüdische Familien in Wächtersbach. Wächtersbacher. Januar 1984. 
ders.: Die Wächtersbacher Synagoge. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 28, 8/1986. 
ders.: Von den Anfängen der Wächtersbacher Judenschaft und ihrem Ende in nationalsozialistischer Zeit. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 72, 1/1989. 
ders.: Die Taufe eines "Judenmädgens" in Wächtersbach. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 77, 8/1989 und Mitteilungsblatt Heimatstelle Gelnhausen, MKK. GN 1/89.
ders.: Zum Gedenken an die Wächtersbacher Judengemeinde. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 147, 8/1994 und Brachttal-Nachrichten Nr. 30-32.
ders.: Synagoge und Judenschule in Wächtersbach. Das wechselvolle Schicksal zweier Gebäude. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 269, 1/2003.
ders.: Von Juden und Hofjuden in dem Wächtersbacher Ländchen. In: Heimatjahrbuch des Kreises Gelnhausen 2003. 

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Waechtersbach  Hesse-Nassau. Established before 1690, the Jewish community dedicated its third synagogue in 1895 and was affiliated with the rabbinate of Hanau. Its population remained constant (about 5 % of the total) for many years - 62 in 1835 and 55 in 1925. Jews played a dominant role in the cattle trade and after Nazis attacked them in July 1935 the market closed down. By August 1938 all the Jews had left, some emigrating, and the community disbanded.  
   
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 18. Mai 2016