Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Arheilgen (Stadt Darmstadt)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Berichte aus dem jüdischen Gemeindleben  
Berichte über Persönlichkeiten aus der jüdischen Gemeinde  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Kennkarte aus der NS-Zeit    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)      
    
In Arheilgen bestand eine jüdische Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. Spätestens in der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde eine erste jüdische Familie aufgenommen. Am Anfang des 17. Jahrhunderts gab es fünf jüdische Familien am Ort, am Ende des Jahrhunderts (1696) waren es wieder sechs Familien. Dazwischen hatte der Dreißigjährige Krieg auch für die jüdischen Einwohner schlimmste Not und Vertreibung mit sich gebracht (1628 beantragte der aus seinem Heimatort geflohene Hayum aus Arheilgen Niederlassungsrecht beim Mainzer Domkapitel). 1776 wurden neun jüdische Familien gezählt.   
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1802 13 jüdische Familien, 1828 111 jüdische Einwohner, 1861 98 (4,3 % von insgesamt 2.265 Einwohnern; um 1865 mehrere Familien Kahn, Adler, Simon, Bauer, vgl. Spendenliste 1865 s.u.), 1880 48 (1,5 % von 3.155), 1900 31 (0,7 % von 4.408), 1910 24 (0,4 % von 6.391). Zwischen 1823 und 1876 wurden nach den erhaltenen jüdischen Standesamtsregistern Arheilgen im Blick auf die jüdischen Familien 172 Geburten, 85 Sterbefälle und 38 Eheschließungen registriert.     
    
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.) mit einem jüdischen Gemeindehaus, eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof Groß-Gerau beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle 1870/71). Der 1839 in Arheiligen geborene Journalist Josef Oppenheim (siehe unten) war Sohn des damaligen jüdischen Lehrers in Arheiligen. Von jüdischen Vereinen wird bereits 1843 am Ort ein Israelitischer Kranken-Verpflegungsverein genannt (Jahrbuch der Jüdisch-literarischen Gesellschaft 1929 S. 207). Die Gemeinde gehörte nach dem Verzeichnis 1924 zum orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt II, nach dem Verzeichnis 1932 zum liberalen Bezirksrabbinat Darmstadt I.  
 
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1888/1901 H. Adler.
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Leopold Kahn (geb. 8.7.1877 in Arheilgen, vor 1914 in Freiburg i.Br. wohnhaft, gef. 13.1.1916).    
    
Um 1924, als noch 23 jüdische Einwohner am Ort gezählt wurden (0,3 % von insgesamt 7.619 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Aron Reinhardt, J. Simon  und Leopold Harlsberg. Den Religionsunterricht für die vier schulpflichtigen Kinder der jüdischen Gemeinde erteilte Lehrer Elias Hauser aus Darmstadt. Als Schochet war Jakob Fränkel tätig. Er hatte das Amt auch in umliegenden Orten wie Gräfenhausen inne. 
   
1933 lebten noch 24 jüdische Personen in Arheilgen (0,3 % von 8.263). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bereits am 5. März 1933 war es (wie auch in Darmstadt) zu antisemitischen Ausschreitungen gekommen. Unter anderem musste der schwerkranke Heinrich Wechsler mit einer Hakenkreuzfahne Spießruten laufen; er starb an den Folgen am 21. März 1933. Beim Novemberpogrom 1938 überfielen SA- und NSDAP-Leute die Wohnung der Familie Wechsler in der Felchesgasse. Danach drangen sie gewaltsam in das Haus in der Obergasse ein, in dem Aron Reinhardt (einige Jahre zuvor noch Herausgeber des "Arheilger Anzeigers") mit seiner 32-jährigen Tochter Johanna wohnte. In ihrer Todesangst stürzte sich Johanna Reinhardt aus dem Fenster; zwei Tage später starb sie an einer Rückgratverletzung. Ihr Vater erhängte sich unmittelbar nach der Nachricht vom Tode seiner Tochter. In der Hundsgasse warfen die Nationalsozialisten einen Stein durch die Fensterscheiben, der Dora Stern am Kopf traf; wenige Tage später starb sie im Jüdischen Krankenhaus in Mainz. 1939 wurden noch 15 jüdische Einwohner gezählt.  
       
Von den in Arheilgen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emma Friedländer geb. Hirsch (1862), Bettche (Betty) Kahn (1868), Rosa (Rosalie) Lorch geb. Simon (1876), Aron Reinhardt (1871), Johanna (Hanna) Reinhardt (1903), Betty Reiß geb. Simon (1874), Alexander Sander (1857), Jenny (Jettchen) Simon (1875), Dora Stern (1870), Auguste Wechsler geb. Simon (1870), Heinrich Wechsler (1901), Lina Wechsler geb. Plaut (1893), Siegfried Wechsler (1893)m Adolf (Adolph) Wolff (1869).   
  
An den jüdischen Bäcker und Getreidehändler Heinrich Wechsler (1901-1933) erinnert seit dem 13. März 1974 in Arheilgen die "Wechslerstraße". Auch wurden für ihn und seine in Auschwitz ermordete Mutter Auguste geb. Simon im November 2009 vor dem Haus Felchesgasse 2 "Stolpersteine" verlegt. Weitere "Stolpersteine" wurden in Arheiligen verlegt vor dem Gebäude Frankfurter Landstraße 54 für Lina und Siegfried Wechsler sowie für vor dem Gebäude Aron-Reinhardt-Straße 2 (frühere Obergasse) für Aron Reinhardt und seine Tochter Johanna Reinhardt. 
Vgl. Liste der "Stolpersteine" in Darmstadt http://www.dfg-vk-darmstadt.de/Lexikon_Auflage_2/Stolpersteine.htm.   
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers / Vorbeters / Schochet 1870 /1871  

Arheiligen Israelit 08061870.jpg (40636 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1870: "Die israelitische Gemeinde Arheiligen bei Darmstadt beabsichtigt, einen Lehrer und Vorbeter aufzunehmen. Fixer Gehalt 250 Gulden nebst 14 Gulden für Heizung des Schullokals und freie Wohnung. Durch die Nähe der Residenzstadt ist dem anzustellenden Lehrer, im Fall derselbe sich musikalische Ausbildung will, Gelegenheit zur Fortbildung geboten. Zeugnisse sind an den unterzeichneten Vorstand franco einzusenden. Simon Fs. Kahn."  
   
Arheiligen Israelit 14061871.jpg (44106 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juni 1871: "Die hiesige israelitische Gemeinde beabsichtigt, einen Lehrer und Vorbeter aufzunehmen. Die Stelle hat einen fixen Gehalt von 250 Gulden nebst 15 Gulden für Heizung des Schullokals und freie Wohnung; ist auch mit Nebeneinkommen verbunden. Die Bewerber um diese Stelle wollen sich bei dem unterzeichneten Vorsteher portofrei melden. Die Stelle kann gleich besetzt werden. Arheiligen. Simon Js. Kahn".

    
   
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Ergebnis einer Spendensammlung in der Gemeinde (1865)   
Anmerkung: die jüdischen Gemeinden sammelten regelmäßig für die unterschiedliche Zwecke; viele Ergebnisse solcher Sammlungen wurden in jüdischen Periodika bekanntgegeben.        

Mitteilung in "Der Israelit" vom 27. September 1865: "Durch Isaac Oppenheimer in Arheiligen gesammelt: Simon Kahn 2 fl. 42 kr., Simon Adler 1 fl., Aaron Adler, Witwe 1 fl., Marx Kahn 30 kr., Joseph Kahn 1 fl, Joseph Adler, Moses Adler 30 kr., E. Adler 18 kr., A. Simon 18 kr., D. Bauer, Witwe 30 kr., A. Kahn, 30 kr., I. Oppenheimer 30 kr., zusammen 9 fl. 36 kr., abzüglich Porto 9 fl. 27 kr.".  

   
   
Berichte über Persönlichkeiten aus der jüdischen Gemeinde         
Zum Tod des aus Arheiligen stammenden Journalisten und Redakteurs Josef Oppenheim (1839 Arheiligen - 1900 Baden bei Wien)    
Anmerkung: vgl. - https://www.deutsche-biographie.de/pnd11713726X.html?language=en  
- Geschichte Wien - Wiki:  https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/index.php?curid=25311   
- https://apis.acdh.oeaw.ac.at/person/53476     

Artikel in "Der Gemeindebote" vom 20. Juli 1900: "Wien, im Juli. Einer der hervorragendsten und beliebtesten Redakteure der 'Neuen Freien Presse', Josef Oppenheim, ist am 12. dieses Monats in Baden gestorben. Josef Oppenheim war in Arheiligen bei Darmstadt als Sohn eines jüdischen Lehrers im Jahre 1839 geboren. Er begann seine journalistische Laufbahn bei der 'Ostdeutschen Post'. Hierauf kam er zur 'Presse' und später zur 'Deutschen Zeitung'. Im Jahre 1872 kam Oppenheim zur 'Neuen Freien Presse'. Seinen glänzenden Ruf begründete er durch die Veröffentlichung seiner 'Briefe einer Schauspielerin', die wegen ihres Geistes und Witzes viel gelesen wurden..."     

    
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeige des Buchdruckers A. Reinhard (1903)       

Arheiligen Israelit 08011903.jpg (30505 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1903: "Buchdrucker-Lehrling gesucht. Schabbos und Jomtof (= Feiertag) frei. 
A. Reinhard, Arheilgen - Darmstadt". 

   
Haushaltshilfe von M. Barczynski gesucht (1921)       

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 16. Juni 1921: "Ein ehrliches, braves Mädchen für einen kleinen, rituellen Haushalt per sofort gesucht. Älteres Fräulein bevorzugt.
M. Barczynski, Arheiligen
bei Darmstadt, Dieburger Straße 8." 

                 

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten der aus Arheilgen
 stammenden Rosa Lorch geb. Simon
 
 Arheilgen KK MZ Lorch Rosa.jpg (89762 Byte)  
  Rosa (Rosalie) Lorch geb. Simon ist am 1. Mai 1876 in Arheilgen geboren. Sie lebte später in Dieburg. Am 25. März 1942 wurde sie ab Mainz über Darmstadt in das Ghetto Piaski deportiert. Sie ist umgekommen.     

 
  
  
Zur Geschichte der Synagoge             
    
Die Synagoge in Arheiligen wurde 1799 eingeweiht. Bei dieser Einweihung bekam die Gemeinde Probleme mit dem zuständigen Landrabbiner Callmann Mengenberg, da sie gegen das Verbot des Rabbiners eine Tanzveranstaltung zur Synagogeneinweihung erlaubte.
   
Landrabbiner Callmann Mengenburg versucht vergeblich, eine Tanzveranstaltung zur Einweihung der Synagoge zu unterbinden (1799, Bericht von 1929)      

Artikel im "Jahrbuch der Jüdisch-literarischen Gesellschaft" 1929 S. 187: "Landrabbiner Callman Mengenburg war streng gesetzestreu und auf Erhaltung der Ordnung im Rabbinats Bezirk. Unter anderem liegt eine Eingabe des Rabbinats an den Landgrafen aus dem Jahre 1799 vor um Schutz der Autorität seines Amtes. Als Oberlandrabbiner beklagt er sich über die Juden von Arheiligen, die bei der Einweihung der neuen Synagoge zu Arheiligen gegen sein Verbot getanzt hatten und dafür mit zwei Taler Strafe - halb gnädigster Herrschaft verfallend -belegt worden waren. Das Verbot hatte er deshalb erlassen, 'weil dabei immerhin solche Exzesse unterlaufen, die mit der Feierlichkeit einer solchen Handlung in strackstem Widerspruch stehen, sowie darum auch solche mit den noch fortdauernden kriegerischen Zeitläuften1, wo unnötiger Aufwand, Luxus und Verschwendung am unrechten Orte angebracht sind, sich gar nicht räumen lassen2. Da der Befehl des Rabiners nicht befolgt wurde, so bat dieser zur Erhaltung von Zucht und Ordnung bei den Judengemeinden, welche dann doch mit der Erhaltung des status politicis in die engsten Bande geschlagen ist, zur Erledigung der andiktierten zwei Thaler Geldbuße gnädigst anhalten zu lassen.
1) es war die Zeit der Koalitionskriege, wobei Hessen wiederholt von den Franzosen besetzt wurde.
2) soll wohl heißen 'vermeiden' lassen."   

1903 wurde die Synagoge umfassend renoviert, worüber ein Bericht vorliegt: 
   
Renovierung der Synagoge 1903  

Arheiligen FrfIsrFambl 11091903.jpg (51557 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. September 1903: "Arheilgen bei Darmstadt. Die Synagoge der hiesigen israelitischen Gemeinde, die einer gründlichen Renovierung unterworfen war, ist nun soweit fertig gestellt und macht dieselbe infolge des neuen Verputzes einen recht schönen Eindruck. Schwerlich wäre die israelitische Gemeinde in der Lage gewesen, die Synagoge auf eigene Rechnung dergestalt zu errichten, wenn nicht ein Wohltäter, der der eigentliche Veranlasser war, sich erboten hätte, 500 Mark beizusteuern."    

Beim Novemberpogrom 1938 war das Synagogengebäude bereits in nichtjüdischem Besitz. Sie war kurz zuvor verkauft worden. In der kurzen Mitteilung wird auch auf das Gemeindehaus der jüdischen Gemeinde hingewiesen, das gleichfalls im Sommer 1938 verkauft wurde. Der Verkaufserlös kam bedürftigen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde Arheilgen zugute. Über die Bedürftigkeit entschied das Rabbinat in Darmstadt.     
 
Verkauf des Synagogengebäudes im Sommer 1938    

Mitteilung im "Israelitischen Familienblatt" vom 15. September 1938:  "Darmstadt-Arheiligen. Infolge starken Rückganges der jüdischen Gemeinde wurde unsere Synagoge nebst Gemeindehaus dieser Tage verkauft.  "  

 
Im September 1944 brannte das Synagogengebäude ab - der Sohn von August Lücker hatte sie angezündet.  
  
  
Adresse/Standort der Synagoge  Kleine Brückenstraße 14 (früher Kleine Hundsgasse)  
   
   
Fotos 

Eine Rekonstruktion und Grafik der Synagoge in Arheiligen siehe
Beitrag von Helmut W. Diedrichs, zugänglich über Link unten Literaturübersicht.
 
     
Jüdischer Friedhof in Darmstadt
Grabstein für den 1933 auf Grund der Folgen
 der antisemitischen Ausschreibungen
 verstorbenen Heinrich Wechsler
  
(Foto: Siegmund Krieger)  
 Darmstadt Friedhof Grab Wechsler DSC09998.jpg (212548 Byte)  
     

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
  

November 2009: In Arheilgen werden "Stolpersteine" verlegt   
Artikel von Annette Wannemacher-Saal in "Echo online" vom 12. November 2009 (Artikel): "Stolpersteine für die Arheilger Opfer
Gedenken: An drei Häusern werden jeweils zwei Pflastersteine verlegt, um an die verfolgten jüdischen Bürger zu erinnern.  
'Ein Tag der Schande ' sei der 10. November 1938 für Arheilgen gewesen. 'Nun soll es ein Tag des Gedenkens sein', sagt am Dienstag Horst A. Härter vom Arheilger Geschichtsverein..."      
   
August 2010: Ausstellung über Pfarrer Karl Grein (1881-1957)      
Artikel in "Echo online" vom August 2010 (Artikel): "Unbeugsam im Widerstand: Ausstellung über Pfarrer Karl Grein. 
DARMSTADT.
Er ließ sich von dem nazihörigen Darmstädter Bischof nicht aus dem Amt jagen und bereitete die Neugründung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nach dem Krieg vor: Eine Ausstellung in Darmstadt-Arheilgen würdigt das Leben des Pfarrers Karl Grein (1881-1957) an dem Ort seines jahrzehntelangen Wirkens..."    
   
Mai 2018: Verlegung von "Stolpersteinen" in Arheiligen zur Erinnerung an die Familie Karlsberg  
Anmerkung: In der Darmstädter Straße 3 wurden drei Stolpersteine zur Erinnerung an die Familie Karlsberg verlegt.   
Artikel von Bettina Bergstedt in "Echo online" vom  17. Mai 2018: "Erinnerung an Familie Karlsberg.  
ARHEILGEN - Erna führte ein Leben wie alle Mädchen ihres Alters: Sie ging in Arheilgen zur Schule, wurde mit 17 Jahren Lehrmädchen, 'aber plötzlich änderte sich alles, plötzlich spielte es eine Rolle, dass sie Jüdin war'. So berichtet eine Schülerin der Klasse G9a der Stadtteilschule Arheilgen, 'da war sie gerade mal zwei Jahre älter als ich.' In Darmstadt waren nationalsozialistische Tendenzen früh zu spüren; bereits im März 1933 erzielte die NSDAP bei der Wahl 50 Prozent der Stimmen; es kam zu ersten Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. 1934 machte sich Erna Karlsberg deshalb allein auf den Weg nach New York. Die Eltern schickten sie auf eine ungewisse Reise, weil sie sich für ihre Tochter eine lebenswerte Zukunft wünschten. Martha folgte ihrer großen Schwester vier Jahre später: Sie war 15 Jahre alt, als sie 1938 über Hamburg, die Niederlande und London nach New York floh – ebenfalls ohne Begleitung. Johanna und Leopold Karlsberg, die Eltern der Mädchen, blieben und wurden am 25. März 1942 ins jüdische Ghetto nach Piaski deportiert und später für tot erklärt. Als die Schüler in der siebten Klasse anfingen, sich im Unterricht mit dem Thema 'Judentum in Geschichte und Gegenwart' auseinanderzusetzen, stießen sie auf die Familie Karlsberg und beschlossen, nicht nur für Johanna und Leopold Stolpersteine im Stadtteil zu verlegen, sondern auch für Erna und Martha, die den Holocaust in Amerika überlebten. 'Denn Opfer sind Ermordete wie Verfolgte und Geflüchtete', sagen die Schüler bei der kleinen Gedenkfeier anlässlich der Stolperstein-Verlegung in der Darmstädter Straße in Arheilgen. Dort hat die Familie Karlsberg einmal gelebt; der Vater verkaufte Schuhwerk mit einem Fuhrwerk und im eigenen kleinen Laden. Viele Menschen sind zur Verlegung der Stolpersteine gekommen. Anwohner sind da, Interessierte, ehemalige Schüler, die im Hof und bis auf die Straße hinaus stehen. Die Klasse hat im Religionsunterricht mit ihrer Lehrerin Ulrike Volke ein kleines Programm auf die Beine gestellt. 'Nicht immer sind Hausbesitzer begeistert, wenn sie hören, dass vor ihrem Haus Stolpersteine verlegt werden sollen', meint Volke. Im Hof am Haus in der Darmstädter Straße werden die Anwesenden sogar bewirtet. Sechstklässler spielen auf Blasinstrumenten; die Klasse G 9a berichtet über das Leben der Familie; vier Steine werden in das vorbereitete Loch im Gehweg gesetzt, festgeklopft und verfugt. Vier Rosen legen die Schüler zu den Steinen, und alle gemeinsam singen 'Die Moorsoldaten', jenes Lied, das Häftlinge des Konzentrationslagers Börgermoor (Emsland) 1933 verfassten. 'Erinnern – warum?/Ich bin nicht schuldig!/Ich kenne niemanden ... will unbelastet in die Zukunft gehen”, zitieren Frauke, Robin, Philip und Merle aus einem Gedicht. Dabei gibt es immer noch Vertreibung und Flucht. Auch Sara gehört inzwischen zur G9a, die Kuchen gebacken und verkauft hat, um die Stolpersteine spenden zu können. Sie ist vor einem Jahr aus Syrien geflüchtet.
Mit Blumen aus Eberstadt.
Natürlich gehe sie die Vergangenheit etwas an, bemerken Lotta und Ismail später. 'Ausgrenzung passiert noch heute.' Die Adresse der vermutlich schon verstorbenen Schwestern konnten sie nicht ausfindig machen, sonst hätten sie Kontakt aufgenommen. 'Ich bin verantwortlich, was sein wird, nicht was war', endet das Gedicht, 'hoffentlich erinnern wir uns'.
Zwei Schwestern der evangelischen Marienschwesternschaft sind mit Blumen aus Eberstadt zur Feier gekommen, Schwester Laurentia sagt am Rande: 'Erinnern reicht nicht, die Menschen müssen sich ändern.'"  
Link zum Artikel  

       

   
Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Stadt Darmstadt   
bulletWebsite des Stadtteils Arheilgen 
bulletWikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Darmstadt-Arheilgen     
bulletWebsite des Arheilger Geschichtsvereines  
Hinweis auf den Seiten dieses Vereins: Ein Arbeitskreis / Projekt Stolpersteine beschäftigt sich in Arheilgen mit dem Leben und dem Schicksal der jüdischen Familien Arheilgens. Ansprechpartner: Prof. Helmut Castritius Tel. 06151-376112 / Herr Michael Grundmanns Tel. 06151/9509874. 

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 46.
bulletKeine Artikel bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und dies. Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994.  
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 54-55.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 80-81.  
bulletW. Andres: Alt-Arheilgen. Geschichte eines Dorfes. Darmstadt 1978 S. 206-213.  
bulletHelmut W. Diedrichs: Die Arheilger Synagoge. Publikation der Arheilger Geschichtsvereins. Version vom 19.5.2022 - online eingestellt

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Arheilgen  Hesse. Established around 1800, the community numbered 111 in 1828 but dwindled to 24 (0,4 % of the total) in 1910. The Nazis, who failed to gain wide support in Arheilgen before 1933, organized murderous outrages in Kristallnacht (9-10 November 1938). The synagogue (previously acquired by non-Jews) remained intact, but Torah schrolls removed to Darmstadt were burned there. Some of the remaining Jews emigrated; others perished in the Holocaust. 
   
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020