Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Dillingen (Kreis Saarlouis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
Zur Geschichte des Betsaales/ der Synagoge   
Pläne / Fotos  
Links und Literatur    

      
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)           
    
In Dillingen bestand eine jüdische Gemeinde zwischen 1903 und 1935. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 19. Jahrhunderts zurück. Im 18. Jahrhundert erhielt zunächst (1721) nur eine jüdische Familie Wohnrecht, später wurde es eine zweite Familie. Seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts (Dillingen gehörte ab 1815 zu Preußen) zogen weitere jüdische Personen zu (1824 17 Personen), die zunächst zur jüdischen Gemeinde in Nalbach gehörten. 
 
1895
wurden 37, 1900 wurden 46 jüdische Einwohner gezählt. Durch den starken wirtschaftlichen Aufschwung Anfang des 20. Jahrhunderts nahm auch die Zahl der jüdischen Einwohner zu: 1925 waren es inzwischen 140 Personen (1,5 % von insgesamt etwa 9.500 Einwohnern).  
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Adolf Maier (geb. 9.3.1894 in Müllheim, vor 1914 in Dillingen wohnhaft, gef. 22.9.1915) und Eugen Samuel (geb. 5.6.1893 in Brotdorf, vor 1914 in Dillingen wohnhaft, gef. 16.10.1916).        
  
Um 1925
bildeten den Vorstand der jüdischen Gemeinde Cerf Alkan, Adolf Hoffmann und Gottfried Levy. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk in Trier. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem Friedhof in Diefflen beigesetzt. Die 1925 12 schulpflichtigen jüdischen Kinder erhielten Religionsunterricht durch Lehrer Josef Heß in Saarwellingen. An jüdischen Wohlfahrtsvereinen bestanden eine Chewra Gemilut Chessed, eine Chewra der Frauen (Frauenverein) und eine Chewra Zdoko.
  
1925 gehörten auch die in Pachten lebenden drei jüdischen Einwohner zur jüdischen Gemeinde in Dillingen. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Adolf Hoffmann, Rudolf Richard und Nathan Posamentier. Die Repräsentanz hatte neun Mitglieder unter den Vorstehern Moritz Mühlstein, Eugen Levy und Adolf Lipper. Als Lehrer und Kantor wirkte Israel Brandler. Er hatte im Schuljahr 1932/33 27 jüdische Kinder zu unterrichten. Neben den in Pachten lebenden jüdischen Einwohnern gehörten nun auch die in der früheren Muttergemeinde Nalbach zur Dillinger Gemeinde (1932 3 und 11 Personen).   
   
Im März 1935 lebten noch 113 jüdische Personen in der Stadt. Nach der Annektierung des Saargebietes durch das Deutsche Reich 1935 ging die Zahl sehr schnell durch Aus- und Abwanderungen zurück. Zu barbarischen Aktionen kam es durch SS-Leute und andere fanatische Nationalsozialisten in der Pogromnacht im November 1938 in Dillingen, obwohl damals nur noch 14 Juden in der Stadt lebten. So drangen während der Nacht drangen die Horden in die Wohnung der Familie Alexander ein, rissen die Frau aus dem Bett und misshandelten sie vor den Augen der Kinder. Danach wurden die Kinder nackt aus der Wohnung gejagt. Bei einem Nachbarn fanden sie vorübergehend Unterschlupf. Ein jüdischer Greis, dem man Rizinusöl eingeflößt hatte, wurde johlend durch die Stummstraße getrieben, aus dem Altenheim in Pachten eine Jüdin, die sich dort versteckt hatte, herausgeholt und weggeschleppt. Ihr Schicksal blieb unaufklärbar. Geschändet wurde auch der jüdische Friedhof in Diefflen. 
     
Von den in Dillingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emanuel Albert (1889), Adolf Alkan (1877). Siegfried Alkan (1858), Kurt Baldauf (1911), Mathilde Birnbaum (1916), Max(imilian) Birnbaum (1916), Moritz Birnbaum (1908), Alice Cahn geb. Gans (1909), Paul Cahn (1897), Albert Emanuel (1889), Gertrude Hanau (1921), Irma Hanau (1906), Josef Hanau (1883), Laura Hanau (1925), Leo Hanau (1907), Marga Hanau (1926), Martin Hanau (1878), Hildegard Hoffmann geb. Löw (1879), Ludwig Hoffmann (1903), Siegmund Kahn (1894), Auguste Levy geb. Alkan (1878), Auguste Levy geb. Samuel (1881), Belly Levy geb. Samuel (1881), Benjamin Levy (1871), Elfriede Levy (1921), Flora Levy geb. Levy (1912), Helga Levy (1924), Isaak Levy (1867), Lion Levy (1865), Max Levy (1888), Samuel Levy (1866), Simon Levy (1877), Friedel Maurer geb. Levy (1897), Cäcilia Mühlstein geb. Berl (1876), Moses Mühlstein (1877), Liselotte Posamentier (1914), Gerda Salomon geb. Koblenzer (1887), Carla Samson geb. Hoffmann (1906), Jacob Werner (1923).    
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Über die in Dillingen geborene US-amerikanische Künstlerin Hannelore Baron geb. Alexander 
Vgl. http://www.hannelorebaron.net/timeline.html 
Hannelore Baron geb. Alexander ist am 8. Juni 1926 in Dillingen geboren. Ihre Eltern waren Julius Alexander und Frieda geb. Lichtenstein. Julius Alexander hatte eine Textilfabrik und ein Textilwarengeschäft (Hüttenwerkstraße 9). Am 19. Januar 1928 ist Hannelores Bruder Hans geboren. Zunächst besuchte Hannelore die Schule in Dillingen, ab 1936 die jüdische Schule in Saarbrücken, da sie die Dillinger Schule nicht weiter besuchen konnte. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Geschäft von Julius Alexander demoliert; er wurde in das KZ Dachau verschleppt. Die Familie emigrierte nach Frankreich, dann Luxemburg, Mitte 1941 über Spanien, Portugal in die USA, wo sie Unterkunft beim Onkel von Hannelore, Dr. Siegfried Alexander fanden. Über ihre Karriere als Künstlerin siehe über obigen Link oder über den Wikipedia-Artikel https://en.wikipedia.org/wiki/Hannelore_Baron. Hannelore Baron starb am 28. April 1987 in New York City. 
 
   
    

Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Lehrling für die Lederhandlung usw. von David Maier gesucht (1909)  

Dillingen FrfIsrFambl 03121909.jpg (38191 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1909: "Kräftiger Junge mit guter Schulbildung als 
Lehrling gesucht.
 
David Maier,
Lederhandlung, Schäfte und Schuhmacherartikel. 
Dillingen a. Saar."

    
Anzeige des Kaufhauses M. Mühlstein (1916)     

Dillingen FrfIsrFambl 18081916.jpg (36038 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. August 1916: "Lehrling 
mit guten Schulkenntnissen für bald gesucht, Kost und Logis im Hause. 
Kaufhaus M. Mühlstein, Dillingen (Saar)."  

    
Hochzeitsanzeige von Heinrich Maier und Martha geb. Loeb (1922)  

Dillingen Israelit 11051922.jpg (24023 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1922: 
"Heinrich Maier - Martha Maier geb. Loeb. Vermählte.  
Lag b. Omer (= 16. Mai 1922). 
Dillingen (Saar)  Hüttenwerkstr. 31".

  
  
  
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagogen                
   
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (1854) besuchten die in Dillingen lebenden Juden den Betsaal im Haus des Herz Kahn im benachbarten Diefflen. Danach richtete eine der jüdischen Familien in Dillingen in ihrem Haus einen privaten Betsaal ein. 1904 bat die Dillinger jüdische Gemeinde bei den Behörden um Erlaubnis, eine Sammlung zugunsten eines Synagogenbaus durchzuführen. Doch sollte es noch mehrere Jahre dauern, bis man diesen Plan umsetzen konnte. Nach Plänen der Architekten Sommer und Schleich konnte man schließlich 1923/24 eine Synagoge durch den Umbau eines älteren Wohnhauses erbauen. Die Finanzierung war in den Jahren 1923/24 durch die Inflation und ihre Folgen ein schwieriges Problem. Die Festpredigt bei der Einweihungsfeier der Synagoge im April 1924 hielt Rabbiner Dr. Alexander. Ein Artikel aus der "Jüdisch-Liberalen Zeitung" vom April 1924 berichtete davon:  

Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 25. April 1924: "Dillingen. Die Synagogengemeinde Dillingen, der bisher für ihre Gottesdienste nur ein Betsaal zur Verfügung gestanden hatte, konnte jetzt ihre neu erbaute Synagoge ihrer Bestimmung übergeben. In feierlicher Weise fand die Einweihung des neuen Gotteshauses statt, bei der die Festpredigt Rabbiner Dr. Alexander, von dessen Berufung an die Religionsgemeinde Berlin - Gesundbrunnen wir an anderer Stelle berichteten, hielt. Die aufblühende Gemeinde hat sich damit in schwerer Zeit eine würdige Stätte für den Gottesdienst geschaffen."

1931 wurde ein benachbartes Grundstück erworben. Damals dachte man an eine Erweiterung der Synagoge in absehbarer Zeit.
  
1935 wurde die Synagoge nach dem Wegzug eines großen Teiles der Gemeindeglieder geschlossen und verkauft. Dennoch wurde sie durch einen Einsatztrupp von Partei-, SA- und SS-Formationen beim Novemberpogrom am 9./10. November 1938 geplündert und in Brand gesetzt. Zunächst war eine Sprengung beabsichtigt, von der man wegen der Gefährdung der Nachbarhäuser wieder absah. Die Feuerwehr wurde alarmiert, als von der Synagoge bereits nichts mehr zu retten war.
Ein Gedenkstein für die zerstörte Synagoge wurde am 9. November 2003 auf Initiative des Seniorenbeirates der Stadt Dillingen aufgestellt.  
   
   

Standort der Synagoge
Schlossstraße 5  
   
   
Pläne/Fotos  
(Quelle: Landesamt für Denkmalpflege s. Lit. S. 440)  

Pläne zum Umbau eines Wohnhauses zu einer Synagoge in Dillingen 
(Architekten Sommer und Schleich, Juli 1923) 
  
Dillingen Synagoge 011.jpg (113598 Byte) Dillingen Synagoge 012.jpg (84976 Byte) Dillingen Synagoge 010.jpg (114127 Byte)
Seitenansicht  Querschnitt durch die Synagoge  Grundriss der Erdgeschosses 
     
Dillingen Synagoge 013.jpg (94764 Byte) Historische Innenansicht Dillingen Synagoge 005.jpg (69158 Byte)
Grundriss des Obergeschosses mit
 Eintragung der Frauenempore 
und Treppenaufgang  
  Blick in die Apsis der Synagoge
zum Toraschrein 
  
     
Einweihung des Gedenksteines für die Synagoge 
am 9. November 2003 
(Quelle
Dillingen Synagoge 130.jpg (77759 Byte) Dillingen Synagoge 131.jpg (76787 Byte)
          
     
Der Synagogenplatz 
im Frühjahr 2006
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 17.4.2006)
Dillingen Synagoge 100.jpg (102164 Byte) Dillingen Synagoge 101.jpg (113847 Byte)

   
    

Links und Literatur

Links:  

Website der Stadt Dillingen (Saar)  
Zur Seite über den jüdischen Friedhof in Dillingen / Dieffgen (interner Link) 
Website der Synagogengemeinde Saar   

Literatur:   

Eva Tigmann: "Was geschah am 9. November 1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998. S. 41-45.
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 463-464 (mit weiteren Literaturangaben).   
Hanno Krisam: Jüdische Schüler des Realgymnasiums Dillingen. (pdf-Datei - auf der Website des Albert Schweitzer-Gymnasiums Dillingen eingestellt). 
Falls dort nicht erreichbar: Kopie der Datei).      
Hans Peter Klauck: Jüdisches Leben in der Stadt und im Landkreis Saarlouis 1680 - 1940. 956 S. Saarlouis 2016. ISBN 10: 3933926653  ISBN-13: 978-393396654       Preis: 44 € zuzüglich Porto und Verpackung.  
Bestellungen an: Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e.V.   Kreisarchiv Saarlouis   Postfach 1840  66718 Saarlouis Tel.: 0-6831-444425   E-Mail (heimatkunde[et]vfh-saarlouis.de)  
Hinweis: Der Autor Hans Peter Klauck arbeitet seit Jahren an einer Dokumentation aller jüdischen Mitbürger von ihrem ersten Auftreten im Landkreis und der Stadt bis zur letzten Deportation durch die Nazis am 22. Oktober 1940. Im Buch werden 12.483 jüdische Bewohner des Landeskreises dokumentiert mit sehr vielen historischen Fotos und Dokumenten. Die jüdischen Geschäfte und Gewerbe in den einzelnen Orten des Kreises sind ausführlich beschrieben. 
Edgar Schwer: Den jüdischen Gefallenen des Saarlandes 1914-1918 zum Gedenken. In: Saarländische Familienkunde Band 12/4. Jahrgang XLVIII 2015 S. 559-600. Online zugänglich: eingestellt als pdf-Datei.    

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Dillingen Saar. There is evidence from the mid-18th century of a Jewish cemetery. A settlement developed in 1800, numbering 46 Jews by 1900. In the mid-19th century, the Jews attended services in Diefflen, but later had their own minyan in a private home. From the turn of the century, the Jewish population increased because of the town's industrial development, and in 1925 it was 140. In 1924 a synagogue was consecrated, and in 1929 Dillingen became an independent community. When the German Reich annexed the Saarland in March 1935, about half of the 113 Jews in Dillingen emigrated, mainly abroad. The community was disbanded at the end of 1935. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned down and the remaining 14 Jews were maltreated and their homes wrecked. In 1939, there were still three Jews in Dillingen. At least 28 Jews perished in Nazis camps, including those who sought a haven in neighboring countries the Nazis later occupied.  
      
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 16. Mai 2018