Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Gemünden am Main (Main-Spessart-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
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bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
In Gemünden lebten jüdische Familien bereits im Mittelalter. Es ist nicht bekannt, ob es zur Bildung einer Gemeinde gekommen ist. Die Stadt wird als Ort einer Judenverfolgung im Zusammenhang mit der sogenannten "Rindfleischverfolgung" 1298 genannt. Wenig später waren wieder Juden in der Stadt, da nach einem Bericht von 1309 das Kloster Medingen (sehr wahrscheinlich gemeint: Kloster Maria Medingen in Mödingen vgl. Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Mödingen) bereits "lange" bei Juden in Gemünden verschuldet war. 1313 wird Josue von Gemünden in Nürnberg genannt, 1327 werden dort auch Laudem und Abraham von Gemünden erwähnt. Weitere Nennungen von Juden gibt es nicht im Mittelalter. 
   
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück. Damals konnten sich zwei jüdische Familien niederlassen (1655). Es blieb bei der kleinen Zahl von höchstens vier jüdischen Familien mit zusammen 15 bis 20 Personen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (1789 14, 1816 15, 1837 20 jüdische Einwohner). 
   
Bei der Erstellung der Matrikelliste 1817 wurden für Gemünden drei Matrikelplätze festgelegt. Inhaber waren damals (mit bereits neuem Familiennamen, Erwerbszweig und Familienverhältnissen): Samson Samuel Straus (Eisen- und Ellenwarenhandlung, 34 Jahre, mit Frau, ohne Kinder), Samuel Moses Maas (Ellenwarenhandlung, 37 Jahre, mit Frau und drei Kindern), Jacob Löb Schloss (Ellenwarenhandlung und kleine Spezereikrämerei, 40 Jahre, mit Frau und einem Kind).    
   
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zogen - nach Aufhebung des "Matrikelparagraphen" 1861 - einige Familien aus der Umgebung zu, sodass die Zahl der jüdischen Einwohner bis um 1900 zugenommen hat: 1867: 23 jüdische Einwohner (1,3 % von insgesamt 1.836 Einwohnern); 1880: 38; 1890: 90; 1900 100 jüdische Gemeindeglieder (4,6 % von insgesamt 2.187 Einwohnern). Die Gemeinde war orthodox geprägt und gehörte zum Rabbinatsbezirk Bad Kissingen. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Altengronau, Laudenbach und Pfaffenhausen beigesetzt.  
       
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Sigmund Sichel (geb. 9. März 1881 in Gemünden, gef. 30. April 1918). Auf den Gefallenengedenktafeln des Ersten Weltkrieges in der Kapelle des Ehrenfriedhofes am Einmalberg fehlte bis 2014 dieser Name; vermutlich fehlte er auch schon auf dem 1937 erstellten Kriegerdenkmal am 1945 zerstörten alten Rathaus (vgl. Artikel in der Main-Post vom 29. August 2014). Im Oktober 2014 wurde eine kleine Zusatztafel mit einem siebenarmigen Leuchter und dem Namen von Sigmund Sichel ergänzt, dazu die Inschrift: "Die Stadt Gemünden gedenkt ihres im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Mitbürgers, des Soldaten Sigmund Sichel geboren am 9. März 1881, gefallen am 30. April 1918" (vgl. Artikel in der Main-Post vom 26. Oktober 2014).  
         
Um 1925, als 74 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (2,6 % von insgesamt etwa 2.500 Einwohnern), bildeten den Gemeindevorstand die Herren H. Grünebaum, S. Birk und L. Strauß. Den Religionsunterricht der damals drei schulpflichtigen jüdischen Kindern erteilte Lehrer Jacob Weichselbaum aus Adelsberg. 1932 waren 1. Gemeindevorsteher Felix Baumann, Schatzmeister war Leo Schild. Als Lehrer war inzwischen Harry Weinberg tätig (vgl. unten Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen von 1934 und 1935). Er unterrichtete in Gemünden acht jüdische Kinder in Religion, dazu die Kinder in den umliegenden Gemeinden Adelsberg, Lohr und Thüngen. An jüdischen Vereinen bestand ein Israelitischer Frauenverein (Ziel: Wohltätigkeit).   

Gemuenden Rathaus 125.jpg (62068 Byte)1933 lebten noch 67 jüdische Personen in der Stadt. Bis Anfang 1936 verließen nur wenige von ihnen die Stadt. Im Jahr 1936 (nach Erlass der Nürnberger Gesetze im Jahr zuvor) waren es allerdings 20 Personen, einschließlich des Lehrers Harry Weinberg, die von Gemünden verzogen (Harry Weinberg zunächst noch nach Thüngen, s.u.), teilweise auswanderten (sechs in die Vereinigten Staaten). 1937/38 emigrierten acht weitere jüdische Einwohner in die USA, andere verzogen nach Frankfurt am Main. 

Links das alte (kriegszerstörte) Rathaus in Gemünden mit Hakenkreuzfahne und Plakat "Deutsche, kauft nichts bei Juden".
(Foto zur Verfügung gestellt durch Bruno Schneider, Kreisheimatpflege Landkreis Main-Spessart, Gemünden)

Beim Novemberpogrom 1938 wurde von der örtlichen SA die Synagoge verwüstet (s.u.) sowie jüdische Wohnungen aufgebrochen, Inneneinrichtungen zerstört und Wertsachen wie Geld geraubt. In der Folgezeit verließen alle noch in Gemünden lebenden jüdischen Personen die Stadt, sodass von dort aus niemand direkt deportiert wurde. 
   
Von den in Gemünden geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Erna Blum geb. Schild (1886), Heinemann Grünbaum (1865), Heinrich Grünbaum (1894, vgl. Erinnerungsblatt des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Rosa Gutmann geb. Schild (1885), Arthur Kahn (1911), Regina Löb geb. Grünbaum (1894), Laura Sichel geb. Mainzer (1879), Nathan Sichel (1873), Fanni Weinberg geb. Kahn (1913) und vermutlich noch weitere Personen (in den angegebenen schwer recherchierbar, da es in mehreren deutschen Orten mit Namen Gemünden bis in die 1930er-Jahre jüdische Gemeinden gab).
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet (1930)   

Gemuenden Main Israelit 06021930.jpg (44039 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Februar 1930: "Durch Ableben unseres bisherigen Lehrers ist die Lehrerstelle Gemünden - Adelsberg sofort neu zu besetzen. Gehalt erfolgt nach staatlicher Eingruppierung. Seminaristisch gebildete, unverheiratete religiöse Lehrer mit Kabolaus von orthodoxen Rabbinern wollen baldigst Bewerbungen mit Abschrift ihrer Zeugnisse senden an den Vorstand der Israelitischen Gemeinde Gemünden am Main, S. Birk."   

        
Zum Tod von Lehrer Jacob Weichselbaum - Adelsberg (1929)

Adelsberg Israelit 21111929.jpg (114515 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1929: "Adelsberg, 10. November (1929). Lehrer Jacob Weichselbaum hat bei Eingang des Sabbat Paraschat Bereschit (Schabbat mit der Toralesung Bereschit = 1. Mose 1,1 - 6,8, das war Schabbat, 2. November 1929) seine reine Seele ausgehaucht. Von seinem Seminaraustritt bis zu seinem unerwarteten Tode, nahezu 46 Jahre, bekleidete er das Amt eines Religionslehrers dahier sowie in den mitverbundenen Gemeinden Gemünden und Lohr am Main. Unersetzlich ist für uns sein Verlust. Er war ein Mann von gediegenen weltlichen und religiösen Kenntnissen. Ein aufrichtiger Charakter, bescheiden, freundlich, wohltätig. Er genoss großes Ansehen in weiten Kreisen der Bevölkerung. Der Verlust von zwei hoffnungsvollen Söhnen im Weltkrieg, von denen der eine ebenfalls den Lehrerberuf erwählt hatte, hat ihn tief erschüttert. Sein wahrhaftiges Gottvertrauen hielt ihn aufrecht. Seine Beerdigung gestaltete sich zu einer eindrucksvollen Trauerkundgebung, wie sie unser Ort noch nie gesehen hat. Seiner Ehrwürden Herr Rabbiner Dr. Bamberger in Bad Kissingen schilderte tief bewegte den edlen Charakter des Entschlafenen, seine tiefe Religiosität, sein verdienstvolles Wirken in Schulen, Synagoge, Haus und Gemeinde und erteilte ihm zu, Schluss für seine reichen Torakenntnisse den Chawer-Titel. Unter Hinweis auf die Worte der Haftora (Prophetenabschnitt der Woche = 1. Samuel 20,18-42): 'Und er sprach zu ihm: Morgen ist Neumond und man wird dich vermissen, weil dein Sitz leer bleiben wird' (1. Samuel 20,18) rief Oberlehrer Freudenberger von Thüngen dem lieben Jugendfreund und teuren Amtsbruder warme Worte des Gedenkens nach und dankte im Namen des Jüdischen Lehrervereins in Bayern für die unablässige Förderung der idealen Bestrebungen dieser Vereinigung. Tief empfundene Worte des Dankes widmeten dem Entschlafenen Kultusvorstand Birk für die Gemeinde Gemünden und Lehrer Strauß - Lohr für die treueste Pflichterfüllung und für die reichen Erfolge seiner Erzieher- und Lehrtätigkeit. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. F."  

  
Lehrer Harry Weinberg wird nach seiner Zeit in Gemünden Lehrer in Thüngen (1936)
   
Anmerkung: nach Strätz Biographisches Handbuch Würzburger Juden Bd. II S. 659 ist Harry Weinberg 1908 in Sulzbürg als Sohn des Rabbiners Magnus Weinberg geboren, Er studierte 1936 (?) bis 1930 an der ILBA Würzburg. Er konnte noch (wann?) emigrieren und lebte in den 1960er-Jahren in London. Er war verheiratet mit Fanny geb. Kahn (geb. 1913 in Gemünden), die nach der Deportation 1941 in Minsk ermordet wurde.      

Mitteilung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 16. November 1936: "Stellenbesetzungen: Dem Lehrer Harry Weinberg wurde mit Wirkung vom 1. November dieses Jahres die Leitung der privaten Volksschule in Thüngen übertragen."    

   
Beitrag von Lehrer Harry Weinberg über die "Reform des Religionsunterrichts" (1936)   

Gemuenden aM Israelit 27081936.jpg (552982 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1936: 
Der Beitrag wird nicht ausgeschrieben, da es keine direkten Bezüge zur jüdischen Geschichte in Gemünden gibt; bei Interesse zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.       

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeigen des Manufaktur- und Modewarengeschäftes W.B. Schloß (1890 / 1891 / 1897) 

Gemuenden Main Israelit 03041890.jpg (35321 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1890: "Für mein Manufaktur- und Modewarengeschäft, welches am Sabbat und an Festtagen geschlossen ist, suche zum sofortigen Eintritt einen Lehrling mit guter Schulbildung. Kost und Logis im Hause. 
W. B. Schloß, Gemünden am Main."    
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1890: "Für mein Manufaktur- und Modewaren-Geschäft, welches an Sabbat und Feiertagen geschlossen ist, suche zum sofortigen Eintritt einen Lehrling mit guter Schulbildung. Kost und Logis im Hause. W. B. Schloß, Gemünden am Main."    
    
Gemuenden Israelit 06041891.jpg (28416 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1891: "Für mein Manufaktur- und Modewaren-Geschäft suche zum sofortigen Eintritt einen Lehrling mit guter Schulbildung. Sabbat und Feiertage geschlossen. 
W. B. Schloß, Gemünden am Main."
  
Gemuenden Main Israelit 05101897.jpg (40403 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1897: "Für mein Manufaktur- und Modewaren-Geschäft suche zum baldigen Eintritt einen Lehrling mit guter Schulbildung. Sabbat und Festtage geschlossen. Kost und Logis im Hause. Nur selbstgeschriebene Offerten werden berücksichtigt. 
W. B. Schloß, Gemünden am Main."    

     
Anzeige des Getreide- und Mehlgeschäftes J. Baumann & Sohn (1901) 
    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1901: 
"Wir suchen für unser Getreide- und Mehl-Geschäft Engros einen Lehrling
Samstags geschlossen. 
J. Baumann & Sohn
, Gemünden am Main."    

   
Anzeige der Bäckerei und Konditorei Louis Grünebaum (oder Grünbaum?, 1901)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1901: 
"Suche per sofort einen kräftigen Jungen als Lehrling bei freier Station. Samstags und Feiertage geschlossen. 
Louis Grünebaum, Bäckerei und Konditorei, Gemünden (Bayern)."       

 
Anzeigen der Fa. Ph. Weinberg (1902)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1902: "Nur ein Versuch! 
kann Sie überzeugen, dass meine streng naturell gerösteten Kaffee's, kräftig und reinschmeckend, einzig zu beziehen sind, in Handtuchsäckchen von 9 Pfund, auch schon von 5 Pfund an franco. Wiederverkäufer Rabatt. 
Ph. Weinberg,
Gemünden am Main."   
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1902: "Meine Tochter, 19 Jahre alt, mit Vorkenntnissen, wünscht in einem israelitischen Hause Aufnahme, wo sie das Kleidermachen gründlich erlernen kann. Offerten an 
Ph. Weinberg,
Gemünden am Main."     

  
Anzeigen des Manufakturwaren-Geschäftes Samuel Birk (1902 / 1903) 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1902: "Lehrling gesucht! 
Samstags und Feiertage streng geschlossen. 
Samuel Birk
, Manufakturwaren-Geschäft, Gemünden am Main."   
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1903: "Suche für mein Manufakturwaren-Geschäft, am Schabbos und Jomtof (Feiertag) streng geschlossen, einen Lehrling aus achtbarer Familie. Kost und Logis im Hause. 
Samuel Birk, Gemünden am Main."   

   
Verlobungsanzeige von Lina Baumann und Alfred Schuster (1922) 

Gemuenden Main Israelit 09031922.jpg (24285 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1922: 
"Lina Baumann - Alfred Schuster. Verlobte.  
Gemünden am Main - Hanau, Neue Anlage 16. Februar 1922."

  
Verlobungsanzeige von Martel Grünebaum und Abraham Stein (1933)
 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1933: "Gott sei gepriesen
Martel Grünebaum - Abraham Stein. Verlobte. 
Gemünden/Main - Salmünster. März 1933."    

   
Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen von Harry Weinberg und Fanny Kahn (1934 / 1935) 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1934: "Gott sei gepriesen
Fanny Kahn - Harry Weinberg
, Lehrer.   Verlobte. 
Gemünden a.M.  -  Gemünden a.M. / Regensburg. Tischri 5695."  
  
Gemuenden Main Israelit 07021935.jpg (34174 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1935: "Statt Karten
Wir geben ergebenst von unserer, so Gott will, am Sonntag, 10. Februar in Würzburg, Bibrastraße 17, Rabbinerhaus Bamberger stattfindenden Trauung Kenntnis. 
Harry Weinberg - Fanny Kahn.
 
Gemünden am Main."     

      
Hinweis
: Informationen zu dem bis 1936 in Gemünden praktizierenden Tierarzt Dr. Max Birk (geb. 24.7.1896 in Sterbfritz als Sohn von Handelsmann Joseph Birk und Regina geb. Stern, 1936 nach Palästina emigriert, 1943 in Netanya verstorben) siehe  https://www.bundestieraerztekammer.de/ns-schicksale/detail/2349/birk-dr.-max    
  
     
Weiteres Dokument 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)    
Postkarte von M. Sichel aus Gemünden nach Erfurt (1882)   

Gemuenden Dok 1305.jpg (164514 Byte) Gemuenden Dok 1305a.jpg (153445 Byte) Gemuenden Dok 1305b.jpg (173995 Byte)

Es handelt sich um eine Postkarte geschäftlicher Natur. Der Absender der Karte ist M. Sichel aus Gemünden am Main. Nach den Recherchen von Peter Karl Müller ist dies vermutlich Moses Sichel aus Gemünden, der als Geschäftsmann (Kaufmann) tätig war. Die Postkarte wurde von M. Sichel aus Gemünden am 12. April 1882 nach Erfurt verschickt. Sichel bittet um die Zusendung einiger Partien dunkler Regenkleidung in den neuesten Genres zur Auswahl. 
Ergänzende Hinweise:  
- Der Familienname Sichel findet sich zweimal in der Liste der aus Gemünden in der NS-Zeit Umgekommenen (siehe oben): Laura Sichel geb. Mainzer und Nathan Sichel. An ihr Schicksal wird auch mit der Aktion "Stolpersteine" in Gemünden erinnert. Ob verwandtschaftliche Verbindungen zu M. Sichel bestehen, lässt sich an Hand dieser Informationen nicht rückschließen (die Eltern von Nathan Sichel [= Schwiegereltern von Laura Sichel] hießen nach den Gedenkblättern von Yad Vashem Jerusalem Philipp / Feibel und Marianne Sichel). 
. Im Ersten Weltkrieg fiel Sigmund Sichel (siehe oben). 
- Auf der AJ-Seite zu Rieneck findet sich bei den Berichten zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde im Artikel mit der Überschrift "Aufforderung zur Mildtätigkeit nach dem tödlichen Unfall von Samuel Strauß Junior (1870)" unter den aufgeführten Namen, die die Spenden entgegennehmen auch der Name von M. Sichel. 
- Im Rechenschaftsbericht über die israelitische Lehrerbildungsanstalt Würzburg aus dem Jahr 1869 ist in den Posten "Jahres- und momentane Beiträge" auch der Name von Moses Sichel eingetragen. 

     
     
     
Zur Geschichte der Synagoge           
    
Die im 18. Jahrhundert in der Stadt lebenden jüdischen Familien dürften zunächst die Gottesdienste im benachbarten Adelsberg besucht haben. Möglicherweise wurde auch zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Betsaal in einem der jüdischen Häuser eingerichtet. Nachdem die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder zugenommen hatte, plante man den Bau einer Synagoge in Gemünden. 1887 konnte der Plan verwirklicht werden: 

Gemuenden Israelit 03031887.jpg (119115 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1887: "Gemünden am Main, im Februar (1887). Die hiesige Gemeinde, wenn auch eine der älteren Bayerns, entbehrte bis jetzt, in Folge ihrer geringen Mitgliederzahl, einer entsprechende Synagoge und eines rituellen Frauenbades. Nachdem nun seit einigen Jahren, durch Zuzug die Gemeinde zugenommen, bemühte man sich alles Ernstes, diesem Mangel abzuhelfen. Unter großen Opfern wurde Grunderwerbung vorgenommen, und man ist nun im Begriffe, eine Synagoge und eine Mikwe zu bauen. Eine Kollekte mit Genehmigung königlicher Regierung hat zwar einige Beisteuer geschaffen, allein weitere Mithilfe von Außen wäre immer noch sehr am Platze. Namentlich dürfte solche in Form von Beschaffung der innern Einrichtung sehr erwünscht sein. Vielleicht finden sich in dem großem Leserkreise des "Israelit" Leute, die 'aufgelösten_ Gemeinden namhaft machen könnten, wo noch Synagogen-Utensilien (Ständer, Lampen etc.) vorhanden, die hier einer guten Verwendung zugeführt werden könnten. Die hiesige Kultus-Verwaltung würde solche Offerten, und überhaupt jede Förderung des frommen aber schwierigen Unternehmens, mit großem Dank entgegennehmen." 

Zur Einweihung der Synagoge - vermutlich im Herbst 1887 - konnte noch keine Bericht in den jüdischen Periodika gefunden werden.

Anfand der 1930er-Jahre wurde die Synagoge umfassend renoviert und am 25. September 1932 wieder eingeweiht. Über die Feier berichtete die Zeitschrift "Der Israelit" am 6. Oktober 1932: 

Gemuenden Israelit 06101932.jpg (147166 Byte)Gemünden, 28. September (1932). Am Sonntag, den 25. September, feierte die hiesige Kultusgemeinde die Wiedereinweihung ihrer renovierten Synagoge. Diese ist durch das unermüdliche Bemühen des Herrn Kultusvorstandes Felix Baumann mit allen modernen Errungenschaften der Innen-Architektonik ausgestattet. Die neuzeitliche Wandbeleuchtung und die angemessene moderne Malerei machen sie zu einem Schmuckkästchen. Die Feier selbst gestaltete sich zu einem Ereignis nicht nur für die Kultusgemeinde, sondern auch für die ganze Stadt. Nach einer Begrüßungsansprache des Kultusvorstandes, Felix Baumann, in der er ganz besonders betonte, dass diese Feier die erste Amtshandlung des neuen Rabbiners Dr. Ephraim, Bad Kissingen, in seinem Bezirk darstelle, sang der zweistimmige Chor Mah towu ("wie lieblich..."). Nach dem darauffolgenden, von Lehrer Weinberg vorgetragenen Psalm ergriff Bezirksrabbiner Dr. Ephraim das wort zu einer tiefdurchdachten Weiherede. "Weasu li mikdasch we schachanti betocham" "Und sie sollen mir machen ein Heiligtum, dass ich wohne in ihrer Mitte". Dieses war der Leitgedanke seiner Predigt. G'tt wohnt nicht im im Heiligtum, sondern er wohnt betocham, in "ihrer" Mitte, in der ganzen Gemeinde. Unter dem feierlichen Chorgesang wurden sodann die Torarollen hereingebracht, angeführt von festlich gekleideten, blumenstreuenden Kindern. Nach dreimaligem Umzug unter Gesängen von Kantor und Chor wurden sie dann ... in die heilige Lade eingehoben. Nach einem Landesgebet und einer Gefallenenehrung durch den Rabbiner sang der Chor adon olam. "ewiger Herr". Sodann hielt Lehrer Weinberg eine Ansprache, in der er u.a. dem Kultusvorstand Felix Baumann für seine aufopferungsvolle Mühe und Arbeit, die er der Zustandebringung dieses Werkes gewidmet hat, den herzlichsten Dank aussprach. Nach der darauffolgenden Ansprache des Bürgermeisters Eberlein sprach Justizrat Dr. Rosenthal aus Würzburg als Vertreter des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Er betonte ganz besonders, dass es in einer Zeit wie der heutigen eine lobenswerte Tat bedeutet, ein solches Unternehmen durchzuführen. Da der größte Teil des Geldes durch freiwillige Spenden zusammengebracht wurde, so stelle dieses ein schönes Zeichen der Opferwilligkeit der jüdischen Gemeinschaft dar. Als nächstes hielt Rabbiner Dr. Ephraim eine Weiherede für die "Ewige Lampe" und das "Jahrzeitlicht", beide von Herrn Kultusvorstand Felix Baumann gestiftet. Zum Schluss sang der Chor "ein keelokeinu" "keiner ist wie unser Gott". Die Feier macht auf alle Teilnehmer einen tiefen Eindruck und wird ihnen in dauernder Erinnerung bleiben. 

Beim Novemberpogrom 1938, der durch SA-Leute aus Gemünden durchgeführt wurde, wurde am Vormittag des 10. November 1938 die Inneneinrichtung der Synagoge einschließlich der Ritualien demoliert. Am Abend dieses Tages wurde das Gebäude in Brand gesetzt. Der Brand wurde jedoch mit Rücksicht auf die Nachbargebäude von der Feuerwehr gelöscht Am folgenden Tag wurden die noch in Gemünden lebenden Juden gezwungen, die Spuren der Schändung und Verwüstung "aufzuräumen". Das Synagogengebäude ging in städtischen Besitz über und wurde im Krieg durch amerikanische Bomben zerstört.  

Über die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 in Gemünden - aus einem Artikel von Björn Kohlhepp in der "Main-Post" vom 9. November 2013 (Link zum Artikel): "Am 10. (November) ...  wurde auf Geheiß des SA-Standartenführers aus Lohr morgens die Gemündener SA zusammengetrommelt. Zwischen 8 und 9 Uhr wurde die Wohnung von Nathan Baumann und die Gemündener Synagoge demoliert. Die Verantwortlichen sollen sich in der Gastwirtschaft Haas erst einmal Mut angetrunken haben. Womöglich waren sie dort noch vom Vorabend. Der Gemündener Standartenführer versammelte gegen 9 Uhr etwa 14 bis 15 uniformierte SA-Leute und gab die Weisung aus, alle jüdischen Wohnungen in Gemünden zu verwüsten und Wertgegenstände sicherzustellen. Sie drangen alsdann in jüdische Wohnungen ein, insgesamt gab es noch etwa 20 Bürger jüdischen Glaubens, und schlitzten Betten auf, zerschlugen Geschirr, Möbel, Lampen. Weitere SA-Männer schlossen sich an. Nur das Haus des angesehenen Schuhhändlers Moses Birk, Inhaber des Eisernen Kreuzes aus dem Ersten Weltkrieg, blieb verschont – aber wohl nur, weil ein SA-Mann ein Auge darauf geworfen hatte und es nach Moses' Auswanderung auch bekam. Gegen 11 Uhr versammelten sich die SA-Leute in der Gemündener Brauerei, wo sich laut einer Akte des Staatsarchivs auch die Geschäftsräume der NSDAP-Ortsgruppe befanden. Mit Motorrädern und Autos – eines davon beschlagnahmte ein SA-Mann von seinem jüdischen Arbeitgeber, der Firma Zucker, ein anderes stammte von einem Gemündener Zahnarzt – fuhren zehn bis zwölf Mann nach Adelsberg und wiederholten dort ihr schändliches Tun an jüdischen Wohnhäusern und der Synagoge. Die Adelsberger Juden waren als arm bekannt. Um etwa 12.30 Uhr versammelte sich der Haufen in der Wirtschaft Michler und fuhr gegen 13 Uhr weiter nach Heßdorf, wo die größte jüdische Gemeinde im Raum Gemünden bestand. Auch dort wüteten sie in der Synagoge und in jüdischen Häusern, zu denen sie sich vom Bürgermeister führen ließen. Im Haus des jüdischen Oberlehrers fanden sie die in Sicherheit gebrachten Gebetsrollen und Kultgegenstände und verbrannten sie auf dem Platz beim Dorfbrunnen. Die Bevölkerung schaute in großer Zahl zu, Einzelne drangen auch mit in Häuser und die Synagoge ein. Manche der Vandalen kehrten noch in ein Heßdörfer Gasthaus ein, bevor es zwischen 16 und 17 Uhr zurück nach Gemünden ging. Doch damit war der Schrecken für die jüdische Bevölkerung längst nicht ausgestanden. Am Abend des 10. Novembers drangen SA-Leute über den Dachboden eines angrenzenden Hauses in die Gemündener Synagoge und legten eine Zeitbrandbombe auf der Empore nieder. Diese explodierte um etwa 21.30 Uhr, bald quoll dichter Rauch aus den schmalen Rundbogenfenstern. Von überall her kamen Schaulustige angelaufen, Anwohner forderten, den Brand sofort zu löschen, damit das Feuer nicht auf ihre eigenen Häuser übergriff. Auch obiger SA-Mann, der ein Auge auf das Eigentum von Moses Birk und ein Haus in der Nähe der Synagoge hatte, verlangte die Löschung. So vergingen nur wenige Minuten, bis die Feuerwehr am Brandherd eintraf. Nachdem die Feuerwehr den Brand gelöscht hatte, drangen SA-Leute in die Synagoge ein, warfen alles, was kostbar und nicht niet- und nagelfest war, auf einen Karren und transportierten es ab. An den beiden Schreckenstagen wurden alle männlichen jüdischen Einwohner verhaftet. Am 11. November wurden mehrere jüdische Männer gedemütigt, indem die NSDAP-Ortsgruppe sie zwang, die Spuren der Zerstörung auf den öffentlichen Straßen und Plätzen zu beseitigen. Am 8. Dezember 1938 meldete der Gemündener Anzeiger, dass Gemünden 'judenfrei' ist. Die jüdische Gemeinde hatte aufgehört zu bestehen. Die Synagoge ging in städtischen Besitz über, wurde im Krieg durch amerikanische Bomben zerstört. Moses Birk gelang noch die Auswanderung in die USA, wo er 1989 im Alter von 101 Jahren starb...  
Dem kleinen Trupp marodierender SA-Leute standen viele schweigende Gemündener Bürger gegenüber, die das Treiben rund um die Pogromnacht mit Unbehagen betrachteten. Franz Holzemer aus der Mühltorstraße war einer von ihnen. Er stieß am 10. November, als die jüdischen Männer verhaftet worden waren, zu dem Kreis der verängstigten jüdischen Frauen im unzerstörten Haus von Schuhhändler Moses Birk und drückte den Frauen sein Bedauern über die unsäglichen Vorfälle aus. Auf Wunsch von Laura Sichel, die mit ihrem Mann einen Schuhladen betrieb, bis dieser beim Pogrom zerstört wurde, fuhr Holzemer am nächsten Tag nach Frankfurt, wo er sich nach dem Wohlergehen von Tochter Sidonie erkundigen sollte, die mit ihrem Mann gerade einmal fünf Tage zuvor dorthin gezogen war. Holzemer bekam die Quittung für seine Menschlichkeit drei Wochen vor Weihnachten: mehrere Wochen Schutzhaft. Er habe sich laut Haftbefehl 'in einen Gegensatz zur Rassenpolitik des nationalsozialistischen Staates' gesetzt. Der Ortsgruppenleiter der NSDAP Gemünden Hans Wunner hatte am 12. November der örtlichen Gendarmeriestation gemeldet, dass Holzemer in der Pogromnacht mit den Juden in Verbindung gestanden habe. 'Der Verkehr des Holzemer mit den Juden löst allgemeine Empörung aus und es ist unbedingt nötig, daß Holzemer in Polizeihaft genommen wird', schrieb daraufhin die Polizei Gemünden an die Gestapo Würzburg.
"    

    
Auf dem Parkplatz vor der Plattnersgasse befindet sich eine Hinweistafel zum Standort der früheren mit dem Text: "Bis zur Kriegszerstörung im Jahre 1945 stand hier die Synagoge der Jüdischen Kultusgemeinde Gemünden a. Main". Es findet sich kein Hinweis auf die Ereignisse in der Pogromnacht 1938.  
  
Synagogenprozess: 1949 wurden zwölf Beteiligte der Übergriffe beim Novemberpogrom 1938 in Gemünden vom Landgericht Würzburg zu Haftstraßen zwischen drei Monaten und zwei Jahren verurteilt. Die Angeklagten ging in Berufen, doch kam es nicht zu einer Berufungsverhandlung, sodass niemand der Angeklagten seine Strafe absitzen musste. 
    
    
Adresse/Standort der SynagogePlattnersgasse     
   
   
Fotos    

Die ehemalige Synagoge 1941
(Foto zur Verfügung gestellt durch 
Bruno Schneider, Kreisheimatpflege
 Landkreis Main-Spessart, Gemünden) 
Gemuenden Synagoge 125.jpg (61139 Byte)
   Die ehemalige Synagoge (links) nach der Zerstörung ihrer Inneneinrichtung beim Novemberpogrom 1938 und vor der Kriegszerstörung im März 1945, bei der zwei Drittel der Stadt vernichtet wurden. Die Häuserzeile links (mit Synagoge) vor dem 
     
Gedenktafel für die ehemalige Synagoge
(Foto: Elisabeth Böhrer, 
Aufnahme September 2009)  
Gemuenden Synagoge 196.jpg (68807 Byte)
    Die Gedenktafel mit dem die Ereignisse beim 
Novemberpogrom 1938 ignorierenden Text
     
     
 Fotos von Anfang Januar 2020
(Fotos: Hahn; Aufnahmen vom 6.1.2020) 
   
  Ansichten der Altstadt von Gemünden von der Ruine Scherenburg  
     
   
Die Gedenkstätte am früheren Synagogenstandort mit der bisherigen Gedenktafel für die Synagoge und einer neuen Gedenkstele mit Texten
zur Neugestaltung mit Koffer und Kinderrucksack
im Zusammenhang mit der Einrichtung des DenkOrtes Aumühle e.V.  www.denkort-aumuehle.de 
     
   
"Stolperstein" vor dem Haus Scherenbergstr. 11 für Heinemann Grünbaum
(geb. 1865, umgekommen im Ghetto Theresienstadt)
der "Stolperstein" wurde am 28. September 2009 verlegt.
 

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Mai 2009: Der Stadtrat stimmt der Verlegung von "Stolpersteinen in Gemünden" zu  
Gemuenden PA 052009.jpg (247335 Byte)    Gemuenden PA 052009a.jpg (103830 Byte)

Links: Artikel (in 2 Teilen) im "Lohrer Echo" vom 6. Mai 2009: "Stolpersteine als Erinnerung an deportierte Juden. Stadtrat: Zustimmung des Gremiums zur Aktion des Künstlers Gunter Demnig - Nach den unterfränkischen Kulturtagen am 28. September.   
Gemünden. Auch in der Dreiflüssestadt werden künftig sogenannte Stolpersteine im Pflaster an die von den Nationalsozialisten deportierten Juden erinnern. Der Stadtrat gab am Montagabend sein Einverständnis zu der Aktion des Künstlers Gunter Demnig. Dieser wird die Stolpersteine voraussichtlich an fünf Stellen in der Innenstadt am 28. September einbauen, einen Tag nach Ende der unterfränkischen Kulturtage...."   
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(Artikel wurde zur Verfügung gestellt von Fred G. Rausch)

   
September 2009: "Stolperstein"-Verlegung in Gemünden  
Gemuenden PA 09003.jpg (186620 Byte)Artikel im "Lohrer Echo" vom 14. September 2009: "Stolpersteine der Erinnerung. Nazi-Opfer: Sechs Messingplatten wird Künstler Gunter Demnig am 29. September in Gemünden verlegen".  
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(
Artikel wurde zur Verfügung gestellt von Fred G. Rausch)
    
Artikel in der "Main-Post" vom 29. September 2009 (Artikel):  "GEMÜNDEN. 'Wir geben ihnen ihre Namen zurück und ihre Heimat' - Feierstunde zur Verlegung der sechs Stolpersteine in Gemünden zum Gedenken an ermordete jüdische Mitbürger.
Einen 'ganz wichtigen Tag für Gemünden' nannte Bürgermeister Georg Ondrasch die Verlegung der sechs Stolpersteine zur Erinnerung an in der Nazi-Zeit ermordete jüdische Mitbürger. 'Die Stadt Gemünden ist sich ihrer historischen Verantwortung bewusst; sie blendet dieses dunkle Kapitel nicht aus, sondern stellt sich der Geschichte', sagte Ondrasch zu Beginn der Feierstunde am Marktplatz. 
Gemündens Geistlichkeit, Landrat Thomas Schiebel, einige Stadträte, interessierte Bürger und eine starke Abordnung der Hauptschule Gemünden wohnten der Verlegung durch den Kölner Künstler Gunter Demnig bei. Darunter waren auch der Experte für den Judenfriedhof in Laudenbach, Georg Schnabel, und die Österreicherin Dr. Brigitte Tscholl. Sie gehört dem Museums- und Kulturverein in Kaisersteinbruch im Burgenland und dem Historischen Verein Gemünden an und hatte sich in der Gemündener Diskussion vom Mai dieses Jahres für die Aktion ausgesprochen: 'Ein Zuviel kann es für dieses Gedenken der systematischen, zynischen Massenvernichtung unter dem NS-Regime nicht geben.' Bürgermeister Ondrasch dankte Ulf Fischer, der die Stolperstein-Aktion in Gemünden angeregt und die Vorarbeiten geleistet hatte.
Schwierige Rekonstruktion. Schwierig war und bleibt die Rekonstruktion der Schicksale der jüdischen Gemündener und anderer Verfolgter. 67 Mitglieder zählte die jüdische Gemeinde noch 1933 trotz der aufziehenden Repressionen. Als die Nationalsozialisten endgültig die Oberhand gewonnen hatten, kam es zur Vertreibung und schließlich Deportation und Vernichtung. Viele starben mutmaßlich eines gewaltsamen Todes oder an Entbehrungen auf einem Transport – aber nur sechs dieser Schicksale konnte Ulf Fischer als zweifelsfrei geklärt angeben. Er stützte sich dabei im Wesentlichen auf die 1983 vorgelegte Facharbeit des Gemündener Abiturienten Martin Kaiser. 
Gunter Demnigs Betonsteine, die individuell beschriftete Messingplatten tragen, werden in der Regel vor den letzten frei gewählten Wohnstätten der NS-Opfer verlegt. Im Fall des Ehepaars Laura und Nathan Sichel (ehemals Frankfurter Straße 134, heute Fischmarkt) ergab sich das Problem, dass ihr Anwesen im Krieg zerstört wurde und heute zum Teil eine Straße darüber führt. Ihre Stolpersteine in den Gehweg vor dem heutigen Anwesen Fischmarkt 2 zu setzen, stieß wegen einer möglichen missverständlichen Zuordnung auf den Widerstand des Eigentümers. Daher liegen die Steine der Sichels nun im Marktplatz am Rathaus-Gedenkstein neben dem Stolperstein für Erna Blum, deren Gemündener Wohnung nicht lokalisierbar war.
Beiläufig Respekt bezeugen. 'Um zu lesen, was auf diesen Steinen steht, müssen wir uns bücken – und ganz beiläufig bezeugen wir mit dieser Verbeugung unseren Respekt vor Menschen, die nicht anders waren als wir es sind – die lediglich eines Wahns wegen zu Nummern gemacht wurden – im wahren Sinn des Wortes mit dem Einstanzen in ihre Haut – und damit aus der Gemeinschaft ausgestoßen und der Maschinell betriebenen Vernichtung zugeführt. Indem wir vor ihnen das Haupt beugen, geben wir ihnen ihre Namen zurück – und ihre Heimat.' Diese Interpretation gab auf dem Marktplatz der frühere Gemündener Lokalredakteur Stefan Reis als Festredner. Er beschrieb, wie sich Ende der 1980er Jahre er für das 'Main-Echo' und Peter Kallenbach für die Main-Post sowie der Historische Verein verstärkt mit der Aufarbeitung des Nazi-Terrors beschäftigten: 'Irgendwann wollte ich wissen, warum es in dieser Stadt Momente gab, in denen Gesprächspartner lieber das Thema wechselten.' 
Stefan Reis schilderte stellvertretend das rekonstruierte Schicksal des Schuhmachers und Stadtrats Nathan Sichel und seiner Frau Laura, beginnend mit dem ersten Eintrag in ihre Gestapo-Akte vom 13. Januar 1937 und endend mit der Einweisung ins Vernichtungslager Theresienstadt am 23. September 1942. Dort wurden sie am 22. Februar 1943 ermordet. Die Lebensdaten zu den sechs Stolpersteinen trugen ihre Paten vor: Ulf Fischer, Wolfgang Weinig, Inge Albert, Georg Ondrasch, Claudia Rothkegel-Risser und Werner Wolf namens der Hauptschule. Weinig sprach jeweils das jüdische Totengebet Kaddisch. Michael Albert sang auf Hebräisch zwei jüdische Lieder, auf der Geige begleitet von seinem Sohn Jakob."
   
Weitere Berichte zur "Stolperstein"-Verlegung aus dem "Lohrer Echo"   vom 30. September 2009: 
(Artikel wurden zur Verfügung gestellt von Fred G. Rausch) 
Gemuenden PA 300909d.jpg (216886 Byte) Gemuenden PA 300909b.jpg (114998 Byte) Gemuenden PA 300909c.jpg (165331 Byte) Zum Lesen der Artikel bitte
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September / Dezember 2009: Erinnerung an den Halt des "Winton-Trains" auf dem Bahnhof in Gemünden 1939 
(Artikel wurde zur Verfügung gestellt von Fred G. Rausch)  
Gemuenden PA 09070.jpg (134658 Byte) Artikel im "Lohrer Echo" (jh) vom 30. Dezember 2009 (Jahresrückblick 2009): "Bewegende Momente bei einem Zughalt. Winton-Train: Erinnerungen an den britischen Schindler.  
Gemünden
. Bewegende Momente und Tränen gab es am 2. September bei einem Zughalt in Gemünden. Passagiere des historischen Sonderzuges (Winton-Train) waren Überlebende der NS-Zeit. Als Kinder wurden sie 1939 von Prag nach London evakuiert. Ihr Überleben haben sie Nicholas Winton zu verdanken. Der heute 100-jährige Brite, der aus Gesundheitsgründen nicht an der Zugfahrt teilnehmen konnte, rettete vor 70 Jahren durch seinen selbstlosen Einsatz 669 Kinder vor dem Todeslager. Er besorgte für sie Zugtickets und kümmerte sich um die Unterbringung in englischen Familien.   
Freundin getroffen. Eine der Überlebenden, die durch den Winton-Train gerettet wurden, ist Eve Leadbeater. Auch sie fuhr mit dem Zug. In Gemünden stieg sie aus. Sie traf ihre alte Freundin Karin Konradt-Dittmer, die sie einst in England kennen gelernt hatte. Die Wiedersehensfreude war groß, als sich die beiden Frauen umarmten. Ein anderer Passagier, Henry Stadler (Foto: Archiv), stieg ebenfalls aus. Er erinnerte sich daran, wie der Zug vor sieben Jahrzehnten in Gemünden hielt. Die Dampflokomotive bekam frisches Wasser für ihren Kessel. Auch Stadler hat sein Überleben dem Einsatz von Nicholas Winton zu verdanken. Auf dem Bahnsteig erzählte er interessierten Zuhörern seine Geschichte.  Der 1909 geborene Nicholas Winton, der im Mai seinen 100. Geburtstag feierte, gilt als der britische Oskar Schindler. Er koordinierte 1939 die Rettung jüdischer Kinder, denen das Schicksal von 15.000 anderen jungen Tschechen erspart blieb, die bis Kriegsende von den Nationalsozialisten in Vernichtungslager verschleppt und ermordet wurden.  
'Niemand unternahm etwas'.  Als 20-jähriger war Winton 1938 nach Prag gefahren, um einen Freund zu besuchen. Während seines mehrmonatigen Aufenthalts erkannte er die zunehmende Bedrohung durch die Nazis. 'Niemand unternahm etwas für die Kinder', erinnert sich der Brite, dessen Rettungstaten erst 50 Jahre nach Kriegsende bekannt wurden, als seine Ehefrau alte Aufzeichnungen entdeckte.   Winton organisierte von seinem Prager Hotelzimmer aus die Kinderverschickung per Zug nach England. Dort nahmen Gasteltern die Jungen und Mädchen in Obhut. Später kümmerte er sich von London aus um die Koordination in Zusammenarbeit mit dem britischen Flüchtlingskomitee. Innerhalb von neun Monaten rettete Nicholas Winton auf diese Weise 669 Kindern das Leben. Acht Züge kamen unbehelligt in Großbritannien an.   Für seine Verdienste ist der hundertfache Lebensretter, Sohn jüdischer Eltern, mehrfach ausgezeichnet worden. Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel überreichte Winton 1998 in einer großen Zeremonie den Marsaryk-Orden. Die englische Königin Elisabeth II. schlug ihn 2002 zum Ritter."     
   
August 2010: Erinnerung an die Deportation der jüdischen Zöglinge des Josefshauses   
Artikel von Dr. Gerhard Köhler im "Mainnetz.de" vom 26.8.2010 (Artikel): "Jüdische Zöglinge deportiert
Geschichte: Vor 70 Jahren mussten Behinderte das Josefshaus verlassen - Für Menschenversuche missbraucht
Gemünden.
In diesem Sommer jährt sich zum 70. Mal die von den damaligen nationalsozialistischen Machthabern erzwungene Schließung der 'Schwachsinnigenanstalt St. Josefshaus' in Gemünden. Am 1. September 1940 begann mit der Deportierung jüdischer Zöglinge die Räumung des Hauses, von der kurz darauf auch alle übrigen Insassen betroffen waren.  
Die von Johann Michael Herberich 1882 an der Stelle einer Glashütte unweit der Stadt Gemünden gegründete Anstalt beherbergte vor ihrer Räumung etwa 180 geistig Behinderte, deren Pflege und Unterrichtung in den Händen von Klosterschwestern der Kongregation der 'Töchter des Heiligsten Erlösers' lag. Eigentümer und Direktor der Anstalt, der es als seine vordringliche Aufgabe ansah, die von ihm betreuten Behinderten vor dem NS-Regime zu schützen, war Dr. Friedrich Lehnert, der Schwiegersohn des Gründers. Dessen anfänglicher Widerstand stellte sich bald als unwirksam heraus, denn angesichts des brachialen Vorgehens der Staatsgewalt musste sein Bemühen um Erhalt der Einrichtung erfolglos bleiben: Die Nationalsozialisten erzwangen die Schließung. Der zu diesem Zeitpunkt sechsjährige Enkel des Anstaltsleiters, der spätere Direktor des Staatsarchivs in der Würzburger Residenz, Dr. Hatto Kallfelz, berichtete unserer Zeitung bemerkenswerte Details im Zusammenhang mit der Auflösung der großväterlichen Einrichtung, von denen er später aus dem Familienkreis Kenntnis erhielt.
Entschieden abgelehnt. Als an Friedrich Lehnert Vertreter des NS-Regimes mit dem Ansinnen herantraten, sich an der 'nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik' zu beteiligen und die betreuten Behinderten den Behörden zu übergeben, lehnte dieser entschieden ab. Er führte bestehende gesetzliche Bestimmungen ins Feld, die die Weggabe von Zöglingen ohne Einwilligung der Eltern unter schwere Strafe stellte. Davon wenig beeindruckt ließen die Machthaber die Anstalt kurzerhand beschlagnahmen und enthoben Lehnert seines Amtes als Direktor. Das Haus wurde geräumt, die Insassen gingen - so die damalige Diktion - 'in den Schutz des nationalsozialistischen Staates über.' Was über das weitere Schicksal der Betreuten bekannt ist, ist der 1979 protokollierten Aussage einer Klosterschwester zu verdanken, die die Ereignisse miterlebte. Nachzulesen ist ihr Bericht in einem Heft der Schriftenreihe des Historischen Vereins Gemünden mit dem Titel 'Das Josefshaus - von der Glashütte zur Behindertenanstalt' aus dem Jahr 1992, in dem die Autoren Erhard Schenk und Walter Nickel die Geschichte des Josefshauses dargestellt haben. 
Das beschlagnahmte Josefshaus nutzten die Nationalsozialisten als Umsiedlerlager und brachten dort zunächst Volksdeutsche aus der Dobrudscha unter, denen wenig später Ukrainer und Franzosen folgten. Lehnert durfte in seiner Wohnung im Josefshaus bleiben und auch die zum Anwesen gehörende Landwirtschaft weiter betreiben. Nach Kriegsende erhielt er als rechtmäßiger Besitzer das Josefshaus mit seinem Umgriff zurück, das durch Krieg und Fremdnutzung schwere Schäden erlitten hatte. 
An eine Wiederaufnahme des Anstaltsbetriebs war deshalb nicht mehr zu denken. So diente das Gebäude zunächst bis 1961 als provisorisches Altenheim der Stadt Würzburg, um danach von den Nachkommen Lehnerts und deren Angehörigen als ausschließlich privater Wohnsitz genutzt zu werden. Seit ihrer Gründung zu Beginn der 60er Jahre durch Caritasdirektor Kümmert sieht sich die 'St. Josefsstiftung für geistig Behinderte' in Eisingen in der Tradition des Gemündener St. Josefshauses.
Zur späteren Nutzung für den Bau einer Privatklinik erwarb die Stadt Gemünden 1993 das gesamte Josefshausareal. Heute befindet sich an seiner Stelle - unter Erhaltung und Einbeziehung des alten Josefshausgebäudes - das private Gesundheitszentrum Main-Spessart für Pflege und Therapie. 
Hintergrund: Zöglinge im KZ Lublin ermordet. Demnach mussten am 1. September 1940 als erste die sechs jüdischen Zöglinge das Haus verlassen, wurden zunächst nach Haar bei München verbracht und noch vor Jahresende im KZ Lublin ermordet. Im Oktober 1940 verließen weitere 25 geistig Behinderte das Josefshaus und wurden der Universitätsklinik Würzburg zu Versuchszwecken überstellt. 
Von ihnen sollen nur zwei oder drei überlebt haben. In der Folgezeit nahmen etliche besorgte Eltern ihre behinderten Kinder zu sich zurück. Die im Josefshaus noch verbliebenen 129 Zöglinge wurden im November in die Heil- und Pflegeanstalt Lohr gebracht, von denen ein Teil nach Kaufbeuren verschleppt wurde. Während letztere bis heute verschollen sind, haben die 116 in Lohr gebliebenen Behinderten überlebt. (koeh)".   
   
Juni 2014: Erinnerung an an den 1911 in Gemünden geborenen Arthur Kahn - Würzburgs erstes NS-Opfer   
Artikel in der "Main-Post" vom 3. Juni 2014: "WÜRZBURG. Todesursache Kopfschuss: Arthur Kahn ist Würzburgs erstes Todesopfer nationalsozialistischer Gewalt.
Arthur Kahn: In Dachau wurde er ermordet, in seiner Heimat vergessen. Arthur Kahn ist Würzburgs erstes Todesopfer nationalsozialistischer Gewalt.
Arthur Kahn liegt auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Nürnberg begraben. Er war 21 Jahre alt, Medizinstudent an der Universität Würzburg, als die SS ihn und drei weitere Juden am 12. April 1933 im KZ Dachau umbrachte. Kahn ist das erste Würzburger Todesopfer nationalsozialistischer Gewalt. In einem Meinungsbeitrag vom 3. Januar 2012 beschreibt die New York Times diese vier Morde als konstituierend für den Holocaust. Kahn ist in Würzburg vergessen, in Nürnberg nicht. Im Sommer 2010 besuchte die israelische Tageszeitung Haaretz ('Das Land') Kahns Grab. Über dem Namen – weiß auf schwarzem Stein – sind zwei segnende Hände zu sehen, darüber steht: 'Das erste Opfer der I(sraelitischen) K(ultusgemeinde)- Nürnberg nach der Machtübernahme durch die Nazi 1933'. Haaretz beschreibt es als 'besonders auffällig'. 'In der Nähe stehen Gräber, in denen immer noch die Einschläge von Kugeln zu sehen sind.' Kahn, ein gebürtiger Gemündener, ist am 10. März 1933 zu Besuch bei Verwandten in Nürnberg, als ihn die Polizei verhaftet. Obwohl er in der Studentenkartei der Uni als wohnhaft in Würzburg, Semmelstraße 50, ausgewiesen ist, wird er künftig als Nürnberger geführt. Die KZ-Gedenkstätte Dachau listet 240 Häftlinge auf, die zum Zeitpunkt ihrer Gefangennahme in Würzburg gemeldet waren. Kahn ist nicht darunter..."  
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November 2015: Gedenken an den Novemberpogrom 1938  
Artikel in der "Main-Post" vom 30. Oktober 2015: "GEMÜNDEN. Schüler erinnern an Pogrom
An die Reichspogromnacht erinnern Schülerinnen und Schüler des Friedrich-List-Gymnasiums Gemünden am Montag, 9. November. Die Teilnehmer des P-Seminars werden um 18 Uhr unter dem Motto 'Wir wollen erinnern' einen Vortrag, der in Bezug zum Josefshausprojekt steht, halten, die 'Stolpersteine' ablaufen und am Marktplatz Kerzen entzünden. Das Gedenken ergänzt die Veranstaltungsreihe, die Birgit Amann, wie bereits ausführlich berichtet, aus Anlass der Schließung des St.-Josefshauses Gemünden vor 75 Jahren organisiert hat. Das St.-Josefshaus (1882 – 1940) war die erste Einrichtung für geistig und körperlich behinderte Kinder in Unterfranken. Die Nationalsozialisten ermordeten nach der Schließung viele der Bewohner. Auf Anregung der privaten Organisatorin Birgit Amann und gemeinsam mit dem Bezirkskrankenhaus Lohr, dem Historischen Verein Gemünden sowie der Volkshochschule Lohr-Gemünden wird die Veranstaltungsreihe zu diesem Thema am Samstag, 7. November, um 17 Uhr mit einem Gedenkgottesdienst im Gesundheitszentrum Gemünden, Klinikstraße 1, gestartet." 
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April 2016: Schüler erstellen Faltblatt über Schicksale jüdischer Menschen    
Artikel im "Main-Echo" vom 7. April 2016: "Erinnern an jüdische Mitbürger. Bildung: P-Seminar des List-Gymnasiums erstellt Faltblatt über Schicksale der Menschen im Nationalsozialismus
Gemünden a.Main.
Ein Faltblatt mit dem Titel 'Wir wollen erinnern' ist das Ergebnis eines 18-monatigen Seminars, das 13 Schüler des Friedrich-List-Gymnasiums absolviert haben. Die 12. Klasse des P-Seminars setzte sich unter anderem mit den im Jahr 2009 in der Stadt verlegten 'Stolpersteinen' auseinander, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern.
Unterstützt wurden sie dabei auch von Ulf Fischer (Langenprozelten), der in Archiven nach Unterlagen suchte. Projektleiter Studienrat Jürgen Endres stellte am Mittwoch das zweiseitige Faltblatt in DIN A4 Größe vor und ging dabei auf die umfangreichen Vorarbeiten ein. Es beinhaltet die Schicksale der Bürger Arthur Kahn (1911 -1943), Laura Sichel (1879 -1943), Heinemann Grünbaum (1865 -1943), Erna Blum (1888 -1941), Fanny Weinberg (1913 -1941) und Heinrich Grünbaum (1894 -1942) in Form ihrer Lebensläufe. Ferner wird im Faltblatt auf die Geschichte der Synagoge Gemünden und des Josefshauses hingewiesen. 1000 Exemplare des Faltblattes wurden an Kulturamtsleiterin Jasna Blaic für die Stadt Gemünden übergeben. Sie dankte für die sorgfältige Arbeit, die die Erinnerung an die ehemaligen Mitbürger der Stadt wachhält. Das Faltblatt wird an Interessenten verteilt. Gemündens 3. Bürgermeisterin Irmgard Pröschl schloss sich den Dankesworten an und bezeichnete die Herausgabe als eine enorme Leistung für die Darstellung der Stadtgeschichte. Lothar Fuchs."  
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Juni 2016: Zivilcourage des Franz Holzemer nach der Pogromnacht 1938 
Anmerkung: der Zeitzeuge Franz Holzemer ist 1989 verstorben. Die Schilderung seiner Erlebnisse ist von 1982. 
Artikel von Peter Kallenbach in der "Main-Post" vom 9. Juni 2016: "GEMÜNDEN. So war die 'Kristallnacht' in Gemünden
44 Jahre nach der 'Nacht des zersplitterten Glases' sind die Augenzeugen selten geworden. Nur wenige Zeitgenossen können sich noch an die damaligen Vorgänge genau erinnern und in die Verhältnisse zur Zeit der Nazi-Herrschaft einfühlen. Franz Holzemer gehört zu den Wenigen. Er schildert seine Erlebnisse in der 'Kristallnacht' und die Folgen für ihn. 'In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 befand ich mich zu Hause in meiner Wohnung (Fischmarkt 95). Als ich die 'Bescherung' sah, die die SA bei meinem Nachbarn, dem Schuhhändler Nathan Sichel, angerichtet hatte, ging ich hinüber zur Familie Sichel und tröstete die beiden. Ich sagte zu Nathan und Laura, dass wir wieder Krieg bekommen werden, und da gebe es tausendmal mehr Scherben, als ich heute bei euch hier sehe. Weiter sagte ich ihnen, sei sollten fortgehen, sonst würden sie totgeschlagen. So weit sei bereits gekommen. Darauf antworteten sie mir: 'Wir können nicht fort, wir haben kein Geld mehr, nachdem wir unsere beiden Töchter nach Amerika geschickt haben. Es mag kommen, wie es wolle – wir müssen alles ertragen.' Zwei Tage später nach dieser Aussprache kamen ein Gendarm, ein städtischer Angestellter und der NSDAP-Vorsitzende von Gemünden zu mir. Als meine Frau sie sah, sagte sie zu mir: 'Da kommen die Gendarmen – die gefürchtetsten von Gemünden.' Daraufhin stieg ich hoch aufs Dach und versteckte mich hinter dem Schlot. Die Drei durchsuchten die Wohnung, fanden mich jedoch nicht. Doch sie ließen das Haus von SA umstellen, sodass ich gegenüber meiner Frau äußerte: 'Ich muss jetzt hinunter und mich melden.' Am nächsten Morgen ging ich hinunter zu den Gemündener SA-Leuten, die mich im ehemaligen Rathaus einsperrten. Um 10 Uhr kamen der Ortsgruppenleiter, der Gendarm und der städtische Angestellte. Als mich der Genadarm und der städtische Angestellte schlagen wollten, hielt sie der NSDAP–Ortsgruppenleiter zurück: 'Das gibt es nicht', meinte er. Dann saß ich nach dem Verhör eine Woche lang im Rathaus ein, wobei mir meine Frau immer das Essen brachte. Am Montag holte mich der Gendarm aus der Zelle ab und brachte mich zum Bahnhof. Von da fuhren wir mit dem Zug nach Würzburg, wo er mich bei der Gestapo ablieferte. Dort wurde ich heftig beschimpft und verhört. Anschließend lieferte man mich ins Würzburger Gefängnis ein. Im Gefängnis wurde ich nicht geschlagen. Insgesamt war ich mehr als drei Monate dort. Ende Februar wurde ich wieder entlassen. Bei meiner Entlassung sagte mir der Wärter, den ich bereits kannte, ich solle nichts erzählen von dem, was ich gesehen habe. Sonst käme ich gleich wieder ins Gefängnis. Im Gefängnis sah ich zahlreiche Juden, die in der Reichskristallnacht verhaftet worden waren. Ich hatte jedoch keinen Kontakt zu ihnen.' In der Meldung vom 12. November 1938 der Gendarmerie-Station Gemünden an die Gestapo Würzburg hieß es: 'Der Verkehr des Holzemer mit den Juden löst allgemeine Empörung aus, und es ist unbedingt nötig, dass Holzemer in Polizeihaft genommen wird.' Eine Rente oder sonstige Unterstützung für das erlittene Unrecht hat der Gemündener bis zu seinem Tod 1989 nie erhalten. An Laura und Nathan Sichel, die noch 1938 nach Würzburg gezogen waren und 1942 von den Nazis ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt wurden und dort umkamen, erinnern heute zwei Stolpersteine, die 2009 nicht am Fischmarkt, sondern am Marktplatz verlegt wurden."
Link zum Artikel  
Vgl. Artikel von Michael Fillies vom 9. Juni 2016: Gemünden. Franz Holzemer beugte sich den Nazis nicht...
Link zum Artikel   

       
       

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Stadt Gemünden 

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 275-276.  
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 295-296.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S.   1992² S. 60-61.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 441-442.   
bulletMSP Publikation 01.jpg (23157 Byte)Leonhard Scherg: Jüdisches Leben im Main-Spessart-Kreis. Reihe: Orte, Schauplätze, Spuren. Verlag Medien und Dialog. Haigerloch 2000 (mit weiterer Literatur).   
bulletDirk Rosenstock (Bearbeiter): Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Nr. 13. Würzburg 2008 S. 121. 
bulletBayern Synagogengedenkbuch IMG_20150803_0001.jpg (85625 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband III: Unterfranken, Teil 1. Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg. von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu (mit umfassenden Quellen- und Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Gemünden S. 167-178.

     
       


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Gemuenden  Lower Franconia. The medieval Jewish community was destroyed in the Rindfleisch massacres of 1298. Jews appeared in the mid-17th century, and maintained a presence throughout the 18th and 19th centuries, numbering 100 in 1900 (total 2,187) and 67 in 1933. Twenty left in 1936 after the publications of the Nuremberg racial laws and another 27 by mid-1938. Local SA forces wrecked the synagogue and Jewish homes on Kristallnacht (9-10 November 1938). The rest of the Jews left Gemuenden soon after.    
         
          

                   
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Stand: 30. Juni 2020