Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Interlaken mit Unterseen (Kanton Bern, Schweiz) 
Jüdische Geschichte / Hotelsynagogen 

  

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Interlaken    
bulletBerichte zur jüdischen Geschichte in Interlaken 
Berichte in chronologischer Reihenfolge      
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Interlaken bis in die 1930er-Jahre            
    
In Interlaken und Unterseen bestand zu keiner Zeit eine jüdische Gemeinde. Nur einzelne jüdische Personen / Familien ließen sich hier seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nieder. Einer der ersten jüdischen Einwohner war Dr. Weil aus dem badischen Eichstetten, der 1841 vom Sanitätsrat als Spitalarzt nach Interlaken geschickt wurde. Lange war Dr. Weil nicht in Interlaken: 1847 wird er als militärischer Kreisarzt in Walkringen im Emmental genannt.      
  
In den 1870er-Jahren gab es Bemühungen in Interlaken, für die jüdischen Kurgäste eine Israelitische Restauration einzurichten, die auch in der Folgezeit erfolgreich waren. Damals (siehe Bericht von 1876) gab es noch keinen weiteren jüdischen Bewohner des Ortes.  
  
Von der Zeit um 1889 bis mindestens 1914 gab es die jüdische Pension Levy (Adresse: Hauptstrasse 18, 3800 Unterseen), in der während der Saison bei ausreichender Zahl von männlichen Kurgästen auch regelmäßig am Schabbat Gottesdienste abgehalten wurden. Als Vorbeter war der von der Pension angestellte Schächter tätig (siehe unten Bericht von 1890). Im September 1914 wurde nochmals ein Patenterneuerungsgesuch für die Pension Levy bestätigt. Vermutlich überstand die Pension nicht die Zeit des Ersten Weltkrieges, da in dieser Zeit der Fremdenverkehr in Interlaken zusammengebrochen ist und verschiedene Pensionen und Hotels in existenzielle Schwierigkeiten kamen (s. Lit. Schäppli S. 436). 
  
Um 1900 bis vor 1914 gab es auch die israelitische Pension Hotel & Pension Ginsbourger-Bernheim (Adresse: Bahnhofstrasse 12, 3800 Unterseen), geführt von Florentine Ginsbourger (siehe Fotos unten). 
  
1904 hatten die Gebrüder Lucien, Edmond, Jonas und Léon Geismar ein Warenhaus "Zur Stadt Paris" in Interlaken eröffnet (am Centralplatz - Concordiaplatz). Sie waren aus dem elsässischen Grussenheim zugezogen. Jonas und Léon Geismar eröffneten neun Jahre später (1913) ein Warenhaus "Zur Stadt Paris" in Thun. Das Warenhaus in Interlaken wurde in den 1950er-Jahren von Gilbert Geismar übernommen.  Fotos und weitere Informationen auf der Seite von rolandzahn.ch.    
  
Zwischen 1914 und 1928 gab es - von einer nur kurzzeitig bestehenden koscheren Einrichtung abgesehen - eine jüdische Pension in Interlaken. 1928 eröffnete ein aus Lugano stammender Restaurateur namens Kempler das Haus "De la Paix" in der Bernastraße, in dem er ein streng koscher geführtes Hotel einrichtete. Auch dieses Hotel verfügte über eine Haussynagoge für Gottesdienste während der Saison.       
    
    
Weiteres zur jüdischen Geschichte am Ort liegt noch nicht vor (Informationen bitte gegebenenfalls an den Webmaster; Adresse siehe Eingangsseite)   
    
    
    
Berichte zur jüdischen Geschichte in Interlaken        
 
Berichte in chronologischer Reihenfolge   

Dr. Weil aus Eichstetten ist Spitalarzt in Interlaken (1841) 
  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. April 1841: "Eine bessere Stellung als die Basler Juden haben die zu Bern, wo eine hochherzige Regierung ihnen mit den französischen Bürgern gleiche Rechte erteilt. Sie haben einen Lehrer, Vorsänger und Schächter in einer Person, haben wie die zu Basel eine eigene Synagoge, schicken ihre Kinder auf öffentliche Anstalten. Erfreulich ist’s hier den ausgezeichneten Prof. Dr. Valentin aus Breslau zu treffen, den die Regierung vor mehreren Jahren an die dortige Hochschule berufen, und der nunmehr seiner Tüchtigkeit und seines liebevollen Wesens halber bei Bürgern und Studenten in hohen Achtung und Liebe steht.
Geht man von Bern aus in das naturreiche Oberland, so trifft man zu Interlaken einen wackern jungen Israeliten – Dr. Weil aus Eichstetten im Breisgau – der vom Sanitätsrat dorthin als Spitalarzt gesendet worden, nachdem er durch ein mehrjähriges fleißiges Studium zu Bern sich das Wohlwollen der Behörden erworben."         
 
Eichstetten AZJ 25011847.jpg (59014 Byte)Aus einem Artikel über jüdisches Leben in der Schweiz in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1847: "In der Nähe von Bern lebt ein jüdischer Arzt - Dr. Weil aus Eichstetten - zu Walkringen im Emmental. Der selbe bekleidet die Stelle eines Militärarztes. Das Zutrauen, dessen Herr Weil sich bei seiner christlichen Umgebung zu erfreuen hat, verschafft ihm eine wohl ausgedehnte Praxis. Auch wurde derselbe in seiner Stellung als Arzt schon oft mit Aufträgen höheren Ortes beehrt." 

     
Anzeige der Restauration von Michael Weiler in Bern (1860)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Juni 1860: "Israelitische Restauration in Bern (Schweiz). 
Unterzeichneter empfiehlt seine seit 3 Jahren neu errichtete Speisewirtschaft No. 33 Aarbergergasse zunächst dem neuen Bahnhofe und der neuen Synagoge den resp. Reisenden aufs Beste, mit der Versicherung prompter, reinlicher und billiger Bedienung. 
Jene verehrlichen Herrschaften, die das Berner Oberland besuchen, können täglich 4 Mal in 2 1/2 Stunden bis nach Interlaken frisch zubereitete Geflügel- und Fleischspeisen auf Bestellung von mir beziehen. Michael Weiler."         

 
Jüdischer Reisebericht aus Interlaken (1875)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1875: "Interlaken, 3. September (1875; Anmerkung: Wir bitten das Datum zu beachten, da dem Schreiber dieser Briefe fortwährend von seinen Freunden Briefe in die Schweiz gesandt werden, während er lägst in die Heimat zurückgekehrt ist). In den biblischen Schriften wird uns von den ewig mit Schnee bedeckten Gipfeln des Libanon erzählt. So rühmt Jeremias (Kap. 14, Vers 18) das von den Felsen hernieder rinnende Wasser, welches dem von der Sonne erwärmten Schnee jener riesenhaften Berge entfließt, die sich in den Wolken verlieren.   
An die ferne Heimat unseres Volks im Osten musste ich denken, als ich auf dem Dampfboote über den Thuner See fahrend, die mit ewigem Schnee bedeckten Gipfel des Berner Oberlandes erblickte. Ist doch der Name der Gebirge derselbe. Wie der Libanon seinen Namen den weißen Gipfeln verdankt (lawon = weiß), so auch die Alpen (von albus, weiß). Die Alpen wie der Libanon ragen in den Himmel hinauf, ihre Gipfel verlieren sich in den Wolken und die Sonne hat in jenen Höhen nicht Kraft genug, die ewigen Schneemassen zu schmelzen.  
Interlaken hat eine wundervoll herrliche Lage; es ist ein Flecken Erde, das an Schönheit seines Gleichen sucht. Den Vordergrund bilden die schneebedeckten Gipfel des Berner Hochlandes: Mönch, Eiger, Jungfrau und die andern sich anschließenden riesigen Berge. Im Norden bildet die Aare den Brienzer See, den sie durchfließt, um im Süden den Thuner See zu durchströmen, während im Westen der gewaltige Harder das Tal schließt; zwischen diesen beiden Geburtsketten und den beiden Seen liegt Interlaken (auf Deutsch: zwischen den Seen). Es besteht fast nur aus Gasthöfen, die sämtlich mit einer Pracht und Eleganz erbaut und ausgestattet sind, von denen man sich kaum eine Vorstellung machen kann. Wegen seiner wunderherrlichen Lage und wegen seines vor allen heftigen Winden geschützten Klimas wird der Ort vielfach zum längern Aufenthalte von vornehmen Leuten gewählt. Wer Zeit und Geld genug hat, der kann in dieser paradiesischen Gegend sehr angenehm leben; freilich, der gesetzestreue Juden dennoch nicht, weil in Interlaken keine Juden wohnen und israelitische Kost nicht zu haben ist. Wie ich jedoch höre, soll in nächster Saison eine jüdische Restauration dort eingerichtet werden. So war freilich der Genuss der Schönheit der Gegend mit mancherlei Entbehrungen verknüpft und nicht ohne Gène. Kommt der gesetzestreue Jude in Deutschland in ein Hotel, so fragt ihn der Kellner, ob er zur table d'hote kommen wird; sagt man dann kurzweg 'nein', so wird man nicht weiter belästigt. Anders in der Schweiz; da wird man nicht allein im Hotel täglich zweimal gefragt, sondern auch an jedem Absteigequartier, wo Post und Dampfboote anhalten, wo der Kutscher vorfährt, um die Pferde zu füttern; da springen die Kellner höflich herbei, öffnen den Kutscherschlag und fragen: 'Wie viele Plätze an der table d'hote befehlen Sie' und man muss trotz so vieler Höflichkeit ablehnend erwidern; die Herren Kellner machen dann verdrießliche Gesichter und man bekommt am Ede für vieles Geld nur schwer und unwillig die einfachen Lebensmittel vorgesetzt, die man genießen    
Interlaken Israelit 29091875b.jpg (100570 Byte) darf. In der Schweiz, wo im Allgemeinen wenig Juden wohnen und die meisten Glaubensgenossen, welche zu der großen Zahl, der die Schweiz bereisenden Fremden gehören, das jüdische Religionsgesetz missachten, kann man nicht begreifen, warum der Fremde nicht an der table d'hote speisen will; man denkt sich das Seine und sucht den Schaden anderweitig einzubringen. Trotz alledem ist es wohl der Mühe wert, diese Entbehrungen zu ertragen und das trunkene Auge an den Schönheiten dieses unvergleichlichen Landes zu weiden. Wenn man in Interlaken eine nur mäßige Höhe, den kleinen Rugen oider die Heimweh-Fluh besteigt, so genießt man einen Ausblick, der wahrhaft entzückend ist. Und nun gar das Alpenglühen während des Sonnenunterganges! Es ist dies eine Naturerscheinung, die nur sehr selten sich darbietet. Rings im Tale schreitet die Nacht heran, denn die Sonne ist untergegangen; nur die schneebedeckten Gipfel der Berge erglänzen noch im hellen Sonnenscheine; dann beginnt der Schnee sich zu röten und immer tiefer und dunkler wird die Glut, bis sie plötzlich verschwindet und die schneeigen Spitzen erschienen wieder weiß-grau in der Dämmerung.  
'Wie viele sind deine Werke, o Herr, alle hast mit Weisheit du sie gemacht, voll ist die Erde von deinen Gütern (Psalm 104,24).'" (Forts. folgt).   

 
Eine israelitische Restauration soll eröffnet werden (1876)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1876: 
"Jüdische Restauration in Interlaken (in der Schweiz). 
In Interlaken, einem der schönsten Punkte der Schweiz, gleich ausgezeichnet durch seine wundervolle Lage wie durch seine klimatischen, der Gesundheit zuträglichen Verhältnisse, von vielen Tausenden alljährlich zum mehrwöchentlichen Aufenthalte benutzt, soll eine israelitische Restauration, welche den Anforderungen streng-religiöser Glaubensgenossen genügt, errichtet werden. Einer der ersten Hôtelbesitzer daselbst ist bereit, geeignete, abgesonderte Räumlichkeiten zu diesem Zwecke pachtweise zu überlassen. Es ist zu vermuten, dass bei der alljährlich zunehmenden Reiselust und bei der Beliebtheit, welcher sich gerade Interlaken als mehrwöchentlicher Aufenthalt erfreut (Interlaken ist ein Kurort, hat eine Molken-Kur-Anstalt, ein Kurhaus und eine Kur-Kapelle), eine daselbst errichtete echt-jüdische Restauration eine glänzende Zukunft haben wird.  
Für den Anfang sind einige hervorragende Glaubensgenossen bereit, durch tatkräftige Unterstützung die Realisierung des Unternehmens zu befördern. 
Geeignete Bewerber wollen Franko-Offerten sub Nr. 174 an die Expedition dieses Blattes senden. 
Es wird zugleich bemerkt, dass in Interlaken bis jetzt kein Israelit wohnt, dass also der Restaurateur auch für einen Schauchet zu sorgen hätte."        

   
Anzeigen der Pension Levy (1889 / 1903)  (Adresse der früheren Villa Risold: Hauptstraße 18, 3800 Unterseen; heutiges "Hotel und Restaurant Post Hardermannli" direkt vor der Altstadt Unterseen, war seit 1889 in Betrieb; das an der Hauptstraße stehende Haus fällt wegen seiner reich verzierten Frontseite auf)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1889
"Interlaken [Schweiz] Interlaken.  Pension Levy.  
Eröffnung 15. Mai 1889
. Streng koschere Küche.  
Fleischbezug von Luzern
."       
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1903
"Hôtel & Pension Levy (Villa Risold). Schweiz  Interlaken  Schweiz. 
Wiedereröffnung 1. Juni."      

    
Über die jüdische Pension Levy (1890)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1890: "Interlaken, 20. Juli (1890). Von einem angesehenen jüdischen Kurgaste erhalten wir folgende Zuschrift: 
Es dürfte die Leser Ihres geschätzten Blattes interessieren, dass jetzt hier eine recht gute jüdische Restauration (Pension Levy) ist, wodurch Gelegenheit geboten ist, für kürzere oder für längere Zeit diesen herrlichen Teil der Schweiz aufzusuchen und neben den schönen Naturgenüssen auch für leibliche Pflege zu sorgen.
Interlaken eignet sich bekanntlich, als Mittelpunkt des Berner Oberlandes, umgeben von einer Kette mächtiger Schneeberge, ebenso wohl zu zahlreichen Ausflügen, als auch zum ruhen längeren Aufenthalt, indem sowohl der Ort selbst als auch die Kurverwaltung vielseitige Zerstreuung bietet. In der Saison ist hier auch Sonnabends regelmäßiger Gottesdienst, bei dem der vom Restaurateur unter Approbation Seiner Ehrwürden des Herrn Rabbiners Dr. Cohn, Basel angestellte Schächter als Vorbeter fungiert. Zahlreiche, gute Privatlogis zu billigen Preisen machen den Aufenthalt zu einem wenig kostspieligen. Die hiesige Restauration im Verein mit der recht guten Pension Moos in Luzern bieten gute Verpflegungsstationen für jüdische Besucher der Schweiz."        

  
Während der Wintermonate betreibt die "Pension Levy" das Hotel "Joli Site" in Montreux (1900)
     

Montreux Israelit 05021900.jpg (213357 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Februar 1900: "Aus der Schweiz. Wir glauben den zahlreichen, während der Frühlingsmonate nach der Riviera reisenden, jüdischen Erholungsbedürftigen einen Gefallen zu erweisen, wenn wir sie auf eine Zwischenstation aufmerksam machen, die von vielen Ärzten mit Recht als eine überaus günstig gelegene klimatische Übergangsstation von dem rauen, deutschen Winter, zu dem warmen Süden erachtet und empfohlen wird. In anmutigster Lage, zwischen Weinbergen eingebettet, liegt dicht am Ufer des Genfer Sees das seit Jahrhunderten von Erholungs- und Ruhebedürftigen mit Vorliebe aufgesuchte Städtchen Montreux. Auf der Nordseite von den hohen Bergen des Berner Oberlandes begrenzt, ist es so völlig geschützt gegen die rauen Winde, während von Süden her die milden Lüfte des unfernen Italiens über den lieblichen See herüberwehen. das fast immer wolkenlose blaue Firmament erhöht den landschaftlichen Reiz dieses von Mutter Erde so besonders bevorzugten Fleckchens Erde.  
Der von Jahr zu Jahr steigenden Zahl der Kurgäste entsprechend, haben Stadt- und Kurverwaltung Alles aufgeboten, um den Ansprüchen und Bedürfnissen der Besucher in jeder Hinsicht entgegenzukommen und finden wir dort ein sehr schönes Kurhaus, mit vorzüglichen, zweimal täglichen Konzerten, Theater, Lese- und Spielsäle etc. Seit vorigen Herbst hat die renommierte israelitische Restauration 'Pension Levy', welche während der Sommermonate in Interlaken für die leiblichen Bedürfnisse der rituell lebenden Kurgäste sorgt, ein Hotel eröffnet, das sich trotz des kurzen Bestehens durch seine vorzügliche Küche, peinlichste Sauberkeit, aufmerksamste Bedienung und trotz dieser Vorzüge sehr mäßigen Preise einen zahlreichen Passanten- und Touristen-Verkehr zu gewinnen wusste.  
Das Hotel ist während der Wintersaison, also von Oktober bis März, geöffnet und verdient in der Tat die lebhafteste Frequenz seitens der zahlreichen, nach dem Süden pilgernden und rituell lebenden Erholungsbedürftigen und dürfte wohl kein Besucher dieses Hotels dasselbe und die freundliche und aufmerksame Bewirtung anders als dankbar in Erinnerung behalten. Der Name des Hotels 'Joli Site' spricht für dessen wunderbare Lage. Fast unmittelbar am Ufer gelegen, gewähren die Zimmerbalkons eine herrliche Aussicht auf den glänzenden See, der bei dem regen Verkehr der Dampf- und Segelschiffe an dieser Stelle ein stets abwechslungsreiches Bild zeigt.  
Wir können aus all diesen Gründen, zu welchen sich noch die absolute, religiöse Zuverlässigkeit der von Interlaken ohnedies bestrenommierten Wirte gesellt, den Besuch Montreux's aufs Wärmste empfehlen. Auch Vergnügungsreisende werden sich bei einem Aufenthalte in Montreux überzeugen, dass dieser Ort mit Recht seinen Beinamen 'Das schweizerische Nizza' verdient."              

    
Über das jüdische Hotel mit Pension im Hause "De la Paix" (1928)  
(Hinweis: im Hotelprospekt wurde mit dem Begriff "Koscher" und dem Symbol des "Hamburger Speisevereins" (Verein zur Förderung ritueller Speisehäuser) für garantiert streng rituelle Haus- und Küchenführung für das Hotel geworben)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1928: "(Interlaken). Zu den Perlen des Berner Oberlandes, zwischen saftig grüne Matten gebettet, von den klaren und tiefen Thuner und Brienzer Seen umspült und von bewaldeten Bergen - aus deren Mitte die mehr als 4000 Meter himmelragende Jungfrau hervorlugt - dicht umrahmt, zählt schon seit vielen Jahrzehnten das herrliche Interlaken. Vor dem Kriege gab es hier die inzwischen gänzlich eingegangene Pension Levy, die sich immer großen Zuspruches erfreute. Seit 14 Jahren gab es hier - von einer vorübergehenden Einrichtung abgesehen, keine koschere Pension mehr. Dabei hat sowohl die Kurverwaltung, wie auch der Verein zur Förderung mit Sitz in Luzern, immer nach einer zeitgemäßen, streng koscheren Pension Ausschau gehalten. Endlich ist der Wurf gelungen. Ein Bruder des bekannten Herrn Kempler in Lugano und Schuls hat nun ein modernes Hotel mit Pension im Hause 'De la Paix', 2 Minuten vom Hauptbahnhof, in der ruhigen Bernastraße, die zum Rugenpark führt, eröffnet. Der Hamburger Führer (sc. für streng rituelle Gaststätten) hat es natürlich schon verzeichnet. Was aber wichtig ist und hervorgehoben zu werden verdient, das ist wohl der Umstand, dass hier ein wirklicher Fachmann das Haus leitet und die Küche dem verwöhntesten Geschmacke Rechnung trägt. Der Leiter hat das Haus käuflich erworben und ganz modern ausgestattet. Ein schöner Speisesaal wie auch eine gedeckte Veranda bieten Platz für 80 Tischgäste; auch eine kleine Haus-Synagoge für den Gottesdienst am Sabbat fügt sich harmonisch in das ganze ein. Mit Genugtuung darf heute festgestellt werden, dass das Hotelwesen mit Kaschrus unter Aufsicht in der Schweiz, in den letzten Jahren sich sehr stark gehoben hat."         

   
Weiterer Bericht über das jüdische Hotel de la Paix (1935)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1935: "Interlaken, das Zentrum des Berner Oberlandes, am Fuße des 4166 m hohen, ewig schneebedeckten Jungfraumassives gelegen, ist derjenige Platz, der allen, auch den verwöhntesten Ansprüchen nach Erholung entspricht: Nicht zu hoch gelegen, für die, die die Höhenluft nicht vertragen und nicht zu niedrig, um nicht alle Vorzüge der Hochgebirgswelt genießen zu können. Die herrlichen Ausflüge mit den Bergbahnen, auch bis 3450 m (Jungfraujoch, höchste Bergbahn Europas) und die bezaubernden Dampfschifffahrten auf den Thuner- und Brienzersee sind dazu angetan, die Reiseroute nach Interlaken zu lenken. Das Hotel de la Paix in Interlaken, das streng koscher geführt wird, gibt nun den jüdischen Reisenden während ihres Ferienaufenthaltes nicht nur die Möglichkeit, diese einzigen Naturschönheiten des Berner Oberlandes zu bewundern, sondern verschönert ihnen durch seine Komfort, seine ideale Lage und seine erstklassige Küche die Ferien derart, dass die ein dauerndes Erlebnis bleiben."        

  
Hotelprospekt (undatiert, siehe unten) 

Selbstvorstellung: "Hotel de la Paix, Interlaken. Ruhig, staubfrei und doch zentral gelegen, von gepflegtem Garten umgeben. Sonnige Zimmer mit fließend Kalt- und Warmwasser. Geräumige Terrassen. Erstklassige rituelle Küche, sorgfältige Diät. Aufmerksame Bedienung. Besonders für längern Erholungsaufenthalt geeignet. Geöffnet April bis Oktober. Telefon 428. Telegramm-Adresse Paixhotel. Ch. Schleichkorn, Besitzer.
Interlaken ist weltbekannt und bietet alles für einen genußreichen Ferienaufenthalt. Modernes Schwimm- und Sonnenbad, Kursaal, gesellschaftliche Anlässe jeder Art. Reiche Ausflugsmöglichkeiten per Bahn, Schiff und Auto." 
 
Hinweis: das Hotel de la Paix besteht bis zur Gegenwart in Interlaken, Bernastraße 24, ist jedoch kein rituell geführtes Hotel mehr. 
Website des Hotels: www.hotel-de-la-paix.ch/   

    
    
    
Fotos    

Das Hotel-Pension Ginsbourger-Bernheim (1905)

   
   

Foto (Quelle: Buch von Markus Krebser: Eine Reise in die Vergangenheit. s. Lit. S. 231 mit Untertext): "Hotel Pension Ginsbourger-Bernheim, ein israelitisches Fremdenetablissement, wie die Affiche unter dem Dach verrät; geleitet von Florentine Ginsbourger." Das Foto entstand 1905 beim Unspunnenfest-Umzug bei der großen Aarebrücke durch die Bahnhofstrasse Unterseen. Der Text auf der Tafel vor dem Hotel u.a. "Koscher Hotel-Pension Ginsbourger-Bernheim - Koscher. 2. Haus links. Fein möblierte Zimmer - vorzügliche Küche.... gleiches Haus in Montreux 17 Avenue de ...".
Auch in der Burgerbibliothek Bern findet sich ein Foto, auf dem die hebräischen Begriffe (Koscher) jedoch offenbar wegretouchiert wurden: http://katalog.burgerbib.ch/detail.aspx?ID=300418   
Die Blickrichtung beider Fotos ist dieselbe - vom Bahnhof Interlaken West nach Unterseen. Auf dem Foto der Burgerbibliothek ist noch mehr von der Aare-Brücke zu sehen. Für Gäste aus aller Welt, welche mit dem Zug am Bahnhof Interlaken West ankamen, war die jüdische Pension Ginsbourger jedenfalls mühelos auffindbar. Die in historischem Stil reichhaltig gestaltete Fassade prägte die westliche Seite der Bahnhofstraße (heute: Wohnliegenschaft an der Bahnhofstrasse 12, CH-3800 Unterseen). Nach der Darstellung von Ernst Schläppi (s.u. Lit. S. 436) war das Hotel anfangs des Ersten Weltkrieges (September 1914) nicht mehr in Betrieb, da kein Patenterneuerungsgesuch für das Hotel und die Pension Ginsbourger gestellt wurde.   

     
     

Das Hotel de la Paix (1940er-Jahre?)
(Quelle: Hotelprospekt und Karte erhalten im Hotel de la Paix; übermittelt durch Rolf Hofmann, Stuttgart)  

 
  Interlaken Hotel de la Paix 131.jpg (77376 Byte)  Interlaken Hotel de la Paix 133.jpg (98704 Byte) Interlaken Hotel de la Paix 134.jpg (82799 Byte) 
Hotelprospekt (1940er-Jahre?)  Blick auf das Hotel   Speisesaal 
        
Interlaken Hotel de la Paix 137.jpg (91293 Byte) Interlaken Hotel de la Paix 136.jpg (88030 Byte) Interlaken Hotel de la Paix 135.jpg (94701 Byte)
Überdachte Sitzbereiche  Veranda über dem Hotelgarten  Ausgang zum Garten  
       
  Interlaken Hotel de la Paix 138.jpg (96909 Byte) Interlaken Hotel de la Paix 130.jpg (107365 Byte)
     Hotelgarten 
     
Gegenwärtige Ansicht des Hotels
(Postkarte des Hotels)
     
 Kaufhaus "Zur Stadt Paris"
(Foto erhalten von Louis Bloch)
 
  Die Gebrüder Geismar (vgl. zu Thun sowie oben im Text) eröffneten in diesem Jugendstilgebäude 1906 eine Manufakturwaren-, Hut- und Konfektionswarenhandlung unter dem Namen "Zur Stadt Paris". Das Geschäft hatte schon kurz nach seiner Eröffnung einen guten Namen in der Stadt. 
     

    
    

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der politischen Gemeinde Interlaken     

Literatur:  

bulletHans Heimann: Artikel: Wo sind die jüdischen Gäste? In: "Berner Oberländer" vom 4. Juli 2013: eingestellt als pdf-Datei (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
bulletUnterseen, vom mittelalterlichen Städtchen zum heutigen Gemeinwesen, II. Teil Im neuen Kanton, dokumentiert und dargestellt von Ernst Schläppi. Hrsg. Einwohnergemeinde Unterseen, Druck/Verlag Schlaefli & Maurer AG, Interlaken, 2008.
Hier finden sich S. 435 Angaben zum Hotel & Pension Levi. ehemals Villa Risold, gebaut um 1890. Heute: Hotel Post Hardermannli mit Restaurant Arcobaleno an der Hauptstrasse, 3800 Unterseen.
Dazu S. 431 Angaben zum Hotel & Pension Ginsbourger-Bernheim, Israelitische Pension, stammt von 1902. Heute: Wohnliegenschaft an der Bahnhofstrasse mit Coiffeusegeschäft, 3800 Unterseen.
bulletMarkus Krebser: Interlaken. Eine Reise in die Vergangenheit. Verlag Krebser Thun. Zweite, überarbeitete Auflage 1991. Seite 231. Hier finden sich Fotos zum Hotel & Pension Ginsbourger.

     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020