Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Karbach (Landkreis Main-Spessart) 
Der jüdische Friedhof
  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde              
      
Siehe Seite zur Synagoge in Karbach (interner Link)  
     
     
Zur Geschichte des Friedhofes         
     
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden traditionell in Laudenbach beigesetzt. Ein eigener Friedhof in Karbach wurde im Jahr 1819 von der jüdischen Gemeinde angelegt. Sie hatte das Grundstück für vier Gulden erworben. Im Blick auf die Anlage wurde eine Stellungnahme des berühmten Rabbiners Baal-Schem (Isaak Löb Wormser; 1768/69-1847) aus Michelstadt eingeholt. Dieser forderte zur Einigkeit, besonders in dieser Angelegenheit auf. Die erste Bestattung auf dem neuen Friedhof war die der im Alter von 73 Jahren im März 1819 verstorbenen Reitz Rosenband aus Marktheidenfeld, woran auch der Grabstein erinnert. 
  
Auch Juden aus Homburg (seit 1852), Erlenbach und Marktheidenfeld wurden auf dem Friedhof Karbach beigesetzt. Der Friedhof wurde bis 1938 belegt, die letzte Beisetzung war am 19. Oktober 1938 (Max Guttmann aus Karbach, gestorben im Alter von 49 Jahren). Es sind 344 Gräber registriert mit teilweise sehr schön verzierten Grabsteinen (nach der letzten Zählung 235 Grabsteine in 16 Reihen). Das Friedhofsgrundstück umfasst 38,30 ar. Es ist heute von einem Holzzaun umgeben. Steinerne Torpfosten sicherten den Eingang. In der NS-Zeit sollte der Friedhof abgeräumt werden. Nach Kriegsende mussten frühere Parteimitglieder die auf dem Friedhof umgeworfenen Grabsteine wieder aufstellen, was bis März 1946 umgesetzt wurde.   
  
Beim Novemberpogrom 1938, im März/April 1948 und 1981 wurde der Friedhof geschändet (im letzteren Jahr wurden zwei Gräber ausgehoben).   
 
Im November 1983 wurde im Friedhof ein Gedenkstein aufgestellt. Der Historiker Dr. Leonhard Scherg hatte die Aufstellung angeregt. Der Gedenkstein trägt die Inschrift: "Den Toten zur Ehre und zum Ewigen Gedenken an unsere jüdischen Mitbürger, an ihre Verfolgung, an ihr Leid und ihren Tod. Uns Lebenden sei es Mahnung, kommenden Geschlechtern eine eindringliche Lehre. Errichtet im Jahre 1983 von den Gemeinden Karbach, Homburg und Marktheidenfeld".  
  
  
Aus der Geschichte des Friedhofes 
Das Gutachten des Michelstadter Rabbiners Baal Schem (1812)  
(Kopie aus der Sammlung von Leonhard Scherg, der die Kopie aus dem Stadtarchiv Michelstadt erhielt)     

Karbach Friedhofgutachten 1812.jpg (352398 Byte) Aus der Beilage "Aus alter und neuer Zeit" des Israelitischen Familienblatts Hamburg vom 7. Februar 1935: 
"Der Baal Schem von Michaelstadt mahnt zur Einigkeit.
 
Von Herrn S. Eschwege - Hamburg wurde uns das nachstehende Dokument von der Hand des Baal-Schem von Michelstadt (Isaak Löb Wormser, 1768-1847) zur Verfügung gestellt. Es ist ein Gutachten, das die Gemeinde zu Karbach (Bayern) in einer Friedhofsangelegenheit von dem berühmten Rabbi nachsuchte. Dessen Antwort enthält eine eindringliche Mahnung auch an unsere Zeit! Nicht die Ausschaltung einer Gesetzesübertretung war für ihn das Wesentliche, sondern in den Vordergrund seiner Entscheidung stellte er die Forderung, einig zu sein..."
Zum Lesen des hebräischen Textes und der deutschen Übersetzung bitte Textabbildung anklicken.       

  
  
Lage des Friedhofes           
   
Der Friedhof liegt südwestlich von Karbach auf einem Hügel innerhalb eines kleinen Waldes nahe dem alten Sportplatz. Er ist eingetragen auf dem Ortsplan der Gemeinde Karbach: hier anklicken (Quadrat B 4). 
Der Friedhof ist nicht zugänglich (massive, relativ hohe Bruchsteinmauer um den Friedhof). Anmeldung / Schlüssel bei Herrn Josef Laudenbacher unter 09391-6935
.   
   
   
   
Fotos 
(Alle Fotografien wurden von Klaus Kurre, Mainberg angefertigt und dürfen nicht ohne Genehmigung weiter verwendet werden. Hochauflösende Aufnahmen und weitere, hier nicht hinterlegte Bilder können per Mail bei Klaus Kurre angefordert werden).

Karbach Friedhof 100.jpg (42427 Byte) Karbach Friedhof 101.jpg (48685 Byte) Karbach Friedhof 102.jpg (97181 Byte)
   Blick auf Karbach vom Friedhof   Das Eingangstor  
      
Karbach Friedhof 103.jpg (95964 Byte) Karbach Friedhof 104.jpg (96873 Byte) Karbach Friedhof 105.jpg (95538 Byte)
Denkmal am Eingang von 1983   Teilansichten  
   
Karbach Friedhof 106.jpg (90621 Byte) Karbach Friedhof 107.jpg (56019 Byte) Karbach Friedhof 108.jpg (91921 Byte)
  Grabstein mit den "segnenden Händen" 
der Kohanim für "Jizchak, Sohn des
 Meschulam HaKohen
" aus Homburg
 
     
Karbach Friedhof 109.jpg (93722 Byte) Karbach Friedhof 110.jpg (87159 Byte) Karbach Friedhof 111.jpg (61093 Byte)
   Grabstein für den am 15.12.1909
 gestorbenen "Pinchas bar Schmuel Halevi"
 mit einer Levitenkanne
  

    
Der Friedhof im Herbst 2006 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.10.2006)  

Karbach Friedhof 230.jpg (133212 Byte) Karbach Friedhof 220.jpg (101507 Byte) Karbach Friedhof 221.jpg (91083 Byte)
Eingangstor   Hinweistafel   Denkmal von 1983  
       
Karbach Friedhof 222.jpg (127586 Byte) Karbach Friedhof 227.jpg (123434 Byte)  
  Teilansichten      
    
Karbach Friedhof 223.jpg (109746 Byte) Karbach Friedhof 226.jpg (132392 Byte) Karbach Friedhof 224.jpg (115286 Byte)
Teilansichten 
 
Karbach Friedhof 229.jpg (72391 Byte) Karbach Friedhof 225.jpg (99410 Byte) Karbach Friedhof 228.jpg (70525 Byte)
Schofar auf Grabstein für einen, der 
dieses an den Hohen Feiertagen in 
der Synagoge geblasen hat 
Levitenkanne Levitenkannen 
   
     
        
     
Besuch auf dem Friedhof von Walter Guttmann
(Quelle des Fotos: 
Website der Stadt Marktheidenfeld
bzw. Martin Harth)
Karbach Friedhof 830.jpg (51019 Byte) Karbach Guttmann15.jpg (65851 Byte) Karbach Guttmann03.jpg (99568 Byte) Karbach Guttmann26.jpg (104212 Byte)
  Walter Guttmann beim Besuch des Friedhofes
  
   
Von links: Helga Balzert (Karbach), 
Dr. Leonhard Scherg, W. Guttmann und Josef Laudenbacher (Karbach)
Am Grab des Onkels Max Guttmann
 (gest. 17. Oktober 1938)
         

Karbach Lit 060.jpg (38583 Byte)Bei dem obigen Besucher handelte es sich um Walter Guttmann (geb. 1928 in Duisburg, gest. 2014 in Herzliya/Israel). Sein aus Karbach stammender Vater Hermann Guttmann (geb. 1888), der in Duisburg als Altmetallhändler tätig war, starb Ende 1938 an der Folgen der KZ-Haft im Lager Dachau nach dem Novemberpogrom. Die Mutter Selma geb. Löwenwärter (geboren 1893 in Castrop-Rauxel), war schon im Vorjahr nach schwerer Krankheit verstorben. Walter Guttmann und sein drei Jahre jüngerer Bruder Alfred Guttmann wurden in den Niederlanden von jüdischen Familien aufgenommen. Walter Guttmann wurde später über das Lager Westerbork in das KZ Bergen-Belsen deportiert und überlebte. Sein Bruder Alfred Guttmann wurde in Auschwitz ermordet. Walter Guttmann wanderte nach seiner Befreiung aus dem KZ und der Bewältigung schwerwiegender gesundheitlicher Folgen der Haftbedingungen von Bergen-Belsen schließlich von den Niederlanden nach Israel aus. Er hinterließ als jüdischer Überlebender und Homosexueller bemerkenswerte Lebenserinnerungen unter dem Titel "Ich wollte es so normal wie andere auch". (vgl. http://maennerschwarm.de/Verlag/htdocs/ich_wollte_es_so_normal_wie_andere_auch.html
Der Besuch von Walter Guttmann auf dem Friedhof fand 2003 statt.   

   

   
Einzelne Presseberichte 

September 2011: Auf den Spuren der Vorfahren   
Artikel von Josef Laudenbacher in der "Main-Post" vom 22. September 2011 (Artikel): 
"Im Landkreis Main-Spessart zurück zu den Wurzeln
(David Harel, der im Kibbuz Yavne rund 40 Kilometer südlich von Tel Aviv lebt, war für mehrere Stunden zu Gast in Karbach. Zusammen mit seiner 64-jährigen Schwester Rachel Halberstadt (Jerusalem), die als Hebamme praktiziert, und seiner Cousine Judith Halberstadt, einer ehemaligen Krankenschwester aus der Nähe von Haifa, besuchte er den Jüdischen Friedhof, die Anwesen seiner Vorfahren, die einstige Synagoge und die Mikwe. (lau) David Harel, der im Kibbuz Yavne rund 40 Kilometer südlich von Tel Aviv lebt, war für mehrere Stunden zu Gast in Karbach. Zusammen mit seiner 64-jährigen Schwester Rachel Halberstadt (Jerusalem), die als Hebamme praktiziert, und seiner Cousine Judith Halberstadt, einer ehemaligen Krankenschwester aus der Nähe von Haifa, besuchte er den Jüdischen Friedhof, die Anwesen seiner Vorfahren, die einstige Synagoge und die Mikwe.
Vorher waren die 'Spurensucher' bei Kristina Ackermann in Thüngen, wo eine ganze Reihe von Tannenwalds gelebt haben, bei Georg Schnabel (Mühlbach), der den einstigen jüdischen Bezirksfriedhof in Laudenbach betreut, sowie auf dem jüdischen Friedhof in Würzburg. An den Gräbern ihrer Vorfahren legten die Gäste aus Israel die üblichen Steinchen zur Erinnerung ab, sie beteten und brannten Lichter an.
Die Tannenwalds kamen aus Urspringen und wurden in Karbach sesshaft. Die Unantastbarkeit jüdischer Grabstätten, die nur einmal belegt werden und auf Ewigkeit im Besitz des Verstorbenen bleiben, macht es auf dem jüdischen Friedhof möglich, lückenlos Nachforschungen anzustellen. Zehn Vorfahren der Tannenwalds sind hier begraben. 
In 1930er Jahren ausgewandert. Moses Pfeufer ist nach Auffassung von Historiker Dr. Leonhard Scherg (Marktheidenfeld) der Stammvater der Karbacher Familie, die 1839 den Namen Tannenwald annahm. Er wurde um 1700 geboren, in Karbach der 'große Pfeiffer' genannt und wohnte neben der 'Schenke Stern' (heute Anwesen Peter Freund), wo auch seine Nachkommen lebten.
Die Familiengeschichte in Karbach endete in den 1930er Jahren: Moses Tannenwald, ein Kaufmann (geboren 1874), reiste nach der Reichspogromnacht 1938 über Würzburg nach Palästina aus. Jacob Halberstadt, der in Nieder-Mockstadt (Hessen) aufgewachsen war, wanderte bereits 1936 aus und entkam so der Vernichtung durch die Nationalsozialisten."   
 
November 2011: "Pädagogischer Tag" auf dem Friedhof    
Artikel in der "Main-Post" vom 29. November 2011: "Besuch auf dem jüdischen Friedhof.  
Etwa 70 Mitarbeiter der St.-Kilian-Schule Marktheidenfeld-Lohr mit ihrer Leiterin Brigitte Krückel marschierten bei einem pädagogischen Tag von Marktheidenfeld aus über den Baumhofsweg hinauf auf den Karbacher Mühlberg, um dort mit Josef Laudenbacher eine Stunde lang über die Geschichte der Karbacher, Homburger und Marktheidenfelder Juden zu reden sowie den jüdischen Friedhof näher kennen zu lernen..."  
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei        
 
November 2018: Die letzte Beisetzung auf dem Friedhof war im Oktober 1938    
Artikel von Josef Laudenbacher in der "Main-Post" vom November 2018: "Karbach. Letzte Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof vor 80 Jahren
80 Jahre ist die letzte Beerdigung eines jüdischen Mitbürgers auf dem jüdischen Friedhof in Karbach her, dem einzigen jüdische Friedhof des Altlandkreises Marktheidenfeld. Max Guttmann, der im Alter von 49 Jahren verstorben war, wurde hier am 19. Oktober 1938 beigesetzt. Die erste Bestattung galt Reitz Rosenband am 12. März 1819. 1910 lebten in Karbach noch 57 jüdische Mitbürger, 1939 waren es noch 45. Die Guttmanns, von ihnen gab es fünf anerkannte und geachtete Familien, waren alles Viehhändler, in jeweils eigenen Bereichen. Nach einer Aufstellung der Marktgemeinde vom 1. April 1935 gab es derer noch neun Personen, die in den Anwesen (altes Verzeichnis) 41, 50, 51, 74 (alte Post) und 217 wohnten. Deportiert wurden am 23. April 1942 Samuel, Rosa, Julius, Meta, Ingeborg, Margot, Josef und Ida. Insgesamt fanden auf dem Karbacher jüdischen Friedhof mit Samuel Guttmann (15.11.1830) und Max Guttmann 16 Guttmanns ihre letzte Ruhestätte. Die alten Grabsteine mit ihren interessanten Abbildungen finden immer wieder großes Interesse. 1819 angelegt und ab 1851 auch Ruhestätte für benachbarte Juden aus Homburg, Erlenbach und Marktheidenfeld. 340 Bestattungen, in 16 Reihen, vom Westen nach Osten, Richtung Jerusalem, und vom Süden nach Norden belegt, stehen 234 Grabsteine. Grabsteine erhielten Kinder in der jüdischen Gemeinde Karbach erst ab fünf bis sechs Jahren . Dazwischen zeigt sich der Friedhof als ein lückenloses Register und Geschichtsbuch, da ein jüdisches Grab nur einmal belegt wird, im Gegensatz zu den christlichen Begräbnisritualen.
Walter Guttmann, ein 1928 geborener Neffe des Max Guttmann, dessen Vorfahren aus Karbach stammten, hat in den vergangenen Jahrzehnten Karbach immer wieder besucht. Seinen Bruder Alfred Guttman, deportierten die Nazis im Alter von zwölf Jahren 1943 nach Auschwitz, wo er umkam. Walter Guttmann verschleppten sie in das Sammellager Westerbork, danach in das grauenhafte Hungerlager Bergen-Belsen. Kurz vor der Befreiung des Lagers durch britische Truppen musste er nochmals auf Transport, zusammen mit 2500 Leidensgenossen. Dieser endete, in der Geschichte des "Verlorenen Zuges", irgendwo in Thüringen bei Tröbnitz/Weimar, wo er auf freiem Felde von der vorrückenden russischen Armee befreit wurde. 1000 Mitgefangene überlebten den Transport nicht. Nach Sanatoriumsaufenthalten in den Niederlanden folgten Schule, Abitur und ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. 1958 wanderte er von Holland nach Israel aus und fand eine Beschäftigung in einer Bank. Vor wenigen Jahre hat er sich in ein Seniorenheim in Herzliya bei Tel Aviv zurückgezogen, war aber trotzdem ständig unterwegs. Vor drei Jahren ist er gestorben." 
Link zum Artikel  
 
Oktober 2019: Über die 200-jährige Geschichte des Friedhofes 
Artikel von Josef Laudenbacher in der "Main-Post" vom 30. Oktober 2019: "Karbach. Vor 200 Jahren legten die Karbacher Juden ihren Friedhof an
Gleich zweier 200. Jahrestage wird heuer in Karbach gedacht: Zum gab das Großherzogtum Baden das 'Amt Steinfeld', zu dem auch Karbach gehörte, an das Königreich Bayern zurück, zum anderen wurde 1819 der jüdische Friedhof auf dem Mühlberg angelegt. 344 Beerdigungen sind dort registriert. Das jüdische Leben in der Gemeinde, das nachweislich 1699 begonnen hatte, endete im Mai 1942 mit der Deportation der noch im Ort verblieben 27 jüdischen Männer, Frauen und Kinder in die Vernichtungslager.
Auf dem 3830 Quadratmeter großen Friedhof stehen 235 Grabsteine in 16 Reihen, im Westen beginnend und nach Osten, Richtung 'Jeruschaleim' ausgerichtet. Der älteste Grabstein erinnert an die mit 73 Jahren gestorbene Marktheidenfelderin Reitz Rosenband; die letzte Beerdigung war der am 19. Oktober 1938 im Alter von 49 Jahren verstorbene Karbacher Max Guttmann. Auf den Grabsteinen abgelegte Steine erinnern an Besucher. Sie bedeuten 'Ich war da' oder erinnern an den Auszug aus Ägypten, als die Israeliten ihre Toten in der Wüste beerdigen mussten und zum Schutze von Tieren mit Steinen abdeckten. Das Grab eines Juden ist unantastbar und wird nie weiter belegt.
Späte Konsequenz des 'Badischen Amtes'? Der Friedhof wurde im März 1819 angelegt, nachdem die israelitische Kultusgemeinde das unwegsame Gelände für vier Gulden erworben hatte – damals sehr viel Geld. Möglicherweise war die Anlage eine späte Folge des 'Badischen Amtes', das von 1806 bis 1819 bestand, und wodurch den Karbacher Juden die Beisetzung auf dem Bezirksfriedhof in Laudenbach - im bayerischen Ausland - erschwert war. Die Leichentransporte waren mit Pferdefuhrwerken mühsam, der Grenzverkehr kompliziert und die Zeit war knapp, lautete die Vorschrift doch: 'Noch am gleichen Tag (24 Stunden), nach Ritualwäsche, protokollarischen Vorschriften, Einkleiden, Sargbeschaffung usw. sollt ihr Sie/Ihn beerdigen'. Die Karbacher waren deshalb vorübergehend auf die Friedhöfe im badischen Wenkheim, Külsheim oder Wertheim angewiesen. Der Friedhof in Karbach wurde bis 1852 allein von der jüdischen Gemeinde in Karbach genutzt. Ab 1851/52 bestatteten auch die jüdischen Gemeinden in Homburg und Marktheidenfeld, die bis dahin den Friedhof in Külsheim genutzt hatten, in Karbach. Grabsteine waren erst für Kinder ab dem fünften Lebensjahr üblich. Im Register sind die Kindergräber üblicherweise mit 'KR' gekennzeichnet, was vielleicht Kinderruhestätte bedeutet. Die gesamten Gräber hat Historiker Dr. Leonhard Scherg (Marktheidenfeld) in mühevoller Kleinarbeit erfasst.
Letzte Beerdigung im Oktober 1938. 81 Jahre ist es her, dass die letzte Mensch hier beerdigt wurde: Max Guttmann. 1910 lebten in Karbach noch 57 jüdische Mitbürger, 1939 waren es noch 45. Die Guttmanns – von ihnen gab es fünf geachtete Familien – waren alle Viehhändler mit jeweils eigenen Geschäftsbereichen. Insgesamt fanden in Karbach 16 Guttmanns ihre letzte Ruhestätte. Der Friedhof war von Anfang an mit einem Holzzaun umgeben. Steinerne Torpfosten sicherten den Eingang. Wie eine Inschrift am steinernen Türpfosten von 1887 festhält, hat die neue Mauer auf 'eine Lenge und 318 Füsse' zum ewigen Andenken Jehuda, Sohn von Abraham und Ehefrau Scheva, Tochter von Wolf Ha Choen Adler gespendet. Die Verstorbenen wurden in der Reihenfolge ihres Todes beigesetzt. Eine der wenigen Ausnahmen zeigen die beiden Gräber von Vater und Sohn Heimann, die beide an einer Seuche starben. Auf ihren Grabsteinen steht 'Du bist mein Vater, hier bin ich angekommen, wer gibt mir eine Feder, Ich werde fliegen bis zu Deinem Tempel' und 'Unsre Seelen werden ruhen im Guten. Die Seele mögen ruhen mit allen Lebenden Amen'.
Wandel in der Grabsteingestaltung. Die ältesten Grabsteine zeigen einfache romanische Formen und sind nahezu völlig mit hebräischen Schriftzeichen bedeckt. Nur die Grabsteine der letzten vier Reihen tragen zum Teil auch schon deutsche Inschriften. In der 16. Reihe sind auch einige Einfassungen zu sehen wie auf christlichen Friedhöfen üblich. In vielen Einzelheiten lässt sich deutlich die Assimilierung der jüdischen Bürger bezüglich der Vornamen und anhand zeitgenössischer Schmuckelemente feststellen. Interessant sind die Symbole auf den Grabsteinen wie die Krone als Zeichen der Priesterschaft und eines guten Namens, segnende Hände für die Priesterschaft Kohanim, der Wasserkrug als Kennzeichen der Zugehörigkeit zum Stamme Levi, der Davidschild oder Magen David (Davidstern), die Gesetzestafeln oder allgemeine Symbole wie Kranz, Girlande und gebrochener Zweig oder Rose, als Symbol für das Ende eines jungen Lebens. Das Schofarhorn, das zum Neujahrstag geblasen wird, zeigt, dass hier ein Schofarbläser begraben liegt. Auf vielen Grabsteinen finden sich besondere Symbole, die das Leben des Verstorbenen kennzeichnen.
Friedhofsschändungen 1938 und 1948. 1938 wurden bei den Novemberpogromen Steine aus der Umfassungsmauer gerissen und Grabsteine umgeworfen, Inschrifttafeln zerstört. 1941 forderte NSDAP-Kreisleiter Max Sorg (Marktheidenfeld) in einem Brief eine 'Bereinigung' des ihm unerträglichen Zustands, dass im Kreisgebiet Marktheidenfeld-Karlstadt noch zwei Judenfriedhöfe' (Karbach und Laudenbach) bestünden. Für ganz Mainfranken reiche einer, meinte er. 1943 kündigte das Bayerischen Innenministerium an, die (unter Zwangsverwaltung stehende) Reichsvereinigung der Juden in Deutschland werde alle 'Friedhöfe, die nicht mehr belegt werden' verkaufen und vorrangig den Gemeinden anbieten. Einschränkungen der künftigen Nutzung seien weder nötig noch erwünscht. Nach dem Kriegsende forderte die Gemeinde Karbach frühere Parteimitglieder mehrmals auf, auf dem Friedhof umgeworfene Grabsteine wieder aufzustellen. Aber nichts geschah. Erst im März 1946 konnte der von der Militärregierung eingesetzte Bürgermeister Adalbert Hain melden, die Steine stünden wieder. Im Mai waren auch die fehlenden Abdeckplatten auf der Friedhofsmauer wieder ersetzt. Da aber im März/April 1948 erneut eine Friedhofsschändung erfolgte, wurde der Friedhof 1948/49 regelmäßig von der Besatzungsmacht bewacht. 1951 wurde der Friedhof an die Jewish Restitution Successor Organisation übertragen. Heute befindet sich das Denkmal jüdischer Vergangenheit im Besitz des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinde Bayern.
Dr. Leonhard Scherg bei seiner Ansprache am Totensonntag, 20. November 1983, auf dem jüdischen Friedhof in Karbach. Von rechts: Senator David Schuster, Altbürgermeister Ruprecht Hart (Karbach), Bürgermeister Armin Grein (Marktheidenfeld) und Bürgermeister Rudolf Scheurich (Triefenstein). Foto: Josef Laudenbacher
Gedenkstein als ewiges Mahnmal. Mit dem Wortlaut 'den Toten zur Ehre und zum ewigen Andenken an unsere jüdischen Mitbürger, an ihre Verfolgung, an ihr Leid und ihren Tod' beginnt die Inschrift eines Gedenksteines, der am Totensonntag 1983 im jüdischen Friedhof enthüllt wurde. 50 Jahre nach der Machtergreifung gedachten die Gemeinden Karbach, Marktheidenfeld und Triefenstein ihrer jüdischen Mitbürger, Nachbarn und Freunde, die unter den Nazis zu leiden hatten. Historiker und Heimatpfleger Dr. Leonhard Scherg hatte die Aufstellung des Gedenksteines angeregt. Senator David Schuster, Vater des jetzigen Präsidenten des Zentralrates der Juden Deutschlands Josef Schuster, dankte im Namen der jüdischen Kultusgemeinde Würzburg und erinnerte an die Leiden der jüdischen Bevölkerung. Der Gang über den Friedhof macht auch heute die meisten Besuchern nachdenklich in Erinnerung an das brutale Ende des jahrhundertelangen Zusammenlebens von Juden und Christen sowie an die grausame Ermordung von Millionen von jüdischen Mitbürgern."
Link zum Artikel   

    
     

Links und Literatur  

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde (Markt) Karbach (mit Informationen zur jüdischen Geschichte über Link bei "Kultur und Tourismus") 
bulletDokumente zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Karbach in den Central Archives in Jerusalem (pdf-Datei): hier anklicken    
Link zu den Central Archives Jerusalem   
bulletZur Seite über die Synagoge in Karbach  (interner Link)   

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 71-72.
bulletMichael Trüger: Der jüdische Friedhof Karbach. In: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Jg. 1998 13.Jg. Nr. 77 vom September 1998 S. 29-30.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 327-328.  
bulletLeonhard Scherg: Jüdische Gemeinden und Einrichtungen. In: Juden im Landkreis Marktheidenfeld. Marktheidenfeld 1993 (=Schriftenreihe des Historischen Vereins Marktheidenfeld und Umgebung Bd. 13.) S. 7-70.
bulletders.: Jüdisches Leben im Main-Spessart-Kreis. Orte, Schauplätze, Spuren. (Reihe: Orte jüdischer Kultur) 11/2000 Haigerloch 2000.
bulletMichaela Juhr: Das Leben der jüdischen Gemeinde in Karbach und ihre Vernichtung im Dritten Reich. Fachwissenschaftliche Grundlegung und Umsetzung in einer Unterrichtseinheit für das historische Lernen in der vierten Klasse der Grundschule. Schriftliche Hausarbeit für das Lehramt an Grundschulen. Universität Würzburg 1999.
bulletDokumentation des Friedhofes Karbach:  Leonhard Scherg: Der Judenfriedhof in Karbach. Friedhofsverzeichnis. 1982, aktualisiert und ergänzt 2010 (Stand: 17. März 2010). 70 Seiten. Eingestellt als pdf-Datei.  

   
    

                   
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Stand: 15. Oktober 2013