Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Ulm (Stadtkreis)
Jüdische Geschichte / Beträume/Synagogen bis 1938/41
Übersicht:
Hinweis: es gibt eine weitere Seite zu der im Dezember 2012
eingeweihten neuen Synagoge in Ulm.
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Ulm bestand eine jüdische Gemeinde zunächst im
Mittelalter. In einer Reichssteuerliste von 1241/42 wird die
Gemeinde genannt. Wenige Jahre zuvor (1236/38) gab der Ulmer jüdische
Kaufmann Yosef bar Moshe in Würzburg eine prächtig ausgestattete Bibel in
Auftrag, die bis heute in der Bibliotheca Ambrosiana in Mailand erhalten ist
("Ambrosianische Bibel").
Während der Judenverfolgung in
der Pestzeit 1349 wurde die Gemeinde vernichtet (am 30. Januar 1349). In der zweiten Hälfte des 14.
Jahrhunderts zogen wieder Juden in der Stadt zu. Es kam zur Neubegründung einer Gemeinde.
1499 wurden die Juden aus der Stadt ausgewiesen. Bereits seit 1493 hatte die
Reichsstadt beim Kaiser gebeten, die Juden aus der Stadt zu vertreiben.
Hinweis: eine umfassende Darstellung zur Geschichte der mittelalterlichen
jüdischen Gemeinde in Ulm findet sich in der Dissertation von Christian Scholl:
Die Judengemeinde der Reichsstadt Ulm im späten Mittelalter. Innerjüdische
Verhältnisse und christlich-jüdische Beziehungen in süddeutschen Zusammenhängen.
Hannover 2012 (Forschungen zur Geschichte der Juden A 23). Die Dissertation ist
online zugänglich
https://ubt.opus.hbz-nrw.de/frontdoor/index/index/docId/1503.
Erst im 19. Jahrhundert kam es wieder zur Bildung einer jüdischen
Gemeinde. Nach 1806 konnten – zunächst nur wenige - Juden in der Stadt
zuziehen (1806 Heinrich Röder [früher Harburger] aus München, 1815 Seligmann
Guggenheim aus Hechingen). 1823 gab es 13 jüdische Personen in Ulm, 1831 12,
1843 19, 1854 57. Bis 1856 gehörten die in Ulm lebenden jüdischen
Personen zur Gemeinde in Laupheim. 1856 konnte sich eine selbständige
israelitische Gemeinde in Ulm bilden.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl jüdischer
Einwohner wird folgt: 1858 230 jüdische Einwohner, 1861 327, 1864 373, 1867
394, 1871 555 (2,1 % von
insgesamt 26.290 Einwohnern), 1875 692, 1880 Höchstzahl von 694 (2,1 % von 32.773),
1885 667, 1890
664 (1,8 % von 36.191), 1895 643, 1900 609 (1,7 % von 42.982), 1905 613, 1910 588 (1,0 % von 56,109).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde u.a. eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (Religionsschule, erst in der NS-Zeit jüdische Volksschule
s.u.) und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war - neben dem Rabbiner - ein Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. Erster Lehrer und Vorbeter war Simon Einstein
aus Laupheim, der 1845 als "Vorsängeramtsverweser" von der
Israelitischen Oberkirchenbehörde nach Ulm berufen wurde. Seit 1889 war Ulm Rabbinatssitz.
Rabbiner in Ulm waren: bis 1906 Dr. Seligmann Fried, 1906 bis 1915 Jesajas
Straßburger, 1916 bis 1927 Dr. Ferdinand Straßburger, 1928 bis 1939 Dr. Julius
Cohn.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Ludwig Einstein
(geb. 16.6.1884 in Stuttgart, gef. 1.12.1914), Unteroffizier Julius Erlanger
(geb. 10.10.1892 in Ulm, gef. 5.11.1914), Max Essinger (geb. 9.6.1890 in Ulm,
gef. 18.10.1918), Max Griesheim (geb. 21.4.1895 in Beuern, gef. 30.10.1915),
Gefreiter Otto Hirsch (geb. 1.1.1890 in Ulm, gef. 18.6.1915), Heinrich Kahn
(geb. 24.3.1889 in Schierstein, gef. 16.7.1918), Leutnant Hans Mann (geb.
14.1.1895 in Ulm, gef. 10.5.1916), Ernst Marx (geb. 12.9.1878 in Ulm, gef.
11.5.1917), Ernst Marx (geb. 12.9.1878 in Ulm, gef. 11.5.1917), Vizefeldwebel
Berthold Mayer (geb. 23.2.1891 in Ulm, gef. 16.8.1916), Leutnant Theodor Moos
(geb. 17.2.1896 in Ulm, gef. 27.5.1918), Gefreiter Ernst Oettinger (geb.
7.4.1890 in Ulm, gef. 26.10.1915), Julius Oettinger (geb. 5.6.1893 in Ulm, gef.
21.4.1917), Ludwig Rothschild (geb. 25.4.1889 in Tirschenreuth, gef. 27.5.1917),
Unteroffizier Ludwig Stark (geb. 23.4.1891 in Ermetzhofen, gef. 24.8.1914),
Alfred Ucko (geb. 23.12.1897 in Beuthen, gef. 2.10.1916), Leutnant Ernst Emil
Weil (geb. 16.6.1890 in Ulm, gef. 26.7.1917), Leutnant Otto Weil (geb. 1.6.1895
in Ulm, gef. 18.6.1917), Max Wolf (geb. 25.4.1893 in Heddesheim, gef.
25.5.1916). Außerdem ist gefallen: Ernst Landauer (geb. 1.5.1896 in Ulm, vor
1914 in Stuttgart wohnhaft, gef. 22.3.1917).
Um 1924, als zur Gemeinde 565 Personen gehörten (Zahl von 1925, 1,0 % von insgesamt 57,427
Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Rechtsanwalt Benno Gump, Rechtsanwalt
Dr. Hirsch II, Moritz Nathan, Emil Mayer, Alfred Wolf und Julius Hilf. Rechner
der Gemeinde war Ferdinand Straßburger, Synagogendiener Wilhelm Bausch,
Gemeindepfleger Leopold Hirsch I. Kantor und Religionslehrer Abraham Adler. er
erteilte - zusammen mit Rabbiner Dr. Straßburger - damals 85 Kindern der
Gemeinde den Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Israelitischen
Männerverein (bzw. Israelitischer Wohltätigkeitsverein e.V.;
gegründet 1857; 1924 unter Leitung von Jakob Guggenheim mit 225 Mitgliedern,
1932 unter Leitung von Julius Strauß mit 145 Mitgliedern; Zweck und
Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger), den Israelitischen
Frauenverein (gegründet 1847; 1924/32 unter Leitung von Sophie Levy und 196
bzw. 198 Mitgliedern), den Israelitischen Armenverein (bzw.
Israelitischer Wanderarmenverein, gegründet 1895, 1924 unter Leitung von
Rabbiner Dr. Straßburger und 225 Mitgliedern, 1932 unter Leitung von Rabbiner
Dr. Cohn und 170 Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiet: Wanderfürsorge), einen Jüdischen
Jugendbund (1924 unter Leitung von Else Natanson und 25 Mitgliedern), den
Israelitischen Leseverein (1924 unter Leitung von Rechtsanwalt Moos und 180
Mitgliedern), eine Ortsgruppe des Central-Vereins (1924 unter Leitung von
Rechtsanwalt Moos I. und 176 Mitgliedern), eine Ortsgruppe des Reichsbundes
jüdischer Fronsoldaten (1924 unter Leitung von Dr. med. Hirsch). Die
Wohltätigkeitsvereine der Gemeinde schlossen sich 1924 zusammen zu einer
Örtlichen Zentrale für jüdische Wohlfahrtspflege (Zweck und Arbeitsgebiete:
Zusammenschluss der jüdischen Wohlfahrtsvereine, Wanderfürsorge, Unterhaltung
einer Nähstube).
Zur jüdischen Gemeinde in Ulm gehörten auch die in Heidenheim (1924: 27),
Herrlingen
und Neu-Ulm (1924: 40) lebenden jüdischen
Personen. Einzelne jüdische Personen / Familien lebten auch in weiteren Orten
der Umgebung von Ulm (u.a. Söflingen, Wiblingen, Gerstetten).
1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Rechtsanwalt Benno Gump (wohnt
Donaustraße 11). Damals hatte der Vorstand auch Ausschüsse gebildet:
Vorsitzender des Bauausschusses war Emil Mayer, Vorsitzender des
Wohlfahrtsausschusses Rabbiner Dr. Cohn; dazu gab es einen Friedhofsausschuss.
Im Schuljahr 1931/32 erhielten 74 Kinder der Gemeinde
Religionsunterricht.
In den 1920er-Jahren fand der Antisemitismus in der Stadt immer mehr
Anhänger.
1933 wurden 516 jüdische Einwohner in Ulm gezählt (0,8 5 von insgesamt 62.472
Einwohnern). Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden
Entrechtung und der Repressalien ist ein großer Teil von ihnen alsbald aus Ulm
verzogen beziehungsweise ausgewandert. Die nationalsozialistische Zeitung
"Ulmer Sturm" führte eine wüste Presseagitation gegen die jüdischen
Bürger der Stadt. Der Leiter des Städtischen Museums Prof. Dr. Julius Baum,
der sich um das kulturelle Leben der Stadt in den Jahren der Weimarer Republik
verdient gemacht hatte, wurde seines Postens als Museumsleiter enthoben. Die
seit 1929 nach Albert Einstein benannte Straße wurde in Fichte-Straße
umbenannt. In Ulm sollte nichts mehr an den großen Naturwissenschaftler
erinnern, dessen Name und Ansehen bei jeder Gelegenheit verunglimpft wurde. Die
Stadtverwaltung betrieb eine aktive Vertreibungspolkitik, indem sie u.a.
Mietverträge kündigte und jüdische Geschäftsinhaber von der Liste der
städtischen Lieferanten strich. Im Frühjahr 1936 wurden etwa 35 jüdische
Schülerinnen und Schüler von den öffentlichen Schulen gewiesen. Darauf
richtete die jüdische Gemeinde eine eigene Jüdische Volksschule ein; die von
den Höheren Schulen ausgeschlossenen Schülerinnen und Schüler besuchten das
Jüdische Landschulheim in Herrlingen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), jüdische
Einwohner schwer misshandelt und in "Schutzhaft" genommen. 29 Männer
wurden in das Polizeigefängnis in der Griesbadgasse gesperrt und von dort am
11. November in das KZ Dachau verschleppt. Hier starb Julius Barth am 24.
Dezember 1938 an den Folgen der Misshandlungen. Anfang 1939 gab es kein
jüdisches Unternehmen mehr in der Stadt. Die Zahl der jüdischen Einwohner ging
1939 von 185 auf etwa 115 (in 46 Familien) zurück. Seit Sommer 1939 wurden die
jüdischen Einwohner aus ihren Wohnungen vertrieben und in sogenannten
"Judenhäusern" konzentriert (u.a. in der Ensinger Straße 3,
Neutorstraße 1 und 15, Schuhhausgasse 9, Beyerstraße 54 und am Weinhof).
Von den in Ulm geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Bach geb. Steiner (1890), Eugenie Bach
(1870), Beate Bärtig (1932) Recha Bärtig geb. Schlessinger (1894), Edda
Barth geb. Schlesinger (1896), Heinrich Barth (1888), Julius Barth (1891), Suse Barth (1928), Flora Bayersdorfer geb. Moos (1878), Maria
(Marie) Bernheim geb. Nathan (1873), Lina Binswanger geb. Moos (1872),
Manfred Bloch (1815),
Marie Bloch geb. Murr (1885), Dora Borodowitsch (1912), Else Brauer geb.
Neuburger (1876), Sali Breslauer geb. Buttenwieser (1867), Betty Brumlik
geb. Obernauer (1893), Fritz Brumlik
(1922), Otto Brumlik (1885), Fanny Buttenwieser (1872), Hanna Chose (1927),
Max Chose (1870), Ruth Chose (1922), Tony Chose geb. Kaufmann (1889),
Sophie Dingfelder geb. Strauss (1901), Else Dölzer geb. Löffler (1899),
Liesel Dollmann (1922),
Clara (Klara) Dreyfus (1877), Ida Ebert geb. Wolf (1871), Sofie von Eiff
geb. Nathan (1892), Ida Einhorn geb. Rosengart (1879), Karl Einstein
(1872), Lina Einstein (1875), Alfred Fackenheim (1891), Herta Fackenheim
geb. Oppenheim (1896), Martha Felsenthal (1896), Mina Frank geb. Regensburger
(1883), Simon Frank (1874), Emmy Frankfurter geb. Metzler (1878), Abraham Wolf
Frenkel (1904), Ida Frenkel geb. Chaselowitz (1879), Jakob Frenkel (1881), Eugen Goldfisch (1877), Mathilde Goldmann
geb. Moos (1870), Heinz Werner Goldschmidt (1918), Max Guggenheimer (1874), Emma Gumbel geb. Hirsch (1874),
Alice Gump geb. Schlesinger (1880), Alice Harburger geb. Rheinganum (1906),
Hans Harburger (1931), Berta Hechinger geb. Moos (1864), Ludwig Hecht
(1866), Rosa Hecht geb.
Thalmessinger (1870), Luise Henle geb. Kuhn (1857), Fanny Hilb (1883),
Jenny Hilb geb. Sundheimer (1886), Berta Hirsch geb. Rothschild (1888), Ilse
Hirsch geb. Vöhl (1904), Mina Hirsch (1827), Samuel Abraham Hirsch (1890),
Berta Hofheimer geb. Dreifuss (1871), Liesel Betty Homburger (1910), Beate
Hommel (1895), Emma Honold geb. Kahn (1877), Karl Richard Kahn (1932),
Rosa Kahn (1877), Sophie Kahn (1908), Emil Karnowski (1911), Jakob Karnowski
(1880), Rywka Karnowski geb. Neumann (1884), Siegfried
Karnowski (1902), Lina Karpe geb. Laupheimer (1879), Julie Kasztan geb.
Rosenthal (1878), Erich Katzenstein (1908), Gerdi Kaufmann (1924),
Mathilde Kaufmann geb. Bodenheimer (1861), Gertrud
Keil geb. Robert (1902), Jakob (Jakub) Klappholz (1891), Julie Inge Klappholz (1930), Ottilie (Tilly)
Klappholz (1933), Walter Leopold Klappholz (1924), Wilhelmine (Viléma)
Klappholz geb. Weil (1902), Marie Klein geb. Mayer (1889), Else Krippel (1910),
Frieda Krippel (1905), Isak Krippel (1872), Jenny Krippel (1901), Lina Krippel
geb. Gutt (1875), Max Krippel (1928), Helene Anna Kühn geb. Neuburger (1880),
Emil Kuhn (1863), Iska Lamm geb. Fried (1899), Hugo Lebrecht (1866), Emma Levi
(1869), Hellmut Fritz Levi (1925), Ludwig Levy (1870), Hans Liebermann (1903),
Siegmund Liebermann (1857), Pauline Lippmann geb. Lammfromm (1867), Julius
Löwenthal (1864), Fanny Mann (1878), Hugo Mann (1870), Anna Martin (1904),
Bärbel Mayer (1915), Frida Mayer (1889), Jakob Fritz Mayer (1892), Jette S.
Mayer (1870), Rosa Mayer geb. Murr (1874; Stolperstein in
Kehl), Wilhelm Metzger (1922), Alfred Moos (1871), Bertha Moos (1875),
Carl (Karl) Isidor Moos (1877), Ernst Moos (1884), Hugo Moos (1877), Jakob Moos
(1875), Julie Moos geb. Hirsch (1871), Julius Moos (1883), Paul Moos (1902),
Erich Nachmann (1907), Fanny Nathan geb. Hermann (1858), Paul Nathan (1880),
Sara Nathan (1881), Alfred Neuburger (1883), Bertha Neuburger geb. Bernheim
(1864), Emma Neuburger (1892), Hedwig Neuburger geb. Dreifuss (1867), Helene
Neuburger (1888), Manfred Neuburger (1914), Martha Neuburger (1893), Max
Neuburger (1893), Siegfried Neuburger (1915), Rosa Nördlinger geb. Dreifuss
(1867), Martha Öttinger (1888), Anna Reinach geb. Bernheimer (1879), Louis
Reinauer (1880), Paula Reinauer (1927), Trude Robert (1902), Anna Rosenheimer
geb. Erlanger (1867), Julius Salomon (1867), Fanny Schlesinger geb. Redelmaier
(1854), Hans F. Schnapper (1919), Erich Emil Schnell (1859), Hermann Schnell
(1860), Hedwig Schulmann (1902), Selma Schulmann geb. Mann (1875), Wera (Vera)
Schwarz geb. Moos (1880), Frieda Silberstein geb. Mann (1873), Mally Singer geb.
Mayer (1879), Armin Otto Steiner (1895), Charlotte Steiner (1897), Fanny Steiner
geb. Weimersheimer (1872), Frieda Steiner (1897), Emma Stern (1870), Hugo Stern
(1879), Josef Stern (1893), Julie Stern geb. Laupheimer (1901), Max Stern
(1875), Alice Strassburger geb. Nördlinger (1894), Emma Strauss geb.
Thalmessinger (1873), Julius Strauß (1875), Sigmund Strauss (1898), Hans
Raphael Sundheimer (1937), Else Thalmessinger geb. Henle (1879), Otto
Thalmessinger (1872), Ernst Siegfried Ullmann (1886), Johanna Ullmann geb.
Nathan (1888), Leonore Ullmann (1929), Robert Ullmann (1893), Fanni Hedwig Ury
geb. Ullmann (1894), Jenny Vetsburg geb. Moos (1877), Martha Wälder geb. Hirsch
(1878), Isaak Wassermann (1888), Karl Wassermann (1877), Fanny Weglein (1862),
Pauline Bella Weglein geb. Theilheimer (1862), Edith Weil (1926), Else Weil geb.
Kahn (1882), Isidor Weil (1875), Selma Weil (1877), Regina Weinberg geb.
Lammfromm (1879), Marie Wessel geb. Dreyfus (1875), Julie Wohlgemüth geb.
Kirschbaum (1889), Alfred Wolf (1873), Alfred Wolf (1905), Berl Albert Wolf
(1895), Anna Wolff geb. Bernheim (1876), Rosa Wolff geb. Sichel (1871).
Nach 1945: siehe weitere
Seite.
Zur Geschichte der Beträume / Synagogen
Mittelalter
Die Synagoge der mittelalterlichen
Gemeinde stand im sogenannten Judenschulhof,
der einen Teil des heute noch bestehenden Judenhofes einnahm. Im Gebiet des
Judenhofes befanden sich auch das rituelle
Bad, eine Frauensynagoge, eine jüdische
Schule und ein Judentanzhaus (1349 zerstört; vermutlich am Platz des heutigen Gebäudes
Judenhof 8).
|
|
|
Historische Karte des
Neptunbrunnens im "Judenhof" (um 1920)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries /
Serie "Schwäbische Heimatbilder" nach Aufnahme
von A. von der Trappen |
Der
"Judenhof' - entgegengesetzte Blickrichtungen, links zum
Münster
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.9.2003)
|
|
|
|
|
1987:
Entdeckungen im Ulmer Judenhof, Haus Nr. 1: Die ausgemalte Nische mit
Engelsdarstellungen und der Fliesenboden (rechts).
Zur wissenschaftlichen
Erforschung der Engelsdarstellungen vgl. Bericht
von Dagmar Königsdorfer in der Neuen Ulmer Zeitung
(übersandt von S.
Lechner, Ulm) |
19./20.
Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert gehörten die nach Ulm zuziehenden jüdischen Personen
zunächst der Gemeinde in Laupheim an. Sie
besuchten auch die Gottesdienste in der dortigen Synagoge.
1845 erhielten die Ulmer Juden die Erlaubnis zur
Feier von Filialgottesdiensten. Seitdem wurden in einem angemieteten Saal
des Gasthauses zum Schwanen Gottesdienste sowie der Religionsunterricht
abgehalten.
Über die jüdische Gemeinde und ihre Einrichtungen
(1854)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Juli 1854: "Ulm, im Mai (1854). Wenn zu den
Anstalten einer Gemeinde Gotteshaus, Schule, besonders Religionsschule,
und ein Friedhof gehört, so wären diese nunmehr in der hiesigen Gemeinde
vorhanden. Wer hätte es glauben sollen! Vor 50 Jahren, wo Ulm noch wie,
so viele andere ihrer Schwestern, eine Reichsstadt, wohnte noch kein
Israelit in ihren Mauern. Seit 1805 haben nun, Dank dem erwachten
Geist der Humanität, gegen 20 Familien ihren bürgerlichen Wohnsitz hier
aufgeschlagen. Darunter sind einige Fabrikanten, einige Kaufleute, einige
Großhändler, Juweliere. Einer ist ein sehr angesehener Arzt, einer ein
beliebten Rechtskonsulent und Notar. Anno 1806 wurde ein Jude, 1815 ein
anderer durch höhere Protektion in den hiesigen bürgerlichen
Gemeindeverband aufgenommen. Diese Familien bilden den Stamm der
Religions-Gemeinde. Als Synagoge wird ein ziemlich geräumiger Saal
benutzt, der bei Zuwachs der Gemeinde nach bisherigem Verhältnis eine
Vergrößerung erheischt. Der Gottesdienst wird durch den
Vorsänger-Amts-Verweser Einstein versehen, der zugleich täglich
den israelitischen schulpflichtigen Kindern, von denen die Knaben die
Elementar-Realschule der Stadt oder das Gymnasium, die Mädchen aber die
weiblichen Schulanstalten besuchen, Religionsunterricht erteilt.
Der Rabbiner von Laupheim, wohin die
Gemeinde Ulm als Tochtergemeinde gehört, hat fünf bis sechs Mal des
Jahres Predigt und Katechese allda zu halten, die Schule in den
Religionsfächern zu prüfen und zu beaufsichtigen..."
Danach kommt der Bericht auf den neu eingeweihten Friedhof zu sprechen,
Fortsetzung siehe auf Seite zum Friedhof.
|
Suche nach einer Torarolle für die Gemeinde
(1860)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. September 1860: "Ulm an der Donau. Die hiesige
Gemeinde sucht eine noch gut erhaltene mittelgroße, korrekte Tora-Rolle
anzukaufen und sieht Anträgen entgegen. Simon Einstein,
Vorsänger." |
1866 überließ die Stadt Ulm der israelitischen Gemeinde
Schulräume zur Erteilung des Religionsunterrichtes und den Sitzungssaal des
Rathauses für die Kollegialberatungen der israelitischen Kirchenvorsteher.
1867 erwarb die jüdische Gemeinde an der Nordseite
des Weinhofes zum Preis von 32.752 Gulden das Anwesen des Gerbers Eberhard
Fromm, auf dem ein großes Haus mit Hintergebäude stand (Grundstücke Weinhof 2
und 3). Hier sollte das neue jüdische Gemeindezentrum entstehen.
Ein Haus zum Bau einer Synagoge wurde gekauft (1867)
Hinweis: dieser und auch nachfolgende Artikel aus der konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit" sind gegenüber dem Ulmer Synagogenbau kritisch eingestellt. Die orthodoxen Kreise, die in Ulm freilich nur eine kleine Minderheit stellte, wollten keinen teuren Synagogenbau, vor allem keinen "Orgelsynagoge". Sie befürchteten, dass die liberal geprägten jüdischen Einwohner der Stadt sowieso nur an den Feiertagen die Synagoge besuchen würden und daher eine solch große Synagoge eine Geldverschwendung sei.
.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. April 1867: "Ulm. Die hiesige Gemeinde hat endlich ein
großes Haus zum Bau einer Synagoge um 36.500 Gulden angekauft. Wann und
wie der Bau, wozu vorerst nur Baupläne entworfen werden sollen,
ausgeführt werden wir, ist noch ebenso unentschieden, als die
bedeutendere Frage, ob wir einen Reformgottesdienst bekommen werden. Die
Einführung vollends einer Orgel, gegen die sich bekanntlich auch
Meyerbeer so meisterhaft von seinem Standpunkte aus ausgesprochen hat,
würde nicht nur religiösen Zwiespalt erzeugen, sondern auch die
Kontribuenten durch ihre Konsequenzen mit Steuern so überlagen, dass ein
zahlreicher Wegzug aus dieser in den jüngsten Jahren ohnehin nicht mehr
sehr stark angewachsenen Gemeinde aus Doppelgründen zu befürchten sein
dürfte. Schalom al Jisrael!" |
Der Bau einer Synagoge ist geplant (1867)
Artikel in der Zeitschrift "Chananja"
vom 15. Mai 1867: "Kultus und Kultusgemeinde. Aus Württemberg,
im Mai (1867). Die drei größten ehemaligen Reichstädte Württembergs Ulm,
Heilbronn und Esslingen,
die durch ihre Judenhetzen und Vertreibungen ihrer Mitbürger berüchtigt
waren, beherbergen jetzt große Judengemeinden. In Ulm haben die
dortigen Israeliten ein Haus um 30.000 Gulden gekauft, um an dessen Stelle
einen israelitischen Tempel zu errichten." |
Überlegungen für die Neueinrichtung
beziehungsweise den Neubau einer Synagoge (1867)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1867:
"Ulm an der Donau. Die Erfahrung der Neuzeit, dass
Synagogenbauten nach modernem Stil in der Regel Zank, Hader und Spaltung
in den Gemeinden hervorrufen, scheint sich auch in der hiesigen jungen
Synagogengemeinde zu bewähren, obgleich bekanntlich das Haus mit
allgemeiner Zustimmung um 36.000 Gulden erworben ward, in welchem
Gotteshaus, Schulzimmer und Amtswohnung eingerichtet werden sollen. Der
jüngsten Gemeindeversammlung, die vom Vorsteheramt einberufen wurde,
lagen zwei Projekte vor, aus welchen hervorgeht, dass das erworbene Haus
als Privatwohnung zwar preiswürdig, aber für die Gemeindezwecke
ungünstig und teuer ist. Mag man nun bloß den Hof überbauen und das
Licht von oben in die Synagoge bringen (solch ein höheres Licht wäre
zwar hier zur Ehre Gottes sehr notwendig), oder, das Hauptgebäude
niederreißend, an einen Neubau sich wagen, so wird doch in beiden Fällen
der Gemeindesäckel sehr stark in Anspruch genommen. Ein dritter Plan -
der entscheidende zwischen diesen - dürfte deshalb noch die Majorität
gewinnen, da er geeignet ist, der Gegenwart und der Zukunft gleich sehr
gerecht zu werden. Viele Gemeindeglieder wünschen nämlich, man solle,
der Bevölkerung entsprechend, vorerst nur einen würdigen Betsaal im
Hauptgebäude einrichten und bis zu der Zeit, da ein Neubau unumgänglich
aufzuführen sein wird, den Hauskaufschilling zu tilgen, respektive das
Haus unter günstigen Verhältnissen wieder zu veräußern oder zu
vertauschen suchen. Hinter einem Neubau lauert auch noch die Aufstellung
einer Orgel mit allen ihren teuren Konsequenzen. Noch hat zwar der
Vorstand in dem Bauplane nur einen Ort zu diesem Kircheninstrumente
vorsehen lassen, weil er vielleicht aus lediglich finanziellen Hindernissen
und klugen Rücksichten die wirkliche Orgeleinführung gnädiglich zu
sistieren geruht hat; allein der leere Raum würde bald ausgefüllt
werden, |
wenn
nur erst einmal der Neubau im Gange oder vollendet wäre. Man denke sich
aber eine verzinsliche Schuldenlast von 50 - 70.000 Gulden und hierzu den
jährlichen Aufwand für Orgel, Organist, Kantor, Sängerchor und
Musikalien in einer Gemeinde von ca 60 Genossen mit kaum 10.000 Gulden
Grundstocksvermögen! Diese Tempelteuerung wäre übrigens noch zu
entschuldigen, wenn wirklich ein Andachtsbedürfnis damit befriedigt
werden müsste. Erwägt man aber, dass die Räume des Gotteshauses Jahr
aus Jahr ein fast leer stehen und höchstens an den ehrfurchtgebietenden
Tagen (sc. Hohe Feiertage im Herbst) sich füllen und an manchen Feiertagen
besucht werden, so möchte ein geräumiger und würdiger Betsaal im
eigenen Hause mit der religiösen Stimmung der Ulmer Gemeinde-Majorität
besser harmonieren, als das projektierte Prachtgebäude. 'Ich habe wohl
ein Wort geredet, also: Warum habt ihr mir nicht gebaut ein Haus von
Zedern?' Wenn so großer Eifer für religiöse Institutionen vorhanden
wäre, so müssten die in diesen Blättern oft gerügten Zustände (u.a.
was Mikwe und Schechita betrifft) jedenfalls gleichzeitig ebenfalls
nach Vorschrift unserer heiligen Religion verbessert und eingerichtet
werden. Oder hofft der Vorstand durch den äußeren Prunk der Synagoge und
durch die Orgeltöne die Ulmer Indifferenten und sich selbst mehr für den
Gottesdienst zu begeistern, als anderswo, wo solche Neuerungen schon
Jahrzehnte bestehen? Man gehe nach Frankfurt, Stuttgart, Mainz, Berlin,
Hamburg usw. und sehe sich an Sabbat- und Werktagen nach dem Besuch des
Gottesdienstes in den Reformtempeln um, wie uns da eine erschreckende
Leere angähnt und das ganze Auditorium oft fast nur aus bezahltem
Personal besteht (1. Kön. 9,1-10). 'Wenn der Ewige nicht baut das Haus
- umsonst mühen sich seine Erbauer daran...' Mögen der
Vorstand und die Aufsichtsbehörde dies beachten und nicht durch
finanzielle und religiöse Missgriffe einen unheilbaren Riss in die
Gemeinde bringen. Friede über Israel." |
Noch keine weiteren Fortschritte beim Synagogenbauprojekt
(1867)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4.
Dezember 1867: "Ulm an der Donau. Unser Synagogenbauprojekt,
über das der 'Israelit' unlängst einen Aufsatz gebracht hat, der nicht
ohne Wirkung geblieben ist, hat inzwischen keinen bemerkbaren Fortschritt
gemacht. Die Aufsichtsbehörde hat dem sogenannten Hofbau im angekauften
Hause ihre Genehmigung versagt und das Vorsteheramt spielt entweder die
Rolle des Schmollens, indem es alle Räume des teuren Hauses wieder
vermietet und im seligen Nichtstun schwelgt, oder es sucht, die
Öffentlichkeit vermeidend, sein Ziel auf bürokratischem Wege zu
erreichen, indem es selbstgefällig denkt: 'Ist's geschehen, so wird's
auch zu Tage kommen.' Die Gemeindegenossen könnten ja aber vom
Rechnungswesen die jährlich wiederkehrende gesetzliche Einsicht nehmen
und revidierend bemerken, man wünsche das angekaufte Haus möglichst
rentabel vermietet und jedenfalls für die eigenen Kirchen- und
Schulzwecke provisorisch verwendet zu sehen, um die alten Mietlokale entbehrlich
zu machen. Die Einrichtung eines würdigen Betsaales wäre nach der
Überzeugung der Gemeindemajorität mindestens für das nächste Jahrzehnt
genügend und umginge die Gefahr einer Steuerüberbürdung, womit ein
moderner Neubau die Gemeinde bedrohte. Wenn endlich die Revision der
israelitischen Kirchenverfassung von 1828 den Landständen vorgelegt
werden würde, so ließe sich hoffen, dass den Gemeinden eine größere
Autonomie eingeräumt und dem Kirchenvorsteheramt ein Gemeindeausschuss
beigeordnet werden würde, wie er in der Hohenbucher Versammlung verlangt
worden ist. In voriger Woche hat das württemberger Blatt, 'der
Beobachter'; am 13. November den Kultusminister an sein Wort wieder
erinnert, das er der Kammer in jüngster Session gegeben hat, und von den
3 Versammlungen Notiz genommen, die vor etlichen Jahren zu diesem Zwecke
auch in Ulm und in Esslingen stattgefunden haben. Rührt euch jetzt, ihr
Männer vom Donau-, Neckar-, Tauber-, Jagst- und Freuden-Tal (gemeint
der Ort Freudental), erneuert eure Petitionen und interpelliert
durch Vermittlung eurer Abgeordneten, dass endlich das Ziel erreicht
werden..." |
Zunächst
ließ die Gemeinde 1868/69 das Hintergebäude des Fromm'schen Anwesens teilweise
abbrechen und zu einem Schul- und Gemeindehaus umbauen. Hierin entstanden
die erforderlichen Räume für den Religionsunterricht und für die
Gemeindeverwaltung sowie Wohnungen für den Vorsänger und weitere
Gemeindebedienstete. Der Umbau kostete 12.057 Gulden.
Noch im Herbst 1868 wurde in der Gemeinde lebhaft darüber
diskutiert, ob man den Bau einer neuen Synagoge überhaupt wagen könnte und
sich dabei nicht überfordern würde. Der Gemeinde gehörten damals nicht mehr
als gerade 100 steuerpflichtige Gemeindeglieder an. Am 27. September 1868
verfassten die den Neubau befürwortenden Gemeindeglieder einen Brief an das
Vorsteheramt, in dem sie darauf hinweisen: "Die eben verflossenen Festtage
haben aufs neue gezeigt, wie durchaus ungenügend, unwürdig und sogar
gesundheitsschädlich unser Betlokal ist...". Das Vorsteheramt wurde
gebeten, "ohne Verzug die geeigneten Schritte" zu unternehmen, dass
mit dem Synagogenneubau begonnen wurde. Die nächsten Schritte wurden im
folgenden Jahr (1869) gemacht, indem das Hauptgebäude des Fromm’schen
Anwesens abgebrochen wurde, um an seiner Stelle die Synagoge zu erbauten.
Über den Stand des Synagogenbaus (April 1869)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. April 1869: |
Abbrucharbeiten vor dem Bau der neuen Synagoge
(1869)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11.
August 1869: "Ulm an der Donau. Zum Zwecke des Synagogenbaues
wird jetzt das große und schöne Vorderhaus der hiesigen israelitischen
Gemeinde niedergerissen und an dessen Stelle ein prachtvoller Tempel
hingestellt werden, der auf 100.000 Gulden kommen dürfte. Das wird aber
auch alles sein, was man hier dem Kultus zum Opfer bringt. Für alle
anderen wichtigeren Anspräche der Religion, hat man kein Ohr mehr; nur
die neue Synagoge beschäftigt die Gemüter. Doch sehen jetzt manche der
Aktionäre ein, dass die Zeichnung für den Luxusbau künftig als ein
großer Fehler wird angesehen werden müssen, wenn der einstige moderne
Kantor und besonderer Kanzelredner ihre Funktionen vor leeren Bänken
werden verrichten müssen. Der Gottesbau wird auch am Schabbat und
Feiertag zur Ehre des Gottes fortgesetzt, der beim Bau der Stiftshütte in
der Wüste ausdrücklich befohlen hat: 'Söhne Israels, beachtet den
Schabbat!' Allein, hier ist keine einzige Stimme, die gegen diese
Sabbatschändung auch nur ein Wort einzuwenden wüsste. Ein größerer,
geldvergeudender Unsinn wird nicht leicht irgendwo
vorkommen." |
Über den Stand des Synagogenbaus (August 1869)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 25. August 1869: |
Die neue Synagoge wird erstellt
(1870)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1.
Juni 1870: "Ulm an der Donau. Wir werden bald eine Synagoge
erhalten. Dieselbe kommt auf dem Weinhof zu stehen, wird 87', lang, 60'
breit und ohne Türme und Kuppel 42' hoch werden. Die Gesamtkosten sind
auf 35.000 Gulden veranschlagt. Der Plan ist von Eisenbahn-Bauinspektor
a.D. Wolff in Stuttgart, dem auch die Leitung übertragen wurde. Herr
Wolff leitete dermalen auch den Synagogenbau in Nürnberg; bekanntlich ist
er der Erbauer der Stuttgarter Synagoge (nach Breymann's Tod)."
|
Die neue Synagoge
wurde nach den Plänen von Architekt und Stadtbaurat Adolf Wolff aus Stuttgart
im maurischen Stil (damals auch als "streng byzantinischer Stil"
bezeichnet) als Backsteinbau mit Maßwerk in Haussteinen errichtet. Wolff hatte
auch die neuen Synagoge in Stuttgart und
Nürnberg gebaut. Im Inneren zeigte die Ulmer Synagoge seitliche Emporen, farbig
verglaste Fenster und polychrome Wand- und Deckenmalereien. Am 12./13. September
1873 fand die feierliche Einweihung mit Festgottesdienst und Predigt von
Rabbiner Wälder aus Laupheim statt. Von allen Seiten wurde die Synagoge bei
ihrer Fertigstellung als "Meisterwerk" und als eine der "schönsten
Zierden der Stadt Ulm" gepriesen. Der finanzielle Aufwand für die Bau der
Synagoge betrug 79.048 Gulden, sodass der Gesamtaufwand für das neue
Gemeindezentrum den Betrag von 123.857 Gulden erreichte.
Die Synagoge wird im Frühjahr 1873 eingeweiht
(1872)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
27. November 1872: "Ulm an der Donau. Die hiesige neue
Orgelsynagoge soll bis Pessach eingeweiht werden können. Die Gemeinde
wird durch diesen Synagogenbau mit Steuern überbürdet. Schon zahlt das
effektive 1.000 Gulden Erach zwei Gulden direkte Vermögenssteuer, ohne
die Personal- und Familien-Steuer, die Synagogenstuhlgebühren usw. Das
Luxusgebäude kommt weit über 100.000 Gulden zu stehen und doch muss
bereits wieder ein Anlehen gemacht werden, das schwer aufzubringen ist, da
die Gemeindegenossen schon genug kontribuiert haben und der Kredit
erschöpft ist. Noch schlimmer soll es in Heilbronn aussehen, wo
der Kostenvoranschlag schon so hoch ist, dass die Aufsichtsbehörde
Bedenken trägt, den Bau so beginnen zu lassen und Reduktionen empfiehlt.
Man wird sich nach der Decke strecken und mit einem kleinen Heiligtum begnügen
müssen." |
Zur Einweihung der neuen Synagoge in Ulm
(1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. September
1873: "Ulm, 15. September (1873). Nach der feierlichen
Einweihung unserer neuen Synagoge wurde Samstag, den 13. Abends, seitens
der Gemeinde ein Festmahl gehalten, an welchem viele Honoratioren der
Stadt teilnahmen. Unter den vielen trefflichen Reden, die dabei gehalten wurden,
ist die des Stadtrats Dr. Ebener hervorzuheben, der im Namen der
bürgerlichen Kollegien den Dank und die Anerkennung der Stadt aussprach,
dass es der Opferwilligkeit der Gemeindemitglieder gelungen sei, einen solchen
Prachtbau herzustellen, an dem die Stadt gemeinsam mit ihren
israelitischen Mitbürgern ihre Freude habe. Er sprach sich ferner dahin
aus, dass die Israeliten Ulms durchaus keine Sonderstellung im staats- und
gemeindlichen Leben einnehmen, sich vielmehr vor allem als Deutsche, als
Glieder des großen Ganzen fühlten, und im Kriege wie im Frieden in allen
öffentlichen Angelegenheiten wie im Geschäftsleben zum besten der
Gemeinde mitgewirkt haben. Herr Dr. Ebener hat gewiss das allgemeine
Urteil unserer christlichen Mitbürger ausgesprochen und erachten wir ein
solches Zeugnis von Bedeutung in einer Zeit, wo es von gewissen Seiten her
an täglichen Schmähungen auf die Juden wieder nicht
fehlt." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 7. Oktober 1873: "Ulm, 21. September (1873). Sie
haben bereits eine Notiz über die Einweihung unserer neuen prächtigen
Synagoge erhalten, und gestatten mir wohl noch Einiges hinzuzufügen. Die
hiesige israelitische Gemeinde, bis vor drei Jahrzehnten auf wenige
Familien beschränkt, hat sich jetzt zu einer stattlichen Kehila
(Gemeinde) erweitert. So konnte sie an den Bau einer ihr zugehörigen
Synagoge denken, für welche der Stadtbaurat Wolff von Stuttgart, der
Erbauer der dortigen und der Nürnberger Synagoge, die Pläne entwarf und
ausführte. Im maurischen Stil angelegt, bildet der kräftigte,
hierzulande übliche Backsteinbau, mit zierlich ausgeführtem Maßwerk in
Hausteinen, geschmackvollen Friesen und glänzend vergoldeten Kuppeln,
eine Zierde des Platzes und der Stadt. Das Innere durch die beiden Emporen
zu den Seiten des Haupteingangs in drei teile geteilt, ist durch Oberlicht
und die Seitenfenster bei zweckmäßiger Anwendung von farbigem Glas sehr
günstig beleuchtet und dem Stil entsprechend in polychromer Wand- und
Deckenmalerei reich ausgestattet. Die Einweihung fand nun am 12. dieses
Monats in feierlicher gelungener Weise statt. Hervorzugeben ist, dass sich
an dem feierlichen Zuge von der alten in die neue Synagoge nicht bloß die
Zivil- und militärischen Behörden, sondern auch die gesamte
Geistlichkeit der katholischen, protestantischen und deutsch-katholischen
Gemeinden beteiligten. Die Festpredigt hielt der Herr Bezirksrabbiner
Wälder von Laupheim - Ulm über den Propheten Jesajas Kap. 56,7, der an
der Eingangspforte der Synagoge eingemeißelt ist, 'Mein Haus werde ein
Bethaus für alle Völer'. Indem der Festredner seiner berechtigten Freude
über das schöne, nun vollendete Werk innigen Ausdruck lieh, legte der
der Gemeinde ans Herz, was dieser gemeinsame Tempel ihr sein kann und
soll. die Rede war von religiösem, humanem Geiste durchweht. Das echte
und allgemein Menschliche bildete den wohltuenden Grundzug derselben.
gebet und Fürbitte schloss die Rede, der Festgesang 'Halleluja' die
schöne gemeinsame Feier, die ein schönes Gedenkblatt für die hiesige
jüdische Gemeinde für alle Zeiten bleiben
wird." |
Hinweis auf die veröffentlichte Predigt zur
Synagogeneinweihung von Rabbiner Abraham Wälder (1873)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. November 1873: "Predigt zur Einweihung der neuen
Synagoge in Ulm am Vorabend des Sabbats Ki Tabo 5644 am 12.
September 1873 vorgetragen durch Abraham Wälder, Rabbiner von
Laupheim, Ulm." |
Kritisches zum Synagogenbau aus orthodoxer Sicht (1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März 1872: "Frankfurt
am Main. Es ist in diesen Blättern schon mehrfach über die Ulmer
jüdischen Zustände berichtet worden. Die daselbst neu erbaute Synagoge
steht jetzt unter Dach mit ihren vier Kuppeln, an jeder Ecke eine, und mit
all ihrem architektonischen Schmucke; denn der rohe Bau ist äußerlich
sehr schön; doch sollen Orgel und Reformgottesdienst eingerichtet werden.
Ein förmlicher Beschluss soll darüber noch nicht gefasst worden sein,
doch ist's ohne allen Zweifel richtig. Man hört wohl schon von einer sehr
kleinen Opposition, dass gegen Orgel usw. Protest erhoben werde; doch was
wird das nützen? Ein derartigen Protest wird ungehört verhallen. Und
Rabbiner Wälder? Wenn man den Bau der Synagoge von der Seite des
Gemeindehauses betrachtet, wie da Alles so prächtig eingerichtet ist und
wird, allerdings mit einem Kostenaufwand von ca. 10.000 Gulden, und
trotzdem sehen und erfahren muss, wie es Herrn Wälder leider nicht einmal
gelingen konnte, eine Mikwe einrichten zu lassen, was sogar mit wenig
Kostenaufwand hätte geschehen könnten, so beschleicht uns ein trauriges
Gefühl. Es ist nur noch die Frage, ob man nicht auch einen Reformprediger
von echtem Schrot und Korn herbeiruft, wenn dabei nur nicht die
finanziellen Verhältnisse mitreden müssten. Was wird die winzige
Minorität tun? Sie muss eben zuhause beten, da die Zahl zur Bildung einer
Separatgemeinde zu klein. Unter mehr als hundert Mitgliedern fehlen zum
Minjan noch ziemlich viel Protestierende sind es vier; die Minorität kann
daher unter solchen Verhältnissen nicht daran denken, einen eigenen
Gottesdienst einzurichten, doch darf sie zum Reformtempel ordentlich
mitzahlen! Das sind traurige Zustände, aber wie soll ihnen abgeholfen
werden= Am zweiten Tage von Sukkot war Gemeindeversammlung, wo die
Mitglieder befragt wurden. Natürlich fand ein kleiner Widerspruch statt:
zwei Mitglieder haben sogleich gegen jede Reformeinrichtung feierlichst
protestiert, und dabei bemerkt, wenn die Herren nach Jomtof (dem
Feiertag) wieder die Feder in die Hand nehmen, dann mögen sie auch jene
Protestation beifügen. Es ist inzwischen ein schriftlicher Protest
an das Vorsteheramt eingelaufen. Die Vorsteher haben nichts von dem
verlauten lassen, was ausgemacht worden ist. Man möchte behaupten, dass
bei diesen Herren schon Orgel usw. beschlossene Sache gewesen, und dass
man nur hören wollte, was die Gemeinde sage, um dann doch tun zu können,
was man will. Nicht einmal über die finanzielle Lage wurde Auskunft
erteilt, obwohl es dringend verlangt wurde. Das ist eben in Württemberg
der wunde Fleck; die Vorsteher brauchen der Gemeinde keine Rechnung
abzulegen, sie brauchen diese nicht zu fragen, was dürfen wir
ausgeben, wie muss der Gottesdienst gehalten werden, wie haben die Gemeindeinstitute
zu bestehen; dafür ist die Oberkirchenbehörde da! diese regelt
Alles. Zahlen darf die Gemeinde. Es wird zugegeben, dass über
je- |
nen
Beschluss später ein Protokoll nicht aufgenommen wurde, wie hätte dies
auch sein können? Da hätte der Chasan (Vorbeter) und Schochet
unterschreiben müssen, der in Württemberg gleichfalls Mitglied im
Vorsteheramt ist. Man wird seiner Zeit hören, welchen Pomp man bei der
Einweihung aufgeführt hat und welche Beteiligung sie gefunden. Aber nur
gemach ihr Herren! einige Wochen später wird man auch hören, dass kaum
Minjan am Schabbat und Feiertag in diesem Luxustempel
vorhanden sein wird. Da wird dafür Rosch Haschana (Neujahrsfest)
und Jom Kippur Alles wieder ersetzt. Da erscheinen die Herren von
10-12 Uhr!
Zu bemerken habe ich leider noch, dass sogar Schabbat und Feiertag
an der Synagoge gebaut wird. Gerade am Heiligen Jom Kippur wurde
die erste Kuppel aufgerichtet, d.h. das Holzwerk hierzu. Ein alter Mann
sagte bei dieser Gelegenheit: 'Nun, wir können sagen, am Jom Kippur wurde
unserer Synagoge die Krone aufgesetzt'. Zu einem der Vorsteher sagte ein
anderer: 'man sollte doch am Schabbat und Feiertag oder doch
wenigstens Jom Kippur und Rosch Haschana den Bau da drüben,
der dem jetzigen synagogenlokal gegenüber steht, an diesen tagen
einstellen lassen.' Da sagte dieser: 'Das geschieht nicht, denn das würde
Geld kosten!' Aber zum Luxus, zum Orgelschwindel usw. da hat man Geld; da
scheut man keine Ausgaben. Das sind traurige Zustände und für eine so geringe
Minorität doppelt traurige. Gott bessere
es!" |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Mai 1872: "Ulm
an der Donau, im April (1872). Die Korrespondenz in nr. 4 des 'Israelit',
dt. Frankfurt, über den hiesigen Synagogenbau, enthält Tatsachen, denen
kein Kommentar hinzugefügt zu werden braucht.
Aber Ihr Korrespondent hat sich in Betreff des Kostenpunktes
geirrt! Der Bau, die innere Einrichtung, die Orgel, der Chor und was da
noch drum und dran hängt, wird ein Kapital von mindestens 120.000 Gulden,
sage mit Worten Einmalhundert und zwanzigtausend Gulden in Anspruch
nehmen! Ist dies Opferwilligkeit nicht rühmenswert? Unter Umständen
könnte man sich wirklich freuen, ein solches Gotteshaus entstehen zu
sehen in einer so jungen Gemeinde. Allein, wo es so schlecht mit den
allernotwendigsten rituellen Bedürfnissen und speziellen Attributen einer
jüdischen Gemeinde bestellt ist und aussieht, kann man diesen Eifer nur
mit dem beim - (Goldenen) Kalb vergleichen! - Auch da wurde viel
Geld von Israel gesammelt. Es dürfte nicht uninteressant sein, zu hören,
dass selbst ein hervorragendes Mitglied des Israelitischen Oberkirchenrats
bei Gelegenheit einer Beratung zu den hiesigen Vorstehern geäußert:
'Meine Herren! Es ist schade, dass Sie so viel Kostenaufwand machen bei
diesem Bau'.
Mögen daher die, welche an der Spitze der Gemeinde stehen, diesen Mahnruf
aus aufrichtigem Herzen nicht ungehört und unbeachtet verhallen lassen!
Möge wenigstens von der unjüdischen Orgel Umgang genommen und die
Gebeteordnung beigehalten werden! Der Friede bliebe dann doch
erhalten." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
15. Mai 1872: "Von der württembergischen Donau. Die im Neubau
begriffene Synagoge zu Ulm geht mehr und mehr ihrer Vollendung entgegen;
ihre vier Ecktürme, welche dem Prachtgebäude mehr ein kirchliches, als
synagogales Ansehen verleihen, heben sich mächtig himmelan; Madame
Reform, jene weltbekannte Schauspielerin, wird bald darinnen ihre
religiösen Vorstellungen zur Aufführung zu bringen die Ehre haben; die
Orgel wird bald ihr sabbatentweihendes Spiel zu treiben beginnen und nicht
allzu lange wird es anstehen, die Herren Ulmer, c'est à dire der
allergrößte Teil derselben, werden dem Wochenmarkt und dem Geldgott
zuliebe neue Synagoge, neuen Kantor und Orgel im Stiche lassen.
Kürzlich wurde die Lieferung der Orgel im Submissionswege ausgeschrieben;
die desfallsige Annonce im 'schwäbischen Merkur' trug ein mächtiges
Kreuz an der Spitze. Dann wurde in der 'Ulmer Schnellpost' die
Organistenstelle ausgeschrieben, worin das israelitische
Kirchenvorsteheramt sich als sehr human zu erkennen gibt, denn es sagt,
dass Bewerber jeder Konfession zugelassen werden; der anzustellende
Organist hat sich verbindlich zu machen, ohne Ausnahme an jedem Sabbat-,
jüdischen Fest- und Feiertage die Orgel während des Gottesdienstes zu
spielen.
Man sagt, Herr Rabbiner Wälder sei darum eingekommen, dass die Gemeinde
Ulm als besonderes Rabbinat erklärt werde und einen eigenen Rabbinen, der
die Orgel nicht scheue, erhalte." |
Im September 1875 wurde
mit dem Einbau der Orgel auch die Innenausstattung vollendet. Die Orgel kostete 4.855
Gulden. Die Finanzierung dieses großen Vorhabens eines Synagogenneubaus in Ulm konnte nur durch große Opfer
fast aller Gemeindeglieder erreicht werden. Vor 1867 war bereits in einem
Synagogenbaufonds gesammelt worden. Kollekten und Umlagen ergaben weitere Beträge.
Schließlich wurden die Synagogenplätze selbst für über 55.000 Gulden veräußert.
Auch die Stadt Ulm steuerte 2000 Gulden bei. Ein Staatsbeitrag in Höhe von
2.566 Gulden (4.400 Mark) wurde 1875 genehmigt.
Die in den Beiträgen der Zeitschrift "Der Israelit" ständig
kritisierte Orgel in der Synagoge war 1874/75 von der Orgelbaufirma Goll,
Bissingen bzw. KIrchheim/Teck gebaut worden. Als Orgelbauer wird Christoph
Ludwig Goll angegeben (1824-1897; siehe Dokument unten; vgl. zu ihm die
Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Goll
und https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Ludwig_Goll).
Die Orgel verfügte über zwei Manuale und 20 Register. 1911
wurde sie von der Orgelbauanstalt Gebrüder Link aus Giengen an der Brenz technisch völlig überarbeitet. 1916 mussten die Zinn-Prospektpfeifen
zu Rüstungszwecken abgeliefert werden. 1920 wurden sie wieder durch die
Orgelbaufirma Gebr. Link, Giengen ersetzt.
Über die Orgel in
der Ulmer Synagoge (Dokument und Informationen von Mark Vogl)
|
Links:
Informationen zur Synagoge in Ulm mit 20 Registern, erbaut von der Firma
Goll 1874/75; die Informationen zur Orgel wurden im Juli 1879 vom
Israelitischen Kirchenvorsteheramt in Ulm unter dem damaligen Vorsitzenden
Simon Einstein zusammengestellt und in einem um 1890 erschienenen
Werbekatalog der Firma Goll präsentiert. |
|
Der Umbau der Synagogenorgel Ulm 1911 wurde
durch die Orgelbauanstalt Gebrüder Link aus Giengen an der Brenz als deren opus 544 ausgeführt. Die Arbeiten
waren recht umfangreich gewesen sein. Vermutlich war es eine Neukonzeption unter Verwendung noch brauchbarer Teile
der bisherigen Orgel. Darauf deutet die Opusnummer hin, die bei Link (im Gegensatz zu manch anderen Orgelbaufirmen) nicht leichtfertig für jede kleinere Arbeit, die nicht einem Neubau gleichkam, vergeben wurden.
Aus der Mark Vogl vorliegenden Fachliteratur geht weiter hervor, dass die Orgel während den Ereignissen
beim Novemberpogrom 1938 schwer beschädigt wurde und daraufhin von der
Firma Gebrüder Link abgebaut und eingelagert wurde. 1942 wurde das instandgesetzte und umgestaltete Instrument an die
evangelische Stadtkirchengemeinde Bensheim/Bergstrasse verkauft und von Link als opus 780 im Jahr 1942 in der dortigen evangelischen Stadtkirche aufgestellt. Die einstige Ulmer Synagogenorgel hatte dort noch bis zu einem völligen Orgelneubau im Jahr 1965 Bestand.
Quellen:
- diverse Werkverzeichnisse der Firma Gebr. Link. Archiv: Mark
Vogel.
- Christoph Naacke (Hrsg.): 150 Jahre Orgelbau Link 1851-2001, Freiburg 2001, S.
260.266.
- Hans Martin Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz
Starkenburg. S. 487 (zu Bensheim). |
In den 1920er-Jahren wurden der "orientalisierende" Bau und vor allem die goldglänzenden Rundkuppeln im Ulmer Stadtbild sowohl von jüdischer als auch vor allem von nichtjüdischer Seite als zu "fremdländisch" empfunden.
1927 trat das Stadtschultheißenamt an die jüdische Gemeinde mit der Anregung heran, die Synagoge durch einen Umbau dem einheitlichen Baucharakter des Weinhofes anzupassen. Vorgeschlagen wurde, ein Steildach zu erstellen und im Zusammenhang damit die bisherigen vier Kuppeln zu entfernen. Die Israelitische Gemeinde konnte diesen Vorschlag freilich nicht aufnehmen. Ein Steildach schied schon aus Kostengründen aus. Die Gemeinde hatte durch die Inflation wenige Jahre zuvor ihr gesamtes Grundstockvermögen eingebüßt und war schon deshalb nicht in der Lage, aus rein ästhetischen Gründen solche Aufwendungen zu machen. Im folgenden Jahr ergab sich jedoch eine neue Situation dadurch, dass das Dach der Synagoge so schadhaft geworden war, dass es in die Synagoge hineingeregnet hatte. Eine Reparatur war unumgänglich geworden. Ein Gutachten von
Regierungsbaumeister Guggenheimer aus Stuttgart wurde eingeholt, um die Möglichkeiten der Dachreparatur einschließlich von Veränderungen der Kuppeln des Gebäudes zu überprüfen. Guggenheimer war der Ansicht, dass die bisherigen Kuppeln nach Form und Gestaltung sowieso nicht stilrein und kein wesentlicher Bestandteil eines maurischen oder romanischen Stiles seien. Während die große Mittelkuppe der Nürnberger Synagoge
(siehe Foto links) charakteristisch für den dortigen Bau sei, stünden die Ulmer in keiner Beziehung zum Gesamten, vor allem auch nicht zum Inneren des Gebäudes. Mit jüdischem Ritus und jüdischer Tradition hätten Kuppeln sowieso nichts zu tun. Auf Grund dieses Gutachtens beschloss die Gemeinde, das Dach der Synagoge in seiner bisherigen Form zu belassen, die Kuppeln zu entfernen und an ihrer Stelle auf den vier Ecktürmen je ein pyramidenförmig zugespitztes Dach zu errichten, das dieselbe Neigung wie das Hauptdach erhielt. Die Stadt erklärte sich bereit, für diese bauliche Veränderung auch einen Kredit zu billigerem Zins zur Verfügung zu stellen. Neben der Veränderung des Daches wurde beschlossen, im
August/September 1928 eine gründliche Außenrenovierung des gesamtes Synagogengebäudes vorzunehmen sowie die Dienstwohnungen im Hintergebäude durch einen Umbau zu vergrößern. Bei der Renovierung des Daches erhielt dieses mit einen neuen Schieferbelag. Die Oberlichtfenster wurden beseitigt sowie die Steinornamente über dem Dachgesims abgenommen. Das Gebäude erhielt einen Verputz mit einer grauen Färbung. Bereits zu den Hohen Feiertagen konnten die Arbeiten im Wesentlichen abgeschlossen werden.
Umbau der Synagoge (1928)
Artikel in "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
13. Januar 1928: "Ulm (Umbau der Synagoge). Der Deutschen
Bauzeitung entnehmen wird: Es wird in allen Fachkreisen freudigst
begrüßt werden, dass die israelitische Kirchengemeinde den Umbau ihrer
in den 70er-Jahren erbauten Synagoge durch einen der besten Architekten
ins Auge gefasst hat. Ist dieselbe doch inmitten der altehrwürdigen
Umgebung auf dem Boden der karolingisch-staufischen Pfalz gegenüber dem
Schwörhaus noch der einzige Stein des Anstoßes nach den erfolgreichen
Maßnahmen der Stadtverwaltung. Die das Steuerhaus verunstaltende eiserne
Markthalle ist verschwunden. Der Christophorus-Brunnen, das Schwörhaus
selbst ist erneuert, verunstaltende Reklamen, Dachaufbauten und dergleichen
sind von der Baupolizei abgesprochen wurden, wie der im Jahre 1924
abgebrannte Neue Bau seiner Wiederherstellung entgegengeht. Nur die für
den Blick auf das Münster wichtigste Nordseite des Weinhofes bringt nun
noch diese schwierigste Aufgabe des feinfühlig neuzeitlichen Umbaues
dieser mit Kuppeln und Zinnaufbauten usw. verzierten Synagoge. Es ist
daher niemand, weder unter den einheimischen, noch unter den Ulmer
Kunstfreunden der ganzen Welt, der nicht diese dankenswerteste Absicht der
israelitischen Kirchengemeinde freudigst begrüßen würde. Zweifellos ist
es eine verdienstvolle, überaus dankbare Künstleraufgabe, aus diesem
Gegenbeispiel ein Musterbeispiel feinfühligen neuzeitlichen
Architekturempfindens zu machen, wie es bei dem Umbau der ebenfalls in
üblichem Backsteinstil in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erbauten
katholischen Stadtpfarrkirche Neu-Ulms durch Prof. Dominikus Böhm, Köln,
erfolgreich geschehen ist." |
|
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
38. September 1928: |
Konzert der vereinigten Synagogenchöre Ulm und Laupheim
(1930)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 26. Februar 1930: "Ulm (Konzert). Worte und Töne führen die Menschen
zusammen. Dies hat sich auch gezeigt und bewährt bei dem Konzert der
vereinigten Synagogenchöre Ulm - Laupheim, das auf Anregung von
Bezirksrabbinat Dr. Cohn vor kurzem im Ulmer Kasinosaal stattgefunden hat.
Der erste Teil der Vortragsfolge setzte sich aus synagogalen Darbietungen
zusammen; in zweiten Teil fanden insbesondere Gesänge weltlicher Art
Berücksichtigung. Chöre und Solis wurden von den zahlreich anwesenden Zuhörern
als Ulm und Laupheim mit großem Beifall entgegengenommen. Die Vertreter
beider Gemeinden, Rechtsanwalt Gump und Oberlehrer Kahn, gaben ihrer
Freude und Befriedigung über diese gelungene Veranstaltung mit lebhaften
Worten des Dankes nachhaltigen Ausdruck. Rabbiner Dr. Cohn hob ganz
besonders hervor, dass es für sämtliche Mitwirkenden viel Mühe, Zeit
und Arbeit gekostet hat, um dieses Gemeindefest im wahrsten Sinne des
Wortes zustande zu bringen. Wenn dadurch das schon längst bestehende
innige Freundschaftsverhältnis zwischen Ulm und Laupheim noch eine
Stärkung erfahren hat und weiterhin in allen Kreisen unserer Gemeinschaft
werbend für eine Vermehrung der Mitglieder in den Synagogenchören wirkt,
so darf dies als schätzenswerter Erfolg für eine gute Sache bezeichnet
werden. - Die gesamte musikalische Leitung lag in den Händen des
Organisten und Musiklehrers Adolf Kern - Ulm. Der Laupheimer Chor wird in
ganz vortrefflicher Weise von seinem unermüdlichen, wohlverdienten
Dirigenten Simon L. Steiner geleitet. Frau A. Dreifuß, Mitglied des Ulmer
Chores, überreichte als äußeres Zeichen der Verehrung und Anerkennung
den beiden Dirigenten und Solistinnen wertvolle Angebinde. Für die
große, nachahmenswerte Bereitwilligkeit des Israelitischen Vorsteheramts
Ulm, das bei freiem Eintritt zu dieser Veranstaltung den ganzen
Kostenaufwand übernahm, fand Frau Dreifuß herzliche Worte des Dankes.
Mit einem Tanzvergnügen wurde der genussreiche und gemütliche Abend
beendet." |
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge am Weinhof
von SA-Leuten in Zivil an mehreren Stellen gleichzeitig in Brand gesteckt. Das
Gebäude, das durch den Brand hauptsächlich im Innern schwer beschädigt war,
wurde noch im selben Jahr abgerissen. Pläne für ein NS-Gebäude auf dem
Synagogengelände wurden nicht mehr realisiert, aber statt dessen 1944 ein
betonierter Löschwasserbehälter zur Brandbekämpfung im Bombenkrieg gebaut.
1958
wurde das Gelände mit einem Gebäude der Kreissparkasse neu bebaut (Grundstück
Neue Straße 66). An der dem Weinhof zugewandten Seite wurde eine Gedenktafel
angebracht. 1988 wurde zusätzlich ein Denkmal für die ehemalige
Synagoge und die aus Ulm deportierten jüdischen Personen im Weinhof
aufgestellt. 2012 wurde das Gebäude der Kreissparkasse abgebrochen.
2011/12 wurde auf einem Nachbargrundstück am Weinhof die neue
Synagoge erbaut.
Über die Privatsynagoge von Isaak Sternberger
Feier des Geburtstages des württembergischen Königs
in der Privatsynagoge von Isaak Sternberger (1885)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. Mai 1885: "Ulm, Mai (1885). Bei dem Privatgottesdienst des
hiesigen Herrn Isaak Sternberger wurde der hohe Geburtstag unseres
vielgeliebten Königs ebenfalls wie im ganzen Lande gefeiert. Es wurden
geeignete Psalmen respondiert und ein dazu besonders verfasstes Gebet
vorgetragen, welches die innigsten herzlichsten Segenswünsche für die
baldige und dauernde Wiedergenesung Seiner Majestät zum Himmel sandte.
Herr Sternberger hatte schon bei der Abreise des Königs nach Nizza neben
dem für Samstag vorgeschriebenen Gebete noch ein weiteres hinzugefügt,
dass Gott Seiner Majestät, unseren in Ehrfurcht geliebten König, bald
wieder gesund zurückführen, und an der Seite Allerhöchst deren
Gemahlin, unserer geliebten Landesmutter, noch viele Jahre leben lassen
möge. Über diese prunklose, aber herzliche Feier wurde an den in Nizza
mit seiner Gemahlin weilenden König von Herrn Sternberger selbst
berichtet, und zugleich ganz ausdrücklich betont, dass er aus rituellen
Beweggründen die Synagoge nicht besuchen könne und deshalb genötigt
sei, in seinem Hause Gottesdienst abzuhalten. Dieser Bericht ist von
seiner Majestät gnädigst aufgenommen worden. Aus dem Kabinett Seiner
Majestät des Königs empfing Herr Sternberger ein überaus huldvolles
Dankschreiben, in welchem Seiner Majestät für die dargebrachten guten
Wünsche gnädigst danken lässt. Zur nicht geringen Befriedigung sei hieraus
konstatiert, dass unser vielgeliebter König allen seinen Untertanen die
gleiche Huld zuteil werden lässt und ihm auch die geringste Minorität
wert und teuer ist." |
Gottesdienst in der Privatsynagoge von Isaak
Sternberger (1886)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
19. April 1886: "Ulm. Zum Geburtstage des Königs von
Württemberg hielt Herr Isaak Sternberger hier in seiner Privatsynagoge
einen feierlichen Gottesdienst ab. Er sandte die dabei vorgetragenen
Gebetsstücke an Seine Majestät den König und erhielt von demselben ein allerhuldvollstes
Dankschreiben, welches folgendermaßen lautet: 'Kabinett Seiner Majestät
des Königs von Württemberg. Die unterzeichnete Stelle ist beauftragt,
dem Herrn Sternberger für die Seiner Majestät dem König durch die
Einsendung eines von ihm aus Anlass des allerhöchsten Geburts-Festes in
seinem Privatgottesdienste gesprochenen Gebets betätigte Aufmerksamkeit
und Ergebenheit den gnädigsten Dank Seiner Majestät auszudrücken.
Stuttgart, den 14. März 1886, Kabinett des Königs, in Vertretung
Legationsrat Hermann." |
Fotos
Historischer Plan / Fotos / Darstellungen:
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto 1958: |
|
|
Einweihung der Gedenktafel in
Ulm am 9. November 1958 -
Der Redner ist Oberbürgermeister Theodor
Pfizer |
|
|
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
|
|
|
Das Gebäude der
Kreissparkasse Ulm
mit der Gedenktafel |
Die Gedenktafel |
|
|
|
|
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.9.2003) |
|
|
|
Gebäude der Kreissparkasse |
Die Gedenktafel |
|
|
|
|
|
|
|
Neue Gedenkstätte im Weinhof
gegenüber der Kreissparkasse |
Gedenktafel
der Gedenkstätte |
|
|
|
Fotos 2010:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.1.2010) |
|
|
|
Gebäude der Kreissparkasse |
Die Gedenktafel |
|
|
|
|
Rechts: die Gedenkstätte
am Weinhof gegenüber der
Kreissparkasse |
|
|
|
|
|
|
|
Nach Abbruch des Gebäudes
der
Kreissparkasse 2012
(Foto: Hahn, Aufnahmedatum: 24.6.2012)
|
|
|
|
Blick zum Münster über das
Grundstück
der 1938 zerstörten Synagoge /
abgebrochenen Kreissparkasse |
Rechts Grundstück der 1938
zerstörten
Synagoge; im Hintergrund links die neue
Synagoge wenige Tage vor dem Richtfest |
|
|
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Januar/Februar/November 2014:
Initiative zur Verlegung von
"Stolpersteinen" in Ulm - die ersten "Stolpersteine" sollen im
Mai 2015 verlegt werden |
Artikel vom 10. Februar 2014 bei swr.de:
"Initiative wider das Vergessen - Stolpersteine auch in Ulm
Ulmer Bürger wollen in der Stadt sogenannte Stolpersteine im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus verlegen. Sie wollen mit Unterstützung der Stadt und des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Mitte Februar eine "Stolperstein-Initiative" gründen..."
Link
zum Artikel |
Weiterer Artikel vom 11. Februar 2014 in
focus-online: "Initiative will Stolpersteine auch in Ulm verlegen..."
Link
zum Artikel |
Weiter Artikel von Rudi Kübler vom 15.
Februar 2014 in der "Südwest-Presse": "Stolpersteine in
Ulm für Opfer der NS-Diktatur..."
Link
zum Artikel |
Weiterer Artikel von Marcus Golling vom 17.
Februar 2014 in der "Augsburger Allgemeinen": "Ulm. Stolpersteine
halten die Erinnerung lebendig. Messingschilder sollen auf frühere
Wohnorte von NS-Opfern in Ulm hinweisen. Dafür braucht es freiwillige
Helfer..."
Link
zum Artikel |
Weiterer Artikel von Dagmar Hub vom 21.
Februar 2014: in der "Augsburger Allgemeinen": "Der Weg
ist frei für die 'Stolpersteine'. Ulmer Initiative gründet sich in
der Volkshochschule. Bis zum Sommer sollen erste Ergebnisse sichtbar
sein..."
Link
zum Artikel |
|
Artikel von Rudi Kübler in der
"Südwestpresse" vom 7. November 2014: "Initiative "Stolpersteine
für Ulm" präsentiert Zwischenergebnis.
Die Stolperstein-Initiative kommt voran: Im Mai 2015 werden die ersten
Gedenksteine verlegt, zunächst aber werden Plakate präsentiert.
Der Termin ist noch ein Weilchen hin - aber jetzt steht schon fest, dass der
Kölner Bildhauer Gunter Demnig Anfang Mai 2015 nach Ulm kommen wird, um an
fünf Stellen in der Stadt die ersten Stolpersteine zu verlegen. 15 an der
Zahl, berichtet Martin König, einer der Mitorganisatoren der Ulmer
Stolperstein-Initiative neben Andrea Schiele, Dr. Nicola Wenge und Dr.
Silvester Lechner. Wie berichtet, hatte sich die Initiative Ende Februar
dieses Jahres gegründet, mit dem Ziel, an die Ulmer Opfer des
Nationalsozialismus zu erinnern - nicht mit Gedenksteinen auf Friedhöfen,
sondern mit so genannten Stolpersteinen, die dort verlegt werden, wo die
Menschen gelebt haben: in der Stadt, auf den Bürgersteigen vor ihren
Wohnhäusern. Die Initiative, die mittlerweile mehr als 100 Bürger umfasst,
hat in den vergangenen Monaten 15 Biographien von NS-Opfern erarbeitet, sich
bei ihren Recherchen, wo es um jüdische Opfer ging, auf Ingo Bergmanns
Gedenkbuch gestützt. 'Wir haben aber auch viele andere Quellen angezapft,
richtig wissenschaftlich gearbeitet', sagt Mark Tritsch. Und: Weil, wie
gesagt, die ersten Steine erst in einem halben Jahr verlegt werden, wird
morgen, am Tag vor der Gedenkfeier für die jüdischen Opfer des
Nationalsozialismus ein 'Zwischenergebnis' in der Öffentlichkeit
präsentiert. An fünf Orten in der Stadt, dort, wo die NS-Opfer gelebt haben,
werden Plakate aufgehängt. So in der Olgastraße/Ecke Hafenbad, wo die
Familie Frenkel ihren Zigarrenladen und ihre Wohnung hatte. Oder in der Nähe
der IHK, wo Dr. Ludwig Hecht und seine Frau Rosa lebten. Dort, wo früher die
Promenade war und heute das Bekleidungsgeschäft C & A ist, lebte der Arzt
Dr. Paul Moos. An ihn wird mit einem Stolperstein erinnert, ebenso an
Jonathan Stark, einen Zeugen Jehovas. Er lebte in der Profosengasse,
Mathilde Fischer an der Ecke Neue Straße/Henkersgraben. Die als psychisch
krank geltende Ulmerin war 1941 in Hadamar ermordet worden. Die Verlegung
eines Stolpersteines kostet 120 Euro, zwei Drittel davon sind
Materialkosten, ein Drittel geht an den Künstler. 'Sieben Stolpersteine sind
mittlerweile finanziert', sagt König, 'wir suchen also derzeit noch weitere
acht Ulmer Bürger, die eine Patenschaft übernehmen.'
Verlegung im Mai 2015. Die ersten Stolpersteine, die an Ulmer
NS-Opfer erinnern sollen, werden im Mai 2015 verlegt. 15 an der Zahl. Ab
morgen hängt die Initiative 'Stolpersteine für Ulm' in der Olgastraße, vor C
& A und in der Neuen Straße und am Marktplatz Plakate auf - als erstes
Zwischenergebnis ihrer Arbeit.
Ein Kommentar von Rudi Kübler. Still, aber wirksam. Lange Zeit war
es ruhig um die Initiative 'Stolpersteine für Ulm' - merkwürdig ruhig sogar.
Denn selten zuvor war ein Projekt mit derart überwältigender Resonanz
gestartet, die Organisatoren zeigten sich damals im Februar dieses Jahres
selber überrascht: Mehr als 100 Bürger hatten ihr Interesse für die Idee
bekundet, mit so genannten Stolpersteinen an Ulmer NS-Opfer zu erinnern -
ein aufmunterndes Signal, denn eine solche Initiative macht nur Sinn, wenn
sie von den Menschen selber getragen wird. Nur so kann in der Bevölkerung
ein Bewusstsein für Recht und Unrecht, für Demokratie und Diktatur
geschaffen werden. Eingeschlafen ist die Initiative freilich nicht, sie
arbeitete in Kleingruppen still, aber kontinuierlich an den Biografien der
NS-Opfer - denn es ist eben nicht damit getan, lediglich einen Stolperstein
nach dem anderen zu setzen. Das Leben dieser Menschen - Juden, psychisch
Kranke, körperlich Behinderte, Sinti und Roma sowie politisch Andersdenkende
und religiös Verfolgte - ist mehr als nur ein Geburts- und ein Sterbedatum.
Sie waren Mitbürger, lebten zunächst in der Mitte der Gesellschaft, von der
sie später zunehmend an den Rand gedrängt wurden. Diese Biografien gilt es
erstens aufzuarbeiten - und zweitens öffentlich zu machen. Über Broschüren,
über das Internet. Dass die Initiative bei der Recherche auf etliche
NS-Verfolgte gestoßen ist, die namentlich nicht bekannt waren, zeigt: Diese
Arbeit ist wichtig."
Link zum Artikel |
|
Mai 2015:
Erste Verlegung von
"Stolpersteinen" in Ulm |
Artikel von Rudi Kübler in der
"Südwestpresse" vom 26. Mai 2015: "Gedenken Stolpersteine erinnern in Ulm
an Holocaust-Opfer
Der Auftakt ist gemacht: Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat am
Dienstag die ersten 14 Stolpersteine in Ulm verlegt – unter großer
Anteilnahme der Bürgerschaft. Die Stolpersteine erinnern an NS-Opfer.
Dass nichts, aber auch gar nichts vergessen ist, das machte gestern Dr. Anna
Laura Geschmay Merovach deutlich. Der Ort: Olgastraße 85. Hier wohnten ihre
Großeltern Dr. Ludwig und Rosa Hecht, hier praktizierte ihr Großvater als
angesehener Arzt und Geburtshelfer – bis zum Berufsverbot im Jahr 1937. 1942
wurden die Großeltern nach Theresienstadt deportiert, wo beide im Januar
1943 nur wenige Tage nacheinander an Unterernährung starben. Sie denke immer
'in Liebe' an ihre Großeltern, sagte die betagte Frau (Jahrgang 1931), 'aber
auch in Wut an das, was man mit euch gemacht hat. Man hat euch nicht nur das
Leben verboten, sondern auch das Grab in der Erde. Was haben meine
Großeltern Schlechtes getan?' Bewegende, erschütternde Worte der Enkelin.
Gleichzeitig aber bedankte sie sich für die Zeremonie an dem Ort, wo sie
zeitweise ihre Kindheit verbracht hat.
Die Zeremonie: Hier in der Olgastraße 85 sind am Dienstag zwei Stolpersteine
verlegt worden, einer für Ludwig, einer für Rosa Hecht. Zwei von 14
Stolpersteinen, die der Künstler Gunter Demnig in Ulm gesetzt hat – im
Alleingang. Mit dem Bohrhammer, der Motorflex und dem Meißel passte er die
10 x 10 x 10 Zentimeter großen Betonquader, die auf einer Messingplatte die
Namen, Lebens- und Sterbedaten der NS-Opfer tragen, in die Bürgersteige ein.
Die Idee beschreibt Demnig mit den Worten: 'Auf dem Stolperstein bekommt das
Opfer seinen Namen wieder, jedes Opfer erhält einen eigenen Stein – seine
Identität und sein Schicksal sind, soweit bekannt, ablesbar. Durch den
Gedenkstein vor seinem Haus wird die Erinnerung an diesen Menschen in
unseren Alltag geholt.'
Die Vorarbeit hatte die Ulmer Stolperstein-Initiative geleistet. Im Februar
2014 gegründet, schaffte es das bürgerschaftlich getragene Projekt mit
Andrea Schiele, Martin König und Mark Tritsch an der Spitze sowie rund 30
aktiven Mitstreitern im Rücken, die ersten 14 Biografien zu erarbeiten und
ins Internet zu stellen (www.stolpersteine-fuer-ulm.de).
Diese Biografien sind, wenn man so will, die Bedingung für die Verlegung der
Stolpersteine. 'Wichtig ist, dass sich die Bürger mit den NS-Opfern
beschäftigen, das Projekt also von unten getragen wird', sagte König beim
abschließenden Treffen im Ulmer Rathaus. Der Tag hatte um 8.30 Uhr begonnen
– und zwar mit einem Kaddisch im jüdischen Teil des Alten Friedhofs.
Rabbiner Shneur Trebnik stimmte mit dem Gebet für alle Verstorbenen auf den
Rundgang ein, der in der Olgastraße 114 begann, wo die Familie Frenkel ihr
Tabakgeschäft hatte und fünf Stolpersteine verlegt wurden. Alan Frankel,
Enkel des in Riga ermordeten Adolf Frenkel, bezeichnete die Verlegung der
Steine als 'Akt der Menschlichkeit'. Der Zug, der schnell auf 150 Teilnehmer
anwuchs, führte über die Olgastraße 85 zur Friedrich-Ebert-Straße 114 – hier
wurden drei Steine für die Familie Moos verlegt. Michael Moos, Freiburger
Rechtsanwalt und entfernter Verwandter dieses Moos-Zweigs, erinnerte an den
ehemaligen OB Theodor Pfizer und an dessen Forderung, 'diese schwere Schuld
nicht zu vergessen, so wenig wie die Not, die Tränen, das Blut der Opfer'.
Denn so fügte Moos an: 'Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.' In
der Herdbruckerstraße wurden das Ehepaar Levy, Lina Einstein und Jonathan
Stark geehrt, der als Zeuge Jehovas seinen Glauben nicht verleugnen wollte
und durch den Strang hingerichtet wurde. Dass das Erlittene immer noch
präsent ist und nicht dem Vergessen anheim fallen darf, zeigte ein Satz von
Geschmay Merovach: 'Die Wunde bleibt in mir.'"
Link zum Artikel |
|
Weitere Verlegungen von "Stolpersteinen" in
Ulm waren nach der Verlegung am 26. Mai 2015 am 14. September 2015, am 25.
Mai 2016, am 29. Oktober 2016, am 12. Oktober 2017 und am 6. März 2020.
Informationen zu Verlegungen in der Website der Stolperstein-Initiative Ulm:
http://stolpersteine-fuer-ulm.de/ |
|
Liste der "Stolpersteine" in Ulm:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Ulm
|
|
April 2024:
Innenansicht der Ulmer Synagoge
konnte rekonstruiert werden |
Artikel
von Christina Scherer in swr,de vom 26. April 2024: "Bild bald im Museum
"Die Einsteins". Überraschender Einblick: Gemälde zeigt Innenansicht der
zerstörten Ulmer Synagoge.
Überraschend ist ab sofort ein Blick ins Innere der von den Nazis zerstörten
Ulmer Synagoge möglich. Eine Zeitzeugin hat ein Acrylgemälde exakt nach
ihren Erinnerungen beauftragt. Es ist eine kleine Sensation für die Ulmer
Stadtgeschichte: Dank einer 102-jährigen emigrierten Ulmerin gibt es jetzt
eine Innenansicht der Ulmer Synagoge als Gemälde. Die Augen der Historiker
leuchteten, als sie das Paket aus den USA öffneten.
Geschenk ans neue Museum 'Die Einsteins'. Die fast 103-jährige Ann
Dorzback aus einer jüdischen Ulmer Fabrikantenfamilie hat aus ihren
Erinnerungen heraus das Bild malen lassen. Ihr Sohn unterstützte sie dabei
mit computergestützten Berechnungen.
Wer hat in der Ulmer Synagoge wo gesessen?. Dorzbacks Freundin und
Dokumentarfilmemacherin, Sibylle Tiedemann, bescheinigt der betagten Dame
'ein exzellentes Erinnerungsvermögen' und sagt, Ann wisse noch genau, wer wo
in der Synagoge seinerzeit gesessen habe und was wo gestanden habe. Auf
Basis dieser Erinnerungen hat der Künstler Thomas Pfannerstill ein Bild auf
Birkenholz gemalt. Thorarollen, Rabbinerstuhl, bunte Glasfenster:
Detailverliebt und ziemlich nah dran an der Realität sei das Bild, sagte die
Ulmer Historikerin Sabine Presuhn beim Öffnen des Pakets. Ein neuer
Einblick, der sich den Ulmern in bunten Acrylfarben bietet: Bisher seien
zwar etliche Fotos der Synagoge von außen, aber einfach keines von innen
aufzutreiben gewesen.
Ulmer Schüler inspirieren 102-Jährige. Schülerinnen und Schüler der
Ulmer Ferdinand-von-Steinbeiß-Schule hatten sich bereits im Jahr 2006 an
einer Rekonstruktion der Alten Synagoge versucht. Die damals entstandenen
Arbeiten haben nun Historiker wieder in die Hand genommen, als sie die
Ausstellung des Stadtarchivs zum 150. Jahrestag der Ulmer Synagoge
vorbereiteten. Der Blick der Fachleute fiel auf eine Bleistift-Skizze der
Schüler. Diese schickten sie nach Louisville, Kentucky zu Ann Dorzback.
Schnell habe sie ihre Kommentare dazu zurückgemeldet. Das war die
Inizialzündung: Aufgrund der Skizze beschloss die umtriebige Dame, ihre
Erinnerungen für die Nachwelt in Acryl zu bannen.
Museum 'Die Einsteins' bekommt Gemälde geschenkt
Ann Dorzback ließ sich ein Jahr Zeit für die Vorbereitung und Umsetzung.
Jetzt ist das Bild fertig, Dorzback schenkt das 18 mal 26 Zoll große
Gemälde dem im Aufbau begriffenen Museum 'Die Einsteins'. Gewidmet hat sie
es ihrer Familie, einem Rabbiner und einem Kantor der damaligen Synagoge. Ab
dem 4. Juli können es alle Interessierten im Museum 'Die Einsteins'
ansehen."
Link zum Artikel |
|
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. 1966. S. 178-185. |
| Germania Judaica II,2 S. 843-846; III,2 S.
1498-1522. |
| Hermann Dicker: Die Geschichte der Juden in Ulm. Ein
Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters. Dissertation Zürich.
Rottweil 1937. |
| R. Wortmann, Reste einer mittelalterlichen Judenhauses in Ulm? in: Aus
Archiv und Bibliothek. Max Huber zum 65. Geburtstag. 1969. S. 60-66. |
| H. Bender (Bearb.): Ulm – Historische Bausubstanz. 1975.
S. 189.192. |
| Andrea Engel: Juden in Ulm im 19. Jahrhundert. Anfänge und
Entwicklung der jüdischen Gemeinde von 1803-1872. Mag.-Arb. im Fachbereich
Geschichte der Univ. Tübingen. 1982. |
| Hans Eugen Specker (Hg.): Einstein und Ulm. Forschungen zur
Geschichte der Stadt Ulm. Reihe Dokumentation 1. 1979. |
| Resi Weglein: Als Krankenschwester im KZ Theresienstadt.
Erinnerungen einer Ulmer Jüdin. 1988. |
| P.Th. Lang, Die Reichsstadt Ulm und die Juden 1500-1803,
in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte. Bd. 8, 1989 S. 39-49. |
| Stadtarchiv Ulm (Hg.): Zeugnisse zur Geschichte der Juden
in Ulm. Erinnerungen und Dokumente. 1991. |
| Ralf Heisele: Die Judenverfolgung in Ulm im Spiegel
der Lokalpresse. Magisterarbeit Tübingen. 1992. |
| Silvester Lechner: Das KZ Oberer Kuhberg und die NS-Zeit in der
Region Ulm/Neu-Ulm. (= Die NS-Zeit in der Region Ulm/Neu-Ulm. Vorgeschichte,
Verlauf, Nachgeschichte. Band 1) Stuttgart 1988². |
| ders.: Ulm im
Nationalsozialismus. 1997. |
| Myrah Adams,
Christof Maihoefer: Jüdisches Ulm. Schauplätze und Spuren.
Haigerloch 1998. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 34-40. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
|
| Amelie
Fried: Schuhhaus Pallas. Wie meine Familie sich gegen die Nazis
wehrte. Hanser Verlag 2008. ISBN: 978-3-446-20983-1. Informationen
zu diesem Buch. |
| Ingo
Bergmann: Und erinnere dich immer an mich: Gedenkbuch an die Ulmer
Opfer des Holocaust. Verlag Klemm & Oelschläger Münster/Westfalen
2009. ISBN 978-3-932577-82-6 26,80 €.
Informationen zu diesem Buch (aus einer Seite
des Verlages): "Vor fast 50 Jahren wurde im Auftrag der Stadt Ulm von Heinz Keil eine Dokumentation über die Verfolgung der jüdischen Bürger von Ulm erstellt - seinerzeit ein besonders frühes Beispiel des Gedenkens einer deutschen Stadt an die jüdischen Opfer des Dritten Reiches. Im Lichte neuerer Erkenntnisse haben sich viele damals publizierte Angaben als korrekturbedürftig erwiesen, so dass auf Beschluss des Ulmer Gemeinderates zum Januar 2009 ein neues Gedenkbuch für die deportierten bzw. ermordeten jüdischen Einwohner Ulms erarbeitet wurde. Die aufwendigen Recherchen haben das Ausmaß der Verbrechen noch deutlicher werden lassen, denen weit mehr Menschen zum Opfer fielen, als zunächst angenommen. Zugleich eröffnete die Forschung zu der vorliegenden Publikation hoffnungsvolle Perspektiven: Viele ehemalige jüdische Bürger und Bürgerinnen Ulms, die die Zeit des Nationalsozialismus überlebten, ihre Nachkommen, aber auch zahlreiche andere Einwohner der Stadt haben aufschlussreiches und einzigartiges Bildmaterial sowie viele bislang unbekannte Dokumente für dieses Buch zur Verfügung gestellt und mit Auskünften geholfen. Das Gedenkbuch soll mit seinen vielen Abbildungen dazu beitragen, den in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgten und zu einem großen Teil ermordeten Menschen jüdischen Glaubens aus Ulm wieder einen Namen und ein Gesicht zu
geben." |
| Ingo
Bergmann: "And Always Remember Me". Memorial Book for the
Holocaust Victims of Ulm. Englische Version des oben genannten Buches;
Übersetzung von Jane Collins. Verlag Klemm & Oelschläger Münster /
Westfalen 2013 ISBN 978-3-86281-068-0. 26,80 €.
Link zu einer Seite
des Verlages. |
|
Ingo
Bergmann: 1938. Das Novemberpogrom in Ulm - seine Vorgeschichte und
Folgen. Hg. vom Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg e.V. (DZOK) und Haus
der Stadtgeschichte - Stadtarchiv Ulm. Ulm: Verlag Klemm+Oelschläger 2018.
14,80 €
ISBN: 978-3-86281-134-2 / 80 Seiten / 87 Abbildungen / Softcover / 2018 /
16, 80 Euro
Zum Inhalt: Der Autor Ingo Bergmann verbindet in der Publikation die
Wiedergabe aussagekräftiger Quellen mit einer historischen Kontextsetzung,
die weit vor dem Nationalsozialismus einsetzt und bis in die Gegenwart
reicht. Hintergrundinformationen werden mit Schlüsseldokumenten und
Zeitzeugenaussagen präsentiert. Zahlreiche unbekannte Fotos, Akten und
Erinnerungen aus internationalen Archiven wurden zusammengetragen. Dieses
Buch ist jenen Jüdinnen und Juden gewidmet, die in der Zeit des
Nationalsozialismus aus der Ulmer Stadtgesellschaft ausgeschlossen,
verhöhnt, verfolgt und ermordet wurden. Es ist zugleich eine Einladung an
alle, sich auf dem Fundament dieser Erinnerung für eine solidarische
Stadtgesellschaft heute einzusetzen, in der niemand aufgrund seiner Religion
oder Herkunft diskriminiert wird. Nicht zuletzt ist es selbst ein Zeugnis
dafür, dass es engagierte Menschen braucht, die die Erinnerung für die
Gegenwart wachhalten.
Zur Website des Verlages:
www.klemm-oelschlaeger.de/ |
|
Christian
Scholl: Die Judengemeinde der Reichsstadt Ulm im späten Mittelalter.
Innerjüdische Verhältnisse und christlich-jüdische Beziehungen in
süddeutschen Zusammenhängen. Hannover 2012 (Forschungen zur Geschichte der
Juden A 23). Die Dissertation ist online zugänglich
https://ubt.opus.hbz-nrw.de/frontdoor/index/index/docId/1503. Als
Printexemplar: X, 451 S | 2012 | ISBN 978-3-7752-5673-5.
Zum Inhalt: Die Judengemeinde der Reichsstadt Ulm gehörte zu den
bedeutendsten jüdischen Gemeinden des spätmittelalterlichen Reiches. Dies
kommt darin zum Ausdruck, dass UlmerJuden in ausgedehnte Geschäfts- und
Familienbeziehungen involviert waren, die sich weit über die Stadtmauern
Ulms hinaus über den gesamten süddeutschen Raum und im 15. Jahrhundert sogar
bis nach Oberitalien erstreckten.Ferner fungierte die Ulmer Judengemeinde
als regionales Zentrum für eine Reihe von jüdischen Niederlassungen im
städtischen Umfeld.
Gestützt auf eine breite Basis meist unveröffentlichter Quellen, befasst
sich der Autor in seiner Studie sowohl mit den internen Belangen der Ulmer
Judengemeinde als auch mit den vielseitigen Kontakten, die Ulmer Juden mit
Christen der näheren und weiteren Umgebung unterhielten. Dabei zeigt sich,
dass die Berührungspunkte zwischen Juden und Christen im Mittelalter
keineswegs auf die Bereiche Ausgrenzung, Verfolgung und Vertreibung zu
reduzieren sind, sondern dass Angehörige der beiden Religionsgemeinschaften
oftmals über Jahrzehnte hinweg friedlich nebeneinanderlebten und zum
gegenseitigen Vorteil miteinander kooperierten.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ulm Wuerttemberg. Jews settled in the first half of
the 13th century, engaging mostly in moneylending and occupying a Jewish quarter
where a synagogue was maintained. In 1349 the quarter was stormed by rioters
after a well-poisoning libel and throughout the 14th century Jewish life was
undermined by restrictive measures under pressure from the Christian guilds. The
small community was expelled in 1499.
Settlement was only renewed in 1782, but anti-Jewish feelings kept it from
developing until the 1848 revolution. In 1857 it was recognized as an
independent community and in 1873 a splendid synagogue was inaugurated. Jews
engaged in the textile trade and were represented in the professional class.
They were also active in public life, with representatives in the chamber of
commerce, city council and Wuettemberg parliament. Albert Einstein was born
there in 1879. By 1880 the Jewish population stood at 694 (total 32,773). A
reading society founded in 1855 became a vital center of Jewish social life,
organizing various functions and accumulating a 7,000-volume-library. Under the
Weimar Republic, antisemitism was rekindled, becoming virulent in the Nazi era
as persecutions intensified. In October 1938, 17 Jews with Polish citizenship
were deported. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was
burned, Jews were beaten, and Jewish stores were looted. Of the 530 Jews in
Ulm in 1933, 331 emigrated by 1941, 169 to the United States, 55 to
Palestine and 49 to England. The rest were expelled, many ending their days in
the Theresienstadt ghetto.
After the war a refugee camp for 1,000-1,200 Displaced Jews was set up near the
city and a small Jewish community reestablished.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|