Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zu den Friedhöfen im Regierungsbezirk Schwaben  
     

Wallerstein (Landkreis Donau-Ries) 
Jüdischer Friedhof  
   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde              
    
Siehe Seite zur Synagoge in Wallerstein (interner Link)   
   
   
Zur Geschichte des Friedhofes            
    
Der jüdische Friedhof in Wallerstein wurde ca. 1510 gegründet.
    
Die ältesten in der von dem jüdischen Lehrer Hieronymus Stein (gest. 1899) 1895 verfassten Gesamtdokumentation des Friedhofes noch lesbaren Grabsteine waren aus der Zeit Mitte des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts (vgl. Dokumentation des Steinheim-Institutes siehe unten, abgeschlossen 2020, wonach der älteste Grabstein von 1558 ist). Sponsor für die Transkriptionen 1895 war Emil Wassermann, Mitinhaber des Bankhauses Wassermann in Bamberg. Er stammte aus Wallerstein und war sich der Vergänglichkeit der Grabinschriften offensichtlich bewusst. Der Auftrag zur Nummerierung der Grabsteine (wohl zur eindeutigen Identifizierung der Inschriften) stammt sicherlich ebenfalls von ihm. Sein Sohn Oscar war im Vorstand der Deutschen Bank (vgl. Family Sheet Emil Wassermann of Wallerstein+Bamberg+Berlin. pdf-Datei von Rolf Hofmann).
 
Spätestens nach dem Dreißigjährigen Krieg war dieser Friedhof der einzige zentrale jüdische Begräbnisplatz in der Grafschaft Oettingen. Nur in Aufhausen gab es einen weiteren Friedhof für die Teilgrafschaft Oettingen-Baldern.
 
Der Friedhof wurde erstmals 1926 schwer geschändet (zahlreiche Grabsteine umgeworfen):        
   
Schändung des Friedhofes 1926  

Wallerstein Bayr GZ 07081926.jpg (25163 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7. August 1926: "Wallerstein. Auf dem altehrwürdigen Friedhof in Wallerstein wurden mehrere neu errichtete Grabsteine umgeworfen und beschädigt. Die Staatsanwaltschaft hat wiederholt eine größere Belohnung für die Ermittlung der Täter ausgesetzt. Leider konnte bis jetzt noch keine Spur ermittelt werden."

  
Die letzte Beisetzung auf dem Friedhof war am 4. Juni 1941. Der Friedhof wurde in der NS-Zeit mehrfach schwer geschändet; im Laufe des Krieges wurde ein großer Teil der Grabstein von Bewohnern der umliegenden Ortschaften abgeräumt. Viele Grabsteine wurden zerschlagen. Nach Kriegsende wurden durch Initiative des US-Militärs die noch erhaltenen Steine zurückgebracht und auf der abgeräumten Fläche im Zentrum des Friedhofes willkürlich aufgestellt. Eine Leichenhalle (Taharahaus), die sich links des Eingangstures befand, wurde im Herbst 1974 abgebrochen, nachdem das Dach auf Grund der Vernachlässigung des Gebäudes eingefallen war. Aus dieser Zeit stammt auch das Eingangstor; vorher war ein Staketentor vorhanden.
   
Der Friedhof umfasst heute eine Fläche von 122,20 a (1972 wurde Grünland mit der Fläche 15,30 a zur bestehenden Friedhofsfläche von 106,90 ar, Flurstück Nr. 2504 zugeschlagen). Er liegt ca. 1 km östlich von Wallerstein inmitten von Wiesen und Feldern (erreichbar über Wein- und Riegelstraße). Das Eingangstor weist zwei Magen David ("Davidsterne") auf. Die erhaltenen Grabsteine stehen verstreut, doch sind die heute leeren Flächen auch belegt worden (Grabsteine sind versunken oder wurden in der NS-Zeit abgeräumt, s.u.; von früher 900 Grabsteinen sind ca. 300 erhalten). Auffallend ist die in der Mitte des östlichen Friedhofsteiles stehende Gruppe von fünf großen Gräbern (Rabbiner Marx Michael Kohn und David Weiskopf sowie weibliche Angehörige der Familie). Gegenüber dem Eingang stehen die großen Grabstätten des Michael Ries (Näheres zu ihm auf der Seite zu Hainsfarth) und seiner Mutter Gala.  
     
Artikel von Rolf Hofmann "Vom Aufstieg und Fall des Landrabbinates - Mächtige Grabmale auf Wallersteiner Judenfriedhof erinnern an einst hoch geachtete religiöse Oberhäupter" (DZ 30.4.1997): hier anklicken.  
   
Seit 2020 online: Vollständige Dokumentation von 1029 Inschriften des Friedhofes aus den Jahren 1558 - 1945, publiziert durch das Steinheim-Institut (Nathanja Hüttenmeister, Anna Martin): http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=wls  In diesem epidat-Projekt wurde die Dokumentation des Wallersteiner Lehrers Hieronymus Stein (und seinem Sohn Siegmund Stein sowie des letzten Lehrers und Friedhofsverwalters Gustav Erlebacher mit seinem Sohn Hermann) aufgenommen und nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der größte Teil der über 1000 dokumentierten Grabsteine wurde in der NS-Zeit zerstört.  . 
Dazu ein Beitrag von Nathanja Hüttenmeister: Die Inschriften des jüdischen Friedhofs Wallerstein. In: Kalonymos - Institutszeitschrift des Steinheim-Instituts für deutsch-jüdische Geschichte. 2020. Eingestellt als pdf-Datei.  
   
  
   

Plan  

Wallerstein Plan 02.jpg (73014 Byte) Die Lage des jüdischen Friedhofes Wallerstein 
östlich des Ortes  
(Topographische Karte aus den 1970er-Jahren) 

   
   
Fotos    
Historische Aufnahmen
(Quelle für das obere Foto: Th. Harburger, Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern. Bd. 3 S. 765; Original des Dias in den Central Archives Jerusalem; die historische Flugzeugaufnahme von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)  

Wallerstein Friedhof 003.jpg (70287 Byte) Links: Grabstein des Gemeindevorstehers Alexander (Sender) Michael Pflaum, 
Sohn des David Pflaum von Pflaumloch (gest. 1831); Aufnahme vom 18.11.1926
   
Wallerstein Friedhof 430.jpg (67909 Byte) Wallerstein Friedhof 431.jpg (7099 Byte)
Historische Flugzeugaufnahme von Wallerstein; 
rechts Ausschnittvergrößerung: der jüdische Friedhof.  

  
 
Fotos aus unterschiedlichen Jahreszeiten  
(Fotos: R. Hofmann (mit * markiert), Stuttgart; HarburgProject, Aufnahmedatum 1998; Hahn, Aufnahmedatum 12.3.2004 )

Wallerstein Friedhof 112.jpg (90184 Byte) Wallerstein Friedhof 100.jpg (52572 Byte)* Wallerstein Friedhof 101.jpg (64906 Byte)
Eingangstor zum Friedhof   Blick über den Friedhof. Die Steine wurden nach Kriegsende willkürlich aufgestellt  
   
Wallerstein Friedhof 104.jpg (102779 Byte)* Wallerstein Friedhof 100.jpg (86418 Byte) Wallerstein Friedhof 105.jpg (75874 Byte)
Die sogenannten Rabbinergräber: auf linkem Foto von links: Rabbiner Weißkopfs Witwe Vogel, Rabbiner Kohns Tochter Zipora, 
Rabbiner David Weisskopf, Rabbiner Marx Michael Kohn, Rabbiner Kohns Witwe Judith
 
Wallerstein Friedhof 114.jpg (65249 Byte) Wallerstein Friedhof 113.jpg (69269 Byte) Wallerstein Friedhof 153.jpg (59615 Byte)*
Detailansicht Grabstein für 
Rabbiner David Weisskopf  
Detailansicht Grabstein für 
Rabbiner Marx Michael Kohn  
Rabbiner Abraham Benjamin war unmittelbarer
 Vorgänger des Rabbiners Jakob Pinchas
 Katzenellenbogen im Landrabbinat Oettingen
   
     
Wallerstein Friedhof 150.jpg (64167 Byte)* Wallerstein Friedhof 152.jpg (67314 Byte)* Wallerstein Friedhof 106.jpg (91195 Byte)* *
Teilansicht des Friedhofes mit 
Grabstein des Rabbiners Abraham Wolf
 (1763), vgl. Fotos rechts  
Grabstein von Menachem Mendel Ettenheimer
 (1774-1853; Schwiegersohn des Rabbiners 
Baruch Loeb Steppacher)  
Grabstein des Alexander Pflaum aus Pflaumloch
 (1774-1831), Großvater des Stuttgart Bankiers
 Alexander von Pflaum (Foto rechts von 2020) 
     
Wallerstein Friedhof 102.jpg (118353 Byte)* Wallerstein Friedhof 103.jpg (106190 Byte)* Wallerstein Friedhof 101.jpg (111184 Byte)*
Teilansicht des Friedhofes: 
Die Gräber der 
Familie Wassermann
Teilansicht des Friedhofes:
 Grabsteingruppe Steppacher/ 
Ettenheimer im Hintergrund
Teilansicht des Friedhofes: im Vordergrund
 Grabsteine für Salomon Schulmann (1830-1888)
 und seine Frau Fanny geb. Weinmann (1836-1910)
      
Wallerstein Friedhof 104.jpg (91300 Byte) Wallerstein Friedhof 109.jpg (61866 Byte) Wallerstein Friedhof 105.jpg (100517 Byte)*
Grabdenkmal für Michael Ries aus San Francisco (siehe Text oben)  Grabstein von Scheinle, Tochter von Moses
 Oestreicher aus Oettingen (Oberteil eines
 Grabsteins aus dem 18. Jahrhundert; siehe unten) 
    
   
Wallerstein Friedhof 151.jpg (70943 Byte) Wallerstein Friedhof 103.jpg (98797 Byte) Wallerstein Friedhof 110.jpg (88107 Byte)
Grabstein von 
Heinrich (Chaim) Koch 
(gest. 1895) mit Levitenkanne
Teilansichten des Friedhofes  
  
   
Wallerstein Friedhof 102.jpg (98778 Byte) Wallerstein Friedhof 115.jpg (89935 Byte) Wallerstein Friedhof 107.jpg (86929 Byte)
Teilansichten des Friedhofes 
 
Wallerstein Friedhof 111.jpg (66900 Byte) Wallerstein Friedhof 106.jpg (87525 Byte) Wallerstein Friedhof 108.jpg (96098 Byte)
Teilansichten des Friedhofes 
   
Ältere Fotos
(Fotos: Hahn, aufgenommen etwa 1987; 
untere Zeile von R. Klotz, aufgenommen um 1970)
  
Wallerstein Friedhof 120.jpg (55016 Byte) Wallerstein Friedhof 122.jpg (50678 Byte) Wallerstein Friedhof 121.jpg (57835 Byte)
Zwei Blick über den Friedhof vom Eingangstor Blick zum Grabmal von Michael Ries
     
Wallerstein Friedhof 210.jpg (62729 Byte) Wallerstein Friedhof 211.jpg (78772 Byte)  
Die Rabbinergräber   Teilansicht, im Hintergrund 
die Rabbinergräber  
 
   
     
     
Vom Friedhof gestohlen     
 Oben: Grabstein Nr. 217 des Friedhofes Wallerstein. Grabstein für Schenle Oestreicher von Oettingen, Tochter von Moshe Oestreicher, Gattin von Jakob "Shamesh" von Oettingen (vermutlich Synagogendiener), sie starb am Tag der Esther Lesung. Das Sterbejahr ist unbekannt, da nur das Oberteil des Grabsteins in den 1990er Jahren noch erhalten war. Inzwischen wurde dieses Grabsteinfragment von Unbekannten entwendet. Leider sind nicht nur in der NS-Zeit, sondern auch nach 1945 Dutzende von Grabsteinen von Friedhof gestohlen worden. Wer solche Grabsteine irgendwo entdeckt (vermutlich teilweise eingemauert oder sonstwie verwendet): bitte bei der Polizei oder beim Webmaster von www.alemannia-judaica.de anzeigen (Adresse siehe Eingangsseite). 
     

   
    

Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Wallerstein 
bulletDokumentation des Steinheim-Institutes:  http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=wls&lang=de
bulletZur Seite über die Synagoge in Wallerstein (interner Link)   
bulletRolf Hofmann (harburgproject):  
(1)  Wallerstein Jewish Cemetery - grave list (doc)  
(2)  Wallerstein Jewish Cemetery - last name index (xls)  
(3)  Wallerstein Jewish Cemetery - unscaled map (pdf)  
bulletWebsite "Jewish Genealogy in Bavarian Swabia"   
bulletWebsite des Jüdisch Historischen Vereins Augsburg mit Seite zur jüdischen Geschichte in Wallerstein    

Literatur:    

bulletRolf Hofmann: Der jüdische Friedhof von Wallerstein. Historischer Hintergrund und neueste Forschungsergebnisse, in: Rieser Kulturtage. Dokumentation Band XII/1998. S. 139-152.
bulletMichael Trüger: Zum Friedhof Wallerstein. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 8. Jahrgang Heft 57, März 1993 S. 16.
bulletGernot Römer:  Ein Hainsfarther bekommt ein Denkmal in USA, in: Schwäbische Juden, Leben und Leistungen aus zwei Jahrhunderten, Augsburg 1990 (zu Michael Ries).
bulletReinhard H. Seitz: Nathan Michael Ries / Michael Reese (1815-1878), ein amerikanischer Pionier aus Hainsfarth, in Treml, Manfred - Weigand, Wolf (Hg.): Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Lebensläufe. München 1988, 135 - 142 (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur Nr. 18/88).
bulletMichael Schneeberger: Die Geschichte der Juden in Wallerstein. Reihe: Jüdische Landgemeinden in Bayern (10). In: Jüdisches Leben in Bayern. Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. 20. Jg. Nr. 97 April 2005 S. 30-39.
bulletDie obigen Angaben wurden teilweise mit Hilfe von Manuela Hofmann-Scherrers erstellt. 
bulletDietrich Bösenberg: Jüdische Friedhöfe im Ries. Am 7. April 2003 gehaltenes Referat (Universität Ulm, Zentrum für allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung. Arbeitskreis Nördlinger Ries). Dieses Referat ist online eingestellt: hier anklicken (pdf-Datei).  
bulletNathanja Hüttenmeister: Die Inschriften des jüdischen Friedhofs Wallerstein. In: Kalonymos - Institutszeitschrift des Steinheim-Instituts für deutsch-jüdische Geschichte. 2020. Eingestellt als pdf-Datei.    

    
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020