Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zürich (Kanton Zürich, Schweiz) 
Die Israelitische Religionsgesellschaft Zürich (IRGZ)
und ihre Synagoge in der Freigutstraße

Übersicht:

bulletZur Geschichte der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich  
bulletBerichte aus der Geschichte der Religionsgesellschaft aus den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens 
Die Israelitische Religionsgesellschaft trennt sich von der Israelitischen Cultusgemeinde (1898)    
Gemeindevorstellungen 1916, 1917 und 1921    
Aus der Geschichte des Rabbinates der Israelitischen Religionsgesellschaft     
Aus der Geschichte der Lehrer / Kantoren und weiteren Kultusbeamten   
Aus der Geschichte der jüdischen Schule     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Anzeigen         
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur  

   
   
Zur Geschichte der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich  
     
Die Israelitische Religionsgesellschaft in Zürich entstand 1895. Damals taten sich einige orthodoxe Mitglieder aus der Israelitischen Cultusgemeinde zusammen, da sie den Gebrauch eines Harmoniums und die Einführung eines gemischten Chorgesangs im Gottesdienst ablehnten. Wenige Jahre zuvor war von den aus Frankfurt am Main stammenden und von der dortigen Religionsgesellschaft im Geiste Samson Raphael Hirsch geprägten Herren Josua Goldschmidt und Josef Ettlinger zusammen mit Isidor Kohn (aus Baden bei Wien) das erste orthodox geprägte Minjan in Zürich gründetet worden. Die drei jungen Männer, die in Zürich in Stellung waren, konnten auf Grund ihrer orthodoxen Einstellung am Gottesdienst der bestehenden Zürcher Gemeinde nicht teilnehmen. Sie fanden Verständnis und Gesinnungsgemeinsamkeit in dem Züricher Leopold Weill, der einen Raum in seiner Wohnung zur Verfügung stellte. Am 22. Februar 1890, dem Schabbat Paraschat Teruma wurde in Weills Wohnung ein erster orthodoxer Gottesdienst abgehalten. Dass sich dafür die nötige Zehnzahl fand, beweist das Vorhandensein einer Anzahl Gleichgesinnter aus den Reihen der Gemeindeglieder der Cultusgemeinde. Das Minjan verblieb einige Monate im Hause des Herrn Leopold Weill und wurde dann in den Saal des damaligen 'Schützengartens' verlegt. An die Gottesdienste der Gruppe schlossen sich regelmäßige Lern-Schiurim an. Im August 1895 wurde die Religionsgesellschaft schließlich durch die Herren Gabriel Bernheim, Leon Bloch, A. Gutmann, Raphael Lang, Hermann Weill, Joseph Weill und Leopold Weill gegründet. Zunächst wollte man als Verein eigene Gottesdienste abhalten, jedoch weiterhin in der Israelitischen Cultusgemeinde verbleiben. Leopold Weill selbst gilt als "Gründer und geistiger Vater der Israelitischen Religionsgesellschaft" (siehe unten: Bericht zu seinem Tod 1927). 
  
Das Bestehen der Religionsgesellschaft innerhalb der Israelitischen Cultusgemeinde führte jedoch mit der Zeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinde, die mit den auf einer Generalversammlung der jüdischen Gemeindeglieder am 2. Mai 1896 verabschiedeten Beschlüssen für beide Seiten befriedigend geklärt werden sollten. In den Kreisen des damaligen Vorstandes der Israelitischen Cultusgemeinde gab es jedoch eine Mehrheit, die die Beschlüsse zu Ungunsten der Religionsgesellschaft auslegen beziehungsweise nur sehr unwillig umsetzen wollten, worauf es in den folgenden beiden Jahren zu einer längeren Auseinandersetzung kam, die schließlich zur Abspaltung und Gründung einer von der Cultusgemeinde unabhängigen Israelitischen Religionsgesellschaft 1898 führte (siehe unten den ausführlichen Bericht aus der Zeitschrift "Der Israelit" von 1898).
   
Um 1900 gehörten etwa 25 Familien der Religionsgemeinschaft an. Die Zahl stieg rasch an: 1916 wurden 84 Mitglieder (Familien) mit zusammen etwa 370 Personen gezählt, 1921 114 Familien mit zusammen etwa 600 Personen.      
   
Kurze Zeit nach Gründung der Religionsgesellschaft wurde nach Kauf des Friedhofgeländes Steinkluppe im Jahr 1899 ein eigener Friedhof angelegt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde wurde noch 1899 als Kantor der Gemeinde M. Hurwitz angestellt. Drei Jahre später wurde Rabbiner Armon Kornfein zum Rabbiner und Lehrer der Gemeinde bestimmt.  

An jüdischen Kantoren / Lehrern beziehungsweise weiteren Kultusbeamte (vor allem Schochetim, siehe einige Ausschreibungen der Stellen bis in die 1920er-Jahre unten) waren in der Religionsgesellschaft tätig: ab 1904 (Ausschreibung der Stelle siehe unten) als Kantor, Lehrer und Schochet Ignaz Kurzweil, ab 1908 Kantor und Lehrer Josef Messinger, 1913 bis 1933 Schochet David Uscherowitz, ab 1914 Kantor und Lehrer D. (in anderen Listen auch H. oder A.) Wallach, ab 1921 Kantor und Lehrer Hermann Lieber, 1927 bis 1940 Schochet Herr Bleck, von 1929 bis 1972 Lehrer und Kantor Max Ruda, 1930 bis 1955 Lehrer Pinchas Blumberg, 1944 bis 1972 Lehrer Dr. David Kolman, 1945 bis 1966 Schochet Efraim Rowinsky, 1952 bis 1991 Schochet Josef Krakauer, 1955 Schochet Nathan Wieder, 1956 bis 1995 Lehrer Dr. Samuel Adler, 1956 bis 1990 Lehrer Zwi Zaler, ab 1973 Lehrer Jizchok Wolokarsky
  
Als Rabbiner waren in der Religionsgesellschaft tätig: 
-  1902 - 1959 Rabbiner Armin Kornfein (geb. 1869 in Lackenbach, Ungarn, gest. 1959 in Zürich), besuchte die Rabbinerschule in Pressburg (heute Bratislava); 1892 nach Baden umgezogen; 1896 zum Lehrer, ab 1902 zum Rabbiner an der Israelitischen Religionsgesellschaft berufen.    
-  1912 - 1940 Rabbiner Tobias Lewenstein (geb. 1863 Paramaribo, Surinam, gest. 1953 bei Montreux): studierte in Amsterdam und Berlin; zunächst Rabbiner in Leeuwarden (Friesland), 1903 Oberrabbiner in Kopenhagen; 1912 bis 1940 (zweiter) Rabbiner der IRGZ.  
-  1947 - 1972 Rabbiner Dr. Theodor Weiss (Weisz) (geb. 1908 in Emden, gest. 1987 in Zürich): studierte 1928 bis 1932 in Berlin und Bonn, danach an der Jeschiwa in Mir; 1937 bis 1938 Oberrabbiner von Altona und Schleswig-Holstein; Dezember 1938 Flucht nach England, zunächst Internierung auf der Isle of Man, später Rabbiner in Luton bei London und in Blackburn bei Manchester; seit März 1947 zweiter Rabbiner der IRGZ , 1972 Ruhestand. 
-  1972 - 1994 Rabbiner Daniel Levy   
seit 2007  Rabbiner Chaim Moische Levy      
  
Die Israelitische Religionsgesellschaft schuf zahlreiche Einrichtungen, um ihren Gemeindegliedern und den anderen jüdischen Einwohnern sowie Gästen der Stadt ein toratreues jüdisches Leben zu ermöglichen. 1907 wurde ein eigener Metzgereibetrieb mit Fleisch- und Wurstverkauf (auch Versandgeschäft) eröffnet (vgl. Anzeige unten von 1917). 1915 wurde ein neues rituelles Bad (Mikwe) eingeweiht (Anwandstraße).    
  
1945 feierte die Israelitische Religionsgesellschaft ihr 50-jähriges Bestehen, 1995 ihr 100-jähriges Bestehen. 
  
Aktuelle Informationen zur Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich siehe deren Website www.irgz.ch.      
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens 
(vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre)    
     
Die israelitische Religionsgesellschaft trennt sich von der Israelitischen Cultusgemeinde (1898)  
Anmerkung: in der orthodox geprägten Zeitschrift "Der Israelit" erschien 1898 als Leitartikel in sieben Teilen eine ausführliche Darstellung der Vorgänge, die dazu führten, dass die Israelitische Cultusgemeinde und die Israelitische Religionsgesellschaft von nun an getrennte Wege gingen. Auch wenn damals das Verhältnis zwischen den Gemeinden zeitweise sehr angespannt war, konnte zum Zeitpunkt der Einweihung der Synagoge der Religionsgesellschaft 1924 wieder von einem "friedlichen und herzlichen Verhältnis zwischen Kultusgemeinde und Religionsgesellschaft"  gesprochen werden (siehe unten).       

Zuerich Israelit 23061898a.jpg (212825 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1898: "Die israelitische Religionsgesellschaft und der Vorstand der Cultusgemeinde - Zürich. Von einem Mitglieder der Züricher Cultusgemeinde. 
Zürich
, im Juni (1898).  Die Vorgänge in der hiesigen Cultusgemeinde und das Verhältnis der israelitischen Religionsgesellschaft zu ihr sind in jüngster Zeit so oft und so dreist in tendenziöser Weise entstellt worden, dass eine wahrheitsgemäße Darstellung der ganzen Sachlage kaum einer Rechtfertigung bedarf. - 
Die hiesige ca. 266 Mitglieder zählende Gemeinde hat in vielen wesentlichen Punkten das von den Vätern überkommene Judentum verlassen und ist nach der offiziellen Erklärung ihres eigenen Vorstandes eine liberal-reformjüdische, das Gros der Mitglieder entweiht öffentlich Sabbat und Feiertag, und setzt sich über die fundamentalsten sonstigen Satzungen der Tora und des rabbinischen Judentums hinweg. Die Gemeindeinstitutionen entsprechen der religiösen respektive unreligiösen Richtung der Mitglieder. Die Synagoge und ihr Gottesdienst haben durch ein christliches Kircheninstrument, durch den religionsgesetzlich verbotenen gemischten Chor ihren jüdischen Charakter eingebüßt. Der Jugendunterricht ist von den maßgebenden Faktoren selbst wiederholt als ungenügend bezeichnet worden, und die Beaufsichtigung des Koscherfleischverkaufs ist eine so unzulängliche, dass von Zeit zu Zeit die unglaublichsten Dinge an die Öffentlichkeit gelangen. Eine Mikwe hat die Gemeinde bis auf den heutigen Tag nicht und ebenso wenig besaß sie bis vor zwei Jahren die Einrichtung, dass jemand, der an den Werktagen seine 'Jahrzeit' begehen sollte, in der Orgelsynagoge ein Minjan vorfand, um Kaddisch sagen zu können. 
Wir heben diese Missstände nicht hervor, um daraus eine Klage über die Gemeinde und ihre Leiter zu konstruieren; vielmehr lediglich deshalb um zu konstatieren, wie die wenigen orthodoxen Mitglieder im Laufe der Jahre in der Gemeindeversammlung um Besserung dieser Zustände und um eine auch noch so bescheidene Berücksichtigung petitionierten und wiederholt mit lautem Hohn und Spott von der Majorität abgewiesen wurden.  
Länger als 10 Jahre war Herr Leopold Weill der einzige, der wenigstens am Sabbat und Festtage ein Minjan unterhielt, um auf den unjüdischen Gottesdienst in der Synagoge nicht angewiesen zu sein. Die Verspottung und Verdächtigung, welchen diejenigen ausgesetzt waren, die an diesem Minjan teilnahmen, hielt manche gleichgesinnte, achtungswerte Gemeindemitglieder lange Zeit zurück, bis sich nunmehr vor drei Jahren einige Herren fanden, die zu einer Gesellschaft zusammentraten, um sich die Möglichkeit zu schaffen, nach der Weise der Väter zu beten, dem Religionsgesetz gemäß zu leben und ihre Kinder dafür gewinnen und erhalten zu können.   
Diese Herren sind - bis auf eine einzige Ausnahme - Mitglieder der Cultusgemeinde. Sie taten     
Zuerich Israelit 23061898b.jpg (329794 Byte)keinen Schritt, der auch nur einen Schein von oppositionellem Charakter gegen die Cultusgemeinde gehabt hätte. Sie zahlten ihre Gemeinde-Beiträge nach wie vor; sie verlangten keine Subvention für ihre mit beträchtlichen pekuniären Opfern beschafften Einrichtungen, kurz, sie wollten nichts, als die ihnen von der Cultusgemeinde versagte Möglichkeit als Juden leben zu können, sich aus eigenen Mitteln schaffen.  Das suchte der Cultusvorstand zu hintertreiben. - Er schlug der Gemeindeversammlung vor zu beschließen, dass die Statuten der Cultusgemeinde wie folgt geändert werden sollen: 
'Mitglieder, welche sich einer anderen Cultusgemeinde (bezw. Genossenschaft) auf dem Platze Zürich anschließen, können auf Antrag des Vorstandes durch die Generalversammlung aus der Gemeinde ausgeschlossen werden.'  
Die Aufregung, welche dieses Ansinnen zur Folge hatte, spiegelte sich in mehreren damals erschienenen Flugblättern wieder. Es möge hier ein Passus aus einem solchen Blatte folgen, dessen Verfasser (ein Mitglied der Cultusgemeinde) nicht zur Religions-Gesellschaft gehört: 
'Was will die israelitische Religionsgesellschaft bezwecken? Sie will, dass ein täglich regelmäßig zweimaliger Gottesdienst stattfinde; sie will Gemilus-Chesed schel Emes üben, indem sie Leidtragenden und Jahrzeithaltenden Gelegenheit gibt, Kaddisch zu sagen; sie will, dass die bestehenden Mängel in der Fleischversorgung gehoben werden; sie will, dass der Jugendunterricht verbessert werden soll; sie will, dass die rituellen Bedürfnisse erfüllt werden können.
Für alles dieses opfert sie durch die Bereitwilligkeit ihrer Mitglieder nicht allein Zeit und Geld, sondern sie bietet die Mitbenützung ihrer Einrichtungen jedem in Zürich wohnenden Israeliten an, ohne von der Hauptgemeinde irgend welche Entschädigung zu beanspruchen, und dafür soll die Gemeinde nach dem Antrage des Vorstandes, diese ihre steuerzahlenden und allen sonstigen Pflichten seit langen Jahren in regelmäßiger Weise nachkommenden Mitgliedern auszuschließen berechtigt sein! Kann es wohl eine größere Inkonsequenz, ein widersinnigeres, unmoralischeres Vorhaben geben?' 
 
Diese Inkonsequenz wurde dennoch begangen und das unerhörte Ansinnen des Vorstandes von der Generalversammlung zum Beschluss erhoben. Aber in Folge des energischen, gerichtlichen Protestes der Herren, welche auf diese Weise von der Gemeinde ausgeschlossen werden sollten, scheint dem Kultusvorstand doch eine Ahnung des Unerhörten aufgegangen zu sein, das sein Antrag bedeutete. Er ließ sich in Friedens-Verhandlungen ein, die aber zu keinem Resultate führten.   
Er diktierte den Frieden in zehn Paragraphen, die sich wie zehn Gebote lesen, deren paschamäßiger Ton aber wenig geeignet war, den Glauben an die Friedensliebe des Vorstandes zu festigen.  
Erst durch die Bemühung einzelner Gemeindemitglieder, die in der Tat den Frieden um jeden Preis wollten, gelang es in der Generalversammlung vom 2. Mai 1896 ein volles, allseitiges Einverständnis zu erzielen und folgender Vertrag wurde von beiden Parteien unterzeichnet.  
Die Generalversammlung vom 2. Mai 1896  
'In Erwägung, dass bei einigen Mitgliedern der Gemeinde das Bedürfnis nach einem Gottesdienst vorhanden ist, welcher in wesentlichen Dingen sich von dem in der Kultusgemeinde geführten Gottesdienst unterscheidet; in Erwägung ferner, dass dieselben Mitglieder das Verlangen nach einem umfassenderen Unterricht ihrer Kinder haben, als er gegenwärtig in der Religionsschule der Gemeinde erteilt wird;  in der ferneren Erwägung, dass dieselben Mitglieder mit den rituellen Fleischverhältnissen nicht zufrieden sind, wie sie gegenwärtig in der Gemeinde beschaffen sind; und endlich in dem Bestreben, den Frieden in der Gemeinde zu erhalten'  
beschließt: 
1) Die israelitische Cultusgemeinde errichtet, sobald das neue Schulhaus fertiggestellt ist, einen Gottesdienst, welcher den Bedürfnissen der Eingangs erwähnten Mitgliedern entspricht, also ohne Harmonium oder dergleichen und ohne gemischten Chor; sie selbst stellt die hierzu nötigen Lokalitäten, worin die Plätze jährlich vermietet werden und unterhält die Beamten und sonstigen Einrichtungen; die Überwachung besorgt die Gemeinde respektive der Vorstand; die Leitung übernimmt die Synagogenkommission unter Zuzug von drei Mitgliedern, die jenen Gottesdienst regelmäßig besuchen. Sollte der projektierte Neubau auf Rosch-haschonoh 1898 nicht beziehbar sein, so stellt die Gemeinde anderweitige Lokalitäten mit der nötigen Einrichtung zu diesem Zeitraum.   
2) Die israelitische Cultusgemeinde überlässt zu demselben Zeitpunkt unentgeltlich denjenigen Mitgliedern, die einen eigenen Religionsunterricht für ihre Kinder einrichten, ein geeignetes Unterrichts-Lokal.  
3) Die israelitische Cultusgemeinde stellt es demjenigen der Gemeindemitglieder, die gegen die Metzgerverhältnisse der Gemeinde religiöse Bedenken haben, frei von Auswärts Fleisch zu beziehen oder kollektiv beziehen zu lassen.  
4) Die israelitische Cultusgemeinde wird die Einrichtungen, die sich zur Zeit im Besitze des Herrn R. Lang und Genossen befinden, soweit dieselben für die Einrichtung des neuen Lokals brauchen kann, gegen billige und gerechte Entschädigung ankaufen. 5) Dieser Beschluss der Generalversammlung darf während 25 Jahren nciht abgeändert werden, solange zehn Mitglieder in der Gemeinde daran festhalten. (Unterschriften)."       
  
   
Zuerich Israelit 27061898a.jpg (340268 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1898: Fortsetzung: "II. Mit dieser die Cultusgemeinde und die Religionsgesellschaft bindenden Vereinbarung ist ein Wendepunkt eingetreten, dessen Würdigung umso notwendiger ist, als der Gemeindevorstand der konkreten Verwirklichung und Ausführung dieses Einverständnisses noch bis zur Stunde auf Schritt und Tritt Schwierigkeiten bereitet und sich dabei einen Anschein gibt, als seien die Friedensstörer nicht bei ihm, sondern weit von ihm weg zu suchen. Diesen falschen Schein möchte diese Darstellung an der Hand unleugbarer Tatsachen darstellen, als das was es ist. - 
Nehmen wir einen Augenblick an, es habe am 2. Mai 1896 keine Generalversammlung stattgefunden und es existiere somit auch kein die Cultusgemeinde und die Religionsgesellschaft bindender Vertrag. Aber es sei auf Seiten des Gemeindevorstandes das loyale Bestreben wirklich vorhanden den Frieden innerhalb der Gemeinde wieder herzustellen, wäre ihm dann sein Weg nicht zweifellos vorgeschrieben? Wenn man die an sich klare Sachlage nicht künstlich verwirrt, so liegt sie doch so:
Der Vorstand und die große Mehrheit der Cultusgemeinde bekennen sich zum Reformjudentum, was in offenkundigster Weise in dem Gemeindegottesdienst offiziell zum Ausdruck kommt, der den Satzungen des überlieferten Religionsgesetzes nicht entspricht. 
Ein Teil der Gemeindemitglieder, die in der von den Väter überkommenen Weise beten und einen dem überlieferten Religionsgesetz entsprechenden Gottesdienst wünschen, ist deshalb zu einer besonderen Gesellschaft zusammengetreten. Hält der Vorstand eine solche Gesellschaft im Interesse des Gemeindefriedens nicht für wünschenswert, er möchte aber auch seine Hand nicht zu einem Gewissenszwang gegen Männer bieten, die nichts vollen, als in derselben Weise zu Gott beten, wie es auch die Eltern und Großeltern des Kultusvorstandes taten, so braucht er der Gemeinde nur folgendes zu unterbreiten: 'Wir haben in unserer Mitte zwei Richtungen, von welchen die eine der Orthodoxie huldigt. Für das religiöse Bedürfnis der Majorität ist durch unsere Synagoge gesorgt, wir wollen unseren orthodoxen Mitgliedern auch einen orthodoxen Gottesdienst stellen, welcher ihren Bedürfnissen genügt.' Damit wären alle Differenzen beseitigt. - Nun hängt aber dieser Ausgleich der Zwistigkeiten heute nicht mehr vom guten Willen des Vorstandes ab, sondern die Cultusgemeinde ist durch den Beschluss der Generalversammlung vom 2. Mai 1896 dazu verpflichtet.  
Wie der Gemeindevorstand dieser Verpflichtung sich entziehen möchte, wie er Ecken und Schwierigkeiten sucht, um ihr aus dem Wege zu gehen und sie illoyaler Weise zu erfüllen, wie er Wahrheit und Recht mit Füßen getreten - Tatsachen - in dreister, gehässiger Weise entstellt und erdichtet hat - und wie auch der Gemeinderabbiner Dr. Littmann dem Willen des Vorstandes sich unterstellt, und seinem Vorgehen die tatkräftigste Unterstützung gewährt hat -, das ist dem Gros der Gemeinde leider nicht bekannt, und soll deshalb an der Hand folgender Tatsachen dargelegt werden. - Die Art und Weise, wie sich jemand in Geldangelegenheiten benimmt, wird mit Recht als Maßstab zur Beurteilung seines Charakters angesehen. Es möge daher ein an und für sich geringfügiger Umstand hier ausgeschickt werden. Wenn es sich bei der Regelung des Verhältnisses zwischen Cultusgemeinde und Religions-Gesellschaft seitens des Gemeinde-Vorstandes wirklich um eine schwerwiegenden prinzipielle Konzession gehandelt hätte, so wäre anzunehmen, dass er in Geldsachen umso kulanter verfahren, je zäher und unnachgiebiger er in Prinzipienfragen erscheint. Das Gegenteil ist aber hier der Fall. In Prinzipien hat der Gemeindevorstand mit sich handeln lassen, aber in Geldsachen hat er, um einen gelingen Ausdruck zu gebrauchen, sich - kleinlich erwiesen.  
Die Cultusgemeinde hat sich in der Generalversammlung vom 2. Mai 1896 verpflichtet, die Einrichtung des Betsaales der Religionsgesellschaft für die Einrichtung des neuen Lokals gegen billige und gerechte Entschädigung anzukaufen. 
Am 29. April hat sich im Auftrag des der Gemeindevorstandes Schreiner Schneidel die Utensilien auf 3.800-3.900 Frcs. geschätzt. Am 18. Mai offeriert der Vorstand 3.000 Frcs. für die ganze Einrichtung, am 30. Mai 3.500 Frcs. 
In einer Zuschrift des Herrn Leopold Weill weist dieser Herrn Präsident Leopold Bollag nach, dass sich der Werk der Gegenstände auf 4.500 verläuft, der Gemeindevorstand verbleibt trotzdem in einem Schreiben vom 2. Juli 1897 bei seiner Offerte.   
Ob diese Art und Weise der Verhandlung billig           
Zuerich Israelit 27061898b.jpg (260201 Byte)und gerecht ist, ob sie geeignet ist, den Glauben an die Friedensliebe des Vorstandes zu festigen, kann dem unbefangenen Urteil ruhig anheim gegeben werden, ganz so wie das eigenartige Gebaren des Vorstandes in der Behandlung des eigentlichen Differenzpunktes.  
Die israelitische Cultusgemeinde hat in der Generalversammlung vom 2. Mai die Verpflichtung übernommen, einen Gottesdienst einzurichten, welcher den Bedürfnissen der Mitglieder der Religionsgesellschaft entspricht. 
Es liegt auf der Hand, dass die Religionsgesellschaft mit ihrer Einrichtung ihren bisherigen Gottesdienst nicht aufgeben wollte, ohne die bündige Zusage zu haben, dass ihr nun ein Gottesdienst, welcher den Bedürfnissen ihrer Mitglieder entspricht, auch wirklich eingerichtet werde. Daran wird am Ende eines größeren Schreibens der Religionsgesellschaft an den Gemeinde-Vorstand vom 22. Mai 1897 durch folgende Worte erinnert:   
'Hieran anknüpfend, erlauben wir uns auch gleichzeitig aufmerksam zu machen, dass, damit der eingerichtete Gottesdienst, wie nachträglich vorgesehen, den Mitgliedern entspricht, auch ein Synagogen-Regelement unerlässlich ist. Hierbei ist mir gestattet, Ihnen mitzuteilen, dass wir gerne bereit sind, ein solches aufzustellen.'
Man kann wohl kaum zahmer und bescheidener sein klar verbrieftes Recht zur Sprache bringen, als es hier geschehen ist. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, dass niemand auf der Welt die religiösen Bedürfnisse der betreffenden Mitglieder besser kennt als sie selber, und dass, falls man ihnen wirklich in ehrlicher Weise Rechnung tagen will, man nicht nur in erster, sondern in einziger Reihe sie und nur sie darüber hören muss. Sollten die Bedürfnisse der Mitglieder in dem von ihnen zu entwerfenden Reglement wirklich staatsgefährliche oder gegen die guten Sitten verstoßende Allüren enthalten, so könnte ja der Gemeindevorstand dagegen einschreiten, falls ihm die Polizei nicht damit zuvorkäme. 
In seiner Antwort vom 30. Mai nimmt der Vorstand von der Offerte eines Reglements seitens der Religionsgesellschaft keine Notiz, sondern gibt die Mitteilung hinaus: 
'Ein besonderes Reglement für diesen Gottesdienst wird nächstens von der erweiterten Synagogen-Kommission ausgearbeitet werden. - In Fernerem teilen wir Ihnen mit, dass wir für das Vorbeteramt im neuen Betlokal Herrn Lehrer Strauß vorgesehen haben.'  

Auf diese Zumutung antwortete die Religionsgesellschaft unterm 8. Juni: 
'Zur Aufstellung eines Regelements dürfen wohl jene Mitglieder in erster Linie gehört werden; diesem Reglement muss auch der Passus beigefügt sein, der von jenen Personen spricht, die in diesem Gottesdienst funktionieren können usw.'  
Der wesentliche Teil des von der Religionsgesellschaft vorgelegten Reglements sind die folgenden §§:  
'§ 5. Diejenigen, welche gottesdienstliche Funktionen in der Synagoge verrichten, müssen durch die erforderlichen Kenntnisse und ihre ganze Führung sich dazu qualifizieren. Wer den Sabbat und die Speisegesetze verletzt, eine Orgel-Synagoge besucht, und sonst vom Synagogenvorstand als nicht würdig erachtet wird, kann weder als Vorbeter, noch sonst zur Ausübung einer Funktion zugelassen werden. Ausgenommen davon, ist nur der Vortrag des Kadisch-Gebets für Leidtragende. Hiervon sind nur diejenigen ausgeschlossen, welche ohne Tefillin sich beim Gebete zu einer Zeit befinden, wo das Anlegen von Tefillin vorgeschrieben ist. Solche dürfen auch nicht zur Tora aufgerufen werden.  
§ 15. Der Synagogenvorstand besteht aus drei Mitgliedern. In diesen Vorstand sind nur solche Gemeindemitglieder wählbar, die die Synagoge regelmäßig besuchen, die Sabbat und Speisegesetze beobachten, die Orgelsynagoge nicht besuchen und auch sonst sich eines unbescholtenen Rufes erfreuen.  
§ 17. Alle Anordnungen und Beschlüsse des Vorstandes haben nur Geltung, wenn sie den Bestimmungen des jüdischen Religionsgesetzes wie es in den maßgebenden rabbinisches Codices und speziell im Schulchan-Aruch kodifiziert ist, nicht widersprechen.
"      
     

 Die weiteren Teile werden nicht ausgeschrieben, können jedoch durch Anklicken der Textabbildungen gelesen werden.

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 4. Juli 1898 (Teil III)  
Zuerich Israelit 04071898.jpg (254994 Byte) Zuerich Israelit 04071898a.jpg (310944 Byte)
     
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 14. Juli 1898 (Teil IV)
Zuerich Israelit 14071898.jpg (327837 Byte) Zuerich Israelit 14071898a.jpg (95061 Byte)
     
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 21. Juli 1898 (Teil V)
Zuerich Israelit 21071898.jpg (367721 Byte) Zuerich Israelit 21071898a.jpg (311068 Byte)
     
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 1. September 1898 (Teil VI)
Zuerich Israelit 01091898a.jpg (203613 Byte)
     
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 8. September 1898 (Teil VII)
  
(Hinweis: trotz der Bemerkung "Schluss folgt" am Ende des Abschnittes gab es keinen weiteren Artikel zu dieser Thematik)  
Zuerich Israelit 08091898.jpg (343839 Byte) Zuerich Israelit 08091898a.jpg (241814 Byte)

  
  
Gemeindevorstellungen 1916, 1917 und 1921       

Zuerich JuedJbSchw 1916 202.jpg (276131 Byte)Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" Jahrg. 1916 S. 202-203:  
"Zürich. Zürich zählt heute über 5.000 jüdische Seelen. Nahezu die Hälfte sind eingewanderte Juden aus dem Osten. Es bestehen in Zürich die Israelitische Kultusgemeinde, die Israelitische Religionsgesellschaft sowie viele Privatorganisationen und Minjonim.  
...
Israelitische Religionsgesellschaft: Im Jahre 1895 ist die Israelitische Religionsgesellschaft gegründet worden, welche heute mit 84 Gemeindemitgliedern ca. 370 Seelen zählt. Vorstand: Hermann Barth, S. Dreyfuss, Max Mannes, Jos. Rosenblatt, Max Kahn. Beamte: Rabbiner Dr. Th. Levenstein; Rabbiner A. Kornfein, A. Wallach, Kantor; Schneider, Synagogendiener. Institutionen: Synagoge (Füsslistraße 8), Religionsschule (Sihlstraße), Friedhof, Rituelles Bad.
..."       
  
Zuerich JuedJahrbSchweiz 1917 230IRG.jpg (60805 Byte)Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" Jahrg. 1917 S. 230: "Israelitische Religionsgesellschaft. Im Jahre 1895 ist die Israelitische Religionsgesellschaft gegründet worden, welche heute 84 Gemeindemitglieder mit ca. 400 jüd. Seelen zählt. 
Vorstand
: Hermann Barth, Präsident; Mitglieder: S. Dreyfuss, Max Mannes, Joseph Rosenblatt, Max Kahn.  
Beamte
: Rabbiner Dr. T. Lewenstein; Rabb. A. Kornfein; D. Wallach, Kantor; A. Schneider, Kultusbeamter.  
Institutionen
: Synagoge (Füsslistrasse 8), Religionsschule (Sihlstrasse), Friedhof (beim Spitalfriedhof), Rituelles Bad (Anwandstrasse 60), Metzgereien (Hornergasse und Löwenstrasse)."    
 
Zuerich JuedJbSchw 1921 185.jpg (241950 Byte)Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" Jahrg. 1921 S. 185-187: "Zürich. Zürich zählt heute ca. 7.000 Seelen. Es bestehen in Zürich die Israelitische Kultusgemeinde, die Israelitische Religionsgesellschaft, die jüdische Gemeinde Agudas Achim sowie viele Privatorganisationen und Minjonim.
---     
Israelitische Religionsgesellschaft Zürich. Im Jahre 1895 ist die Israelitische Religionsgesellschaft gegründet worden, welche heute 114 Gemeindemitglieder mit ca. 600 Seelen zählt. - Vorstand: S. Teplitz, Präsident; Mitglieder: Joseph Brandeis; Jakob Gut jun.; Jos. Rosenblatt; Sally Harburger. Beamte: Dr. Th. Lewenstein und A. Kornfein, Rabbiner; Hermann Lieber, Kantor und Religionslehrer; A. Schneider, Kultusbeamter.  
Institutionen der israelitischen Religionsgesellschaft: Synagoge, Neumühlequai. - Religionsschule, Brandschenkestrasse 20. - Friedhof (beim Spitalfriedhof). - Rituelles Bad (Anwandstraße 60). - Metzgereien (Hornergasse). - Chewra Kadischah (Präsident B. Rotschild).  
...".

    
    
Aus der Geschichte des Rabbinates der Israelitischen Religionsgesellschaft  
Ausschreibung der Rabbinerstelle der Religionsgesellschaft (1911)   

Zuerich Israelit 07121911.jpg (42793 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Dezember 1911: "In unserer Gemeinde ist eine Rabbinerstelle zu besetzen. Wir reflektieren auf einen streng orthodoxen Herrn, der bedeutendes talmudisches und profanes Wissen besitzt und guter Redner ist. Fixer Gehalt 6.000 Francs. Zürich, 20. November 1911. 
Israelitische Religionsgesellschaft. Eugen Lang, Endlitz, Präsident."           

    
Einführung der Rabbiner Dr. Tobias Lewenstein als (2.) Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft (1912)  

Zuerich FrfIsrFambl 30081912.jpg (28158 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. August 1912: "Zürich. Rabbiner Dr. Lewenstein, der tapfere ehemalige Kopenhagener Oberrabbiner, ist feierlichst in sein Amt als Rabbiner der hiesigen Religionsgesellschaft eingeführt worden. Seine Antrittspredigt zeigte, dass er  ein ganz hervorragender Redner ist."             
  
Zuerich AZJ 06091912.jpg (60629 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. September 1912: "Zürich, 28. August (1912). Zu einem Festsabbat gestaltete sich die Einführung des neuen Rabbiners, Herrn Dr. Lewenstein - früher Oberrabbiner in Kopenhagen- in der hiesigen israelitischen Religionsgesellschaft. Nach einem erhebenden, von Herrn Oberkantor Messinger geleiteten und von dem neuen Chor wirksam unterstützten Gottesdienste wurde dem neuen Seelsorger durch den 1. Präsidenten, Herrn Eugen Lang, ein in herzlichen Worten gehaltener Willkommengruß zugerufen. In der darauf folgenden Antrittspredigt wusste Herr Dr. Lewenstein, dem schon der Ruf eines glänzenden Kanzelredners vorausging, seine Zuhörer so zu fesseln, dass sie in tiefer Ergriffenheit den geistvollen Ausführungen folgten."            

  
Vortrag von Rabbiner Dr. T. Lewenstein in Luzern (1928)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1928: "Luzern, 2. Dezember (1928). Vor einem für hiesige Verhältnisse ganz außerordentlich zahlreichem Publikum sprach Herr Dr. Th. Lewenstein aus Zürich am 1. Dezember, abends, über das Thema: 'Die rechtliche Stellung der jüdischen Frau'. Er trat der vielfach verbreiteten Auffassung von der Minderwertigkeit der jüdischen Frau in rechtlicher Beziehung entgegen, indem er an Hand zahlreicher Zitate aus dem jüdischen Schrifttum bewies, dass es sich nur um eine geringere Verpflichtung der Frau handle, die bedingt sei durch die vom Manne verschiedene Lebensaufgabe und Konstitution. - Im besonderen trat der Referent auf die diesbezüglichen Fragen der Heirat und der Scheidung, der Fähigkeit, Zeugnis abzulegen und der Glaubwürdigkeit, des Wahlrechtes und der Mizwoserfüllung ein. Er kam zum Schlusse, dass es nach der Tauroh (Tora) keine Frauenbewegung im 'modernen Sinne' geben dürfe, höchstens eine Mädchenbewegung. - Die Diskussion, geleitet vom Vorsitzenden, Herrn Dr. Guggenheim, wurde von verschiedenen Damen und Herrn benützt und trug noch wesentlich zur Klärung des Problems bei. - Der klare, anregende Vortrag, rhetorisch meisterhaft aufgebaut, bei der Schilderung des Aufgabenkreises der Frau an das jüdische Gemüt appellierend, wurde von den zahlreichen Anwesenden mit großem Beifall aufgenommen. Das mag dem Referenten ein Beweis dafür sein, dass ein baldiges Wiedererscheinen im Kreise der Agudas-Jisroel-Ortsgruppe einem allgemeinen Wunsche entspricht."            

      
     
Aus der Geschichte der Lehrer / Kantoren und weiteren Kultusbeamten     
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1904 / 1907 / 1920 / 1928 / 1934        

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1904
"Israelitische Religionsgesellschaft Zürich
In unserer Gemeinde ist per sofort die Stelle eines streng orthodoxen Chasan, gebildeten Lehrers und Schächters zu besetzen. Gehalt Frs. 2.000 bis Frs. 2.500 per Jahr. Bewerbungen nebst Zeugnisabschriften sind zu richten an  
F. Lang, Zürich, Usteristraße 15."  
 
Zuerich Israelit 25041907.jpg (70585 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. April 1907
Die israelitische Religionsgesellschaft Zürich sucht zum sofortigen Antritt einen 
Chasan

der auch den Religions-Unterricht in den unteren Klassen zu übernehmen und in Ausnahmefällen den Schochet zu vertreten hat. Fixes Gehalt Fr. 2.400.- per Jahr. Bewerber, welche Referenzen gesetzestreuer Rabbiner aufzuweisen haben, wollen ihre Offerten mit Zeugnisabschriften an Herrn S. Teplitz, Zürich (Schweiz) richten."    
Zuerich Israelit 15011920n.jpg (70687 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1920: "Die Israelitische Religions-Gesellschaft Zürich 
sucht für möglichst sofort einen Lehrer und Chasan 
bei festem Gehalt von Francs 7.000 bis 8.000 per anno. 
Reflektanten streng orthodoxer Richtung mit gediegenem jüdischem Wissen und pädagogischer Befähigung, die auch über ausreichende Stimmmittel verfügen, wollen ihre Meldungen mit näheren Angaben richten an den Präsidenten
Hermann Barth, Zürich, Steinmühlengasse 12."   
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1928"Die Israelitische Religionsgesellschaft, Zürich 
sucht eine erste Kraft als Religionslehrer und Vorbeter
verheiratete bevorzugt. Als Jahresgehalt wird in Aussicht genommen: für unverheiratete Fr. 8-10.000 und für verheiratete Fr. 10-12.000. Streng orthodoxe Kandidaten, welche sich über erfolgreiche Tätigkeit ausweisen können, wollen ausführliche Offerten mit Referenzen richten an den Präsidenten 
Herrn Jos. Ettlinger, Zürich, Sternenstraße 11."     

     
Lehrer Max Ruda (bisher in Wilhelmshaven) wechselt als Religionslehrer und Kantor nach Zürich (1929)
     

Wilhelmshaven Israelit 11041929.jpg (32596 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1929: "Wilhelmshaven, 5. April (1929). Herr Lehrer Max Ruda, der seit 7 Jahren mit warmer Hingabe und reichem Erfolg hier wirkte, hat eine ehrenvolle Berufung als Religionslehrer und Kantor nach Zürich erhalten. Die gesamte Gemeinde wird ihn mit lebhaftem Bedauern scheiden sehen, wenn er, zum 1. Oktober, dem Rufe Folge leistet."    

 
P. Blumenberg wird Lehrer bei der Israelitischen Religionsgesellschaft (1930)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juni 1930: "Zürich, 15. Juni (1930). Die Israelitische Religionsgesellschaft dahier hat den bewährten langjährigen Lehrer der Talmud-Thora der Agudas Achim, P. Blumenberg, als Lehrer an ihre Gemeinde berufen."       

  
  
Aus der Geschichte der jüdischen Schule     
Die "Israelitische Religionsgesellschaft denkt an den Bau einer eigenen Schule (1901)
       

Zuerich Israelit 08101901.jpg (29751 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1901: "Zürich, 3. Oktober (1901). (Israelitische Schulen). Die 'Israelitische Religionsgesellschaft' hierselbst projektiert mit Beginn des nächsten Schuljahres die Schaffung einer eigenen Schule. Es geschieht dies namentlich aus dem Grunde, weil die Schulbehörden den Schulbesuch am Samstag obligatorisch erklärten."         

  
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Zum Tod von Leopold Weill (1927)
        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1927: "Zürich, 4. Oktober (1927). Letzten Donnerstag haben wir auf dem Friedhof der Israelitischen Religionsgesellschaft Leopold Weill zu Grabe getragen. Ein Baal-Habajis (Hausvater), vorbildlich in Begeisterung für die Ausübung jüdischen Pflichtenlebens ist mit ihm dahingegangen. Vor 40 Jahren nach Zürich übergesiedelt, vertrat er hier mit seinem ganzen Sein den Glauben und die Tradition, die sein Elternhaus in Kippenheim (Baden) ihn gelehrt. Als Mann von Tat und Zielbewusstsein öffnete er sein Haus jungen Leuten und lieh sein Ohr neuen Wünschen und Anregungen. Jahrelang unterhielt er ein eigenes Minjan, förderte einen allwöchentlichen Schiur (Lehrvortrag) und ermöglichte so vielen, nach altehrwürdigem Brauch zu beten und zu leben. Er erstellte als erster eine Sukkoh (Laubhütte) in Zürich und selbst die Erde, die nach fast 80-jährigem Erdenwallen seine Gebeine nun umschließt, ist erworben auf seinen Namen und dank seiner angestrengten Bemühung. Kein Hindernis vermochte ihn zu hemmen im Erstreben seines Zieles, und so wurde er der eigentliche Gründer und geistige Vater der Israelitischen Religionsgesellschaft. Eine sinnige Ehrung bedeutete es deshalb, wenn man Leopold Weill vor vier Jahren den ersten Hammerschlag zur Grundsteinlegung des Synagogenbaus führen ließ. An der Bahre sprach zuerst Herr Rabbiner Kornfein, sodann dankte Herr Ettlinger im Namen der Gemeinde, erzählte von Zeiten, wo er und mancher Gesinnungsfreund im Hause Weills für alle jüdische Interessen auf weitgehendes Verständnis stießen. Mit Leopold Weill schwang ein lebensechtes Beispiel wahrer Emunoh aus unserer Mitte. Sein Andenken wird in der Geschichte der Gemeinde ein gesegnetes bleiben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."           

   
Zum Tod von Bertha Mannes, eine "der frömmsten, kostbarsten Frauen in Israels Mitte" (1929)  
Anmerkung: Bertha Mannes war die Frau des langjährigen Vorstandsmitgliedes der Religionsgesellschaft, Max Mannes.        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1929: "Frankfurt am Main, 24. Januar (1929). Aus Zürich kommt die Nachricht von dem Heimgang der Frau Bertha Mannes. Eine kurze 'Israelit' - Annonce gibt davon Kunde - und in den Herzen aller, die die Frau kannten, lebt auf ein tiefes, tiefes Klagen um den jähen Heimgang einer der frömmsten, kostbarsten Frauen in Israels Mitte. Die Frau eines Frommen - ist sie nicht wie der Fromme selbst? lehrt die Halacha, indem sie der Frau das gleiche Maß religiöser Zuverlässigkeit zuerkennt wie dem frommen Gatten. Die Frau eines Frommen - ist sie nicht wie der Fromme selbst? pflegen wir auszusprechen, wenn wir eine edle Frau an der Seite ihre Mannes, seine Leistung ergänzend und vertiefend, wirken sehen.  
Wer Max Mannes in Zürich kennt, diesen wahrhaft Frommen, wer weiß von seiner Leistung für die Seinen, für die Züricher orthodoxe Kehillo (gemeint die Religionsgesellschaft), für Agudas Jisroel, für die Armen, für jeden Armen, wer sein Haus, das Gastfreundschaft ohnegleichen übt, je betrat, wer ihn bei der Erziehung seiner Kinder beobachtete, der weiß, wenn irgendwo, so galt in dieser Ehe: Die Frau eines Frommen - ist sie nicht wie der Fromme selbst?, an der Leistung des Mannes hatte die Frau ihren reichen, vollen Anteil diese Frau, die die Grundlage des Hauses, des Hauses Grund und Giebel war, diese Frau, die fröhliche Mutter der Kinder (Psalm 113,9), Freude und Glück nur im Gedeihen der Ihren, des Gatten, der Kinder, der Enkel fand, darin - und im unentwegten Üben der Mizwot (Gebote), dann sie war klugen Sinnes und wer klugen Sinnes ist, nimmt die Mizwot an (Sprüche 10,8). 
Wer Frau Bertha Mannes, in deren Haus, während des Krieges und nach dem Kriege besonders, jeder einkehrte, den eine jüdische Sache nach Zürich führte, nur oberflächlich kannte, auch der merkte schon, dass hier eine starke und edle Kraft sinnvoll wirkte, wer aber erst näher, ganz nahe ihr treten durfte, der erst wusste, dass das eine Frau war, gesegnet vor Frauen im Zelte (Richter 5,24), in der lebte von dem Segen der großen Mütter unseres Volkes, jener Mutterschaft der Welt, deren Güte und Liebe alles Leid der Welt verklärte und meisterte. Wer Frau Bertha Mannes näher kannte, der stand in Ehrfurcht vor dieser Persönlichkeit, die in steter Selbsterziehung sich zu immer höheren Formen jüdischer Vollendung hinaufentwickelte, zu reinster Frömmigkeit, zu festestem Gottvertrauen. Wer Frau Bertha Mannes näher kannte, der wusste, dass sie vom Besten ihrer Persönlichkeit in die Herzen ihrer Kinder gepflanzt und dass diese nicht zuletzt deshalb schon in jungen Jahren zu reifen Menschen gewachsen sind, die, ob schon im eigenen Heim, ob noch im Elternhaus, voll sind von Liebe zur Tora und jederzeit bereit zu opfervollem Dienste an der Gesamtheit Israels
Groß ist darum der Verlust und groß die Trauer. Und wir erheben auch aus der Ferne die Stimme mitgefühlten Schmerzes die Fernen haben es gehört und kommen und setzen die Krone des guten Namens aufs Haupt der edlen Frau und bewahren mit den Ihren das Gedächtnis dieser Frommen, halten ihr Andenken heilig, lassen ihr Vorbild uns zum Mahner werden und ihre Leistung zu ewig in uns lebendiger segenbringender Moral. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."              

  
Zum Tod von Salomon Teplitz, früher Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft und des Misrachi in Zürich (1934)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1934: "Tel Avv, 19. April (1934). Salomon Teplitz in Tel Aviv, früher Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft und des Misrachi in Zürich, ist, 69 Jahre alt, aus seinem gesegneten Erdenleben abberufen worden. Tepitz's Denken und Fühlen gehörte dem Volke, der Thora und dem Lande Israel in der harmonischen Vereinigung dieses dreifachen Knotens. Als Teplitz vor einigen Jahren sein schönes Haus in Tel Aviv einweihte, dankte er Gott für diese Gnade und gelobte, sein ganzes ideelles und materielles Können der Förderung des Tora-Judentums im Lande der Tora für das Volk der Tora zu widmen. Seit einem Jahre hinderte den aktiven Mann ein ungünstiger Gesundheitszustand an der Aktivität. Diese schmerzlich gefühlte Zurückhaltung wurde nur durch die Hoffnung gelindert, dass seine Kinder seine Absichten als heiliges Vermächtnis übernehmen werden. In der Erziehung einer toratreuen Jugend sah er die Entscheidung für das Gelingen des jüdischen Aufbauwerkes in Erez Israel. Mögen seine Kinder im Sinne ihres Vaters sich dieser heiligen Aufgabe weihen. Seine Seele sei eingebunden in den Bunde des Lebens. S. Geis."        

   
   
Anzeigen 
Anzeige eines unter der Aufsicht des Rabbinats der Religionsgesellschaft stehenden Lebensmittelgeschäftes (1917)   

Zuerich JuedJahrbSchweiz 1917 247.jpg (90741 Byte)Anzeige im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz", Jg. 1917 S. 247: "Koscher Lebensmittel-Geschäft 'Oekonomie'. En gros - En détails. L. Schmerling, Zürich 4, Müllerstraße 69. 
Unter Ausicht des Rabbinats der Israleitischen Religionsgesellschaft. 
'Teston', Bouillon- und Minnichwürfel, Cocosnussfett, Speiseöl, Albert-Biscuit, Teigwaren, Conserven, Confitäre, Cichorie, Tafel-Butter, Käse, Kos.Seife. 
Palästina- und Walliser-Weine
Alleinverkauf und Niederlage von basar hergestellt sämtlichen Artikel bei den best bekannten Fabriken: 
Teigwaren- und Testonfabrik Wenger & Hug A.-G., Gümligen. 'Ola', Biscuit-Fabrik, Altstetten. 
Mont-d'or-Weine Johannisberg, weltbekannte Marke."   

  
Anzeige für den Fleisch- und Wurstverkauf der israelitischen Religionsgesellschaft Zürich (1917)   

Zuerich JuedJahrbSchweiz 1917 250.jpg (123292 Byte)Anzeige im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz", Jg. 1917 S. 250: "Fleisch- und Wurstverkauf 
der israelitischen Religionsgesellschaft Zürich

Hornergasse 7 mit Filiale Löwenstraße 12. Telephon Selnau 4802- Postcheckrechnung VIII 4624 empfiehlt jederzeit 
ff. Wurst und Fleischwaren aller Art. 
Koscher - Prompter Versand nach auswärts - Koscher."  

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge                 
   
Orthodox geprägte Gottesdienste wurden seit 1890 in einem von Leopold Weill zur Verfügung gestellten Betraum abgehalten werden. Dieser hatte einen privaten Minjan eingerichtet, um nicht auf die "unjüdischen" Gottesdienste mit Harmonium und gemischtem Chor angewiesen zu sein.   
   
Nach einer am 2. Mai 1896 abgehaltenen Generalversammlung sollte die Israelitische Cultusgemeinde der Israelitischen Religionsgesellschaft einen Betsaal im 1897 entstandenen Anbaus des Schulhauses an der Synagoge Löwenstraße zur Verfügung stellen. Nach der Abspaltung der Religionsgesellschaft von der Cultusgemeinde 1898 wurden in der Folgezeit bis zur Einweihung der Synagoge 1924 verschiedene Beträume benutzt: 1898 bis 1900 im Gebäude In Gassen 10, 1900 bis 1910 Löwenstraße 32, 1910 bis 1912 Zeughausstraße 5, 1912 bis 1918 Füsslistraße 8, 1918 bis 1922 Neumühlequai / Walchestraße, 1922 bis 1924 Gartenstraße 10.       
      
Im Januar 1909 beschloss eine Generalversammlung der Religionsgesellschaft die möglichst baldige Finanzierung und den Bau einer Synagoge. 1910 wurde nach einem vorliegenden Pressemitteilung zum Synagogenbau ein Grundstück erworben. Um welches Grundstück es sich gehandelt hat, wird nicht mitgeteilt. Nach den vorliegenden Berichten wurde das Synagogengrundstück an der Freigutstraße erst 1917 erworben, sodass möglicherweise ein zunächst erworbenes Grundstück wieder verkauft worden ist.   
     
Kauf eines Grundstückes zum Bau einer Synagoge (1910)   
 

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. August 1910: "Die israelitische Religionsgesellschaft in Zürich hat ein Grundstück zum Preise von 280.000 Francs erworben, um darauf eine zweite Synagoge zu errichten."   

  
Der Bau der neuen Synagoge wurde 1923 bis 1924 durchgeführt. Sie wurde nach Plänen der Züricher Architekten Walter Henauer und Ernst Witschi erstellt. Sie hatten bereits die Friedhofshalle auf dem Friedhof der Israelitischen Religionsgesellschaft erstellt. Bei dem 1918 durchgeführten Architektenwettbewerb war ihr Vorschlag zu dem Bau der Synagoge an der Freigutstraße jedoch nicht prämiiert worden. Dennoch erhielten sie schließlich den Auftrag zum Bau der Synagoge.    
 
Der Synagogenbau hat begonnen (1923)  

Zuerich Israelit 07091923.jpg (106444 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1923: "Zürich. Wir lesen im 'Israelitischen Wochenblatt für die Schweiz': Der Synagogenbau der Israelitischen Religionsgesellschaft hat, wie schon in letzter Nummer kurz mitgeteilt, seit kurzem begonnen. Die Energie und der Opfermut dieser Gemeinde, die in der jetzigen, doch sicherlich nicht glänzenden Zeit zum Bau einer Synagoge übergeht, sind bewundernswert. Dabei darf man, angesichts der leitenden Persönlichkeiten der Gemeinde, ohne Weiteres annehmen, dass die Finanzierung des Baues von Grund auf eine solide ist. Das Grundstück, 2.000 qm groß, am Ende der Freigutstraße zur Sihl hin, seitlich durch die Sihlamtstraße begrenzt, hat eine ideale Lage. Zu beiden Seiten der Synagoge bleibt prächtiger, schattiger Baumbestand stehen. Der Bauplan selbst weist eine überraschend gute Idee auf: Der Bau wird zugleich sowohl das Bethaus entstehen lassen wie auch Schulräume und Versammlungslokal, und zwar nicht in der üblichen kostspieligen Weise nebeneinander, sondern übereinander. Im Erdgeschoss werden vier Schulräume sein und daneben ein großer Versammlungsraum, Darüber erhebt sich, da neun Meter über dem Erdboden, das Gotteshaus, rechts und links flankiert von prächtigen Freitreppen, die zur Männer- und Frauensynagoge führen. Die Fassade wird einfache, vornehme Stilformen aufweisen. Die Synagoge selbst wird 450 Plätze umfassen, 250 für Männer und 200 für Frauen."              

  
Grundsteinlegung zur neuen Synagoge (Oktober 1923) 

Zuerich Israelit 18101923sn.jpg (87028 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Oktober 1923: "Zürich, 1. Oktober (1923). Am vergangenen Freitag wurde in Zürich der Grundstein zur Synagoge der 'Israelitischen Religionsgesellschaft Adass Jeschurun' an der Freigutstraße gelegt. Eröffnet wurde die Feierlichkeit von Herrn Kantor Lieber mit einem Psalm. Herr Teplitz, als Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft, leitete sodann den Reigen der Reden ein. Er überflog die Geschichte der Gemeinde, die vor 28 Jahren mit 7 Mitgliedern in Dasein trat und nun die Zahl von 100 Mitgliedern erreicht hat; sodann ließ er, wie jeder Redner nach ihm, die üblichen drei Hammerschläge auf den Grundstein folgen, der die eingekapselte Bauurkunde deckt. Herr Rabbiner Dr. Lewenstein sprach danach in tiefer Rührung das Festgebet. Er erinnerte an jenen Bau des zweiten Tempels, auf den man siebenzig Jahre habe warten müssen; sieben Jahre hatte man auch in diesem Falle das Projekt einer Synagoge beraten. Architekt Witschi sprach sodann im Namen von Bauleitung und Bauführung. Dann ergriff Herr Max Kahn im Namen der Baukommission das Wort. Die Schlussrede hielt Herr Rabbiner Kornfein, worauf Gesang die Feier schloss."            

  
Einweihung der neuen Synagoge (September 1924)  

Zuerich Israelit 25091924.jpg (107041 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1924: "Einweihung der neuen Synagoge der 'Israelitischen Religionsgesellschaft'. Zürich, 9. September (1924). Die neue Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft steht nun als Prachtbau da und ist am 17. September ihrer heiligen Bestimmung übergeben worden. Fast alle Rabbiner der Schweiz waren anwesend und sämtliche Gemeinden des Landes waren vertreten, ebenso Vertreter von Behörden und vielen ausländischen Gemeinden. Nach einer weihevollen Abschiedsfeier im bisherigen Betlokale begannen die Einweihungsfeierlichkeiten in der neuen Synagoge mit den üblichen Rundgängen und Chorgesängen. Darauf hielt der Präsident der Gemeinde, Herr S. Teplitz, eine kurze herzliche Ansprache, in der er all denen, die am Bau mitgewirkt, den Dank im Namen des Vorstandes ausdrückte. Das 'Ner Tomid' (ewiges Licht) wurde von zwei Begründern der Gemeinde, den Herren Leopold Weill und Leon Bloch, angezündet. Nach weiteren Chorgesängen hielt Herr Rabbiner Dr. Lewenstein eine tief durchdachte Festrede, die mit einem Gebete schloss. Es wurde dann das Vaterlandsgebet verrichtet und Herr Kantor Lieber trug in schönem Sologesang Psalmen vor, worauf Herr Rabbiner A. Kornfein die zweite Festpredigt hielt, die ebenfalls tiefen Eindruck hinterließ. Mit dem Abendgebete und einigen Psalmgesängen, vorgetragen und dem neugebildeten und gutgeschulten Chore, fand die weihevolle Feier gegen Abend ihr Ende. - Der akademischen Feier schloss sich abends eine gemütliche Veranstaltung an, die neben kulinarischen Genüssen von vielen künstlerischen Darbietungen und geistvollen Ansprachen ausgefüllt war. 
Wir kommen auf die Geschichte der Gemeinde und die Bedeutung des jetzt vollzogenen Weiheaktes noch zurück."              

  
Über die neue Synagoge (1924)  

Zuerich Israelit 09101924a.jpg (317588 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Oktober 1924: "Die neue Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft in Zürich (Mit Bildern.). Über die Errichtung und Einweihung der neuen prachtvollen Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinde haben wir bereits berichtet. Über die Geschichte dieser ersten selbstständigen orthodoxen Gemeinde in der Schweiz entnehmen wir der J.P.Z. folgende Angaben: Es waren die jetzigen Mitglieder der Gemeinde Josua Goldschmidt und Josef Ettlinger, aus Frankfurt am Main kommend, wo sie im Milieu der Religionsgesellschaft gelebt und den Geist Samson Raphael Hirschs eingeatmet hatten, die in Gemeinschaft mit dem inzwischen verstorbenen Isidor Kohn - seligen Andenkens - aus Baden bei Wien das erste Minjan gründeten. Diese jungen Leute, die in Zürich in Stellung waren, sahen sich vor der Unmöglichkeit, ihre an Gemeinsamkeit gebundenen jüdischen Pflichten zu erfüllen. Am Gottesdienst der bestehenden Gemeinde konnten sie nicht teilnehmen, weil in deren Synagoge ein kirchliches Musikinstrument und ein gemischter Chor von Herren und Damen es ihnen unmöglich machten. Eine Stätte des Toralernens zur Erlangung der jedem bewussten Juden lebensnotwendigen geistigen Nahrung fanden sie nirgends und selbst ihre leibliche Nahrung mussten sie, damit solche dem Toragesetze entspräche, auswärts einnehmen oder von dort beziehen. Sie fanden Verständnis und Gesinnungsgemeinsamkeit in dem verehrten Nestor unserer Gemeinde, Herrn Leopold Weill. Um die Einrichtung eines Gottesdienstes nach Toragesetz und Vätersitte zu ermöglichen, stellte Herr Weill einen Raum in seiner Wohnung zur Verfügung und im Februar 1890 (Schabbat) Paraschat Teruma (das war 22. Februar 1890) wurde darin ein solcher erstmals abgehalten. Dass sich dafür die nötige Zehnzahl fand, beweist das damalige Vorhandensein einer Anzahl Gleichgesinnter, die nur des Anstoßes und der Gelegenheit zur Betätigung bedurften. Das Minjan verblieb einige Monate im Hause des Herrn Leopold Weill und wurde dann in den Saal des damaligen 'Schützengartens' verlegt. Die Grundlage für eine besondere gesetzestreue Gemeinde war mit diesem den Anforderungen der Tora und Tradition entsprechenden Gottesdienste, dem sich regelmäßige Lern-Schiurim anschlossen, gelegt und führte im August 1895 zu der Gründung einer Religionsgesellschaft durch die Herren Gabriel Bernheim, Leon Bloch, A. Gutmann, Raphael Lang, Hermann Weill, Joseph Weill und Leopold Weill.  
Dreißig Jahre sind seitdem verflossen. Es waren Jahre der steten Weiterentwicklung, rein zahlenmäßig wie in ideellem Sinne. Heute zählt die Zürcher Religionsgesellschaft ihre Mitglieder nach Hunderten, besitzt eine prächtige Synagoge und in den Herren Lewenstein und Kornfein zwei Rabbiner, die bestrebt sind, sie weiter zu führen zur Ehre des Ortes und zur Ehre der Tora.
Dem religiösen Weiheakt, über den wir bereits berichtet haben, schloss sich abends ein Festmahl im großen Saal 'Zur Kaufleuten' an, das einen herrlichen Verlauf nahm. Alle Gemeinden der Schweiz waren vertreten und viele überbrachten kostbare und sinnige Geschenke. So stiftete die Israelitische Kultusgemeinde Zürich ebenso die Gemeinden Baden, Lausanne und Luzern Toraschmuck und Pokale, die alte Muttergemeinde Lengnau eine Torarolle. Eine große Anzahl guter Reden wurden gehalten. Fast alle Gemeinden der Schweiz entsandten durch ihre Vertreter ihre Grüße. In großangelegter Rede hob der Präsident der Kultusgemeinde, Herr Dr. Charles Bollag, das friedliche, herzliche Verhältnis zwischen Kultusgemeinde und Religionsgesellschaft hervor. In gleichem Sinne sprach Herr Rabbiner Dr. Littmann, während die anderen Redner, zuletzt der Präsident der Religionsgesellschaft, Herr Teplitz, die Aufgaben der Gemeinde zur Verbreitung von Tora und Gottesfurcht unterstrichen.  
In einem Lande und einer Stadt, die den staatlichen Zwang in religiösen Angelegenheiten des Judentums nicht kennen, konnte sich dieses friedliche Nebeneinandersein in der Tat in dieser idealen Formen entwickeln, in der Weise, dass sich die Kultusgemeinde niemals als die Gemeinde aufspielte und nie den Versuch machte, der Entwicklung der Religionsgesellschaft irgend ein Hindernis in den Weg zu legen, was Teilnehmer aus Deutschland sehr wohltuend berührte, im Vergleiche zu den Verhältnissen in manchen Staaten und Städten Deutschlands, wo die Reformgemeinden sich als 'Hauptgemeinden' gebärden und auf die Gesetzestreuen, die von ihrem religiösen Gewissen gezwungen, sich in einem eigenen Gemeindeverband finden, wie auf eine                 
Zuerich Israelit 09101924b.jpg (85313 Byte)Fotos links: Die Rabbiner der Züricher Israelitischen Religionsgesellschaft : Dr. T. Lewenstein und A. Kornfein
Gruppe 'Separatisten' herabsehen. Die neue Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinde in Zürich wird ein Wahrzeichen von Tora und Gottesfurcht, aber auch ein solches des Friedens, des wahren Scholaum auf Grundlage der Torawahrheit sein."    

Weitere Angaben zur Synagoge auf der Website der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich: "Baubeschreibung" auf der Seite "Chronik der IRGZ"      
 
    
Generalversammlung der israelitischen Religionsgesellschaft nach Abschluss des Synagogenbaus (1925) 
 

Zuerich Israelit 02041925.jpg (150170 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1925: 
"Generalversammlung der israelitischen Religionsgesellschaft. 
Zürich,
23. März (1925). Am Sonntag, 22. März, nachmittags fand die ordentliche Generalversammlung der Israelitischen Religionsgesellschaft im Gemeindesaal bei starker Beteiligung statt. Nach Verlesen des Protokolls erstattete der Präsident, Herr S. Teplitz, den Jahresbericht, dem zu entnehmen ist, dass die Israelitische Religionsgesellschaft alle Institutionen einer jüdischen Mustergemeinde besitzt. Im Gebäude der Synagoge befinden sich prächtige Schulräume, ein Lehrsaal, die Mikwe usw., die den Gemeindemitgliedern zur Verfügung stehen. Das Jahr 1924 beweist, was eine für hohe Ideale des Judentums begeisterte Gemeinde zu erreichen vermag, und so mögen die Mitglieder auch weiterhin zur gedeihlichen Entwicklung der Gemeinde beitragen. Der Präsident schloss den Jahresbericht mit der Erklärung, dass es ihm aus Gesundheitsrücksichten nicht mehr möglich sei, den Vorsitz auch weiterhin zu behalten und es freue ihn, in dem Vizepräsidenten, Herrn Sally Harburger, einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben. 
Es wurde ein schriftlicher Bericht des Herrn Joseph Wormser über die Friedhof-Verwaltung verlesen. Herr Isak Rhein erstattete den Bericht der Schulpflege und zollte den Lehrern Anerkennung für die gut geleitete Schule. Der gedruckt vorliegende Kassenbericht wurde vom Kassier, Herr Joseph Rosenblatt erläutert. Nachdem die Rechnungsrevisoren, die Herren Jakob Weil-Halff und Berthold Guggenheim sich über die Kassenführung lobend ausgesprochen hatten, wurden sämtliche Berichte genehmigt und dem Vorstand unter bester Verdankung der geleisteten Dienste die Decharge erteilt. 
Über das Budget pro 1925, im Betrage von Fr. 80.000 hielt Herr Sally Harburger ein eingehendes Referat, woraufhin das Budget einstimmig genehmigt wurde. Herr J. Weil-Halff erstattete einen Bericht über die Schlussabrechnung des Synagogenbaues, der mit großem Interesse entgegengenommen wurde."             

   
Anschlag auf die orthodoxe Synagoge in Zürich (1934)      

Zuerich Israelit 13121934.jpg (153851 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1934: 
"Sprengstoff-Anschlag gegen eine Synagoge in Zürich. Mitglieder der nationalen Front verhaftet.  
Zürich, 11. Dezember (1934). 
Nach eingehenden Ergebungen ist es der Kantonspolizei gelungen, einige Burschen zu ermitteln, die in der vorigen Woche am unteren Eingang zur orthodoxen Synagoge an der Freigutstraße in Zürich eine Petarde zur Explosion gebracht hatten, wodurch einige Fensterscheiben zertrümmert und sonstige Sachschäden angerichtet worden waren. Verhaftet wurden im ersten Stadtkreis ein 19-jähriger Handlanger, in Altstetten ein 15-jähriger Bursche und in Albisrieden ein 20-jähriger Kommis. Sie erklärten, Mitglieder der 'Nationalen Front' zu sein und an jenem Abend an der Frontenversammlung in der Stadthalle teilgenommen zu haben. Gegen die Verhafteten wird Anklage wegen böswilliger Eigentumsbeschädigung zum Nachteil der Jüdischen Kultusgemeinde erhoben.   
Der Anschlag gegen die Züricher orthodoxe Synagoge war wohl vorbereitet gewesen. Kurz vorher hatte der Pförtner einen Rundgang um die Synagoge gemacht und nichts Verdächtiges wahrgenommen. Diese Rundgänge hatten sich seit einiger Zeit als notwendig erwiesen, da Beschädigungen an der Synagoge, Einwerfen von Fernstern, Ankleben von Zetteln mit antisemitischen Losungen usw. zu einer häufigen Erscheinung geworden waren. Als bald nach dem Rundgang die Explosion erfolgte, eilten der Pförtner und sein Sohn auf die Straße und verfolgten zwei verdächtige junge Burschen, auf die sie von Passanten aufmerksam gemacht wurden. Die Buschen konnten jedoch in der Dunkelheit entkommen."        

      
Adresse/Standort der Synagoge Freigutstraße 37  
     
     
Fotos        

Die Synagoge der 
Israelitischen Religionsgesellschaft
Zuerich Synagoge Fr 015.jpg (76620 Byte) Zuerich Synagoge Fr 020.jpg (49389 Byte)
   Außenansicht 
(Quelle: R. Epstein-Mil s.Lit. S. 168)
Innenansicht 
(Quelle: Website der IRGZ
     

   
     

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Israelitischen Religionsgesellschaft in Zürich     

Literatur:  

bulletRon Epstein-Mil:   Die Synagogen der Schweiz. Bauten zwischen Emanzipation, Assimilation und Akkulturation. Fotografien von Michael Richter  
Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden in der Schweiz. Schriftenreihe des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, Band 13. 2008. S. 168-177 (hier auch weitere Quellen und Literatur). 

   
    

                   
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Stand: 15. Oktober 2013