Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zur Übersicht über die jüdischen Friedhöfe im Oldenburger Land und in Ostfriesland

   
 Esens
(Kreis Wittmund / Niedersachsen) 
Jüdischer Friedhof 

 

 

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde          
   
Siehe Seite zur Synagoge in Esens (interner Link)  
  
  
Zur Geschichte des Friedhofes     
   
Die Toten der jüdischen Gemeinde in Esens wurden bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts in Wittmund beigesetzt. Sie waren verpflichtet, diesen Friedhof mit zu unterhalten. Nachdem der Wittmunder Friedhof um 1690 voll belegt war, sollten die ostfriesischen Schutzjuden auf Grund einer herrschaftlichen Anweisung des Fürsten Christian Eberhard von 1690 eigene Friedhöfe an ihren Wohnorten anlegen. 1701 kaufen die Ältesten der jüdischen Gemeinde von Esens (Moses Benjamin und David Josephs) einen Garten des Bürger und Chirurgen Johann Adam Müller, doch verhinderte die Esenser Kanzlei die Beisetzung eines wenig später verstorbenen Kindes auf diesem Grundstück. Anfang Februar 1702 kaufte die Esenser Judengemeinde ein anderes kleines Grundstück, das damals "weit außer der Stadt gelegen ist". Vermutlich handelte es sich dabei um den bis heute am Mühlenweg erhaltenen jüdischen Friedhof. Der Friedhof lag damals inmitten von Ackerland und Viehweiden nahe der Weggabelung zwischen der alten Poststraße nach Aurich (heute Nobiskruger Weg) und dem Moorweg (heute Mühlenweg), der über das heutige Wagnersfehn zum Kloster Schoo führte. Zwischen dem Friedhof und dem alten Moorweg befand sich ein schmaler Wasserlauf. Der Friedhof wurde von der Esenser Synagogengemeinde in Erbpacht erworben. Als um 1858 die neue Chaussee von Esens nach Aurich gebaut wurde, erhielt die jüdische Gemeinde zur Erweiterung des Friedhofes ein zusätzliches Grundstück. Der Friedhof war damals in einem stark verwilderten Zustand. Immer wieder wurde beklagt, dass Grabsteine und Denkmäler durch den "Überlauf des Viehs" beschädigt wurden. Der Friedhof wurde damals vermutlich neu eingefriedet und mit einem neuen Eingangstor versehen. Dieses ist in den folgenden Jahren im Winter in der Synagoge aufbewahrt wurden, damit es nicht "verdorben oder durch böse Leute ruiniert werde". Mit dem Bau der Bahnlinie führte seit 1883 ein Schienenstrang nur wenige Meter südlich am jüdischen Friedhof vorbei. Seitdem lag der Begräbnisplatz am Rande der Stadtgrenze. 1913 wurde ein neues, 50 m langes eisernes Gitter zur Einfriedung des Friedhofes angefertigt. Von diesem ist nichts mehr erhalten.
 
Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 (oder erst 1940?) wurde der jüdische Friedhof völlig verwüstet. Von den Tätern wurden die meisten Grabsteine zerschlagen. Teile davon verschwangen später offensichtlich bei Ausbesserungsarbeiten am Mühlenweg in Schlaglöchern. Nach dem Krieg wurde der Friedhof 1946 provisorisch aufgeräumt. Im November 1948 versuchte die Justiz, Aufklärung über die Verwüstung des Friedhofes zu erlangen. Dabei blieben viele Fragen offen. Die drei Angeklagten wurden freigesprochen. 
  
Der Friedhof lag trotz der Aufräumungsaktion 1946 jahrelang als ungepflegter Platz hinter verwilderten Hecken. In den 1970er-Jahren wurde der 13,34 ar große Friedhof von der Stadt instandgesetzt. Eine Hecke teilte das Gelände in zwei etwa gleich große Flächen. Die östliche Hälfte wurde als Bauplatz verkauft, auf der westlichen, durch eine Pforte abgeschlossene Friedhofshälfte, legte die Esenser Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen eine Grünfläche an und errichtete darauf ein Mahnmal zum Gedenken an die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Esens. Jährlich wird seit 1978 am Volkstrauertag an diesem Denkmal ein Kranz niedergelegt. 1981/82 wurden die erhaltenen Grabsteine wieder aufgerichtet und mit einer Einfassung aus den noch lesbaren Grabsteintrümmern umgeben.  
  
   
   
Die Lage des Friedhofes  
 
Link zu den Google-Maps  
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes) 
   

Größere Kartenansicht      
   
   
  
 
Fotos des jüdischen Friedhofes   

Der Friedhof vor 1938
(Quelle: G. Rokahr: Die Juden in Esens, s.Lit.)

Esens Friedhof 013.jpg (48617 Byte) Esens Friedhof 012.jpg (47852 Byte) Esens Friedhof 011.jpg (51482 Byte)
Teilansicht des Friedhofes. Zu erkennen 
die Grabsteine von Rosette Weinthal geb
. Levin (1860-1936, links) und Karl Wolff
 (1873-1936, Mitte)
Grabstein von Josef Weinberg
 (1851-1931) und seiner Gattin 
Johanna geb. Marx (1863-1935) 
(Foto um 1937)
Grabstein von Samuel Oppenheimer
 (1836-1918) und seiner Gattin 
Lina geb. Vogelier (1836-1908) 
(Foto um 1920)
     
Nach der Zerstörung beim Novemberpogrom 1938 
(Quelle: G. Rokahr: 
Die Juden in Esens, s.Lit.)
Esens Friedhof 010.jpg (70414 Byte)   
   Im November 1938 wurde der Friedhof
 völlig zerstört; die 
Grabsteine zerschlagen
  
       
     
Nach der Instandsetzung der 1970er-Jahre
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 10.7.1987)
Esens Friedhof 106.jpg (72753 Byte) Esens Friedhof 104.jpg (66336 Byte)
  Eingangstor Fläche mit erhaltenen Grabsteinen
        
Esens Friedhof 100.jpg (61882 Byte) Esens Friedhof 101.jpg (51084 Byte) Esens Friedhof 105.jpg (63168 Byte)
Grabsteinfragmente, die als Einfassung des Beetes dienen.
 
  Esens Friedhof 102.jpg (40186 Byte)   
1959 aufgestellter Gedenkstein für die jüdische Gemeinde Esens. Unter dem Davidstern sind in hebräischer und deutscher Sprache
 Verse aus den Klageliedern Jeremias (3,46-48) zu lesen: "Den Mund rissen auf wider uns all unsere Feinde, Grauen und Falle ward
 uns Zerstörung und Untergang. In Bächen Wassers strömt mein Auge ob des Sturzes der Tochter meines Volkes"
     
     

Der Friedhof im Sommer 2007
(Fotos: Dieter Peters, Aachen, Aufnahmedatum 24. Juni 2007)

 
Esens Friedhof 400.jpg (92367 Byte) Esens Friedhof 405.jpg (87191 Byte) Esens Friedhof 406.jpg (109465 Byte)
Das Eingangstor Blick über den Friedhof Fläche mit erhaltenen Grabsteinen
     
Esens Friedhof 403.jpg (104131 Byte) Esens Friedhof 401.jpg (97230 Byte) Esens Friedhof 402.jpg (103423 Byte)
Die Grabsteinfragmente
 
Esens Friedhof 407.jpg (104956 Byte) Esens Friedhof 404.jpg (71956 Byte) Esens Friedhof 408.jpg (69557 Byte)
Fläche mit erhaltenen Grabsteinen und
 Umrandung durch Grabsteinfragmente
Gedenkstein zur Erinnerung an die
 jüdische Gemeinde in Esens
Hinweistafel zur 
Geschichte des Friedhofes
     
Esens Friedhof 416.jpg (92908 Byte) Esens Friedhof 417.jpg (107540 Byte) Esens Friedhof 415.jpg (51959 Byte)
Grabstein für eine junge Frau Treine
 Tochter des Samson, gest. im
 Adar 5500 = März 1740
Grabstein für Sanwil (?) Sohn des Josef,
 gest. am heiligen Schabbat 
9. Tammus 5507 = 17. Juni 1747
Grabstein für Sara Abrahamson 
geb. Cohen, gest. 15.11.1840
   
     
Esens Friedhof 412.jpg (51754 Byte) Esens Friedhof 410.jpg (75497 Byte) Esens Friedhof 413.jpg (74019 Byte)
Grabstein für Salomon Herz 
(1825-1898)
Grabstein für Beile Tochter des Josef,
 gest. 2. Aw 5658 = 21. Juli 1898
Grabstein für Samuel Meyenberg, 
gest. 1914 im Alter von 82 Jahren
     
Esens Friedhof 409.jpg (70059 Byte) Esens Friedhof 414.jpg (70610 Byte) Esens Friedhof 411.jpg (84691 Byte)
Grabstein für Hermann Levy 
(1853-1925) und Marianne Levy 
geb. Heinemann (1855-1918)
Grabstein für Simon Oppenheimer
 (1874-1928)  
  
Grabstein für Karl Wolff 
(1873-1936)
  
      
     

Weitere Fotos vom Sommer 2007 
(erhalten von Uwe Schellinger, Freiburg)

   
Esens Friedhof 154.jpg (94391 Byte) Esens Friedhof 151.jpg (83258 Byte) Esens Friedhof 153.jpg (86481 Byte)
Eingangstor mit Hinweistafel 
(Text siehe unten)
Grabsteinfragmente
 
   
Esens Friedhof 152.jpg (96542 Byte) Esens Friedhof 150.jpg (90049 Byte)   
   Gedenkstein zur Erinnerung an die
 jüdische Gemeinde in Esens
  
     

Die Hinweistafel (Foto erhalten von Elisabeth Böhrer, September 2008) 

 

Esens Friedhof 190.jpg (111325 Byte)Text der Hinweistafel: "Friedhof der Jüdischen Gemeinde in Esens - nachweisbar seit 1702: 
Von ungezählten Grabsteinen, die seit dem 18. Jahrhundert hier aufgestellt waren, blieben nach der Schändung dieses Friedhofs im Frühjahr 1940 außer wenigen Fragmenten nur 14 übrig. Die meisten anderen wurden zertrümmert, in die Erde versenkt, verschleppt und als Baumaterial verwendet. 1941 hat man den Friedhof 'eingeebnet', seine östliche Hälfte war bereits 1939 'abgeteilt' worden. 
Schon 1948 plante die Stadt Esens die Errichtung eines Denkmals auf dem westlichen Teil des Friedhofs, doch erst 1959 konnte hier ein Gedenkstein aufgestellt werden. 
Besitzer des Friedhofsgeländes war seit 1952 die Jewish Trust Corporation for Germany in London, von der es 1961 an den Landesverband der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen überging. 
1983 ließ die Stadt Esens alle übrig gebliebenen Grabsteine wieder aufrichten und mit den erhaltenen Grabplatten und Fragmenten zu einer Gruppe zusammenstellen. Die Lage der ursprünglichen Begräbnisstätten ist im Gelände nicht mehr zu erkennen. Deshalb bezeichnen diese Steine nicht mehr die Gräber der Menschen, an die sie erinnern sollen; sie konnten nur symbolisch wieder aufgestellt werden. 
Dieser Friedhof ist ein Ort des Gedenkens, der Besinnung, der Begegnung und - gerade wegen seiner Verluste, Verletzungen und Fragmente - ein mahnendes Zeugnis vom Schicksal der Jüdischen Gemeinde in Esens, die zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur ein gewaltsames Ende fand. 
Wahret die Würde dieses Ortes." 

      

Der Friedhof im Sommer 2010 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 6.8.2010)

 
Esens Friedhof 176.jpg (144884 Byte) Esens Friedhof 170.jpg (113998 Byte) Esens Friedhof 171.jpg (108297 Byte)
Das Eingangstor und Blick über den Friedhof Die Hinweistafel (Text siehe oben)
        
Esens Friedhof 172.jpg (149483 Byte) Esens Friedhof 177.jpg (123266 Byte)   
Blick entlang des Hauptweges zum Gedenkstein zur 
Erinnerung an die jüdische Gemeinde in Esens
  
     
Esens Friedhof 182.jpg (141481 Byte) Esens Friedhof 183.jpg (146660 Byte) Esens Friedhof 181.jpg (143239 Byte)
Die wenigen erhaltenen älteren Grabsteinplatten  
     
Esens Friedhof 180.jpg (130746 Byte) Esens Friedhof 179.jpg (122974 Byte) Esens Friedhof 178.jpg (144450 Byte)
Einzelne Grabsteine - vgl. die oben einzeln aufgeführten Steine
     
Esens Friedhof 185.jpg (150472 Byte) Esens Friedhof 187.jpg (146674 Byte) Esens Friedhof 186.jpg (157348 Byte)
Die Grabsteinfragmente
        

   
    

Links und Literatur

Links:

Website der Stadt Esens 

Website des August-Gottschalk-Hauses in Esens  

Zur Seite über die jüdische Geschichte / Synagoge in Esens (interner Link)   
Informationen zum jüdischen Friedhof Esens auf der Seite des Zentralarchivs in Heidelberg zu Esens    

Literatur:

Gerd Rokahr: Die Juden in Esens. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Esens von den Anfängen im 17. Jahrhundert bis zu ihrem Ende in nationalsozialistischer Zeit. (= Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands. Hg. von der Ostfriesischen Landschaft in Verbindung mit dem Niedersächsischen Staatsarchiv in Aurich Bd. 65). Aurich 1987.  
Ostfriesland Lit 13004.jpg (73854 Byte)Reise ins jüdische Ostfriesland. Hrsg. von der Ostfriesischen Landschaft - Kulturagentur  Georgswall 1-5  26603 Aurich. Tel. 04941-179957  E-Mail: kultur[et]ostfriesischelandschaft.de. Erschienen im Juli 2013. 67 S. Kostenlos beziehbar. 
Internet: www.ostfriesischelandschaft.de 
"Reise ins jüdische Ostfriesland" ist ein gemeinsames Projekt im Rahmen des dritten kulturtouristischen Themenjahres "Land der Entdeckungen 2013". Am 9. November 2013 jährte sich zum 75. Mal die Pogromnacht von 1938 in Deutschland. Dies haben 17 Einrichtungen, davon neun Museen und fast alle ehemaligen Synagogengemeinden zum Anlass genommen, sich unter dem Titel "Reise ins jüdische Ostfriesland" zusammenzuschließen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschwand die jüdische Kultur im Vergleich zum übrigen Deutschland hier bemerkenswert schnell aus dem bis dahin gemeinsamen Alltagsleben von Juden und Nichtjuden. "Reise ins jüdische Ostfriesland" will an das einst lebendige jüdische Leben in der Region erinnern.
Die Projekte zeigen in beeindruckender Weise, wie ein Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Allen jedoch geht es insbesondere darum, dem vielfältigen jüdischen Leben in Ostfriesland bis zur Shoah und darüber hinaus wieder ein Gesicht zu geben. Denn Erinnerung ist ein Weg zur Heilung und damit zur Versöhnung.  

   
    

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 16. Juli 2014