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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Feudenheim (Stadt Mannheim)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In
dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur Kurpfalz gehörenden Feudenheim
(1910 nach Mannheim eingemeindet) bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1672 Juden in Feudenheim genannt; 1774 zählte man 17 Juden am Ort.
Die
Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie folgt:
1803 58, 1832 106 jüdische Einwohner, 1836 118, 1839 121, 1864 Höchstzahl mit 129 Personen,
1871 94, 1875 86, 1880 126, 1885 118, 1887 126 (in 23 Familien), 1890 120, 1895 113,
1897 128 jüdische Einwohner (in 24 Familien).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (zunächst Religionsschule; seit 1845 öffentliche
israelitische Konfessionsschule im Gebäude gegenüber der Synagoge; im
Schulgebäude auch die Lehrerwohnung; das Schulgebäude wurde 1962 abgebrochen),
ein rituelles Bad (im Schulgebäude) und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer anstellt,
der zugleich aus Vorbeter und Schochet tätig war (von 1840 bis 1869 Lehrer
Samuel Weil, zunächst als Religionslehrer, seit Begründung der
Konfessionsschule 1845 als Lehrer an der israelitischen Schule; um 1872/93
Raphael Rosenheimer. 1887 wird Lehrer
Bessels genannt, von 1888 bis 1910 Karl
Billigheimer; beide unterrichteten auch die Schüler in
Ilvesheim). Die Konfessionsschule wurde 1869 aufgelöst
(zwischen 1865 und 1860 gab es 18 bis 24 Schüler), danach bestand - bis
zum Weggang von Lehrer Billigheimer 1910 - noch eine Religionsschule
(beziehungsweise Simultanschule; 1894 29 Schüler).
Die Gemeinde
gehörte seit 1827 zum Rabbinatsbezirk Ladenburg, der seit 1884 von Heidelberg
aus betreut wurde.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1848 H. Kahn, um 1894 E.
Kaufmann, H. Kahn und M. Kaufmann. Als Rechnungsführer (Rendant) wird
damals Th. Hirsch genannt, als Synagogendiener M. Feist (um 1894/1903).
Um 1897 waren die Gemeindevorsteher E. Kaufmann, Samuel Hirsch und M. Kaufmann,
1898/1903 M. Kaufmann, Samuel Hirsch und H. Reimann.
An jüdischen Vereinen werden genannt: um 1894 der Wohltätigkeits- und
Bestattungsverein Chewra Kadischa (um 1894/1903 unter Leitung von J.
Kahn), der Krankenbesuchsverein Bickur cholim (1894 unter Leitung von E.
Kaufmann, 1903 unter Leitung von Th. Hirsch und K. Billigheimer) und der
Israelitische Frauenverein (um 1894 unter Leitung der Frau von J. Kahn, 1903
unter Leitung von S. Hirsch, H. Kahn und K. Billigheimer). Dazu bestand die
Samuel Kahn'sche Stiftung.
Die jüdischen Familien lebten insbesondere vom Handel mit
Vieh und anderen Waren. An ehemaligen, teilweise bis nach 1933 bestehenden
jüdischen Gewerbebetrieben sind bekannt: Bäckerei Julius Kaufmann (bis
nach 1900; Brunnenstraße 4), Viehhandlung Gustav Kahn (bis nach 1933,
Hauptstraße 66), Metzgerei Reimann (bis nach 1933; Hauptstraße 88),
Textilgeschäft der Familie Scherrmann (bis um 1900; die Familie ist nach
Amerika ausgewandert; Ecke Hauptstraße/Blücherstraße); Viehhandlung Sigmund
Kirchheimer (Talstraße 19), Viehhandlung Hermann Kahn (Talstraße 16).
Seit den 1870er-Jahren verzogen viele Mitglieder der
Gemeinde nach Mannheim, einige wanderten aus, sodass 1905 nur noch 65, 1925 49 jüdische
Einwohner in Feudenheim gezählt wurden.
Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der
NS-Zeit kamen von den 1933 etwa 40 in Feudenheim lebenden jüdischen Personen
mindestens zwölf ums Leben.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers und
Vorsängers (1835 / 1836 / 1839 / 1841)
(Quelle: erhalten vom Stadtarchiv Donaueschingen)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von November 1835 S. 996: "Offene Stelle. Bei der israelitischen
Gemeinde Feudenheim ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 80 Gulden nebst freier Kost bei den
dortigen israelitischen Gemeindemitgliedern und freier Wohnung, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen, zu 40 Gulden
veranschlagt, verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der
Gemeinde unter höherer Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Ladenburg zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener
Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen werden.
Ladenburg, den 19. November 1835.
Großherzogliche Bezirks-Synagoge. J. Ettlinger. J. Lippmann,
Bezirksältester." |
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Anzeige
im Großherzoglichen Anzeigenblatt für den Seekreis vom 3. Dezember 1836:
"Erledigte Stelle.
Bei der israelitischen Gemeinde Feudenheim ist die Lehrstelle für
den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 80
Gulden, nebst freier Kost und Wohnung sowie der Vorsängerdienst
samt den davon abhängigen Gefällen zu 40 Gulden veranschlagt, verbunden
ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Ladenburg zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden.
Ladenburg, den 24. November 1836. Großherzogliche
Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1839 S. 122:
"Bei der israelitischen Gemeinde Feudenheim ist die Lehrstelle für den
Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 50 Gulden nebst freier Kost und
Wohnung sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Ladenburg zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1841 S. 513: "Bei der israelitischen Gemeinde
Feudenheim ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 140 Gulden nebst freier
Wohnung sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Ladenburg zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden.
Mannheim, den 24. Dezember 1840.
Der Bezirksrabbiner. H. Traub." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 16. April 1845 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Karlsruhe. [Bekanntmachung]. Die mit dem Vorsängerdienst
vereinigte Lehrstelle an der neu errichteten israelitischen
öffentlichen Schule in Feudenheim, Amtsbezirks Ladenburg, ist
zu besetzen. Die berechtigten Bewerber um diese, mit einem festen Gehalt
von 175 fl., nebst Wohnung, einem Schulgelde von 1 fl. für jedes
Schulkind, und den Nebengefällen des Vorsängerdienstes verbundene
Lehrstelle werden daher aufgefordert, mit ihren Gesuchen, unter Anfügung
ihrer Aufnahmescheine und der Zeugnisse über ihren sittlichen und
religiösen Lebenswandel, nach Maßgabe der Verordnung vom 7. Juli 1836,
Regierungsblatt Nr. 38, durch die betreffende großherzogliche
Bezirksschulvisitatur, bei großherzoglicher evangelischer
Bezirksschulvisitatur Ladenburg in Heidelberg binnen 6 Wochen sich zu
melden.
Großherzoglicher Oberrat der Israeliten." |
Ernennung von Schulkandidat Samuel Weil auf die
Lehrstelle an der neu errichteten, öffentlichen israelitischen Schule (1845)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 6. August 1845 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Karlsruhe. [Bekanntmachung]. Die mit dem Vorsängerdienste
vereinigte Lehrstelle an der neu errichteten öffentlichen Schule bei der
israelitischen Gemeinde Feudenheim, Amtsbezirks Ladenburg, wurde dem
bisherigen Religionsschullehrer und Vorsänger bei derselben,
Schulkandidaten Samuel Weil von Breisach
übertragen". |
Lehrer Samuel Weil wird als Lehrer
in Feudenheim genannt (1864)
Mitteilung
in "Der Israelitische Lehrer" vom 28. April 1864: "Subskriptionen.
Herr Lehrer und Kantor Oppenheimer in Darmstadt vorläufig 20 Jahrbücher, 20
Kalender; Lehrer Weil in Feudenheim bei Mannheim 1 Jahrbuch; Lehrer
Bessels in Ilvesheim 1 Jahrbuch..." |
Bei Lehrer Billigheimer sind sechs
jüdische Waisenmädchen in Pflege (1899)
Artikel
in "Der Israelit" vom 12. Mai 1899: "Mannheim, 9. Mai. Anlässlich des
Verweilens Ihrer königlichen Hoheit der Großherzogin in hiesiger Stadt
besuchte dieselbe unter andern Wohltätigkeitsanstalten auch am vergangenen
Erew Schabbat (= Freitag) das hiesige israelitische Waisenhaus. Am
Eingang desselben wurde Ihre königliche Hoheit von dem Präsidenten des
Vereins Herrn Stadtverordnetenvorstand Max Stockheim herzlich willkommen
geheißen. Die hohe Fürstin ließ sich dann die einzelnen Vorstandsdamen des
Vereins vorstellen, und unterhielt sich mit jeder einzelnen in der
leutseligsten Weise.
Die Pfleglingen des Vereins worunter auch sechs Mädchen, die in dem Vororte
Feudenheim bei Herrn Lehrer Billigheimer in Pflege sind, waren im
Speisezimmer aufgestellt, und hatte die hohe Dame für jedes dieser Kinder
ein paar freundliche Worte.
Zum Schlusse trug eines der Waisenmädchen der Abteilung Feudenheim ein
kleines Gedicht vor und überreichte Ihrer königlichen Hoheit ein
Rosenbouquet, worüber die erlauchte Fürstin sichtlich erfreut war und sich
dann aufs herzlichste verabschiedet." |
Lehrer Karl Billigheimer erteilt auch am Knabeninstitut Schwarz
in Mannheim Religionsunterricht (1899)
Anmerkung: Lehrer Karl Billigheimer (geb. 1864, gest. 1931) war von 1888 bis 1910
Religionslehrer in Feudenheim und bemühte sich in der Gemeinde um die
Ausgestaltung des Gottesdienstes, wobei er auch einen Knabenchor ins Leben rief.
1910 übernahm er die Leitung des israelitischen Waisenhauses in Mannheim.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober 1899:
"Mannheim, 16. Oktober (1899). Mit der Erteilung des israelitischen
Religionsunterrichts am Knabeninstitut Schwarz dahier, welches von ca. 100
Schülern verschiedener Konfessionen - worunter 25 Israeliten - besucht
wird, wurde Lehrer Billigheimer Feudenheim, welcher seit 10 Jahren an der
hiesigen israelitischen Religionsschule tätig ist,
betraut." |
|
Hinweis auf Samuel Billigheimer:
Samuel Billigheimer ist am 3. August 1889 in Feudenheim geboren als Sohn des
Lehrers Karl Billigheimer und seiner Frau Karoline geb. Hess (geb. 2. August
1869 in Malsch, umgekommen 1943 im
Ghetto Theresienstadt). Er besuchte das Realgymnasium Mannheim und studierte
in Heidelberg Latein, Englisch und Französisch. Promotion 1911, ab 1912 im
badischen Schuldienst (Mannheimer Realgymnasium). Er war Mitglied des
Synagogenrats der jüdischen Gemeinde Mannheims und Mitglied der
Landessynode. Seit 1921 war er verheiratet mit Gertrud geb. Feitler
(1896-1988). Die beiden adoptierten zwei Söhne. 1933 wurde Billigheimer auf
Grund der NS-Gesetzgebung als Jude beurlaubt, sein Doktortitel wurde
aberkannt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er ins KZ Dachau verschleppt. Im
März 1939 ist er nach Australien emigriert, wo er mehr als 20 Jahre an der
anglikanischen Caulfield Grammar School Deutsch, Französisch und Latein
unterrichtete und zahlreiche Aufsätze zur deutschen und jüdischen
Geistesgeschichte verfasste. Er starb am 17. Mai 1983 in Melbourne. Für ihn
wurde in der Rathenaustraße 1 in Mannheim ein "Stolperstein" verlegt.
Quellen (mit Schriftenverzeichnis und Literaturangaben):
https://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Billigheimer und
https://www.marchivum.de/de/stolperstein/dr-samuel-billigheimer (Fotos)
und
https://www.leo-bw.de/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/1012399176/Billigheimer+Samuel
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Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von F. Hammerschmidt, Mannheim-Feudenheim -
Vertrieb von Koscherer Pflanzenbutter (1922)
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins) vom 7.
Dezember 1922: "Koscher - Koscher - Pflanzenbutter 'Kippo' -
feinste ungesalzene Nussbutter, wie Teebutter, unter Kontrolle Seiner
Ehrwürden des Herrn Provinzialrabbiners Dr. L. Cahn,
Fulda, hergestellt.
In Post- und Bahnsendungen franko - unter den Fabrikpreisen, gegen
Nachnahme oder Rechnung. Jeder Versuch führt zu dauerndem Bezug!
F. Hammerschmidt. Mannheim-Feudenheim" |
Verlobungsanzeige von Erna Weil (Friedelsheim)
und Erwin Kirchheimer (Feudenheim) (1935)
Anzeige
im "Israelitischen Familienblatt" vom 10. Januar 1935: "Erna Weil - Erwin
Kirchheimer
Verlobte
Friedelsheim (Pfalz) - Mannheim-Feudenheim
Talstraße 19
Januar 1935." |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Ein eigentliches jüdisches
Wohngebiet gab es nicht. Da viele der jüdischen Familien jedoch in der Talstraße
zwischen Haupt- und Ziethenstraße wohnten, wurde dieser Abschnitt früher die "Judengasse"
genannt.
Die Gottesdienste wurden nach einem Bericht von 1798 in
einem Betsaal im Haus des Isaak Löw abgehalten. Er stellte ein
Giebelzimmer seines Hauses der Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung. Da dieser
Raum bei der anwachsenden Zahl der Gemeindeglieder zu klein wurde, begann man
nach 1800 mit der Sammlung von Spenden für den Bau einer neuen Synagoge.
1809 hatte man ausreichende Spendengelder für den Kauf
eines Grundstücks in der Neckargasse gesammelt. 1819 wurde eine Synagoge
erbaut, die 1840/41 umgebaut wurde. Das einfache Gebäude mit rechteckigem Grundriss
war durch seine an allen vier Wänden befindlichen Rundbogenfenster als
Sakralbau zu erkennen. Die westliche Seite war abgewalmt, die Ostfassade zur
Neckarstraße besaß einen Giebel. Man betrat das Gotteshaus vom Hof her, der
vom Raum zwischen Synagoge und Schulhaus gebildet wurde. Im Innenraum ging eine
Treppe an der Westseite hinauf zur Frauenempore. Die Wände waren vermutlich
bemalt; ein großer Leuchter bildete eine Zierde des Betsaales. Seit 1888 war
Karl Billigheimer als Religionslehrer und Vorbeter in der Feudenheimer Synagoge
tätig. Sein Sohn Samuel erinnerte sich an das gottesdienstliche Leben in der
Feudenheimer Gemeinde an Schabbat- und Festtagen: "In der 2. Hälfte der 1890er
Jahre erlebte ich an diesen Tagen eine lebendige und volle Synagoge. Ich war
stolz auf meinen Vater, wenn ich ihn an den hohen Feiertagen die erhebenden
Melodien in seiner so ansprechenden Baritonstimme vortragen – und beten – hörte,
denn der Beter war in ihm stärker als der Sänger [...] Hoch geschätzt wurde
seine Toralesung..." Karl Billigheimer studierte auch Knabenchöre für den
Gottesdienst ein. Er war bis 1910 in Feudenheim tätig.
Nachdem die Zahl der Gemeindeglieder bereits Anfang des 20.
Jahrhunderts stark abgenommen hatte, wurde es immer schwieriger, an Schabbat und
Festtagen die erforderliche Zehnzahl von Männern zusammen zu bekommen. Schon in
den 1920er-Jahren wurde die Feudenheimer Synagoge kaum mehr benutzt. Nur
an den hohen Feiertagen fanden noch Gottesdienste statt, die der Mannheimer
Rabbiner leitete.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Feudenheimer
Synagoge durch SA-Leute zerstört. Sie rissen zunächst den Boden heraus und
setzten anschließend das Gebäude in Brand. Nachmittags holten sie die jüdischen
Männer aus ihren Wohnungen und zwangen sie, Gebetbücher in ein vor der
Synagoge entfachtes Feuer zu werfen.
Auf dem Synagogengrundstück in der Neckarstraße 10 ist
nach dem Abriss 1962 bis zur Gegenwart die südliche Mauer der Synagoge mit den
Ansätzen von drei Fenstern erhalten und durch Anbringung einer Gedenktafel (im
Rahmen der Woche der Brüderlichkeit am 14. März 1965) als Erinnerungsstätte
hergerichtet. Beim Abbruch der Synagoge wurden auch zwei Grundsteine gefunden.
Der Stein an der Synagogenmauer trug die Jahreszahl 1819, der Stein des
benachbarten Schulhauses enthielt ein Bleirohr, eine verschlossene Glasflasche,
zwei Silbermünzen von 1840 und 1841 sowie Papier- oder Lederreste. Die
Grundsteine wurden nicht aufbewahrt und gingen verloren.
Fotos / Skizzen:
Skizzen:
(Rekonstruktionsversuch von Günther Löhr, 1984; bei V.
Keller, Bilder s. Lit. S. 77)
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Skizze von Synagoge Feudenheim und
jüdischem Schulhaus von der Westseite |
Skizze der beiden Gebäude von der
Straßenseite (vgl. Foto 1962 unten) |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos 1962
(Quelle: Keller s. Lit., Bilder S. 78) |
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Blick auf Synagogenruine und jüdisches
Schulhaus vor dem Abbruch |
Abbruch des jüdischen Schulhauses
im Sommer 1962
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Fotos um 1985
(Fotos: Hahn) |
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Blick auf die die 1965 geschaffene
Gedenkstätte für die Synagoge
Feudenheim |
Gedenktafel in der
südlichen Mauer
der Synagoge
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Fotos 2003
(Fotos: Hahn) |
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Blick ähnlich wie oben
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Die Gedenktafel |
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Die südliche Mauer der
ehemaligen Synagoge
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Die Bebauung des Nachbargrundstückes
hat sich verändert (vgl. Foto oben) |
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Foto Herbst
2009
(Foto: Michael Ohmsen) |
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Das
Grundstück der ehemaligen Synagoge und die Gedenktafel
(Für Anfragen zur Verwendung der Fotos: E-Mail
des Fotografen,
Fotoseite: www.panoramio.com/user/2867083/tags/Judaica)
Bei den eingestellten Fotos handelt es sich um Fotos mit höherer
Auflösung
(bitte anklicken, Dateigröße 0,7 mb) |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Oktober 2017:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Feudenheim
|
Artikel von Katja Geiler
im "Mannheimer Morgen" vom 11. Oktober 2017:
"Feudenheim. Künstler Gunter Demnig verlegt Stolpersteine im
Gedenken an die Geschwister Bertha und Gustav Kahn. Zeichen der Erinnerung
an jüdische Bürger
Gleich 19 Stolpersteine wurden an einem Tag verlegt, Künstler Gunter Demnig,
der die Aktion vor über 20 Jahren ins Leben gerufen hatte, eilte von einem
Termin zum nächsten und machte somit eine Gedenkreise durch ganz Mannheim.
Die kleinen Mahnmale galten in diesem Fall Mannheimer Juden, Menschen mit
Behinderung sowie Widerstandskämpfern.
Eine der Stationen war die Hauptstraße 66 in Feudenheim, wo das
Geschwisterpaar Bertha und Gustav Kahn, Vorsteher der jüdischen Gemeinde,
lebten. Am 22. Oktober 1940 wurden sie mit weiteren zwölf Feudenheimer Juden
nach Gurs deportiert. Gustav Kahn konnte aus dem Lager fliehen und sich mit
Hilfe des französischen Widerstandes verstecken, Bertha Kahn wurde in Le
Douadic interniert, bis sie befreit wurde. Sie kehrte 1945 nach Feudenheim
zurück und lebte hier, bis sie 1957 im Alter von 89 Jahren verstarb. Ihr
Bruder starb noch in Frankreich. 'Gerade in Zeiten, in denen wieder vermehrt
rassistische und rechtsradikale Strömungen aufkommen, ist es wichtig, die
Erinnerungen an die Nazi-Herrschaft wachzuhalten und rechtzeitig ein Zeichen
zu setzen', sagte Alois Putzer vom Verein für Ortsgeschichte Feudenheim.
'Ich kann mich noch an Bertha Kahn erinnern, aber leider nicht gut genug, um
etwas über sie sagen zu können, dazu war ich zu jung', so Putzer. Er habe
viele Juden getroffen - auch Nobelpreisträger. 'Viele haben die
Verbundenheit zu ihrer Heimat nie verloren.' Ernst Gramberg vom Arbeitskreis
Justiz und Geschichte des Nationalsozialismus hatte an diesem Tag viel vor.
'Ich fahre quasi Demnig hinterher und war heute schon bei drei
Stolperstein-Verlegungen mit dabei', erzählte er. Der AK Justiz befasst sich
mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Damals wurde mit allen Mitteln
versucht, die Arier nach vorn zu bringen. 'Das soll nie wieder passieren',
so Gramberg.
Gravierte Messingplättchen. 'Die Stolpersteine sind eine gute
Gelegenheit, um im Alltag an die deportierten Menschen zu erinnern', sagte
Boris Weirauch, Landtagsabgeordneter der SPD und wohnhaft in Feudenheim.
'Die Stolpersteine sind eine Alternative zu Geschichtsbüchern und
Dokumentationen, da sie zeigen, dass die Leute direkt aus unserer Mitte
gerissen wurden.' Routiniert entfernte Künstler Demnig einen Pflasterstein
und fügte die beiden Denkmäler, zwei Betonklötze mit gravierten
Messingplättchen, in den Boden ein. 'Im Jahre 1991 wurde die Idee geboren',
blickte Demnig zurück. Einige Zeit habe er die Steine illegal verlegt.
'Inzwischen kommen die Initiativen aus den Orten selbst, auch im Ausland
gibt es inzwischen Stolpersteine.' Das Interesse von Schülern sei ebenfalls
gestiegen: 'Für sie ist es handfester Geschichtsunterricht', weiß Demnig,
Was den Künstler besonders rührt, ist, wenn Leute von weither anreisen, um
die Verlegung mitzuerleben, weil es sich um einen Angehörigen handelt. In
Mannheim gibt es die Aktion seit 2007. Sie wird durchgeführt vom
Arbeitskreis Stolpersteine für Mannheim."
Link zum Artikel https://www.morgenweb.de/mannheimer-morgen_artikel,-feudenheim-zeichen-der-erinnerung-an-juedische-buerger-_arid,1128097.html |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 196. |
| Karl Otto Watzinger: Die jüdische Gemeinde in Feudenheim, in:
Mannheimer Hefte (1965) S. 14-17. |
| Hans Huth: Die Kunstdenkmäler des Stadtkreises Mannheim 2 (1982)
S. 1427, 1461. |
| Volker Keller: Bilder vom jüdischen Leben in Mannheim. 1988. |
| ders.: Jüdisches Leben in Mannheim. 1995 (zu Feudenheim: S. 190-193). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Feudenheim
Baden. The Jewish population in 1860 was 125, and the community maintained
a synagogue and elementary school. The synagogue was destroyed on Kristallnacht
(9-10 November 1938). The last 14 Jews were deported by the Germans to the Gurs
concentration camp on 22 October 1940.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|