Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Speyer (Rheinland-Pfalz)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt

Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Speyer wurden in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts gefunden. 
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.   
   
   
   
Übersicht: 

bulletAllgemeine Berichte   
-  Bericht über "850 Jahre jüdische Gemeinde zu Speyer" (1934)  
Über die kleiner werdende jüdische Gemeinde (Bericht aus der NS-Zeit, 1936)        
bulletArtikel über die jüdische Geschichte im Mittelalter  
Beitrag aus dem Jahr 1876 von Moses Mannheimer: "Die Judenverfolgungen in den Städten Speyer, Worms und Mainz im Jahre 1096, während des ersten Kreuzzuges" mit Übersetzung eines mittelalterlichen Berichtes des Elieser ben Nathan Halevi aus Köln 
Fortsetzung des Beitrages von Moses Mannheimer (Teil 2)   
Fortsetzung des Beitrages von Moses Mannheimer (Teil 3)      
Zur Geschichte der Juden in Worms und Speyer (Artikel von 1897)    
Über die Judenverfolgungen während des Ersten Kreuzzuges 1096 (Artikel von 1925)  
Besprechung eines Romans über Juden und Christen im mittelalterlichen Speyer (1926)  
    
bulletArtikel über die jüdische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert 
bulletAus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Ludwig Schloss (1862) 
70. Geburtstag und 50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Ludwig Schloss (1883)  
Auszeichnung von Lehrer Ludwig Schloss (1887)  
Lehrer Ludwig Schloss ist in den Ruhestand getreten (1889)   
Anstellungsprüfung eines jüdischen Schulamtskandidaten (1909)   
Ausschreibung der Lehrerstelle (1928)   
Jakob Krämer verlässt die Pfalz (1928)  
In Speyer besteht noch eine der letzten jüdischen Schulen in der Pfalz (1936)  
70. Geburtstag von Lehrer Leon Waldbott (1937)   
bullet Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
-  Rückschritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung (1846)  
-  Der Verein Ez-Chajim will eine Tora-Rolle schreiben lassen (1886) 
-  Antijüdisches im "Hirtenbrief" des Bischofs (1904)  
Die israelitische Kultusgemeinde gratuliert dem neuen Bischof in Speyer (1905)   
-  Festgottesdienst aus Anlass der Räumung der Pfalz (1930)   
-  Jüdischen Geschäftsleuten ist das Hissen von schwarz-weiß-roten Fahnen untersagt (1933) 
Dank für Stuhlspenden für das Israelitische Altersheim (1938)   
bulletBerichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert - Grabstein für Oscar Matzger (Metzger) aus Speyer in New Orleans (1848-1867)    
-  80. Geburtstag des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund Herz (1908)  
85. Geburtstag des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund Herz (1913) 
Zum Tod von des einer jüdischen Familie stammenden Domkapitular Dr. Sigmund Joseph Zimmern (1914)    
-  Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund Herz (1918) 
Todesanzeige für Dr. med. Eduard Dreifuss (1924)  
Zum Tod des Synagogenvorstandes Leopold Klein (1934) 
Silberne Hochzeit von Synagogenrat Eugen Loeb und Flora geb. Haß (1937)  
75. Geburtstag von Albert Mayer (1938) 
Reinhold Herz wandert in die USA aus (1938)  
Erinnerung an die Deportation in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober 1940: Grabsteine in Gurs      
bulletAnzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeigen der Metzgerei und Wurstlerei Hermann Hanauer (1901/1906)       
-  Anzeige des Kurz-, Weiß- und Wollwarengeschäftes A. Westheimer & Co. (1905)  
bulletWeitere Dokumente  
Werbemarken der Firma Marx Mayer für Bonbons und Kaffee (aus der Zeit ca. 1905 bis 1920)      

      
      
      
Allgemeine Berichte
  

Bericht über "850 Jahre jüdische Gemeinde zu Speyer" (1934)
   

Speyer Bayr GZ 15111934a.jpg (143458 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. November 1934: 
"850 Jahre jüdische Gemeinde zu Speyer. 
In dieser Zeit, wo Heimatverbundenheit und Heimatrecht der deutschen Juden in Frage gestellt wird, ein paar Monate nach der 900-Jahrfeier der Synagoge zu Worms, am 13. September 1934 bestand die jüdische Gemeinde zu Speyer 850 Jahre. -   
Am gleichen Tag im Jahr 1084 n.Chr. erklärte der Bischof Rüdiger Huosmann in einer Urkunde wörtlich, er glaube den Ruhm der Stadt Speyer tausendfach zu mehren, wenn er (zugleich mit der Eingemeindung des Dorfes Altspeyer die dort wohnenden) Juden aufnehme. Das ist die Geburtsurkunde der Jüdischen Gemeinde zu Speyer.   
Erwiesen aber ist, dass Juden schon lange vorher, nämlich seit dem 8. Jahrhundert, sich in Alt-Speyer, das an den großen Handelsstraßen Köln-Augsburg und Köln-Narbonne gelegen war, angesiedelt hatten. Luther behauptet, dass schon in der frühesten Zeit des fränkischen Reiches hier Juden lebten, wenngleich die Geschichte der Kultur von den Juden der damaligen Zeit ebensowenig, wie von den Deutschen zu berichten weiß. Ja, eine Ansiedlung schon zu römischer Zeit ist wahrscheinlich. So zählt Speyer mit den anderen rheinischen Gemeinden Köln, Mainz und Worms zu den ältesten jüdischen Niederlassungen in Deutschland.    
Die Erinnerung, die in die Zeit vor 1084 zurückgeht, trifft in der Speyerer Altstadt etwa um das Jahr 1000 Sprosse auf der berühmten italienischen Rabbinerfamilie Kalonymos in einer schon damals bestehenden Judengemeinde an, in deren Talmudschule auch Raschi gelernt hat. - Bis in diese Zeit wohnten die Juden in der Altstadt, angesehen und ungestört unter den christlichen Bürgern. Seit etwa 1050 aber mussten sie vor Ausschreitungen des Pöbels geschützt werden.  
So zog Bischof Rüdiger nach jener Urkunde von 1084 seine jüdischen Untertanen auf einem besonderen Gelände zusammen, das er zu ihrem Schutz mit Mauern umgeben ließ. Hier ist zum erstenmal in Deutschland das Ghetto erwähnt, das aber nicht zu Hohn und Schande, sondern nur zum Schutz der Juden errichtet wurde. Im gleichen Jahr nahm der Bischof viele Juden aus Mainz auf, wodurch erst die Gemeinde so rasch emporblühen konnte. In dem Privileg aber gewährte er ihnen Freiheiten und Rechte, wie sie die Juden in Deutschland damals  
Speyer Bayr GZ 15111934b.jpg (445346 Byte)nirgends besaßen: Handelsfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit unter einem sogenannten Archisynagogus, das Recht Grundbesitz zu erwerben, christliche Dienstboten und Sklaven zu halten usw. Dafür sollten ihm die Juden jährlich 3,5 Pfund Speyerer Geldes zahlen. 
Als sechs Jahre später, im Jahr 1090, Kaiser Heinrich IV. nach Speyer kam - der Bischof war inzwischen alt geworden und Sorge für die Erhaltung ihrer Rechte mag der Anlass gewesen sein - ließen sich die Speyerer Juden durch Vermittlung des ihnen wohlgesinnten Bischofs auch unter seinen Schutz nehmen. Er bestätigte ihnen ihr Privileg und vermehrte ihre Freiheiten und ihren Rechtsschutz noch ganz bedeutend: Sie konnten im ganzen Deutschen reich bei Zollfreiheit Handel treiben, in Prozessen mit Christen durften sie nach jüdischem Recht Beweis führen, germanische Gottesurteile sollten gegen sie nicht angewendet, Verbrechen gegen sie streng bestraft werden. Dieses Privileg unterzeichnete der Kaiser eigenhändig, nachdem er sich vorher mit dem Rabbi Kalonymus über den Speyerer Dom, der damals erst einige Zeit fertig gestellt war, unterhalten hatte. Auf des Kaisers Frage, ob der Dom dem salomonischen Tempel an Schönheit nicht überlegen sei, suchte der Rabbi aus der Bibel die höhere Würde des Tempels nachzuweisen. Dass der Kaiser die freimütige Antwort nicht ungnädig aufnahm, zeigt das Privileg, das er erteilte.   
Obwohl nun die Juden dem Kaiser direkt unterstanden, ließ er dem Speyerer Bischof die ihm als Stadtherrn zustehenden Rechte, sodass Bischof und Juden in dauernder Verbindung blieben. Von ihm war der Vorsteher der Synagoge abhängig, an seine Kammer flossen die für Verletzung der Judenrechte erhobenen Bußgelder. Seit 1090 so unter doppeltem Schutz - von einer finanziellen Ausbeutung konnte damals noch keine Rede sein - bracht für die Speyerer Juden eine gute Zeit an. Unterbrochen nur von einem Schreckenstag im Jahr 1090, wo die Kreuzfahrer einige Speyerer Juden ermordeten. Doch bot der Bischof gleich Bewaffnete zu ihrem Schutz auf, die weitere Gefahr abwendeten.
Jetzt begann die 100-jährige Blütezeit der Gemeinde. - Man treib nach Belieben Handel und Geldgeschäfte. Der Wohlstand muss beträchtlich gewesen sein. Damals entstanden die Bauten der Gemeinde in der Gegend, die heute noch die Judengasse heißt: Eine Synagoge, als deren Baujahr schon 1084 bezeichnet wird, ein Gemeinde-, ein 'Dantz- oder Brutehaus' (Tanz- oder Brauthaus), ein Lehrhaus und eine Mikwe aus der Wende des Jahrhunderts, ein paar Jahre später noch eine zweite Synagoge. Von all dem ist heute nur noch die Mikwe, das 'Judenbad' erhalten, das mehr als 400 Jahre seiner Bestimmung diente, heute seiner Renovierung harrend. Eine unterirdische Anlage in romanischem Baustil, wie sie monumentaler in Deutschland heute nirgends zu sehen ist. Das Speyerer Judenbad mit seinem alten Gemäuer zwischen winkligen Gässchen verdient nicht nur als ein verträumter Zeuge jüdischer Geschichte, sondern auch als deutsches Kunstdenkmal aus der großen Zeit der salischen Kaiser ernstliche Beachtung. - Von der romanischen Synagoge aber sind allein kümmerliche Mauerreste übrig. Sonst künden nur noch ein paar verwitterte Grabsteine von den jüdischen Menschen des alten Speyer. Deren Namen aber besaßen in der damaligen jüdischen Welt einen guten Klang. War doch die Gemeinde, solange Juden in größeren Massen hier lebten, ein geistiges Zentrum. 'Die Weisen von Speyer' werden mit derselben Ehrerbietung genannt, wie die Meister von Worms und Mainz. Und dass diese drei Gemeinden eine gewisse Einheit bildeten. SCHUM (Speyer - Worms - Mainz) ist aus ihren Verordnung, den Tekanoth SCHUM allgemein bekannt. Von diesen schreibt ein jüdischer Autor, Isaac aus Wien: 'Von unseren Lehrern in Mainz, Worms und Speyer ist die Lehre ausgegangen für ganz Israel, und seitdem Gemeinden in Deutschland und in dem (slawischen) Königreiche sind, hat man sich daselbst an diese Vorschriften gehalten.' Wiederholt fragten auch die Rabbinerversammlungen und der Gemeindeverband während dieser Blütezeit in Speyer, ehe beim zweiten Kreuzzug von 1195 große Verfolgungen über die Gemeinde hereinbrachen.  
Wenn auch der Kaiser die Mörder zwang, den Juden Buße zu zahlen, es war der Anfang des Niedergangs. 50 Jahre später schon verloren sie ihre Handelsfreiheit: außer mit Geld, sollten sie nur mit Wein, Kräutern und Arzneien Handel treiben. Und einige Jahrzehnte nach dieser Beschränkung begann die finanzielle Ausbeutung durch die Kaiser, die die Speyerer Juden von nun an wechselnd an Städte, Bischöfe und Herren verpfändeten und wiederholt sämtliche Forderungen, die die Juden besaßen, für null und nichtig erklärten.
Gegen Ende dieses 13. Jahrhunderts aber setzte die lange Leidenszeit der Speyerer Juden eigentlich ein, während sie bald vertrieben oder ermordet, bald wieder zurückgerufen wurden. So ereilte sie 1282 und 1343 das Verderben. Und als 1348 der 'Schwarze Tod' durch Europa rast, leuchtet im Speyerer Judenghetto die Brandfackel der sich selbst verbrennenden Juden durch ein blutiges Morden. - Das Geschehen dieses Jahres hat vor ein Jahrzehnt der damalige deutsche Gesandte in Wien Dr. Maximilian Pfeiffer in seinem Buch 'Kyrie Eleison', ein Roman von Juden und Christen im alten Speyer' gestaltet. - Dieser Schlag hatte die Gemeinde ins Mark getroffen. Die Steine ihrer Häuser, Grabsteine und Friedhofsmauern wurden von der Stadt zu neuen Türmen und zur Ausbesserung der Stadtmauern benützt. Zwar durften die 1349 Entkommenen, die in Heidelberg Zuflucht gefunden hatten, wieder zurückkehren, aber es gab nur neue Schwierigkeiten: Reibereien mit den Zünften, ein Verbot der Errichtung neuer Schulen, eine demütigende Kleiderordnung, Benützung der Synagoge als städtisches Haus usw. Aber auch die dazwischen liegende Folge von Vertreibungen und Wiederzulassung konnte die Heimatliebe der Speyerer Juden nicht ersticken, bis mit dem großen Brand der Stadt Speyer im Jahre 1689 Synagoge und Judengemeinde ihr Ende fanden.  
Als die Stadt wieder aufgebaut war, erhielten die Juden nur 'temporarische' Aufenthaltserlaubnis, sodass sie sich, wie ehemals in den umliegenden Dörfern wieder ansiedelten. Nach der französischen Revolution aber kamen die Juden aus diesen Dörfern wieder in die Stadt, und als 1806 Napoleon den Juden deutsche Namen geben ließ, wurden schon wieder 80 jüdische Einwohner festgestellt. Seit dieser Namensgebung tragen viele deutsche Juden den Namen Speyer, das auch in Spier, Spiro, Spira zu finden ist. - 
Die Gemeinde erlebte jetzt einen, wenn auch mit ihrer klassischen Zeit nicht vergleichbaren Wiederaufstieg. 1836 wurden eine neue Synagoge und eine jüdische Schule eingerichtet, die bis heute bestehen. 1900 zählte die Gemeinde wieder 500 Seelen, die aber heute auf 269 zurückgegangen sind. Ein einziger Lehrer ist der Verwalter einer großen Tradition.  
Von der Not unserer Zeit sind die Speyerer Juden hart getroffen. Ein großer Teil der Jugend ist im letzten Jahr abgewandert. Aber wenn die Jüdische Gemeinde zu Speyer auf ihre Geschichte zurückblickt, dann weiß sie, dass dies nicht die erste Notzeit ist, die sie bestehen musste und überstanden hat. Reinhold W. Herz, früher Speyer, jetzt Berlin."          

  
Über die kleiner werdende jüdische Gemeinde (Bericht aus der NS-Zeit von 1936)   

Speyer BayrIsrGZ 01091936.jpg (243381 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1936: 
"Schicksal in Zahlen.  Von Reinhold Herz (Berlin). 
Die Gemeinde Speyer, die als eine der ältesten jüdischen Gemeinden in Deutschland 1934 achthundertundfünfzig Jahre bestand, begeht demnächst die 100-Jahre-Feier ihrer neuen Synagoge und der jüdischen Schule. Wir haben aus Anlass des 850-jährigen Bestehens die wechselvolle Geschichte dieser alten Gemeinde ausführlich dargestellt. Aus Anlass der 100-Jahr-Feier bringen wir heute einen kurzen soziologischen Abriss ihrer gegenwärtigen Gestalt, der über Speyer hinaus für die Situation und Entwicklung der kleineren jüdischen Gemeinde in Deutschland nur allzu typisch sein dürfte.
Die Speyerer Gemeinde, die im Jahre 1836 mit einer Seelenzahl von 250 Menschen sich wieder eine eigene Synagoge und eine jüdische Schule errichtete, hat in ihrer neueren Geschichte die größte Seelenzahl im Jahre 1900 mit 520 Menschen erreicht. Seitdem ist die jüdische Bevölkerung bis 1925 auf 350, bis 1933 auf 270 und bis 1936 auf 190 Menschen gesunken.  
Der Bevölkerungsverlust von 1900 bis 1933 ist in erster Linie durch Binnenwanderung in Großstädte entstanden. Der Bevölkerungsverlust von 1933 bis 1936 rekrutiert sich aus: 1 Austritt, 11 Todesfälle, 36 Personen sind innerhalb Deutschlands abgewandert und zwar hauptsächlich in die beiden Großstädte Mannheim und Frankfurt am Main. 48 Personen sind ausgewandert, wobei, wie in sehr vielen süddeutschen Gemeinden, die weitaus überwiegende Zahl auf die Vereinigten Staaten von Nordamerika entfällt und die Zuwanderung zu Verwandten charakteristisch ist. Dem Bevölkerungsverlust von 96 Personen steht eine Zunahme durch 3 Geburten und 9 Zuzüge gegenüber. Die wirtschaftliche Entwicklung wird charakterisiert durch 10 Fälle von Geschäftsübergabe (Verkauf oder Vermietung) und durch die Senkung des Gemeindeetats von 15.000 auf 10.000 Mark. Auch dieser Etat kann bereits nur noch durch freiwillige Selbstbesteuerung einiger weniger Gemeindemitglieder aufrecht erhalten werden.  
Nach dem heutigen Stand zeigt die Altersgliederung der Gemeinde mit 50 Prozent der Bevölkerung zwischen 40 und 60 Jahren und 20 Prozent über 60 Jahren eine überdurchschnittliche Überalterung. In der beruflichen Struktur überwog bisher der Einzelhandel vorherrschend in der Textilbranche. Dieses berufliche Gepräge löst sich auf und der Zwischenhandel wird bestimmend. Die soziale Struktur zeigt trotz der Überalterung nur noch etwa 50 im Erwerbsleben stehende Personen. Die Form der Selbstständigkeit überwiegt noch. Das kulturelle Leben verliert durch die Abwanderung der tragenden Menschen dauernd an Selbstständigkeit. Es wird hauptsächlich durch überörtliche Quellen gespeist: Jüdische Zeitung und Buch, auswärtige Redner und Teilnahme am kulturellen Leben der benachbarten Großgemeinde Mannheim. Das gesellschaftliche Leben ist durch das Fehlen eines gemeindlichen Zusammenkunftsraumes völlig gehemmt, seitdem vor einigen Monaten die jüdische Schule in dem einzigen Gemeinderaum untergebracht werden musste. - So bleibt der Gottesdienst in der Synagoge als alleinige Form eines regelmäßigen Gemeinschaftslebens.
Für die Zukunft sind in der Bevölkerungsbewegung bereits einige klare Entwicklungstendenzen festzustellen. Etwa 20 weitere Personen, d.h. etwa 10 Prozent der Gemeinde bereiten noch ihre Auswanderung vor. Nach diesem erneuten Wanderungsverlust besonders von jüngeren Menschen und jungen Ehepaaren wird die jüdische Schule, die jetzt noch 17 Kinder umfasst, durch den Mangel an Jugendlichen selbst bei Einbeziehung der umliegenden Landgemeinden nur noch wenige Jahre bestehen können. - Die Seelenzahl der Gemeinde scheint sich unter Berücksichtigung der durch die Überalterung entstehende Immobilität und eines der Altersgliederung entsprechenden Sterbeverlustes für eine Reihe von Jahren auf etwa 130-150 Menschen neu zu stabilisieren."           

   
    
Artikel über die jüdische Geschichte im Mittelalter   
Beitrag aus dem Jahr 1876 von Moses Mannheimer: "Die Judenverfolgungen in den Städten Speyer, Worms und Mainz im Jahre 1096, während des ersten Kreuzzuges" mit Übersetzung eines mittelalterlichen Berichtes des Elieser ben Nathan Halevi aus Köln
   
Anmerkung: der Beitrag von Moses Mannheimer wurde später nochmals aufgelegt, vgl.  https://www.amazon.de/Judenverfolgungen-Speyer-Während-Ersten-Kreuzzuges/dp/0332483851    

Speyer AZJ 09051876a.jpg (348256 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Mai 1876: "Die Judenverfolgungen in den Städten Speyer, Worms und Mainz im Jahre 1096, während des ersten Kreuzzuges.
Aus einem hebräischen Manuskripte übertragen von Moses Mannheimer, emeritierter Rabbinatsverweser in Darmstadt
Die Geschichte der Kreuzzüge ist bis jetzt noch nicht vollständig nach allen ihren Beziehungen aufgehellt, so sehr auch emsige Forscher bemüht waren, alles einschlägige, ihnen zu Gebote stehende Material zu sammeln, zu sichten und daraus ein vollständiges, alles Bedeutsame umfassendes Bild zu schaffen. Am wenigsten ist dies aber der Fall bei demjenigen Teile derselben, der die Judenverfolgungen betrifft, ungeachtet Letztere große blühende Gemeinden mit barbarischer Grausamkeit gänzlich vernichteten und auch mit den allgemeinen politischen Verhältnissen Deutschlands in einigem Zusammenhange standen. Im Mittelalter hat die mündliche Überlieferung die Stelle der Aufzeichnung versehen. Sie hat in Familien und Gemeinden wie Taten und Begegnisse der Väter, einige Generationen hindurch, frisch und lebendig erhalten, bis sie sich allmählich trübte und dann erlosch. Das Aufzeichnen derselben und das hinlänglich wiederholte Abschreiben des Aufgezeichneten war nicht allgemein verbreitet, nicht genug im Gebrauch und Übung; daher fließen die Geschichtsquellen von damals außerordentlich dürftig. –
Von den rubrizierten (= katalogisierten, aufgezeichneten) Verfolgungen der damals bedeutendsten jüdischen Gemeinden waren kaum einige fragmentarische Berichte zu uns gelangt. Nur eine eigentlich interne Geschichtsquelle ist uns aufbewahrt geblieben, das ist die von Dr. Jellinek (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Jellinek) zum ersten Male (Leipzig 1854) edierte Konteros tatnu (Anmerkung 1) 'Bericht über die Leiden des Jahres 1096' von Elieser ben Nathan Halevi aus Köln (vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Eliezer_ben_Nathan). Da jedoch der Verfasser in Köln wohnte, so hat er über die dortige Verfolgung, deren Augenzeuge er war, ausführlicher berichtet als über die, welche in Speyer, Worms und Mainz stattgefunden hat. Hinsichtlich dieser Städte, die noch den ersten Anprall der vertierten Blutmenschen auszuhalten hatten, ist sein Bericht lückenhaft. Auch die Poetanen (Anmerkung 2) (Poeten), die in synagogalen Dichtungen die Leiden der Gemeinden und ihren darüber empfundenen tiefen Schmerz ausdrückten, konnten doch nur für ihren Zweck einzelne Züge aus der Reihe der Begebenheiten hervorheben, und da dieselben in ein poetisches Gewand gekleidet waren, so konnte der Leser oder Beter leicht versucht sein, in ihnen anstatt Wahrheit nur hyperbolische Redefiguren zu erblicken. – Unter diesen Umständen muss es uns willkommen sein, wenn hier und da noch irgendein altes Manuskript zum Vorschein kommt, das uns von Details Kunde bringt, die uns bis jetzt nicht bekannt waren, und die zur Berichtigung und Ergänzung der historischen Darstellung einen Beitrag liefern. Zu einem solchen bin ich dieser Tage gelangt. Dasselbe enthält in hebräischer Sprache einen ziemlich ausführlichen Bericht über die 1096, während des ersten Kreuzzuges in Speyer, Worms und Mainz, stattgefundenen schrecklichen Judenverfolgungen und ich fühle mich verpflichtet, denselben, ins Deutsche übertragen, in dieser geschätzten Zeitung der Öffentlichkeit zu übergeben. Dieses Manuskript befindet sich im Besitze der Großherzoglichen Hofbibliothek (Anmerkung 3) dahier. Vor kurzem hatte Herr Hofbibliothekar Dr. Maurer die Güte, mich darauf aufmerksam zu machen. Es bildet ein aus ungefähr 100 Pergamentblättern zusammengeheftetes Buch, im Quartformat; ohne Einband. Der Anfang, darunter das Titelblatt, fehlt. Es scheint durch einen Brand geschädigt worden zu sein. – Den Namen des Verfassers sowie die Zeit, wann er gelebt hat, habe ich bis jetzt noch nicht genau ermitteln können. – Die darin behandelten, verschiedenen Materien scheinen übrigens verschiedenen Verfassern (Anmerkung 4) zu verschiedenen Zeiten anzugehören. – Die ersten 11 Blätter enthalten scharfsinnige Dezisionen, verbunden mit kurzen Erörterungen über die jüdischen Trauergebräuche, wie diese nämlich in besondern Verhältnissen und Umständen anzuwenden seien; die folgenden 4 Blätter umfassen eine Betrachtung über den damals erwarteten Messias und den Krieg des Gog Magog (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gog_und_Magog) und daran schließt sich auf den nachfolgenden 4 Blättern der Bericht über die Verfolgungen während des ersten Kreuzzuges. Die auf diesen 19 Blättern angewandte und sich stets gleichbleibende Schriftart ist eine ganz eigentümlich aus mehreren Schriftarten zusammengesetzte. Manche Buchstaben haben die Form der Quadratschrift (vgl.  https://de.wikipedia.org/wiki/Quadratschrift  (ktaw meruba = Quadratschrift) , andere kommen der sogenannten Kurrentschrift (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Kurrentschrift) sehr nahe, bildeten vielleicht ehedem einen Übergang zu dieser. – Ich werde nun mit der Wiedergabe des Inhalts des Berichts beginnen; jedoch werde ich alle darin vorkommenden, wenn auch mit den stattgefundenen Gräueltaten entschuldbaren Ausdrücke übergehen.-
Im Jahre 1028 (Anmerkung 5) nach der Zerstörung des Tempels kamen Verhängnisse über Israel. Es erhoben sich nämlich in Frankreich Herren, Ritter, Grafen und Fürsten, und das gemeine Volk, und berieten sich zusammen und fassten den Entschluss, sich kämpfend Bahn zu machen und nach Jerusalem zu wallen, zum Grabe Christi. – Und sie sprachen zueinander: 'Seht, wir wagen unser Leben, um zu streiten mit Königen der Erde, und zu morden und zu zertrümmern solche Reiche, die nicht an Christus glauben – seht doch, da die Juden, die ihn gekreuzigt haben – entweder sie müssen sich zu ihm bekennen oder wir vertilgen sie von Kind bis Säugling.' (Anmerkung 6). Und sie hefteten das Zeichen des Kreuzes an ihre Kleider (Anmerkung 7) und setzten Helme auf. – Und als dies die Gemeinden in Frankreich hörten, wurden sie von Entsetzen ergriffen. Sie sandten sofort Boten mit Briefen an die Gemeinden in den Rheingegenden, dass sie noch fasten und den, der in der Höhe thront, bitten möchten, dass er sie     
Speyer AZJ 09051876b.jpg (376674 Byte)retten wolle aus der Hand ihrer Verfolger. Und als ein solches Schreiben bei den gottesfürchtigen berühmten Männern in Mainz (Anmerkung 8) anlangte, schrieben sie den jüdischen Gemeinden Frankreichs folgende Antwort: 'Alle Gemeinden (nämlich am Rhein) haben Fast- und Bußtage angeordnet. Wir tun das Unsrige. Gott möge Euch retten aus aller Not und Bedrängnis. Wir sind Euretwegen sehr in Ängsten. Was jedoch uns anbelangt, so haben wir kaum etwas von der Sache gehört.' (Anmerkung 9) Und als die Irrenden (Anmerkung 10)anfingen, hereinzukommen in dieses Land (Anmerkung 11), da verlangten sie Geld, um Brot zu kaufen. Wir gaben es ihnen. Wir dachten über uns nach - betrübten (Anmerkung 12) sie doch den König überall und lebten! All dies half uns aber nichts – unsere Sünden verursachten es - denn die Städter (Anmerkung 13) in jener Stadt, wohin die Irrenden kamen, reizten diese wider uns auf, standen ihnen bei, um Weinstock und Wurzel auf dem ganzen Wege bis Jerusalem auszurotten. – Als nun eine sehr große Schar der Irrenden angelangt war, da sprachen einige der Herren (Vorgesetzte, Ritter, Grafen etc.), welche in diesem Königreich sich befanden: 'Warum bleiben wir so müßig? Lasst uns mit ihnen ziehen! Denn ein Jeder, der diesen Weg geht und sich den Strapazen und Mühen der Reise unterwirft, um zum Grabe des Nazareners zu gelangen, ist zur Seligkeit im Paradiese bereit und bestimmt.' Und die versammelten sich, die Irrenden und sie (die Städter), sowohl Herren als gemeines Volk aus verschiedenen Provinzen, bis sie so viel als Sand am Meer waren, und ließen bekanntmachen: 'Wer einen Juden tötet, dessen Sünden sollen vergeben sein.' – Auch ein Pechach (Anmerkung 14) (Ritter, Graf, Bischof etc.) war da, der Dithmar (Anmerkung 15) hieß. Dieser sagte, er gehe nicht aus diesem Königreiche hinaus, bis er einen Juden getötet hat, nur dann werde er gehen seines Wegs. – Und es geschah als die Gemeinde zu Mainz dieses alles hörte, das schrien sie gewaltig zu Gott, verbrachten Tag und Nacht im Fasten und Beten, auch Klagelieder rezitierten sie, und dennoch hat sich Gottes Zorn nicht von uns gewandt. Vielmehr kamen die Irrenden mit ihren Zeichen herbei, stellten sich vor unsern Häusern auf, und erblickten sie einen von uns, liefen sie ihm nach und stachen ihn mit Spießen, sodass wir nicht mehr unsre Türschwelle zu überschreiten wagten. – Und es geschah am 8. des Monats Adar (Anmerkung 16), an einem Sabbath, da fing das schreckliche Verhängnis uns zu treffen an. Da standen nämlich die Irrenden und die Städter zuvörderst gegen die heiligen Männer der Gemeinde Speyer auf. Sie fassten den Entschluss, die Juden alle in der Synagoge zu ergreifen und als sie sahen, dass ihr Ratschluss vereitelt war, indem die Juden in der Frühe die Synagoge besucht, daselbst eilends gebetet und sie schnell verlassen hatten, da fielen sie über dieselben außerhalb der Synagoge her und töteten 11 Personen. Als aber der Hegemann (Anführer, Herr, Bischof) Johann (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_I._(Kraichgau)) es hörte, kam er mit Mannschaft herbei, um der Gemeinde Hilfe zu leisten. Viele Juden brachte er in seine Gemächer, um sie vor der Mörderbande zu schützen. Einige von den Städtern (Anmerkung 17) ließ er ergreifen und ihnen die Hand abhauen. Durch ihn hat uns Gott Rettung gebracht. Auch lebte daselbst ein Gemeindevorsteher: Rabbi Moses ben Jekuthiel. Dieser setzte sein Leben für seine Brüder ein und bewirkte, dass die zur Taufe Gezwungenen, welche noch hier und da im Königreiche Heinrichs vorhanden waren, zu ihrer Religion zurückkehrten. Und auf Anordnung des Königs hat der Bischof Johann sie in Burgen, feste Plätze gebracht, bis die Feinde Gottes vorüber waren. Daselbst fasteten, weinten und beteten sie stets; sie waren auch ihres Lebens überdrüssig; denn täglich sammelten sich ihre Feinde – und Emmichen (Anmerkung 18, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Emicho_(Kreuzfahrer)) war bei ihnen - um sie zu ergreifen und sie auszutilgen (Anmerkung 19)- Also durch von Bischof Johann, der keine Bestechung annahm, dessen Herz vielmehr Gott erfüllte – er war ein sehr frommer Mann – brachte Gott uns Rettung.
Anmerkungen des Einsenders
1) TTNW: Diese 4 hebräischen Buchstaben bedeuten als Zahlzeichen 856, d.h. das 856ste Jahr des fünften Jahrtausends nach Erschaffung der Welt, das ist 1096 n. Chr.
2) In der Klag- und Bußliedersammlug (Selichot) rührt die bekannte Selicha (hebräisch und deutsch:) 'Die Stimme ist Jakobs Stimme' von Kalonymos ben Jehuda (vgl.  https://de.wikipedia.org/wiki/Kalonymiden) her. Da es aber 2 Kalonymos ben Jehuda gab, einen in Mainz und einen in Speyer, so ist's nach Ansicht des Herrn Dr. Grätz zweifelhaft, wer von beiden der Verfasser dieser Selicha sei. Da aber in dem von mir entdeckten Manuskript der Mainzer Vorgänge solche eigentümlichen Bezeichnungen von Jammerszenen vorkommen, die sich wörtlich in der erwähnten Selicha wiederfinden, so ist es mir fast gewiss, dass Letztere die Klagetöne und Seufzer eines Leidensgenossen und Augenzeugen in Mainz enthält und einen solchen zu ihrem Urheber hat.
3) Die Großherzogliche Hofbibliothek (heute Stadtbibliothek Worms) dahier ist eine der größten Deutschlands. Ihre Verwaltung ist gegenwärtig unter der ein- und umsichtsvollen Direktion des Herrn Geheimrat Dr. Walter eine ausgezeichnete. Die Anschaffung neuer Werke wird allen Gebieten des Wissens, auch dem rabbinisch-talmudischen, gebührende Rechnung getragen.
4) Die Dezisionen können nicht früher als gegen das Ende des 13ten Jahrhunderts verfasst worden sein; denn ihr Verfasser zitiert außer anderen Autoritäten aus der Tosaphisten-Schule (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tosafot) auch den berühmten Rabbi Meier ben Baruch aus Rothenburg, bekannt unter dem Namen Maharam. Er führt nur seine mündlichen Aussprüche an und scheint ein Schüler von ihm gewesen zu sein. Rabbi Meiers Lehrhaus blühte aber erst in der zweiten Hälfte des 13ten Jahrhunderts; er wurde 1286 nach dem Schloss Ensisheim im Elsass gebracht, wo er in Gewahrsam blieb, bis er 1293 starb; seine Leiche wurde aber erst 1304 nach Worms gebracht und dort begraben. Bei Abfassung der Dezisionen war Rabbi Meïer schon gestorben, denn der Verfasser fügt bei dessen Namensnennung immer (Hebräisch) hinzu, womit man nur einen Toten ehrte. - Dass er das von Ascher ben Jechiel, Rabbiner zu Toledo (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ascher_ben_Jechiel) (starb 1327) verfasste Hauptwerk für talmudische Gesetzeskunde, bekannt unter dem Namen Rosch nicht kannte, geht daraus hervor, dass er ihn nie anführt, was jedoch nicht auffällig sein kann, wenn man erwägt, dass 50 Jahre nach dem Tode des  
Speyer AZJ 09051876c.jpg (385492 Byte)Rabbi Ascher, dessen Schriften noch etwas Seltenes in den Rheingegenden waren (Leopold Zunz: Zur Geschichte und Literatur, S. 211 Link zur Seite). – Der Verfasser der Betrachtung über den Messias kann spätestens, da er die Ankunft desselben noch vor Ablauf des 5ten Jahrtausends nach Erschaffung der Welt erwartete, im Anfange des 13ten Jahrhunderts gelebt haben. Wann der Verfasser des Berichts über die Verfolgungen gelebt hat, lässt sich nicht genau bestimmen.- Die Schrift dieser drei verschiedenen Geisteszeugnisse kann nur, da sie sicher vor einer und derselben Hand herrührt, entweder vom Verfasser der Dezisionen oder, was mir wahrscheinlicher ist, von einem Abschreiber (Kopisten) geschrieben worden sein.
5) Hier ist wieder ein Beispiel, dass im Mittelalter öfters nach der Tempelzerstörung gezählt wurde. Die Vermutung des Herrn Dr. Grätz (Geschichte der Israeliten, Band IV), dass das rätselhafte 2. Datum an der Synagoge zu Worms, welches die Erbauung derselben in das Jahr 946 verlegt, von der Zerstörung des Tempels an gerechnet wäre, ist demnach wohlbegründet.
6) Im Hebräischen ist dies ein bildlicher Ausdruck in der Bedeutung von Alles. In der Tat aber schonten die Unmenschen auch die Säuglinge nicht. In Schlossers Weltgeschichte Band V wird von den Kreuzfahrern, welche am 15. Juli 1099 Jerusalem eroberten, berichtet: 'Die ganze Nacht hindurch wurden die Moslemen gewürgt. Man metzelte alle Ungläubigen nieder und schonte nicht einmal die Säuglinge.'
7) Schti waErew habe ich mit Kreuz übersetzt. Wörtlich heißt Schti Aufzug (Zettel) und Erew heißt Durchschlag. Das Bild ist vom Gewebe hergenommen und bezeichnet etwas, das sich kreuzt. Talmud Chullin 109b (hebräisch und deutsch:) 'Er zerreißt es (das Herz) in Länge und Breite.'
8) Seit Anfang des elften Jahrhunderts wurde Mainz als der Sitz talmudischer Gelehrsamkeit angesehen. Diesen Ruf hatte es wesentlich den ausgezeichneten Leistungen des eine lange Reihe von Jahren daselbst in Wort und Schrift lehrenden Rabbi Gerschom ben Jehuda (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gerschom_ben_Jehuda) zu verdanken, den man die Leuchte des Exils nannte, um anzudeuten, wie viel man ihm zu verdanken habe. Die von ihm gegründete Talmudschule wurde auch von Raschi besucht. Von seinen Anordnungen, die zu allgemeinen Annahmen gelangten, waren 3 besonders wichtig: 1) die gänzliche Abschaffung der Polygamie, eine Verordnung, welche auch die mosaische Levirats-Ehe (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Levirat) berührte; 2) dass eine Frau ohne ihre Einwilligung der Scheidebrief (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Scheidebrief) nicht behändigt werden dürfe, und 3) das Briefgeheimnis, welches zu brechen bei Strafe des Bannes verboten war. Dies ist umso notwendiger gewesen, als damals die Briefe durch Boten übermittelt wurden.-
9) Diesen den Ereignissen vorangegangene und den damaligen Verhältnissen angemessene Briefwechsel zwischen Mainz und den bedrohten Gemeinden ist, meines Wissens, noch in keinem anderen Berichte erwähnt worden.
10) Hato'im Die Irrenden. So pflegten die Juden des Mittelalters die Kreuzritter zu nennen. Leopold Zunz, Zur Geschichte und Literatur, S. 182 (Link zur Seite), übersetzt 'die Herumirrenden', wahrscheinlich von ihrem unsteten Umherziehen. Mir scheint es aber, dass man dabei auch an ihre irrigen Ansichten und Neigungen dachte, daher übersetze ich 'die Irrenden'.
11) Damals begriff man unter dem Lande Lothringen auch noch die Gegenden des linken Rheinufers und die Gelehrten in Speyer, Worms und Mainz nannte man die Gelehrten Lothringens.
12) Die Stelle lautet: Awru et melech wechiu. Sie ist schwierig, scheint aber folgenden Sinn zu haben: Im damaligen heftigen Streit zwischen dem Papst Urban II. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Urban_II.) und König Heinrich IV von Deutschland (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_IV._(HRR)), haben solche gewiss das Kreuz nicht genommen, welche Letzterem treu gesinnt waren. Lag doch dem Papste bei seiner an die Völker ergangenen Aufforderung, einen Kreuzzug gegen die Sarazenen zu unternehmen, die offenbare Absicht am Herzen, die Völker unter päpstlicher Hierarchie zu vereinigen und dadurch die Macht des Königstums zu schwächen! - So finden wir denn auch, dass die ihm Jahre 1091 der jüdischen Gemeinde zu Speyer vom König Heinrich IV ausgestellte, den Juden höchst günstige Urkunde von der kreuzzüglerischen Schar verhöhnt und missachtet wurde.- Unsre Stelle will demnach fragen, sie konnten den König missachten, ohne das Leben zu verwirken.-
13) Ironim Stadtbewohner, Städter. Der Verfasser hat von Ir (= Stadt) ein Denominaticum gebildet, wie von Schilo - Schiloni. - Doch hat sich nur ein Teil der Städter mit den Kreuzzüglern verbunden, das räuberische Gesindel; die andern blieben gleichgültig oder standen öfters den Juden noch bei. Woher hätte denn der Bischof Johannsen die Mannschaft erhalten können, mit welcher er gegen die Angreifenden einschritt, als aus der Mitte der Städter?
14) Pächa heißt eigentlich Statthalter, der Verfasser scheint aber Ritter, Grafen etc. so benannt zu haben, wie sie meistens ihre Besitzungen zu Lehen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Lehnswesen) hatten, demnach als Statthalter angesehen werden konnten.
15) Die Geschichte der Kreuzzüge erzählt nichts von einem Dithmar, demungeachtet kann derselbe noch existiert und das getan haben was hier berichtet wird. Einen Adhemar von Puy (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Adhemar_de_Monteil) gab es, der zuerst auf der Versammlung zu Clermont das Gelübde des Kreuzes ablegte und könnte hier ein Schreibfehler eingeflossen sein. - Es ist merkwürdig, dass sowohl in diesem wie in manchem anderen jüdischen Berichte nichts von Peter von Amiens (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_der_Einsiedler) erwähnt wird. Sollte dies nicht, wenn auch nur eine sekundäre Bestätigung der Behauptung des Herrn Heinrich von Sybel in seiner Geschichte des ersten Kreuzzuges sein, dass nämlich die Erzählung, Peter von Amiens habe zuerst den Papst Urban II. und dann die Völker zur Unternehmung des Kreuzzuges aufgerufen, nur eine Sage sein, die der geschichtlichen Wahrheit entbehre? Man wollte die Askese verherrlichen und an dem Eremiten Peter zeigen, wessen sie gewürdigt werde und welche Taten sie zu vollbringen im Stande sei. – In Wahrheit aber sei es der Papst gewesen, der den Impuls zu diese großen Völkerbewegung gegeben habe. – Herr Dr. Grätz hat in seiner Geschichte der Juden (Band IV, S. 95) die gewöhnliche Meinung über Peter von Amiens beibehalten.
16) Hier steht bejom chet bechodesch adar bejom haschiwa, während nach Grätz im Berichte des Rabbiners Elieser Ijar steht (sc. zwei unterschiedliche Monatsangaben). Möglich, dass hier ein Schreibfehler vorhanden ist.
17) Nach Grätz waren es Wallbrüder, nach unserem Berichte aber Städter, die Bischof Johann bestrafen ließ. Die Angabe unseres Berichts ist wahrscheinlicher, indem über die Wallbrüder der Bischof schwerlich eine Jurisdiktion besessen hat.
18) Lehaschmid otam kann ebenso gut bedeuten: 'Sie zu töten', als durch Verlassen ihrer Religion sie aus der Gemeinde 'zu tilgen'.
19) Dieser Emmichen oder Emigo, Graf von Leiningen war ein gewissenloser, blutdürstiger Wüterich. (Fortsetzung folgt) .   

   
Fortsetzung des Beitrages von Moses Mannheimer (Teil 2)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Mai 1876: "(Fortsetzung)
Und es geschah, als in Worms die Nachricht angelangt, dass ein Teil der Speyer’schen Gemeinde getötet worden war, da schrien sie zu Gott und weinten bitterlich; denn sie sahen ein, dass vom Himmel ein böses Verhängnis über sie beschlossen, dem sie nicht ausweichen konnten, weder nach vorwärts noch nach rückwärts. Und die Gemeinde teilte sich in zwei Abteilungen: Die einen flohen zum Bischof (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_I._(Kraichgau)), in dessen Schlösser und Burgen, und die anderen blieben in ihren Häusern, vertrauend auf die Zusicherung der Städter, die zu ihnen gesagt hatten: 'Fürchtet Euch nicht vor ihnen (den Kreuzfahrern); denn wer einen von Euch tötet, der werde mit dem Leben bestraft.' Allein die Versicherungen der Städter waren Worte der List und Falschheit, geknicktem Rohre gleich, das die Hand beschädigt, die sich darauf stützt. Sie standen den Herumirrenden bei, um uns Namen und Überrest auszutilgen. Auch entfliehen ließen sie sie (die Jehudim = Juden) nicht; denn die Mitglieder (Anmerkung 1) der Gemeinde hatten ihnen ihr Gold zur Aufbewahrung gegeben, darum haben diese sie überliefert (gemeint: ausgeliefert; nämlich den Wallfahrern). –
Und es geschah am 10. Ijar (Anmerkung 2) = 5. Mai 1096, an einem Sonntag, da fassten sie listige Anschläge. Sie holten einen schon 30 Tage lang begrabenen Leichnam herbei, trugen ihn in der Stadt umher und riefen aus: 'Seht, was die Juden in unserer Nachbarschaft getan haben! Sie haben einen Christen im Wasser gebrüht und dasselbe in unsere Brunnen geschüttet, um uns zu töten.' Und als die Umherirrenden und Städter dies hörten, da erhoben sie einen gewaltigen Lärm, versammelten alle Waffentragenden und sprachen: 'Jetzt ist die Zeit gekommen, den zu rächen, den ihre Väter gekreuzigt haben. Nun soll keiner von ihnen übrig bleiben, selbst Säuglinge nicht in ihren Betten (Wiegen).' Und sie drangen in die Häuser und erschlugen die, welche sich darin befanden: Greise und Greisinnen, Jünglinge und Jungfrauen, sogar Knechte und Mägde. Alle ließen sich töten, zur Heiligung des göttlichen Namens, des furchtbaren und ewigerhabenen, der da herrscht in der Höhe und in der Tiefe. Er war und ist, ewiger Zebaoth ist sein Name. Er ist gekrönt mit den Regeln (Gesetzen) der 72 Namen (Anmerkung 3). Er schuf die Thora 974 Geschlechter (Zeitalter) vor der Erschaffung der Welt. Und 20 Geschlechter vergingen von der Erschaffung der Welt an bis auf Moses, den Vater der Propheten, durch welchen die heilige Thora uns geworden ist. Und dieser Moses war herbeigekommen und hat in dieselbe hineingeschrieben: 'Dem Ewigen hast du kundgetan, sein Volk bleiben zu wollen.' Auf ihn und seine heilige Thora wurden sie wie Ochsen geschlagen und auf öffentlichen Plätzen und in Straßen umhergeschleift, wie Schafe zur Schlachtbank geschleift werden. Sie lagen da nackt, denn sie (ihre Mörder) hatten sie entkleidet und nackt liegen lassen. -
Als nun die Übriggebliebenen ihre Brüder nackt und die Töchter Israels, die züchtigen und verschämten, nackt da liegen sahen, da sprachen einige von ihnen, der schrecklichen Not nachgebend: 'Lasst uns momentan ihren Willen tun (nämlich die Taufe annehmen), damit wir unsre Brüder begraben dürfen und unsre Kinder aus ihrer Hand retten.' Denn die Herumirrenden hatten die an geringer Zahl übriggebliebenen Kinder ergriffen, um sie zu nötigen, ihren Glauben anzunehmen; diese hatten es jedoch verweigert, blieben vielmehr Gott, ihrem Schöpfer, treu. Auch die übrigen in den Gemächern des Bischofs sich befindenden Gemeindemitglieder, darunter Häupter (Vorsteher) und Wohltäter sandten den (den Mörderhänden der Kreuzzügler) Entronnenen Kleider um die Getöteten zu bekleiden, und ließen ihnen den (zur Taufe) Gezwungenen (Anmerkung 4) Worte des Trostes sagen: 'Fürchtet Euch nicht und nehmet Euch das, was ihr getan, nicht zu Herzen, denn wenn uns der Heilige, gelobt sei er, aus der Hand unsrer Feinde rettet, so werden wir mit Euch sein im Leben und im Tode, weichet nur nicht vom Ewigen' (nämlich in Euerem Inneren). –
Und es geschah am 25. Ijar = 20. Mai 1096, da sprachen die Herumirrenden und die Städter: 'Seht, da sind noch die, welche in den Gemächern des Bischofs übriggeblieben, lasst uns auch an ihnen Rache nehmen!' Und es sammelten sich (Leute) aus den Dörfern in der Umgegend und die Herumirrenden und die Städter und belagerten sie und kämpften mit ihnen (den Juden), und es entbrannte ein heftiger gegenseitiger Kampf, bis jene die Gemächer erobert hatten, worin die Kinder des heiligen Bundes sich befanden. Und als diese einsahen, dass aus diesem Kampfe kein Entkommen möglich war, da erkannten sie das über sie vom Könige aller Könige verfügte Urteil als gerecht an und brachen Opfer der Frömmigkeit, indem sie sogar ihre Kinder ergriffen und schlachteten auf die Einheit des göttlichen Namens, mit ganzem Herzen. – Daselbst wurden die Besten der Gemeinde getötet. –
Und es befand sich daselbst (nämlich in den Räumen des bischöflichen Palastes) ein junger Mann, Rabbi Meschullam ben Isaak. Er rief allen Umstehenden sowie seiner Frau Zipporah (Anmerkung 5) mit erhobener Stimme zu: 'Höret mich an, ihr Großen und Kleinen! Diesen Sohn hat mir Gott gegeben, meine Frau Zipporah gebar ihn mir in ihrem vorgerückten Alter, er heißt Isaak. Jetzt will ich ihn zum Opfer bringen wie dereinst unser Vater Abraham getan mit seinem Sohne.' Aber Zipporah            
Worms AZJ 16051876b.jpg (414158 Byte)antwortete: 'Ach mein Herr, warte noch ein wenig, lege nicht deine Hand an den Knaben! Ich habe ihn in meinem vorgerückten Alter geboren und ihn großgezogen (mit einer Liebe) wie der Adler seine Jungen hegt und pflegt.' Er aber sprach: 'Ich zögere keinen Augenblick. Der ihn mir gegeben, nehme ich ihn als sein Teil zurück und bringe ihn in den Schoß unseres Vaters Abraham.' (Anmerkung 6). Und er nahm das Schlachtmesser und sprach die Benediktion des Schächters aus, worauf der Knabe laut sprach: Amen! und schächtete seinen Sohn. Hierauf ergriff er seine laut schreiende Frau, und sie gingen vereint aus dem Zimmer, und die Herumirrenden töteten sie.-
Und es befand sich daselbst (Worms) ein junger Mann, Isaak ben Daniel. Diesen fragten sie (die Kreuzfahrer): '´Willst du deinen Gott vertauschen?' Er antwortete: 'Fern sei es von mir, ihn zu verleugnen. Im Vertrauen auf ihn will ich mich stärken und dann ihm meine Seele übergeben.' Und sie banden um seinen Hals einen Strick, schleiften ihn damit im Gassenkot bis zur Kirche, und da seine Seele noch in seiner Höhlung (Anmerkung 7) (Innere) war, sprachen sie zu ihm: 'Noch kannst du dich retten. Willst Du deinen Gott vertauschen?' Er aber, der nicht mehr sprechen konnte, gab ein Zeichen mit seinen Fingern, andeutend: 'Schneidet mir den Kopf ab!' Und sie taten es. –
Und die Übrigen, nachdem sie täglich gefastet und schwach geworden, dass sie sich nicht zur Wehre setzen konnten, und nachdem sie ihre getöteten Hausgenossen und Freunde beweint hatten, übergaben sie ihr Leben, sprechend: 'Lasst uns fallen in die Hand Gottes und das große Licht im Jenseits schauen.' -
Noch ein junger Mann war daselbst, Rabbi Simcha Hakohen, Sohn unseres Meisters und Lehrers Isaak Hakohen. Dieser gab ihnen zur Antwort: 'Ich will Euer Verlangen tun, führt mich aber vorher zum Bischof.' Und sie taten es. Bis sie nun in der Wohnung des Bischofs ihn zu taufen begannen, zog er ein verborgen gehaltenes Messer hervor, erstach den Neffen des Bischofs, der unter ihnen tätig war, und noch zwei andere. Hierauf wurde er getötet. – Auch eine vornehme Frau befand sich daselbst, Minna. Sie hielt sich verborgen in einem Hause außerhalb der Stadt unter dem Erdboden. Da versammelten sich um sie herum alle Stadtleute und sprachen zu ihr: 'Siehe, du bist ein biederes Weib. Erkenne doch, dass Gott Euch nicht retten will, Euere Leute liegen tot auf der Straße, und niemand begräbt sie. Taufe dich!' – Sie fürchteten Hand an sie zu legen, weil die Fürsten des Landes und die Vornehmen der Stadt bei ihr einzukehren zu pflegten. – Sie aber antwortete: 'Fern sei es mir, meinen Gott zu verleugnen. Auf ihn und seine heilige Thora sollt Ihr mich töten, zögert nicht.' Und auch diese berühmte Frau wurde getötet. – Alle wurden daselbst getötet, sie haben sich auch selbst einander geschlachtet zur Heiligung des göttlichen Namens.
Anmerkungen des Einsenders
1) Manchmal bemerkt man im Manuskript offenbare Schreibfehler. Nach Rektifizierung lautet diese Stelle also: (Hebräisch) was ich dahin deute: viele Gemeindemitglieder haben ihr Geld den Städtern, ihren Versprechungen vertrauend, zur Aufbewahrung übergeben, um es gegen Raubgesindel zu sichern; aber bei der schlichten Gesinnung der Städter diente dieser Umstand gerade dazu, dass sie dieselben desto eher den Kreuzfahrern zur Niedermetzelung überlieferten, weil sie dadurch enthoben waren, das Geld wieder herauszugeben. – Höchstwahrscheinlich ist’s, dass nicht alle Städter solche schlechte Gesinnung teilten, und wenn der Verfasser unter denselben keinen Unterschied setzt, so mag dies ebenso wohl an der Ungenauigkeit der mündlichen Überlieferung liegen, die ihm geworden, wie der schriftlichen Aufzeichnung, die er uns mitteilt. Die hebräische Sprache hat auch Mangel an positiven Fürwörtern wie einige, etliche, manche etc., darum bedient er sich kurzweg des persönlichen Fürworts in der dritten Person 'sie', ohne dass er gerade alle darunter verstanden wissen wollte. Die Solidarität in Beurteilung der Nichtisraeliten ist ohnehin dem Judentume fremd, wie im Talmud Beispiele zeigen. Andererseits steht die Relation dieses Manuskripts im Widerspruch mit der Behauptung des Herrn Dr. Grätz (Geschichte der Juden, Band IV, S. 247): 'Endlich waren die Bürger und der Rat ganz unschuldig an dem Gemetzel der Wormser Gemeinde beim ersten Kreuzzug. Ihre Henker waren lediglich die Kreuzzügler und der Bischof.' -
2) Die Tagesdaten stimmen mit Rabbi Elieser ben Nathan nicht überein.
3) Bekanntlich eine Vorstellung der jüdischen Mystik, Kabbalah. Neben dieser finden wir in dem Berichte dieses Martyriums Züge einer jüdischen Askese: Tag und Nacht, fasten, sich kasteien, beten etc.; die übrigens in den Büchern der heiligen Schrift ihr Vorbild findet, und in Zeiten der Gefahr und des Schreckens so natürlich ist, vgl. Joel 1,14. 2,15.17. Jona 3, 5.7.8. Esther 4, 3.16. und von anderen Stellen.
4) (Hebräisch:) Zur Taufe Gezwungenen. Später, als sich der kreuzzüglerische Schwarm verzogen hatte, beanstandeten fromme Israeliten, die als ihre Brüder anzusehen, welche sich aus Todesfurcht hatten taufen lassen, obgleich sie sofort wieder zum Judentume zurückgekehrt waren. Als dies Raschi (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Raschi) zu Ohren kam, sprach er sich entschieden dagegen aus: 'Ferne sei es von uns, uns von den Zurückgekehrten abzusondern. Nur aus Furcht vor gewissem Tode haben sie es getan (sich getauft), sind aber sofort wieder zu uns zurückgekehrt.' Nicht lange nachher starb Raschi, 13. Juli 1105. – Um uns zu zeigen, warum die Israeliten ein unbezwingliches Entsetzen vor dem damaligen Christentum und der Taufe empfunden haben, verweisen wir auf Grätz (Geschichte der Juden, Band VI, S. 103).
5) Ulemarat Zipora tiomato Wörtlich: Und der Gebieterin (Herrin) Zippora, seiner Schwester. Also bezeichnet Rabbi Meschullam seine Frau, die er sogleich Ischti (= meine Frau) nennt. Bekanntlich wird in jüdischen Schriften seit uralter Zeit der Frau das Epitheton (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epitheton)  (Marta, Marat) (chaldäisch) Herrin, Gebieterin beigelegt, als Beweis, in welcher hohen Achtung die Frauen im Judentum standen. Hier wird dieselbe aber auch noch als Ausdruck inniger Zärtlichkeit Tiomata (chaldäisch) Zwillingsschwester, Schwester genannt.
6) Der Israelite drückt bei der Erfüllung irgendeines Gebots seinen Dank gegen Gott aus, dass er ihn dazu gewürdigt und berufen hat. – Der hier erzählte Vorfall ist so der biblischen Erzählung von der Opferung nachgebildet und so drastisch dargestellt, dass wir an der Wahrheit des Faktums zweifeln müssten, wäre es nicht so anderwärts verbürgt. Zunz (Der synagogale Ritus, S. 20) zählt, unter den namhaften Wormser Märtyrern: 'Zippora, eine alte Frau und ihr Sohn Isaak', doch fehlen ihr Mann und alle Lebensumstände.
7) Die Konstruktion veranlasste mich, das Wort täläd nicht 'Leben oder Lebenszeit' zu übersetzen, sondern nach dem Chaldäischen 'Höhlung'.
(Fortsetzung folgt)
Worterklärungen: Herumirrende - Kreuzzügler; Kreuzfahrer – Kreuzzügler; Wallfahrer – Kreuzzügler, auf dem Weg nach Jerusalem.   
    

  
Fortsetzung des Beitrages von Moses Mannheimer (Teil 3)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Mai 1876: "Fortsetzung (Teil 3 / Schluss).  
Und es geschah, als die frommen Männer der heiligen Gemeinde zu Mainz hörten, dass ein Teil der Gemeinde Speyer und die ganze Gemeinde Worms getötet worden, schmolz ihnen das Herz zu Wasser, und sie schrien zu Gott: 'O, Ewiger, willst Du dem Reste Israels ein Ende machen?' Und es traten zusammen die Führer der Gemeinde Speyer und begaben sich zu dem Bischof und seinen Beamten und sprachen: 'Was sollen wir Juden unter diesen Umständen tun?' Diese antworteten: 'Höret unsern Rat! Bringet all Euer Geld in unsere Schatzkammern zur Aufbewahrung und Ihr, Eure Weiber und Kinder, begebet Euch in den Hofraum des Bischofs, da könnet Ihr gerettet werden.' Dies (Anmerkung 1) rieten sie, um uns wie Fische im Netze auf einmal zu fangen und zu ergreifen.- Der Bischof hat auch wirklich seine Beamten und Diener, sowie Fürsten, Ritter, Herren, Befehlshaber und Vornehme des Landes versammelt, um uns zu helfen und uns zu retten vor den Herumirrenden, denn anfänglich war dies wirklich keine Absicht, aber am Ende wurde es schlecht. (Anmerkung 2). –
Eines Tages kam in den Straßen eine Christin einhergegangen und führte eine Gans mit sich, die sie von damals an, da dieselbe noch ein Küklein war, großgezogen hatte, und die gewöhnt war, überall hin ihr zu folgen. Sie redete alle Vorübergehenden an: 'Sehet, die Gans verstand, dass ich sagte, ich wolle zur Kirche gehen.' Und alsbald versammelten sich um uns die Herumirrenden (Kreuzzügler) und die Städter und sprachen: 'Wo ist Euer Ruhm? (Anmerkung 3) Wie könnt Ihr Euch retten? Sehet, was Christus diesen Gänsen tut.' (Anmerkung 4) Und sie kamen mit Schwertern und Lanzen herzu, um uns zu töten, allein ein Teil der Städter trat dazwischen und litt es nicht.-
Zu selbiger Zeit mordeten sie in der Umgegend des Rheines, weil sie einen von den Herumirrenden erschlagen hatten, indem sie sprachen: 'All dieses haben sie den Juden getan.' Und es fehlte wenig, so wären wir alle umgekommen. Und als die frommen Männer der Gemeinde es erfuhren, redeten sie mit ihnen harte Worte (dies könnte veranlassen, Anmerkung 5) über uns herzufallen. Und als sie ihre Worte hörten, sprachen sie: 'O, stürben wir doch durch die Hand Gottes und nicht durch die seiner Feinde.' – Und sie ließen ihre Häuser öde und leer stehen, gingen auch nicht zur Synagoge außer am Sabbat, dies war der letzte Sabbat, der nächste zu unserem Verhängnisse. Nur wenige Leute gingen hinein zu beten. – Rabbi Isaak ben Jehuda war dabei – sie weinten jämmerlich.
Und es befand sich daselbst (Mainz) ein scharfsinniger gelehrter Jünger, Rabbi Baruch ben Isaak. Er sprach zu uns: 'Unser Verhängnis ist unabwendbar. Denn ich und mein Schwäher (Schwager) Jehuda - - die Seelen, die hier gebetet hatten mit lauter Stimme wie Weinen, und wie wir die Stimmen hörten, glaubten wir, vielleicht seien einige Gemeindemitglieder aus dem Hofe des Bischofs hinweg und in der Mitte der Nacht in die Synagoge gegangen, um da in Not und Herzenskummer zu beten. Wir liefen an die Synagogentüre und sie war verschlossen. Die Stimmen hörten wir, schauten aber nichts. Da kehrten wir zurück in das Haus, welches nahe bei der Synagoge war.' –
Und als wir diese Worte hörten, fielen wir auf unser Antlitz zur Erde und sprachen: 'Willst Du, Ewiger, dem Reste Israels ein Ende machen?' Und sie gingen hin und erzählten ihre Begegnisse auch ihren Brüdern im Hofe des Statthalters und im Hofe des Bischofs. Und auch sie weinten sehr (Anmerkung 6).-
Und es geschah am 1. Siwan (= 25. Mai 1096), da kam Emicho (Anmerkung 7, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Emicho_(Kreuzfahrer)), der Bösewicht mit einem großen Heere aus Herumirrenden und gemeinem Volke bestehend, vor der Stadt      
Mainz AZJ 23051876b.jpg (360732 Byte)an. Auch er wollte zum Grabe Christi gehen (sc. nach Jerusalem). Er war unser grausamster Feind, ein Wütrich, der weder den Greis noch den Säugling und den Kranken verschonte, Alle tötete. – Und sie lagerten außerhalb der Stadt zwei Tage lang.
Da sprachen die Häupter der Gemeinde: 'Wir wollen ihm (Emicho) Geld senden und durch ihn an die Gemeinden schreiben, dass sie ihn gut aufnehmen möchten, vielleicht hilft dieses.'- Sie hatten bereits zwecklos gegen 400 Halbe (Anmerkung 8) (vielleicht halbe Golddenare) an den Bischof, Statthalter, an die Beamten und Städter verschenkt gehabt. –
Und es geschah am 3. Siwan (27. Mai 1096) mittags, da rückte der Bösewicht Emicho mit seinem Heere gegen die Stadt heran, und die Städter öffneten ihm die Tore. Und es sprachen die Feinde Gottes, einer zu andern: 'Sehet, die Tore sind von selbst aufgegangen, das hat Christus getan, um Rache an den Juden nehmen zu können.' Und sie zogen mit ihren Fahnen vor das Tor des bischöflichen Palastes, worin die Juden versammelt waren. Und als die heiligen Männer die große Menge erblickten, stärkten sie sich im Vertrauen auf Gott und Bewaffneten sich von groß bis klein und Rabbi Kalonymos ben Meschullam (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Kalonymiden) stand an ihrer Spitze. Daselbst war auch ein Chassid, einer der größten des Zeitalters, Rabbi Menachem (Anmerkung 10) ben Rabana, Rabbi David Halevi. Dieser sprach: 'Ganze Gemeinde! Heiliget den Namen Gottes, des ehrfurchtsvollen! Eure Väter sprachen um diese Zeit (der Gesetzgebung auf Sinai): 'Wir wollten vollbringen und gehorchen.' Und sie riefen laut aus: 'Höre Israel, der Ewige, unser Gott ist einzigeinig.' (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schma_Jisrael) -
Und (Anmerkung 11) sie (die Juden) näherten sich dem Tore und kämpften daselbst mit den Herumirrenden und den Städtern; aber die Sünden verursachten, dass die Feinde siegten und das Tor eroberten. Und die Leute des Bischofs, welche den Juden versichert hatten, ihnen Beistand zu leisten, waren die ersten, welche die Flucht ergriffen, sie waren unzuverlässig. Da drangen denn die Feinde in das Tor und erschlugen alle, die nur finden konnten, darunter auch Rabbi) Isaak ben Moses. – Nur 53 Personen (Anmerkung 12), darunter auch Kalonymos, flohen durch die Gemächer des 13
Bischofs, bis sie in ein langes Gemach kamen, das man Schinger (Anmerkung 13) hieß, woselbst sie blieben.
Und als die Juden sahen, dass Rettung unmöglich sei, schrien sie: 'Auf, lasset uns nicht zögern, die Feinde sind gleich da, lasset uns uns selbst opfern vor unsrem Vater im Himmel! Wer ein Schlachtmesser hat, komme und schlachte uns zur Heiligung des Namens des Einen-Einzigen; alsdann durchbohrte er sich selbst. Und sie schlachteten sich gegenseitig. Männer schlachteten ihre Frauen und Kinder. Manche Frauen warfen den Feinden Geld zu, um sie so lange aufzuhalten, bis sie ihre Kinder geschlachtet hätten. Zärtliche Mütter erwürgten ihre Kinder und zeigten deren Gesichter den Feinden. Jünglinge und Jungfrauen schauten durch die Fenster und riefen den Feinden zu: 'Sehet, was wir tun, um unsere Gottheit nicht vertauschen zu müssen.' - Und die Geschlachteten und die Sichselbstentleibten lagen in den Zimmern in langen Reihen, und das Blut strömte zu den Zimmern hinaus. Und als die Feinde die Türen zerbrochen hatten und in dieselben eindrangen und die Juden sich im Blute wälzend fanden, da zogen sie ihnen die Kleider aus, nahmen deren Geld und schlugen die noch Übriggebliebenen tot.
Nur ein Zimmer widerstand durch seine Festigkeit ihren Angriffen bis gegen Abend. Als nun die Heiligen (Anmerkung 14) daselbst sahen, dass die Feinde stärker als sie waren, da rafften sich die Männer und Frauen auf, schlachteten zuerst ihre Kinder, dann sich gegenseitig. Und es warfen Frauen Steine durch die Fenster auf die Feinde, und diese schleuderten Steine auf sie, sodass diesen Gesicht und Leib zerfleischt wurden. Darunter befand sich auch eine sehr geachtete Frau, Rachel, Tochter der Rabbi Isaak ben Ascher (vgl. http://www.jewishencyclopedia.com/articles/8158-isaac-ben-asher-ha-l). Sie sprach zu ihrer Freundin: 'Ich habe vier Kinder. Auch sie sollt Ihr nicht verschonen, damit sie nicht im Irrtum erzogen werden.' Ein Schlachtmesser wurde von einer Freundin herbeigeholt und die vier Kinder, zwei Söhne, Aaron und Isaak und zwei Töchter, Bella und Matrone (Anmerkung 15), wurden geschlachtet. Und die Herumirrenden, die sie bei ihren Kindern sitzen, klagen und weinen fanden, erschlugen auch sie (Anmerkung 16). Hierauf warfen sie alle Ermordeten, Geschlachteten, Sichselbstentleibten aus den Fenstern hinaus. Das taten sie in allen Gemächern.
Und es entstanden viele Haufen von Leichnamen, so hoch wie Berge (Anmerkung 17). Und unter den zu den Fenstern Hinausgeworfenen waren manche, welche noch Leben in sich hatten. Sie winkten mit ihren Fingern: 'Gebet uns Wasser!' Aber die Herumirrenden, die dies merkten, fragten sie: 'Wollt Ihr euch taufen?' Und da sie es mit Kopfschütteln verneinten und ihre Augen zum Himmel aufschlugen, wurden sie vollends getötet. –
Nachdem dies vorüber war, gingen die Herumirrenden mit ihren Fahnen in den Hof des Statthalters, das ist der Burggraf (Anmerkung 18), wo der übrige Teil der Gemeinde war. Und sie eroberten den Eingang des Hofes, kämpften mit ihnen und erschlugen auch sie. Daselbst war ein Mann, Mar Chelbo ben Moses. Dieser sagte zu seinen zwei Söhnen: 'Nun ist das Paradies und auch die Hölle offen, wählet!' Und sie wählten Ersteres. Hierauf wurden sie samt ihrem Vater erschlagen. Auch eine Thorarolle fanden die Herumirrenden in einem Zimmer daselbst, und sie zerrissen sie in Stücke. Da hoben Männer und Frauen zu klagen und zu jammern an. 'Wie ist doch die heilige Thora, die wir in der Synagoge so hoch verehrt haben, jetzt zu Schanden geworden!' Und Rabbi David ben Rabana Menachem sprach: 'Zerreisset Eure Kleider wegen der heiligen Thora.' Und sie taten also. Und gerade fanden sie einen Herumirrenden in irgendeinem Zimmer und steinigten ihn. Da bestiegen die Herumirrenden und die Städter den Söller (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Söller) und schossen mit Pfeilen auf die dort sich befindenden Juden und stachen sie mit Lanzen. Da war ein Mann, Max Jakob ben Sulam, dessen Mutter keine Jüdin war, Auch er entleibte sich, um dem    
Mainz AZJ 23051876c.jpg (404354 Byte)Ewigen treu zu bleiben. Ebenso tat ein Greis, Rabbi Samuel ben Mordchai.
Hierauf zogen die Herumirrenden und Städter in die Stadt, in den Hof eines Geistlichen. Dort hatte sich der Gemeindeeinnehmer, Max David ben Nathaniel versteckt, er, seine Frau und Kinder. Der Geistliche sprach zu ihm: 'Siehe, von den Juden sind nur die übriggeblieben, die die Taufe angenommen haben. Taufe dich und du bist gerettet.' Er erwiderte: 'Geh hin und sage den Herumirrenden, sie möchten daherkommen.' Er tat es, und mehrere Tausende versammelten sich um das Haus. Da rief ihnen Max David zu: 'Ich vertraue auf den Ewigen. Wenn ihr mich getötet habt, so wird meine Seele im Paradiese ruhen, ihr aber werdet in die Hölle fahren.' Und sie töteten ihn und alle seine Angehörigen. –
Ebenso verfuhren sie mit einem andern Manne, der in seinem Hause geblieben war, Rabbi Salomon ben Naamon. Als er ihr Verlangen, sich taufen zu lassen, verneinte, erschlugen sie ihn und seine Angehörigen. -
Ich habe hier einige Männer mit Namen (Anmerkung 19) angegeben. Was hingegen andere Gemeindeglieder, insbesondere die Führer der Gemeinde für die Einheit des Königs aller Könige gesprochen und gewirkt haben, wie Rabbi Akiba (Anmerkung 20, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rabbi_Akiba) einst getan, ist mir nicht näher bekannt geworden. – Gott erlöse uns von dieser Trübsal.

Anmerkungen des Einsenders:
1) Diese Absicht scheint wenigstens bei dem Bischof nicht vorhanden gewesen zu sein, wie dies aus den nachfolgenden Worten hervorgeht
2) (Hebräisch), eigentlich heißt es: Und zuletzt wurde er sauer; allein wir finden den Ausdruck schon im Talmud rosch haschana 3 b bildlich in der Bedeutung von 'schlecht' gebraucht. – Über das Verhalten des Bischofs Ruthart (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ruthard_(Mainz)) sind die Meinungen geteilt. Die einen beschuldigen ihn, den Überfall begünstigt und am Raube teilgenommen zu haben, während die andern ihn von aller Schuld freisprechen. Der Verfasser des vorliegenden Berichts scheint das Richtige mitgeteilt zu haben. 'Anfänglich hatte er den Willen, uns zu retten, zuletzt wurde er 'schlecht'. Dass er die Absicht hatte, sie zu retten, beweist die Mannschaft, die er zur Beschützung der in seinem Hofraume sich befindenden Juden aufgeboten hatte. Als aber dieselbe zu schwach war, der großen Masse der Kreuzfahrer Widerstand zu leisten, und als die Juden allesamt teils durch die Kreuzfahrer, teils durch Selbstentleibung umgekommen waren, wollte er ihre Schätze nicht ganz den bluttriefenden Händen des kreuzzüglerischen Gesindels überlassen. Er nahm teil am Raube und wurde deshalb später von Heinrich IV. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_IV._(HRR)) zur Rechenschaft gezogen.
3) (Hebräisch) Ruhm, es könnte jedoch auch ein im Talmud vorkommendes chaldäisches Wort (Chaldäisch) sein und Gewinn, Vorteil bedeuten.
4) Man müsste solchen Blödsinn für ein Märchen halten, fände er sich nicht anderwärts bestätigt. Grätz (Geschichte der Juden, Band IV, S. 162) erzählt von den Wallfahrern unter den französischen Ritter, Wilhelm der Zimmermann: 'Sie hatten eine Gans und einige Ziegen, die sie vor sich gehen ließen, und von denen sie glaubten, sie seien vom heiligen Geiste angehaucht und würden ihnen den Weg nach Jerusalem zeigen.'
5) Das Eingeklammerte habe ich suppliert. Der ganze Absatz ist dunkel. Man weiß selten, wer das Subjekt der Handlung ist.
6) Die hier erzählte Begebenheit ist sehr dunkel. Meines Erachtens soll sie den Gedanken darstellen, man habe mitten in der Nacht eine weinerlich-betende Stimme von abgeschiedenen Seelen vernommen, und dies habe man als ein böses Omen angesehen.-
7) Dass dieser Emicho, Graf von Leiningen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Leiningen_(Adelsgeschlecht)), ein Bösewicht war, bezeugen die Historiker. Schlosser, (Weltgeschichte, Band 5) nennt ihn roh, gewalttätig; H. von Sybel (a.a.O. S. 245) nennt ihn grausam, tyrannisch und Grätz (a.a.O. S. 105) gewissenlos, blutrünstig. Dieser Graf Emicho hauste in der Gegend von Mainz. Der Auswurf der englischen, flandrischen, französischen und lothringischen Völker versammelte sich daselbst unter seiner Anführung, sodass seine Schar auf 14.000 Kreuzfahrer anwuchs. Auch Wilhelm der Zimmermann, Vicomte von Melun (vgl. https://www.geni.com/people/Guillaume-de-Melun-Vicomte-de-Melun/6000000002248212482), dieser rohe, gewalttätige Mensch, der durch Plünderung französischer Bauern sich die Mittel zum Zuge erworben hatte, war zu Emicho gestoßen. Dieser Emicho soll auch derjenige gewesen sein, welcher den Plan zur Vertilgung der Juden zuerst entworfen und als zündenden Funken unter die verwilderten Kreuzscharern geschleudert habe.
8) Im Manuskript heißt es (Hebräisch), worunter ich 400 Golddenare (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Denarius) verstand, weil diese Münzsorte seit den Karolingern (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Karolinger) stark im Umlauf war.
9) Dieser Meschullam ist wahrscheinlich der bekannte fruchtbare Pajetan, der zu den Lehrern Raschis gezählt wird.
10) Dieser Menachem könnte vielleicht der in Tosaphot vorkommende sein, doch ist dies hier ungewiss. Sein Vater Rabbi David Halevi ist der Verfasser der bekannten Selicha (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Slichot) Adonai elohai rabbat zeraruni, welche die Kreuzzugsschrecken zum Thema hat.
11) Der Verfasser unterbricht hier häufig die Erzählung von dem Geschehen mit dem Ausdrucke des tiefsten Schmerze, den sein Herz empfindet, und mit Worten des Trostes, die er den Märtyrern in den Mund legt. Er beklagt es, dass mit der Hinschlachtung so vieler frommer und gelehrter Männer der Glanz des Torastudiums sich verdunkelt habe; Demut, Frömmigkeit und echte Wohltätigkeit geschwunden seien. 'Sonne und Mond, ruft er aus, warum habt Ihr Euer Licht nicht entzogen denen, die den Namen Israels austilgen wollten?' Die Märtyrer lässt er sagen: 'Wir vertauschen dieses Leben der Not, Finsternis und Vergänglichkeit mit dem Leben der Freude, des Lichtes und der Ewigkeit. Sein Stil erinnert an die Dichter der Buß- und Klagelieder (Selichot weKinot). Des Zusammenhanges und der Abkürzung willen, habe ich diese eingefügten elegischen Stücke weggelassen.
12) Elieser ben Nathan berichtet in seinem Martyrologium, in dem Schatzhause des Doms (Bebait HaOzar schäl tehom) hätten sich an diesem Tage 60 Personen gerettet, die vom Bischof nach dem Rheingau gebracht, aber später auch von den Feinden erschlagen worden wären.
13) Dieses Wort (Schingir) war mir unerklärlich.
14) Dieser Ausdruck ist antizipatorisch zu fassen, denn erst in der Folge pflegt man die Märtyrer Heilige zu nennen, gegen den Geist des Judentums, das nur Einen als heilig anerkennt, das ist Gott.     
Mainz AZJ 23051876d.jpg (80374 Byte)15) Im Manuskript heißt es (Hebräisch), was ich nicht anders als Matrone deuten kann. Matrone ist ein bei Jüdinnen im Mittelalter häufig vorkommender Name.
16) Unser Martyrologe hat diese Schlachtszene so drastisch dargestellt, dass sie auf den Leser einen erschütternden Eindruck zu machen nicht verfehlt. Bei der Übersetzung habe ich krasse Nebenumstände beiseite gelassen.
17) Nach dem Berichte des zeitgenössischen Rabbi Elieser betrug in Mainz die Gesamtsumme der Getöteten und Selbstentleibten 1.300 Personen.
18) Im Manuskript (Hebräisch). Burggravo ist Altdeutsch und bedeutet: Burggraf, Stadthauptmann, Stadtrichter. (Pacha) heißt in biblischem Gebrauch: Statthalter (Pascha) ist aber hier in dem näher bezeichneten Sinn zu nehmen. – Im Mittelalter sind manche Burggrafen in Stadtgrafen (comites urbis) übergegangen. – Die Vorgänge bei dem Statthalter sind neue Details, die bisher unbekannt waren. Einen Söller, worauf Juden waren, gegen welche die Kreuzfahrer mit Pfeilen und Lanzen zuerst kämpften und sie endlich alle getötet haben, kennt wohl Albertus Aquensis, nicht aber Rabbi Elieser ben Nathan.
19) Die hier besonders hervorgehobenen Namen stimmen mehrenteils mit denen überein, die auch bei Rabbi Elieser ben Nathan vorkommen.
20) Anspielung auf Rabbi Akiba, den um 130 n. Chr. Rufus unter grausamen Martern hat hinrichten lassen und der seinen Geist aushauchte, mit dem Bekenntnis: 'Höre Israel, der Ewige, unser Gott ist einzig-einig.' - "  

       
Zur Geschichte der Juden von Worms und Speyer (Artikel von 1897)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1897: "Zur Geschichte der Juden von Worms und Speyer. Von Samson Rotschild – Worms.   
Es ist das überaus große Verdienst des Baseler Professors, Dr. Heinrich Boos (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Boos), dass er das hiesige städtische Archiv, welches lange Jahr sehr im Argen gelegen, auf Veranlassung des Freiherrn v. Heyl zu Hernsheim (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heyl_zu_Herrnsheim und http://www.alemannia-judaica.de/herrnsheim_synagoge.htm) in vortrefflicher Weise geordnet hat. Nachdem die Ordnung des Archivs im Wesentlichen 1883 vollendet war, bearbeitete Professor Boos die Wormser Geschichtsquellen in drei Bänden. Sein neuestes Werk, das vor kurzem erschienen ist, trägt den Titel: 'Geschichte der rheinischen Städtekultur von den Anfängen bis zur Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung von Worms.' Freiherr v. Heyl hat das großartig ausgestattete Werk in einer beschränkten Anzahl von Exemplaren drucken lassen. Es ist selbstverständlich, dass ein Verfasser, welcher die Geschichte von ehemals hervorragenden Städten wissenschaftlich zu behandeln hat, nicht gleichgültig an den alten Dokumenten der jüdischen Gemeinde vorbeigehen kann.
Ebenso selbstverständlich ist es, dass er hierbei sein Hauptaugenmerk der jüdischen Gemeinde von Worms und Speyer zuwendet. Dies hat der geniale Professor in so gründlicher und objektiver Weise getan, dass es sicher für viele Ihrer Leser von Interesse sein dürfte, Näheres zu erfahren.
Nachdem Boos das berühmte Privileg von Heinrich IV. (1056 -1106) (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_IV._(HRR)) für Worms bespricht, sagt er: 'Höchst bedeutsam ist es, dass als Nutznießer der Zollfreiheit die Juden in erster Linie von den übrigen Einwohnern von Worms genannt werden.' (Judaei et coeteri Vuormatienses). Nicht ohne Grund. Denn die Juden bildeten ein wichtiges, ja unentbehrliches Element der damaligen städtischen Bevölkerung. Sie vor Allen waren Kaufleute und werden als solche ebenfalls in dem Privileg Kaiser Ottos des I. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_I._(HRR)) für Magdeburg vom 9. Juli 965 den christlichen Kaufleuten vorangestellt. Im zehnten Jahrhundert galten Jude und Kaufmann als synonyme Begriffe.'
Nachdem Boos über das Verhältnis des jüdischen und christlichen Kaufmanns, über die soziale und geschäftliche Stellung der Juden spricht, fährt er wie folgt fort: 'In den rheinischen Städten finden wir die Juden schon sehr früh. Bereits für das Jahr 321 ist die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Köln bezeugt. Im Anfang des 11. Jahrhunderts besuchten die Juden von Mainz und Worms die Kölner Messe. Der christlichen Sage nach sollten Juden schon vor der Geburt des Stifters der christlichen Religion in Worms gewohnt und ihre Glaubensgenossen in Jerusalem von der Kreuzigung, von der sie glaubten, dass sie durch Juden stattfand, abgemahnt haben. Darum das Sprichwort: 'Wormser Juden, fromme Juden.' Einzelnen Inschriften auf dem jüdischen Friedhofe vor dem St. Andreastor in Worms wird ein hohes Alter zugeschrieben. Wie dem auch sei, jedenfalls beweist die im romanischen Stil monumental erbaute Synagoge, dass in Worms eine große Judengemeinde bestanden hat. Laut einer hebräischen Inschrift wurde die Synagoge oder die Judenschule 1060 vollendet; urkundlich wird sie erst seit 1290 erwähnt, auch stammt der jetzige Bau erst aus dem 13. Jahrhundert, der Frauenbau, der 1349 verbrannt sein soll, erst aus der gotischen Bauperiode und die Raschikapelle ist noch späteren Datums.
Wie es im Mittelalter allgemein üblich war, wohnten die Juden in einem Quartier, oder einer Gasse zusammen, und zwar in Worms in der Pfarrgemeinde St. Paul. Damit der Pfarrer in St. Ruprecht in seinen Einnahmen nicht verkürzt wurde, mussten die Juden wie die Christen Stolgebühren (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Stolgebühr) bezahlen. Schon im Jahr 1080 wird die Porta Judaeorum erwähnt, also darf man das Zusammenwohnen der Juden nicht als eine Folge des Judenmordes (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Emicho_(Kreuzfahrer)) des Jahres 1096 ansehen. Wir wissen ja, dass die Friesen, dass die Welschen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Welsche) etc. ebenfalls abgesondert in eigenen Quartieren wohnten. Bei den Juden war das Zusammenwohnen durch ihre religiöse Stellung bedingt. Ganz besonders lehrreich ist die Urkunde, die Bischof Rüdiger (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rüdiger_Huzmann) 1084 zu Gunsten der Juden ausstellte. Aus früheren Urkunden ist uns bekannt, dass außerhalb der ummauerten Altstadt Speyer ein Dorf lag, das zum Gerichtsbezirk der Stadt gehörte. Hier hatten sich, wie zu Straßburg und Köln, Kaufleute, darunter auch Juden, niedergelassen. Der genannte Bischof Rüdiger, der auch den Namen Huzmann führte, erklärte nun, dass er aus diesem Dorfe eine Stadt machen wolle, und dass er in dieser Vorstadt die Juden ansiedle. Damit sie aber nicht durch die Unverschämtheit des Pöbels gestört werden, will er sie mit einer Mauer umgeben! Das Land zu dieser Ansiedlung hat der Bischof teils              
Worms Israelit 20051897b.jpg (411273 Byte)durch Kauf, teils als Geschenk der Markgenossen erworben und schenkte es nun den Juden, unter der Bedingung, dass sie ihm jährlich einen Zins von 3 ½ Pfund Speyerer Münze zu Frommen des Domstiftes bezahlen sollen. Zugleich erhalten sie das Recht, innerhalb ihrer Ansiedelung in der Gegend zwischen da und dem Hafen, am Hafen und durch die Stadt frei Gold und Silber zu wechseln, zu kaufen und verkaufen, was sie wollen. Sie bekommen ferner aus dem Kirchengute einen Begräbnisplatz zum erblichen Besitz, das Recht, fremde Juden zollfrei bei sich zu beherbergen; ihr Archisynagogus (Synagogenvorsteher) erhält eine Gerichtsbarkeit, wie sie der Tribunus urbis, d.h. der Stadtschultheiß (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schultheiß), über die Bürger hat; in schwierigen Fällen sollen sie an den Bischof oder seinen Camerarius (= Kämmerer) appellieren. Wach- und Schutzdienste brauchen sie nur innerhalb ihres Bezirks zu tun, und die Verteidigung führen sie gemeinsam mit den Mannen des Bischofs. Sie dürfen auch christliche Ammen und Dienstboten mieten und unkoscheres Fleisch können sie den Christen verkaufen. Als höchsten Grad des Wohlwollens gewährt ihnen schließlich der Bischof das beste Recht, das die Juden in irgendeiner Stadt des Reiches besitzen. Diese neubegründete Judenstadt ist später unter dem Namen der Vorstadt Altspeyer, im Norden der Stadt, gelegen. Sie wurde 1632 von den Schweden verwüstet und dem Boden gleichgemacht.
Im Jahre 1090 baten die Speyerer Juden Judas, der Sohn des Calominus, David, der Sohn des Meschullam und Moses, der Sohn des Guthihel, für sich und ihre Angehörigen den Kaiser Heinrich IV. um Aufnahme in seinen Schutz. Sie gehörten einer berühmten Rabbinerfamilie an, die aus Lucca stammte. Bekanntlich geriet Kaiser Otto II. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_II._(HRR)), nach der Sarazenenschlacht 982 in große Lebensgefahr, aus welcher er durch Hilfe eines Juden Kalonymus, Sohn des Meschullam, aus Lucca gerettet wurde. Der Kaiser bewies ihm seine Dankbarkeit, indem er ihn nach Deutschland verpflanzte. Diese Familie war im Besitz eines Schutzbriefes (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Judenschutz), den einst ein karolingischer König ausgestellt hatte. Otto oder seine Nachfolger haben dieses Privileg bestätigt und aufgrund dieser Bestätigung ließ dann Heinrich IV. am 19. Februar 1090 zu Speyer den obengenannten drei Juden eine Neuausfertigung ausstellen, und zwar in einer Fassung, die zu Gunsten des Bischofs Rüdiger von Speyer geändert worden war. Auch die Wormser Juden erhielten zur Zeit, als Salmann Judenbischof https://de.wikipedia.org/wiki/Judenbischof war, vom Kaiser Heinrich IV. einen Schutzbrief, der jedoch in manchen Punkten vom Speyerer Diplom abweicht. Im Speyerer Privileg werden dem Bischof die Rechte vindiziert, welche das Wormser dem Kaiser zuschreibt. Auch ist die Stellung der Speyerer Juden abhängiger und ungünstiger, als die der Wormser.
Die Wormser Juden gehören zur Kammer des Königs und stehen unter der ausschließlichen Gerichtsbarkeit desselben und ihres selbstgewählten Bischofs. Der König ist für die Juden in Worms die oberste Berufsinstanz. Alle Bußen fallen dem königlichen Fiskus zu. Niemand darf die Wormser Juden in ihrem Besitz, Immobilien und Mobilien, stören, wer dies doch tut, fällt in die Ungnade des Königs, und wer einem Juden etwas nimmt, muss das Doppelte ersetzen. Auch soll ihnen erlaubt sein, beim Bau ihrer Häuser die Stadtmauer zu benutzen. In der Tat sitzen noch heute die Häuser in der Judengasse auf der Stadtmauer, die gerade in dieser Gegend zwischen dem Martinstor und dem Judentor aus der romanischen Zeit stammt. Die Juden haben das Recht, in der ganzen Stadt Gold zu wechseln, außer vor dem Hause der Münzer oder da, wo die Münzer einen Geldwechsel errichtet haben. In ganz Deutschland dürfen sie freien Handel und Wandel haben, und kein Zoll darf von ihnen abverlangt werden, noch soll ihnen irgendjemand eine öffentliche oder private Leistung auferlegen. Auch ist ihnen erlaubt, den Christen Weine, Salben und Arzneien zu verkaufen. Unter diesen Weinen sind offenbar südländische zu verstehen, indem namentlich die schweren, edlen Weine aus Kleinasien und Griechenland beliebt waren. In ihren Häusern brauchen sie ohne ihre Einwilligung keine Einquartierung aufzunehmen. Niemand darf von ihnen ein Pferd zur Heerreise des Königs oder des Bischofs fordern oder eine königliche Heersteuer. Wenn eine gestohlene Sache bei ihnen gefunden wird, so soll der Jude seine Aussage, dass er sie gekauft habe, nach seinem Gesetz beschwören und dann gegen Zurückerstattung des Kaufpreises das gestohlene Gut dem Eigentümer zurückgeben. Niemand darf ihre Kinder gegen ihren Willen taufen oder er muss zur Strafe 12 Pfund Gold dem König bezahlen. Wer von den Juden freiwillig getauft zu werden wünscht, soll drei Tage warten, damit man erkenne, ob er es entweder um des christlichen Glaubens oder erlittener Unbill willen tut, dann aber soll er mit dem Glauben auch die Erbschaft seiner Väter abschwören. Ihre heidnischen Sklaven soll keiner unter dem Vorwande, sie im christlichen Glaube zu taufen, ihnen wegnehmen oder drei Pfund Silber zur Strafe dem König bezahlen und die Sklaven wieder zurückgeben. Der Sklave soll seinem jüdischen Herrn in allen Dingen gehorsam sein, ausgenommen, wenn es den christlichen Glauben angeht. Es soll ihnen erlaubt sein, christliche Mägde und Ammen zu haben und christliche Dienstboten zur Verrichtung von Arbeiten zu mieten, es sei denn, dass der Bischof oder ein Kleriker diesen an Sonn- und Feiertagen den Dienst verbietet. Sie dürfen aber keine christlichen Sklaven haben. Streitigkeiten    
Worms Israelit 20051897c.jpg (359955 Byte)zwischen Christen und Juden sollen nach dem versöhnlichen Rechte beider Teile entschieden werden, hingegen Streitigkeiten unter den Juden von ihren Glaubensgenossen nach jüdischem Rechte. Niemand darf einen Juden dem Gottesurteil (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gottesurteil) unterwerfen, wie das glühende Eisen, die heiße oder kalte Wasserprobe, oder ihn durch Prügel zum Geständnis zwingen, sondern der Jude schwört nach seinem Gesetze. Auch darf keiner durch Zeugen, es seien denn zugleich Juden und Christen überwiesen werden; ihm steht die Appellation an den König frei. Wer gegen diese Bestimmungen fehlt, zahlt dem Kaiser 3 Pfund Gold. Wer gegen einen Juden eine Verschwörung macht oder ihm Nachstellungen bereitet, so dass der Jude dabei umkommt, so sollen beide, der Verschwörer, wie der Totschläger, dem König 12 Pfund Gold bezahlen; wenn aber der Jude nur verwundet wird, ein Pfund Gold. Ist es jedoch ein Höriger, der ihn getötet oder verwundet hat, so büßt der Herr für diesen oder bestraft ihn. Kann der Täter die Strafe aus Armut nicht bezahlen, so soll er bestraft werden, wie jener, der den Juden vivus getötet hat, nämlich mit dem Verluste der Augen und der rechten Hand. Freilich, weder der König noch der Bischof konnten die Juden vor der fanatischen Wut der Kreuzfahrer und des christlichen Pöbels schützen. In der Not ließen sich viele Juden taufen. Damals, 1096, nahm sich Rabbi Moscheh, Sohn des Rabbi Jekuthiel (das ist Moses, Sohn des Guthihel in der Urkunde von 1090) seiner Glaubensgenossen in Speyer kräftig an. Durch seine Vermittelung kehrten die zwangsweise Getauften wieder zum Glauben ihrer Väter zurück.
So erwies sich der Schutzbrief der Juden doch noch wirksam. Die Judenverfolgung des Jahres 1096 erschütterte die ehrenvolle Stellung der Juden. In der Betätigung der Wormser Zollfreiheit durch Heinrich V. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_V._(HRR)) vom 16. Oktober 1112 stehen die Juden nicht mehr in erster, sondern in zweiter Linie und in der Bestätigung Friedrichs I. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_I._(HRR)) vom 3. Januar 1184 werden sie überhaupt nicht mehr erwähnt. Während bis zur Zeit Heinrichs V. die Juden den übrigen Kaufleuten vorangestellt waren, trat nun eine scharfe Scheidung zwischen Juden und Christen ein. Die zweite Judenverfolgung vom Jahre 1146 offenbarte von neuem ihre gefährdete Lage. Ja, sogar der allseits verehrte Bernhard von Clairvaux (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_von_Clairvaux) erregte den Unwillen des Volkes, als er gegen den fanatischen Mönch Radulf (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Radulf_der_Zisterzienser), der das Volk gegen die Juden aufhetzte, predigte. Es ist nicht allein religiöser Fanatismus, der das Volk wider die Juden aufbrachte, sondern es wirkten dazu noch mehr wirtschaftliche Motive. Man bedurfte nun, da die Städte im Laufe des 11. Jahrhunderts aufgeblüht waren, der merkantilen Vormundschaft der Juden nicht mehr, und ihre gefährliche Konkurrenz erregte den erbittertsten Hass. Wir können an der Hand der Urkunden Schritt für Schritt verfolgen, wie die Juden seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts rechtlich heruntergedrückt wurden. Nur noch beim König fanden sie Schutz, den sie freilich mit schwerem Gelde erkaufen mussten. Friedrich I. nahm sich ihrer an. Von Worms aus erließ er am 06. April 1157 ein Privileg, worin er den Schutzbrief Heinrichs IV. bestätigte. Während der Landfrieden Heinrichs IV. vom Jahre 1103, den für die Stellung der Juden maßgebenden Satz ausgesprochen hatte, dass alle Juden im Reiche unter dem Frieden des Königs stünden, betont Friedrich I. schärfer die Unterordnung der Juden unter die königliche Gewalt. Von da ab bewegt sich die Geschichte der Juden in absteigender Linie. Der fremde Kaufmann, welcher sich in einer Stadt niederlässt, verschmilzt mit den übrigen Einwohnern, der Jude hingegen sinkt zum königlichen Kammerknecht herab und sondert sich von der christlichen Bevölkerung. Friedrich II. nennt 1236 die Juden Kammerknechte. Universi Alemanniae servi camerae nostrae. Selbstverschuldung der Juden, Neid, Habgier und fanatischer Glaubenshass der Christen trugen dazu bei, die Lage der Juden immer gefährlicher zu machen.
Man warf den Juden den Mord von Christenkindern (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ritualmordlegende) vor, und der von keinem Glaubenszweifel heimgesuchte Kaiser Friedrich II. beeilte sich, sie von dem Verdachte völlig freizusprechen, indem er ein wissenschaftliches Gutachten über die Anklage des rituellen Christenmordes abfassen und gestützt darauf ein reichsgerichtliches Urteil fällen ließ. Auch Papst Innozenz IV. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Innozenz_IV.)  erhob am 5. Juli 1247 dagegen seine Stimme. Es nützte den Juden wenig, denn bis zur heutigen Stunde herrscht noch in gewissen Gegenden dieser gotteslästerliche Wahn.'
So weit die Mitteilungen des Herrn Prof. Boos über die Geschichte der Juden, welche in anderen Kapiteln zuweilen noch gestreift wird. Das Werk selbst beschließt den 1. Band mit dem Kapitel: 'Der große rheinische Städtebund.' Wir freuen uns schon jetzt auf den folgenden II. Band, der jedenfalls am interessantesten und speziell für die jüdische Geschichte, dem ersten nicht nachstehen wird."
Vgl. https://www.historicum-estudies.net/etutorials/tutorium-quellenarbeit/beispielanalysen/privileg-barbarossas 
Zur Familie des Kalonymus: https://de.wikipedia.org/wiki/Kalonymiden.
 

 
Über die Judenverfolgungen während des Ersten Kreuzzuges 1096 (Artikel von 1925) 

Speyer Israelit 21051925.jpg (227693 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai 1925:     

  
Besprechung eines Romans über Juden und Christen im mittelalterlichen Speyer (1926)   

Speyer Bayr GZ 08021926.JPG (156579 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 8. Februar 1926:    

    
    
    
Artikel über die jüdische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert  

Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule 
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Ludwig Schloss (1862)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Dezember 1862; "Speyer, 15. November (1862). Heute feierte Herr Schloß, Lehrer der hiesigen israelitischen Schule, sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum. Es wurde von vielen Teilnehmenden, von Schülern, Freunden und Kollegen des verdienten Mannes als ein Fest begangen. Unter vielen Ehrengeschenken und Gratulationen heben wir den von vielen Gemeindemitgliedern gewidmeten und von einer herzlichen Ansprache begleiteten silbernen Pokal, sowie die Deputation des Lehrerkollegiums und die am Abend dargebrachte Serenade hervor. Möge Herr Schloß noch viele Jahre der kräftigsten Wirksamkeit und des Familienglückes erleben!"           


70. Geburtstag und 50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Ludwig Schloss (1883)   

Speyer AZJ 20111883.jpg (35430 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. November 1883: "Bonn, 11. November (1883). Man schreibt aus Speyer vom 6. November: Heute feiert der israelitische Lehrer L. Schloß seinen 70-jährigen Geburtstag in Verbindung mit dem 50-jährigen Amtsjubiläum. Das gesamte Lehrerpersonal brachte dem greisen Kollegen gestern Abend ein Ständchen, wobei zwei Chöre vorgetragen wurden."       

 
Auszeichnung von Lehrer Ludwig Schloss (1887)   

Speyer AZJ 21041887.jpg (203384 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. April 1887: "Der 'Speyerer Zeitung' entnehmen wir: Ein höchst feierlicher Akt vollzog sich am 2. dieses Monats Vormittags im großen Saale des Rathauses: die Dekorierung des Herrn Lehrers Ludwig Schloß dahier. Schon vor 11 Uhr hatten sich die Vertreter der Stadtverwaltung, den Herrn Bürgermeister Süß an der Spitze, die protestantischen Distrikts- und Lokalschulinspektoren, die Lehrerkollegien der Volks-, Real- und Töchterschule, der Vorstandschaft der israelitischen Kultusgemeinde sowie zahlreiche Bekannte und Freunde des Jubilars aus Nah und Fern in dem bezeichneten Lokale eingefunden, um Zeuge einer Ehrung zu sein, die einem verdienten Lehrer für treues 50-jähriges Wirken in der Schule durch die Gnade Seiner Königlichen Hoheit des erhabenen Prinzregenten Luitpold von Bayern erwiesen wurde. In einer warmen Ansprache zeichnete der Königliche Regierungsrat und Bezirksamtmann Herr von Moers ein Bild des Strebens und Wirkens des Gefeierten, verlas die hierher gehörigen amtlichen Schriftstücke und endigte mit dem Wunsche, es möge Herrn Schloß noch lange vergönnt sein, zum Segen der Schule und unserer Stadt mit Erfolg arbeiten zu können. Alsdann schmückte der Herr Redner die Brust des Jubilars mit der goldenen Ehrenmünze des bayerischen Ludwigsordens. Weitere Ansprachen hielten der Herr Bürgermeister Süß, welcher namens der Stadtverwaltung einen hübschen Regulator mit einer auf einer Silberplatte eingravierten Widmung überreichte, Herr Stadtpfarrer und Distriktsschulinspektor Ney, Herr Herz als Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde, welche dem Jubilar ein Ruhebett zum Geschenk gemacht, dann Herr Hauptlehrer Berger im Namen der Kollegen des Gefeierten, Herr Dr. Bender, Königlicher Rektor der Realschule, an welcher Anstalt Herr Schloß schon 29 Jahre als Religionslehrer wirkt, und Herr Vollert, Hauptlehrer an der hiesigen Töchterschule, woselbst der Gefeierte ebenfalls als Religionslehrer tätig ist. Auf jede dieser Ansprachen wusste Herr Schloß, sofort schlagfertig, richtige Worte der Erwiderung zu finden, die in den Gedanken ausgedrückt sind: ich danke tiefgerührt zunächst dem Herrn aller Herren, der mich so lange hat wirken lassen, und dann meinem Königlichen Landesvater, dem erhabenen und vielgeliebten Prinzregenten Luitpold, der mir die hohe Auszeichnung zuteil hat werden lassen, dann meinen verehrten Herren Vorgesetzten für die warme Anerkennung meiner bescheidenen arbeit, dann meinen lieben Kollegen, meinen werten Glaubensgenossen und allen Freunden für das stets erwiesene Wohlwollen. - Mit einem dreifachen Hoch auf Seine Königliche Hoheit, unsern Prinzregenten Luitpold, ausgebracht durch Herrn Regierungsrat und Bezirksamtmann von Moers, wurde die erhebende Feier beschlossen. Des Abends fand ein sehr animiertes Festmahl statt."         

    
Lehrer Ludwig Schloss ist in den Ruhestand getreten (1889)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Oktober 1889: "Der Lehrer Schloß in Speyer ist nach mehr als fünfzigjähriger segensreicher Lehrtätigkeit in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Möge er diesen noch recht lange genießen!"     

 
Anstellungsprüfung eines jüdischen Schulamtskandidaten (1909)   

Speyer AZJ 22101909.jpg (100697 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Oktober 1909:     

  
Ausschreibung der Lehrerstelle (1928)     

Speyer BayrGZ 15081928.jpg (61549 Byte)Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. August 1928: 
"Israelitische Kultusgemeinde Speyer am Rhein. 
Infolge der Berufung des Herrn Kauflehrer Krämer nach München ist die Lehrerstelle an der israelitischen Volksschule zu besetzen. Mit der Stelle ist die Erteilung des Religionsunterrichts am Gymnasium, der Realschule und dem höheren Mädchenlyzeum verbunden. Die Mitwirkung am Gottesdienst in der Synagoge soll ebenfalls übernommen werden. Bewerber wollen sich an die unterfertigte Stelle wenden. 
Der Synagogenrat der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer. B. Cahn, Vorsitzender."       


Jakob Krämer verlässt die Pfalz (1928)   

Speyer BayrGZ 13091928.jpg (74051 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 13. September 1928: "Speyer am Rhein. Am 1. September verließ Hauptlehrer Jakob Krämer die Pfalz, um einer ehrenvollen Berufung der Kultusgemeinde München folgend, die Stelle eines Religionslehrers in dieser Gemeinde zu übernehmen. Der Freien Vereinigung Israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz war Krämer seit 1907 ein beständiger und verständiger Mitarbeiter und seit 1924 ein tatkräftiger und erfolgreicher Führer. Hier und ebenso im Ausschuss des Verbandes der Israelitischen Kultusgemeinden der Pfalz sowie als Mitglied der Tagung des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden - überall hat Krämer fleißig und zielbewusst geholfen, die Gegenwartsaufgaben der Pfälzer Judenheit ihrer Lösung näher zu bringen. Die Achtung und Wertschätzung weiter Kreise dieser Pfälzer Glaubensgenossen begleiten Krämer an seinen neuen Wirkungskreis. Möge seiner Tätigkeit auch dort reicher Erfolg beschieden sein.   
An die Pfälzer Kollegen!
Bei meinem Scheiden aus der mir in 21-jähriger Tätigkeit liebgewordenen Pfalz sage ich allen Pfälzer Kollegen herzlichst Abschiedsgrüße. 
Speyer, 31. August 1928. Krämer."      

   
In Speyer besteht noch eine der letzten jüdischen Schulen der Pfalz (1936)  

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Oktober 1936: "Speyer am Rhein. Am 1. September wurden im Bereich des Regierungsbezirkes Pfalz in vier Städten jüdische Sonderklassen der allgemeinen Volksschulen errichtet, in Ludwigshafen zwei Klassen (vorläufig nur mit einem Lehrer besetzt), in Kaiserslautern, Landau und Neustadt an der Weinstraße je eine Klasse. Nach Ludwigshafen wurde Lehrer und Kantor Schottland (Frankenthal) angewiesen, nach Kaiserslautern Lehrer i.R. Langstädter, nach Landau Lehrer und Kantor Zeilberger (Landau) und nach Neustadt Schulamtsbewerber Samson aus Landau. Sämtliche Lehrkräfte sind auf Dienstvertrag mit monatlicher Kündigung angestellt. Jüdische Schulen entsprechend dem bayerischen Schulbedarfsgesetz, deren Lehrer Beamte sind, bestehen noch in Speyer, Pirmasens und Rodalben."   
 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1936: "Jüdische Schulen und Schulklassen. 
Frankfurt am Main,
6. Oktober (1936). Im bayerischen Regierungsbezirk Pfalz wurde zum 1. September in vier Städten jüdische Sonderklassen an allgemeinen Volksschulen errichtet, und zwar zwei Klassen in Ludwigshafen und je eine in Kaiserslautern, in Landau und Neustadt. Außerdem bestehen noch seit früher jüdische Schulen in Speyer, Pirmasens und Rodalben..."  

    
70. Geburtstag von Lehrer Leon Waldbott (1937)      

Oberlustadt LeoWaldbott.jpg (49758 Byte)Leo Waldbott wurde am 28. Januar 1867 in Oberlustadt als zweiter Sohn des Lehrers und Autors Lazarus Waldbott geboren. Nach dem frühen Tod seiner Vaters (1869) wuchs er bei seinem Großvater, dem Lehrer und Kantor Levi Waldbott (1809 - 1889), auf, dessen vier Söhne alle Lehrer waren. Auch Leo Waldblatt ließ sich zum Lehrer ausbilden (am protestantischen Lehrerseminars in Kaiserslautern): von 1885 bis 1890 war er als Lehrer in Hagenbach tätig, seitdem als Lehrer mit Rabbinerfunktionen und als Kantor in Speyer. Er war Mitglied der Speyerer Liedertafel, Organist und Dirigent des Synagogenchors. Mit dem in Königsberg tätigen berühmten Kantor Eduard Birnbaum (1855 - 1920), der als weltweit führender Experte auf dem Gebiet der Synagogalmusik galt, war Leo Waldbott eng befreundet. Bei der Eröffnung der neuen Speyerer Synagoge im Jahr 1894 hatte Leo Waldbott die Ehre, die Festansprache halten zu dürfen. 1911 wurde er Hauptlehrer, 1916 Oberlehrer. Leo Waldbott galt als eine der angesehensten Persönlichkeiten des pfälzischen Judentums vor dem 2. Weltkrieg. Jahrzehntelang war er Vorsitzender des Vereins der jüdischen Lehrer und Kantoren der Pfalz sowie Vorstandsmitglied im Reichsverband jüdischer Lehrervereine in Deutschland. Besonders engagiert war Leo Waldbott auch im sozialen Bereich. Auf seine Initiative ging die Gründung des ersten Jüdischen Altersheimes für die Pfalz (in Neustadt) zurück. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 1938 wurde ihm vom Bezirksrabbinat der altehrwürdige Ehrentitel "Chaver" (Ehrenrabbiner) verliehen. 
Die beiden Söhne Leo Waldbotts, Emil und George, wanderten in jungen Jahren in die USA aus und folgten damit den Spuren ihrer Tante Flora Waldbott, die bereits im 19. Jahrhundert ebenso wie ihr Bruder, der Botaniker Dr. Sigmund Waldbott, in die USA ausgewandert war. Leo Waldbott, der stolz auf die jahrhundertelange Geschichte seiner Familie in der Pfalz und am Rhein war, wollte eigentlich in Deutschland bleiben, doch bewogen ihn, den deutschjüdischen Patrioten, die Ereignisse der "Reichskristallnacht", schweren Herzens in seinen alten Tagen noch zu emigrieren. Er starb am 26. Mai 1940 in Cincinnatti/Ohio. 
Obige Informationen nach der Website www.angelfire.com/art/gregorbrand/bios/LeoWaldbott.html; hier finden sich als Literaturangaben:  
Reinhold Herz: Gruß für Leon Waldbott. In: Israelitisches Gemeindeblatt 1937 (15. Jg.), Nr. 3, S. 12 
Katrin Hopstock: Leon Waldbott. In: Speyerer Vierteljahreshefte, 1988, S. 24 - 25 
George Waldbott: Memories (Mschr., unveröffentlicht, o. O., o. J.) 
Leo Waldbott: Mein Leben in Deutschland vor und nach dem 30. Januar 1933 (Mschr., Detroit/USA 1940, unveröffentlicht). 
   
Lehrer Waldbott leitet eine Jahresversammlung der Lehrer und Kantoren der Pfalz und wird wieder zum Vorsitzenden gewählt (1908)   
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Juni 1908: "Kaiserslautern. Die Jahresversammlung der Freien Vereinigung der israelitischen Lehrer und Kantoren der Pfalz wurde von Lehrer Waldbott - Speyer geleitet. Lehrer Wetzlar - Ludwigshafen erstattete Bericht über die Tagung des Verbandes der israelitischen Lehrervereine im Deutschen Reiche. Dann folgte eine Besprechung über Jugendschriften und Jugendliteratur. Lehrer Waldbott - Speyer wurde wieder zum Vorsitzenden gewählt. Ort der nächsten Tagung ist Neustadt a. d. Haardt."       
 
Würdigung von Leon Waldbott zu seinem 70. Geburtstag (1937 in Speyer)  
Speyer BayrGZ 15011937.jpg (132704 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1937: "Gruß für Leon Waldbott. Am 28. Januar vollendet in Speyer Oberlehrer a.D. Leon Waldbott in ungewöhnlicher Schaffenskraft das 70. Lebensjahr. Leon Waldbotts Tätigkeit in der Speyerer Gemeinde reiht ihn in die bewährte Tradition 'unserer Lehrer von Speyer' ein, wie es in alten Dokumenten heißt. Von 1890 bis 1923 wirkte er hier als Leiter der Schule und als 1. Kantor, seit 1923 als Dirigent des Synagogenchors. In ihm verbinden sich pädagogische und musikalische Begabung, Lauterkeit des Charakters und des Gemeinschaftssinnes zu einer Wirkungskraft, die sich weit über Speyer hinaus Sympathie und Begehrtheit erwarb. So zählte ihn die Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz und der Reichsverband jüdischer Lehrer in Deutschland 26 Jahre zu ihrem Vorstandsmitglied. Aber die zentrale Leistung Leon Waldbotts liegt in seiner sozialen Arbeit: Das pfälzische Judentum verdankte seiner Initiative im Jahre 1908 die Gründung des israelitischen Altersheims für die Pfalz in Neustadt a.d.H. und eine seitdem unermüdliche Arbeitsliebe für dieses Werk, die ihn immer wieder von seinen zahlreichen Reisen nach den Vereinigten Staaten hierher zurückrief. - Sein 70. Lebensjahr vollendet Leon Waldbott als ein Unermüdlicher. Er schließt gerade in diesen Tagen eine literarische Arbeit ab, in der er die Geschichte des israelitischen Altersheimes für die Pfalz niedergeschrieben hat und seine Sorge für die Alten findet neuerdings wieder ihre Ergänzung in einer zukunftsbahnenden Bemühung um die Jugend. Alle, die Leon Waldbotts Lebenswerk kennen, verbindet an diesem Tage der Dank für das Geleistete und der Wunsch für seine weitere Vollendung in ungebrochener Lebenskraft. Reinhold Herz."      

  
  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Rückschritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung (1846)  

Speyer AZJ 30111846.jpg (32117 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. November 1846: "Speyer, 16. November (1846). Die Maßregeln wegen des Moralpatents der Juden nach dem Gesetze vom 17. März 1808 sind neuerdings wieder verschärft worden, während man auf Abschaffung desselben gehofft hatte. Um diesem veralteten Überbleibsel einer finsteren Zeit zu entgehen, werden wieder viele Bekenner des mosaischen Glaubens nach Amerika auswandern."     

  
Der Verein Ez-Chajim will eine Tora-Rolle schreiben lassen (1886)
  

Speyer Israelit 25021886.jpg (52219 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1886:  "Für Soferim (Toraschreiber). 
Der Verein Ez-Chajim in Speyer beabsichtigt ein neues kleines Sefer (Torarolle) (in der Höhe von ca. 50 cm) anzuschaffen. Offerten mit Muster von Pergament und Schrift, sowie Preisangabe zu richten an den Vorstand 
S. Wolff II."    

  
Antijüdisches im "Hirtenbrief" des Bischofs (1904) 
Anmerkung: 1904 war Bischof: Joseph Georg von Ehrler (Bischof in Speyer von 1878 bis 1905), siehe Wikipedia-Artikel "Joseph Georg von Ehrler".    

Speyer Israelit 22021904.jpg (79440 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Februar 1904: "Speyer, 15. Februar (1904). Der hiesige Bischof veröffentlichte im 'Rheinischen Volksblatt' seinen diesjährigen Fasten-Hirtenbrief. Es seien demselben folgende Stellen entnommen, die wir den Lesern dieses geschätzten Blattes zum Selbsturteil unterbreiten: 
Unter anderem heißt es in dem Briefe: 'Der Erfolg des Auftrages des Stifters der christlichen Religion ist bekannt und der wunderbare Erfolg über das Heidentum und Judentum (?) unter den schwierigsten Verhältnissen bei der Zähigkeit, mit der sowohl die Heiden, als die Juden an ihren althergebrachten Lehren und Sitten hingen usw.'  
Zwei Fragen seien uns hier gestattet: 1) Worin sich der Sieg des Christentums über das Judentum bekundet? und 2) ob die christliche Religion ihr Entstehen nicht den Lehren und Sitten der jüdischen Religion zu verdanken hat?  J. Schön."     

       
Die israelitische Kultusgemeinde gratuliert dem neuen Bischof in Speyer (1905)   
Anmerkung: Konrad von Busch (siehe Wikipedia-Artikel "Konrad von Busch") war von 1905 bis 1910 Bischof der römisch-katholischen Diözese Speyer.     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Mai 1905: "Speyer, 2. Mai (1905). Dem neuerdings zum Bischof von Speyer ernannten Domdechanten Busch überbrachte auch die hiesige israelitische Kultusgemeinde durch ihren Vorstand, Herrn Sog. Herz, die innigsten Glückwünsche. Bei dieser Gelegenheit und wiederholt, als der hohe Herr den Besuch erwiderte, versicherte derselbe den Gratulanten seines aufrichtigen Wohlwollens und seiner Sympathie. Wie bisher, so werde er auch künftighin für den Frieden unter den Konfessionen und das Wohlergehen der Gesamtbevölkerung unserer Stadt von ganzem Herzen wirken. Es war der besondere Wunsch des Herrn Bischofs, dass dieser Ausdruck seiner loyalen Gesinnungen den Mitgliedern der israelitischen Kultusgemeinde bekannt gegeben werde."        

 
Festgottesdienst aus Anlass der Räumung der Pfalz (1930)   

Speyer BayrGZ 15071930.jpg (268869 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli 1930: 
"Kultusgemeinde Speyer - Festgottesdienst aus Anlass der Räumung der Pfalz am 1. Juli 1930.
  
Die Wiege des deutschen Judentums stand am Rhein und in der Pfalz, wo die Juden an den Anfängen der deutschen Kultur beteiligt waren. Rhein-Juden und Pfalz-Juden, aus ihrem Vaterland vertrieben, waren die Vorfahren der Ostjuden, die sich in späteren Jahrhunderten wieder an den Rhein zurückwandten. Die altehrwürdigen Judengemeinden in Speyer, Worms und Mainz bestanden schon im ersten Jahrtausend nach Christus.   
Die Juden in der Pfalz waren nach dem Anerkenntnis der bayerischen Staatsregierung während der 11-jährigen Besatzung ein Muster der Treue und Anhänglichkeit an das Deutschtum.  
Der Festgottesdienst der israelitischen Kultusgemeinde Speyer am 1. Juli 1930 wurde von Gesängen und Psalm-Rezitationen eingerahmt. Die Festpredigt hielt Bezirksrabbiner Dr. Steckelmacher. Die Ansprache lautete:
 Andächtige Festgemeinde! Mit ganz besonderen innigen Dankgefühlen nahen wir heute unserem Gotte, betreten wir diese heilige, der Gottesanbetung geweihte Stätte. 'Diesen Tag hat uns der Ewige gewährt, wir wollen jubeln und uns freuen an ihm!' Viele bange und schwere Jahre liegen hinter uns. Aber jetzt ist aller Druck von uns gewichen. Die Pfalz ist wieder frei. Wir Deutsche am schönen deutschen Rhein sind wieder ein freies Volk. Es hat sich an uns erfüllt, das Gotteswort, das an Pharao ergangen war: 
'Lass frei mein Volk'. Es hat sich an uns bestätigt: 
'Auch uns hat der Ewige herausgeführt aus der Knechtschaft zur Freiheit, aus dem Kummer zur Freude; aus der Trauer zum Festtag, aus der Dunkelheit zu hellstem Lichte.'  
Aber nicht ganz ungetrübt ist unsere Freude, noch immer hat die Stunde der Befreiung für viele Deutsche noch nicht geschlagen. Wir denken da ganz besonders an die Deutschen an der Saar, deren wir uns in innigstem Mitgefühl in dieser festlichen Stunde erinnern. Und ferner: Auf Millionen deutscher Menschen, oft Familienväter, die Arbeit suchen, und nicht finden können, lastet ungeheuere Not und Sorge, hervorgerufen durch eine Wirtschaftskrise größten Ausmaßes, wie sie unser Vaterland noch nicht erlebt hat. Und endlich gerade jetzt, da der äußere Druck von unserem Vaterland gewichen, ist es innerlich im Geiste in seinen sittlichen Entscheidungen sehr unfrei geworden. Glaubenshass hat heute mehr, denn je breiteste Schichten des deutschen Volkes ergriffen. Wie kann nun wohl unser deutsches Volk auch die innere Freiheit, die Freiheit im Geiste und in der Seele, wiedergewinnen? Über diese Frage nachzudenken, entspricht gewiss dem Sinn und der Bedeutung dieser festlichen Stunde. Jenes Gotteswort, das sich an unserem deutschen Volke so wunderbar bestätigt hat, spricht bezeichnender Weise nicht nur von Befreiung, sondern auch vom Dienen. 'Lass frei mein Volk, damit es mir diene.' Und warum wohl das letztere? Weil der Dienst, den wir Gott widmen, erst zur rechten Freiheit, zur inneren Freiheit, zur Freiheit des Geistes und der Seele führt. Denn in den Dienst Gottes sich stellen heißt doch vor allem, den Gottesglauben auch durch die Tat bewähren, sich nciht aufhalten in den Niederungen ungehemmter Leidenschaften und Triebe, sondern hinansteigen zu den Höhen einer edlen Menschlichkeit, kundtun, dass das Göttliche in uns wirksam ist, in jeder Stunde unseres Daseins. Halten wir nicht nach solchem Tun, das allein des Menschen als eines im Ebenbilde geschaffenen Wesens würdig wäre, so oft vergeblich Ausschau? Müssen wir uns nicht immer wieder davon überzeugen, dass das Ungeistige und Ungöttlichste, nämlich Glaubenhass, triumphiert in der deutschen Welt? Wir haben wohl heute große Erfolge zu verzeichnen auf allen Gebieten der Wissenschaft und Technik und zwar der Technik, nicht nur im eigentlichsten Sinne, sondern auch der Technik des Lebens, also der äußeren Gestaltung unseres Daseins, wir haben aber vielleicht gerade darum, weil unsere Blicke ausschließlich auf die äußere Formung des Lebens gerichtet waren, vergessen, unser         
Speyer BayrGZ 15071930b.jpg (118533 Byte) Augenmerk auf das Wichtigste und Entscheidenste zu richten, nämlich auf die Gestaltung unseres Innenlebens, wir haben verlernt, um in der Sprache der Bibel zu reden, Gott zu dienen in der rechten weise.  Wenn also Alle, welche die deutsche Heimat nährt und trägt, sich entschließen wollten, Gott zu dienen in der Weise, wie wir es soeben angedeutet, werden sie gewiss die innere Freiheit, die Freiheit des Geistes zurückgewinnen.  Werden wir wohl uns bald zu einer Befreiungsfeier in dem angedeuteten Sinne rüsten können? Die Ereignisse sprechen leider nicht dafür. Oder können wir an eine Wandlung und Erneuerung glauben, solange Leidenschaften, die aus den dunkelsten Tiefen des Menschenherzens hervorquellen, ihr Spiel treiben mit den deutschen Menschen, solange etwas so Verkehrtes und Falsches wie Glaubenshass sie irre führen darf?  
Und doch hoffnungslos wollen wir nicht sein, zumal nicht in einer so festlichen Stunde, wie der heutigen. Und unser Teil wollen wir dazu beitragen, dass die Kluft geringer werde, welche die Kinder des gleichen Vaterlandes heute trennt. Lauterkeit und Ehrenhaftigkeit in Gesinnung und Tat, soll das Losungswort jedes deutschen Juden sein. Unser Tun soll niemals irgendwelche Angriffsflächen darbieten. In unserer Anhänglichkeit an unser Vaterland, in unserer Liebe zur Heimat, in der gewissenhaften Erfüllung unserer staatsbürgerlichen Pflichten, soll uns niemand übertreffen können. Dann haben wir getan, was in unserer Macht steht, damit die Zeit reife für jene Befreiungsfeier, die wir noch erwarten, und erhoffen, jene Befreiungsfeier, die unser deutsches Volk erst dann begehen kann, wenn es sich selbst überwunden, und von allen Vorurteilen abgewendet, wenn es nicht nur, wie jetzt, vom äußeren Druck, sondern auch innerlich und im Geiste, in der Seele frei geworden ist. Amen"   

  
Jüdischen Geschäftsleuten ist das Hissen von schwarz-weiß-roten Fahnen untersagt (1933)  
Anmerkung: Die Farben Schwarz-Weiß-Rot waren von 1871 bis 1919 sowie von 1933 bis 1945 die Reichsfarben des Deutschen Reiches. 
Siehe Wikipedia-Artikel Schwarz-Weiß-Rot
Der genannte Ministerpräsident General von Epp (Franz Ritter von Epp) war von 1933 bis 1945 Reichsstatthalter in Bayern. 
Siehe Wikipedia-Artikel Franz Ritter von Epp.   

Speyer Israelit 21041933.jpg (43772 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1933:  "München. Nach einer Meldung der 'Münchener Zeitung' wurde in Speyer jüdischen Geschäftsleuten das Hissen von schwarz-weiß-roten Fahnen untersagt. Alle dort zu Ehren des Besuches des Ministerpräsidenten General von Epp an jüdischen Häusern gezeigten nationalen Fahnen mussten wieder eingezogen werden."   

   
Dank für Stuhlspenden für das Israelitische Altersheim (1938)        

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. November 1938: "Aus Speyer. Die Verwaltung des Israelitischen Altersheims dankt allen Angeboten von Tischen und Stühlen. Der Bedarf ist jetzt gedeckt. Es wird gebeten, von weiteren Angeboten abzusehen.  
Besonders herzlichen Dank namens der Insassen unserer Anstalt den verschiedenen Weinhandelsfirmen in Landau und Böchingen für die freundlichen Spenden von Wein zu den hohen Feiertagen.  S. Marx, 1. Vorsitzender."          

 
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde         
Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert - Grabstein für Oscar Matzger (Metzger) aus Speyer in New Orleans (1848-1867)     
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860 eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd., aufgenommen.     

Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans: 
"Hier ruht  ... 
Oscar Matzger
 
born in Speyer Bavaria 
April 5, 1848  
Died Aug. 19, 1867  Aged 19 y. 4 m. & 14 d.  
May his soul rest in peace. 
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens
."        


80. Geburtstag des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund Herz (1908)   

Speyer FrfIsrFambl 17011908.jpg (136854 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Januar 1908: "Speyer. Der hiesigen Kultusgemeinde war es vergönnt, den 80. Geburtstag ihres langjährigen verdienten Vorstehers, des Herrn Sigmund Herz, festlich zu begehen. Zahlreiche Glückwünsche von nah und fern legten beredtes Zeugnis ab von der großen Beliebtheit, deren sich der Jubilar bei allen, die sein warmes Herz kennen gelernt haben, namentlich in allen Kreisen von Speyer ohne Unterschied von Konfession und Stand erfreut.   
Aus der nach Hunderten zählenden Menge mündlicher und schriftlicher Beglückwünschungen seien hier nur die des Bürgermeisters erwähnt, der in dankbaren Worten der 25-jährigen Tätigkeit des Jubilars als Stadtrat gedachte. Sehr sinnig war eine Huldigung des von dem Jubilar mitbegründeten Synagogenchorvereins: sie bestand in einem Ständchen und in Überreichung eines künstlerisch ausgeführten Diploms als Ehrenmitglied des Vereins. Nachdem noch Herr Vorsteher Max Elb - Dresden die Wünsche des Deutsch-israelitischen Gemeindebundes übermittelte hatte, nahm Herr Herz selbst das Wort, nicht nur, um für die ihm offenbar wohltuenden Liebesbeweise zu danken, sondern, um gleichzeitig mit bewundernswerter rhetorischer Kraft das Programm seiner Gemeindeverwaltung für Vergangenheit und Zukunft klarzulegen. Schließlich ehrte sich die Gemeinde selbst am meisten, indem sie den dem Festtag folgenden Sabbatgottesdienst zu einer Art Festgottesdienst für ihren jugendfrischen Führer machte."        

   
85. Geburtstag des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund Herz (1913)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Januar 1913: "Speyer, 5. Januar (1913). Am 3. dieses Monats vollendete der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer, Herr Sigmund Herz in körperlicher und geistiger Frische sein 85. Lebensjahr. Von 1861 ab gehört er dem Synagogenausschuss an, und 1872 wurde er zum Vorstand dieser Gemeinde gewählt, welches Amt er bis heute ununterbrochen verwaltete. Seit dem Jahre 1861 ist Herr Herz auch als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses, des Wohltätigkeitsfonds des Rabbinatsbezirks Speyer-Frankenthal ununterbrochen tätig. Genannter Herr hat sich während seiner langjährigen treuen und gewissenhaften Tätigkeit um das Wohl der hiesigen israelitischen Gemeinde sehr verdient gemacht. Möge Herrn Herz ein recht froher Lebensabend beschieden sein."      
 
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Januar 1913: "Am 3. Januar vollende Sigmund Herz, Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer, sein 85. Lebensjahr".    

  
Zum Tod des aus einer jüdischen Familie stammenden Domkapitular Dr. Zimmern (1914)   
Anmerkung: es handelt sich im Sigmund Joseph Zimmern (geb. 1838 in Mannheim, gest. 1914 in Speyer). Weitere Informationen zu ihm über den Wikipedia-Artikel Sigmund Joseph Zimmern.    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. April 1914: "Der vor kurzem in Speyer am Rhein im Alter von 76 Jahren verstorbene Domkapitular Dr. Zimmern entstammte einer geachteten jüdischen Kaufmannsfamilie in Mannheim, deren einzelne Glieder heute noch angesehene Israeliten sind. Gelegentlich einer Jesuitenmission in seiner Vaterstadt wurde der Verstorbene als vierzehnjähriger Knabe mit einer älteren Schwester getauft; ob damals noch die Eltern lebten, bzw. ob der Übertritt mit deren Einwilligung geschah, ist zu bezweifeln. Dr. Zimmern, der über 20 Jahre dem bayerischen Landtag als Mitglied des Zentrums angehörte, bewahrte in Fragen, die seine ehemaligen Glaubensgenossen berührten, eine wohlwollende Neutralität."       


Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund Herz (1918)  

Speyer AZJ 26071918.jpg (163492 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juli 1918: "Speyer, 19. Juli (1918). Am 11. dieses Monats wurden die sterblichen Überreste des im Alter von fast 91 Jahren gestorbenen Rentiers Herrn Sigmund Herz zu Grabe getragen. Außer zahlreichen Mitgliedern der israelitischen Kultusgemeinde und Andersgläubigen aus den besten Kreisen hatten sich Vertreter der israelitischen Korporationen, ferner Herr Dekan Cantzler, Herr Adjunkt Graf als Vertreter der Stadt Speyer, die Herren Kommerzienrat M. Wolff und Fabrikant Mann (Ludwigshafen) sowie Herr Kultusvorstand Strauß (Bad Dürkheim) als Vertreter des Rabbinatsbezirkes Frankenthal eingefunden. Auch das Kommando der hiesigen Feuerwehr war in Uniform erschienen, um den letzten der Gründer zur ewigen Ruhe zu begleiten. Herr Bezirksrabbiner Dr. Steckelmacher (Bad Dürkheim) gedachte in ergreifenden Worten der glänzenden Eigenschaften des Entschlafenen als Vater und Verwandten, seiner vielseitigen Tätigkeit im Dienste der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde sowie als würdigen Vertreters der pfälzischen Judenheit; weiter erwähnte er, dass ihn das Vertrauen seiner Mitbürger wiederholt in den Stadtrat berief, wo er seine reiche Erfahrung und vielseitigen Kenntnisse bereitwilligst in den Dienst der Allgemeinheit stellte, dass er aber auch ein echter Patriot warm der treu an seinem Vaterlande hing. Herr Fabrikant B. Cahn entbot dem scheidenden Ehrenvorstand die letzten Grüße der israelitischen Kultusgemeinde, während Herr Kultusvorstand Strauß in bilderreicher Sprache die Verdienste des Verblichenen um den Wohltätigkeitsfonds und die sonstigen Einrichtungen des Rabbinatsbezirkes Frankenthal pries. Der Vorsitzende des Israelitischen Altersheims für die Pfalz, Herr Dr. S. Reis (Heidelberg), widmete warme Worte der Anerkennung dem dahingeschiedenen Ehrenvorsitzenden, der diesem Werke der Wohltätigkeit jederzeit mit hilfsbereitem Rat und opferwilliger Tat zur Seite gestanden. So gestaltete sich die Trauerfeier zu einem würdigen Abschied von der irdischen Hülle dieses ausgezeichneten Mannes, dessen Geist noch lange in den beteiligten Kreisen fortleben wird."      
  
Speyer Friedhof K1600_IMG_9416.jpg (272700 Byte)Links: Grabstein im jüdischen Friedhof in Speyer mit der Inschrift: "Hier ruhen unsere unvergesslichen Eltern  
8. IX. 1835, Julie Herz geb. Gross  23. X, 1889,  
3. I. 1828  Sigmund Herz   9. VII. 1918.  
Vorstand der isr. Kultusgem. Speyer von 1872 - 1913 
von da ab Ehrenvorsitzender bis zu seinem Tode."    (Foto links: Stefan Haas, Fotoseite)      

  
Todesanzeige für Dr. med. Eduard Dreifuss (1924)    

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins) vom 26. Juni 1924: 
"Statt besonderer Anzeige! 
In tiefstem Schmerz geben wir von dem am 11. Juni in Ferrara erfolgten Hinscheiden unseres lieben 
Herrn Dr. med. Eduard Dreyfuss
 
Kenntnis und bitten um stilles Beileid. Er starb nach schwerem Leiden als Opfer seines Berufes. 
Speyer, 15. Juni 1924. Namens der trauernden Hinterbliebenen: Sigmund Dreyfuss."        

 
Zum Tod des Synagogenvorstandes Leopold Klein (1934)   

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. März 1934: "Nachruf für den verstorbenen Synagogenvorstand Leopold Klein, Speyer
Die ehrwürdige israelitische Kultusgemeinde Speyer mit ihren Vereinen, der Rabbinatsbezirk Dürkheim-Frankenthal, der Verband der pfälzisch-israelitischen Kultusgemeinden, die Tagung des Bayerischen Gemeindeverbandes, beklagen tief den Heimgang des Synagogenvorstandes Leopold Klein. 
Das israelitische Altersheim für die Pfalz in Neustadt a.d. Haardt, ein Heim, das mit das Lebenswerk des Verblichenen genannt werden darf, trauert um den langjährigen Vorsitzenden, um den edlen Menschenfreund. 
Der Tod dieses Mannes bedeutet für das Judentum einen schweren Verlust. Haben wir doch mit ihm so viele Jahre im Dienste unserer Glaubensgemeinschaft zusammengearbeitet und ihn stets als einen erprobten Mann von vornehmer Gesinnung und reichen Gaben des Geistes erkannt, als einen rechten und gerechten Mann von klarem Erfassen, klarem Urteil und warmem menschenfreundlichen Herzen. 
Dafür sei dem Verblichenen als letzten Abschiedsgruß der aufrichtigste Dank für all das, was er Gutes und zum Wohle des Judentums vollbracht hat, in seine letzte Ruhestätte hinabgerufen."       

    
Silberne Hochzeit von Synagogenrat Eugen Loeb und Flora geb. Haß (1937)    

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. September 1937: "Aus Speyer. Am 12. August feierten Herr Eugen Loeb (Synagogenrat) mit seiner Gattin Flora geb. Haß das Fest der silbernen Hochzeit. Aus Anlass dieses Festes hat das Jubelpaar der Gemeinde eine prachtvolle Vorbetertefillah überreichen lassen."       

  
75. Geburtstag von Albert Mayer (1938)     

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. Oktober 1938: "Aus Speyer. Am 6. Oktober begeht Herr Albert Mayer, Hauptstraße 66, seinen 75. Geburtstag. Wir wünschen dem Jubilar noch viele Jahre in Gesundheit und Frische bis 120 Jahre."       

  
Reinhold Herz wandert in die USA aus (1938)    

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. Januar 1938: "Speyer. Abschied. Nach meiner Auswanderung nach USA rufe ich allen Freunden und Bekannten in der Pfalz auf diesem Wege noch ein herzliches Lebewohl zu. Reinhold Herz. 
In diesen Tagen wanderte Herr Reinhold Herz nach USA aus, um dort sein Studium fortzusetzen. In jungen Jahren veröffentlichte er zahlreiche Aufsätze in verschiedenen jüdischen Zeitungen. Außerdem hat er sich für die jüdische Jugendbewegung in der Pfalz und im Reich sehr verdient gemacht. Er verfasste eine 'Gedenkschrift anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Synagoge in Speyer' und eine geschichtliche Darstellung 'Die Juden in der Pfalz'. Wir wünschen ihm alles Gute auf seinem Lebenswege."          

 
Erinnerungen an die Deportation in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober 1940: Grabsteine in Gurs    

Speyer Gurs BK 020.jpg (180644 Byte)Der Grabstein in Gurs (im Vordergrund) erinnert an das Schicksal von Siegmund Seligmann (geb. 22. Mai 1879 in Speyer, auch später wohnhaft in Speyer), der am 22. Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs deportiert wurde und dort am 15. Dezember 1940 umgekommen ist.     
 
Speyer Gurs BK 021.jpg (235573 Byte)Der Grabstein in Gurs (linker Stein) erinnert an das Schicksal von Lina Altschüler (geb. 16. Dezember 1874 in Speyer, auch später wohnhaft in Speyer), die am 22. Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs deportiert wurde und dort am 21. Dezember 1940 auf Grund einer Ruhrepidemie umgekommen ist.   
Lina Altschüler betrieb gemeinsam mit ihrem Bruder Julius in der Maximilianstrasse 61/62 ein Textilgeschäft , das sich seit drei Generationen im Familienbesitz befand. Julius Altschüler war ein Wohltäter im Verborgenen und ein Mäzen in der Öffentlichkeit: häufig wechselte das Gemälde eines Jungkünstlers gegen Stoff den Besitzer. Im Februar 1939 emigrierte Julius nach London. Lina starb nach der Deportation in Gurs. Im Januar 1948 kehrte Julius nach Speyer zurück, wo er als einziger jüdischer Heimkehrer im Juli 1954 starb. (Quelle). 

   
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeigen der Metzgerei und Wurstlerei Hermann Hanauer (1901 / 1906)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1901: "Metzgerlehrling
Ein anständiger Junge kann gründlich die Metzgerei und Wurstlerei, sowie Vieh-Einkauf lernen bei 
Herm. Hanauer,
Metzgerei und Wurstlerei, Speyer am Rhein."     
 
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. Mai 1906: "Metzger-Lehrling a
uf sofort oder später bei guter Behandlung gesucht. 
Hermann Hanauer, Metzgerei, Wurstlerei und Viehhandlung, 
Speyer am Rhein."           

  
Anzeige des Kurz-, Weiss- und Wollwarengeschäftes A. Westheimer & Co. (1905)
   

Speyer FrfIsrFambl 08061905.jpg (45291 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Juni 1905:     

 
 
Weitere Dokumente  

Werbemarken der Firma Marx Mayer 
für Bonbons und Kaffee
 (aus der Zeit ca. 1905 bis 1920)

(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, 
Kirchheim / Ries, weitere Angaben 
gleichfalls von Peter Karl Müller)     
Speyer Dok 130901.jpg (236728 Byte) Speyer Dok 130902.jpg (232186 Byte)

Marx Mayer (geb. am 17. Februar 1846, gest. am 3. Dezember 1903, beigesetzt im jüdischen Friedhof in Speyer, Grabstein abgebildet in der Video-Dokumentation 1 von Michael Ohmsen). Die Firma Marx Mayer bestand laut Angaben einer Rechnung von 1915 aus Kaffee-Import, Groß-Rösterei, eigene Verleseanstalt und einer Zuckerwarenfabrik. In der Schriftenreihe der Stadt Speyer im Band 12 - Schicksale Speyrer Juden - 1800-1980 von Johannes Bruno verfasst, findet sich ein Beitrag mit dem Titel - "Der Fabrikgründer mit Talent und Fürsorge - Marx Mayer und Co" Im Buch "Geschichte der Juden in Speyer" , Band 6 aus der Reihe - Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte - findet sich S. 125 der Hinweis, dass Hedwig Marx-Mayer auf der Ersatzliste der Deutsch-Demokratischen Partei aufgestellt war. Die Werbemarken ( Vignetten ) stammen aus der Zeit ca. 1905 - 1920. 

     

       

       

       

       

       

       

 

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Stand: 30. Juni 2020