Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Weitere Textseiten zur jüdischen Geschichte in Worms  
Texte aus dem 19./20. Jahrhundert zur mittelalterlichen und neuzeitlichen jüdischen Geschichte in Worms 
-  Texte zu den Rabbinern und Lehrern der jüdischen Gemeinde vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (diese Seite)    
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben im 19./20. Jahrhundert  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde im 19./20. Jahrhundert  
Zum alten jüdischen Friedhof in Worms ("Heiliger Sand")  
Zum neuen jüdischen Friedhof in Worms-Hochheim     
 
                

Worms (kreisfreie Stadt, Rheinland-Pfalz)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt 
  
Hier: Berichte zu Rabbinern und Lehrern der jüdischen Gemeinde vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert 

Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Worms wurden in jüdischen Periodika gefunden. 
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt. 
  
Hinweis: Die Texte wurden dankenswerterweise von Susanne Reber (Mannheim) abgeschrieben und mit Anmerkungen versehen.  
  
  

Übersicht:   

         Aus der Geschichte der Rabbiner in Worms  
bulletBerichte zu Rabbinern des Mittelalters 
-  Beitrag über Raschi (Artikel von 1885)    
-  500. Todestag Maharils (1927)   
-  Über Rabbiner Jakob von Worms (um 1500 - 1563; Artikel von 1867)  
-  Zum 300. Todestag von Rabbiner Elia ben Moscheh Loans (1936)    -   
bulletBerichte zu Rabbinern des 19. und 20. Jahrhunderts   
Übersicht über die Rabbiner in Worms im 19./20. Jahrhundert  
-  Über Rabbiner Samuel Levi (gest. 1813) (Artikel von 1900)   
Über Rabbiner Samuel Levi (gest. 1813) (Artikel von 1912) 
Rabbiner Samuel Levi - ein Sohn von Rabbiner Wolf Levi in Pfersee sowie über dessen Urenkel Orchesterdirigent und Komponist Hermann Levi (1853-1900)  (Artikel von 1933) 
Zum Tod von Rabbiner Jacob Koppel Bamberger (1864)     
-  Dr. Alexander Stein wurde zum Rabbiner gewählt (1867)   
Rabbiner Dr. Marcus Jastrow tritt sein Amt in Worms an (1894)  
Zu einer Brückeneinweihung ist neben den christlichen Geistlichen auch Rabbiner Dr. Alexander Stein geladen (1900) 
Rabbiner Dr. Alexander Stein möchte in den Ruhestand treten (1909) 
Rabbiner Dr. Alexander Stein wird ausgezeichnet (1910)      
-  Zum Tod von Rabbiner Dr. Alexander Stein (1914)
  
bulletAus der Geschichte der jüdischen Prediger, Lehrer und weiterer Kultusbeamten der Gemeinde 
-  Prediger Dr. Abraham Adler führt einen Gottesdienst am Sonntagnachmittag ein (1847)    
Rede von Dr. Israel Schwarz in der Wormser Synagoge über "Segen und Fluch" (1849)   
-  Prediger Dr. Abraham Adler wurde wegen seinen "republikanisch-sozialistischen Ideen" verhaftet (1849)   
-  Suspendierung des Predigers und Religionslehrers Dr. Abraham Adler (1850)   
-  Rückblick 40 Jahre danach: über die beiden Brüder Prediger Dr. Abraham Adler in Worms und Rabbiner (in Alzey) Dr. Samuel Adler (Beitrag von 1885) 
-  Ausschreibung der Stelle des ersten Kantors (1851)  
-  Die Prediger- und Religionslehrerstelle konnte mit Dr. Ludwig Lewysohn wieder besetzt werden (1851) 
 - Dr. Ludwig Lewysohn wird verabschiedet (1859)  
-  Nach Weggang von Dr. Ludwig Lewysohn ist die Predigerstelle vakant (1859)    
Ausschreibung der Stelle des ersten Kantors (1859)   
-  Ausschreibung der Stelle eines Predigers und Religionslehrers (1860)   
-  Über das Wirken des Predigers Dr. Rosenthaler (gemeint Dr. Rosenfeld, 1861)  
-  Nach einem Gastauftritt wird Kantor Elkan aus Schlesien in der Gemeinde angestellt (1864) 
-  Ausschreibung der Kantor- und Hilfsreligionslehrerstelle (1868) 
Ausschreibungen der Stelle des Kantors und Lehrers (1873/1876)  
Religionslehrer Samson Rothschild wird Hilfslehrer an der städtischen Kommunalschule (1874)  
Ausschreibung der Kantor- und Religionslehrerstelle (1877) 
Ausschreibung der Kantor- und Religionslehrerstelle (1882)   
Zum Tod des Kantors Reimund Isaac (1891)       
-  Werbung für eine Publikation von Lehrer Samson Rothschild (1893)  
Silberne Hochzeit von Lehrer Samson Rothschild und seiner Frau (1904)  
40-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Samson Rothschild (1912)  
-  Zum Tod von Lehrer Jakob Stern (1912) 
-  25-jähriges Ortsjubiläum und 25-jähriges Ehejubiläum von Kantor Julius Rosenthal (1914) 
-  Zum Tod von Lehrer Leo Oppenheimer (1915)  
-  50-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Samson Rothschild (1918)   
-  80. Geburtstag von Hauptlehrer i.R. Samson Rothschild (1928)  
-  Kantor Julius Rosenthal beendet seine Tätigkeit in Worms (1928)  

     
     
     
Aus der Geschichte der Rabbiner in Worms    
    
Berichte zu Rabbinern des Mittelalters      
Siehe als Übersicht den Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Rabbiner_der_jüdischen_Gemeinde_Worms   
 
Beitrag über Raschi (Artikel von 1885)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1885: "Raschi. (Mit Illustration) Wer kennt ihn nicht, den in der Überschrift genannten Namen? Die Kinder in der Schule werden mit dem nach ihm benannten Werken bekannt gemacht, und die größten jüdischen Gelehrten können sie nicht entbehren. Im Grunde ist es aber gar kein Name; das Wort Raschi ist aus den Anfangsbuchstaben 'Rabbi Schlomo Izchaki' gebildet. Dieser große Mann, der Größte einer, wurde im Jahre 1038 in Troyes in Frankreich geboren und um dieselbe Zeit, als der letzte Gaon (vgl. https://de.wikipedia.org./wiki/Gaon), Rabbenu Hai (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hai_Gaon) in Babylonien den Märtyrertod starb. Als die Sonne Israels im Osten zu leuchten aufhören musste, ging eine neue Sonne im fernen Westen auf.
Abbildung: Das Äußere der alten Synagoge in Worms und das an dieselbe angebaute Beth Hamidrasch https://www.wissen.de/lexikon/bet-ha-midrasch
Der junge Schlomo entstammte einer Gelehrtenfamilie. Sein Vater war ein Talmudgelehrter; seine Mutter war eine Schwester des berühmten Mainzer Rabbinen und liturgischen Dichters, Rabbi Schimeon bar Jizchak bar Abon (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Simeon_bar_Isaac),den man allgemein als 'den Großen' nannte. Durch diese nahe Beziehung zu Mainz kam es auch wohl, dass der wissbegierige Knabe von seinen Eltern dorthin geschickt wurde, um daselbst seinem Studium obzuliegen. Zu Mainz befand sich zu jener Zeit die bedeutendste talmudische Hochschule des Okzidents, an ihr hatte Rabbeum Gerschom, das Licht           
der Diaspora, gelehrt und an ihrer Spitze stand nun mehr der von Raschi so oft erwähnte Rabbenu Jakob ben Jakir. Von Mainz begab sich Raschi nach Worms, wo er des Unterrichts der beiden großen Rabbinen Isak Halevi und Isak Ben Jehudah genoss. Später begab er sich nach Speyer, um zu den Füßen des Rabbenu Eljakim zu sitzen. Dann kehrte er in seine Heimat zurück, von wo aus der die ganze Welt mit dem Lichte seines Geistes erleuchtete.
Es scheint, dass Raschi eine Zeit lang in Worms als Rabbiner und Leiter der Hochschule fungiert hat. Das Bild, welches wir heute unseren geehrten Lesern vorführen, zeigt uns die alte Synagoge von Worms und das an dieselbe angebaute Beth Hamidrasch, welches als das Haus bezeichnet wird, in dem Raschi seine Lehrvorträge gehalten haben soll. Ein großer, aus Steinen zusammengefügter Lehnsessel wird als "Raschi's Stuhl' gezeigt. Als wir im Jahre 1855 zum ersten Male Worms besuchten, sahen wir noch ein an die Mauer angefügtes steinernes Aleph, dass so groß war wie ein Mann von Mittelgröße. Man sagte, dass Raschi unfähige Schüler auf das Aleph verwiesen, das heißt, ihnen angedeutet habe, dass sie von vorne anfangen möchten. Bei der bald darauf vorgenommenen Renovation des Gebäudes wurde dieses Aleph zertrümmert, so dass jetzt keine Spur mehr vorhanden ist.
Raschi's Hauptwerk ist sein schöner, lichtvoller, umfassender Kommentar zu fast allen Massechtot des Talmud Babli, dem wir das Verständnis dieses gewaltigen Werkes verdanken. Ohne den Kommentar Raschis würde uns der Talmud Babli vielfach ebenso unverständlich sein wie manche Parteien des Talmud Jeruschalmi. Raschi hat allerdings hierbei die Kommentarien älterer Gelehrter, namentlich des Gershom aus Mainz, benutzt; Sein Kommentar übertraf jedoch die Erklärungen aller seiner Vorgänger derart, dass er sie alle verdrängte. Kein anderer hat so lichtvoll, klar und mit so seltener Präzision und Kürze die schwierigsten Talmudstellen zu erklären vermocht. Ebenso wertvoll wie seine Erklärung in der mündlichen Lehre, ist sein Kommentar zur heiligen Schrift, namentlich zum Pentateuch. So ist Raschi wie kein anderer, der Lehrer aller Geschlechter geworden, die nach ihm gelebt haben und wird es auch für alle Zeit bleiben. – Raschi starb im Alter von 77 Jahren, im Jahre 1105, in der Vollkraft seines Schaffens. Gerade war er mit der Kommentierung des Traktats Mackot beschäftigt; er war bis zum 19. Blatte desselben gekommen und hatte gerade das Wort tahor 'rein' geschrieben, als seine reine Seele dem Körper entfloh. Sein Schüler und Schwiegersohn Rabbi Jehuda bar Nathan, vollendete den Kommentar zu der genannten Massechta. Ein anderer Schwiegersohn hieß Rabbenu Meïr, welcher der Vater dreier berühmter Söhne wurde: Rabbenu Samuel Bar Meïr (Raschbam), Rabbenu Jizchak bar Meïr (Ribam) und Rabbenu Jakob bar Meïr, genannt Rabbiner Tham. Diese drei Enkel Raschis wurden die Begründer der großen Tosafisten-Schule. Sie waren die größten Männer ihrer Zeit, und namentlich der jüngste von Ihnen, Rabbenu Tham, wurde der Lehrer von ganz Israel. Seine Entscheidungen sind meistens für die Halachah maßgebend, selbst da, wo er sich im Widerspruche mit seinem Großvater befindet.
Einen Sohn hat Raschi nicht hinterlassen. Seine drei Töchter waren mit großen Talmudgelehrten vermählt. Zwei von diesen haben wir genannt; der Name des dritten ist nicht auf uns gekommen.
Wie mit allen großen Männern, hat sich auch mit Raschi die Sage vielfach beschäftigt. Sie weiß von seinen großen Reisen und Wanderungen zu erzählen; sie bringt ihn in Verbindung mit Gottfried von Bouillon, dem Helden des ersten Kreuzzuges, der Jerusalem eroberte und zum Könige der heiligen Stadt ausgerufen wurde. Die Sage erzählt, Raschi habe den unglücklichen Ausgang des Kreuzzuges prophezeit und vorher gesagt, dass Gottfried nur mit drei Rosen und einem halben Rosse in die Heimat zurückkehren würde. In Begleitung dreier Reiter sei der Fürst bis an das Tor der Stadt gelangt und habe geschworen, Raschi und alle Juden zu strafen, weil die Prophezeiung nicht ganz in Erfüllung gegangen da er doch mit vier Rossen heimkehre. Die Zugbrücke wurde niedergelassen, und Gottfried ritt mit seinen Begleitern in die Stadt ein. Als der letzte derselben die Brücke passierte, fiel durch einen unglücklichen Zufall das Falltor herab und halbierte Ross und Reiter, so dass die Prophezeiung wirklich in Erfüllung gegangen war; denn das halbe Ross lag außerhalb der Stadt Tores. Voll Bewunderung habe sich nunmehr Gottfried in das Haus des Rabbiners begeben, um ihm seine große Verehrung zu bezeigen. Dort aber herrschte eine unheimliche Stille und als der Fürst in das Studierzimmer des Rabbiner eintrat, sah er ein Licht auf der Erde stehen, das die Bahre des großen Weisen beleuchtete.
Dass diese Sage der Wahrheit nicht entspricht, ist zweifellos. Gottfried von Bouillon starb in Jerusalem fünf Jahre früher als Raschi. – Wir bedürfen solche wunderbaren Geschichten nicht, um die Größe unseres erhabenen Lehrers Rabbenu Schlomo Bar Jizchak (Raschi) zu würdigen. Seine großen Werke, sein tugendhafter Lebenswandel, seine unaussprechliche Bescheidenheit haben ihm ein unvergängliches Denkmal gesetzt."   

     
500. Todestag Maharils (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 25. September 1927: "Worms. Zum 500. Todestage Maharils. Die hiesige Gemeinde beging den 500jährigen Todestag Maharils mit einer zahlreich besuchten eindrucksvollen Gedenkfeier. Der erste Vorsitzende, Sanitätsrat Dr. Nickelsburg, leitete den Abend durch eine feinsinnige Ansprache ein. Rabbiner Dr. Holzer beleuchtete in tiefschürfender Weise Maharils Leben und Wirken, seine Größe und Bedeutung und förderte manchen ganz neuen Gesichtspunkt zutage. Umrahmt wurde die Feier durch Gesänge von Kantor Agulnik und des Synagogenchor-Vereins. Redner und Sänger wurden mit allseitigem Beifall ausgezeichnet. Am Morgen des eigentlichen Todestages besuchten die Mitglieder des Chewra-Vereins die Grabstätte des großen Toten und verrichteten Gebete zu seinen Ehren.
Anmerkung: Rabbiner Dr. Holzer (1873 -1951): http://www.wormserjuden.de/Biographien/Holzer.html
Oberkantor Leo Agulnik (1869 – 1933) Grab im Friedhof Hochheim.
       
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 23. September 1927: Text wie oben.    
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. Oktober 1927: "Zum 500. Gedenktag seines Todes.
Die jüdischen Gemeinden der ganzen Welt und in erster Linie in Mainz, gedachten am 19. September in stiller Trauer des Maharil genannten Mainzer Rabbi. Die Mitglieder der Mainzer israelitischen Religionsgesellschaft hatten sich am Vorabend des Gedenktages nach Worms begeben. Die jüdischen Blätter des In- und Auslandes würdigen ihn, die Wiener illustrierte Zeitschrift 'Menorah' lässt sogar eine Maharil-Nummer erscheinen, in der jüdische und nichtjüdische Schriftsteller ein Kulturbild des Mainz vor einem halben Jahrhundert entwerfen. Welche Bewandtnis hat es nun mit diesem Rabbi Maharil? Zunächst sei daran erinnert, dass im Mittelalter die Führung der deutschen Juden, und im weiteren Sinne der ganzen Welt, in religionsgeschichtlicher Hinsicht von den drei großen Städten des Mittelrheins: Speyer, Worms und Mainz, ausging. Nach der Zerstörung des zweiten Tempels zu Jerusalem wurde das geistige Zentrum des Judentums nach dem Irak verlegt. Hier entstand der Talmud, der im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung seinen Abschluss fand, eine spätere Blüte des jüdischen Schrifttums entwickelte sich nach der gäonischen Epoche in Spanien, von wo sie ihren Weg über Frankreich an den Rhein und sich hier voll entfaltete. Die jüdischen Hochschulen in Mainz genossen den besten Ruf, und ihre Leiter und Lehrer besaßen eine Autorität, von der man sich heute kaum mehr einen Begriff machen kann. Ihr Wort galt der ganzen jüdischen Welt, und sogar Verordnungen und Gesetze, die sie, dem Drange der Zeit folgend, neu einführten, wurden und werden noch heute gehalten. So entstand u.a. in Mainz das Gesetz, das auch den Juden verbietet, mehr als eine Frau zu heiraten, es wurde hier das Gesetz des Briefgeheimnisses und verschiedene andere erlassen. Maharil, der ebenfalls eine Hochschule in Mainz leitete, hat diese Gesetze gesammelt und nicht nur viele Gebräuche, die sich im Abendland im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet hatten, niedergeschrieben, er hat auch Entscheidungen über die Grundgesetze der jüdischen Lehre herausgegeben und sie in mehreren Werken zusammengefasst. Aus allen Gauen des Reiches wurden Fragen an ihn gerichtet und als Vorbild tiefster Frömmigkeit übte er einen gewaltigen Einfluss auf die Zeitgenossen aus. Obgleich Maharil zwanzig Jahre vor dem Erscheinen des ersten Druckwerks des Mainzer Katholicons starb, waren seine Bücher durch Abschriften in den Händen der meisten jüdischen Gemeinden. Als späterhin die großen, methodisch geordneten Gesetzbücher, wie Schulchan Arun (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schulchan_Aruch) u.a. Entstanden, griff man stets auf den Maharil zurück und so trifft man noch heute in den Erläuterungen dieser Kodizes auf seinen Namen. Die Bezeichnung 'Maharil' entstand wahrscheinlich aus den Anfangsbuchstaben seines wirklichen Namens. Sein Vater hieß Rabbi Moses Mulin HaLevi, er selbst Rabbi Jakob, so bedeutet 'Maharil' 'des Moses ha Levi Sohn, Rabbi Jakob Levi'. Wir finden u.a. in ihm die höchst anschauliche Beschreibung einer jüdischen Hochzeitsfeier in Mainz, die damals nur an Freitagen stattfand, vermutlich aus Sparsamkeitsgründen, um den Hochzeitsschmaus mit der Sabbatmahlzeit zu vereinigen. Nach Feststellungen von Rabbiner Dr. Bondi, Mainz, war Maharil ungefähr vierzig Jahre in Mainz Rabbiner; er wurde Amtsnachfolger seines Vaters. Zur Zeit von Maharils Vater war die jüdische Gemeinde in Mainz sehr groß. Damals regierte als Kurfürst der erste Adolf von Nassau, der die Juden wohlwollend behandelte.
Bald nach dem Tode Maharils zogen schwere Gewitter über die Juden von Mainz herauf, das Blut vieler Hunderte von Märtyrern färbte die Gassen Alt-Moguntias. In Trauergesängen und -sagen wurde ihr Leben und Sterben später von Mainzer Dichtern gefeiert.
Vgl. auch https://schumstaedte.de/entdecken/grabstein-des-maharil/ und https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/maharil.html und https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_ben_Moses_haLevi_Molin".      

     
Über Rabbiner Jakob von Worms (um 1500 - 1563; Artikel von 1867)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Januar 1867: "6. R. Jaakow min Wirmijsa (= Rabbi Jakob von Worms)
Einer handschriftlichen biographischen Skizzierung der Rabbiner aus Worms entnehme ich folgende Beschreibung eines hochgestellten Gesetzeslehrers im 16. Jahrhundert. Rabbi Jakob von Worms, berühmt als großer Gelehrter in allen Zweigen der jüdischen Wissenschaft, war der Sohn des bekannten Handelsmannes Chajim vom Hause Juda. Dieser wohlhabende Mann hatte noch zwei andere Söhne, ebenfalls gelehrte Rabbiner deren Namen Bezalel und Heilmann waren. Beide jedoch werden mehr wegen ihrer Kinder als ihrer eigenen Gelehrsamkeit gefeiert. Der eine war Vater der vier berühmten Brüder: Chajim, Löwe, Simson und Sinai, der andere von dem gelehrten Samuel der Deutsche.
Jakob von Worms, um's Jahr 1500 geboren, war lange einer der vorzüglichsten Gottesgelehrten in Deutschland, als ihn der Kaiser Ferdinand I. zum Oberhaupt und Oberrabbiner aller deutschen Gemeinden ernannte: Rosch we Aw Beth Din lekol Tefuzot Aschenazi (= Oberhaupt und Vorsitzender des Rabbinatsgerichts für die ganz aschenasische Diaspora), wie David Gans (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/David_Gans) sich im Zemach David ausdrückt. Da diese Ernennung vom Kaiser allein ausging, so nannte man ihn: Kaisers Raw =  Kaiserlicher Rabbiner. Er starb 1563 kinderlos, hatte aber den Trost, dass sein Name durch seinen gelehrten Neffen fortgepflanzt wurde."
Anm.: Zu Kaiser Ferdinand I.: https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_I._(HRR)        

  
Zum 300. Todestag von Rabbiner Elia ben Moscheh Loans (1936)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juni 1936: "Kleines Feuilleton. R.(abbi) Eila ben Moscheh Loans (Aschkenasi)
Zu seinem 300. Todestage am 21. Tammus

Eines an Wissen und Lebenswandel vorbildlichen Rabbiner sei hier in wenigen Worten gedacht, nachdem 300 Jahre seit seinem Tode vorübergegangen sind.
Der in der Überschrift genannte R.(abbi) Elia Loans war 1564 in Frankfurt a. M. geboren, hatte dort bei R.(abbi) Akiba Frankfurter und außerdem beim Maharal (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Judah_L%C3%B6w) in Prag gelernt und war hierauf in Fulda, Hanau, Friedberg, Mainz und zweimal in Worms Rabbiner, von 1600 -1604 und später von 1621 bis zu seinem 1636 erfolgten Tode. Er war ein Mann, dem Gelehrsamkeit lag, dessen Gefühlsseite aber auch stark ausgeprägt war, sodass er einmal für Gesang und Dichtungen viel Interesse hatte, und ferner durch die bezaubernde Kraft seines Wesens und seines Redens in den Ruf eines Wundermannes kam, von dem Erzählungen und Legenden so sehr umgingen, dass man ihn schließlich Elia Baalschem (Besitzer des guten Namens, Anm. S.R) nannte.
Er betätigte sich auch literarisch in ganz bestimmter Sphäre. Leichte Lektüre und leichte Kommentare lagen ihm nicht. In dem melodischen, aber deshalb dem Verstande nicht leicht erschließbaren Schir Haschirim (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hoheslied) forschte er und schrieb dazu einen Kommentar nach kabbalistischer Art, ja nach dem Vorbild des Sohar (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Zohar) und nannte seine Schrift Rinnath dodim; sie ist zweimal in Basel gedruckt worden (1606 und 1612). So ging er auch den Gedankengängen des Koheleth (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Kohelet) nach und schrieb dazu in gleicher Art einen Kommentar in seinen letzten Lebensjahren, erlebte aber den Druck dieser Schrift Michlal jofi nicht, denn sie wurde erstmalig in Amsterdam 1695 und später noch einmal in Berlin 1775 gedruckt. Er erklärte schwere Stellen in Bachja ibn Pakudas (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bachja_ibn_Pakuda) 'Choboth hawewachoth'. Auch schrieb er unter dem Titel Maagle zedek einen Kommentar zum Chumischkommentar (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Chumasch) des R.(abbi) Bechaj. Zum Sohar und zu dem Tikkune hasohar schrieb er ebenfalls Erklärungen unter dem Namen Aderet Eliajahu und Zophnath paneach.
Das ist eine Seite seiner literarischen Tätigkeit. Aber er war ja vielseitiger. Er verfasste Techinoth (Bittgesuche, Anm. S.R.), religiöse Lieder und gab sie zusammen mit den gleichnamigen Liedern seines Lehrers Akiba Frankfurter heraus und noch anderen Liedern für Sabbat-Ein- und Ausgang heraus; er hatte das Glück, Druck und Verbreitung seiner Schriften zu erleben.
Am bekanntesten ist sein Streitgedicht 'Wikuach hajajin im hamajim'-Streit zwischen Wasser- und Wein; in diesem Gedicht beweisen beide Getränke ihre Vorzüge durch Stellen aus der Bibel. Es wurde zuerst 1582 nur im hebräischen Text gedruckt, erschien 1757 in Amsterdam in deutscher Übersetzung und erhielt dabei die Bemerkung, dass es nach der Melodie des 'Dietrich von Bern' zu singen sei.
Er stammte aus der Familie Raschis und war ein Nachkomme des großen, um die deutschen Juden wohlverdienten R.(abbi) Joselmann von Rosheim, so rühmte seine Grabinschrift, deren Text nicht gut leserlich ist, da der Stein durchgebrochen ist, seine Lehrtätigkeit und seine publizistische Betätigung während das Wormser Memorbuch von ihm in den Sprüchen der Väter sagt: Der Geist der Menschen hat seinen Gefallen an ihm.
Ein würdiges Grab am Rabbinerplatz des Wormser Friedhofes ist es, zu dem wir am 300. Todestage unsere Blicken richten."
Zu Akiba Frankfurter: https://www.myheritage.de/names/akiba_frankfurter            

     
     
     
Berichte zu den Rabbinern des 19. und 20. Jahrhunderts    
 
Übersicht über die Rabbiner in Worms im 19./20. Jahrhundert
  
Rabbiner
in Worms waren im 19./20. Jahrhundert, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Rabbiner_der_jüdischen_Gemeinde_Worms:
 
-  1778-1808: Samuel Levi (1751-1813)
-  1810-1823: Isaak (Eisik) Adler (gest. 1823); Vater der Rabbiner Dr. Samuel Adler und Rabbiner Dr. Abraham Adler (beide siehe unten bei den Predigern).  
-  1823-1864: Jakob (Koppel) Bamberger (1785-1864) 
-  1864-1866: Dr. Markus Jastrow (1829 in Rogasen - 1903 in Germantown, Philadelphia/USA); war Rabbiner in Warschau, Worms und Philadelphia.  
-  1867-1910: Dr. Alexander Stein (1843-1914) 
-  1910-1935: Dr. Isaak Holzer (1873-1951); emigrierte 1935 in die USA.
-  1935-1937: Dr. Manfred Rosenberg (1908-1980); emigrierte nach Palästina.  
-  1938-1939: Dr. Helmut Frank (Jakob bar Israel) (1912-1989); emigrierte nach Philadelphia, USA.  
 
 
Über Rabbiner Samuel Levi (gest. 1813) (Artikel von 1900)    
Anmerkung: nachfolgender Beitrag ist von Samson Rothschild, der auch die Publikation verfasst: 
Samson Rothschild: Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde (Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. J. Kauffmann Verlag / Frankfurt a.M. 1920. Hierin zu Samuel Levi S. 7-14. Online zugänglich.

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1900: "Ein Rabbiner von Worms vor 100 Jahren Von Samson Rothschild – Worms a./Rh.
Als man im Jahre 1889 die Erinnerungsfeier an die vor 200 Jahren erfolgte Zerstörung der Stadt Worms durch die Franzosen beging, wurde auch an die gleiche Feier erinnert, welche im Jahr 1789 dahier abgehalten wurde. Jener Feier stand der Rabbiner Samuel Levi, der Großvater des jüngst verstorbenen Hofkapellmeisters Hermann Levi, vor. 27 Jahre lang war Samuel Levi Rabbiner in Worms. Er zählte zu den Notablen (= Honoratioren vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Notabeln#Frankreich) der Stadt und flüchtete, um nicht von den Franzosen als Geisel für Contribution (etwa: Lösegeld) mitgenommen zu werden, nach Frankfurt (am Main). Er wohnte 1806 dem vorbereitenden und 1807 dem wirklichen Sanhedrin (Versammlung von jüdischen Geistlichen vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Der_große_Sanhedrin_zu_Paris) in Paris bei, war ein Jahr angesehenes Mitglied derselben, umso mehr, da er der französischen Sprache vollkommen mächtig gewesen (sc. durch den Schulbesuch in Augsburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Gymnasium_bei_St._Anna_(Augsburg)) und ganz frei in derselben reden konnte. Infolge seines dortigen Wirkens war er von Napoleon zum Grandrabbin du Consistoire de Département de Tonnère (= Großrabbiner des Konsistoriums vom Donnersberg https://de.wikipedia.org/wiki/Département_du_Mot-Tonnerre) nach Mainz berufen, wo er nach sechs Jahren 1813 starb. In welchem Grade er der französischen Sprache mächtig war, beweist Folgendes, das er selbst niedergeschrieben. 'Zu damaliger Zeit, in den 90erJahren (1790er Jahre) waren in Worms sehr wenige Leute der französischen Sprache kundig; ich war vielleicht der Einzige, der sie geläufig sprach und cursorisch (hier: flüssig) las. Und da dies in der Stadt bekannt war, versammelten sich eine zeitlang allabendlich Bürgermeister, Gemeinderäte und viele Bürger vor meinem in der Häuserreihe der Judengasse (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Judengasse_(Worms)) etwas zurückstehenden Hause, um ihnen auf dem Sessel sitzend, den Inhalt der angelangten Pariser Zeitung sogleich deutsch vorzutragen.'
Interessant ist die folgende Tatsache, die nicht nur von der Redegabe, sondern auch von der             
Worms Israelit 31121900a.jpg (175357 Byte)Macht und dem Einfluss auf die Gemüter seiner Gemeinde zeigt. Es waren auf der Gemeindestube mehrere tausend Gulden Pupillen- (vgl. https://de.wikipedia.org./wiki/Pupillen)  und andere Gelder in eiserner Kiste verwahrt und über Nacht daraus gestohlen worden, worüber dann natürlich Jammer und Klage in der Gemeinde erfolgte. Das kleine Eigentum und die Ersparnis vieler geringer Leute, insbesondere vieler Witwen und Waisen war plötzlich verschwunden und der Täter konnte nicht ermittelt werden. Da ordnete Rabbiner Levi einen Fasttag an, an dem alle Gemeindeangehörige bis zum 13. Jahre herab, mit Ausnahme schwächlicher Frauen, in der Synagoge erscheinen sollten. Als dies geschah und die Synagoge dicht gefüllt war, kam Levi in Sargenes (vgl. https://en.wikipedia.org./wiki/Kittel), begleitet vom Vorbeter und Schofarbläser (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schofar), gleichfalls in Sargenes, und stellte sich mit ihnen vor die heilige Lade (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Toraschrein), die Tora aus derselben holend und hoch empor im Arme haltend. Darauf ließ er, wie am Roschhaschonah (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_ha-Schana) Schofar blasen und hielt dann eine eindringliche ergreifende Rede an die Versammelten, das Unglück schildernd, welches der Diebstahl über so viele arme und geringe Leute gebracht habe.
'Ich glaube den Täter zu kennen oder vermute ihn doch,' sagte er,' und bitte ihn fußfällig, das Geld wieder zurückzubringen (zu welchem Ende er drei Häuser bezeichnete, in welche es geschehen konnte, ohne bemerkt zu werden, wie er dann auch jedermann befahl, an den nächsten drei Abenden zu Hause zu bleiben, seine Türe aber offen zu lassen, damit kein Nachbar ein Kommen und Gehen erfahre), in welchem Fall ich den Segen Gottes auf ihn, seine Kinder und Kindeskinder herabrufe etc. Sofern es aber binnen drei Tagen das Geld nicht zurückgebracht habe, tue ich ihn und seine Angehörigen in ewigen Bann und rufe alle Flüche auf sie herab, die in der Tora geschrieben stehen' etc. Nach diesen Worten soll die ganze Gemeinde in lautes Weinen ausgebrochen sein. Sie hatten aber den gehofften Erfolg. In der zweiten Nacht wurde das Geld in den Hausflur von Herz Kahn gelegt. Es fehlte nur wenig daran."  

      
Über Rabbiner Samuel Levi (gest. 1813) (Artikel von 1912)     

Vgl. Beitrag von Susanne Reber (2023): Rabbiner Samuel Wolf Levi   
    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. April 1912: "Samuel Levi. (Ein Wormser Rabbiner und Mitglied des Pariser Sanhedrin.) Von Samson Rothschild - Worms
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde ein Kapellmeister öfters und in Ehren genannt, weil er ein hervorragender Interpret Wagner'scher Musik gewesen und deshalb mit dem 'Meister' und durch diesen mit König Ludwig II. von Bayern in lebhaftem persönlichen Verkehr gestanden. Dieser Generaldirektor, welcher Titel ihm später verliehen wurde, Hermann Levi, war der Enkel des Mannes, dessen Lebensbild die folgenden Zeilen geben sollen. Ich folge dabei vorhandenen Akten, ganz besonders aber den Aufzeichnungen des Sohnes, des verstorbenen Rabbiners Benedikt Levi in Gießen, die mir von den Hinterbliebenen freundlichst zur Verfügung gestellt wurden.
Samuel Levi war der Sohn des Rabbiners Wolf Levi, der das große Landrabbinat Pfersee  bei Augsburg verwaltete. Auch war er der Sohn und Enkel von Rabbinern, welche ihre Abstammung auf den berühmten Rabbiner Elia Wilna (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gaon_von_Wilna) zurückführte. In der Tat hatten alle drei Brüder Söhne, die Elias hießen. Die Bedeutung und das hohe Alter dieser Gemeinde ist daraus ersichtlich, dass das in der Münchner Staatsbibliothek befindliche, aus dem Jahre 1343 stammende Talmudmanuskript, welches einen sehr hohen Wert hat, einst dieser Gemeinde gehörte und das Pferseer 'Schatz' (= Talmud, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Talmud) heißt. Neben seinem großen talmudischen Wissen, scheint er auch Sinn für weltliche Bildung gehabt zu haben, denn er ließ seine Söhne, selbst die beiden, die sich dem Rabbinerberufe widmeten, täglich die Schulen zu Augsburg (vgl. http://gym-anna.de/wordpress/?page_id=737) besuchen, um Deutsch und Französisch zu lernen, was in damaliger Zeit eine große Seltenheit war (Anmerkung unten). Wolf Levi hatte drei Söhne: Samuel, Salomon und Hirsch. Samuel wurde Rabbiner in Worms, Salomon in Gailingen  und Hirsch widmete sich dem Kaufmannsstande. Er wurde später Bankier in Augsburg und hinterließ seinen Kindern ein bedeutendes Vermögen. Ein Sohn desselben, der das Bankgeschäft übernahm, gab dieses später auf, weil die Börse ihn als Juden von der Gilde ausschloss. Dass er neben seiner kaufmännischen und sonstigen Bildung auch des Hebräischen und Talmudischen sehr kundig gewesen sein muss, beweist der Umstand, dass er mit der Grabsteininschrift für seinen in Mainz verstorbenen Bruder Samuel nicht zufrieden war und verlangte, dass man ihn mit einer von ihm selbst verfassten beauftragen möge, was aber das Rabbinat ablehnte. Die Anhänglichkeit des Vaters (sc. Hirsch Levi, Augsburg, Anm. S.R) an seinen Bruder (Rabbiner Samuel Levi, Worms u. Mainz, Anm. S.R.) hat sich auch auf dessen in Mainz wohnenden Sohn vererbt, der testamentarisch bestimmte, einst neben seinem Onkel, dem Rabbiner Samuel Levi, beerdigt zu werden, was auch geschah, trotzdem diese Stelle nur für Rabbiner und seine Laien bestimmt war. Der Rabbiner Ellinger soll damals geantwortet haben: 'Der Verstorbene hat mit diesem Wunsche nicht bloß seine Liebe zum Onkel, sondern auch zum Rabbiner und Talmudgelehrten bekundet, somit die Torah geehrt, erfüllen wir also seinen Wunsch.'
Samuel Levi war im Jahre 1751 geboren. Sein Sohn, der schon genannte frühere Rabbiner Benedikt Levi zu Gießen, beschreibt ihn nach seiner Erinnerung als einen schönen, großen, starken und stattlichen Mann mit rundem, vollem, etwas gerötetem Gesichte, weißem, dünnen Barte,       
schönen Augen, schön geformtem Munde, schöner Nase, zarten, weißen Händen, das runde kleine Käppchen oder den großen dreieckigen breiten Hut auf dem Kopfe, immer fein gekleidet, beim Spaziergange das spanische Rohr mit großem Goldknopfe in der Hand, schon durch die äußere Erscheinung Ehrfurcht einflößend. Der Spazierstock, den die spätere Witwe dem befreundeten Medizinalrat Dr. Metternich in Mainz geschenkt, vererbte sich laut einer testamentarischen Bestimmung auf den ältesten Sohn in der Familie; ein Rückkauf für die Familie Levi wurde kurzerhand abgelehnt.
Levi gehörte zu den wenigen Rabbinern damaliger Zeit, die mit großem rabbinischen Wissen, humanistische Bildung und feinste gesellschaftliche Formen verbanden.
In sehr jugendlichem Alter als Rabbiner nach Worms berufen, heiratete er, kaum 20 Jahre alt, Pessel Hall, eine junge Witwe, die nach 10jähriger Ehe starb, auch seine zweite Frau, die Tochter des sehr angesehenen Hirsch Worms von Saarlouis, dessen Bruder der Stammvater der hervorragenden Familie Worms in Frankreich war, starb bald; er heiratete dann deren Schwester Brendelchen, später Sara genannt, eine junge, schöne, geistreiche, brave und wohltätige Frau. Beim Ausbruche der französischen Revolution war Levi Rabbiner in Worms. Da er zu den Notablen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Notabeln) der Stadt zählte und fürchten musste, von den Franzosen bei Überwältigung des linken Rheinufers als Geisel mitgenommen zu werden, flüchtete er mit Frau und Kind nach Frankfurt. Dort hielt er sich 11 Monate lang auf, bis der Sturm vorüber und Ordnung zurückgekehrt war. Im Grunde seines Herzens war er der französischen Freiheits- und Gleichheitsidee sehr gewogen, wie er später auch von hoher Bewunderung für Napoleon erfüllt war, wovon mehrere hebräische Oden und Gebete sowie Predigten zur Ehre desselben Zeugnis gaben.
Weil durch die Revolution und Einverleibung von Worms samt dem linken Rheinufer die jüdische Gemeinde sich aufgelöst hatte, erklärte eine Versammlung sämtlicher Juden der Stadt die Notwendigkeit der Wiedererrichtung der Gemeinde. Nahezu hundert Unterschriften enthält das Aktenstück, das sich im Archiv der hiesigen jüdischen Gemeinde befindet, in welchen die Unterzeichner sich verpflichten, einen Rabbiner, einen Vorbeter und einen Schächter anzustellen und alle Institutionen zu schaffen, die zu einem jüdischen Gemeinwesen gehören.
In damaliger Zeit waren in Worms sehr wenige Leute, die der französischen Sprache mächtig waren. Rabbiner Levi vielleicht der einzige, der sie geläufig sprach und kursorisch las. Da man das in der Stadt wusste, versammelten sich eine Zeit lang allabendlich Bürgermeister und Gemeinderat und andere vor dem Hause des Rabbiners in der Judengasse, der ihnen dann den Inhalt der angekommenen Pariser Zeitung sogleich deutsch vorlas, was sein Ansehen in der Stadt nicht wenig vermehrte.
Im Jahre 1789 wurde die Erinnerung an die vor hundert Jahren zerstörte Stadt Worms durch die Franzosen* durch gottesdienstliche Feiern begangen. Es ist interessant, das Programm zu erfahren, welches diese Feier in der hiesigen jüdischen Gemeinde zugrunde lag. Laut einer Mitteilung des 'Wormsischen Zeitungs- und Intelligenz-Manual' vom 30. Mai 1789 hatte die jüdische Gemeinde folgende Bekanntmachung erlassen:
'Auf Befehl E. Hochedlen Magistrats wird dieses Dankfest von der hiesigen Judenschaft auf den Pfingstdienstag ebenfalls gefeiert. Dieselbe haben 10 Reichsthaler Straf daraufgesetzt, wenn sich ein hiesiger Schutzjude (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Judenregal) auf diesen Tag entfernen wollte. Gleich nach der Frühschule (Frühgottesdienst in der Synagoge, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schacharit) wird mit Absingung des 18.,22., 27., 30., 31., 35., 40., 46., 54., 56., 64., 66., 71., 85., 86., 113., 118. Und 124. Psalms die Feier eröffnet. Hiernächst um 9 Uhr erscheint sämtliche Judenschaft in ihren Sabbathskleidern vor des Rabbiners Samuel Levi Behausung und um ½ 10 Uhr ziehen dieselbe Paarweiß in folgender Ordnung zur Schule (gemeint ist die alte Synagoge, Anm. S.R.): 1. kommen die Bruderschaften und Schulmeister mit ihren Schülern, hierauf folgt der Oberrabbiner, die Vorsteher und Kastenmeister (Verwalter des jüdischen Gemeindevermögens, Anm. S.R.) samt ihren Beamten, endlich aber die ganze Judengemeinde. In der Schule wird alles mit Lichtern illuminiert und mit Ehrenpforten (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ehrenpforte) von grünen Maien mit anhängenden Blumen und Zitronen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Etrog), der Altar (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bima) aber mit reichen Decken geziert. Hierauf wird der Oberrabbiner eine dieser Feier angemessene Rede halten, nach welcher noch viele Psalmen abgesungen werden. Vor bemeldetem feierlichem Zuge tragen die ledigen Juden eine große, mit Sr. Kaiserlichen Majestät und der Reichsstadt Worms Wappen gezierte Tafel mit der Unterschrift: Es lebe Ihre Kaiserliche Majestät und unsere gnädige Herrschaft, wie auch sämtliche Bürger und Judenschaft.' –
Interessant ist auch folgende Tatsache, die nicht nur von der Rednergabe Levis, sondern auch von seiner Macht und seinem Einflusse auf die Gemüter der Gemeinde Zeugnis gibt. Das Schriftstück befindet sich im Archiv der hiesigen israelitischen Gemeinde. Es waren auf der Gemeindestube mehrere tausend Gulden Pupillen- und andere Gelder in eiserner Kiste verwahrt und über Nacht daraus gestohlen worden, worüber dann natürlich Jammer und Klage in der Gemeinde erfolgte. Das kleine Eigentum und die Ersparnis vieler geringer Leute, insbesondere vieler Witwen und Waisen war plötzlich ver. Als dies geschah und die Synagoge dicht gefüllt war, kam Levi in Sargenes (vgl. https://en.wikipedia.org./wiki/Kittel), begleitet vom Vorbeter und Schofarbläser (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schofar), gleichfalls in Sargenes, und stellte sich mit ihnen vor die heilige Lade (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Toraschrein), die Tora aus derselben holend und hoch empor im Arme haltend. Darauf ließ er, wie am Roschhaschonah (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_ha-Schana) Schofar blasen und hielt dann eine eindringliche ergreifende Rede an die Versammelten, das Unglück schildernd, welches der Diebstahl über so viele arme und geringe Leute gebracht habe. 'Ich glaube den Täter zu kennen oder vermute ihn doch,' sagte er,' und bitte ihn fußfällig, das Geld wieder zurückzubringen (zu welchem Ende er drei Häuser bezeichnete, in welche es geschehen konnte, ohne bemerkt zu werden, wie er dann auch jedermann befahl, an den nächsten drei Abenden zu Hause zu bleiben, seine Türe aber offen zu lassen, damit kein Nachbar     
ein Kommen und Gehen erfahre), in welchem Falle ich den Segen Gottes auf ihn, seine Kinder und Kindeskinder herabrufe etc. Sofern es aber binnen drei Tagen das Geld nicht zurückgebracht habe, tue ich ihn und seine Angehörigen in ewigen Bann und rufe alle Flüche auf sie herab, die in der Tora geschrieben stehen' etc. Nach diesen Worten soll die ganze Gemeinde in lautes Weinen ausgebrochen sein. Sie hatten aber den gehofften Erfolg. In der zweiten Nacht wurde das Geld in den Hausflur von Herz Kahn gelegt. Es fehlte nur wenig daran."
Welche Verehrung man Rabbiner Levi von Seiten seiner Gemeinde entgegengebracht, davon nur zwei Beispiele: In der Judengasse  bestand ein freier Platz, auf dem Levi in der Dämmerung öfters spazieren ging. Während dieser Zeit wagte niemand, den Platz zu betreten: 'Der gehört dem Rabbiner.'
Sein Sohn, der Rabbiner in Gießen (Dr. Benedikt Levi, Anm. S.R.), hörte bei einem Besuch in Worms, dass eine arme Familie in der Judengasse das Bild seines Vaters besitze. Er gab sich alle Mühe, das Bild zu erwerben. 'Um keinen Preis geben wir dieses Bild her, zu ihm haben wir in schweren Tagen aufgeblickt und haben uns dabei getröstet, wir geben das Bild nicht her.' Hier mögen auch einige Bonmots von Levi (Rabbiner Samuel Levi, Anm. S.R.) einen Platz finden. Es kam eines Tages ein Mann zu ihm und meldete: 'Rebbe, ich habe den N.N. am Sabbat schreiben sehen.' (Schreiben ist für einen gläubigen Juden am Sabbat nicht erlaubt, weil es Arbeit darstellt, die am Sabbat, dem Ruhetag, verboten ist, Anm. S.R.). Levi antwortete: 'Wer heißt dich sehen, du brauchst nicht zu sehen.'
An einem Fasttage rief jemand Levi, der am Fenster saß, zu: 'Rebbe, ich meine es ist Nacht.' (Im Judentum wird vom Sonnenuntergang bis zum Sonnenuntergang des Folgetages gefastet. In dieser Zeit darf der Gläubige weder essen noch trinken, allerdings darf er nicht länger als 25 Stunden fasten, um die Gesundheit nicht zu gefährden. Fasten gilt auch als Form der Buße und rituellen inneren Reinigung. Schwangere, Stillende und Kinder bis zum 12. Lebensjahr [bei Mädchen] oder 13. Lebensjahr [bei Jungen] sollen nicht fasten. Kranke fragen einen Rabbiner, der dann Art und Dauer mit Hinblick auf die Krankheit berücksichtigt, da die Gesundheit auf keinen Fall gefährdet werden darf. – Die Person, die Rabbiner Levi hier anspricht, möchte den Fasttag verkürzen, Anm. S.R.). Darauf antwortete er: 'Ich meine, bei dir war's schon lange Nacht. 
Bei so ausgezeichnetem persönlichem Wesen und dem Ruf eines nicht bloß talmudisch gelehrten, sondern auch humanistisch gebildeten Rabbiners genießend, war es natürlich, dass er ganz der Mann war, der sich zum Mitgliede des Pariser Sanhedrin (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sanhedrin) eignete, welchem er denn auch fast ein Jahr lang sowohl dem vorbereitenden als dem 1807 zusammenberufenen angehörte. Er zählte zur Mittelpartei und machte natürlich oft den Sprecher, namentlich bei festlichen Gelegenheiten im Namen der nur Deutsch redenden Rabbiner. Napoleon hatte besondere Freude an dem gebildeten Rabbiner. In einer Audienz habe Napoleon Levi gefragt, was denn die Rabbiner tun würden, wenn er die von ihnen beabsichtigten Maßregeln selbst gegen ihre Gutheißung durchführen werde? 'Ew. Majestät kann niemand widerstehen!' war die Antwort Levis.
Während seiner Anwesenheit in Paris hatte er in der großen Synagoge eine Drascha (Predigt) unter großem Beifall gehalten, und sowohl diese als sein kluges Verhalten auf dem Sanhedrin fanden solche Anerkennung, dass Napoleon ihm die die Wahl gelassen, Grand-Rabbin (Oberrabbiner, Anm. S.R.) zu Metz oder zu Mainz zu werden, welche letztere Stadt, sodass er 1808 zum Grand Rabbin du consistoire du département du Mont-Tonnèrre (Oberrabbiner des Presbyteriums des https://de.wikipedia.org/wiki/Département_du_Mont-Tonnerre) ernannt wurde, welche Stelle er dann ein Jahr darauf antrat. In Worms erzählte man die Ursache seines Weggangs von da in folgender Weise. Levi hatte einen Metzger eine vorgelegte Lunge für trefa (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Treif) erklärt. Dieser zeigte sie nachher dem 'Michael Brog' ('Brog' ist rheinfränkische damalige Mundart für 'Prag', Anm. S.R,), wie er im Volksmunde hieß, (sein eigentlicher Name war Michael Melas und stammte aus Prag). Dieser sagte, der Raw (Rabbiner, Anm. S.R.) habe sich geirrt, das Vieh sei koscher. Als der Metzger dem Rabbiner Levi hiervon Mitteilung gemacht, habe letzterer in seiner Erregung die Vorsteher der Gemeinde zusammenbitten lassen und ihnen eröffnet, dass er in einer Gemeinde, in der ein Privatmann sich erdreistete, zu 'passkenen' (Urteil sprechen, Anm. S. R.), nachdem es der Rabbiner schon getan, nicht mehr länger Rabbiner sein wolle, und er ging nach - Mainz. Dort verwaltete Herz Scheuer das Rabbinat, dass er beim Eintritt Levis niederlegte. Obwohl Levi und Scheuer immer in Frieden zusammenlebten, suchten Scheuers Anhänger Levi das Leben recht schwer zu machen, was sich bei seiner ersten Drascha (Predigt) besonders bemerkbar machte. Sie stellten derartig spitzfindige Fragen an ihn, dass Levi ärgerlich ausgerufen haben soll: 'Bischloma stehe ich oben und ihr unten, sagt Kaddisch!' Das Leben wurde Levi in Mainz umso schwerer gemacht, als der Scheuer’sche Anhang auch Vertreter im Vorstand fand. Der Zwiespalt kam besonders zum Durchbruch bei einer Audienz, die Vorstand und Rabbiner 1812 bei Napoleon in Mainz haben sollten. Levi, der diesen und das Leben am Pariser Hof mit seinen Etiketten kannte, gab dem Vorstand das Programm, das dieser ablehnte mit den Worten: 'Man braucht nicht zur Audienz zu fahren, man kann auch gehen, und auch die von Levi vorgeschriebene Kleidung sei nicht nötig.' Der Vorstand, der sparen wollte, wurde – nicht empfangen. Das hat Levi derart gekränkt, dass die Gelbsucht ihn befiel und er anfing zu kränkeln. Trotzdem ihn Napoleon später allein sehr huldvoll empfing, so konnte er die erste Abweisung nicht verschmerzen. Am 13. September 1813 starb er, umgeben von einer trauernden Witwe und acht unversorgten Waisen. Kurz vor seinem Tode hatte er all seinen Kindern die Hände aufgelegt, ohne etwas dabei zu sprechen. Nur bei seinem Sohne Benedikt sagte er: 'Du sollst Raw werden!' Unter großen Entbehrungen hatte dieser sich, wie der Vater es gewünscht, dem Rabbinerberufe gewidmet und wurde Rabbiner in Gießen, welches Amt er bis zu seinem neunzigsten Jahre verwaltete. Er hatte die Kette der Rabbiner in seiner Familie fortgesetzt. aber – auch geschlossen."   
Anmerkungen: *Siehe: Pfälzischer Erbfolgekrieg 1688 – 1697, dritter Absatz: https://www.worms.de/de/kultur/stadtgeschichte/wussten-sie-es/liste/2014-02_Franzosen_am_Rhein.php)
Zu Herz Scheuer: https://de.wikipedia.org/wiki/Herz_Scheuer 
Zu Elia Öttingen: https://www.jewgenpedia.com/families/oettingen 
Zum Pariser Sanhedrin: http://hausen.pcom.de/jphebel/geschichten/sanhedrin_zu_paris.htm 
Rabbiner Samuel Wolf Levi: Samson Rothschild, 'Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde',1920, Frankfurt a. M., S. 7-14:https://archive.org/stream/bub_gb_t3c7AQAAMAAJ?ref=ol#page/n9/mode/2up     
https://www.juedische-allgemeine.de/allgemein/raus-aus-der-parallelgesellschaft/.  
Beitrag von Susanne Reber (2023): Rabbiner Samuel Wolf Levi   
Anmerkung: Zum Französisch-Unterricht Mitte des 18. Jahrhunderts an Augsburger Schulen: https://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/MertensHieronymusAndreas   

     
Rabbiner Samuel Levi - ein Sohn von Rabbiner Wolf Levi in Pfersee sowie über dessen Urenkel Orchesterdirigent und Komponist Hermann Levi (1853-1900)  (Artikel von 1933)   
Anmerkung: Rabbiner Wolf Levi  = Rabbiner Benjamin-Wolf Spiro: nach "Biographisches Handbuch der Rabbiner" BHR I.2, 825 vgl. http://www.steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=1687: geb. in Prag, gest. 1792 in Pfersee; war ein Sohn des Prager Parnas und Klausrabbiners Samuel Halevi Lichtenstadt-Wedeles (gest. 1752), welcher selbst ein Enkel des böhmischen Landesrabbiners Wolf Wedeles war. Dajan (Richter am Rabbinatsgericht) in Prag, 1753 Landesrabbiner in Oettingen, 1764 Landesrabbiner der Mgft. Burgau und Schwaben in Pfersee, Vater der beiden Rabbiner Salomon Levi (Gailingen) und Samuel Levi (Worms, Mainz).     

Pfersee BayrGZ 15031933a.jpg (146262 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. März 1933: "Die Vorfahren Hermann Levis. Zu Richard Wagners fünfzigstem Todestag. 
Die Fünfzigjahrfeier des Todestages Richard Wagners weckt auch die Erinnerung an einen der Getreuen des Hauses Wahnfried, den 1872 von Karlsruhe nach München berufenen Generalmusikdirektor Hermann Levi (1839-1900), der nach dem Tode Wagners der treueste Berater seiner Frau Cosima gewesen ist. 
Der Vater, der den Künstlerdrang seines Sohnes schon früh erkannt hatte und ihn in seinem Künstlerstreben immer zu fördern suchte, war Rabbiner Dr. Benedict Levi zu Gießen, der 1806 als Sohn des Rabbiners Samuel Levi in Worms geboren wurde. Dieser war der Sohn des Rabbiners Wolf Levi in Pfersee bei Augsburg, besuchte die höhere Schule daselbst und eignete sich die französische Sprache derart an, dass der Bürgermeister von Worms und einige Stadträte allwöchentlich bei ihm in der Judengasse einkehrten, um sich von ihm die französischen Zeitungen übersetzen zu lassen. 1807 wurde er in das Synhedrion zu Paris berufen. Der französisch sprechende Rabbiner von Worms gefiel Napoleon so gut, dass er ihn mehrmals in Audienz empfing, und um ihm eine Gnade zu erweisen, bot er ihm das Rabbinat Metz oder Mainz an. Levi wählte das letztere, und so wurde er 1808 zum Grab Rabbin du consistoire du département de Mont Tonnère berufen. Dr. Levi erzählte gerne in Freundeskreisen, wie er 1812 Napoleon auf seinem Zuge nach Russland über die Große Bleiche in Mainz ziehen sah und wie ihn sein Lehrer in die Höhe hob und aufforderte, den Segensspruch beim Anblick eines gekrönten Hauptes zu sprechen..." 
Zu Hermann Levi vgl. auch Artikel in einer Seite zu Gießen (interner Link) und in einer Seite zu Garmisch-Partenkirchen (interner Link).   

 
Zum Tod von Rabbiner Jacob Koppel Bamberger (1864)     
    
Anmerkung: Rabbiner Jacob (Koppel) Bamberger ist 1785 in Neckarbischofsheim geboren. Er erhielt seine Ausbildung im Elternhaus seines Vaters Rabbiner Juda Moses Levi Bamberger und wurde 1820 nach dem Tod des Vater Rabbiner in Neckarbischofsheim. Er war auch an den rabbinischen Gerichtshöfen in Mannheim und Karlsruhe tätig, 1824 bis 1864 war er Rabbiner in Worms.

Neckarbischofsheim Israelit 13041864a.jpg (196436 Byte)Artikel aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. April 1864: "Worms, Ende März. Wie sich aus der eben noch heitern Luft der vernichtende Blitz auf die hoffnungsvolle Saat plötzlich herabschwingt, so traf vor wenigen Tagen, am Schuschan Purim (= 23. März 1864), viele Herzen schwer verwundend die Trauerkunde von dem unerwarteten Tod des würdigen, für die höchste Aufgabe der Menschheit unermüdet tätigen Rabbinen Jacob Koppel Bamberger. Wenn auch die Silberlocke seinen Scheitel deckt, wenn er auch das hohe Alter von 79 Jahren erreichte, so sind der Schmerz und die Wehmut über das Hinscheiden dieses Edlen dennoch gerecht, weil trotz seines Alters sein heiteres Naturell, sein klarer Verstand, sein geordnetes Denken noch segensreiche Früchte verhießen. Er glich der alten Eiche, deren starke Wurzeln fest in der Erde fußen, und die noch immer dem Wanderer erquickenden Schatten bietet. Gerecht ist der Schmerz, aber er gehe aus seinem Ungestüm in die stillere Wegmut über und wandle sich in den einen großen Vorsatz um, den Betrauerten durch ein seiner Lehre und seinem Willen genehmes Leben fort und fort zu ehren.       
Ist es auch seinen Hinterbliebenen ein schöner und sicherer Trost, sich dereinst mit ihm in dem Himmel wieder vereint zu wissen, so stärkt sie doch gewiss auch die bleibende Erinnerung an sein segens- und tatenreiches Leben.    
Und so will denn ein treuer Schüler dem Verewigten auch für weitere Kreise durch einen kurzen Rückblick auf sein Leben ein Erinnerungs-Denkmal aufrichten.    
Rabbi Jacob Koppel Bamberger ward zu Neckarbischofsheim geboren. Sein Vater war der im hohen Greisenalter verstorbene vielgelehrte Rabbiner Moses Bamberger, und seine Mutter war eine Tochter des talmudisch berühmten Rabbiners Simon Flehinger, Rabbiner in Mühringen.    
Der väterliche Ernst im schönen Bund mit der mütterlichen Milde hatte sich die Erziehung des einzigen Sohnes zur besonderen Aufgabe gemacht, und bestimmte denselben der Tora. Der Vater ließ ihn in allen Wissenschaften privatim unterrichten, und zum Studium des Talmuds nahm er für ihn die anerkanntesten jüdischen Lehrer auf, um damit dem Sohne die Jeschiwa zu ersetzen, da der Vater und die Mutter den einzigen Sohn nicht gerne außer ihrer Obhut ließen. Es wurde kein Opfer gescheut, um ihn tüchtig den rabbinischen Disziplinen heranbilden zu lassen. Der strebsame Jüngling krönte alsbald die Hoffnung seiner teueren Eltern; bald erreichte er das Ziel; denn noch hatte er das 18. Lebensjahr kaum überschritten, so wurde ihm von den bedeutendsten Rabbinen der damaligen Zeit, namentlich von Rabbiner Ascher – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, dem Sohne des Schaagath Arjeh, aus Karlsruhe, die rabbinische Autorisation – morenu – erteilt.     
Mit dem ausdauerndsten Fleiß betrieb er nun die Studien der beiden Talmude. Mit wahrhafter Begeisterung durchforschte er die Werke der Poskim (rabbinische Entscheidungsträger) und Meforsim. Er hatte stets große Neigung für das historische Wissen, und was sein ganzes Leben beseelte, waren die Werke des großen Maimonides. Dieser große

Neckarbischofsheim Israelit 13041864b.jpg (279619 Byte)Lehrer Israels war sein Ideal, dem er stets nachstrebte; es verging kaum ein Tag, ohne dass er sich begeistert über dessen Werke ausgesprochen hätte.   
In seinem 19. Jahre ward er mit der höchst achtbaren Familie des Mannheimer Rabbiners, Rabbi Getschlik Alsens, bekannt. Die Tochter dieses Hauses, namens Jitle, gewann und erwiderte seine Zuneigung, und verband sich ihm auch zur treuen Lebensgefährtin. Ein Mädchen entsprang dieser Ehe, namens Regine, die der Verewigte besonders liebte; sie verehelichte sich mit einem Verwandten, Dr. Fraensdorf aus Bamberg.  
Kurze Zeit nach seiner Verehelichung wurde er mit dem Rabbineramt der Stadt Heidelberg und Umgegend betraut, und es wurde da sein geistiges Talent sogleicht in die Arena gerufen. Der hochgelehrte Rabbiner Ascher entbot ihn nach Karlsruhe, um mit ihm gemeinschaftlich den neu erstandenen Tempel zu bekämpfen, dessen Tendenz die Entfernung jüdischer und Einführung deutscher Gebete mit Orgelbegleitung war.   
Ihre Bemühung krönte den Erfolg, und sie hatten um dessentwillen in einer deutschen theologischen Zeitschrift bittere Angriffe abzuwehren.    
Nach dem Tode seines weit berühmten Vaters wurde er zu dessen Nachfolger (sc. in Neckarbischofsheim) erwählt, als welcher er segensreich wirkte; er wird noch heute sein Name dort mit Ehrfurcht genannt.   
Im Jahre 1824 wurde ihm von der hiesigen Gemeinde (sc. Worms) das Rabbineramt übertragen. Gerne folgte er diesem ehrenhaften Rufe. Da Worms von jeher Stadt und Mutter in Israel war, und das Rabbinat stets nur mit Autoritäten besetzt wurde. Er folgte gerne diesem Ruf, um hier seine geistige Tätigkeit zu entwickeln, aber er ahnte nicht die vielen Kämpfe, die er da zu bestehen hatte. Nicht allein pekuniäre und Familienverhältnisse haben manche bittere Stunde ihm bereitet, auch der Sturm der unjüdischen Bestrebungen der neuen Zeit brauste wider ihn heran und hat die ganze Kraft seines Lebens in Anspruch genommen.     
Gleich nach seinem Hierherkommen hat sich eine große Anzahl Jünger aus allen Gegenden um ihn geschart, um von ihm Worte der Tora zu hören, und viele Rabbinen sind aus seiner Jeschiwa hervorgegangen (Anmerkung der Redaktion: Auch der Herausgeber dieser Blätter hat von ihm Hattarat Horaah erhalten).  
Mitten im Kampfe für Lehre und Leben wurde er durch die Trauerbotschaft von dem Hinscheiden seiner treuen Gattin, welche in Bamberg zum Besuche ihres Kindes war, tief getroffen. Nun stand er allein als Greis, und keine teilnehmende Hand hat ihn gepflegt. – Ich, als treue Schüler, hab Alles aufgeboten, seine traurige Lage einigermaßen zu erleichtern – war so oft wie möglich um ihn, und habe seine herbe Last ihm tragen helfen. -  Der ehrwürdige Rabbiner Dr. Auerbach, sein Schüler und Vertrauter, veranlasste ihn zu einer zweiten Ehe, und er verheiratete sich auch mit Johanna Lehmann aus Darmstadt. Ich bot Alles auf, seinen pekuniären Verhältnissen eine andere Gestaltung zu geben, was mir unter Gottes Beistand auch gelang. Sein häusliches Leben wurde nun ein freundliches; von seiner Frau geliebt, geachtet und treu und sorgsam gepflegt, lebte er glücklich in dem Kreise der Seinigen, (Anmerkung der Redaktion: Der Herausgeber dieser Blätter reiste fast alljährlich nach Worms, nur zu dem Zecke, den ehrwürdigen Greis zu besuchen; die Liebe und sorgsame Pflege der Angehörigen desselben verfehlte niemals, den erfreulichsten Eindruck zu machen) und zog, außer seinen amtlichen Verpflichtungen, sich von der Außenwelt zurück. Dieser Zurückgezogenheit verdankte die Wissenschaft eine ausgedehnte Bereicherung auf ihrem Gebiete, das der Selige mit genialer Kraft zu erforschen verstand. Es befindet sich Folgendes im Manuskript vor: Hebräischer Titel der 4 Bände.        
Ein Mann, wie er, der nur mit Gott und sich selbst verkehrt, konnte nicht viel mit der Gesellschaft verkehren; er lebte in einer selbst geschaffenen Welt. Seine Liebe zur Einsamkeit stand mit seinem tiefen, großen und edlen Charakter in Verbindung.

Neckarbischofsheim Israelit 13041864c.jpg (139461 Byte)Der Besuch des Gotteshauses, morgens und abends, war ihm eine himmlische Beschäftigung und nichts vermochte ihn davon abzuhalten; selbst dann, wenn die Kanzel dazu benutzt wurde, um kränkende Äußerungen hören zu lassen, verfehlte er nicht, dahin zu gehen. Noch am Taanit-Ester-Abend (= 21. März 1864, sc. zwei Tage vor seinem Tod) ging er in die Synagoge, wohnte dem Gottesdienst bis zuletzt bei – und eine Stunde später wurde ich zu ihm ans Krankenlager gerufen (Anmerkung: er ward ohnmächtig, während er damit beschäftigt war, seinem einziger Töchterchen aus zweiter Ehe das Buch Esther zu erklären. – Redaktion). Er konnte sich der Ohnmachten nicht erwehren, und die Schwäche nahm, trotz allen ärztlichen Beistandes zu, und so entschließ er. Purim nachts 11 Uhr ist dieser herrliche Geist in seine ewige Heimat entschwebt.   
Freitag, den 25. März, morgens 11 Uhr, war das Leichenbegängnis dieses großen Meisters in Israel.    
Es war eine ernste erhebende Feierlichkeit, zu der nicht allein die ganz hiesige Gemeinde, sowie alle Gemeinden des Kreises – nicht allein die Staats-, Zivil- und Militärbehörden, die Geistlichen aller Konfessionen, sondern auch viele Rabbinen sich vereinigt hatten, im Gefühl der Trauer und des tiefsten Schmerzes. Überall begegnete man Männern in tiefer Trauerkleidung; überall sah man Tränen fließen, sah, dass jeder sich der traurigen Bedeutung dieses Tages in tiefstem Ernste bewusst geworden. Ein unübersehbarer Leichenzug begleitete die Bahre. Kein Laut wurde vom Todeshause bis zum Beit HaChajim (Friedhof) gehört; ein stiller, tiefer Schmerz erfüllte die ganze Stadt.   
Im Todeshause, bevor der Leichenzug sich in Bewegung setzte, sprach ich Worte der Trauer und der Klage (Anmerkung der Redaktion. Herr Mannheimer sprach in ebenso beredter wie ergreifender Weise; es waren Worte, die vom Herzen kamen und zu Herzen gingen).   -  Am Grabe sprachen außer dem hiesigen Prediger noch vier Rabbinen benachbarter Gemeinden.     Moses Mannheimer."

   
Dr. Alexander Stein wurde zum Rabbiner gewählt (1867)     
Anmerkung: zu Rabbiner Dr. Alexander Stein vgl. Wikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Stein_(Rabbiner) 
Im Beitrag von Samson Rothschild: Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde (Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart). J. Kauffmann Verlag Frankfurt am Main 1920. Zu Rabbiner Dr. Stein: S. 37-50. Online zugänglich   

Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 15. Juli 1867: "Worms, 3. Juli. Hier wurde ein junger Seminarist, Dr. Stein, zum Rabbiner gewählt. Der Vorstand hatte an mehrere Rabbinen beider Richtungen Anfragen gerichtet. Der Frankfurter Hirsch (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Samson_Raphael_Hirsch) empfahl seinen Schwiegersohn Guggenheim, Philippson (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Philippson)  seinen Schwiegersohn Kayserling, Lehmann einige seiner Zugtiere. Diese Empfehlungen blieben aber erfolglos."          
Anmerkungen: Der Schwiegersohn von Samson Raphael Hirsch, der von diesem vorgeschlagen wurde, war Rabbiner Dr. Josef Guggenheimer (geb. 1831 in Kriegshaber, gest. 1896 in Kolin, Böhmen); er heiratete Sara geb. Hirsch (geb. 1834 in Oldenburg, gest. 1909) vgl. Genealogie zu Samson Raphael Hirsch: https://www.geni.com/people/Samson-Hirsch/6000000003789115307 und Biographisches Portal der Rabbiner  http://www.steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=625 
Der Schwiegersohn von Ludwig Philippson; der von diesem vorgeschlagen wurde, war Rabbiner Dr. Moritz Meyer Kayserling (geb. 1829 in Hannover, gest. 1905 in Budapest; verheiratet mit Berta geb. Philippson [geb. 1839 in Magdeburg, gest. 1931 in Budapest]); war ab 1861 Rabbiner der Schweiz mit Sitz in Lengnau): vgl.: http://www.steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=0905 und https://de.wikipedia.org/wiki/Meyer_Kayserling; Genealogie https://www.geni.com/people/Ludwig-Philippson/6000000015606223770.    

   
Rabbiner Dr. Marcus Jastrow tritt sein Amt in Worms an (1894)    
Anmerkung: zu Rabbiner Dr. Marcus Jastrow vgl. Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Marcus_Jastrow
Im Beitrag von Samson Rothschild: Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde (Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart). J. Kauffmann Verlag Frankfurt am Main 1920. Zu Rabbiner Dr. Jastrow: S. 32-37. Online zugänglich
  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September 1894: "Worms. Herr Dr. Jastrow hat sein Amt als Rabbiner in hiesiger Gemeinde am 15. August angetreten; wir sind es uns und dem, uns in seiner höchst achtbaren Persönlichkeit nahe tretenden Talent schuldig; über sein, wenn auch nur kurzes Wirken zu referieren, um einem Verdienste die gebührende Anerkennung zu zollen, das in kurzer Zeit sich so die allgemeine Geltung in der Gemeinde zu verschaffen gewusst hat.
Worms hat von jeher zur Verwaltung des Rabbineramts die größten Autoritäten berufen. Noch ist es kein halbes Jahr, dass wir den großen Verlust unseres Rabbiners J. Bamberger - das Andenken an den Gerechten und Heiligen sei zum Segen - , eines Heroen talmudischer Gelehrsamkeit beweinten.
Diesem edlen Manne ist nun Dr. Jastrow auf Berufung der Gemeinde im Amte gefolgt. Eingedenk der Wichtigkeit dieser Berufung ist er erschienen als Mann, der da weiß, was er ist und was er will. Seine Predigten, Geist und Herz zugleich ansprechend, zeugen von den Ansichten und Überzeugungen des Redners, sie offenbaren den religiösen Charakter des Mannes, dessen Streben dahin zielt, das Licht des Judentums - unsere Heilige Tora - leuchten zu lassen, Gottesfurcht und Moral nach echt jüdischem Sinne zu verbreiten. Die Predigten, die wir von ihm bisher zu hören Gelegenheit hatten – deren Klarheit und Bestimmtheit, sowie die logische Ordnung in der Entwicklung der Begriffe, haben uns überzeugt, wie tief dieser Mann zu denken vermag, und dass er die menschliche Natur in sich und Anderen studiert haben muss.
Dr. Jastrow gehört nicht zu jenen sogenannten Seelsorgern der Neuzeit, welche rücksichtslos den Rabbiner dem Dr. der Philosophie opfern; die auf der Kanzel von Wahrheiten des Judentums reden, aber dennoch nur so, dass jeder es wohl einsehen kann, dass sie selbst nicht daran glauben, und nicht von diesen Wahrheiten ergriffen sind: 'Doch sie allzumal haben das Joch gebrochen, die Bande zerrissen' (Jeremia 5,5) Seelsorger, welche mit dem Mangel an gründlichen Fachkenntnissen anmaßend genug sind, nach dem Maße des eigenen Glaubens (?) sich zum Gebieter des Glaubens Anderer zu erheben.
Gottlob! Dr. Jastrow zählt nicht zu diesen Herren, er verfehlt nicht morgens und abends das Gotteshaus zu besuchen. Talmud (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Talmud) und Poskim (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Posek) sind keine seltenen Erscheinungen in seinem Hause; er sieht ferner das Heil der Gottesverehrung nicht in übereilten Reformen, sondern in der Belebung des alten Gottesdienstes, er beweist durch sein persönliches Verhalten, dass er ihm nur um die Sache und nicht um den Schein zu tun ist."
Anmerkung: zu Rabbiner J. Bamberger: siehe Artikel oben von 1864.             
Foto links: Rabbiner Marcus Jastrow (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Marcus_Jastrow)  

  
Zu einer Brückeneinweihung ist neben den christlichen Geistlichen auch Rabbiner Dr. Alexander Stein geladen (1900)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1900: "Worms. Bei der hiesigen Brückeneinweihung waren der erste evangelische und der erste katholische Geistliche geladen, ebenso Rabb. Dr. Stein und zwar vom Ministerium. Auch bei dem Gastmahl, das die Stadt dem Großherzoge und seinen Gästen gegeben, war Dr. Stein geladen."             

  
Rabbiner Dr. Alexander Stein möchte in den Ruhestand treten (1909)      

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. November 1909: "Worms. Rabbiner Dr. Stein will wegen eines Augenleides in den Ruhestand treten. Rabb. Dr. Stein, der sich allgemein eines hohen Ansehens erfreut, blickt auf eine mehr als 40jährige Amtstätigkeit zurück." 

   
Rabbiner Dr. Alexander Stein wird ausgezeichnet (1910)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. April 1910: "Herr Rabbiner Dr. Stein in Worms ist von seiner Gemeinde, mit Genehmigung des Großherzoglichen Kreisamts, zum Ehrenrabbiner ernannt worden. Auch alle jüdischen Vereine, denen Herr Dr. Stein während seiner langen und gesegneten Amtsführung angehört hat, voran der Zweigverein der Alliance Israélite Universelle in Worms haben Herrn Dr. Stein zu ihrem Ehrenpräsidenten gewählt. Der Großherzog von Hessen hat dem Rabbiner anlässlich des Abschlusses seiner amtlichen Tätigkeit das Ritterkreuz erster Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen mit der Krone verliehen."
vgl. zur Alliance Israélite Universelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Alliance_Israélite_Universelle
zu Philipp dem Großmütigen: https://www.uni-marburg.de/de/universitaet/profil/geschichte/landgraf-philipp     
    

  
Zum Tod von Rabbiner Dr. Alexander Stein (1914)        

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Februar 1914: "Ehrenrabbiner Dr. Alexander Stein
Im Alter von über 70 Jahren starb in vergangener Woche in Karlsruhe der Träger dieser seltenen Auszeichnung, welche ihm seine Gemeinde Worms als Dank für seine segensreiche, mehr als vierzigjährige Tätigkeit beim Ausscheiden aus dem Amte vor vier Jahren verliehen hatte. Aufsehenerregende Nachrichten werden in dieser langen Amtsperiode wohl kaum über diesen still und ruhig seine Pflicht erfüllenden Mann in die Öffentlichkeit gelangt sein. Denn wenn irgend jemand, so hat er sein Leben lang den Spruch der Väter hochgehalten, dass man die Lehre nicht als Krone zum Prunken und nicht als Scheit zum Graben missbrauchen solle. Seinem bescheidenen Wesen und seinem vornehmen Charakter lag jede Spur von Eitelkeit und Ruhmsucht fern; wo er auf leeres Prunken und eitles Sichgroßtun stieß, erweckte ihm solche Beobachtung ein herzliches, fröhliches Lachen. In Geist und Wissen sich in berechtigter Weise hervorzutun, fehlte es ihm freilich nicht. In Grombach in Baden geboren, war er schon im Gymnasium, das er zu Karlsruhe absolvierte, ein trefflicher Schüler und erwarb sich die besondere Zuneigung des Oberrats Altmann, bei dem er sich für das theologische Studium vorbereitete. Im Breslauer Seminar, das er alsbald bezog, genoss er die allgemeine Gunst seiner Lehrer und Kommilitonen. Fränkel, zu dessen Schülern er noch zählte, gestattete dem noch nicht Vierundzwanzigjährigen noch vor seiner offiziellen Entlassung aus dem Seminar das Rabbinat der altberühmten Wormser Gemeinde anzunehmen. In einer Seminarpreisarbeit über die Fortbildung der hebräischen Sprache in der Mischna, hatte er das Zeugnis von seiner wissenschaftlichen Befähigung abgelegt, ein schweres Augenleiden, das sich frühzeitig einstellte und ihm Schonung gebot, ließ ihn freilich später nicht mehr zu wissenschaftlichen Arbeiten gelangen. Umso eifriger wandte er sich der praktischen Amtstätigkeit              
Worms AZJ 27021914a.jpg (219511 Byte)zu; seine schlichte, aber herzliche und eindringliche Art der Rede und seine überaus große Milde und Güte gewannen ihm bald aller Herzen. Er war die Verkörperung des Hillelschen1 Wortes: 'Sei von den Schülern Arons2, liebe den Frieden und gehe ihm nach, liebe die Menschen und führe sie sanft zur Lehre hin.' Auch seine religiöse Parteistellung war so beschaffen; sie kannte keine Schroffheit und kein Extrem. Er war ein aufgeklärter Geist und sich seiner Aufgabe, als liberaler Theologe in einer liberalen Gemeinde und in einem modernen Gotteshause zu wirken, wohl bewusst. Aber jeder Fanatismus nach links und nach rechts war ihm zuwider. In der religiösen Praxis hielt er sich darum gern von allen Extremen fern und vertrat als eine der sympathischsten und liebenswürdigsten Gestalten die gute alte Zeit der Breslauer Schule. Eigenartig war das Verhältnis seiner eigenen Schüler zu ihm. Alle liebten und verehrten ihn, selbst diejenigen, die seine Güte und Milde für ihre Schwächen ausnutzten; die Verständigen aber hatten einen feinen Sinn dafür, dass ein Mann von Wissen und Charakter vor ihnen stand, und wurden von früh auf seine treuen und anhänglichen Freunde. Einer dieser treuesten und anhänglichsten war der unvergessene Max Loeb in Mainz, der dem treuen Lehrer beim Abschied noch in seiner gewohnten begeisterten und begeisternden Weise des Dankes und der Verehrung darbrachte. Auch ich rühmte mich voll freudigen Stolzes des Wormser Ehrenrabbiners als meines Lehrers und Gönners, dem ich unverlöschliche Dankbarkeit bewahre. Als Dr. Stein vor vier Jahren mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand sein Amt niederlegte, zeigte es sich, wie fest seine Gemeinde mit ihm verwachsen war; es war ein Abschied wie von einem Vater. Auch die Behörden, bei denen er höchstes Ansehen genoss, selbst der Großherzog zeichnete ihn in ehrenvollster Weise aus, der letztere verlieh ihm das Ritterkreuz 1. Klasse mit der Krone. In Karlsruhe, der Stadt seiner Jugend, wollte der in Ehren Verschiedene seinen Lebensabend verbringen und sich der schönen Erinnerung an die einstige Tätigkeit freuen. Seine Familie umgab ihn dort mit treuester Fürsorge. Ganz besonders beglückte es ihn, dass zwei seiner Schwiegersöhne, Dr. Grünfeld, Augsburg und Dr. Levi5, Krefeld, angesehene und verehrte deutsche Rabbiner sind. Mit regstem Interesse verfolgte er weiter die lebhaften geistigen Bewegungen, die gerade seit den letzten Jahren die deutsche Judenheit erfüllen, mit freudiger Teilnahme empfing er noch am 1. Oktober vorigen Jahres die zahlreichen Glückwünsche seiner Verehrer zu seinem 70. Geburtstage. Nun ist er rasch dahingegangen und noch einmal wurden an seinem Grabe all die Stimmen der Liebe laut, die von dem reichen Segen sprachen, den er in Familie und Gemeinde ausgestreut hatte. Ein Rabbiner der modernen Zeit war Dr. Alexander Stein und doch an Wissen, Gottesfurcht, Charakter, Wirksamkeit vollauf würdig mit der ersten Reihe der trefflichen Männer zu stehen, die den Rabbinatssitz der berühmten Gemeinde Worms je geziert haben. Möge sein Name gleich der ihrigen allezeit zum Segen fortbestehen! Max Freudenthal4." 
Anmerkungen: 1zu Hillel: https://de.wikipedia.org/wiki/Hillel 
2 zu Aron: https://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_(biblische_Person) 
3 zur Breslauer Schule: https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdisch-Theologisches_Seminar_in_Breslau  
4 zum Verfasser des Beitrages Rabbiner Max Freudental: https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Freudenthal 
5 zu Rabbiner Dr. Levi, Oberrabbiner in Krefeld: https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Levi 
 
Karlsruhe AZJ 13021914.jpg (35349 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Februar 1914: "Im Alter von 71 Jahren starb in Karlsruhe der Ehrenrabbiner Dr. Alexander Stein, der 40 Jahre Rabbiner in Worms war, wo er sich allgemeiner Verehrung erfreute. Bei seinem Rücktritt wurde er zum Ehrenrabbiner ernannt. Seit seiner Pensionierung lebte Dr. Stein in Karlsruhe."  

    
    
     
Aus der Geschichte der jüdischen Prediger, Lehrer und weiterer Kultusbeamten der Gemeinde   
 
Übersicht über die Prediger, die während des Rabbinats von Jakob (Koppel Bamberger) parallel in der Gemeinde angestellt waren:
-  1839-1842 Prediger Dr. Samuel Adler (geb. 1809 in Worms als Sohn des Rabbiners Isaak Adler, gest. 1891 in New York): studierte seit 1831 an der Universität Bonn, dann in Gießen, wurde 1836 an der Universität Gießen in Philosophie promoviert; 1836 zunächst Religionslehrer, Prediger und Dajan in Worms, wirkte als Reformer; seit 1. Oktober 1842 Rabbiner in Alzey; im Herbst 1856 wanderte er in die USA aus, nachdem er einen Ruf der jüdischen Gemeinde Temple Emanu-El in New York erhalten hatte. Er wurde in der Folgezeit Oberhaupt der führenden jüdischen Reformgemeinde der USA. Adlers Bibliothek ist weitgehend erhalten im Hebrew Union College in Cincinatti/USA.  
Vgl. Abschnitt zu Dr. Samuel Adler im Buch von Samson Rothschild: Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde. Frankfurt 1920 S. 20-22. Online zugänglich
-  1842-1849: Prediger Dr. Abraham Adler (geb. 1811 in Worms als Sohn des Rabbiners Isaak Adler, gest.1856 in Bendorf-Sayn): studierte seit 1833 an den Universitäten Bonn und Gießen, danach Lehrer und Privatgelehrter in Frankfurt am Main, ab 1839 als Erzieher in Groß-Kanizsa (Ungarn). Ab 1842 Prediger in Worms, Verfechter des Reformjudentums. War verheiratet mit Rahel geb. Hochstätter (geb. 1823). Wegen seines Engagements in der Revolution 1849/49 erhielt er 1850 Berufsverbot und wurde inhaftiert. 1854 musste er eine Berufung nach New York aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes in Folge der Haft ablehnen. Starb in der Israelitischen Heilpflegeanstalt Bendorf-Sayn.
Vgl. Artikel zu Abraham Adler im "Frankfurter Personenlexikon": https://frankfurter-personenlexikon.de/node/363 und Abschnitt zu Dr. Abraham Adler im Buch von Samson Rothschild: Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde. Frankfurt 1920 S. 22-25. Online zugänglich.  
-  1851-1859: Prediger Dr. Ludwig Lewysohn (geb. 1819 in Schwersenz Kreis Posen, gest. 1901 in Stockholm): studierte nach 1842 an der Universität Halle, wurde 1847 in Philosophie promoviert; 1848 Rabbiner in Frankfurt an der Oder, seit 1851 Prediger in Worms, erteilte an den öffentlichen Schulen Religionsunterricht; beschäftigte sich als erster wissenschaftlich mit dem jüdischen Friedhof Heiliger Sand; ab 1859 Rabbiner in Stockholm bis 1883. War nach dem Tod seiner ersten Frau seit 1854 verheiratet mit Philippine geb. Bär aus Frankfurt am Main.
Vgl. Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Lewysohn und Abschnitt zu Dr. Ludwig Lewysohn im Buch von Samson Rothschild: Beamte der Wormser jüdischen Gemeinde. Frankfurt 1920 S. 25-31. Online zugänglich.  
- 1860-1864: Prediger Dr. J. Rosenfeld (aus Hirschberg/Schlesien). Weitere Informationen liegen nicht vor.  
  
Übersicht über die Ersten Kantoren:
-  Elias Grun   - Emil Bloch   - Moses Mannheimer   - Arnon Bessels   - Moritz Mayer   - L. Elkan   - Joseph Strauss   - Max Posner   - J.H. Zadikow   - Moritz Müller  - Gustav Wertheim  - Bernhard Stern 

Übersicht über die Zweiten Kantoren:
- Heinrich Heidenheim   - Raimund Isaak   -   
 
Übersicht über die Lehrer:  
- Lazarus Lehmann   
  
  
  
  
Prediger Dr. Abraham Adler führt einen Gottesdienst am Sonntagnachmittag ein (1847)  
Anmerkung: Lehrer und Prediger Dr. Abraham Adler war wie Dr. Samuel Adler ein Sohn des Wormser Rabbiners Isaak (Eisik) Adler (gest. 1823)
, siehe oben.  
Weitere Informationen zu Dr. Abraham Adler: https://frankfurter-personenlexikon.de/node/363    

Artikel in der Zeitschrift "Der Orient" vom 23. April 1847: "Worms. Prediger A. Adler hat die kolossalste Reform eingeführt, Sonnabendnachmittag soll zur sabbatlichen Erholung deutscher Gottesdienst stattfinden."           


Rede von Dr. Israel Schwarz in der Wormser Synagoge über "Segen und Fluch" (1849)      
Hinweis: die hebräischen Zitate konnten noch nicht vollständig wiedergegeben werden, da die hebräischen Buchstaben großenteils anders als gewöhnlich geschrieben werden. 

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 31. August 1849: "Segen und Fluch
Aus einer Rede gehalten in der Synagoge zu Worms. Paraschat Reeh (= 5. Mose 11,26 - 16,17).  Von Dr. Israel Schwarz.
Möge die Hand Gottes unseres Herrn sich jetzt über uns verbreiten, auf dass das Werk unserer Hände uns gelinge, durch seinen Beistand gelinge. Amen.
Andächtige, verehrte Zuhörer! Schon oft als ich neben der Lade Gottes stand und vor mir hatte eine aufmerksame Zuhörerzahl, da bebte mein Herz und nur erschrocken stammelte ich hervor die Worte aus meinem Munde; - aber diesmal, in diesem Augenblick ergreift mich eine unnennbare Scheu und meines Busens Schläge gehen unaufhaltsam in mir. Nicht lange brauche ich auf die Ursache dieser Veränderung sinnen; mir ist es, als höre ich eine geisterhafte Stimme rufen: 'Wie ehrfurchtgebietend ist dieser Ort'! Auf dieser heiligen Stätte, da standen einst die gottesbegeisterten Lehrer eurer Ahnen und Vorahnen, da standen sie einst, die in Gottesfurcht und Tugend ergrauten Frommen, die (Hebräisch), das heilige Gesetzbuch Gottes in den Händen und sprachen ihre herzbezwingenden, gemütszerreißenden Predigten zu der tiefbewegten und erschütterten Versammlung – und in diesem Gotteshause, da waren versammelt eure gottergebenen Voreltern und riefen zu dem da oben in Zeiten der schrecklichen Not und Verfolgung und der Herr, der schickte ihnen wunderbare Hilfe! - Und war es denn nicht diese Gemeinde, Deutschlands älteste, von deren Ruhm, von deren religiösem Sinne in allen Gauen des Vaterlands mit freudigem Lobe gesprochen wurde – und wie? Ihr wundert euch, dass so die Gedanken der glücklicheren Vorzeit jetzt vor meinen Blicken schweben, dass ich erzittere, indem ich diesen geweihten Ort besteige, und hintrete vor euch, verehrte Zuhörer? Oh, ich kann mich des Ausrufs nicht erwehren; mögen von dieser geweihten Stätte herab nur die Worte der Wahrheit wie Schofarstimmen ertönen, möge jeder Laut, der von hier aus in eure Herzen dringt, eine Glaubenssonne, kein Irrlicht in eurem Busen anzünden; möge dieses Gotteshaus alle Besucher in brüderlicher Eintracht umfassen und möge diese Gemeinde vor wie nach ein Muster reiner Gottesfurcht sein und in Juda         
Worms DtreueZionsw 31081849a.jpg (375017 Byte)alle anderen mit ihr gesegnet werden. - - Und wenn ich es nun wage, diese Stufen zu betreten, so geschah es, weil ich einen unwiderstehlichen Drang in mir fühlte, das, wovon meine Herzenstiefen durchdrungen, auch meinen teuren Glaubensbrüdern mitzuteilen. Es ist mir zwar keineswegs unbekannt, welche schwierige Stellung ein Redner in unserer Zeit einnimmt, dass er sich an tausend Stacheln verwundet, bevor er eine duftende Blume kann pflücken – ich glaube aber, dass selbst der tief eingekerbte Schmerz von zahllosen, blutigen Stichen durch den Duft einer gut gehegten Pflanze nicht mehr fühlbar wird. - So bitte ich euch um eine gütige Nachsicht, Schonung und Aufmerksamkeit. Wenn meine wohlmeinende Rede mit solchen Gesinnungen aufgenommen wird, wie sie aus meinem Innern strömt, dann wird diese Stunde eine segensreiche sein und der Allgütige wird huldvoll auf sie herabschauen. Amen.
M(eine) L(ieben). Beendet sind die Wochen der Trauer, die wir dem Andenken von Zion, dem Andenken an die zerstörte Gottesstadt geweiht haben, verklungen sind die Lieder der Klage ob einer trüben, finstern Vorzeit und schon ist es der dritte Sabbat, wo wir erquickenden Trost von Israel wiedererlangender Größe aus den heiligen Propheten vernehmen? Aber wie? Was ist denn heute für ein Neumondstag? Ist es etwa der Eingang zu fröhlich jauchzenden Wesen, werden wir etwa entschädigt für jene verklungenen Klänge der Wehmut, die so lange in unserm Ohre widerhallend? Mitnichten. (Hebräisch). Mit dem heutigen Rosch Chodesch Elul (1. Elul, d.h. des Monats mit den hohen Feiertagen) beginnt die ernste Zeit, von der gesagt wird, dass mit dem großen wirksamen Schofar geblasen wird, dass man vernehme eine Stimme leisen Geflüsters, dass nur der Denkende hört und das ihn mehr erschüttert, als des größten Künstlers summende Töne; dass da die Engel zittern, die Engel in ihrer klaren Anschauung der hochwichtigen Zeit vor der Nähe des Gerichts und wie schwache Erdensöhne, nicht ahnend das Hochwichtige dieses Augenblicks, wie unachtsame Schafe an solchen Tagen vorübergleiten. Also solche Tage sind’s, die wir mit dem heutigen Sabbate antreten, eine Zeit des tiefen Ernstes, des Fastens, der Tränen, der Bußgedanken und die zum Lohne für die erst jüngst verlebten trüben Stunden? Meine Lieben, eine Antwort auf diese Frage ist nicht schwer zu finden. Gerade diese Wochen bieten uns den schönsten Erlass für dasjenige, was wir betrauerten. Einen Tempel haben wir verloren aus Stein und Holz, bis zu seiner Wiederaufbauung lasst uns in unser Herzen einen Gottestempel errichten. Eine Gottesstadt, die wurde uns zerstört, uns selber können wir zu Gottesstätten machen; auf keinen Altar legt der Priester seinen Feuerbrand; wir können unsere Gaben unserm Gotte weihen; kein König thront auf seinem Purpurthrone, ein edler Fürst ruh’ in dem innern Heiligtume. - So können wir alle verlorne Geister in den kommenden Tagen sinnbildlich ersetzen.
Hieß doch auch der letzte Vers in unserm Klagelied: Führe uns zu dir zurück, oh Gott, erneuere unsere Tage, wie ehedem; durch Rückkehr zu der Tugend und zur Religion können wir vom Staub des Jammers freudig uns zur Höhe emporringen. Wir können uns noch freuen, dass uns ein heiterer Sommer geraubt ist, dass wir ja dennoch Sommerblümchen antreffen, die weder im Herbste noch im Winter verwelken. So wollen wir denn auch, angemessen einer ernsten Zeit einen ernsten Gegenstand besprechen. Die Anfangsworte, die wir aus unserem Torah-Abschnitte hörten, sie geben uns Stoff zu einer tiefern Betrachtung. (Vers 1-4). Klar und deutlich sind diese Worte, die der göttliche Mann, Moses, vor seines Lebens Ende zu dem Volke Israel gesprochen. Doch fragen wir: Woran erkennen wir denn, ob wir 'seinen Fluch' uns aufgeladen? - 
Wenn auch beim flüchtigen Blicke eine solche Frage lächerlich erscheinen könnte, da wir ja bei unserm Wohlergehen den Segen, bei unserm Unglück den Fluch Gottes ableiten können, so verhält sich die Sache doch ganz anders, wenn wir sie genau betrachten, (Hebräisch). Der unglückliche Mensch, meine Lieben, ist nicht immer der fluchbeladene, vielmehr heißt es (Hebräisch) der Reiche, nicht der Gesegnete. In mancher elenden Hütte, in der nur Kummer und Not hausen, in der die Kindlein schreien vergebens nach Brot und die Mutter jammert, weil sie nichts hat, den Hunger der ihrigen zu stillen, in der ist eher Gottes Segen zu finden als in den herrlichen Palästen der Großen und Vornehmen, die da trinken aus goldenen Schalen und speisen aus .  
Worms DtreueZionsw 31081849b.jpg (377222 Byte)silbernen Schüsseln, deren Mund voll ist von Freude und Ausgelassenheit.
Gerade hier sucht ihr den Segen Gottes am unrechten Orte, ihr findet ihn mitnichten. Von diesen heißt es: (Hebräisch). Erdenglück ist noch nicht Gottes Fluch. Da wird ja so oft zum Segen der Fluch eines (Hebräisch), des gierigen allverschlingenden Zufalls, und Unheil wird der Segen eines (Hebräisch), eines Blindgeschlagenen des Verführers Ausgeburt. - Und was ist denn nun Gottes Segen? 
Das ist es, was der sterbende Patriarch Jacob seinem geliebtesten Sohne gewünscht und verheißen. (Hebräisch), Segen, welcher von dem Himmel floss, Segen, welcher in dem Herzen ruhet. - (Hebräisch), die heilige Religion, die da herabkam von dem Himmel zur Beglückung der Menschen die Lehre des Herrn, die das Herz erfreut und die Seele labt, die das Licht brachte, den in Finsternis wohnenden und die in den Welten erhellte durch ihren Glanz, sie ist der wahre Segen. Wenn die heilige Schrift in Geist und Tat das Leben ergriffen, wenn sie wandeln die Menschen in den Vorschriften ihres himmlischen Vaters, wenn sie erfüllen treulich ihre kindlichen Pflichten und nie missachten die Lehre, die uns Moses gab – dann ruhet Gottes Segen auf einem solchen Zeitalter – denn dieses Gottesleben ist der Segen selbst. - (Hebräisch) Segen, welcher in dem Herzen ruhet. Das ist die Liebe, das ist die Tugend. Die Religion hat es mehr mit dem Himmel, die Moral mit der Erde zu tun. Nur, wenn der Bruder liebt seinen Nächsten, und nie ihm zufügt Unrecht und Leid, wen Recht und Gerechtigkeit sich begegnen und küssen, wenn der Mensch seinem Berufe als Mensch nachkommt, dann ruht der Segen des Himmels auf ihm, dann findet er Wohlgefallen in den Augen des Herrn, der über die Welten waltet. Und vereint müssen sie sein, diese beiden Brüder im Judentum – weder die Tugend von der Religion, noch die Religion von der Tugend darf getrennt werden. So heißt es: (Hebräisch).
Nur, wo dieser geistige Gottessegen ist, da kann auch das wahre Glück ruhen, nur wo Religion und Tugend, da ist auch anderer Segen erfreulich (Hebräisch). - - So wissen wir nun, was der wahre Gottessegen sei, oh könnten wir doch immer von ihm sprechen, dürften wir doch nicht nennen dasjenige, was ihm die finstre Macht entgegenstehen.
Doch wir müssen auch erfahren, was der Fluch Gottes sei. Fluch Gottes ist es, wenn der Himmelssegen, wenn die heilige Religion nicht mehr beglücken kann. So treten wir in (Hebräisch) (2-10). Das ist der wahre Himmelsfluch. Wenn der Born des Lebens für viele eine trübe Quelle wird, wenn das Buch der Bücher ihnen entfremdet und veraltet scheint, wenn die Gotteswunder ihnen als Segen erscheinen und wir nicht mehr auf ihn vertrauen können, der Israel fast 3 Jahrtausende in Sturm und Wetter Obdach war; wenn eintritt diese öfterweise trübe Aufklärungssucht, der man zurufen möchte: (Hebräisch), sie soll nicht mit ihnen, die den Glauben schwächer und die Weisheit nicht weiter macht, nicht diesem Hochmut auf meinen Altar steigen wollen, damit sie nicht selbst ihre Blöße entdecken, wenn es gibt unter Israel (Hebräisch), die sich entheiligen und verunreinigen in den Garten der Wollust, nur allein der lockenden Mode nachjagend, die da essen das Fleisch unreiner Tiere und genießen die verbotene Speise, wenn der klügelnde Verstand die Grenzen der Welten einzustürzen glaubt, wenn der verheerende Leichtsinn, die Frivolität – ihr verstehet unter diesem Namen besser – in das Lager Israels so eingerissen, dass selbst das Ehrwürdigste mit Füßen getreten und ein Gespötte froher, kaum der Schule entwachsener Buben wird, wenn das Gift des Unglaubens schon ansteckt die sonst so tieffühlende und gläubige Kindheit, dann lastet zentnerschwer der Fluch des Himmels auf ein solches Geschlecht. Wenn – wie dieses leider so häufig gefunden wird - in der Mitte des noch treu gebliebenen Häufleins, das sich rühmt auf der Zionswartburg auszuharren, wenn in deren Augen Moral und Tugend der Pflichten heiligste und schwerste als ein leerer Wahn erscheint, wenn wir Jesajas im heutigen Schlussabschnitt sagt: (Hebräisch), wenn sie hier Opfer schlachten, dort aber auch durch Verleumdung ihren Nebenmenschen töten, hier ein Lamm auf dem Altar darbringen – dort Liebe und Menschlichkeit nicht kennen, wenn das geweihte Geschenk durch Gedanken und Herzlosigkeit   
Worms DtreueZionsw 31081849c.jpg (259539 Byte)wie das Blut eines ekelhaften Tieres wird, wenn hier der Weihrauch duftet, dort aber dem Götzen des Goldes und Silbers gehuldigt wird, wenn Neid und Hass und Rache und Misstrauen im Lager dieses Häufchens angetroffen wird, wenn sie glauben, dass aus dem elenden Schlammenfeld, aus dem Kieselgrunde, aus dem nur Unkraut wuchert, ein Blumenbeet kann gezogen werden, dann ist es ein unerträgliches Zeichen, dass Gottes Fluch auf uns lastet. -
Fragen wir nun, wie so wissen wir, ob wir uns Gottes Segen zu erfreuen haben oder nicht, so lautet also die Antwort: Wenn ihr die heilige Religion, wenn die (Hebräisch) gehegt und gepflegt auf dem Boden der Sittlichkeit wird, dann wissen wir, dass uns sein Segen begleitet, wenn dieses nicht der Fall ist, dann sind wir verstoßen von seinem Angesichte. -
Und das ist der Segen der treuen Pflichterfüllung, dass aus ihr selbst entwickelnd stets das Gute kommt, (Hebräisch) und das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortwährend muss Böses erzeugen, (Hebräisch). Wer, so lehrten unsere Weisen, wer frommen Willens zeigt, das Gute zu tun und das Böse zu meiden, der wird unterstützt von der göttlichen Hilfe und eine gute Handlung lässt die günstige Gelegenheit zu vielen andern bieten, wer aber keinen Sinn für das für das Edle hat, wer verstockt in der Verleugnung der ewigen Wahrheit bleibt, wer der Sünden schon zu viel getan, den lässt der Vergeltende versinken in seiner Schuldenlast, denn das ist die schrecklichere der Strafen, das ist der fürchterlichste Fluch, wenn man im sündenhaften Leben den tiefen Abgrund nicht entdeckt.
Oh, möge von uns fern, fern dieser fürchterliche Fluch bleiben. Und wahrlich, wenn wir sahen die Schakale, die unsere Weinberg verderben; wenn wir entfernen das Hindernis, das den Glauben stört, das den heiligen Vorschriften zuwider; wenn wir verscheuchen alles, was dem Herzen ist verderbenbringend; wenn wir nicht mehr kennen die Schlaffheit und Trägheit; diesen (Hebräisch), wenn wir tatkräftig fördern, was zum Wohle der Menschheit, zum Heile der Seele ist, wenn wir hängen treu an den Glauben der Väter und freudig erfüllen unsere Pflichten als fromme Israeliten, treue Bürger, gute Menschen: Dann wird auch auf uns Gottes Segen ruhen und immer mehr werden wir im Guten erstarken; dann werden wir in den kommenden Wochen der Buße Gnade finden vor dem Vater des Lebens und in alle Welten wird das Licht ausgehen von Zion, das Wort Gottes von Jerusalem. (Hebräisch).
Aber zu dir, Vater im Himmel; stehen wir: Wende nicht von uns dein gnädiges Angesicht, damit wir nicht herumtappen im Dunkel des Unglaubens und des Irrtums. Entferne von uns die Lüge, die Heuchelei und halte fern die Verführung mit ihrer lockenden Macht. Erleuchte unsre Augen, dass wir es sehen, wie nur in der Erfüllung deiner heiligen Lehre und die wahre Glückseligkeit erblicken können. Allgütiger! Schau gnädiger herab auf den religiösen Wandel deines Volkes Israel .... Wenn es gewichen von dem Weg des Lebens, so zeige ihm wiederum den rechten Pfad, von dem es nimmermehr kann weichen. (Hebräisch). Amen."  


Prediger Dr. Abraham Adler wurde wegen seinen "republikanisch-sozialistischen Ideen" verhaftet (1849)   
Anmerkung: Vgl. weitere Informationen https://frankfurter-personenlexikon.de/node/363  

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 12. Oktober 1849: "Worms, (Hebräisch) – (Hebräisch) Prediger Adler ist eben mit vier Gendarmen nach dem Gerichtshof in Mainz  transportiert worden. (Hebräisch) Es wird ihm dort Zeit gegönnt sein, über sein gotteslästerliches Wirken als Jude und über seine republikanisch-sozialistische Ideen nachzudenken. Auch sein Bruder in Alzey ist wegen politischer Vergehen angeklagt worden. – Ich behalte mir es vor, über ersteren nächstens ausführlicher zu reden, zumal ich die religiösen Verhältnisse hiesiger Stadt Ihnen zur Musterkarte mitteilen werde."
Anmerkung: Der Bruder des Wormser Rabbiners Dr. Abraham Adler war der Rabbiner Dr. Samuel Adler aus Alzey (dort weitere Informationen).
   

  
Suspendierung des Predigers und Religionslehrers Dr. Abraham Adler (1850)   
Anmerkung: Vgl. weitere Informationen https://frankfurter-personenlexikon.de/node/363  

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 25. Januar 1850: "Worms. Diese Woche traf ein Regierungsdekret hier ein, dass die Suspendierung des Predigers und Religionslehrers A. Adler von seinem Dienste enthielt. - Genannte Zuschrift enthält ungefähr Folgendes: Obwohl der seitherige Prediger Abraham Adler noch vor den peinlichen Gerichten nicht verurteilt ist, so sieht dennoch die hohe Staatsregierung sich veranlasst, denselben von seinem Amte zu entsetzen, und fordert den Vorstand hiermit auf, genannte Zuschrift der ganzen Gemeinde in einer Gemeindeversammlung bekannt zu machen. Dem Vorstand wird in gedachter Zuschrift ferner aufgegeben, eine Abschrift des Reskriptes dem Gymnasialdirektor, und eine dem Schulvorstande der Staatschule zukommen zu lassen, weil Adler früher in genannten Anstalten den jüdischen Religionsunterricht erteilte. - Als Grund der Amtsentsetzung werden hauptsächlich erwähnt, Reden bei öffentlichen Volksversammlungen, bei welcher Gelegenheit der frühere Prediger sich des Hochverrats schuldig machte. - Es werden der Gründe noch sehr viele angegeben, die uns weniger interessieren dürften, wir erblicken in dieser Sache die Hand Gottes, die waltende Gerechtigkeit. Hat man sich seitens der orthodoxen Partei früher bemüht, Adler zu entfernen und ist es nicht gelungen, so möge man sich die Worte der heiligen Schrift ins Gedächtnis rufen:
(Hebräisch und deutsch 2. Mose 14,14:) 'Gott wird für euch streiten, ihr aber sollt stille sein!'
Dass der Schrecken im Lager der Reformer groß ist, können Sie sich denken, denn sie hatten ihre Stütze verloren. - Man will gegen diesen Beschluss protestieren, aber alle Mühe ist vergeblich, die Sache lag dem Ministerium vor. Aber dem hiesigen, wahrhaft Orthodoxen möchten wir zurufen, seid einig, zeigt euch als Männer, streitet für eure Sache und lasst euch nicht von Männern, die nur dem Scheine nach orthodox sind, verhören. Schenket solchen unter auch, die euch überreden wollen, kleine Reformen einzuführen, kein Gehör, sondern betretet den Weg, welchen euch euer würdiger Rabbiner zeigt, dann wird das Geschrei einzelner in leerer Luft verhallen. In Sachen der Religion gibt es keine Halbheiten, entweder ganz orthodox oder zu den Reformern. Auf zwei Schultern kann man nicht Wasser tragen, denn Eliohu*, der Prophet, sagt ja:
(Hebräisch und deutsch 1. Könige 18,21). 'Wie lange noch schwankt ihr mit geteiltem Sinne? Wenn Gott der Herr ist, so geht ihm nach, und ist es Baal, so geht ihm nach.'"
*Anmerkung: zu Eliohu: https://de.wikipedia.org/wiki/Elija 
   

    
Rückblick 40 Jahre danach: über die beiden Brüder Prediger Abraham Adler in Worms und Rabbiner (in Alzey) Dr. Samuel Adler (Beitrag von 1885)   
Anmerkung: weitere Texte siehe Textseite zu Alzey.    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. September 1885:  "Der Aufmerksamkeit würdig waren auch die Brüder S. Adler, Kreisrabbiner in Alzey und A. Adler, Prediger in Worms. Ähnlichkeit besaßen diese Brüder weder in ihrer äußeren Erscheinung, noch in ihren Ansichten; aber in ihren Gesinnungen und in ihrer Charakterfestigkeit kamen sie überein. Der erstere der beiden huldigte damals noch der gemäßigten Reform und wollte sie überall nur aus dem Talmud selbst herleiten und begründen. Darum kümmerte sich der zweite wenig, und verteidigte eine durchgreifende Reform mit großer Schärfe und gewandter Dialektik, der er oft einen überraschenden Sarkasmus einzufügen wusste, und zwar gerade da, wo man diesen gar nicht vermutete, und wo er deshalb wie ein Blitz einschlug. S. Adler gewann gerade durch seine Richtung bald eine gewisse Autorität unter seinen Kollegen, die er durch ein freundliches, liebenswürdiges Benehmen steigerte. A. Adler hatte ein hässliches Organ, das er jedoch durch seine kräftige Redeweise leicht vergessen machte. Von ihm ist mir nur eine polemische Schrift 'das Judentum und die Kritik, ein Sendschreiben an Herrn Dr. Frenkel ' (Mannheim 1845) bekannt, und einem weiteren Wirken setzte ein frühzeitiger Tod ein Ende. Von S. Adler, der später nach New York berufen ward, wo er eine lange sehensreiche für das amerikanische Judentum bedeutende amtliche Wirkung bis zum heutigen Tage ausübte, ist mir kein literarisches Produkt bekannt."   


Ausschreibung der Stelle des ersten Kantors (1851)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Juli 1851: "Konkurrenzeröffnung
Die Stelle eines ersten Kantors bei der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde mit einem fixen Gehalte von 400 fl. und den ordnungsmäßigen Akzidenzien ist erledigt. Der Anzustellende muss nicht nur genügende musikalische und orthographische Fähigkeiten besitzen, sondern auch zur Erteilung des Hilfsreligionsunterrichtes und namentlich des hebräischen Elementarunterrichts qualifiziert sein.
Konkurrenzfähige Bewerber werden eingeladen, sich binnen möglichst kurzer Zeit an die unterzeichnete Stelle zu wenden und ihre Zeugnisse einzusenden.
Worms, am 10. Juni 185.1 Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde daselbst. Heinrich Blün, Eduard Blün, Sam. Schneider, A. Levi."          

   
Die Prediger- und Religionslehrerstelle konnte mit Dr. Lewysohn wieder besetzt werden (1851)     
Anmerkung: zu Dr. Ludwig Lewysohn siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Lewysohn   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Oktober 1851: "Worms, 19. September (Privatmitteilung). Die bisher vakante hiesige Prediger- und Religionslehrerstelle ist endlich vergangenen Samstag durch einstimmigen Beschluss des Vorstandes und Ausschusses der Gemeinde durch die Wahl des Dr. Levysohn aus Frankfurt am Main wieder besetzt worden.
Es meldeten sich zu dieser Stelle 8 Rabbinatskandidaten (darunter 2 Inländer), von denen 3 zur engeren Wahl kamen. Von diesen 3 Kandidaten, welche sich hier vorstellen und Predigten abhalten mussten, trug Herr Dr. L.(evysohn) den Sieg davon, dessen Erscheinen und Vertrauen einflößende Persönlichkeit die Herzen gewann und dessen Predigt von der Art war, dass alle Parteien der Gemeinde sofort dessen Anstellung dringend befürworteten, indem die Predigt von tüchtigem homiletischem Wissen Zeugnis gab und in dialektischer und rhetorischer Beziehung den entschiedendsten Beifall fanden.
Herr Dr. L(evysohn). findet hier einen fruchtbaren Boden für sein Wirken von dem man allgemein den besten Erfolg erhofft.
Die Wahl hat unterm Gestrigen die Genehmigung großherzoglicher Regierungskommission des Regierungsbezirks Worms erhalten. 
N. Frank, Reg.-Sekr.-Assistent."       

    
Rabbiner Dr. Ludwig Lewysohn wird verabschiedet (1859)  
Anmerkung: Rabbiner Dr. Ludwig Lewysohn war als Rabbiner ausgebildet, aber in Worms als "Prediger" neben Rabbiner Jakob (Koppel) Bamberger angestellt; Informationen zu ihm siehe unten in der Übersicht zu den Predigern. Zu Dr. Ludwig Lewysohn (geb. 1819 in Schwersenz, gest. 1901 in Stockholm) siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Lewysohn.   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. April 1859: "Worms, den 11. April (Privatmitteilung). Mächtig ist für uns, für die hiesige Gemeinde, ja für den hiesigen Ort, im Allgemeinen, das wehmütige Gefühl der Trennung wegen des Abganges des allverehrten Herrn Dr. Levysohn, welcher nach einem 7 ½ jährigen Aufenthalt dahier, als Rabbiner und Prediger, nach dem fernen Stockholm sich begibt. - Am 27. dieses Monats (gemeint März 1859) hielt derselbe seine Abschiedspredigt, und wir entsinnen uns nicht, die weiten Räume der heiligen Hallen so überfüllt gesehen zu haben. - Der bewältigende Eindruck dieser feierlichen Stunde wird wohl allen Anwesenden unvergesslich bleiben. - Nach der Predigt begab sich der Großherzogliche Gymnasialdirektor, Herr Prof. Dr. Wiegand, in die Behausung des Herrn Dr. Levysohn und lud denselben, nach vorangegangenem einstimmigen Beschlusse des Lehrerkollegiums, zu einem Festmahle, welches das Kolleg ihm zu Ehren beschlossen hatte. Herr Dr. Levysohn lehnte jedoch diese ehrende Ovation unter den freundlichsten Dankversicherungen ab. Herr Direktor Wiegand veröffentlichte ferner im diesjährigen Gymnasialprogramme eine ausführliche biografische Skizze über Herrn Dr. Levysohn, welche zum Schluss lautet: 'Herr Levysohn legt sein Amt gegen Ende März dahier nieder und unsere wärmsten Wünsche folgen ihm nach die lange Reise von Worms am Rheine bis in den hohen Norden, welchen schon die poetische Sage des Nibelungen-Liedes mit jener Stadt in Verbindung setzte. Der Held Siegfried brachte glücklich den goldenen Hort der Nibelungen aus dem hohen Norden nach Worms, das Gold ward aber daselbst in den Rhein versenkt. Ein Siegfried im andern Sinne zieht Herr Levysohn von Worms wieder nach dem hohen Norden, mit dem goldenen Horte des Wortes Gottes, um es auch zu versenken – in die Herzen seiner neuen Gemeinde. Amen.
Gestern Abend vereinigte ein öffentliches Lokal einen reichen Kreis seiner Freunde in hiesiger Gemeinde bei einem Festessen, zu Ehren unseres hochgeschätzten Predigers. Herr Melas, Präsident des Vorstandes, überreichte Letzterem im Namen seiner vielen Freunde einen prachtvollen silbernen Pokal und unter den herzlichsten Glückswünschen trennte sich die zahlreiche Gesellschaft in später Stunde. Alle fühlten es und viele sprachen es aus, dass unserer Gemeinde nicht so leicht der Verlust ersetzt werden wird. -
Auch wir begleiten unseren allverehrten Freund mit unsern besten Wünschen und indem wir dem allgemeinen Bedauern über den Weggang unseres Freundes uns anschließen, gratulieren wir der Gemeinde zu Stockholm zu dieser glücklichen Wahl, einen Mann zu bekommen, welcher neben anerkanntem, gediegenem Wissen und ausgezeichnetem Rednertalent einen biedern Charakter und die höchste Begeisterung für seinen Amtsberuf besitzt. - Der Allmächtige geleite denselben und seine Familie auf der weiten Reise. -
Dr. Gernsheim."          

   
Nach Weggang von Dr. Ludwig Lewysohn ist das Rabbinat vakant (1859)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Mai 1859: "Aus Rheinhessen, April (Privatmitteilung). Durch den Abgang des Dr. Lewysohn in Worms ist in unserm Hessen nun das dritte Rabbinat vakant geworden, und es hat beinahe den Anschein, als sollten solche, zum Teil mindestens, nie mehr besetzt werden."      

   
Ausschreibung der Stelle des ersten Kantors (1859)    

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Mai 1859: "Konkurrenz-Eröffnung. 
Die Stelle eines ersten Kantors bei der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde mit einem fixen Gehalt von Fl. 500 und den ordnungsmäßigen Akzidenzien, ist erledigt.  
Der Anzustellende muss nicht nur genügende musikalische und orthoepographische Fähigkeiten besitzen, sondern auch zur Erteilung des Hilfs-Religionsunterrichts und des hebräischen Elementarunterrichtes pädagogisch qualifiziert sein. 
Konkurrenzfähige Bewerber werden eingeladen, sich längstens binnen 6 Wochen an die unterzeichnete Stelle zu wenden und Zeugnisse über ihre bisherige Wirksamkeit einzusenden.  
Worms, 27. April 1859. Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde daselbst.  
L. Melas. M. Edinger.  Ed. Herz.  Alex Mayer.  L. Wolfskehl."        

  
Ausschreibung der Stelle eines Predigers und Religionslehrers (1860)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. April 1860: "Konkurrenz-Eröffnung
Die Stelle eines Predigers- und Religionslehrers in der israelitischen Religions-Gemeinde dahier, mit einem jährlichen fixen Gehalt von Fl. 700 und ansehnlichen Nebeneinkünften soll wieder besetzt werden. Konkurrenzfähige Bewerber wollen ihre Gesuche mit Beifügung ihrer Atteste bei unterzeichneter Stelle franco bis längstens den 15ten Juni des Jahres einreichen.
Worms a./Rh., den 6. April 1860.
Für den Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde. L. Melas."        

  
Über das Wirken des Predigers Dr. Rosenthaler (gemeint: Dr. Rosenfeld, 1861)   
Anmerkung: es handelt sich sicher um Dr. J. Rosenfeld aus Hirschberg (Schlesien), siehe oben.  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. März 1861: "In Worms wirkt schon seit Monden Herr Dr. Rosenthaler als Prediger. wir gaben gehört, dass seine Predigten sehr besucht sein sollen."         

   
Nach einem Gastauftritt wird Kantor Elkan aus Schlesien in der Gemeinde angestellt - 
orthodoxer Protest gegen die Gründung eines gemischten Chores und den am Schabbat schreibenden Gemeindevorstehers (1864)
      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1864: "Worms, 7. Februar. Wielands Dichtung, die Abderiten, in welcher auf einmal ganz Abdera und sogar die Frösche in den Teichen zu singen begannen, scheint in unserer jüdischen Gemeinde sich verwirklichen zu wollen. Das göttliche Gefühl des Gesanges hat beinahe alle Gemeindemitglieder erfasst und alles will singen.
Vor drei Wochen ist ein Herr Elkan aus Schlesien hier durchgereist, hat als musikalisch gebildeter Kantor in unserer Synagoge eine Gastrolle gegeben; die Gemeinde von dessen so herrlicher und kraftvoller Stimme begeistert, veranlasste den Vorstand, diesen Künstler als ersten Kantor mit einem Gehalte von fl. 600 zu engagieren.
Nachdem man nun die bezaubernde Stimme des Herrn Elkan zum zweiten Male gehört, wurde durch die Zeitung zum Zwecke eines neu sich bildenden Chors aufgefordert, auf Sabbatmittag 4 Uhr auf der israelitischen Gemeindestube zu erscheinen; um zu beraten und zu besprechen über das Arrangement des neuen Gottesdienstes - und dieser Ruf war nicht verhallt, denn noch war kaum die Stunde genaht, so sah man in religiöser Begeisterung Junge und Alte, Jünglinge und Jungfrauen auf die Gemeindestube eilen, um sich als singende Mitglieder anzukündigen. Herr Siegmund Gernsheim ergriff alsbald die Feder, um die sich meldenden Mitglieder aufzuschreiben.
Wir können nicht umhin, eine solche Hinwegsetzung über eines der heiligsten jüdischen Religionsgesetze von Seiten eines Religionsvorstehers bei Ausübung seines Amtes anders als unwürdig zu bezeichnen.
Herr Gernsheim möge als gebildeter Kaufmann noch so aufgeklärt (!) sein, und selbst das Heiligste des Glaubens gering schätzen, so wird ihn darüber niemand zur Rede stellen (leider!) - aber als Vorsteher einer Religionsgemeinde – am grünen Tisch auf der Gemeindestube muss er sich als streng gläubiger Israelit betrachten, der alle Anforderungen der Strenggläubigen mit gewissenhafter Strenge zu bewachen verpflichtet sei, wenn sie ihm noch so überschüssig scheinen.
Über die Sache selbst wollen wir heute nicht sprechen, wir werden erst in einigen Wochen darauf zurückkommen, wenn es ruhiger wird im Hause des Herrn – der hiesige Enthusiasmus ist doch stets von kurzer Dauer - und dann hat es die Erfahrung auch sattsam dargetan, dass alle Flicklappen der Reform niemals im Stande waren, die Blößen des Indifferentismus zuzudecken."
Anmerkung: zu Abderiten vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Abderiten
Kantor Elkan: L. Elkan aus Thorn.   
      

   
Ausschreibung der Kantor- und Hilfsreligionslehrerstelle (1868)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Januar 1868: "Inserat
Die erste Kantor- und Hilfsreligionslehrerstelle der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde soll durch eine Persönlichkeit besetzt werden, die die beiderseitige Befähigung in sich vereinigt. – Die Stelle kann sofort angetreten werden und wird mit einem fixen Gehalte von 875 Gulden dotiert.
Reflektanten belieben sich bei unterzeichneter Stelle unter Beifügung der betreffenden Zeugnisse zu melden.
Worms, Dezember 1868. Der Vorstand der israelitischen Religions-Gemeinde. Isaac Pfungst."
Anmerkung: Isaac Pfungst war von Beruf Lederhändler und in der Wormser Mathildenstraße 20 ansässig. vgl. Artikel von 1873 zu seinem Tod.
            

      
Ausschreibungen der Stelle des Kantors und Lehrers (1873 / 1876)    

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Juli 1873: "Vakanz der Kantor- und Lehrerstelle.
In der hiesigen Gemeinde ist die Stelle des ersten Kantors und Hilfsreligionslehrers zu besetzen. Wir suchen einen musikalisch gebildeten, mit einer schönen Stimme begabten Kantor, der gleichzeitig befähigt ist, als Hilfsreligionslehrer zu fungieren.
Der fixe Gehalt beträgt je nach Leistung fl. 500 bis fl. 1.000 pro Jahr.
Da nur 8 bis 12 der Unterrichtsstunden pro Woche erforderlich sind, so ist die Gelegenheit geboten, mehrere hundert Gulden durch Privatunterricht zu erzielen.
Sofortige Anmeldungen unter Begleitung von Zeugnissen sind erwünscht.
Worms a/Rhein, den 24. Juni 1873. Der Vorstand der israel(itischen) Religionsgemeinde dahier."   
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Juli 1873: Text wie oben           
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Januar 1876: "Vakanz der Kantor- und Lehrerstelle. 
In der hiesigen Gemeinde ist die Stelle des ersten Kantors und Hilfsreligionslehrers zu besetzen. 
Wir suchen einen musikalisch gebildeten, mit einer schönen Stimme begabten Kantor, der gleichzeitig befähigt ist, als Hilfsreligionslehrer zu fungieren.
Der fixe Gehalt beträgt je nach Leistung 1.400 bis 1.700 Mark per Jahr.
Da nur 8 bis 12 der Unterrichtsstunden pro Woche erforderlich sind, so ist die Gelegenheit geboten, mehrere hundert Mark durch Privatunterricht zu erzielen.
Sofortige Anmeldungen unter Begleitung von Zeugnissen sind erwünscht.
Worms a/Rhein, den 30. Dez. 1875. Der Vorstand der israel(itischen) Religionsgemeinde dahier."    

    
Religionslehrer Samson Rothschild wird Hilfslehrer an der städtischen Kommunalschule (1874)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. August 1874: "Worms, 22. Juli. (Privatmitteilung). Die großherzogliche hessische Oberstudiendirektion hat den israelitischen Religionslehrer Samson Rothschild zum Hilfslehrer an der hiesigen städtischen Kommunalschule ernannt. Es ist dies der erste Fall, dass in Hessen ein Israelit an einer christlichen Schule wirkt."         

  
Ausschreibung der Kantor- und Religionslehrerstelle (1877)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Juli 1877:  "Vakanz der Kantor- und Religionslehrerstelle.
In der hiesigen Gemeinde ist die Stelle des ersten Kantors und Hilfsreligionslehrers zu besetzen. Wir suchen einen musikalisch gebildeten, mit einer schönen Stimme begabten Kantor, der gleichzeitig befähigt ist, als Hilfsreligionslehrer zu fungieren. Der fixe Gehalt beträgt 2.000 Mark per Jahr.
Da die Zahl der Unterrichtsstunden nicht sehr bedeutend ist, so ist die Gelegenheit geboten, mehrere hundert Mark durch Privatunterricht zu erzielen.
Sofortige Anmeldungen unter Begleitung von Zeugnissen sind erwünscht. Bewerber, welche zu den hohen Feiertagen die Stelle schon antreten können, werden bevorzugt.
Worms a. Rhein, den 2. Juli 1877. Der Vorstand der israel.(itischen) Gemeinde dahier."        

    
Ausschreibung der Kantor- und Religionslehrerstelle (1882)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Februar 1882: "Vacanz der Kantor- und Religionslehrerstelle
In der hiesigen Gemeinde ist die Stelle eines ersten Kantors zu besetzen. Wir suchen einen musikalisch gebildeten, mit einer schönen Stimme begabten Kantor, der gleichzeitig befähigt ist, die Stelle eines zweiten Religionslehrers (mit 12 bis 14 Stunden pro Woche) zu versehen. Der fixe Gehalt bis zu 2.000 Mark per Jahr. Nebenverdienst durch Privatunterricht geboten.
Worms, den 14. Februar 1882. Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde zu Worms a. Rh."           

  
Zum Tod des Kantors Reimund Isaac (1891)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1891: "Worms. Am vergangenen Sonntage bewegte sich ein unendlich großer Leichenzug nach dem jüdischen Friedhofe, um hier die sterblichen Überreste des nach mehrmonatigem schweren Leiden verstorbene Kantor Reimund Isaac dem Schoße der Erde zu übergeben. Der ungemein großen Leichenkondukt, sowie der tiefe Ernst, der sich auf allen Gesichtern lagerte, waren beredtes Zeugnis, das man einem Manne die letzte Ehre erweise, der im Leben durch sein Wirken die Linie des Alltäglichen um Bedeutendes überschritten haben müsse.
I. war im Jahre 1827 in Wollenberg (Großherzogtum Baden) geboren. Nachdem er sich für das Lehrfach vorbereitet, besuchte er das Seminar zu Karlsruhe. Seine erste Anstellung war zu Mingolsheim bei Bruchsal. Von hier aus übernahm er eine Religionslehrerstelle im hiesigen Kreise und übersiedelte dann im Jahre 1857 hierher, um seinen späteren Schwiegervater im Amte zu unterstützen. Nach dessen Tod wurde ihm die Stelle eines Kantors und Schochet (ritueller Schächter) übertragen, welche er bis zum vorigen Jahre bekleidete, wo alsdann der Vorstand die Schechita (rituelles Schächten) seinem Schwiegersohne übertrug, während er das Amt eines Kantors noch selbst verwaltete. Wie sehr freute man sich, dass dem gewissenhaften Mann jetzt der schwere Beruf der Schechitah abgenommen und er jetzt mit Ruhe den Abend seines Lebens verbringen könne, aber die Worte der heiligen Schrift: 'und er sah die Ruhstatt, dass sie gut' (1. Mose 49,15) hatte für ihn keine Bedeutung. Der Keim der Krankheit war schon zu stark in ihm entwickelt. Trotzdem sehen wir ihn morgens und abends am Vorlesepulte, um hier seines Amtes zu walten, bis ihn die Krankheit so heftig ergriff, dass er 2 Monate lang das Zimmer und Bett hüten musste, bis ihn am vergangenen Freitag ein sanfter Tod von seinen Leiden erlöste.
Dem Schmerz über den Verlust eines solchen gewissenhaften Beamten gab dann auch Herr Rabbiner Dr. Stein in bewegten Worten Ausdruck, indem er den Verstorbenen in seiner Gewissenhaftigkeit, Aufrichtigkeit und Bescheidenheit schilderte. Ergreifend war, was der Redner über seine Leistungen als Kantor sprach. Wie er durch die uralten traditionellen Melodien an den Hohen Feiertagen die Gottesdienstbesucher zur Andacht stimmte und wie er selbst bei seinen Funktionen an den Werktagen ... auf ihm lag. Wer in solcher Weise seine Pflicht erfüllt hat, der stirbt nicht; er lebt fort nicht nur in den Herzen der Seinen, sonder auch in denen der ganzen Gemeinde. (Rdsch.)"       

   
Werbung für eine Publikation von Lehrer Samson Rothschild (1893)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juni 1893: "Für jüdische Buchhandlungen
In unserem Verlage erschien soeben: Aus Vergangenheit und Gegenwart der israelitischen Gemeinde Worms
Von Samson Rothschild, Lehrer an der Stadtschule zu Worms a. Rh.
Mit vier Fototypien.
Inhalt: Vorwort. Der Friedhof. Die Synagoge. Interessante Inschriften. Sagen und Legenden.
Ladenpreis 60 Pfg. – Buchhandlungen entsprechend Rabatt
Joh. Wirth’sche Hof-Buchdruckerei. Aktien-Gesellschaft, Mainz."   
vgl. http://www.warmaisa.de/stolpersteine/rothschild-samson-1848-1939/              

   
Silberne Hochzeit von Lehrer Samson Rothschild und seiner Frau (1904)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1904: "Worms. Am 23. April feierte Herr Lehrer S. Rothschild das Fest seiner silbernen Hochzeit. Freitagabend wurde ihm ein Ständchen durch die 'Liedertafel', dem ersten hiesigen Verein, dargebracht. Samstag erhielt er durch Deputationen zahlreiche Glückwünsche. Der Vorstand der jüdischen Gemeinde war vollzählig vertreten. Der Präsident Levy* feierte das Ehepaar in einer herzlichen Ansprache. Gleichzeitig waren auch alle Beamten unter Anführung von Rabb. Dr. Stein sowie eine Deputation des Synagogenchores, des israelitischen Schülerunterstützungsvereins, Raschivereins, Bne Bris-Loge (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/B'nai_B'rith) vertreten. Das Kollegium der höheren Mädchenschule, an der der Jubilar schon lange Jahre segensreich wirkt, sandte prachtvolle Blumenspenden. Alle Deputationen überreichten Geschenke. Das Kollegium der Volksschule sandte als Deputation seine Oberlehrer. Kreisschulinspektor Scherer in Büdingen, kurz vorher zu einer Konferenz angekommen, war persönlich erschienen. Auch wir, die wir den Herrn Jubilar als treuen Mitarbeiter kennen, fügen unseren Glückwunsch hinzu. Möge er noch lange an der Seite seiner Gattin zum Segen des Judentums und als Zierde seines Berufs tätig sein."
*Zu Präsident Levy: es handelt sich um Hofrat Max Moses Levy (1858–1936), Gemeindevorsitzender und Enkel des Synagogenstifters und Fruchthändlers Ludwig Levy (1801- 1877).           

 
40-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Samson Rothschild (1912)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Juni 1912: "Worms, Mittwoch, den 3. Juli feiert die jüdische Gemeinde das 40jährige Ortsjubiläum ihres verdienten und in allen Kreisen geschätzten Religionslehrers S. Rothschild, der auch seit 38 Jahren an der städtischen Volksschule als Klassenlehrer wirkt."       
 
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Juli 1912: "Worms. Der 3. Juli war ein Ehrentag für die jüdische Gemeinde; unser Lehrer S. Rothschild feierte nämlich sein 40jähriges Ortsjubiläum.
Der Gemeindevorstand mit den Beamten, Abordnungen der verschiedenen Wohltätigkeitsvereine, denen der Jubilar sich in hervorragender Weise widmet, die Loge, deren derzeitiger Präsident der Gefeierte ist, brachten ihre Glückwünsche unter Überreichung wertvoller und sinniger Geschenke. Für die Gemeinde sprach Herr Levy, der besonders hervorhob, wie Herr Rothschild den scheinbar gleichmäßigen Gange des Berufslebens immer neue, freundliche und fruchtbringende Seiten zum Wohle der Jugend und der Gemeinde, die eines solch pflichtgetreuen Beamten besitzt. Die Wünsche der Loge brachte Rechtsanwalt Baruch zum Ausdruck. Für die Beamten der Gemeinde sprach in herzlicher Weise Kantor Agulik. Zuvor war eine Abordnung des Synagogenchor-Vereins, in dessen Namen der Präsident, Herr Berliner, herzliche Glückwünsche überbrachte, des Schüler-Unterstützungsvereins** und des Jugendvereins erschienen. Namens des hessischen Lehrervereins sprach der würdige Lehrergreis Wertheimer Heldenbergen, der in Begleitung des Reallehrers EschelbacherMainz gekommen war. Nun sprachen noch Sam. Guggenheim in Namen des israelitischen Hospitals und Herr Levy im Namen des Hilfsvereins. Herr Rothschild dankte auf alle Ansprachen in herzlichen Worten.
Dass auch viele christliche Kreise an der Feier der jüdischen Gemeinde nicht gleichgültig vorübergingen, braucht, nachdem der Jubilar 38 Jahre an der städtischen Volksschule als Klassenlehrer wirkt, nicht besonders hervorgehoben werden. E. in M." 
*Bei Herrn Levy handelt es sich um Hofrat Max Moses Levy, (1858 – 1936), den Gemeindevorsitzenden und Enkel des Synagogenstifters und Fruchthändlers Ludwig Levy (1801- 1877).
**Zum israelitischen Unterstützungsverein: http://www.alemannia-judaica.de/worms_gemeindeleben.htm#Über die Arbeit des israelitischen Unterstützungsvereins (1900)
    

   
Zum Tod von Lehrer Jakob Stern (1912)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Oktober 1912: "Aus Worms wird gemeldet: Der Nestor der hessischen jüdischen Volksschullehrer, Jakob Stern, ist im Alter von 84 Jahren hier gestorben. Der Verstorbene war 32 Jahre mit Eifer und Pflichttreue als Lehrer tätig und war weit über seinen Wirkungskreis bekannt und beliebt. Am Grabe hielten Rabbiner Dr. Holzer und Hauptlehrer Rothschild dem Verstorbenen Nachrufe und legten im Auftrage des Bezirkslehrervereins Kränze nieder."  
Zu Rabbiner Dr. Isaak Holzer (1873–1951): http://www.wormserjuden.de/Biographien/Holzer.html 
Zu Hauptlehrer Samson Rothschild (1848–1939): http://www.warmaisa.de/stolpersteine/rothschild-samson-1848-1939/                 

   
25-jähriges Ortsjubiläum und 25-jähriges Ehejubiläum von Kantor Julius Rosenthal (1914)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Dezember 1914: "Man schreibt uns aus Worms: am 22. November beging Herr Julius Rosenthal sein 25jähriges Ehejubiläum und seine 25jährige Wirksamkeit als Kantor der hiesigen Gemeinde. Alle Redner feierten die Gewissenhaftigkeit und die Tüchtigkeit des Jubilars. Die ganze Gemeinde wetteiferte in der Anerkennung seiner Verdienste und ehrte ihn durch prächtige Geschenke. Möge Herr Rosenthal auch seine goldene Hochzeit feiern können und noch lange seines Amtes walten!"          

 
Zum Tod von Lehrer Leo Oppenheimer (1915)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Januar 1915: "Worms, 8. Januar. Am 23. v.(origen) M.(onats) ist hier ein Mann aus dem Leben geschieden, der, wenn auch lange nicht mehr im Lehrerberufe tätig, sich doch noch immer und zwar mit vollem Rechte als Lehrer fühlte und der an allen Freuden und Leiden der Lehrer den wärmsten Anteil genommen. Leo Oppenheimer, geboren 1840 in Essen, besuchte das Lehrerseminar in Mülheim a. d. Ruhr an die dortige Simultanschule berufen wurde, wo seine unterrichtliche Tätigkeit, dem preußischen Gesetze entsprechend, nur den Fächern zugewandt war, die mit 'Deutsch' nichts zu tun hatten. Gleichzeitig übertrug ihm die jüdische Gemeinde das Amt eines Predigers. Hier erwarb er sich das Vertrauen seiner vorgesetzten Behörde im höchsten Grade, wie auch die Liebe der ganzen israelitischen Gemeinde, was besonders bei seinem 25jährigen Jubiläum und bei seiner Zurruhesetzung durch Überreichung vieler und wertvoller Geschenke zum Ausdruck kam. Bei dieser Gelegenheit wurde er durch Verleihung des Adlers des Hohenzollern'schen Hausordens ausgezeichnet. Trotz äußerst angestrengter Arbeit im Berufe war O. stets bemüht, sich weiterzubilden, so dass er über ein bedeutendes Wissen verfügte. Da sein edles Herz von den Schiller'schen Gedanken 'An ein Ganzes schließe dich an' durchströmt war, gehörte er zu den Mitbegründern des heute so bedeutenden Rheinisch-Westfälischen jüdischen Lehrervereins, für dessen Ziele und Zwecke er auch später immer noch tätig war. Nach dem Tode seiner Gattin siedelte er mit seinem einzigen Kinde hierher zu Verwandten über, wo er noch 11 Jahre überaus glücklich und zufrieden, geistig sich immer betätigen, verlebte. Er hatte noch das Glück, zu sehen, dass sein Sohn, der zurzeit im Felde steht, sein juristisches Examen bestand. In der hiesigen jüdischen Gemeinde von jedem sehr geschätzt, versah er, solange sein Gesundheitszustand es ihm gestattete, ehrenamtlich an den hohen Festtagen das Amt des Kantors in der Levyschen Synagoge1 und bis an sein Lebensende dasjenige des Schriftführers und Mitgliedes der Verteilungskommission des israelitischen Unterstützungsvereins. Besonders in diesem Verein wird das, was O. geleistet, so bald nicht vergessen werden, wie auch seine Kollegen und viele Freunde sein Andenken stets in Ehren halten werden. 'Was versunken, kehrt nie wieder, doch ging es leuchtend nieder, leuchtet’s lange noch zurück.' "       
1Vgl. zur Levyschen Synagoge https://de.wikipedia.org/wiki/Levy'sche_Synagoge_Worms    

  
50-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Samson Rothschild (1918)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Mai 1918: "Worms, 24. Mai. Am 15. d.(es) M.(onats) beging Herr Lehrer Rothschild sein 50jähriges Dienstjubiläum. Zu der Feier, die in der mit Pflanzengrün und Blumen geschmückten Turnhalle der Karmeliterschule (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Karmeliter-Realschule#Schulgeb%C3%A4ude) stattfand, hatten sich um den Jubilar, seine Familie, das Kollegium der Lehrer und Lehrerinnen, seine Schulklasse und zahlreiche Ehrengäste versammelt, unter anderem die Herren Oberbürgermeister Köhler, Kreisschulinspektor Eck, Gewerberat Jochem, die evangelische Geistlichkeit, die katholische Geistlichkeit, Herr Rabbiner Dr. Holzer und als Vorstand der Jüdischen Gemeinde Herr Hofrat Levy, ferner der Gesamtschulvorstand. Nach dem stimmungsvollen Damenchor (Lehrerinnen unter dem Herrn Lehrer Trieb (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Trieb): 'Der Herr ist mein Hirte' sprach ein kleines Schulmädel der Klasse ein sinniges Begrüßungsgedicht für den verehrten Lehrer. Es        
Worms AZJ 31051918a.jpg (330765 Byte) folgten dann die Ansprachen, in denen all die Liebe, Anerkennung, Wertschätzung und Hochachtung zum Ausdruck kam, deren sich Herr Rothschild zu erfreuen hat. Herr Schuldirektor Eck gedachte der Verdienste, die sich der Jubilar in fünf Jahrzehnten um Schule und Gemeinde erworben hat. Als Auszeichnung des Großherzogs überreichte er das Ritterkreuz 2. Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fherzoglich_Hessischer_Verdienstorden) und brachte dabei die Glückwünsche und die Anerkennung der obersten Schulbehörde und der Kreisschulkommission dar. In herzlichen Worten gedachte Redner der ruhigen, abgeklärten Persönlichkeit des Jubilars und stellte ihn vorbildlich hin als Lehrer, wie ihn die heutige ernste Zeit erfordert und wie er auch in der Friedenszeit vonnöten ist. – Herr Oberbürgermeister Köhler erinnerte an den 70jährigen Geburtstag, den Herr Rothschild im Januar dieses Jahres begehen durfte. Die Charakterfestigkeit gebe ihm die Jugendlichkeit. Im Jahre 1868 habe der Jubilar das Seminar in Baden verlassen, um 1874 als erster israelitischer Lehrer in Hessen berufen zu werden (siehe Artikel von 1874). Wir wüssten wohl, mit welcher Hingebung, Treue und Liebe zur Sache er gearbeitet hätte. Von ganzem Herzen wünschte Redner, dass Gott Herrn Rothschild weiter die Kraft verleihe, die er ihm seither angedeihen ließ und noch recht lange im Dienste unserer Schule zu wirken. Der heutige Tag zeige, wie er es verstanden habe, nicht nur eine große Zahl der Schüler mit reichem Wissen zu versehen, sondern sich auch die Liebe und Wertschätzung der Berufskollegen zu erwerben. Seine Betätigung habe auch im öffentlichen Leben gelegen. Ganz besonders hervorzuheben sei, was er über die Geschichte unserer alten Stadt mitteilen konnte und welchen Anteil seine Glaubensgenossen an dem Schicksal hatten. Die Glückwünsche namens der Stadtverordnetenversammlung, Stadtverwaltung und des Schulvorstandes bringt der Herr Oberbürgermeister dar und überreicht als Erinnerungszeichen eine goldene Uhr. – Herr Professor Uhrig gedachte der kraftvollen Arbeit, die Herr Rothschild der Eleonorenschule geleistet hat. Seit Herbst 1874 ist er ununterbrochen Mitglied des Lehrerkollegiums gewesen. Das wichtigste Fach habe er lehren dürfen, die Religion. Und das habe er mit Toleranz getan. Mit Stolz dürfe man sagen, das Blühen und Gedeihen der Eleonorenschule sei mit sein Verdienst. – Herr Hofrat Levy überbrachte die Wünsche der israelitischen Gemeinde Worms, die dem Jubilar zu besonderem Dank verpflichtet sei. Er sei ihr Sekretär und im Laufe der Zeit ihr Chronist geworden. Er habe eine Schrift über die Vergangenheit und Gegenwart der israelitischen Gemeinde geschrieben, die viele Auflagen erlebte und allseits Lob erntete2. Auch viele Abhandlungen aus anderen Zeiten und Gegenden hätten ihm weithin einen Ruf geschaffen. – Herr Hauptlehrer Groebe beglückwünschte den Kollegen herzlich im Namen seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und knüpfte in begeisterten Worten an das Thema 'Grundsätzliche Bedeutung der Volksschule für das Volksdasein' an. Es ist Pflicht, mit denen, die draußen im Kampfe stehen, auszuharren und weiterzubauen, um den Zurückkehrenden ein neues Deutschland, groß nach innen und außen, zu errichten. Und hierzu sei in erster Linie auch die Schule berufen.
Als äußeres Zeichen der Verehrung wird ein Bild Goethes überreicht. – Herr Lehrer Rothschild sprach in herzlichen Worten allen Dank für die Wünsche und Geschenke aus. An das biblische Bild des Altvaters Jakob anknüpfend: 'Ich bin zu gering für all die Gnade und die Treue, die Gott mir erwiesen hat', gab er einen fesselnden Rückblick über seinen Lebensgang, öfter untermischt von dem heiteren Frohsinn, der den alten Herrn beseelt. Mit einem freudigen Ausblick auf einen baldigen gesegneten Frieden schloss er seine warmen Ausführungen. Mit dem schönen Vortrag des Damenchors 'Die ganze Welt ist voll des Herren Pracht' hatte die Feier ein Ende."
2Vgl. die Publikation von Lehrer Samson Rothschild Artikel oben von 1893
https://books.google.de/books/about/Aus_Vergangenheit_und_Gegenwart_der_Isra.html?id=UzkbAAAAIAAJ&redir_esc=y

     
80. Geburtstag von Hauptlehrer i.R. Samson Rothschild (1928)       

Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 27. Januar 1928: "Worms. (Ein Lehrer-Veteran). Unter allgemeiner Beteiligung seiner zahlreichen Verehrer beging der im Ruhestand lebende Hauptlehrer S. Rothschild seinen 80. Geburtstag. In seiner fünf Jahrzehnte umfassenden Stellung als Lehrer und Gemeindebeamter, als gründlicher Kenner der Wormser Gemeindegeschichte, als rühriges Mitglied vieler Berufs-Organisationen, des Hessischen Lehrervereins und des Lehrerverbandes, und nicht zuletzt als stets hilfsbereiter Freund aller Bedrängten und Ratsuchenden hat sich der Jubilar so viele Sympathien erworben, dass sein 80. Geburtstag in beredter Form durch die zahlreichen Freundschafts- und Anhänglichkeitsbeweise davon Zeugnis ablegte."     


Kantor Julius Rosenthal beendet seine Tätigkeit in Worms (1928)      

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 7. September 1928: "Unser langjähriges Mitglied, Kantor Julius Rosenthal in Worms, musste aus Gesundheitsgründen nach 45jähriger Tätigkeit von seinem Amte zurücktreten. Der Festgottesdienst, bei dem die Synagoge reichen Blumenschmuck trug, war nicht nur von allen Gemeindemitgliedern besucht, sondern auch viele Angehörige anderer Konfessionen nahmen daran teil. Die Zeitungen aller Parteirichtungen bringen ausführliche Berichte über das 'seltene Jubiläum'. Die vielfache Ehrung wird dem verdienten Manne gezeigt haben, welch große Achtung er sich in seinem langen Wirken erworben hat."
vgl. zu Julius Rosenthal: http://www.wormserjuden.de/Biographien/Rosenthal-I.html                

    

    

    

    

    

 

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Stand: 30. Juni 2020