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in Gießen
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Geschichte der Rabbiner und weiterer Kultusbeamten im 19./20. Jahrhundert
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19./20. Jahrhundert
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und Vereinsleben
Gießen (Hessen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt -
Texte zur Geschichte der Rabbiner und weiterer Kultusbeamten in Gießen im 19./20. Jahrhundert
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Gießen wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Hinweis: Einen Großteil der Texte hat freundlicherweise
Susanne Reber abgeschrieben, einige andere konnten noch nicht abgeschrieben werden - bei Interesse bitte Textabbildungen anklicken.
Übersicht über die Rabbiner in Gießen bis 1940:
 |
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird Rabbiner Michael Berr
genannt. |
 | Rabbiner Löw Mayer beziehungsweise Löb
Mayer Hess (geb. 1748, gest. 1826 in Gießen): seit mindestens 1810 als Rabbiner /
Landesrabbiner in Gießen tätig (seit diesem Jahr auf Trauungskunden
genannt); war verheiratet mit Veile geb. Vetter (1772-1834) auf Friedberg. |
 | Rabbiner Dr. Abraham Alexander Wolf (geb.
1801 in Darmstadt, gest. 1891 in Kopenhagen): studierte bei Rabbinern in
Darmstadt und Mainz, ab 1819 an der Universität Würzburg und der Jeschiwa
von Oberrabbiner Abraham Bing; 1821 in Gießen promoviert; von August 1827 bis Januar 1829 Rabbiner
(Landrabbiner) in Gießen,
danach Oberrabbiner in Kopenhagen.
Foto links aus: Leo Baeck Jahrbuch III 1958 S. 322 bzw. Arnsberg Bilder S.
74.
Artikel in der "Hessischen Biographie" (LAGIS):
https://www.lagis-hessen.de/pnd/104155760. |
 | Rabbiner Dr. Benedict Samuel Levi
(geb. 1806 in Worms als Sohn von Rabbiner Samuel Wolf Levi; gest. 1899 in
Gießen): besuchte die Bürgerschule in Mainz; ab November 1825 Studium an
der Universität in Würzburg; daneben rabbinische Ausbildung bei Rabbiner
Abraham Bing; Promotion in Gießen 1828 zum Dr. phil.; war seit 1. Oktober 1829 bis 1896
Rabbiner in Gießen, seit 1842 Großherzoglich-Hessischer Rabbiner der
Provinz Oberhessen. Literatur: Carsten Wilke: Humanität als Priesterschaft: Der
Gießener Rabbiner Dr. Benedikt Levi (1806-1899). In: Aschkenas Band 16 S.
37-75.
Online
zugänglich (pdf-Datei).
Wikipedia-Artikel zu
Benedikt Levi
Artikel in der "Hessischen Biographie" (LAGIS):
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/3317. |
 |
Rabbiner
Dr. David Sander
(geb. 1867 in Kurnik, Posen [Kórnik], gest. 1939 in Gießen): 1888 bis
1895/96 Studium in Breslau, Promotion in Erlangen 1894; 1895-1896 zweiter
Stadtrabbiner und Religionslehrer in Karlsruhe; 1897 bis 1939
Bezirksrabbiner (Rabbiner
der Israelitischen Religionsgemeinde) von Oberhessen in Gießen. (Foto links: Stadtarchiv Gießen; dazu Presseartikel (fod) aus dem "Gießener
Anzeiger" vom 18.12.2009: "Nach Jahrzehnten Unrecht gutmachen. In
seinem Vortrag berichtet Bibliotheksdirektor Dr. Peter Reuter über die
Anstrengungen zur Restitution jüdischen Raubgutes.
Artikel
als pdf-Datei. |
Rabbiner der Israelitischen
Religionsgesellschaft:
 | Rabbiner Dr. Leo Hirschfeld (geb.
1867 in Posen [Poznan], gest. 1933 in Gießen): studierte nach 1887 in
Berlin; um 1890 bis 1895 zweiter Rabbiner in Ostrowo und Rogasen (Rogozno),
Posen; 1893 Promotion in Heidelberg; von April 1895 bis 1933 Rabbiner der
orthodoxen Religionsgesellschaft "Kultusverein zur Wahrung der
religiösen Interessen des Judentums in der Provinz Oberhessen"
Gießen, als solcher seit 1. April 1897 "Großherzoglicher
Provinzial-Rabbiner" der orthodoxen Landgemeinden Oberhessens. Nach
seinem Tod blieb die Stelle unbesetzt.
(Foto links aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28.9.1933) |
Übersicht über die nachstehenden Texte:
Aus
der Geschichte der Rabbiner in Gießen
Zum Tod der Frau von Oberrabbiner
Dr. Levi - der evangelische
Stadtpfarrer aus Darmstadt hält die Predigt bei der Beerdigung
(1842)
Anmerkung: Es handelt sich um die Frau des Oberrabbiners Dr. Benedikt Levi
(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_Levi): Henriette Levi geb. Mayer,
geboren am 28. Januar 1807 in Mannheim als Tochter von Hajum Gottschalk Mayer
(geb. 9. August 1785 in Mannheim, gest. 20. Juli 1856, Mannheim) und seiner Frau
Rebekka geb. Ladenburg (geb. 27. Januar 1788 in Mannheim, gest. 24. Januar 1854
in Mannheim). Henriette Levi verstarb in Gießen im Alter von 36 Jahren am 23.
Dezember 1842. Ihr Cousin war Carl Ladenburg (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Ladenburg).
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Januar 1843: "Darmstadt, 27. Dezember (1842). Die
gebildete und geistreiche Gattin des Oberrabbiners Levi starb in Gießen
vor einigen Tagen in Folge eines Wochenbettes. Ihrem und ihres Gatten
willen gemäß, wurde der hiesige evangelische Stadtpfarrer, Kirchenrat
Engel, von dem Oberrabbiner ersucht, der Entschlafenen auf dem
israelitischen Kirchhofe eine Leichenpredigt zu halten, was der Kirchenrat
Engel zusagte, und am ersten Christfeiertage, nach der Mittagskirche, in
einer gehaltvollen, eindringenden und erbaulichen Rede so schön
ausführte, dass über tausend Menschen, die versammelt waren, um einem so
seltenen Ereignisse beizuwohnen, tief davon ergriffen und gerührt
wurden." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Didaskalia" vom 29. Dezember 1842: "Gießen, 26.
Dezember (1842). Am ersten Christtage fand hier eine religiöse Handlung
statt, die wohl auch anderwärts Teilnahme erregen dürfte: eine Grabrede
eines christlichen Geistlichen auf dem israelitischen Friedhof vor der
Leiche einer vortrefflichen israelitischen Frau. Die Hingeschiedene, eine
geborene Mannheimerin, in glücklicher Ehe verbunden mit dem hiesigen
Rabbiner Dr. Levi und Mutter von vier Kindern in noch zartem Alter,
hatte als gleich ausgezeichnete Gattin, Mutter und Hausfrau im Leben
allgemeine Achtung genossen, die noch erhöht ward durch ihre feine Bildung,
ihre schönen Kunstfertigkeiten, vor Allem durch die trefflichen
Eigenschaften ihres Gemüts, die ihr namentlich viele Freundinnen unterden
gebildeten Frauen der Stadt gewonnen hatten. Je größer die Achtung und
Zuneigung war, die ihr im Leben geworden, um so allgemeiner sprach sich bei
der Kunde von ihrem Hinscheiden die öffentliche Teilnahme aus. Als nun nach
dem Wunsche des hinterbliebenen Gatten und mehrerer seiner Glaubensgenossen
der erste evangelische Stadtgeistliche dahier, Kirchenrat Dr. Engel,
an ihrem Grabe auf dem israelitischen Friedhof am ersten Festtage die
Leichenrede hielt, und in dieser ergreifendenStunde die herrlichen
Eigenschaften und Tugenden der Entschlafenen inzweckmäßigen und gemütvollen
Worten schilderte, da feierte in der allgemeinen Rührung, in dem tiefen
Ergriffenseyn der Zuhörer von beiden Religionen das Edelste im Menschen
seinen schönsten Triumph; das Judentum stellte es auf, das Christentum
erkannte es an. Vor der Allmacht der schönsten Gefühle der Menschenbrust
sank hier die Scheidewand der zwei Religionen nieder und Ein Gefühl befreite
Christenund Israeliten. Der Friede Jehova's der edlen Israelitin, die noch
im Grab veredelnd wirkte! Und dank dem echtchristlichen Geistlichen, der dem
bewegten Gemüte des Christen wie des Israeliten die Worte lieh!""
|
Kritik an den "Preudo-Predigten"
von
Rabbiner Dr. Benedikt Samuel Levi (1845)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. März 1845: "Gießen, im Februar. Da die Tendenz Ihres
wertgeschätzten Blattes, wie bekannt, hauptsächlich dahin geht, den
Fortschritt im Judentums zu befördern, die ihm entgegenstehenden
Hindernisse wegzuräumen, auf Mängel und Missbräuche, die hier und da
bestehen, aufmerksam zu machen und sie bloß zu stellen: so erlaube ich
mir, hier einen Übelstand zu erwähnen, der schon bereits den ganzen
Winter hindurch auf eine nicht entschuldbare Weise unsere hiesige Gemeinde
trifft. Der hiesige Rabbiner nämlich, Herr Dr. Levi, hält es für gut,
seine Predigten einzustellen. Statt dieser übersetzt er ein Bibelstück
aus dem Hebräischen ins Deutsche und fügt dieser Übersetzung bisweilen
eine erbauliche Sentenz hinzu. In diesem Winter zum Beispiel übersetzt er
nichts, als die Kriegsgeschichte Josuas, und hält so vor den wenigen
Zuhörern, die Geduld genug haben, solche Sachen anzuhören, exegetische
Vorlesungen, die manchmal mit sehr scharfsinnigen und gar wichtigen,
gelehrten Untersuchungen versehen sind. So disquirierte er auf der Kanzel,
ob Rahab eine Wirtin oder eine feile Dirne gewesen sei, ob die Sonne oder
die Erde sich bewege (!!!), ob die Austrocknung des Jordans auf eine
natürliche Weise geschehen sei. Solche und ähnliche Dinge müssen wir,
so oft es Herrn Dr. Levi beliebt, die Kanzel zu besteigen, was aber oft in
einem Zeitraume von drei bis vier Wochen nur einmal geschieht, von ihm als
eine Predigt annehmen. Die natürliche Folge davon ist, dass viele,
namentlich die jüngeren und gebildeteren Mitglieder der hiesigen Gemeinde
die Synagoge gar nicht oder höchst selten besuchen, und die älteren beim
Beginne der Pseudo-Predigt die Synagoge alsbald verlassen. Dadurch
schleicht sich ein gänzlicher Indifferentismus ein, der nur dem Judentum
schaden kann.
Ich glaube, dass es bei Herrn Dr. Levi nur dieser Andeutung bedarf, wieder
die früher so gerne gehörten und fleißig besuchten Predigten zu halten,
und dadurch sich als einen wahren Freund des Fortschritts zu
zeigen." |
Erklärung
von Dr. Levi zur Kritik an der Amtsführung des
Rabbiners (1858)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Januar 1858: "Gießen, im Dezember (1858). Nachdem in
No. 25. dieses Blattes aus Butzbach 'unsren Rabbinen' schlechtweg der
Vorwurf gemacht worden ist, dass sie sich wenig um Synagoge und Schuler
kümmerten und jede Gemeinde sich selbst überließen, hieß es neuerdings
in No. 47 am Schlusse eines mit T. unterzeichneten Artikels aus Kurhessen,
dessen Berichtigung von dorther mir eben zu Gesicht kommt, wörtlich wir
folgt: 'Im Großherzogtum Hessen, im Rabbinatsbezirk Oberhessen auf dem
Lande sind die Gottesdienste in jeder Hinsicht noch so unregelmäßig
traurig, wie bei uns, und geschieht dort auch zur Verbesserung derselben
gar nichts.' Sehen wir von dem unschönen, um nicht zu sagen undeutschen
Stile dieser Phrase ab, der in der Tat nicht von sonderlicher
Bildungsstufe des Herrn T. zeugt, und bleiben auch unsererseits
berichtigend bei der Sache stehen.
Wiewohl nicht zu denen gehörend, die da meinen, die Aufgabe der Rabbinen
der Neuzeit bestehe vornehmlich in fieberhafter Tätigkeit fortwährenden
Besserns und Umgestaltens 'der Gottesdienste' in Stadt und Land, so glaube
ich doch mit Fug und Recht behaupten zu dürfen, dass der Großherzogliche
Rabbinatsbezirk Oberhessen, dem ich die Ehre habe vorzustehen, was
Synagoge und Schule betrifft, im Ganzen vollkommen den Vergleich aushält
mit allen anderen Rabbinatsbezirken des Großherzogtums, insbesondere mit
allen auswärtigen |
Rabbinaten
von ähnlicher Verfassung. Es gibt in meinem Sprengel, selbst unter den
kleinen Miniaturgemeinden auf dem Lande, eine beträchtliche Anzahl von
Synagoge mit so schönem, wohlgeordnetem Kultus, wie er unter ähnlichen
Verhältnissen nur irgendwo gefunden werden dürfte; eine große Menge
derselben hat regelmäßigen, wohleingeschulten Chorgesang, drei sogar mit
Orgelbegleitung, und in den meisten herrscht ungestört Ordnung, Andacht
und Würde. Damit soll nicht geleugnet werden, dass auch hier da und dort
Manches, ja Vieles zu wünschen übrig bleibt; aber das Nämliche ist, so
viel ich weiß, überall anderwärts der Fall, und oftmals noch in
höherem Maße und unter viel günstigeren Umständen; und daran ist der
Unterzeichnete so wenig als der Herr T. aus Kurhessen schuld. Es fehlt in
unserem Lande die Autorität einer israelitischen Religionsbehörde; die
einzelnen Rabbinen stehen jeder vereinzelt für sich da, und haben nicht
die geringste anordnende Gewalt oder Autorität; wir können zur Zeit
nichts als begutachten, raten, anregen, abwehren, ablehnen. Eine neue
Kultusordnung zum Beispiel mit irgend erheblichen Abänderungen der alten,
die ich meinen Gemeinden vorlegen wollte, würde angenommen werden müssen
von - keiner einzigen, strikte angenommen nicht von 10, teilweise und
unter Vorbehalt nicht von 20, und von mehr als 50 gänzlich abgelehnt. Ob
eine Gemeinde das Mizwosversteigern abschaffen will oder nicht, hängt
ganz allein von ihr ab; bei weitem in den meisten meines Sprengels ist es
längst geschehen; weil aber neulich mehrere von diesen, natürlich aus
finanziellen Gründen, es wieder einzuführen versuchen, schlug ich der
höchsten Staatsregierung für die seitherige, eben in Revision begriffene
Synagogen-Ordnung unter anderem folgenden Zusatzartikel vor, dessen
Annahme übrigens noch zweifelhaft ist: 'Das sogenannte Mitzwosversteigern
innerhalb der Synagoge, da, wo es noch üblich ist, soll, weil
unzeitgemäß, andachtstörend und leicht zu Streit und Unordnung
führend, möglichst bald abgestellt, und an seiner Staat ein bestimmter
Modus des Aufrufens und Mitzwosvergebens eingeführt werden. Da, wo das
Mitzwosversteigern bereits abgeschafft ist, wie in den meisten Synagogen
der Fall, darf es durchaus nicht wieder eingeführt werden.' Wer hiernach
noch weiter über die 'unregelmäßig traurigen Gottesdienste' auf dem
Lande in dem Großherzoglichen Rabbinatsbezirk Oberhessen sich auslassen,
oder ferner darüber klagen wollte, dass 'unsere Rabbinen' sich wenig um
Synagoge und Schule kümmerten, der möge es immerhin tun; ich meinerseits
werde ihm, was hier ein für allemal bemerkt sei, - Schweigen
entgegensetzen.
Denn dieselbe Bewandtnis hat es mit den israelitischen Schulen des
Rabbinatsbezirks Oberhessen, die, was Dotation, Disziplin,
Lehrgegenstände, Qualifikation und Würdigkeit der Lehrer betrifft etc.,
in allen Beziehung ebenfalls den Vergleich mit auswärts vollkommen
aushalten. Wenn von 96 Gemeinden mit durchschnittlich kaum 20 Familien,
sehr viele natürlich mit kaum 10, etwa 50 im Besitze ganz tüchtiger, und
25 im Besitze zwar minder tüchtiger, aber zum Teil noch recht brauchbarer
Lehrer sind, so ist das, in Anbetracht der geringen pekuniären Mittel so
vieler kleiner Ortschaften, und in Rücksicht des überall herrschenden
Lehrermangels, besonders aber im Hinblick darauf, dass unsere Gemeinden
gesetzlich nicht verbunden sind, Religionslehrer zu halten, gewiss kein
ungünstiges Verhältnis. Auch sind nicht wenige Lehrerstellen meines
Rabbinates ziemlich gut dotiert, wie schon der Umstand beweist, dass nicht
selten auswärts definitiv angestellte Lehrer diesseitige provisorische,
aber besser fundierte Stellen nachsuchen. Freilich ist der positive,
anordnende, maßgebende Einfluss der Rabbinen unseres Landes auf die
Religionsschulen ihrer Sprengel, wie die Lehrerkonferenz zu Offenbach im
verwichenen Sommer dargetan, ebenfalls lange nicht der, wie er zum Heile
derselben und zum Besten der Lehrer sein sollte; der Unterzeichnete ist
sich aber bewusst, pünktlich und genau den zu üben, den ihm das Gesetz
gestattet, und daran muss ihm genügen. Das Hauptübel unserer
Religionsschulen, der diesseitigen wie der auswärtigen, besteht in der
bekannten geringen Geneigtheit der Gemeinden, ihre Lehrer definitiv
anzustellen; aber daran sind wieder die Rabbinern nicht schuld; es hängt
dies innig mit dem Mangel einer jüdischen Religionsbehörde, die Schule
wie Synagoge ordne, zusammen, und könnte erst mit dieser und durch diese
seine Erledigung finden. Doch kann ich schließlich nicht umhin, zu
Gunsten meiner Gemeinden es auszusprechen, dass während meiner
langjährigen Amtstätigkeit nicht eine einzige, sage nicht eine einzige
derselben ihren Lehrer willkürlich, das heißt ohne vollkommen gerechten
Grund, seines Dienstes entlassen hat. Rabbiner Dr.
Levi." |
50-jähriges Doktorjubiläum von Rabbiner Dr.
Benedikt Samuel Levi
(1878)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. November 1878: "Aus Gießen schreibt man uns: Am 7. dieses
Monats beging der Großherzogliche Rabbiner der Provinz Oberhessen, Herr
Dr. Levi, sein 50jähriges Doktorjubiläum. Die hiesige philosophische
Fakultät erneuerte sein Doktordiplom, in welchem sie seine talmudische
Gelehrsamkeit und die verdienstvolle Erfüllung seines Amtes rühmend
anerkennt. Dr. Levi wird nämlich am 1. Oktober 1879 sein 50jähriges
Amtsjubiläum feiern. Am Tage seines Doktorjubiläums machte er seine gesamte
hebräische, talmudische und rabbinische Bibliothek der hiesigen Universität
zum Geschenk unter dem Vorbehalt, sie während seiner Lebenszeit in Besitz zu
behalten." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. November 1878: "In voriger Nr. berichteten wir, dass Herr
Rabbiner Dr. Levi in Gießen am 7. November sein 50jähriges Doktorat feierte,
und ihm die dortige philosophische Fakultät das erneuerte Doktordiplom
übersandte. Es wird interessieren, die Form zu lesen, in welcher dies
geschehen ist. Der betreffende Passus des Diploms lautet: 'Viro
nobilissimo atque doctissimo Benedicto Levi Philosophiae Doctori ordinis
Hassiaci Ludivici in secunda classe Equiti sacerdoti bibliorum talmudicaeque
disciplinae peritissimo ac de eorum qui quidem eandem profitentur religionem
animis bene merito qui per quinquaginta fere annos rabbinici muneris
officiis functus nunc totius provinciae Hassiacae superioris coetui Judaico
praepositus est et cum omnium laude sacrum magisterium administrat summos in
philosophia honores ante haec decem lustra rite impetratos ipso horum die
anniversario in sempiternam eius laetissimi diei memoriam publice hoc
diplomate instauravit.'" |
|
vgl.
links Titelblatt der "Thesen, welche zur Erlangung der Würde eines
Doctors der Philosophie auf der Ludewigs-Universität den 7ten November 1828
öffentlich verteidigen wird - Benedict Levi aus Mainz", Quelle:
Dissertation:
https://reader.digitale-sammlungen.de//resolve/display/bsb10973719.html.
|
50-jähriges Amtsjubiläum von Rabbiner Dr.
Benedikt Samuel Levi
(1879)
Online zugänglich ist: "Rede gehalten am 30.September 1879 in der Synagoge zu
Gießen bei der Festesfeier seines Fünfzigjährigen Amtsjubiläums von Dr. Benedikt
S. Levi, Großherzoglichen Rabbinen der Provinz Oberhessen, Ritter 1. Klasse des
Gr. Philippsordens, Ritter 2. Klasse des Gr. Ludwigsordens. Als Manuskript
gedruckt. Brühl'sche Universitäts-Druckerei (Fr. Chr. Pietsch) in Gießen".
Zugänglich über
http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/urn/urn:nbn:de:hebis:30:1-174715. Im
Beitrag ist auch die unten erwähnte Rede von M. Homberger abgedruckt.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Oktober 1879: "Gießen, 1. Oktober (Privatmitteilung)
Am 30. v.(origen) M.(onats) fand hier die seltene Feier des 50jährigen
Rabbinats statt, welche der verdienstvolle Rabbiner Herr Dr. Levi beging.
Sowohl die hiesige Gemeinde als auch die Gemeinden der Provinz Oberhessen
würdigten die Bedeutung dieses Festes in vollstem Maße und beeiferten sich,
ihre Teilnahme zu bezeugen. Durch Dekret des damaligen Großherzogs Ludwig I. (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_I._(Hessen-Darmstadt)) vom 1.
Oktober 1829 wurde der noch nicht 23jährige Dr. Levi zu dieser Stelle
berufen und hat sie mit dem segensreichsten Erfolge und dauernder Eintracht
mit seinen Gemeinden bekleidet.
Zum Festgottesdienste, zu welchem sich die Synagoge mit einem prachtvollen
Blumenmeer geschmückt hatte und das Allerheiligste im reichsten Lichterglanz
erstrahlte, hatten sich neben der ganzen Gemeinde und zahlreichen Vertretern
von dem Rabbinate unterstehenden Gemeinden der Provinz auch die Spitzen der
staatlichen Zivil- wie der städtischen Behörden, der gesamte Stadtvorstand,
die Vertreter der evangelischen und katholischen Geistlichkeit, der
Universität sowie zahlreiche Freunde des Jubilars aus Nah und Fern
eingefunden. Bei seinem, unter rauschendem Orgelklange erfolgendem Eintritte
in das Gotteshaus wurde dem Jubilar, welchem blumenspendende Mädchen
vorangingen, die reich geschmückte Thorarolle von seinem Vorstandesmitgliede
entgegengebracht. Bekleidet mit einem prachtvollen Ornate und einem
kostbaren Tallis (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tallit), welche ihm bereits Tage zuvor
von den Frauen der Gemeinde als Liebesgabe dargebracht worden waren und
geschmückt mit dem Ritterkreuze I. Klasse des Philippordens, welcher ihm
schon morgens von dem Großherzoglichen Provinzialdirektor Herrn Dr. Boekmann
im allerhöchsten Auftrage seiner königlichen Hoheit des Großherzogs
überreicht worden war, umfasste der Jubilar die Thora mit den Armen und
wandte sich mit ihr zunächst dem heiligen Schranke zu, vor dem er in Gebet
versunken eine Weile stehen blieb. Inzwischen stimmte der Synagogenchor den
Psalm 117, Vers 26 -29 in der Ursprache an. Hierauf beglückwünschte der
Präsident des hiesigen israelitischen Gemeindevorstandes, Herr M. Homberger, |
in
einer warmen Ansprache namens der Gemeinden unserer Provinz den Jubilar,
welcher sich bei diesem Vorgang Tränen der Rührung nicht erwehren konnte,
aufs Herzlichste. Die hohen Verdienste des Jubilars um die religiöse und
sittliche Bildung der Gemeinden wurden nach allen Seiten zum Ausdruck
gebracht.
Auf den Vortrag eines der Feier angemessenen Festgesanges folgte sodann die
meisterhaft vollendete, tief empfundene Festpredigt des Jubilars, durch
welche er sich der schwierigen Aufgabe, an seinem eigenen Jubeltage selbst
der doch nur ihm geweihten Stimmung aller Ausdruck zu geben, glänzend
erledigte. Nur in der allerbescheidensten Weise gedachte er unter
fortwährenden Dankesergüssen gegen Gott seiner vielfachen Leistungen, führte
er sein ganzes vielbewegtes Leben an dem Zuhörer vorüber.
Die Predigt hinterließ einen mächtigen Eindruck auf die Gemüter aller
Anwesenden und manches Auge hatte sich während derselben mit Tränen der
Rührung gefüllt.
Bei dem nun folgenden Empfange in der Wohnung des Jubilars, wurde dem
Jubilar von dem Vorstande der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde
namens derselben ein kostbarer silberner Pokal mit entsprechender Inschrift
als Ehrengeschenk überreicht. Auch die übrigen Gemeinden des Rabbinats
bestätigten durch ansehnliche Geschenk ihre Dankbarkeit und die Zahl der dem
Jubilar von Privaten aus Nah und Fern gewordenen Liebesbezeugungen,
bestehend in brieflichen und telegrafischen Beglückwünschungen, poetischen
Widmungen, Blumenspenden usw. war kaum übersehbar.
Am Nachmittage vereinigte ein sehr zahlreich, auch von den Ehrengästen
besuchtes Festessen die Gemeindemitglieder, sowie die zahlreichen Freunde
und Verehrer des Jubilars aus Stadt und Land, welche, freudig bewegt, erst
die späte Nacht zu trennen vermochte.
Auch uns sei es hier vergönnt, dem Wunsche und der Hoffnung Ausdruck zu
geben, dass dem greisen, aber noch frischen Jubilar, der von ihm so rührend
erflehte ruhige Lebensabend bis in die spätestens Jahre von Gott beschieden
sein möge, zum Stolze seiner Familie, zur Freude seiner Gemeinde und all
derer, welche ihm ja im Leben nähergetreten sind. Dr. M." |
Rabbiner
Dr. Levi gratuliert Fürst Bismarck zum 70. Geburtstag (1885)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. Mai 1885: "Aus Gießen teilt man uns mit, dass der
Rabbiner Herr Dr. Levi auf ein Glückwunschschreiben an den Fürsten
Bismarck zu dessen 70jährigem Geburtstage ein freundliches Dankschreiben
erhalten habe." |
Hofkapellmeister
Hermann Levi (Sohn des Rabbiners Dr. Levi) erhält in München den Titel eines
"General-Direktors der königlichen Hofkapelle" sowie weitere
Auszeichnungen (1889)
Anmerkung: Weiteres zu Hermann Levi siehe Artikel unten - Bericht von 1933.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 28. März 1889: "Bonn, 24. März (Notizen.) Aus
München wird geschrieben: Hofkapellmeister Hermann Levi erhielt
den Titel eines "General-Directors der königlichen Hofkapelle". (Herr Levi, Sohn
des Rabbiners Dr. Levi in Gießen, ist der zweite Israelit, der durch den
Titel Generalmusikdirektor ausgezeichnet wird; der erste war Meyerbeer)
(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Giacomo_Meyerbeer)." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. August 1889: "Gießen, 22. August (1889). Der
Königlich Bayerische Generalmusikdirektor Hermann Levi erhielt
nach Beendigung der von ihm dirigierten Parsifal-Aufführungen von Seiner
Majestät dem Kaiser Wilhelm, der ihn zur Audienz befohlen hatte, den
Kronenorden 3. Klasse, und von Seiner Königlichen Hoheit dem
Prinz-Regenten einen kostbaren, aus Elfenbein geschnitzt, mit Lapislazuli,
Gold und Edelsteinen belegten Taktstock.
(nächste Meldung betrifft nicht Gießen): Auch davon wollen Sie gefälligst
Notiz nehmen, dass der Herr Rabbiner Dr. Kußnitzki (sc. Rabbiner Dr.
Salomon Kusnitzki, von 1880-1911 Rabbiner in
Bayreuth), gleich den
evangelischen und katholischen Geistlichen, zur Kaiserlich-Königlichen
Tafel gezogen worden ist." |
60-jähriges Amtsjubiläum von Rabbiner Dr.
Benedikt Samuel Levi
(1889)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. August 1889: "Man schreibt uns aus Gießen: Die zahlreichen
auswärtigen Freunde und Kollegen des großherzoglichen Rabbinen der Provinz
Oberhessen, Herr Dr. Levi dahier, werden mit Interesse vernehmen, dass
derselbe am 4. Oktober dieses Jahres in voller geistiger und körperlicher
Rüstigkeit sein 60jähriges Amtsjubiläum feiert." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. September 1889: "Zur Berichtigung schreibt man uns aus Gießen,
dass das Jubiläum des Herrn Rabbiner Dr. Levi nicht am vierten, sondern am
ersten Oktober stattfindet." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. Oktober 1889: "Gießen, 6. Oktober (Privatmitteilung)
Am 1. Oktober feierte, wie schon früher in dieser Zeitung gemeldet worden,
der Provinzialrabbiner von Oberhessen, Herr Dr. Benedikt Samuel Levi, sein
sechzigjähriges Amtsjubiläum. Geboren den 14. Okt. 1806 zu
Worms, steht er gegenwärtig im 83.
Lebensjahre. Sein Vater, Samuel Wolf Levi war Rabbiner daselbst, später in
Mainz und zuletzt in Metz, wo er 1813 verstarb. Der Jubilar, nachdem er die
Creizenach’sche Schule (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Michael_Creizenach) und die Universität
in Würzburg und Gießen promoviert,
auch in der jüdischen Theologie bei bewährten Meistern sich die Vorbildung
zum Rabbineramte erworben hatte, wurde 1829 als 23jähriger junger Mann zum
Rabbiner in Gießen gewählt.1842 wurde damit das Rabbinat
Friedberg verbunden, sodass er die
ganze Provinz Oberhessen zum Sprengel hatte. Bemerkenswert ist, dass sein
Vorgänger, Herr Dr. Abraham Alexander Wolf zum Oberrabbiner nach Kopenhagen
berufen, vor einiger Zeit ebenfalls das 60jährige Amtsjubiläum gefeiert hat.
Ununterbrochen war Levi in seinem Amte tätig, pflichtgetreu und segensreich
wirkend. Die allseitige Teilnahme an dem Ehrentage des Jubilars bekundeten
die zahlreichen und prachtvollen Blumenbouquets, die Menge von
Glückwünschen, die in einer Zahl von 100 telegrafischen und 300 brieflichen
im Laufe des Tages eingegangen waren und ebenso die verschiedensten
Deputationen, welche erschienen waren, den Jubilar zu beglückwünschen. Herr
Provinzialdirektor Freiherr von Gagern (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Maximilian_von_Gagern_(Diplomat))
gratulierte im Auftrag Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und des
Ministeriums, sowie in eigenem Namen mit den besten Wünschen für den greisen
Jubilar, und überreichte dabei zu den beiden Orden, die er bereits besitzt,
den Ludwigs- und Philippsorden, die von Seiner Königlichen Hoheit dem
Großherzog verliehene Krone des Philippsordens. Eine Deputation der Stadt
Gießen bestehend aus dem Herrn Bürgermeister Gnauth (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Feodor_von_Gnauth), den Herren
Hanstein, Baist und Hoch, ferner der ganze Vorstand der hiesigen
israelitischen Gemeinde überbrachten die herzlichsten Wünsche und
insbesondere dankte der Letztere dem Herrn Dr. Levi für sein bisheriges
segensreiches Wirken in der Gemeinde. Auch über 20 (es gibt im Rabbinate 81
Gemeinden an 30 bis 40 Lehrer) Lehrer der auswärtigen Gemeinden des
Rabbinats mit dem Vorstande des israelitischen Lehrervereins der Provinz
Oberhessen an der Spitze, waren zur Beglückwünschung erschienen, und Herr
Dr. Levi machte als Zeichen seiner Teilnahme an den Bestrebungen dieses
Vereins für die Bibliothek desselben eine Anzahl wertvoller Bücher zum
Geschenk. Seine hebräisch-talmudischen und rabbinischen Bücher hat er der
Universitätsbibliothek hier vermacht. Am Abend fand im Hotel Einhorn* ein
gesellschaftliches Essen statt, zu welchem sich der größte Teil der
israelitischen Religionsgemeinde eingefunden hatte und zu welchem Herr Dr.
Levi abgeholt worden war. Beim Eintritt in den Saal erhoben sich alle
Anwesenden und brachten demselben ein von Herzen kommendes Hoch aus. Der
israelitische Vorstand hier und die Landjudenschaft haben den Grund zu einer
'Rabbiner Dr. Levi’schen Stiftung' gelegt, deren Zinsertrag zu einem Drittel
den Bedürftigen der Israeliten hier, zu einem Drittel den israelitischen
Armen der Provinz, zu einem Drittel den christlichen Armen der Stadt Gießen
zu Gute kommen soll."
vgl. Rabbiner Samuel Levi
https://wikipedia.org/wiki/Samuel_Levi_(1751-1813); Rabbiner Dr. Abraham
Alexander Wolf:
https://www.youtube.com/watch?v=vlrfWKgbVl4
*Hotel Einhorn, Bahnhofstraße 62 – 64." |
Rabbiner Dr. Levi äußert sich über den Antisemitismus
(1890)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Mai 1890: "Gießen, im Mai. Was heißt das:
Antisemit? Antisemit heißt: Gegner des Semiten, Gegner des Semitentums,
Gegner des semitistischen Geistes. Fragen wir, was ist das für ein Geist,
der die Welt erobert hat, der Geist, welcher der Welt die Einheit Gottes und
das Gebot Gottes: 'Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst' verkündete; es ist
der Geist, der den Josua (vgl.
https://de.wikipedia.org./wiki/Josua_der_Sohn_Nuns)
Kriegsheldentaten verrichten ließ; es ist der Geist, der dem König David (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/David) die herrlichen Psalmen eingab
und so die Menschen beten lehrte; es ist der Geist, aus dem König Salomo
(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Salomo) die vortrefflichen
Sittensprüche (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Buch_der_Sprichwörter), das Lied der
Lieder (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hoheslied) und den philosophischen
Kohelet (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kohelet) schuf; es ist der
Geist, der den Jesaias (vgl.
https://de.wikipedia.org/Jesaja),
Jeremias (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremia) und Ezechiel (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ezechiel), und die anderen
Gottesmänner der Schrift zu Propheten bildete; es ist der Geist, der den
Hiob (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Ijob) dichtete; es ist der Geist des
alten Hillel (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Hillel), der einen Heiden, welcher in
spöttischer Weise zu ihm sprach, er wolle Jude werden, wenn er ihm die
jüdische Religion lehren könne, so lange er auf einem Bein stehe, sanftmütig
erwiderte: 'Das kann ich, mein Sohn. Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst
und was Du nicht willst, das man Dir tue, tue auch einem anderen nicht. Das
ist die Grundlehre des Judentums, alles andere ist nur die Erklärung davon',
es ist der Geist, der die Makkabäer (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Makkabäer) trieb, das Joch der syrischen
Könige von sich abzuschütteln, der Geist, der die Bewohner Jerusalems zu
heldenmäßigem Widerstande gegen die weltbesiegenden Römer befähigte; es ist
der Geist, der den erhabenen Stifter (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Jesus_Christus) des Christentums
erfüllte, der Geist, der seine Apostel beseelte; der Geist, der die
Evangelien (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Evangelium_(Buch)) schrieb, es ist der
Geist, der die ersten Juden-Christen (vgl.
https://wikipedia.org/wiki/Judenchristen) als Märtyrer ihren Glauben
mit dem Tode besiegeln ließ, es ist der Geist, der die ganze Christenheit,
die Kirchen, die Schulen und die Häuser der Christen durchweht, es ist der
Geist, der den heutigen Juden Kraft und Mut gibt zum Ertragen alles Leides,
das man ihnen zufügt; es ist der Geist, der ihnen zu allen Zeiten
hervorragende Eigenschaften und Tugenden ins Herz pflanzt, gegen welche die
Schwächen, die ihnen anhaften, verschwinden; es ist schließlich der Geist
der erhabensten, bedeutendsten Männer- und Frauengestalten, von welchen die
Weltgeschichte erzählt. Das ist semitischer Geist. Wer gegen diesen Geist
ankämpft und die Juden, weil Semiten, hasst und verfolgt, der ist Antisemit
und zugleich aber, was schlimmer ist – Antichrist. Schreiber dieses
kennt das Evangelium und die Sittenlehre des Christentums so gut und
vielleicht besser als viele, die sich Antisemiten nennen: Er weiß, dass
Hass, Missachtung, Verfolgung, Lieblosigkeit und Kränkung, wie sie in dem
Antisemitismus zu Tage treten, schnurstracks dem Geiste des Christentums
widersprechen. Er weiß, dass ein wahrer Christ, d.h. wer nicht bloß äußerer
Bekenner, sondern wirklicher Betätiger seiner Lehren ist, dass der keinen
Menschen hassen und verfolgen, noch ihm Böses zufügen oder gönnen dar, am
wenigsten den Juden, deren semitischen Stamm und Geist er das Höchste
verdankt, was dem Menschenleben Wert verleihet – seine Religion. Weg also
mit dem Antisemitismus! Antisemitismus ist Antichristentum. Antisemit sein
heißt, Gegner des Christentums sein. Rabbiner Dr. Levi." |
Rabbiner Dr. Levi engagiert sich für eine gemeinsame Beeidigung der Rekruten
aller Konfessionen (1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. November 1891: "Aus Gießen. Den Lesern dieses Blattes dürfte
aus vorigem Jahrgang noch erinnerlich sein, dass ich in einer
Immediatvorstellung an Seine Majestät den Kaiser Allerhöchstdenselben
untertänigst gebeten habe, befehlen zu wollen, dass die Beeidigung der
Rekruten hier nicht mehr, wie der zeitige Oberst angeordnet hatte, in
verschiedener Weise (Katholiken und Protestanten in ihren Kirchen, die
Israeliten im Kasernenhof), sondern wie vordem immer von allen Konfessionen
zusammen unter freiem Himmel geschehen solle, und dass daraufhin auf
Allerhöchsten Befehl der Kriegsminister mir erwiderte, es liege in der vom
Regierungskommandeur angeordneten Eidesweise kein Verstoß gegen die
bestehenden Bestimmungen vor, daher keine Veranlassung genommen werden
könne, eine Abänderung des bei dem genannten Regimente beobachteten
Verfahrens anzuordnen. Es gereicht mir nun zu großer Freude und hoher
Befriedigung, mitteilen zu können, dass gestern die Beeidigung der Rekruten
hier wieder in früherer Weise nach Belehrung durch die resp.(ektiven)
Geistlichen von allen gemeinsam unter freiem Himmel stattgefunden haben.
Gießen, den 12. November 1891 Rabbiner Dr. Levi." |
Glückwunschadresse der Rabbiner des Großherzogtums
zur Heirat des Großherzogs (1894)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 7. Mai 1894: "Darmstadt. Die Rabbiner des
Großherzogtums haben aus Anlass der Vermählung Seiner Königlichen
Hoheit des Großherzogs eine Adresse anfertigen lassen, welche Mittwoch
den 2. dieses Monats von den Herren: Levy - Gießen, Stein -
Worms,
Salfeld - Mainz und Marx und Selver
- Darmstadt überreicht worden
ist. Beim Eintritt der Herrn Rabbinern sprach Dr. Levi - Gießen den
Segensspruch hebräisch und deutsch und überreichte die Adresse. Der
Großherzog war sehr erfreut über diese Kundgebung und bat, seinen
herzlichsten Dank auch den anderen Kollegen
mitzuteilen." |
90. Geburtstag von Rabbiner Dr.
Benedikt Samuel Levi
(1896)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
22. Oktober 1896: "Gießen. Eine seltene Feier beging am 14.
Oktober Herr Rabbiner in Pension Dr. Benedikt Levi, nämlich der Tag,
wo er in das 90. Lebensjahr getreten ist. Nur wenig(en) Sterblichen ist es
beschieden, wenn überhaupt, so bei körperlicher Rüstigkeit und
Geistesfrische, wie es bei dem Jubilar der Fall, ein so hohes Alter zu
erreichen. Mit dem 23. Lebensjahr wurde Herrn Dr. Levi die Stelle als
Rabbiner in Gießen übertragen Von Seiten unserer Hochschule (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Universität_Gießen) wurde Herrn Dr.
Levi am 7. November 1878 das Doktordiplom erneuert und nach weiteren 10
Jahren wurde ihm eine ehrende Gratulationstafel ausgehändigt. Den Geburtstag
verlebte der Jubilar im Kreise seiner Familie und Freunde. Am Vormittag
sprachen Herr Oberbürgermeister Gnauth (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Feodor_von_Gnauth),
sowie noch verschiedene Spitzen der Behörden ihre Glückwünsche aus. Der
Vorstand der israelitischen Gemeinde erschien in corpore (geschlossen)
und überraschte ihren greisen Seelsorger mit einem sehr schönen Geschenk.
Aus Darmstadt,
Mainz und
Worms waren die Herren Rabb.(iner) Dr. Selver, Dr. Salfeld und Dr.
Stein gekommen, um ihren Amtsbruder persönlich zu beglückwünschen. Die
Stadtverordneten sandten dem Jubilar ihre Glückwünsche auf schriftlichem
Wege." |
Zum Tod des Bankdirektors Wilhelm Lindeck in Mannheim
- ein Sohn von Rabbiner Dr. Benedikt Samuel Levi (1911)
Hinweis: Wilhelm Lindeck (geb. 24. November 1833 in Gießen als Samuel Wilhelm
Levi, gest. 6. März 1911 in
Mannheim; änderte 1861 seinen Familiennamen von "Levi" in "Lindeck: siehe
https://kipdf.com/namensnderungen-von-1826-bis-auszge-aus-dem-groherzoglich-hessischen-regierungsb_5acadeb01723dd3537739fb2.html
S. 53). Wilhelm besuchte in Gießen das humanistische Gymnasium, beendete es mit
dem Abitur und nahm 1851 an der Gießener Universität ein Jurastudium auf, das
ihm jedoch als zu wenig "kreativ" erschien und er es zugunsten eines Musik- und
Gesangsstudium aufgab. Wilhelm war als Zwölfjähriger gemeinsam mit seinem drei
Jahre jüngeren Bruder Hermann (siehe unten) als Pianist öffentlich aufgetreten.
Er beendete sein Musikstudium mit einem Examen bei Daniel Francois Esprit Auber
(vgl.
https://de.schott-music.com/shop/autoren/daniel-francois-esprit-auber), dem
Direktor des Pariser Conservatoire. Während seines Engagements am Kölner
Stadttheater (Stimmfach: Bass) lernte er Emma Bieger (Katholikin) und Tochter
eines Notars (geb. 20. Juni 1840 in Kastellaun) kennen, die er am 18. Februar
1867 heiratete. Frau Lindeck geb. Bieger, missfiel der "unsolide" Beruf ihres
Mannes, der auch am Nürnberger Stadttheater engagiert war und so zog Familie
Lindeck am 1. Juni 1868 nach Mannheim (B 5,4, ab 1870 D 3,12). Zunächst fand er
dort Arbeit als Commis bei seinen Onkeln Max und Rudolph Mayer (Brüder seiner
Mutter Henriette Levi, geb. Mayer (vgl.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ladenburg1882/0035?sid=c765f1606de3a07479d841dd059fe211)),
den Gründern der Zigarren- und Tabakfabrik "Gebrüder Mayer". Wilhelm Lindecks
Großmutter Rebekka Mayer geb. Ladenburg, ebnete dem Enkel den Weg in die
Privatbank "W.H. Ladenburg & Söhne", wo er Prokurist, Vorstandsmitglied und bis
zu seinem Tod Aufsichtsratmitglied war. Zu seinem Vater, Rabbiner Dr. Benedikt
Levi, hatte Wilhelm Lindeck bis zu dessen Tod ein herzliches Verhältnis.
Anton Lindeck hatte seine Kanzlei zusammen mit Ernst Bassermann (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Lindeck). Dieser wieder war verheiratet
mit Julie geb. Ladenburg, Tochter von Carl Ladenburg.
Wilhelm Lindeck und seine Frau Emma hatten fünf Kinder; Stephan Rudolph Max,
geb. 19.11.1868; Anna Maria Delphine, geb. 1870; Anton, geb. 1871 (später
bedeutender Rechtsanwalt, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Lindeck); Hermann Carl, geb. 1873;
Maria, geb. 1879.
Quelle: Johannes Brahms, Briefwechsel mit dem Mannheimer Bankprokuristen Wilhelm
Lindeck 1872-1882), Stadtarchiv Mannheim (Hg.), bearbeitet von Michael Martin,
1983, Heidelberg;
dazu Wikipedia-Artikel
zu Wilhelm Lindeck. Genealogische Angaben siehe
https://www.geni.com/people/Wilhelm-Lindeck/6000000142442300992
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 17. März 1928: "Mannheim. Der dieser Tage hier
verschiedene Bankdirektor Wilhelm Lindeck war ein Sohn des Gießener
Provinzialrabbiners Benedict Levi und ein Bruder des Münchener Generalmusikdirektors
Hermann Levi. Da er nicht nur seinen Namen, sondern auch seine Religion
gewechselt hatte, so hat es einer seiner Söhne bereits zum
königlichen preußischen Hauptmann gebracht." |
Die Vorfahren des Generalmusikdirektors Hermann
Levi - Sohn
von Rabbiner Dr. Benedikt Samuel Levi (Bericht von 1933)
Hinweis: Wikipedia-Artikel
zu Hermann Levi (geb. 7. November 1839 in Gießen, gest. 13. Mai 1900 in
München und beigesetzt in
Garmisch-Partenkirchen)
Anmerkungen: - Richard Wagner vertraute dem Münchner Hofkapellmeister Hermann Levi
die erste Aufführung seines "Parsifals" in Bayreuth an. Die von
Nationalsozialisten als "typisch deutsche Musik" gepriesenen
Wagner-Komposition wurde von Richard Wagner selbst einem jüdischen Dirigenten
zur Erstaufführung anvertraut (1882)!
-
Im nachfolgenden Text wird der Leutnant Julius Moch genannt. Diesen hatte
die am 14. Juni 1836 geborene Emma Levi (ältere Schwester vom Hermann
Levi) am 14. April 1858 in Frankfurt-Rödelheim
geheiratet (Jules bzw. Julius Moch ist 1829 in
Saarlouis geboren und 1881 gestorben). Jules und Emma Moch hatten zwei
Kinder: Gaston, geb. am 6. März 1859 und Henriette, geb. am 6.
April 1868. Dazu
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ladenburg1882/0027/image?sid=fb6163cbe153a6d5cd3f81a5defb9424#current_page.
Zu Oberst Jules Moch, der im Krim-Krieg und im Deutsch-Französischen Krieg
gekämpft hatte, siehe auch
https://en.wikipedia.org/wiki/Col._Jules_Moch und
https://en.wikipedia.org/wiki/Jules_Moch_(French_Army_officer).
Zu Gaston Moch (1859 - 1935):
https://de.wikipedia.org/wiki/Gaston_Moch; zu dessen Sohn Innenminister
Jules S. Moch (1893-1985):
https://www.munzinger.de/search/portrait/Jules+Moch/0/1470.html,
https://en.wikipedia.org/wiki/Jules_Moch und
http://judaisme.sdv.fr/perso/jmoch.htm.
Zu Emma Moch geb. Levi (1836 - 1920) siehe Beitrag von Susanne Reber:
Emma Levi - die Schwester des Dirigenten Hermann Levi.
Beitrag ist eingestellt als pdf-Datei.
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
vom 15. März 1933: "Die Vorfahren Hermann Levis. Zu Richard
Wagners fünfzigstem Todestag. Die Fünfzigjahrfeier des Todestages
Richard Wagners weckt auch die Erinnerung an einen der Getreuen des Hauses
Wahnfried, den 1872 von Karlsruhe nach München berufenen
Generalmusikdirektor Hermann Levi (1839-1900), der nach dem Tode Wagners
der treueste Berater seiner Frau Cosima gewesen ist.
Der Vater, der den Künstlerdrang seines Sohnes schon früh erkannt hatte
und ihn in seinem Künstlerstreben immer zu fördern suchte, war Rabbiner
Dr. Benedict Levi zu Gießen, der 1806 als Sohn des Rabbiner Samuel Levi
in Worms geboren wurde. Dieser war der Sohn des Rabbiners Wolf Levi in
Pfersee bei Augsburg, besuchte die höhere Schule daselbst und eignete
sich die französische Sprache derart an, dass der Bürgermeister von
Worms und einige Stadträte allwöchentlich bei ihm in der Judengasse
einkehrten, um sich von ihm die französischen Zeitungen übersetzen zu
lassen. 1807 wurde er in das Synhedrion zu Paris berufen (vgl.
http://www.genami.org/Personnages-celebres/en_membres-gd-sanhedrin.php,
Rabbiner Samuel Levi unter Nr. 22). Der französisch
sprechende Rabbiner von Worms gefiel Napoleon so gut, dass er ihn mehrmals
in Audienz empfing, und um ihm eine Gnade zu erweisen, bot er ihm das Rabbinat Metz oder Mainz an. Levi wählte das letztere, und so wurde er
1808 zum Grand Rabbin du consistoire du département de Mont Tonnère
berufen. Dr. Levi erzählte gerne in Freundeskreisen, wie er 1812 Napoleon
auf seinem Zuge nach Russland über die Große Bleiche in
Mainz ziehen sah
und wie ihn sein Lehrer in die Höhe hob und aufforderte, den Segensspruch
beim Anblick eines gekrönten Hauptes zu sprechen.
(Anmerkung S.R.: beim Lehrer, der den kleinen Benedikt 1812 beim Anblick
von Napoleon in Mainz in die Höhe hob, handelte es sich um Rabbi Eisek
Schwalje, siehe Frithjof Haas: Zwischen Brahms und Wagner. 1995.
Mainz/Zürich, S. 15).
Dr. Levi besuchte nach dem Tode seines Vaters, der sterbend ihn
aufgefordert, Rabbiner zu werden, die Schulen in Mainz, Frankfurt und die
Universität in Würzburg. In Gießen promovierte er 1828 und besuchte
dann die 'Jeschiwa' des Rabbiners Koppel Bamberger in
Worms, wo er auch
die rabbinische Ordination erhielt. Im Alter von 23 Jahren wurde er zum
Rabbiner in Gießen gewählt. Großherzog Ludwig I. von Hessen war nach
40-jähriger Regierung gestorben. Sein Sohn Ludwig II. bereiste nach
seinem Regierungsantritte auch die Provinz Oberhessen, wo er Dr. Levi mit
zwei Vorstehern in Audienz empfing. Bei dieser Gelegenheit überreichte
Levi dem Landesfürsten mit folgendem Motto: 'Und die Zeit, die König
David über Israel regierte, ist 40 Jahre. Und er starb im hohen
Alter |
voll
an Leben, Größe und Ruhm, und es herrscht sein Sohn Salomo an seiner
Stelle (I. Chronik Kap. 29 Vers 27,28). Der Großherzog äußerte
wiederholt seinen Beifall über die sinnige Widmung, und als das Rabbinat
Friedberg frei wurde, ernannte er Levi zum Rabbiner der Provinz Oberhessen
mit 90 Gemeinden. 1832 führte Levi Henriette Mayer aus
Mannheim als
Gattin in sein Haus. Diese gemütreiche und geistig hochstehende Frau war
bis zu ihrem frühen Hinscheiden 1842 eine der ansprechendsten
Erscheinungen der Gießener Gesellschaft. Sie war eine ausgezeichnete
Klavierspielerin, und ohne Zweifel hatte ihr Sohn Hermann seine
musikalische Begabung von ihr empfangen. 1858 verheiratete sich die
einzige Tochter Dr. Levis mit einem französischen Offizier, dem Leutnant
Julius Moch, Repetiteur der Kaiserlichen Militärschule zu St. Cyr (vgl.
https://en.wikipedia.org/wiki/Jules_Moch_(French_Army_officer)) In
Rödelheim vollzog Levi die Trauung. Moch war im Kriege 1870/71 als Oberst
Gefangener in Gießen.
Während Dr. Levi ins Greisenalter eingetreten war, erlebte sein Herz die
Freude, seinen Sohn Hermann, den genialen Dirigenten, Sprosse um Sprosse an
der Ruhmesleiter emporklimmen zu sehen. 1882 wohnte Dr. Levi der ersten
Aufführung des 'Parsifal', unter seines Sohnes Leitung, in
Bayreuth bei. Richard Wagner, der ihn
aufs Herzlichste begrüßte, fragte ihn scherzend: 'Wie sind Sie mit Ihrem
ungeratenen Sohne zufrieden?' 'So, ziemlich,' antwortete Levi. 'Ihr
Hermann,' sagte darauf Wagner, 'müsste als mein alter ego eigentlich den
Namen Wagner führen.' Dr. Levi starb nach der Feier seines 90. Geburtstages. S.(amson) Rothschild, Worms ."
Zu Samson Rothschild siehe
http://www.warmaisa.de/stolpersteine/rothschild-samson-1848-1939/
.
Anmerkung: Frithjof Haas berichtet, dass Hermann Levi und Richard
Wagner für die Premiere folgende Besetzung ausgewählt hatten: Amalie Materna
https://de.wikipedia.org/wiki/Amalie_Materna für Kundry, Hermann
Winkelmann
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Winkelmann für Titurel, Emil
Scaria
https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Scaria für Gurnnemanz, Karl Hill
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Hill für Klingsor und Theodor
Reichmann
https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Reichmann für Amfortas.
Zum Großen Sanhedrin in Paris vgl. Beitrag von Carsten Wilke: Der Freibrief
des Despoten. Zum zweihundertsten Jahrestag der Lehrbeschlüsse des Großen
Sanhedrin. In "Kalonymos" 2007 Nr. 1 S. 4-8
online zugänglich.
|
|
Zu
Hermann Levi siehe u.a. Wikipedia-Artikel
mit weiteren Links.
Hermann Levi war als Zwölfjähriger Organist in der Synagoge in Gießen,
siehe Seite zur Synagoge.
2018 erschien der Briefwechsel zwischen Hermann Levi und Cosima Wagner:
Dieter Stein: Unsere Kunst ist eine Religion. 874 S. Verlag Valentin
Körner. ISBN 978-3-87320-601-4. Reihe: Sammlung musikwissenschaftlicher
Abhandlungen Bd. 101. Dazu Presseartikel von Karolna Schepp in der "Gießener
Allgemeinen" vom 18. Oktober 2018: "Cosima Wagner und Hermann Levi. Dieter
Steil gibt berühmten Briefwechsel heraus..."
Link zum Artikel |
Dazu auch die Video-Dokumentation von
arte: "Richard Wagner und die Juden"
https://www.youtube.com/watch?v=BXw7UGhc0cw .
|
Empfang
von Rabbiner Dr. David Sander beim Großherzog von Hessen (1897)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. November 1897: "Der Großherzog von Hessen empfing am 10.
dieses Monats den Provinzialrabbiner Dr. Sander - Gießen in längerer
huldvoller Audienz." |
60. Geburtstag von Rabbiner Dr. David Sander (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und
Umgebung" vom 26. September 1927: "Gießen. 60.
Geburtstag von Rabbiner Dr. Sander. Vorige Woche beging Herr Rabbiner
Dr. David Sander seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass gedachten die
Gemeindemitglieder mit Dank und Anerkennung seiner Verdienste, die er sich
um die jüdische Allgemeinheit, insbesondere um das Wohl seiner Gemeinde
erworben hat. Auf seinen Wunsch sollte das Jubiläum im allerengsten
Familienkreis begangen werden, aber bei der großen Beliebtheit, deren
sich der Jubilar bei allen Mitbürgern erfreut, wurde das Jubiläum doch
zu einer Feier für die ganze Gemeinde." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. September 1927: "Gießen. 60. Geburtstag von
Rabbiner Dr. Sander. Vorige Woche beging Herr Rabbiner
Dr. David Sander seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass gedachten die
Gemeindemitglieder mit Dank und Anerkennung seiner Verdienste, die er sich
um die jüdische Allgemeinheit, insbesondere um das Wohl seiner Gemeinde
erworben hat. Auf seinen Wunsch sollte das Jubiläum im allerengsten
Familienkreis begangen werden, aber bei der großen Beliebtheit, deren sich
der Jubilar bei allen Mitbürgern erfreut, wurde das Jubiläum doch zu einer
Feier für die ganze Gemeinde." |
Amtseinführung von Rabbiner Dr.
Leo Hirschfeld
(1895)
Anmerkung: zur Wahl von Dr. Leo Hirschfeld siehe
Artikel "Neun Jahre Israelitische Religionsgesellschaft..."
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
25. April 1895: "Die Amtseinführung des Herrn Rabbiners Dr. K.
Hirschfeld in den Stadt- und Landkreis Gießen. Mainz, 23. April (1895).
Das war ein wundervolles, erhabenes und erhebendes Fest, welchem beizuwohnen
wir am vergangenen Sonntag das Glück und die Ehre hatten. Wir haben bereits
in unseren Nummern 27 und 28 von den Vorgängen berichtet, welche sich seit
einer Reihe von Jahren in dem oben genannten Kreise abspielten. Die Zustände
daselbst in Bezug auf unsere heiligsten Stätten waren tatsächlich
jammervolle, bis es einer Anzahl wackerer Männer gelang, eine von der
Hauptgemeinde getrennte Religionsgesellschaft ins Leben zu rufen, welche
heute in der Anstellung des obengenannten Rabbiners ihre richtige Weihe
empfinge. Für diesen, für die Geschichte der Oberhessischen Judenheit so
hochwichtigen veranstaltete der 'Cultusverein zur Wahrung der religiösen
Interessen des Judentums in Oberhessen', so heißt die junge Vereinigung, ein
Fest, zu welchem viele Vertreter der Provinzgemeinden, sowie eine Reihe von
Freunden der guten Sache aus Nah und Fern herbeigeeilt waren. In den
herrlichen Räumen des Stein'schen Etablissements versammelten sich die
Festgenossen..." |
|
|
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Rabbiner Dr. Leo Hirschfeld wird als Rabbiner der
Israelitischen Religionsgesellschaft angestellt (1895)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
20. Juni 1895: |
Publikation
von Rabbiner Dr. Leo Hirschfeld (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1901:
"Literarische Notiz. |
25-jähriges Amts- und Ortsjubiläum von Rabbiner Dr. Leo
Hirschfeld (1920)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
6. Mai 1920: |
|
60. Geburtstag von Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. Mai 1927: |
Zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Leo Hirschfeld
(1933)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. September 1933: "Provinzialrabbiner Dr. Leo Hirschfeld - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Gießen, 25. September
(1933).
Noch kurz vor Jahresausgang wurde die Israelitische Religionsgesellschaft
in Gießen, und mit ihr das gesetzestreue Judentum in Deutschland, von
einem schweren ungeahnten Schlag getroffen. Rabbiner Dr. Hirschfeld, der
Mann, den wir immer in voller Rührigkeit und glühendem Eifer für Gott
und seine Tora zu sehen gewöhnt waren, ist nach kurzer schwerer Krankheit
aus dem Leben geschieden. Eine Gemeinde trauert um ihren Führer und
Meister, der sie bald vierzig Jahre durch alle Fährnisse und Wandlungen,
an mancherlei Klippen vorbei geführt, der ihr Generationen ausgerüstet
hat, dass sie die treue Hut weiter wahren. Die Feststimmung wurde für
eine jüdische Gemeinde in stille Trauer verwandelt, möchte sie noch so
sehr dagegen ankämpfen. Mussten doch unwillkürlich die Beter zu dem
Platze hinaufschauen, wo ihr Rabbiner voriges Jahr noch um diese Zeit in
geweihter Stunde zu ihnen sprach. Noch kurz vor Festeingang hatte sich
sein Tag gesenkt, war seine Neilohstunde gekommen, hatte er mit dem
letzten Sch'ma seine Seele ausgehaucht.
Und am Nachmittage des zweiten Rosch haschono (zweiter Neujahrstag)
stand die Gemeinde draußen
und nahm stummen, stillen Abschied, wie es das Fest gebietet, von ihrem
Lehrer und Führer: Ein Fest ging zu Ende, ein Sabbat begann. Schabbos
Schuwah! Ein Begnadeter mit sabbatlich gestimmter Seele ist in den ewigen
Sabbat eingekehrt.
Rabbiner Dr. Hirschfeld kam, nach gründlichen jüdischen und profanen
Studien, im Jahre 1895, kaum ein Dreißiger, als rabbinischer Führer der
orthodoxen Gemeinde Israelitische Religionsgesellschaft nach Gießen. Die
Gemeinde als solche war erst vor kurzem gegründet worden. Sie war aus
großen schweren Kämpfen um (hebräisch und deutsch:) den letzten Rest
aus dem religiösen Zusammenbruch einer Reformperiode, hervorgegangen. Der
junge Rabbiner fand so gut wie Neuland, das noch eine Fülle von Kampf und
Arbeit zu seiner Bebauung und Ausweitung erforderte. Mit welcher Wucht,
Energie und welchem Elan der tätige, kraftstrotzende Mann diesen Kampf
und diese Arbeit aufnahm, wissen nur diejenigen einzuschätzen, die jenen
neuesten Abschnitt der jüdischen Geschichte Oberhessens miterlebt haben.
Ein Enkel von Rabbi Schlome Pleßner - das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen - von dem er stets mit Stolz sprach, war ihm dieser große Ahn
stets Leuchte und Vorbild in seiner rabbinischen Amtswirksamkeit. Die
meisten Landgemeinden Oberhessens schlossen sich dem orthodoxen Rabbinate
an, das von der damaligen, den Juden stets wohlwollenden Darmstädter
Regierung zu einem Großherzoglichen Provinzial-Rabbinat mit genau
gleichen Rechten wie das sog. liberale Rabbinat erhoben wurde. In diesen
Gemeinden, mit denen der Rabbiner gleich zu Anfang in engen Kontakt trat,
blieben die religiösen Institutionen unter der Oberaufsicht Hirschfelds
im besten Stande. Manche Kleingemeinde bekam, mit Hilfe der 'Freien
Vereinigung', eine Mikwe neu errichtet oder instandgesetzt. Besuche
des Rabbiners, mit der Predigt und der Religionsschulprüfung, gestalteten
sich für die Landgemeinde immer zu einem hohen Feste. In Gießen selbst,
wo die Religionsgesellschaft sich schon vorher das eigene herrliche
Gotteshaus in der Steinstraße errichtet hatte, wurde mit Hilfe des
bewährten Lehrers Herrn Klein, der Religionsunterricht noch ausgebaut und
alle Mittel ergriffen, um, oft unter Schwierigkeiten, und auf einigem
Boden, das religiöse und geistige Leben zu heben. Konnte Rabbiner Dr.
Hirschfeld in den letzten Jahren auch nicht mehr so oft in die
Landgemeinden seines Bezirkes kommen, so sammelte er doch fast
wöchentlich die Lehrer seines Rabbinatsbezirkes in seinem Hause bei Schiurim
(Lernstunden), Fortbildungskursen, Aussprachen und blieb so mittels der Lehrer,
die in Oberhessen fast durchweg noch treu und gewissenhaft zur Tradition
halten, auch mit den Gemeinden in enger Fühlung.
Eine kernige, imposante Erscheinung, auch schon nach außen durch Kleidung
und würdevolle, fast feierliche Haltung die Ehre der Tora hervorkehrend, genoss
Rabbiner Dr. Hirschfeld große Verehrung weit über seine Gemeinde hinaus,
ja auch in nichtjüdischen Kreisen. ein Meister des Wortes, liebte er es,
den Gedankenbau mit einer blumigen poetischen Sprache zu umkleiden, die
oft große Wirkungen erzielte. Er konnte von der Kanzel seine Donnerstimme
erheben, wenn es galt, seinen Gemeinden ins Gewissen zu reden, Fehler zu
rügen, Übel abzustellen; er konnte aber auch weiche poetisch verklärte
Töne anschlagen, wenn er als Mensch zu dem Menschen sprach, wenn er bei
festlichen Anlässen oder bei Familienfeierlichkeiten, zu denen der
Rabbiner als Freund herangezogen wurde, sich mit Geist und Humor als
liebenswürdiger Gesellschafter bewährte. Ein tief veranlagtes Gemüt und
vortrefflicher Kenner der althebräischen Literatur, versuchte er sich oft
selbst in poetischen Schöpfungen. Seine nach Reim und Rhythmus ins
Deutscher übertragenen Schabbatlieder fanden guten Anklang. Lange
Jahre arbeitete er an einem Werke, einer lexikalischen Zusammenstellung
aller Namen in der Bibel unter Anführung aller einschlägigen Stellen in
der gesamten rabbinischen und midraschistischen Literatur, die nun
abgeschlossen und vollkommen druckfertig daliegt. Man darf hoffen, dass
sich bald ein Verleger für dieses für die jüdische Wissenschaft
wertvolle Nachschlagewerk findet.
In seinem gastlichen Hause, das er in langer glücklicher Ehe mit einer
kongenialen Gattin, einer Frankfurterin, Tochter von Moses S. Schwab - seligen
Andenkens - teilte, fanden |
Schüler,
Freunde, die Lehrer des Bezirkes stets freundliche Aufnahme, Arme und
Hilfsbedürftige, besonders auswärtige Toragelehrte, Rat und Hilfe. Eine
schwere Lücke ist mit seinem Heimgange dem gesetzestreuen Judentum
geschlagen. Möge Gott seine Gemeinde und seine Familie, drei Töchter,
von denen zwei ihre eigenen Heime an der Seite bewährter Männer im
Geiste des Vaters führen, trösten. Möge der heimgegangene Führer an
den heiligen Tagen ein Fürsprecher seiner Gemeinde und seiner
Gemeinschaft in schwerer Zeit sein. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens."
Die Trauerfeier in der Synagoge. Die Trauer und die Wehmut, die bei
der Bestattung am Festtage keine Worte finden konnte, kam am
Sonntagnachmittag in einer Trauerfeier in der Synagoge spontan und dennoch
überaus würdig zum Ausdrucke. In dem vollgefüllten hellbeleuchteten
Gotteshause sah man neben der gesamten Gemeinde auch viele auswärtige
Gäste. Alle orthodoxen Rabbiner Hessens, sowie sämtliche Lehrer des
Rabbinatsbezirkes waren anwesend. Auch der Vorstand der Israelitischen
Religionsgesellschaft in Frankfurt am Main war offiziell vertreten. von
der Jeschiwah kam Herr Rabbiner Dr. Joseph Breuer. Auf den Galerien
standen die Frauen der Gemeinde Kopf an Kopf. Die Feier wurde eröffnet
mit dem stimmungsvollen Vortrag eines Gebetsstückes durch den Kantor der
Gemeinde, Herrn Neumann, worauf der Ehrenvorsitzende der Gemeinde, Herr
Hofrat Jacob Grünewald, die Kanzel bestieg, um in schlichten, herzlichen
Worten den Dank der Gemeinde an den Führer zum Ausdruck zu bringen und
weitere Treue zu geloben, in dem Sinne, dass die Gemeinde entschlossen
sei, in seinem Geiste die Traditionen des Judentums weiterhin treu zu
hüten. Den ersten Hesped (sc. Trauerrede) hielt Herr Rabbiner Dr. Cohn,
Marburg. In großangelegter Rede entwarf er in Anknüpfung an alte
Textworte ein Charakterbild des Menschen und des Lehrers Hirschfeld, der
wie ein Vater zu seiner Gemeinde und zu jedem einzelnen ihrer Mitglieder
stand, der als treuer Wächter den ihm anvertrauten Weinberg hütete und
bearbeitete und sich immer wieder mit neuer Kraft an die Arbeit machte,
auch wenn die Frucht einmal der Mühe nicht entsprach. Redner schilderte,
wie kraftvoll der erste Rabbiner diese Gemeinde auch nach außen hin zur
Geltung brachte, wie er sich die Fortbildung der Lehrer seines Bezirkes
angelegen sein ließ, und schloss wirkungsvoll mit der Wiedergabe der
letzten Worte Dr. Hirschfelds - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen - auf seinem Krankenbette: (hebräisch und deutsch) 'Hat das
Jahr in Armut und Trauer begonnen, so wird es in seinem Verlaufe Glück
und Segen bringen.' Das nehme die verwaiste Gemeinde als letzten Segen
des heimgegangenen Rabbi.
Herr Rabbiner Dr. Merzbach, Darmstadt, sprach für den orthodoxen
Hessischen Landesverband, sowie für den Orthodoxen Rabbinerverband. In
feingeistiger Rede kehrte er die sühnende Bedeutung des Todes der
Gerechten auf Grund eines Wortes aus der Tagesselicho über den Tod
Gedaljas hervor und wusste eindringliche Worte einzuflechten über die
jüdische und geistige Verpflichtung, die die Gemeinde am Grabe ihres
Führers für die Zukunft übernimmt.
Herr Redakteur Schachnowitz, Frankfurt am Main, der die letzten Grüße
der Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums und
des Frankfurter Mekor Chajim überbrachte, schilderte Dr. Hirschfeld, mit
dem er in den ersten Jahren seiner rabbinischen Wirksamkeit in Hessen ein Stück
Weges zusammengehen und kämpfen durfte, als |
einen
der aufrechten Menschen, die kamen mit der Macht ihrer Taten. Er
zeichnete dann in gehobenen Worten insbesondere auch die literarische
Tätigkeit Hirschfelds. Herr Lehrer Klein, der treue Mitarbeiter
Hirschfels in fast einem Menschenalter, sprach in bewegten Worten von der
Lehrweise seines Rabbiners und brachte den Dank der Lehrer im
Rabbinatsbezirke zum Ausdruck. Herr Rechtsanwalt Dr. Rosenthal dankte für
die Jugend, für die früheren und späteren Schülergenerationen.
Mit Am'r und dem Minchogebet, in festfeierlicher Weise von Herrn Kantor
Neumann vorgetragen, fand die in ihrer Schlichtheit und Herzlichkeit überaus
würdige und eindrucksvolle Feier ihr Ende." |
Nachruf für Rabbiner Dr. Leo Hirschfeld
(1933)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
19. Oktober 1933: "Nachruf. Am Erew Rausch haschonoh
(Vortag vor dem Neujahrsfest) starb nach kurzer Krankheit im 67.
Lebensjahr unser allverehrter Rabbiner
Herr Dr. Leo Hirschfeld - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen.
38 Jahre hat er in unerer Gemeinde den Gedanken des unverfälschten,
überlieferten Torajudentums vertreten. Er war ein ausgeprägter Charakter
und eine Führerpersönlichkeit. Seine Fähigkeiten und sein Wissen
stellte er in den Dienst seiner Gemeinde. Darüber hinaus galt sein
warmherziges Interesse der Förderung der Belange des orthodoxen
Judentums. Wir werden dem Heimgegangenen ein treues und dankbares Andenken
bewahren und unsere Kehilloh im Geiste des Verewigten weiterführen.
Israelitische Religionsgesellschaft Gießen. Der Vorstand A.
Fröhlich." |
Aus
der Geschichte der jüdischen Lehrer, Vorbeter und weiterer Kultusbeamten
Lehrer Rosenthal übernimmt die Israelitische Schule
(1824)
Artikel in der Zeitschrift "Sulamith"
Jg. 1824: "In Gießen steht jetzt Herr Rosenthal - ein
sehr talentvoller Lehrer - an der Spitze einer neuen, zweckmäßig
eingerichteten Israelitischen Schule. Es ist sehr erfreulich,
wahrzunehmen, wie sehr man immer mehr strebt, das Israelitische Schulwesen
zu verbessern." |
Über
die Vorsteher- und Lehrer-Konferenz in Gießen (1860)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Mai 1860: "Büdingen, Großherzogtum Hessen,
im Mai 1860. Vorsteher- und Lehrer-Konferenz zu Gießen.
Die vom Großherzoglichen Provinzialrabbinen, Herrn Dr. Levi zu Gießen
auf den 17. vorigen Monats dahin berufenen Delegierten sämtlicher
israelitischen Gemeinden und deren Lehrer der Provinz Oberhessen sammelten
sich am genannten Tage daselbst im Lokale des Busch'schen Gartens, und
waren nach Ausweis der desfalls aufgenommenen Verzeichnisse folgende
Gemeinden durch Abgeordnete vertreten: 1) Allendorf
(Herr Schulhof), 2) Altenlotheim
(Herr Schiff), 3) Angenrod (Herr
Rothschild), 4) Altenstadt (Herr
Ehrenreich), 5) Bobenhausen
(Herr Katz), 6) Butzbach (Herren
Mühlhausen und Sundheimer), 7) Büdingen
(Herr B. Lismann), 8) Gießen (Herr Hofgerichtsadvokat Rosenthal,
Herr Antiquar Kaufmann), 9) Großenbuseck
(Herr Rosenberg), Heldenbergen
(Herr Rothschild), 11) Hungen (Herren
Bamberger, Steinberger, Salomonsohn), 12) Höringhausen
(Herr Bickhardt), 13) Kestrich (Herr
Schwerin), 14) Langgöns (Herr
Oppenheimer), 15) Lollar (Herr Kann, 16)
Nidda (Herr L. Katz, 17) Nieder-Weisel
(Herr Rothschild), 18) Reiskirchen
(Herr Löwenberg), 19) Steinbach
(Herr Katz), 20) Steinfurth (Herr
Löser), 21) Ulrichstein (Herr
Schwerin).
Eine zweite Liste verzeichnete folgende dabei erschienene Lehrer:
1) Herr Ehrenreich aus Altenstadt,
2) Herr Steinberger aus Alsfeld, 3)
Herr Katz aus Beuern, 4) Herr Ottensoser
aus Büdingen, 5) Herr Harris aus Düdelsheim,
6) Herr Grünstein aus Gladenbach,
7) Herr Hecht aus Gedern, 8) Herr Meyer
aus Gießen, 9) Herr Würzburger aus Garbenteich,
10) Herr Kahn aus Friedberg, 11) Herr
Kuttnauer aus Heldenbergen, 12)
Herr Rölf aus Höringhausen, 13)
Herr Mohr aus Homburg a.d. Ohm, 14)
Herr Wertheimer aus Lich, 15) Herr
Morgenthal aus Langgöns, 16) Herr
Blaut aus Mainzlar, 17) Herr Fürth
aus Münzenberg, 18) Herr Isaak aus
Niederweidbach, 19) Herr
Würzburger aus Nieder-Weisel,
20) Herr Jugenheimer aus Steinbach,
21) Herr Brandeis aus Staden.
Zur Freude Aller, namentlich der Lehrer, war auch ihr treuer wackerer
Mitkämpfer für Verbesserung ihrer Lage, Großherzoglicher Kreisrabbiner Herr
Dr. Formstecher aus Offenbach
(Provinz Starkenburg), Präsident der Offenbacher Generalversammlung von
1857, hierher gekommen, um auch an dieser Konferenz
teilzunehmen...."
Zum weiteren Lesen des Berichtes bitte Textabbildungen anklicken
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Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet
der Israelitischen Religionsgesellschaft (1887)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28.
Dezember 1887:
"Die israelitische Religionsgesellschaft zu Gießen sucht bis
zum 1. Januar 1888 einen seminaristisch gebildeten Religionslehrer, Chasan
(Vorbeter) und Schochet.
Meldungen unter Anschluss ihrer Zeugnisse nimmt entgegen
A. Marcus, Vorsitzender." |
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers und
Kantors der Israelitischen Religionsgemeinde (1890)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Dezember 1890: "Der seitherige Religionslehrer und Cantor
unserer Gemeinde wird demnächst in den Ruhestand treten und ist diese
Stelle mit einem Einkommen von ca. 2.000 Mark neu zu besetzen. Bewerber,
welche für beide Fächer tüchtig ausgebildet sind, wollen ihre
Befähigungsnachweise und Zeugnisse über ihr seitheriges Wirken uns
alsbald einsehen.
Gießen, 8. Dezember 1890. Der Vorstand der israelitischen
Religions-Gemeinde:
M. Homberger." |
50-jähriges Dienstjubiläum
von Lehrer Salomon Mayer
(1892)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
12. Mai 1892: "Gießen, 3. Mai (1892). Der Religionslehrer und
Vorbeter der hiesigen israelitischen Gemeinde, Herr S. Mayer, beging
gestern die Feier seines 50-jährigen Dienstjubiläums. Der Jubilar hat
sich als Lehrer dreier Generationen, als rastlos strebsamer Arbeiter die
Achtung seiner Glaubensgenossen wie der übrigen Mitbürger
erworben." |
Dr. Max Mayer
- Sohn von Lehrer und Kantor Salomon Mayer - wird zum Sekretär am Großherzoglichen
Landgericht in Darmstadt ernannt (1887)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. August 1887: "Darmstadt, im August (1887). Durch
allerhöchstes Dekret vom 25. vorigen Monats ist Herr Dr. Max Mayer zum
Sekretär am Großherzoglichen Landgerichte dahier ernannt worden. Im Großherzogtum
Hessen besteht wie in allen süddeutschen Staaten die gesetzliche
Vorschrift, dass die Sekretäre an den Kollegialgerichten (Land- und
Oberlandesgerichten) die Richterprüfung bestanden haben müssen, und sind
dieselben demgemäss auch hinsichtlich ihres Ranggehaltes und ihrer
Anciennetätsverhältnisse den Amts- und Landrichtern vollständig
gleichgestellt, rücken insbesondere in den nämlichen Gehaltsklassen mit
denselben auf. - Man kann sich denken, dass die ehrenvolle Anstellung des
Herrn Dr. Mayer bei uns Israeliten große Freude erregt hat. Derselbe ist
der Sohn des sehr geachteten israelitischen Kantors und Lehrers Mayer
in Gießen." |
Zum Tod von Lehrer Salomon Mayer
(1894)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Januar 1894: |
Ausschreibung der Stelle des Schochet und Kantors der
Israelitischen Religionsgemeinde (1900)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
22. Februar 1900:
"Die Stelle eines Schächters und zweiten Kantors in
hiesiger Gemeinde ist neu zu besetzen. Das Gehalt beträgt Mark 1100 und
Nebeneinnahmen, welche seither Mark 800 schätzungsweise betragen haben.
Bewerber wollen ihre Anmeldungen unter Beilegung von Zeugnissen, Angabe
ihrer seitherigen Stellungen oder Lebenslaufes, ihrer
Familienverhältnisse und ihres Alters an den unterzeichneten Vorstand
richten.
Gießen, im Februar.
Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde."
|
Abschied von Lehrer Aron Salomon
in Sprendlingen, danach in Gießen tätig (1907)
Anmerkung: Aron Salomon ist 1861 in
Beerfelden geboren, arbeitete zunächst als israelitischer Religionslehrer in
verschiedenen Orten Rheinhessens, bis er 1888 in Sprendlingen als
Volksschullehrer eine Anstellung fand. Hier war er zugleich als Kantor der
Gemeinde tätig. Er war seit 1890 verheiratet mit Sara geb. Löwenstein
(geb. 1867 in Gau-Bickelheim),
mit der er zwei Söhne hatte: Friedrich/Fritz Moses (1891-1927) und Markus/Max
(1893-1957). Im Herbst 1907 wurde er an das Realgymnasium und die Oberrealschule
nach Gießen berufen. Im Dezember 1920 ließ er sich in den Ruhestand versetzen
und verzog mit seiner Frau nach Worms, wo sich der Sohn Dr. Fritz Salomon als
Arzt niedergelassen hatte. Nach dem frühen Tod von Fritz (gest. 1927) ließ sich
Aron Salomon als Wanderlehrer einsetzen in den Gemeinden
Eich, Heßloch,
Monzernheim,
Wachenheim (Pfrimm) und
Wöllstein. 1942 wurde Aron Salomon mit
seiner Frau aus Frankfurt in das Ghetto Thersienstadt deportiert, wo beide
umgekommen sind.
Zu Lehrer Salomon vgl.: Gabriele Hannah und Hans-Dieter Graf: Aron
Salomon (1861-1942) - der letzte israelitische Religionslehrer am Altrhein.
In Heimatjahrbuch 2022. Landkreis Alzey Worms. S. 140 – 143.
Eingestellt als pdf-Datei.
Artikel
im "Israelitischen Familienblatt" vom 25. Dezember 1907: "Heldenbergen,
im Dezember. Herr Kollege Salomon, der 19 Jahre an der Simultanschule zu
Sprendlingen, Rheinhessen, zur größten Zufriedenheit sämtlicher vorgesetzten
Behörden, der Gesamtgemeinde ohne Unterschied der Konfession, wirkte, wurde
vor einigen Monaten an das Großherzogliche Realgymnasium zu Gießen versetzt.
Das ist eine sehr ehrenvolle und wirtschaftlich vorteilhafte Beförderung für
unseren verehrten Kollegen. Die hohe Schulbehörde wollte damit sicher seine
bekannte Gewissenhaftigkeit und pädagogische Begabung anerkennen und
belohnen. Der Herr Bürgermeister des Städtchens hob in der
Gemeinderatssitzung, in welcher er die Versetzung des verehrten Lehrers
anzeigte, dessen Gewissenhaftigkeit, Begabung und Bescheidenheit in sehr
anerkennenswerter Weise hervor, einerseits den Weggang bedauernd,
andererseits aber die Verbesserung und Anerkennung begrüßend. Der Scheidende
war ebenso beliebt bei den Ortskollegen, wie bei denen des ganzen Kreises.
Kollege Salomon begleitete noch nebenbei das Amt eines Religionslehrer und
Kantors bei der israelitischen Gemeinde Sprendlingen, die seine Versetzung
ebenfalls sehr bedauert. Um nun ein dauerndes Zeichen ihrer Liebe und
Verehrung zu stiften, erfreute sie dieser Tage den Kollegen mit einem
prachtvollen, silbernen Pokal mit entsprechender Widmung. Dass sich der
Kollege über diese schöne, dankbare Anerkennung herzlich freut, lässt sich
nachempfinden. Die jüdische Gemeinde Sprendlingen hat sich mit dieser
Aufmerksamkeit ein schönes Attest ausgestellt, denn: 'Wer einen Anderen
ehrt, ehrt sich selbst!' Dem Nachfolger Salomons, Herrn Kollegen Strauß,
dürfte es sicher nicht schwer fallen, sich das Vertrauen und die Liebe einer
solchen Gemeinde recht rasch zu erwerben."
|
Lehrer Aron Salomon wirbt für seine Schülerpension
(1908)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 14. Februar 1908:
Giessen.
Schüler, welche eine der hiesigen höheren Schulen (Gymnasium, Realgymnasium
und Oberrealschule) besuchen sollen, finden liebvolle Pflege,
gewissenhafte Beaufsichtigung und Nachhilfe bei A. Salomon, Lehrer
an dem Großherzoglichen Realgymnasium und der Oberrealschule. Auch
Besucher hiesiger Universität erhalten daselbst Pension. B
este Referenzen". |
40-jähriges Lehrerjubiläum von
Lehrer Bernhard Klein und Lehrer Fröhlich (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1923:
"Würzburg, 15. September (1923). Ihr 40jähriges Lehrer-Jubiläum
begingen im Hotel Goldschmidt dahier die Lehrer: Ehrenreich - Langenselbold,
Fröhlich - Gießen, Goldstein - Würzburg,
Klein - Gießen, Levi - Burgpreppach, Rau -
Hirschaid, Rosenthal - Worms, Schloss
- Langen, Stern - Echzell, Strauß - Gelnhausen,
Weichselbaum -
Adelsberg. Gleichzeitig übergaben sie dem hiesigen israelitischen Seminare
ein ahnsehnliches Geschenk. Von den 15 Absolventen des Jahrganges 1883
sind leider drei mit Tod abgegangen und einer in einer Nervenanstalt
untergebracht." |
Lehrer und Kantor Bernhard Klein
(Israelitische Religionsgesellschaft) feiert sein
40-jähriges Ortsjubiläum (1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. März 1928: "Gießen, 27. Februar (1928). Am 10. März
feiert uns Lehrer und Kantor Bernhard Klein sein vierzigjähriges
Ortsjubiläum in unserer Gemeinde." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8.
März 1928: ""Gießen, 5. März (1928). Am 10. März
sind es 40 Jahre, dass Herr Bernhard Klein als Lehrer, Kantor und Schochet
in unserer Gemeinde wirkt. Klein ist ein Lehrersohn auf Veitshöchheim,
besuchte die Präpanderie in Höchberg
und das Seminar in Würzburg. 1883 fand
er seine erste Anstellung in Pflaumloch,
Württemberg. 1888 kam er als Kultusbeamter an unsere
Religionsgesellschaft, die 1923 die Rechte einer öffentlichen
Körperschaft erhielt. In dieser langen Zeit bewährte sich der Jubilar
als ein pflichttreuer Beamter, der die Jugend zu wahrer Treue (sc.
zu ihrer Religion) begeisterte und durch sein klangvolles Organ den
Gottesdienst verherrlichte. Möge ihm ein recht schöner Lebensabend
beschieden sein" |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8.
März 1928: "Der Kollege Bernhard Klein in Gießen feiert am
10. März sein vierzigjähriges Amtsjubiläum als Lehrer der dortigen
Religionsgesellschaft. Wir entbieten dem Kollegen, der jahrzehntelang auch
als Vorstandsmitglied des unabhängigen Vereins israelitischer Lehrer im
Freistaate Hessen tätig war, die herzlichsten Glückwünsche des Bundes
gesetzestreuer jüdischer Lehrer und wünschen ihm weiteres Wohlergehen
und ungehemmte Kraft des Körpers und Geistes für ferneres Wirken im
Dienste seiner Gemeinde." |
|
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 16. März 1928: "Gießen (Jubiläum). Am letzten
Sabbat konnte Herr Bernhard Klein sein 40-jähriges Dienstjubiläum als
Lehrer, Kantor und Kultusbeamter der Israelitischen Religionsgesellschaft
begehen. Die Gemeinde nahm gern Anlass, ihrem bewährten Beamten
mancherlei Ehrungen als Ausdruck des Dankes zugehen zu
lassen." |
65. Geburtstag von Lehrer und Kantor Joseph Marx
(Israelitische Religionsgemeinde; 1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 5. März 1930: |
Ein Wanderlehrer wird für Oberhessen angestellt
(1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 11. April 1930: |
Lehrer Bernhard Klein
tritt in den Ruhestand - Lehrer Erich Neumann wird sein Nachfolger (1932)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1932: "Gießen, 30. Oktober
(1932). Nach 49-jähriger Dienstzeit, 5 Jahre in Pflaumloch in Württemberg
(d.h. 1883-1888) und 44 Jahre in der hiesigen israelitischen
Religionsgesellschaft, trat Herr Lehrer Bernhard Klein vor einigen Monaten
in den wohlverdienten Ruhestand. Am vergangenen Samstag fand in der
hiesigen Synagoge ein Abschiedsgottesdienst mit Festpredigt statt.
Herr
Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld schilderte die Tätigkeit unseres
Kultusbeamten, der Lehrer, Kantor und Schochet war. Mit Liebe, Sorgfalt
und pädagogischem Geschick brachte Herr Klein den Kindern die religiösen
Lehren und Pflichten des wahren Judentums bei. In Andacht und Ehrfurcht
lauschten die Synagogenbesucher seinen erbauenden und klangvollen
kantoralen Leistungen. Auf dem Gebiete des Schächtens war er ein Meister,
der seinesgleichen sucht. Sowohl von Seiten des Rabbinats als auch von
Seiten hoher christlicher Beamtenstellen fanden hier seine Leistungen
reiche Anerkennung. Für all das dankte ihm Dr. Hirschfeld im Namen der
Gemeinde und wünschte ihm einen ruhigen, angenehmen und langen
Lebensabend in unserer Mitte. Sein Nachfolger, Herr Lehrer Erich Neumann
aus Kassel, wie Herr Lehrer Klein, ein Schüler des Würzburger Seminars,
trat vor den hohen Feiertagen die vakante Stelle an." |
Aus der Zeit von Lehrer
Erich Neumann (1932-1938)
Anmerkung (Informationen erhalten von Fredel Fruhman): Erich Neumann ist
1908 als Sohn von Salomon Neumann und Frieda geb. Dorfzaun in Kassel geboren. Er studierte
vn 1926 bis 1930 an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in
Würzburg. Danach war er in den jüdischen Gemeinden von Spangenberg,
Schlüchtern, Eschwege
und Gießen (1932-1938) tätig. Er war verheiratet mit Fränze geb.
Müller; das Ehepaar hatte zwei Söhne. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er
verhaftet und in ein KZ verschleppt. Nach seiner Entlassung betrieb er seine
Auswanderung. Er konnte Deutschland nach England verlassen; seine Frau und seine
Söhne konnten nicht mehr nachfolgen. Sie wurden nach der Deportation ermordet.
Während der Zeit des Zweiten Weltkrieges war Neumann als Lehrer und als
Gemeindesekretär in jüdischen Schulen und Gemeinden in England (London und
Manchester) tätig. Nach
1945 verzog er in die USA, wo er sich nun Eric Neumann nannte. Er war als Kantor
und Lehrer in der Synagogengemeinde Ohav Sholaum in New York tätig. Er heiratete in
zweiter Ehe Anita geb. Eldod. Eric Neumann verstarb 1984 in New
York.
Fotos, erhalten im August
2010
von Fredel Fruhman,
eine Nichte von
Lehrer Erich Neumann |
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Lehrer Erich Neumann, der älteste Sohn des Lehrers
Salomon Neumann und seiner Frau
Frieda geb. Dorfzaun
(Salomon Neumann war lange Jahre Lehrer in Kassel; nähere
Informationen zu ihm auf einer Seite zu Gochsheim) |
Lehrer Erich Neumann mit 13
Schülerinnen
und Schülern in Spangenberg (1931), wo er
vor seiner Zeit in Gießen tätig
war. |
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