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Coburg (Kreisstadt,
Oberfranken) mit Bad Rodach (Landkreis Coburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die
Website
https://coburger-juden.de/
Übersicht:
Es besteht eine weitere Seite mit
Texten zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(anklicken)
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
Mittelalter
In der verkehrsgünstig an der Straße Nürnberg-Leipzig
liegenden Stadt Coburg gab es eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter.
Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts lassen sich jüdische Einwohner
nachweisen. 1321 wird erstmals eine "Judenvorstadt" (villa
Judaeorum) genannt. Die vom Marktplatz zum "Judenberg"
führende "Judengasse" wird seit 1408 genannt. 1323 bis 1338
lebten einige Coburger Juden in Nürnberg (u.a. Hanna von Coburg). In der
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird ein Sohn des Isaak von Coburg genannt.
1301 war Bischof Manegolt von Würzburg bei Coburger Juden verschuldet. Die Judenverfolgung
in der Pestzeit 1348/49 traf auch die Coburger Juden. 1354 wird Seligmann von
Coburg in Nürnberg genannt.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten wiederum Juden in der
Stadt. 1382 waren es mindestens vier, 1418 neun Juden (beziehungsweise jüdische
Haushaltungen / Familien). Einzelne waren von Kronach, Lichtenfels, Höchstädt
und Hildburghausen zugezogen. Andererseits werden Coburger Juden im 15. Jahrhundert in
Nürnberg, Konstanz, Ulm, Würzburg, Italien genannt. Die jüdischen Familien
lebten überwiegend vom Geldhandel. Bei Coburger Juden waren u.a. verschuldet:
der Bischof von Würzburg, der Bischof von Bamberg, der Graf von Henneberg, das
Kloster Langheim u.a.m. Die Coburger Juden wurden vor 1447 vertrieben, da
in diesem Jahr der Herzog von Sachsen über die Synagoge verfügte. Bereits 1422
war den Juden der Aufenthalt in Coburg von Bischof Johannes zu Würzburg
verboten worden. Einzelne jüdische Personen lebten jedoch offenbar auch in der Folgezeit in der
Stadt (1466 genannt), zumal 1490 das Niederlassungsverbot erneuert werden
musste. 1533 wird ein Jude in der Stadt genannt.
Historische Darstellung und Fotos zur mittelalterlichen jüdischen Geschichte
Historische
Ansichtskarten |
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"Gruss aus Coburg: Der
Judenthurm und
Judengasse vor 100 Jahren" |
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Die Karte
(Sammlung Hahn) wurde
versandt am 14. April 1899 (Poststempel Coburg) mit der
Bemerkung
(links am Rand): "der kleine Turm wird nächste Woche
abgerissen". |
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Karten rechts aus der
Sammlung
von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries |
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Die obige Karte zeigt wie oben
noch den
kleinen Turm; die Künstlerkarte wurde
1898 von Coburg nach
Berlin versandt.
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Die obige Karte zeigt bereits die Situation ohne
den kleinen Turm; die Künstlerkarte des Verlags
Raphael Tuck & Sons
wurde verschickt von
Coburg nach Seybothenreuth am 3. Juli 1922. |
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Judengasse und Judentor
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 10.4.2007) |
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Die "Judengasse" in
der Altstadt |
Straßenschild |
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Das "Innere
Judentor" (12.-16. Jahrhundert) |
Hinweistafel am "Inneren
Judentor" |
19./20. Jahrhundert
Erst im 19. Jahrhundert kam es wieder zur Gründung einer jüdischen
Gemeinde. Nach 1800 konnte zunächst eine Familie zuziehen. Seit Mitte des
19. Jahrhunderts kamen weitere Familien dazu. 1869 waren es 12 Familien, von
denen in diesem Jahr acht erstmals einen Antrag bei den Behörden stellten, eine
Gemeinde gründen zu dürfen. Da die vier anderen Familien gegen eine Gründung
waren, verzögerte sich die Angelegenheit, bis schließlich im April 1873
auf der Basis der freiwilligen Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinde die
beitrittswilligen Familien die Statuten einer jüdischen Gemeinde genehmigt
bekamen.
1873
wurde mit Simon Oppenheim ein jüdischer Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schächter tätig war und bis 1909/14 in der jüdischen Gemeinde als
prägende Gestalt des Gemeindelebens wirkte. Die Stelle war 1872 in der
Zeitschrift "Der Israelit" ausgeschrieben worden (Ausgabe vom
13.11.1872):
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1872: "Offene
Lehrerstelle. In hiesiger Gemeinde ist die Stelle
eines Lehrers vakant, der auch die Funktionen eines Schochet und Vorbeters
auszuüben hat. Vorläufiger fester Jahresgehalt 600 Gulden s.W. außer den
Nebeneinnahmen. Persönlichkeiten, die das Seminar absolviert haben, wollen sich
gefälligst melden bei
H. Masur. Coburg, 3. November
1872." |
Nachfolger von Oppenheim war seit 1914 der Lehrer und Prediger
(zugleich Rabbinatsvertreter) Hermann Hirsch.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19./20. Jahrhundert
wie folgt: 1869 68 jüdische Einwohner, 1880 210 (1,3 % von insgesamt 15.791),
1895 240 (1,3 % von 18.688), 1910 313 (1,3 % von 23.789), 1925 Höchstzahl
von 316 (1,3 % von 24.701). Von jüdischen Personen wurden zahlreiche
Gewerbebetriebe (Fabriken, Handelshäuser, Groß- und
Einzelhandelsgeschäfte usw.) aufgebaut, die für die wirtschaftliche
Entwicklung Coburgs von großer Bedeutung waren. Exemplarisch sei die in ganz
Süddeutschland tätige Hut- und Mützenfabrik von Sally Ehrlich genannt. An
seinem Haus in der Sally-Ehrlich-Straße 10 informiert bereits seit 1946 (durch
Veranlassung seines in der US-Armee tätigen Neffen) eine einfache Gedenktafel
über sein Schicksal ("...wurde in Polen aus Gründen seiner
Religionszugehörigkeit mit Tausenden seiner Glaubensgenossen auf Befehl der
Hitler-Regierung ermordet"). Die jüdischen Einwohner waren großenteils
voll im Leben der Stadt integriert: Kaufmann Julius Mai war jahrelang Mitglied
des Stadtrates und bis 1933 Schatzmeister der städtischen Handelskammer. Dr.
Reinhard Alkan war 25 Jahre Vorsitzender der städtischen Ärztevereinigung.
Als besondere Einrichtung Coburgs war weit über Coburg hinaus bekannt das 1917
gegründete Internat ("Knabenpensionat") des Predigers Hermann Hirsch
(Hohe Straße). Es galt als "vornehmes Erziehungsinstitut" mit
"besten Erziehungs- und Schulerfolgen". Auch für Ferien- und Erholungsaufenthalt
für Jungen in schulpflichtigem Alter wurde es gerne besucht. Das Internat
lag in einem 7.000 qm großen Park. Die links stehende Anzeige erschien noch am
4. September 1936 in der "Jüdischen Rundschau".
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Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde sieben
Männer, deren Namen auf dem Ehrenmal für die jüdischen Gefallenen im
jüdischen Friedhof verzeichnet sind: Vizefeldwebel Dr. jur. Moritz Weinberg
(geb. 23.5.1886 in Coburg, gef. 5.9.1914), Julius Ehrlich (geb. 10.11.1883 in
Römhild, gef. 8.12.1914),
Ludwig Seligmann (geb. 16.7.1892 in Gleicherwiesen, gef. 13.1.1917), Dedo Cramer
(geb. 23.6.1882 in Gleicherwiesen, gef. 14.5.1917), Vizefeldwebel Alfred Schloss
(geb. 12.3.1893 in Gleicherwiesen, gef. 13.1.1917). Eine ergänzende Platte weist auf
dem Gefreiten Arthur Frankenberg hin, der an seiner Verwundung im Mai 1917 starb
(geb. 21.8.1891 in Coburg, gest. 5.5.1917). Auf dem
Gefallenendenkmal am Schlossplatz unter den Arkaden werden folgende Namen
jüdischer Gemeindeglieder genannt: Dedo Cramer (s.o.), Julius Ehrlich (s.o.), Moritz
Elsbach (geb. 9.1.1888 in Coburg, gef. 16.12.1914), Arthur Frankenberg (s.u.), Ludwig
Seligmann (s.o.). Außerdem sind aus Coburg die folgenden jüdischen Männer
gefallen: Erich Besser (geb. 13.9.1882 in Neusalz, Oder, gef. 27.2.1918), Alfred
Ruppel (geb. 18.6.1883 in Gotha, gef. 16.7.1918)
Um 1925
waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde:
Sanitätsrat Dr. Masur, Wilhelm Sandler, Nathan Forchheimer, Abraham Friedmann
und Julius Plaut (1932 Dr. Masur, Wilhelm Sandler und Kommerzienrat Friedmann).
Als Ausschussmitglieder (Gemeindeausschuss) waren tätig: J. Altmann sen., A.
Bamberger, H. Ehrlich, H. Ferchheimer, A. Friedländer, S. Kohn und Julius Weil
(1932 war 1. Vorsitzender des sieben Personen umfassenden Gemeindeausschusses S.
Kohn, 2. J. Weiß, 3. A. Sachs). Lehrer und Prediger war Hermann Hirsch
(derselbe 1932; den Religionsunterricht besuchten 1932 30 Kinder der Gemeinde).
An jüdischen Vereinen bestanden u.a.: eine Chewra Kadische (gegründet 1905,
Ziele: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Bestattungswesen, Leitung 1932
Wilhelm Sandler, 68 Mitglieder), der Israelitische Frauenverein e.V. unter
Leitung von Frau Sali Altmann und Frau L. Friedländer mit zusammen 100
Mitgliedern (gegründet 1878; 1924 und 1932 jeweils 95 Mitglieder; Ziel: Unterstützung
hilfsbedürftiger
Frauen) sowie die von der jüdischen Gemeinde verwaltete Israelitische
Armenkasse (gegründet ca. 1876, Vorsitzender Sanitätsrat Dr. Masur, Ziele:
Unterstützung hilfsbedürftiger Ortsangehöriger und Durchreisender). Mehrere
jüdische Reichsorganisationen hatte eine Filiale in Coburg. Zur
Gemeinde in Coburg gehörten auch die in Rodach lebenden jüdischen Einwohner
(1901 wird das Tuch- und Manufakturwarengeschäftes von N. Schloss in Rodach
genannt, vgl. Anzeige;
1924 sechs jüdische Einwohner in der Stadt). Die jüdische Gemeinde war keinem Rabbinatsbezirk zugeteilt
worden. Doch gab es eine Betreuung durch das Rabbinat Bamberg.
Seit Anfang der 1920er-Jahre war Coburg ein Zentrum
völkisch-nationalistischer Aktivitäten. Erste Überfalle auf jüdische
Einwohner gab es bereits 1924. Coburg war auch die erste Stadt Deutschlands, in
der die Nationalsozialisten schon 1929 die Mehrheit im Stadtrat hatten und auch
den Oberbürgermeister stellten. Entsprechend heftig war die antijüdische
Hetze, die bereits im September 1932 zur Kündigung der Synagoge führte (s.u.).
1933 wurden 233 jüdische Gemeindeglieder gezählt (0,9 % von insgesamt
25.707 Einwohnern). Seit 1933 litten die jüdischen Familien unter den
ständig zunehmenden Repressalien, den Folgen des wirtschaftlichen Boykotts und
willkürlicher Überfälle und Verhaftungen. So wurden am 25. März 1933 40
prominente jüdische Einwohner verhaftet und im Rathaus mit Lederriemen
teilweise bewusstlos geschlagen. Bereits 1933/34 waren die jüdischen Einwohner
von allen öffentlichen Einrichtungen ausgeschlossen worden, die jüdischen
Schüler von den städtischen Schulen verwiesen. Trotz aller Schwierigkeiten
versuchte die Gemeindeleitung, ein geregeltes jüdisches Gemeindeleben aufrecht
zu erhalten. Bis September 1938 hatten 112 jüdische Einwohner die Stadt
verlassen; 63 von ihnen konnten ins Ausland emigrieren. 21 Coburger Juden sind
in dieser Zeit gestorben, mehrere durch Suizid. Beim Novemberpogrom 1938 wurde
mit brutaler Härte gegen die noch in der Stadt lebenden jüdischen Personen
vorgegangen. Es kam zu schweren Misshandlungen, Zerstörungen der Wohnungen und
der jüdischen Läden. Wenig später wurden die Coburger Juden gezwungen, ihre
Wohnungen zu räumen und in zwei jüdische Wohnhäuser umzuziehen. Diese
restlichen Gemeindemitglieder wurden 1941/42 in drei Transporten deportiert
(27.11.1941 nach Riga, 25.4.1942 nach Izbica bei Lublin, 9.9.1942 nach
Theresienstadt). Am 19. November 1942 war die Stadt nach Bescheid des
Oberbürgermeisters "judenrein".
Von den in Coburg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", verglichen mit den Namen des Ehrenmals auf dem Friedhof): Katharina
Abraham geb. Nelhans (1877), Jakob Altmann (1867), Israel Josef Altmann (1866),
Frieda Baumwollspinner geb. Freund (1876), Wolf Baumwollspinner (1882), Elly
(Ellen) Rosa Bernstein geb. Saalfeld (1882), Iwan Bernstein (1869), Ursula Bernstein
(1910), Elisabeta Besser (1885), Siegfried Besser (1881), Siegfried Braun (geb.
?), Ernst Caspary (1896), Thekla Cohn geb. Kaufmann (1879), Dr. Moritz Cramer
(1877), Erna David geb. Fleischmann (1882), Berta (Betty) Drattler geb. Rosner (1881),
Max Ehrlich (1888), Sally Ehrlich (1878), Else
Eichbaum geb. Caspary (1894), Gretl Eichbaum geb. Neumann (1902), Ella Elsbach (1897),
Henriette (Henny) Elsbach (1886),
Fanny Fechheimer geb. Horowitz (geb. ?), Walter Fechheimer (1911), Gertrud
Flersheim geb. von Mayer (1872), Bertha Frank (1885), Gustel Frank (geb. ?),
Siegfried Frankenberg (1895), Betty Friedmann geb. Reichmannsdorfer (1880), Jakob Friedmann (geb. ?), Karl Friedmann (1869), Dora
Frohmann geb. Korn (1855), Erna Hirsch geb. Alkan (1882), Kuno Hirsch (1868),
Heinrich Holzer (1908), Justizrat
Toni Israelsky (geb. ?), Edith Katz (1911), Jenny Katz geb. Ehrlich (1879),
Julius Klein (1876), Klara Klein geb. Oettinger (1889), Walter Köhler (1918),
Herbert Kohn (1881), Hermine Kohn geb. Kirschner (1878), Ilse Kohn (1906), Jenny
Kohn geb. Sender (1881), Karol Kohn (1910), Max Kohn (1876), Siegfried Kohn
(geb. ?), Walter Kohn (1909), Erna Hilde van Koppelen geb. Ludwig (1912), Sabina
Levenbach geb. Baum (1876), Max (Meyer) Levenbach (1876), Else Lewy geb.
Lipp (1891), Walter Lewy (geb. ?), Lydia Lindheimer (1875), Heinz (Heinemann)
Löwenherz (1902), Bella Ludwig geb. Kahn (1888), Martin von Mayer (1875), Mathilda Ochs geb. Gutmann
(1866), Carolin Plaut (geb. ?), Eduard (Elias) Plaut (1868), Alfred Plessner (1887),
Margarethe (Marga) Plessner geb. Lohde (1892), Ilse Pool geb. Kohn (1906),
Anneliese Radzieyewski (1929), Gustav Reichmannsdorfer (1878), Rosa Rosenthal
geb. Wachheimer (1880),
Berta Rothschild geb. Frohmann (1880), Simon Rothschild (1867), Erich Saalfeld
(geb. ), Martin Saalfeld (1877), Meta Saalfeld geb. Fleischer (1896), Thekla
Sander geb. Reilinger (1882), Wilhelm Sandler (1876), Esther Rosa Schmerzler
(1927), Sara Schmerler geb. Wilk (1898),
Henrietta (Mimi) Schmid geb. Hartogh (1873), Eva Simon (1926), Dorothea Simon
geb. Silberstein (1877), Hans Simon
(1888), Ludwig Sommer (1901), Ignatz Stern (geb. ?), Rosa Stern geb. Rosenthal (1877),
Hesslein Hermann Strauß (1876), Siegfried Weinberg (1889), Walter Dietrich
Weinberg (1924), Julius Weiss (1881), Selma
Weiss geb. Kahnlein (1884), Stephanie Widrich geb. Wilhelm (1903), Berta
Winterfeldt geb. Alkan (1881).
Auf dem jüdischen
Friedhof der Stadt wird an 48 der genannten Personen erinnert.
In der Stadt erinnern seit den Verlegungen 2009/12 insgesamt über 100 "Stolpersteine"
an viele der genannten Personen (siehe Berichte unten).
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge (judenschul) gab es bereits im Mittelalter.
Sie ist erstmals 1393 in einer Urkunde genannt und lag in der Judengasse
in der Nähe des "Judentores". Eine genauere Lokalisation ist nicht
möglich. 1433 wird ein Vorsänger genannt. Von einem reichen Geistesleben
der Coburger Juden zeugt eine reich illuminierte hebräische Handschrift (Tora),
die 1390-1395 vom Schreiber Simcha ben Samuel Halewi für Jacob Meir ben Owadia
in Coburg geschrieben wurde. Nach der Ausweisung der Juden aus Coburg wurde die
Synagoge 1447 mit Hilfe einer großen Spende eines Coburger Bürgers in
eine christliche Marienkirche umgewandelt. Wie lange diese Kirche bestand oder
wann sie abgebrochen wurde, ist nicht bekannt.
Die im 19. Jahrhundert zugezogenen Familien konnten an den hohen Feiertagen den
privaten Betsaal im Haus der Familie Simon nutzen, an gewöhnlichen
Schabbatot wurden sie jedoch dorthin nicht eingeladen. Die 1873
gegründete Gemeinde stellt beim Stadtrat den Antrag, die Nikolaus-Kapelle
zu einer Synagoge umwidmen zu dürfen. Diese war einige Jahre kaum genutzt
geblieben, seitdem die katholische Kirchengemeinde 1860 die Kirche St. Augustin
einweihen konnte. Zwischen 1860 und 1873 wurden gelegentlich evangelische
Gottesdienst für die Bewohner des Armen- und Altenheims durchgeführt. Der
Stadtrat Coburgs stimmte der Nutzung zu und gewährte der jüdischen Gemeinde
"zum alleinigen und ewigen Gebrauche" Nutzungsrecht der Kapelle. Im
Laufe des Jahres 1873 wurde der Umbau vorgenommen. Dabei wurde unter anderem eine weit in den
Raum greifende Frauenempore eingebaut, zu der eine Innentreppe und eine
überdachte Außentreppe führten. Im Altarbereich wurde ein Toraschrein
eingefügt, davor stand das Lesepult (Almemor) zum Auflegen der Torarolle.
Die jüdische Gemeinde erhält die St.
Nikolaikirche für ihre Gottesdienste (1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. September
1873: "Coburg, im August (1973). Ein Akt der Toleranz wird aus
Coburg gemeldet. Die dort vor kurzem gebildete israelitische
Kultusgemeinde hat von der Stadt die St. Nikolaikirche, welche früher den
Katholiken überlassen war, unentgeltlich zu ihren Andachtsübungen
eingeräumt erhalten.
Welch anderer Geist, als wie an anderen Plätzen, wo die ersten Juden, die
sich niederlassen, weil bis dahin mittelalterliche Privilegien sie
ausschlossen, mit den größten Hindernissen, selbst rohen Misshandlungen
zu kämpfen, und sich der Sicherheit erst heldenmäßig zu erstreuten
hatten! Redaktion." |
Im November
1873 konnte die Einweihung der neuen Synagoge in Coburg feierlich
begangen werden, worüber Lehrer S. Oppenheim in der "Allgemeinen Zeitung
des Judentums" berichtete:
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 1. Dezember 1873: "Coburg (im November 1873). Bei
den religiösen Wirren der Gegenwart, bei der Unduldsamkeit und
Verfolgungssucht, welche die Zeloten aller Konfessionen zur Schau tragen,
ist es umso erfreulicher, von einem Akte berichten zu können, der als
eine Tat der reinsten Humanität und Toleranz mustergültig dasteht. In
hiesiger Stadt wohnten bis vor wenigen Jahren nur 3 jüdische Familien.
Durch Zuzug von außen hat sich ihre Anzahl auf 25 erhöht. Die meisten
Familien traten vor etwa einem Jahre zu einer Gemeinde zusammen, und
sorgten zunächst durch Anstellung eines Lehrers für die Befriedigung
ihrer religiösen Bedürfnisse. Aber es fehlte an einem geeigneten Lokale
zur Abhaltung des öffentlichen Gottesdienstes. Da wandte sich denn die
junge Gemeinde an den Magistrat mit der Bitte, ihr die Nikolaikirche
(städtisches Eigentum), welche wenig benutzt wird, zu diesem Zweck zu
überlassen. Was wohl nur wenige gehofft hatten, das geschah, Der
Magistrat überließ in wahrhaft hochherziger Weise der jüdischen
Gemeinde die genannte Kirche zum alleinigen und ewigen Gebrauche.
Die Freude über diesen, von der edelsten reinsten Liebe eingegebenen
Beschluss vermag meine Feder nicht zu schildern. Sofort machte sich die
jüdische Gemeinde an die Arbeit, die ihr überwiesene Kirche zu
restaurieren und dem Zwecke gemäß einzurichten, sodass dieselbe bereits
am Sabbat vor dem Neujahrsfeste eingeweiht, und ihrem nunmehrigen Zwecke
übergeben werden konnte. Die Einweihung selbst wurde von dem
unterzeichneten Lehrer der Gemeinde vollzogen. Zu derselben waren die
Spitzen der Behörden, das Ministerium, der Magistrat, die
Stadtverordneten und die Geistlichkeit geladen und erschienen.
Zunächst hieß Herr Friedmann die Behörden etc. im Namen der Gemeinde
willkommen, und sprach zugleich den Wunsch aus, dass die wenigen Familien,
welche der Gemeinde sich noch nicht angeschlossen, doch bald ihren
Beitritt erklären möchten (Anmerkung: Es besteht nämlich in
Coburg-Gotha kein Religionszwang, sowie überhaupt kein Gesetz für die
Juden, sodass die Gemeinden sich nur aus freiwilliger Vereinigung bilden
können). Alsdann hielt Unterzeichneter nach vorhergegangener Liturgie die
Weiherede mit Zugrundelegung des Textes: 'Mein Haus ist ein Haus der
Andacht, für alle Völker'. Möge nun auch die Gemeinde sich der ihr erwiesenen
Wohltat würdig zeigen, dadurch, dass sie in ihrem eigenen Schoße Frieden
und Einigkeit zu erhalten sich bestrebt, sowie dass sie Humanität und
Toleranz als die würdigsten Ziele ihres Strebens betrachtet. Schließlich
sei noch erwähnt, dass der jüdischen Gemeinde auch ein Teil des
städtischen Begräbnisplatzes zu ihrem ausschließlichen Gebrauche von
dem Magistrat überwiesen worden ist. S. Oppenheim,
Lehrer." |
Trotz der Einweihung einer Synagoge 1873 bestand der Betsaal
im Haus der Familie Simon fort und wurde auch weiterhin als Synagoge verwendet.
Darüber erfährt man aus einem Bericht von 1878, in dem auch die Problematik
angesprochen wird, dass die Synagoge in der Nikolaikapelle außerhalb der
(damaligen) Stadt lag:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1878: "In
Coburg hat sich, ebenfalls seit der Freizügigkeit, um die ursprünglich
sehr kleine Stammgemeinde eine zahlreiche israelitische Einwohnerschaft,
gleich der ersteren aus sehr achtungswerten Mitgliedern bestehend,
angesammelt. Die gesamte israelitische Einwohnerschaft der Stadt beziffert
sich jetzt auf etwa 70 Familien. Es befindet sich alldort eine von einem
tüchtigen Lehrer geleitete israelitische Religionsschule und eine
schöne, doch der Gemeinde nicht eigentümlich angehörende Synagoge. Die
Stadt hat nämlich der israelitischen Gemeinde eine Überkomplete Kirche
leihweise, zum Zwecke des Gottesdienstes, gratis zur Verfügung gestellt,
welche von der Gemeinde als Synagoge eingerichtet worden ist. Die Stadt
hat sich sogar bereit erklärt, den Israeliten die Kirche gegen billigen
Kaufpreis gänzlich abzutreten, und der Kauf würde sich auch bereits
vollzogen haben, wenn nicht der Umstand, dass die betreffende Kirche nicht
innerhalb, sondern in einiger Entfernung außerhalb der Stadt liegt, der
Gemeinde einiges Bedenken erregte, da der Besuch des Gottesdienstes leicht
dadurch leiden könnte. Ein ähnliches Verhältnis habe ich bis jetzt nur
in Limburg an der Lahn, in der Provinz Nassau, gefunden. Hier hat nämlich
die israelitische Gemeinde eine mitten in der Stadt gelegene hübsche
kleine Kirche zu sehr mäßigem Preise gekauft und sich zu einer
stattlichen Synagoge eingerichtet. Es liegt in solchen Vorkommnissen
sicher eine sehr erfreulich Toleranz seitens der Christen, eine
achtungsvolle Würdigung unseres Bekenntnisses, ein schöner Erfolg der
humanitären Bestrebung und ein Fortschritt wirklicher Bildung und
Aufklärung. Welch ein Umschwung der Zeiten. In Spanien hat man einst die
schönsten Synagogen in Kirchen verwandelt; jetzt überlässt man den
Juden gernwillig überkomplete Kirchen zur Übung des jüdischen
Gottesdienstes. Solche Erscheinungen trösten für manche Unbill und
lassen uns bei Allem und trotz Allem doch hoffnungsvoll in die Zukunft
blieben. Außer dieser findet sich aber noch eine recht schöne Synagoge
in Coburg. Es ist das ein eigentümliches Verhältnis. Es wohnten früher
nur wenige Juden daselbst. Zu den ältesten dortigen Familien gehört die
Familie S., zu welcher auch der Kommerzienrat S. und noch mehrere dieses
Namens gehören. Da sie früher fast die einzigen israelitischen Einwohner
der Stadt und sehr wohlhabend waren, haben sie sich eine schöne Synagoge
gebaut und einen eigenen Totenhof angelegt. Im Herzogtum Coburg-Gotha
herrscht kein Gemeindezwang. Als sich daher nach eingeführter
Freizügigkeit in Coburg durch Zuzug von außen eine zahlreiche israelitische
Einwohnerschaft zusammenfand und sich zu einer Gemeinde konstituierte,
schloss sich derselben die genannte Familie nicht an und behielt nach wie
vor ihren eigenen Gottesdienst bei, sowie auch ihre eigene
Begräbnisstätte, während der Hauptgemeinde von der Stadt ein Teil des
allgemeinen Totenhofes zugewiesen worden ist. Das hier Berichtete fordert ebenfalls
zu einem Vergleiche zwischen sonst und jetzt auf, der aber für uns ein
wenig erfreuliches Resultat liefert. Die kleine Familie S. fand sich einst
religiös angeregt und opferfreudig genug, eine schöne Synagoge zu
ihrem |
gottesdienstlichen
Gebrauche zu erbauen; die aus zahlreichen und wohlhabenden Mitgliedern
bestehenden Gemeinden in Eisenach, Gotha und Meiningen haben sich bis zu
diesem Opfermute noch nicht erheben können. Wie erbärmlich erscheint die
kleinliche materielle Denkweise unserer jetzigen Generation gegen die
begeisterungsfähigen Gesinnungen früherer Geschlechter. Die Coburger
Israeliten zählen zu ihren Angehörigen zwei Kommerzienräte und einen
Geheimen Kommerzienrat. Auf Veranlassung des Herrn Lehrers Oppenheim
alldort hat sich vor einiger Zeit ein israelitischer Frauenverein zu
wohltätigen Zwecken in Coburg gebildet, der sich bereits einer
zahlreichen Mitgliedschaft erfreut und eine ersprießliche Wirksamkeit
entfaltet." |
Einige weitere Details zur Geschichte
der Nikolaus-Kapelle hat der Prediger der jüdischen Gemeinde Coburg Hermann
Hirsch 1929 in einem Aufsatz zusammengestellt:
Artikel aus der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 28.
Juni 1929: "Eine mittelalterliche Kirche als Synagoge" von Prediger
Hermann Hirsch (Coburg).
"Ki beiti beit tefilah jikare lekol Ha'amim" - 'Mein Haus soll
ein Bethaus für alle Völker heißen'.
Dieses Wort der Schrift hat sich an der Coburger Synagoge bewahrheitet. Draußen
vor den alten Stadttoren an der Ketschendorfer Landstraße, welche von Neubayern
(Coburg) nach Altbayern (Lichtenfels-Bamberg) führt, steht eine alte Kapelle -
die Kirche zu St. Nikolaus. So nennt sie die Coburger Geschichte, und viele, die
vorüber kommen, bleiben verwundert stehen, wenn man ihnen erzählt, dass diese
Kapelle zu St. Nikolaus die Synagoge der Coburger Juden sei. Freilich ein
eigenartiger Fall. Aber nicht nur eigenartig, sondern auch einzigartig.
Es dürfte wohl in Deutschland kein zweites Beispiel zu finden sein, dass eine
städtische Kirche als Synagoge dient. Denn noch heute ist die Stadt
Eigentümerin dieser Kapelle. In Coburg hat aber auch einmal ein Ernst II. auf
dem Throne gesessen. Einer der prächtigsten deutschen Fürsten. Damals
bewertete man in Coburg noch nicht die Bürger nach ihrer konfessionellen
Zugehörigkeit. Aus dem Zeitalter dieser geistigen und kulturellen Blüte des
Coburger Landes stammen die Überlassung der Kirche zu St. Nikolaus an die
Israelitische Kultusgemeinde sowie die Einrichtung eines nur durch Buschwerk
abgegrenzten gemeinsamen Begräbnisplatzes und die gemeinsame Friedhofshalle.
Über die Kirche zu St. Nikolaus weiß die Coburger Geschichte manches
Interessante zu berichten. Wir verdanken diese Nachrichten den
heimatgeschichtlichen Forschungen der Herren Dr. Lehfeld und Professor Dr.
Berbig.
Die Kirche zu St. Nikolaus war mit dem neben ihr befindlichen, langgestreckten
Gebäude, dem alten Siechenhaus verbunden. Die Kapelle selbst soll um das Jahr
1473 erbaut worden sein. Der Bischof Rudolf von Würzburg hat sie geweiht. Im
Jahre 1529 wurde in ihr zum ersten male das Evangelium gepredigt. Als sich in Coburg
anfangs des 19. Jahrhunderts wieder die ersten Katholiken ansiedelten,
überließ die Stadtverwaltung der kleinen katholischen Gemeinde diese Kirche
zur Abhaltung ihrer Gottesdienste. Das war von 1806 bis 1860. Die katholische
Gemeinde war inzwischen wieder gewachsen und konnte sich ein eigenes Gotteshaus
bauen. die kleine Kirche zu St. Nikolaus stand wieder einige Jahre leer. In den
siebziger Jahren ließen sich - nach einer Unterbrechung von über 300 Jahren -
die ersten Juden wieder in Coburg nieder. In die St. Nikolauskapelle zog jetzt
die kleine jüdische Gemeinde ein und seit dieser Zeit ist die Kirche die
Synagoge der Coburger Juden.
Der Bau ist schlicht und einfach. Im Jahre 1649 ist die Kapelle, welche im
Dreißigjährigen Krieg gelitten hatte, restauriert worden. Diese Jahreszahl
sehen wir an der Decke in einem sächsischen Wappenschild, das die
Anfangsbuchstaben des Herzogs Friedrich Wilhelm zu Sachsen, Jülich, Kleve und
Berg trägt.
An der Ostwand befand sich immer schon der Altar, der alsdann auch den Oraun
hakaudesch (Toraschrein) aufnahm. Unter der Holzverkleidung des Almemor
(Vorlesetisch) ist heute noch der große quadratische Altarstein. Außerdem
erinnert noch ein kleiner Mauervorsprung, der ehedem ein Heiligenbild trug, im
Innenraum an den kirchlichen Ursprung der Synagoge. - Der Raum hat nach
kleineren Umänderungen inzwischen eine erweiterte Frauenempore erhalten,
bewahrte aber im allgemeinen die alte Form und Stimmung. In der Kirche zu St.
Nikolaus haben drei Glaubensgemeinschaften das gemeinsame Wort ihrer
Bekenntnisse gepredigt: 'Haben wir nicht alle einen Vater, hat nicht ein Gott
uns alle geschaffen?' Ein schönes Sinnbild!" |
Fast
60 Jahre war die St.-Nikolaus-Kapelle Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in
Coburg, bis der jüdischen Gemeinde bereits im September 1932 von dem inzwischen
nationalsozialistisch beherrschten Stadtrat gekündigt wurde.
Artikel
in der CV-Zeitung vom 14. Oktober 1932: "Den Coburger Juden wird der
Betsaal gekündigt.... Die nationalsozialistische Stadtverwaltung in Coburg hat
kürzlich den Beschluss gefasst, der dortigen jüdischen Gemeinde den Betsaal,
für den seit über 50 Jahren eine nicht benutzte frühere evangelische Kapelle
kostenlos zur Verfügung steht, zu kündigen. Als Grund dieser Maßnahme wurde
angegeben, man müsse die Kapelle einem eingemeindeten Dorf für die Zwecke des
Gottesdienstes zur Verfügung stellen. Die Kündigungsfrist ist außerordentlich
kurz bemessen. Ein Antrag der Deutschnationalen im Coburger Stadtparlament auf
Verlängerung der Kündigungsfrist wurde von der nationalsozialistischen
Mehrheit abgelehnt.
Es ist auffallend, dass die rasche Kündigung ohne Rücksicht auf die
Schwierigkeit der Beschaffung eines anderen geeigneten Betsaals erfolgte. Das
rigorose Vorgehen der Stadtverwaltung wird sicher auch bei dem nichtjüdischen
Teil der Coburger Bevölkerung erhebliches Aufsehen erregen."
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Die Synagoge wurde geschlossen, die Schlüssel und das
Gemeindearchiv wurden beschlagnahmt. Die Torarollen und die Ritualien konnten in
die Wohnung des Predigers Hermann Hirsch gebracht werden. Zunächst fand kein
Gottesdienst mehr statt; ab Mai 1933 konnten in einer Betstube in der Wohnung
des Predigers Hirsch wieder Gebetsstunden abgehalten werden. Diese Betstube
wurde beim Novemberpogrom 1938 mit Inventar und Ritualien zerstört, die
Torarollen wurden verbrannt.
Von den Einrichtungsgegenständen aus
der Synagogenzeit in der St.-Nikolaus-Kapelle blieb nichts erhalten. Über dem Eingangstor sind noch Reste
hebräischer Buchstaben erkennbar: "Sä HaSchaar LaJJ" = "Dies
ist das Tor zum HERRN". Die St.-Nikolaus-Kapelle blieb bis 1945 ungenutzt.
Nach Renovierungsarbeiten zog nach dem Krieg die freikirchliche Gemeinde der
Baptisten in dem Gebäude ein (bis 1961). Seit 1962 wird die Nikolaus-Kapelle
von der Alt-Katholischen Gemeinde für Gottesdienste genutzt. Sie wurde
mehrfach, zuletzt 2000 bis 2002 umfassend restauriert.
Die Kapelle wird für über die Nutzung als Gotteshaus der Alt-katholischen
Kirchengemeinde für kulturelle Veranstaltungen verwendet, die vor allem auch
der interreligiösen Verständigung zwischen den abrahamitischen Religionen
dient. So finden u.a. Veranstaltungen in der "Woche der Brüderlichkeit"
hier statt. Die hebräische Portalinschrift wurde im September 2016 erneuert
(Anbringung einer beschrifteten Glasplatte über der alten Portalinschrift).
Weitere Informationen unter www.sanktnikolauscoburg.de.
Hinweis: Einige weitere Details zur Geschichte der Synagoge siehe Seite
mit den Texten zur jüdischen Geschichte
Adresse/Standort der Synagoge: Ketschendorfer
Straße 31
Fotos / Darstellungen
Historische Fotos
/ Darstellungen
(Quelle für Fotos in Z. 3: www.sanktnikolauscoburg.de) |
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Foto aus der
"Bayerischen israelitischen Gemeindezeitung" von 1929
(Beitrag Hermann Hirsch s.o.): Außen- und Innenansicht der
Nikolaus-Kapelle
in der Zeit als Synagoge |
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Längsschnitt durch
das
Gebäude von 1910
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Blick auf den
Toraschrein
mit Inschrift "Erkenne,
vor wem du stehst" |
Kaum mehr
erkennbare, hebräische
Inschrift über dem Eingangsportal:
"Dies ist
das Tor zum HERRN" |
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Die
St.-Nikolaus-Kapelle / ehemalige Synagoge nach der Renovierung
(Quelle: www.sanktnikolauscoburg.de) |
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Die
St.-Nikolaus-Kapelle nach der Renovierung |
Hinweistafel zur Geschichte der Kapelle |
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Abschluss der
Woche der Brüderlichkeit
2006 in der St.-Nikolaus-Kapelle |
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Fotos von 2007
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 10.4.2007) |
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Die
St.-Nikolaus-Kapelle von verschiedenen Seiten gesehen |
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Blick auf die
St.-Nikolaus-Kapelle |
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Eingang, darüber
die
hebräische Inschrift
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Kaum mehr
erkennbare, hebräische
Inschrift über dem Eingangsportal:
"Dies ist
das Tor zum HERRN"
(September 2016 Inschrift mit Glasplatte angebracht) |
Hinweistafel zur
Geschichte der Kapelle
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Seit
2016: Portalinschrift auf vorgesetzter Glasplatte (Foto: Jürgen Hanke,
Kronach, Januar 2024) |
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Hohe
Straße 16 und 30 -
Jüdisches Landschulheim Coburg
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach, Januar 2024) |
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Zur
Geschichte der Häuser bzw. der Einrichtung des Internats bzw. des jüdischen
Landschulheimes Coburg des Predigers Herrmann Hirsch siehe die
Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdisches_Landschulheim_Coburg und
https://de.wikipedia.org/wiki/Hohe_Straße_30_(Coburg)
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
August 2009
- "Stolpersteine" werden verlegt |
Artikel in der "Neuen Presse"
Coburg vom 13. August 2009 (Artikel):
Geschichte. "Stolpersteine" werden am Freitag verlegt.
Coburg - Am Freitag, 14. August, wird der Initiator des Projekts "Stolpersteine", Gunter Demnig, nach Coburg kommen, um insgesamt 30 Gedenksteine aus Messing in die Erde einzulassen. Sie sollen an die Opfer der NS-Zeit in Coburg erinnern. Zu diesem Zweck wird der Künstler sie vor Gebäuden, die die letzten Wohn- oder Zufluchtsstätten jüdischer Mitbürger und politisch Verfolgter waren, verlegen. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, an der Verlegung teilnehmen. Der erste Stolperstein wird am Freitag, 14. August um 14 Uhr in der Bahnhofstraße 36 verlegt. Weitere Steine werden vor den Gebäuden Mohrenstraße 14, Steinweg 15, Spitalgasse 4, Markt 1, Judengasse 20, Sally-Ehrlich-Straße 10, Ketschengasse 6, Gymnasiumsgasse 2, Hohe Straße 30 und Marienberg 2 in die Erde eingelassen.
Die Aktion wird von jüdischen Musikklängen begleitet. Unterwegs erfahren die Teilnehmer einiges über das Leben und das Schicksal der Opfer.
Nähere Informationen zur Aktion "Stolpersteine" gibt es dann am Abend des 14. August. Um 19.30 Uhr wird Gunter Demnig im Rathaussaal sein Projekt in einem Vortrag vorstellen. Neben Informationen wie und wann es zu der Idee kam und wie sich die Aktion im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat, soll an diesem Abend auch Gelegenheit zur Diskussion mit dem Künstler sein. Der Eintritt ist frei. |
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Artikel in der "Neuen Presse"
Coburg vom 15. August 2009 (Artikel):
"Opfer des NS-Regimes - "Stolpersteine" wider das Vergessen
In den Gehwegen der Stadt weisen Inschriften auf frühere jüdische Mitbürger hin.
Coburg - Hellgelb glänzende und etwa Handteller große Steine gibt es seit Freitag an mehreren Stellen in der Stadt. Die
"Stolpersteine" erinnern in Coburg nun an die früheren jüdischen Mitbürger und an den Widerstandskämpfer Hansen, die im Dritten Reich verfolgt, vertrieben oder umgebracht wurden. Vor den Häusern dieser Menschen sind nun Steine mit einer glänzenden
Messingplatte eingelassen, auf denen der Name sowie Geburts- und Todestag zu lesen sind.
"Stolpersteine" des Künstlers Gunther Demnig erinnern mit Inschriften an die jüdischen Bürger der Stadt, die von den Nationalsozialisten erfolgt, vertrieben und umgebracht worden sind. Rund 150 Menschen, darunter viele Spender der "Stolpersteine", nahmen am Nachmittag an der Verlegung der ersten "Stolpersteine" teil.
"Die Stadt will das 'Erinnern' nicht auf wenige Tage beschränken, sondern mit der Aktion diese Erinnerung an die Menschen wach halten", sagte Bürgermeister Hans-Heinrich Ulmann. In der Bahnhofstraße 36, heute steht dort ein Bürogebäude der HUK-Coburg, wurde der erste "Stolperstein" im Gehweg vermörtelt und eine Sonnenblume dazu gelegt. Nadine Deusing, Mitarbeiterin aus dem Büro des Oberbürgermeisters, verlas dabei den Lebenslauf des NS-Opfers.
Menschlichkeit sichern. Bei der Gedenkveranstaltung anlässlich des 70. Jahrestages der
Reichspogromnacht am 11. November vergangenen Jahres wurde die Aktion des Kölner Künstlers Gunter Demnig in Coburg aufgegriffen. Die Stadt rief dazu auf, Kosten für die "Stolpersteine" zu übernehmen. Bürgermeister Hans-Heinrich Ulmann erinnerte an den Auftrag der bayerischen Verfassung, "Menschlichkeit und Recht dauernd zu sichern". Das bedeute auch, dass "die Erinnerung an die Entrechteten, Misshandelten, Verschleppten und Ermordeten nicht vergeht. Denn ihre Peiniger wollten sie vernichten und alle Erinnerungen an sie auslöschen".
Lebenslauf der Opfer. Weitere Steine wurden vor den Gebäuden Mohrenstraße 14, Steinweg 15, Spitalgasse 4, Markt 1, Judengasse 20, Sally-Ehrlich-Straße 10, Ketschengasse 6, Gymnasiumsgasse 2, Hohe Straße 30 und Marienberg 2 in die Erde eingelassen.
Die Aktion wurde von jüdischen Musikklängen begleitet, die von Gerhard Kuffer und F. Olmer von der israelitischen Kultusgemeinde Bamberg gespielt wurde.
Unterwegs erfuhren die Teilnehmer einiges über das Leben und das Schicksal der Opfer. Nähere Informationen zur Aktion "Stolpersteine" gab es am Freitagabend. Um 19.30 Uhr stellte Gunter Demnig im Historischen Rathaussaal sein Projekt in einem Vortrag vor. Neben Informationen wie und wann es zu der Idee kam und wie sich die Aktion im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat, war an diesem Abend auch Gelegenheit zur Diskussion mit dem Künstler gegeben.
cw. |
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Juni 2010:
Weitere "Stolpersteine" werden
verlegt |
Pressemitteilung der Stadt
Coburg vom 27. Mai
2010: "Coburg: Coburg erhält weitere Stolpersteine.
20 weitere Stolpersteine wird der Initiator des Projekts, Gunter Demnig, am Dienstag, 1. Juni, im Stadtgebiet verlegen. Die Gedenksteine aus Messing sollen an die Opfer der NS-Zeit in Coburg erinnern. Zu diesem Zweck wird der Kölner Künstler sie vor den letzten Wohn- oder Wirkungs- beziehungsweise Arbeitsstätten in die Erde lassen.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, an der Verlegung teilzunehmen. Die ersten fünf Steine werden um 9.30 Uhr in der Mohrenstraße 1a verlegt. Weitere Steine werden im Anschluss vor den Gebäuden Bahnhofstraße 25a, Bahnhofstraße 30, Mohrenstraße 9a, Mohrenstraße 9b, Mohrenstraße 10, Mohrenstraße 21, Webergasse 26, Judengasse 8, Untere Anlage 2 (Gymnasium Albertinum) und Ketschendorfer Straße 1 (Landgericht) in die Erde gelassen.
Sebastian Mann wird die Tour musikalisch begleiten. Die Schauspielerin Elga Mangold, aus dem Ensemble des Landestheaters Coburg, wird unterwegs aus den Biografien der Opfer lesen." |
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Juli
2010: Rachel Green - Tochter der
in Coburg geborenen Anne Rubin - zu Besuch in Coburg |
Pressemitteilung der Stadt
Coburg vom 16. Juli 2010: "Coburg: Ein Besuch, der mit vielen Erinnerungen verbunden ist.
Die Amerikanerin Rachel Green ist nach Coburg gereist, um den Stolperstein für ihre Mutter zu sehen.
'Meine Mutter hatte großes Glück, dass sie damals noch rechtzeitig vor den Nazis aus Coburg fliehen
konnte', sagte Rachel Green nachdenklich bei ihrem Besuch in der Vestestadt. Die Tochter der Jüdin Anne Rubin war eigens aus der Nähe von Los Angeles nach Coburg gereist, um den Stolperstein für ihre Mutter vor deren ehemaligen Wohnhaus in der Bahnhofstraße 30, zu sehen. Zweiter Bürgermeister Norbert Tessmer empfing die Amerikanerin im Bürglassschlösschen. Gemeinsam mit Rachel Green machte er sich anschließend auf den Weg zum Gedenkstein ihrer Mutter, die im November 2009 im Alter von 81 Jahren verstorben ist. Für Rachel Green war der Besuch in der Vestestadt mit vielen Erinnerungen verbunden. Das letzte Mal war sie noch in Begleitung ihrer Mutter nach Coburg gereist.
Anne Rubin wurde 1927 in Coburg geboren. Schon in der Schule war sie den Demütigungen ihrer Mitschüler und Lehrer ausgesetzt. Am 9. November 1938, in der Reichspogromnacht, starb ihr Großvater und ihr Vater wurde verhaftet. Kurz nach seiner Entlassung verließ die Familie Nazi-Deutschland und fand in den USA eine neue Heimat.
'Die schlimmen Erinnerungen an ihre Kindheit in Coburg beschäftigten Anne ein ganzes Leben
lang', sagte Rachel Green. Trotzdem entschloss sie sich 2008 dazu, die alte Heimat noch einmal zu besuchen. Der Besuch und ihre Erzählungen hinterließen in Coburg großen Eindruck, so dass sich schnell Paten für einen Stolperstein für Anne Rubin fanden. Der Stein wurde Anfang Juni verlegt. Bei der Verlegung mit dabei war auch der Sohn von Rachel Green, Anne Rubins Enkel, Andy Green. Rachel Green selbst konnte damals aus beruflichen Gründen nicht nach Coburg kommen. Dennoch war es ihr ein großes Anliegen, den Stein so schnell wie möglich persönlich zu besuchen. Bei der Gelegenheit ließ sie sich von Bürgermeister Tessmer auch den Stein für Walter Lewy, einem ehemaligen Schulfreund ihrer Mutter zeigen. Anders als Anne Rubin, gelang es dem Jungen nicht, rechtzeitig aus Coburg wegzugehen. Er wurde von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager nach Riga gebracht und dort ermordet.
Nähere Informationen zur Aktion Stolpersteine gibt es im Internet unter www.coburg.de/stolpersteine. Hier finden Interessierte auch einen Link zur vollständigen Biographie von Anne Rubin." |
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November
2011: Zwei weitere
"Stolpersteine" wurden verlegt |
Artikel im "Coburger
Tageblatt" vom 29. November 2011: "Erinnerung an die Gräuel wach halten.
Gedenken. Mit einer Andacht und einem Schweigemarsch wurde der
Deportationsopfer vor 70 Jahren gedacht. Zwei neue Stolpersteine kamen
hinzu..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei |
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Juli
2012: Weitere
"Stolpersteine" wurden verlegt |
Artikel in der "Neuen
Presse" vom 1. August 2012: "Neue Stolpersteine für die
Stadt. Der Künstler Gunter Demnig gedenkt diesmal nicht nur Juden,
sondern auch politischen Gegnern der Nazis. Der spätere Bürgermeister
Christan Reichenbach erhält ein Mahnmal..."
Link
zum Artikel
Anmerkung: u.a. wurden "Stolpersteine" verlegt für Abraham
Friedmann (Ketschendorfer Str. 2), für Hermann und Max Ehrlich sowie
Jenny und Max Kohn (Sally-Ehrlich-Straße 1 und 10), für Frieda
Baumwollspinner (Judengasse 8), Max Hecht und Ketschengasse 31
(Albertslatz 5a bzw. Ketschengasse 31). |
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Juni
2014: Eine Broschüre zu den Coburger
"Stolpersteinen" ist erschienen |
Artikel von Martin Koch in
"inFranken.de" vom 29. Juni 2014: "Broschüre führt zu Coburger Stolpersteinen
Im Rahmen eines P-Seminars haben neun Oberstufenschüler des Gymnasiums Alexandrinums eine ausführliche Broschüre über die in Coburg seit 2009 verlegten Stolpersteine erstellt.
Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) lobte bei der Übergabe der ersten druckfrischen Exemplare das Engagement der Projektgruppe:
'Das ist eine sehr wertvolle Hilfe!' Die Broschüre gebe Einblick in ein
'dunkles Kapitel unserer Stadtgeschichte, das wir nicht vergessen dürfen.' Oberstudiendirektor Herbert Brunner freute sich, dass mit dieser neuen Broschüre die Ergebnisse dieses P-Seminars nicht im Archiv der Schule verschwinden, sondern der Öffentlichkeit zugänglich seien..."
Link
zum Artikel |
Anmerkung: die Broschüre
"Stolpersteine" gibt es im Gymnasium Alexandrinum und in der
Tourist Information in der Herrngasse 4. Die Einstellung zum Download im
Internet ist geplant. |
Artikel von Isabel Blömer in
der "Neuen Presse" Coburg vom 3.7.2014: "Verbeugen vor den Opfern
Das Gymnasium Ernestinum verlegt zur Erinnerung an einen jüdischen Schüler einen Stolperstein. Er soll die Vorübergehenden zum Nachdenken anregen..."
Link
zum Artikel |
Anmerkung: Der Stolperstein
wurde vor dem Ernestinum für den ehemaligen Gymnasiasten Siegbert
Kaufmann verlegt. |
Artikel in der Coburger Neuen
Presse vom 3. Juli 2014: "Junge Forscher schauen zurück
Coburger Abiturienten erstellen eine Broschüre über Stolpersteine in der Stadt. Sie erlaubt Einblicke in eine düstere Zeit, ist damit aber auch Mahnung für die Zukunft.
Coburg - Im Rahmen eines P-Seminars haben neun Oberstufenschüler des Gymnasiums Alexandrinums eine ausführliche Broschüre über die in Coburg seit 2009 verlegten Stolpersteine erstellt. Oberbürgermeister Norbert Tessmer lobte bei der Übergabe der ersten druckfrischen Exemplare kürzlich das Engagement der Projektgruppe:
'Das ist eine sehr wertvolle Hilfe.' Die Broschüre gebe Einblick in ein
'dunkles Kapitel unserer Stadtgeschichte, das wir nicht vergessen dürfen.' Oberstudiendirektor Herbert Brunner freute sich, dass mit dieser neuen Broschüre die Ergebnisse dieses P-Seminars nicht im Archiv der Schule verschwinde, sondern der Öffentlichkeit zugänglich seien."
Link
zum Artikel |
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September 2016:
Die hebräische Portalinschrift ist
wieder zu lesen |
Artikel von Martin Koch im
"Coburger Tageblatt" (infranken.de) vom 19. September 2016: "Religion.
Sichtbares Zeichen einer Synagoge in Coburg
Nun kann jeder wieder sehen, dass die St.-Nikolaus-Kapelle in Coburg einst
eine Synagoge war. Dort fand ein ökumenischer Gottesdienst statt.
Die 'Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen' (AcK) hat mit einem
ökumenischen Gottesdienst an der St.-Nikolaus-Kapelle am vergangenen Sonntag
die Wiedersichtbarmachung der hebräischen Textinschrift über dem Eingang zum
Gotteshaus gefeiert. Der Text, eine Passage aus dem 118. Psalm, war aus der
umgebenden Sandsteinkartusche nach dem Zweiten Weltkrieg herausgeschlagen
worden. Eine Glastafel, die an dieser Relieftafel angebracht wurde, zitiert
jetzt wieder diesen Text in hebräischer Sprache und in hebräischer Schrift.
Gleichwohl sollte die beschädigte Sandsteinkartusche im unvollständigen
Zustand als offensichtliche Wunde am Gotteshaus sichtbar bleiben. Für das
Bayerische Landesamt für Denkmalpflege war die jetzt gefundene Lösung
wichtig, weil das beschädigte Sandsteinrelief ein sichtbares Zeugnis der
früheren Nutzung der Nikolauskapelle als Synagoge der untergegangenen
Jüdischen Gemeinde Coburgs ist. 'Dies ist das Tor zu Gott' (Psalm 118, 20)
lautet der jetzt wieder sichtbare Text, der die Besucher gleich beim
Eintritt in das Gotteshaus begrüßt. 'Baudenkmäler sprechen zu uns', sagte
Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) in seinem Grußwort, 'sie machen
Geschichte greifbar.'
Tessmer stellt die Vergangenheit des Gebäudes dar. Die Gegenwart
schwebe nicht im freien Raum. 'Die Gegenwart wird vielmehr von dem, was
früher geschehen ist, geprägt.' Tessmer erinnerte an den Ursprung des
Gebäudes, das im Jahr 1442 als Siechenhauskapelle (Siechenhaus: Krankenhaus)
erbaut worden sei. 'Die Geschichte der Kapelle ist lang, und sie ist
besonders', sagte der OB, 'diese Kirche hat eine multireligiöse Geschichte.'
Dort feierten römisch-katholische, evangelisch-lutherische und
evangelisch-freikirchliche Christen (Baptisten) ihre Gottesdienste. Seit
1962 ist dort die alt-katholische Kirchengemeinde zu Hause. Von 1873 bis
1932 war die Kapelle eben Coburgs Synagoge, bis der jüdischen Gemeinde die
Nutzung des Gotteshauses durch den nationalsozialistisch dominierten
Coburger Magistrat gekündigt worden war. Tessmer weiter: 'Gerade diese
Kirche ist ein besonderes Gotteshaus und hat für viele Coburgerinnen und
Coburger einen ganz erheblichen emotionalen Mehrwert.' Die AcK-Gemeinden
hatten in Würdigung dieser Nutzung auch die Rabbinerin Dr. Antje Yael Deusel
aus Bamberg eingeladen, die als Lesung den 118. Psalm in der Originalsprache
vortrug. Am Gottesdienst wirkten der evangelische Dekan Andreas Kleefeld,
der gastgebende alt-katholische Pfarrer Hans-Jürgen Pöschl, Pastor Sebastian
Thierfelder von den Baptisten, der römisch-katholische Dekan Roland Huth
sowie verschiedene Gemeindeglieder der beteiligten Konfessionen und der
Posaunenchor Ahorn mit."
Link zum Artikel |
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November
2016: Die "Stolpersteine"
werden gereinigt |
Artikel von Martin Koch in der
"Neuen Presse" vom 6. November 2016: "Coburg. Gedenken wird wach gehalten.
SPD- und Juso-Mitglieder reinigen die Stolpersteine in der Stadt. Die Tafeln erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus.
Coburg - Jedes Jahr im November laden SPD-Mitglieder und Jusos in Coburg zur Aktion
'Stolpersteine putzen' ein. Die weit über 100 Stolpersteine, die im Pflaster der Stadt verlegt sind, erinnern an die während der Nazi-Herrschaft ermordeten jüdischen Bürger und an andere Opfer des Nationalsozialismus. Seit 2009 werden Stolpersteine vor den ehemaligen Wohnungen oder Wirkungsstätten von NS-Opfern verlegt. Initiator der Aktion ist der Künstler Gunter Demnig. Derartige Stolpersteine gibt es mittlerweile in gut 500 Städten in Deutschland.
Das Wetter am vergangenen Samstag lud nicht unbedingt dazu ein, die Stolpersteine auf Hochglanz zu bringen. Dennoch kamen vier unentwegte Parteimitglieder bei Nieselregen zu der Aktion. Mit Schwamm, Wasser und Putzmittel ausgestattet ging es in die Gassen rund um den Marktplatz. Nach dem optischen Update legten die Akteure Rosen nieder und stellten Kerzen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Nähe der Stolpersteinen auf.
'In einer Zeit, in der es wieder vermehrt zu Diskriminierung und Verfolgung politisch Andersdenkender oder Andersgläubiger kommt, ist es den Jusos mit der symbolischen Reinigung der Stolpersteine ein ernstes Anliegen den dunklen Zeiten der Coburger Stadtgeschichte zu gedenken', betonte SPD-Stadtrat Dominik Sauerteig.
Seit die ersten Stolpersteine verlegt wurden, ist Hannelore Plentz in jedem Jahr bei der Reinigungsaktion der Jusos dabei. Sie ist auch Patin eines der Stolpersteine zum Gedenken an die Familie Baumwollspinner in der
Judengasse."
Link
zum Artikel |
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Oktober 2017:
In 2018 sollen wieder
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel von Christiane Lehmann
im "Coburger Tageblatt" (infranken.de) vom 12. Oktober 2017:
"Erinnerungskultur. 2018 in Coburg wieder Stolpersteine
Das Projekt 'Stolpersteine gegen das Vergessen' wird 2018 weitergeführt.
Darauf verständigten sich der Kultursenat - wenn auch nicht einstimmig.
Hans-Herbert Hartan (CSU), Max Forkel (Junge Coburger) und Oberbürgermeister
Tessmer folgten der Beschlussvorlage, das Projekt, das bereits seit 2016 aus
personellen Gründen ausgesetzt war, erst wieder im Haushaltsjahr 2021
fortzuführen und auch erst ab 20121 wieder 5000 Euro pro Jahr dafür zur
Verfügung zu stellen. Das Finanzreferat hatte im Zuge der Hauskonsolidierung
empfohlen, das Projekt nach Ablauf des Projekts 'Aufarbeitung der Coburger
Geschichte' weiter zu verfolgen. Für Franziska Bartl (SPD) war diese
Argumentation nicht nachvollziehbar, zumal bereits Anfragen für die
Übernahme von Patenschaften vorliegen. Genau wie Martina Benzel-Weyh (Die
Grünen) betonte sie, doch auch die Erinnerungskultur zu pflegen und
derartige bürgernahe Projekte zu unterstützen. Ganz anders sieht das
Hans-Herbert Hartan, der dem Projekt Stolpersteine von Anfang kritisch
gegenübersteht. 'Ich habe grundsätzlich ein Problem damit - genauso wie der
Zentralrat der Juden auch', sagte er. Stolpersteine seien höchstens eine
schlechte Erinnerungskultur, da andere einfach drüber weg laufen. Max Forkel
stimmte für die Aufschiebung bis 2021, da es sich dabei um eine freiwillige
Leistung der Stadt handle. Martin Lücke (SPD) abschließend: 'Wenn man so
lange aufschiebt, kann selbst eine Erinnerungskultur in vergessen werden.'"
Link zum Artikel |
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November
2017: Die "Stolpersteine"
werden gereinigt |
Artikel von Wolfgang Desombre in
der "Neuen Presse" vom 20. November 2017: "Coburg. Damit die Erinnerung nicht verblasst
Sie putzen gegen das Vergessen: Die Jusos waren erneut in der Stadt unterwegs, um die Stolpersteine in Coburg wieder auf Hochglanz zu polieren.
Coburg - Weit mehr als 100 Stolpersteine erinnern in ganz Coburg an die Opfer des Nationalsozialismus in der Vestestadt. Am Samstag machten sich die Jusos im SPD-Stadtverband Coburg auf, um sie mit weiteren fleißigen Helfern zu reinigen und zu polieren.
Die Stolpersteine befinden sich im gesamten Stadtgebiet vor den ehemaligen Wohn- oder Wirkungsstätten der Betroffenen. Da die Messingsteine mit der Zeit ihren Glanz verlieren, haben die Coburger Jusos seit 2012 jedes Jahr zum gemeinsamen Putzen aufgerufen. Auch in diesem Jahr wurde auf diese Weise an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Vorsitzender Bastian Braunersreuther sorgte mit Helfern dafür, dass die Namen der Coburger Opfer des Nationalsozialismus wieder lesbar sind..."
Link
zum Artikel |
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November 2018:
Die "Stolpersteine" werden
gereinigt |
Artikel von Edwin Meißinger im
"Coburger Tageblatt" ("infranken.de" vom November 2018: "Erinnern.
Stolpersteine als kleine Mahnmale in Coburg
80 Jahre nach der Reichspogromnacht hatten die Jusos erneut dazu aufgerufen,
die etwa 80 Stolpersteine in Coburg zu reinigen.
Gut zwanzig Bürger Coburgs machten sich am Samstag auf, um die so genannten
Stolpersteine zu putzen und somit das Gedenken an die Opfer des
Nationalsozialismus wach zu halten. Startpunkt dieser respektvollen Aktion
war das Rathaus Coburg. Die Stolpersteine gibt es seit 2009 in Coburg. Sie
sollen im Tagesablauf dazu anregen, kurz inne zuhalten und den Blick auf das
Geschehene lenken - verbunden mit der Mahnung, dass so etwas Verachtendes
und Menschenunwürdiges nie mehr geschieht.
Vor 80 Jahren wurden in der Reichspogromnacht (auch spöttisch
Reichskristallnacht genannt) vom Hitler-Regime gezielt organisierte und
gelenkte Gewaltaktionen gegen jüdische Bürger und Bürgerinnen durchgeführt.
Dabei wurden etwa 400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben.
Darüber hinaus zerstörte man über 1400 Synagogen, jüdische Geschäfte,
Friedhöfe und Privatwohnungen. Diese schreckliche Reichspogromnacht wird
auch als Auftakt zur massenhaften Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürger
angesehen. Bei den Stolperstein-Reinigern waren auch Hannelore Plentz und
Toni Münster mit dabei. Hannelore Plenz war 2009 eine die Patin des
Stolpersteines für Herrn Baumwollspinner. Toni Münster ist ein 24 Jahre
alter Jungsozialist und gehört seit etwa einem halben Jahr der
Nachwuchsorganisation der SPD an. Für ihn ist vor allem wichtig, mit dem
Gedenken an die Verbrechen der Nazi-Zeit auch ein Zeichen gegen den heute
wieder aufkommenden Rechtsextremismus zu setzen. In fünf Gruppen schwärmten
die Teilnehmer der Aktion am Samstag in Coburg aus, um die etwa 80
Stolpersteine an 60 Plätzen Coburgs zu reinigen. Bastian Braunersreuther und
einige andere Mitglieder der Jusos hatten für die Reinigungsaktion aber
nicht nur Schwämmchen besorgt, sondern für jeden Stolperstein auch eine
Kerze und eine Rose. Unmittelbar vor der Säuberungsaktion hatten Coburgs
Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) und viele weitere Interessierte die
Veranstaltung "Partnerschaft Demokratie" beschlossen und zahlreiche
Luftballons als Zeichen für die Demokratie in den Himmel steigen lassen."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Die "Stolpersteine" werden
gereinigt |
Artikel im "Coburger Tageblatt"
("infranken.de") vom 6. November 2019: "Aktion. Stolpersteine werden
geputzt
Zur Erinnerung an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938
rufen die Coburger Jusos auf, am Samstag, 9. November, die Stolpersteine zu
putzen.
Putzzeug mitbringen. Treffpunkt für die Helfer ist um 13 Uhr das
Coburger Rathaus. Sie sollten Putzlappen und kleine Eimer mitbringen.
Gleichzeitig weisen die Jusos in einer Pressemitteilung auf den Gedenkweg
zur Reichspogromnacht der AG Lebendig Erinnerungskultur des DGB, des EBW,
der Initiative Stadtmuseum Coburg, des Netzwerks Coburg ist Bunt und des
Stadtheimatpflegers hin. Treffpunkt ist am Samstag um 17 Uhr ebenfalls das
Rathaus. In der Reichspogromnacht organisierte die NSDAP im gesamten
Deutschen Reich Gewaltaktionen gegen Bürger jüdische Glaubens. Dabei wurden
etwa 400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben. Über 1400
Synagogen sowie jüdische Geschäftsräume, Friedhöfe und Privatwohnungen
wurden zerstört. Mit dem Novemberpogrom ging die NS-Diktatur dazu über,
Bürger jüdischen Glaubens systematisch zu verfolgen und zu ermorden. Auch
Coburg blieb keine Ausnahme: Die Nationalsozialisten gingen mit
unglaublicher Brutalität gegen noch in der Stadt lebende Juden vor. Man
trieb sie prügelnd durch die Stadt, überfiel ihre Lebens- und Geschäftsräume
und zerstörte die Betstube des Predigers Hirsch, seit dem Nutzungsverbot der
Synagoge 1932 religiöser Zufluchtsort. Um an die Coburger Opfer des
Nationalsozialismus zu erinnern, wurden seit 2009 'Stolpersteine gegen das
Vergessen' verlegt. Diese befinden sich vor den ehemaligen Wohn- oder
Wirkungsstätten. Da die Messingsteine mit der Zeit ihren Glanz verlieren und
sich verfärben, rufen die Coburger Jusos seit 2012 jedes Jahr zum
gemeinsamen Putzen auf."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Gedenkstunde zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 |
Artikel von Wolfgang Desombre in
"infranken.de" (Coburger Tageblatt) vom 10. November 2019: "Coburg
gedenkt der Reichspogromnacht
Am 9. November, der als "Schicksalstag der Deutschen" gilt, wurde auch in
Coburg eine Brücke aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft
geschlagen.
Auf einem Weg durch die Stadt Coburg wurde am Samstagabend der
Reichspogromnacht und ihren Opfern gedacht. Der Gedenkweg erinnerte an die
Täter und ihre Verbrechen und ermahnt zum Nachdenken über den Umgang mit
Minderheiten und über demokratische Werte.
Der 9. November sei ein besonderer Tag in unserer Geschichte, machte Pfarrer
Dieter Stößlein deutlich. Mit ihm beginne 1918 die Weimarer Republik und mit
dem 9. November verbinde sich der friedliche Umsturz in der ehemaligen DDR
und der Fall der Mauer. An beides gelte es zu erinnern und der Opfer vom 9.
November 1938 zu gedenken, sagte Stößlein. Die Pogrome des 9. und 10.
Novembers 1938 seien nicht aus 'heiterem Himmel' geschehen. Auch in Coburg
hätte die Pogrome eine Vorgeschichte, die von Demütigung, Entrechtung und
Vernichtung der bürgerlichen wie wirtschaftlichen Existenz der Juden geprägt
gewesen seine.
Die ausgewählten Stationen des diesjährigen Gedenkweges 'Stätten der
Entrechtung' würden die Orte struktureller, verbaler und physischer Gewalt
der Nazis gegen jene, die deren Rassenwahn, völkischer und
gewaltverherrlichender Ideologie nicht entsprachen markieren, so Dieter
Stößlein. 'Wir stehen hier, weil wir die Deutung der Geschichte nicht denen
überlassen wollen, die diese verharmlosen, den Opfern die Würde nehmen.' Die
Kultur des Erinnerns, so der Pfarrer, sei ein wichtiger Baustein in einer
lebendigen Demokratie. 'Wir stehen hier, weil Antisemitismus Menschen zu
Mördern macht und wir das nicht hinnehmen wollen. Mit diesem Gedenken sagen
wir Nein zu jeglicher Ausgrenzung und Gewaltanwendung gegen Minderheiten.
Wir sagen Ja zur Achtung der Würde des Menschen und den Werten, die die
Menschenrechte schützen'.
Der 9. November sei für Deutschland ein Schicksalsdatum, machte auch
Oberbürgermeister Norbert Tessmer deutlich. Wohl kein anderes Datum in der
deutschen Geschichte habe derart die Emotionen geschürt und kontroverse
Diskussionen hervorgerufen wie der 9. November. Der Schicksalstag
symbolisiere die Hoffnungen der Deutschen, aber auch den Weg in die
Verbrechen des Dritten Reiches, sagte Tessmer. Eine Aufarbeitung sei schon
deshalb besonders wichtig, so Tessmer, weil die historischen Erinnerungen
nicht mehr ausreichten. Es gebe immer weniger Menschen, die den Krieg, die
Entbehrungen, die Flucht, den Verlust der Heimat, die Trauer um nahe
Angehörige, das Morden in den Konzentrationslagern und das Drangsalieren der
Geheimdienste erlebt haben. 'Und wenn sie nicht mehr sind, dann kann auch
nichts mehr weiter erzählt werden.' Folge sei, so Tessmer, dass die Distanz
zu dem Geschehen der 'Humus für das Wegsehen, das Relativieren und das
Verdrängen' sei. Die Vorstufe zum Unheil sei das Wort, so der OB. Mit Worten
könne Heil wie Unheil angefangen und zur Verrohung der politischen Kultur
beitragen. Worte wie 'Überfremdung', 'Lügenpresse', 'Volksverräter' oder
'Altparteien' würden mürbe machen. Das Gedenken wurde unterstützt von der AG
'Lebendige Erinnerungskultur', dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dem
Bildungswerk, Initiative Stadtmuseum, dem Stadtheimatpfleger und Netzwerk
Coburg Stadt und Land 'Wir sind bunt' und den beiden Musikerinnen Lorena
Hemmerich und Cora Heickenwälder."
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Frühjahr 2020:
Im Frühjahr 2020 werden weitere
"Stolpersteine" verlegt |
Artikel von Martin Koch im
"Coburger Tageblatt" (infranken.de) vom 22. Mai 2019: "Verlegung. Weitere
Stolpersteine erst 2020
Im Herbst dieses Jahres sollten weitere Stolpersteine in Coburg verlegt
werden. Aus Termingründen werde diese Verlegung aber erst im Frühjahr 2020
erfolgen, berichtete Klaus Anderlik vom Amt für Schulen, Kultur und Bildung
bei der Sitzung des Kultur- und Schulsenats am Dienstag.
Zwischen 2009 und 2013 wurden bereits über 100 Stolpersteine in den Straßen
Coburgs verlegt. Die Messingplatten erinnern an Opfer des
Nationalsozialismus. In Coburg sind das jüdische Bürger wie der einstige
Inhaber der Fleischwarenfabrik, Abraham Friedmann, oder Dr. Kurt Masur, aber
auch Antifaschisten wie Georg Alexander Hansen, ein Wehrmachtsoffizier, der
als Nazigegner hingerichtet wurde, oder Coburgs früherer Dritter
Bürgermeister Christian Reichenbecher (SPD)..."
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März 2020:
"Woche der Brüderlichkeit" in
Coburg |
Artikel in der "Neuen Presse
Coburg" vom 2. März 2020: "Coburg. Gemeinsam gegen Antisemitismus
Vom 8. bis zum 15. März läuft die Woche der Brüderlichkeit. In Coburg sind
dazu drei Veranstaltungen geplant.
Coburg - Um Antisemitismus und Rassismus zu begegnen und den Dialog
mit dem Judentum zu stärken, fordert das Motto der Woche der Brüderlichkeit
"Tu deinen Mund auf für die Anderen". Im ganzen Land schaffen vom 8. bis zum
15. März Veranstaltungen Anlässe für Begegnung und Dialog um das Anliegen in
die Gesellschaft hintragen.
In Coburg wird die Woche der Brüderlichkeit von der evangelisch-lutherischen
Kirche, der römisch-katholischen Kirche und der altkatholischen Gemeinde
zusammen mit dem Evangelischen Bildungswerk und der Katholischen
Erwachsenenbildung getragen.
Zur Eröffnung mit Oberbürgermeister Norbert Tessmer am Sonntag, 8.
März, um 17 Uhr in der Nikolauskapelle am Rosengarten wird "Inspiration",
ein Chor für interkulturelle Musik unter Leitung von Gabriele Netal Backöfer,
Hoffnung und Glanz jüdischer Musik zu Gehör bringen. "Inspiration" führt mit
dem Programm durch Lebens- und Musikkulturen, die weit über Religionsgrenzen
hinausgehen. Zu hören sind osteuropäische, folkloristische wie
hochromantische Klänge, Stücke aus dem Kontext der Synagoge, chassidische
Weisen, Klezmer, zeitgenössischer hebräischer Folk und Instrumentalmusik.
Rabbinerin Antje Yael Deusel spricht am Mittwoch, 11. März, um 19 Uhr in der
Nikolauskapelle über "Jüdisches Leben in Deutschland heute". Oft wird
Judentum auf Männer mit Schläfenlocken und Klezmermusik reduziert. Die
stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Rabbinerkonferenz zeigt die Fülle
und Bandbreite jüdischen Lebens in Deutschland auf. Sie gibt auch Einblick
in ihr Leben und ist bereit, mit den Zuhörern in einen offenen Dialog zu
treten - auch darüber wie man als Rabbinerin in einem Land lebt, in dem es
offene Ressentiments gibt.
Judentum gibt es bei der Exkursion zum Judenhof in
Altenkunstadt und zur
neuen Synagoge Bamberg am Freitag, 13.
März, zu erleben. Die Führung durch das jüdische Viertel Altenkunstadts und
die restaurierte Synagoge zeigt einen kulturellen und religiösen Mittelpunkt
jüdischen Lebens am Obermain und erklärt, wie das Zusammenleben mit Juden
über Jahrhunderte gelang. Die neue Synagoge in Bamberg steht für modernes
Judentum in Deutschland. Dort erhalten die Teilnehmenden eine Einführung in
den jüdischen Gottesdienst sowie Einblicke in jüdische Spiritualität und
nehmen am Gottesdienst teil. Die Woche der Brüderlichkeit richtet sich gegen
Gleichgültigkeit und gegen das Wegschauen. Sie stellt Fragen an das eigene
Verhalten, an vorhandene Vorurteile und an die eigene Zivilcourage."
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Juli 2022:
Diskussion um Erinnerungskultur in
Coburg |
Artikel von Dieter Ungelenk in
der "Neuen Presse Coburg" vom 26. Juli 2022: "Erinnerungskultur in Coburg
Memorial am Marktplatz unerwünscht?
Hinterbliebene fordern seit Jahrzehnten einen angemessenen Gedenkort für die
verfolgten und ermordeten Coburger Juden. Die aktuelle Planung sehen sie
kritisch.
"Ein Memorial gehört in die City!' Jeffrey Kraus wird nicht müde, von
der Stadt Coburg einzufordern, was sie sieben Jahrzehnte lang versäumt hat.
Gemeinsam mit anderen Nachkommen der Coburger Juden, die während der
Nazi-Herrschaft fliehen mussten, deportiert oder ermordet wurden, setzt sich
der Enkel des Coburgers Max Forchheimer seit Langem dafür ein, im Zentrum
der Stadt einen würdigen Ort des Gedenkens zu schaffen.
Die Bemühungen scheinen endlich zu fruchten: Seit einem Jahr wird verstärkt
über eine Erinnerungsstätte diskutiert, seit einem Monat gewinnen die Pläne
Kontur. Der bislang namenlose Platz vor dem Stadtcafé am Gräfsblock soll
nach der Coburgerin Ilse Kohn benannt werden, deren Schicksal beispielhaft
steht für den antisemitischen Terror der Nationalsozialisten. Ihre Familie
wurde ausgelöscht, sie selbst starb mit 36 Jahren im Konzentrationslager
Auschwitz. Das Haus und das Geschäft der Familie Kohn, in dem Ilses Vater
von einem NS-Fanatiker erstochen wurde, liegt in Sichtweite des Gräfsblocks,
der von den Nazis 1937 als Verwaltungsgebäude im 'Heimatschutzstil'
errichtet worden war. Sein Umfeld tauften sie 'Platz der Alten Garde'. Der
Vorschlag der Stadtverwaltung, den seit 1945 namenlosen Platz nach Ilse Kohn
zu benennen und dort ein Mahnmal zu errichten, wurde vom Kultur- und
Schulsenat sowie vom Bausenat befürwortet, auch die Planungsgruppe
'Erinnerungsort für jüdisches Leben in Coburg' sprach sich Anfang Juli
intern dafür aus.
Hinterbliebene der Opfer sehen die Fokussierung auf diesen Ort hingegen
kritisch und fühlen sich übergangen. Jeffrey Kraus bedauert, 'dass die
Planungsgruppe nicht einmal darüber diskutiert hat, ob das zentrale Mahnmal
auf dem Marktplatz aufgestellt werden soll, obwohl sie schon lange weiß,
dass sich die Nachkommen der Coburger Juden einig sind, dass das zentrale
Denkmal an diesem Ort sein muss'. In einem Schreiben an die Presse äußert er
die Hoffnung, 'dass die Planungsgruppe aufgeschlossen bleibt und ihre
Entscheidung rückgängig macht'.
Eine Entscheidung ist jedoch noch gar nicht gefallen, denn sie obliegt dem
Stadtrat, der sich im Oktober damit befassen soll, versichert Kerstin
Lindenlaub, die als Leiterin der Kulturabteilung der Stadt die Arbeit der
Planungsgruppe koordiniert. Sie bedauert, dass durch unvollständige
Informationen bei den Betroffenen ein missverständlicher Eindruck entstanden
sei: 'Niemand hat etwas dagegen, einen Gedenkort auf dem Markt zu schaffen',
versichert sie. Das Memorial am Gräfsblock solle lediglich den Einstieg in
ein groß angelegtes Projekt bilden: 'Unsere Idee ist es, alle Orte jüdischen
Lebens in Coburg einzubeziehen'. Darüber soll die
Hinterbliebenengemeinschaft demnächst informiert werden. In dieser Woche
werden die ins Englische übersetzten Unterlagen versandt, am 2. August ist
eine Videokonferenz anberaumt, in der alle Fragen erörtert werden könnten.
'Wir möchten die Hinterbliebenen keinesfalls brüskieren oder enttäuschen!',
betont Lindenlaub. Verständnis für die Irritationen zeigt hingegen Gaby
Schuller, die die Spuren jüdischen Lebens in Coburg erforscht, mit
Nachkommen in aller Welt gut vernetzt ist und als deren Sprecherin im
Planungskreis fungiert. Die Umbenennung des Gräfsblock-Areals begrüßt sie,
als zentralen Gedenkort hält sie ihn hingegen für ungeeignet: 'Es gibt
keinen zentraleren Ort als den Marktplatz!'. Hier, vor dem ersten Rathaus
Deutschlands, das die Hakenkreuzfahne hisste, veranstalteten die
Nationalsozialisten ihre Aufmärsche, hier stellten sie Verfolgte und
Regimegegner an den Pranger und trieben 1938 vor aller Augen die jüdische
Bevölkerung zusammen, um sie zu verhaften. Dass der Marktplatz als möglicher
– und von den Nachkommen ausdrücklich gewünschter – Gedenkort im Protokoll
der Juli-Sitzung nicht auftaucht, verwundert Gaby Schuller, die an dem
Treffen nicht teilnehmen konnte. Ursprünglich habe der zwischenzeitlich
verstorbene 3. Bürgermeister Thomas Nowak vor der Meinungsbildung die
Sichtweise der Hinterbliebenen bei einer Videokonferenz kennenlernen wollen,
'er wollte sie unbedingt hören und sehen', so Schuller. Dass der
Planungskreis nun bereits vor dem Online-Gespräch eine klare Position
bezieht, sorge für verständlichen Unmut und Argwohn. 'Sie wollen nicht noch
einmal übergangen werden', meint Schuller mit Blick auf die vergeblichen
Bemühungen, einen angemessenen Gedenkort in der einstigen Nazi-Hochburg zu
schaffen. Schon 1988 besuchten Nachkommen der Coburger Juden, unter ihnen
auch Jeffrey Kraus, die Heimatstadt ihrer Eltern und Großeltern, die ihnen
mit unterkühlter Höflichkeit begegnete. Private Filmaufnahmen belegen die
Unsensibilität, mit der ihr Anliegen beim offiziellen Stadtempfang ignoriert
wurde. Privaten Initiativen ist es zu verdanken, dass das 'braune Kapitel'
der Coburger Historie nicht länger beschwiegen wird und die Geschichte der
ausgelöschten jüdischen Gemeinde immer stärker ins öffentliche Bewusstsein
rückt – unter anderem durch rund 120 Stolpersteine vor den Häusern, in denen
jüdische Bürgerinnen und Bürger lebten, bis sie vertrieben oder verschleppt
wurden. Auch ein Gedenkstein erinnert an die Coburger Opfer der Shoa – doch
auf dem dem jüdischen Friedhof auf dem Glockenberg findet ihn nur, wer ihn
wirklich sucht. Das Interesse, das Mahnmal aus dem Verborgenen ans Licht zu
holen und im Herzen der Stadt, auf dem Marktplatz also, die Erinnerung an
den Holocaust wach zu halten, sei nach wie vor im offiziellen Coburg gering,
fürchtet Hubertus Habel. Als ehemaliger Stadtheimatpfleger und Leiter der
städtischen Sammlungen weiß er um die Probleme der Stadt mit ihrer
'Vergangenheitsbewältigung' und vermisst eine vorbehaltlose
Erinnerungskultur, die auch wunde Punkte einschließt. Deutliches Indiz
dafür: 'Es gibt keine andere Kommune dieser Größe ohne ein städtisches
Museum'." |
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November 2023:
Weitere Verlegung von
Stolpersteinen in Coburg |
Artikel/Pressemitteilung in "Der
Neue Wiesentbote" vom 19. November 2023: "Coburg: Weitere Stolpersteine
gegen das Vergessen. Am 23. November 2023 werden weitere Stolpersteine
in Coburg verlegt
Um die Erinnerung an das Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus immer
wieder ins Bewusstsein zu bringen, organisiert die Kulturabteilung der Stadt
seit vielen Jahren die Verlegung der Stolpersteine in Coburg. In diesem Jahr
werden sieben weitere Stolpersteine verlegt, drei weitere Steine werden an
einen neuen Standort versetzt. In Coburg erinnern somit zukünftig insgesamt
133 Stolpersteine an die Opfer des Nationalsozialismus. Oberbürgermeister
Dominik Sauerteig wird die neuen Steine gemeinsam mit dem 3. Bürgermeister
Can Aydin setzten. Schüler*innen der Heiligkreuzschule, des Casimirianums
und des Albertinums werden an den jeweiligen Adressen Einblicke in das
Leben, Wirken und Leiden der Opfer gewähren. Die Verlegung findet in
feierlichen Rahmen am 23. November 2023 ab 10 Uhr statt. Von der ersten
Station in der Gartenstraße 3 führt der Weg mit Halt am Steinweg 26 und der
Mohrenstraße 36 letztlich zur Spitalgasse 12."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Bd. II,1 S. 150-151; Bd. III,1 S.
211-214. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 125-129. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 202-202. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 248-252.
|
| Hubert Fromm: Die Coburger Juden. Geschichte und
Schicksal. Coburg 1990.
|
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Coburg S. 118-128 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden).
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Coburg Upper Franconia. Jews
were present in the mid-13th century, and inhabited a Jewish quarter with a
synagogue and other facilities. The community was destroyed in the Black Death
persecutions of 1348-49 and renewed by survivors soon after. The Jews engaged
mainly in lending and changing money. In 1422 they were forced to wear a special
badge and in 1447 the synagogue was converted into a church and the cemetery
impounded. The Jews were expelled shortly thereafter.
The modern community dates from the early 19th century and grew to 240 in 1895
(total 18.868). In 1872 a Catholic church built in 1473 was given to the
community for its synagogue. During the Weimar Republic, Coburg was a hotbed of
Nazism, with Hitler himself leading marches there in 1922 and 1932. Thoughout
this period, the Jews operated large factories and business establishments,
expecially in the clothing industry. When the Nazis came to power, the Jewish
population was 233. Forty of the community's leading figures were arrested and
brutally beaten and Jews were banned from various public places. The synagogue
was also closed down. On Kristallnacht (9-10 November 1938), Jewish homes
and stores were destroyed. By 1942, 85 Jews managed to emigrate and 61 left for
other German cities. Those remaining were confined to two buildings and expelled
in three groups: to the Riga ghetto on 27 November 1941, to Izbica in the Lublin
district of Poland on 25 April 1942 and to the Theresienstadt ghetto on 9
September 1942.
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|