Wenige Fotos zu den Spuren der jüdischen Geschichte in Dessau
(Fotos: Hahn, Aufnahmen vom 31.5. und 1.6.2020)
Straßenschild -
Kantorstraße
Denkmal von 1988 für die
zerstörte Synagoge
Kantorhaus
in der Kantorstraße 3
Gedenktafel für Kurt
Weill und Moses Mendelssohn
"Stolpersteine" vor dem
Kantorhaus
"Stolperstein" für
Salomon Jacobson
(1880-1938)
"Stolpersteine"
in der Kavalierstraße 66 für Emma Gutmann geb. Simon (1863-1942),
Hermann Gutmann (1857-1941) und Meta Gutmann (1887-)
Zur Geschichte des jüdischen Friedhofes
Der jüdische Friedhof in Dessau wurde mit Erlaubnis des Fürsten Johann Georg II.
1687 angelegt und bereits 1695 durch den Kauf eines Gartenplatzes "an der
Kienheide" vergrößert. 1712 wurde er von
einer Mauer umgeben, 1715 erwarb die jüdische Gemeinde zwei Drescherhäuser
"neben dem Juden-Kirchhof nebst dem dazugehörigen Platz" und 1718 einen Garten
mit Wohnhaus neben der "Tanne". In einem der Häuser wurde das Armen- und
Krankenhaus der Gemeinde eingerichtet. 1865 dehnte sich die Friedhofsfläche vom alten Leipziger
Tor nach Osten aus im Gebiet zwischen der Stadtmauer und der bis 1791 benutzten
Zufahrt zur Steneschen Straße. 1902 wurde der Friedhof nochmals vergrößert
sowie ein Pförtnerhaus/Gärtnerhaus und ein Abstellraum für den Leichenwagen
(heute Trauerhalle) erstellt diese beiden Gebäude stehen noch heute. Der
Friedhof wurde durch in eisernes Gitter von der Straße getrennt. Eine
Friedhofshalle konnte 1906 eingeweiht werden. Ein alter Eingang bestand von der
Stadtmauer her. Ein weiterer Zugang wurde von der Steneschen Straße her
geschaffen. Insgesamt wurden über 2.000 Beisetzungen vorgenommen, darunter
zahlreiche bekannte Persönlichkeiten, zu denen auch die Eltern von Moses
Mendelssohn und Kurt Weill gehörten.
In der NS-Zeit wurden im November 1938 und danach von Nationalsozialisten der
Friedhof massiv
zerstört. Die Friedhofshalle wurde niedergebrannt. In den Kriegsjahren wurden
sämtliche Metallteile beseitigt sowie das Moses-Mendelssohn-Denkmal (1890 in den
Anlagen vor dem Bahnhof aufgestellt, 1933 von den Nationalsozialisten entfernt
und auf dem Friedhof aufgestellt) zerstört
und verschrottet.
Nach 1945 wurde der Friedhof - soweit auf Grund der massiven Zerstörungen
überhaupt möglich - wieder
aufgeräumt, verschleppte Grabsteine wurden zurückgebracht, die Trümmer der
Friedhofshalle beseitigt. Zahlreiche Grabsteine und Grabsteinfragmente wurden,
da ihre Standorte nicht mehr bekannt waren, in den 1990er-Jahre in
die Umfassungsmauer einbetoniert oder in einem - einen "Davidstern" bildenden -
Mahnmal eingearbeitet. Weitere Aufräumarbeiten wurden ab 1970 durch Jugendliche
im Rahmen der Aktion Sühnezeichen durchgeführt.
Der Friedhof wird bis zur Gegenwart von der 1994 neu begründeten jüdischen
Gemeinde in Dessau belegt. 2018 wurde eine Erweiterungsfläche in der Größe
von 12 ar zur Anlage von etwa 120 weiteren Gräbern angelegt (siehe Pressebericht
unten).
Lage des Friedhofes:
Der Friedhof liegt "Am Leipziger Tor"/Stenesche
Straße.
Lage des jüdischen Friedhofes
in Dessau auf dem dortigen Stadtplan:
links anklicken: der Link zeigt direkt die Lage des jüdischen Friedhofes an
oder über "Einrichtungen" zu
"Friedhof, israelischer Friedhof, Dessau".
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.6.2020)
Blick zum
ursprünglichen Eingangsbereich des Friedhofes von der Franzstraße
Historischer
Eingangsbereich
Blick auf
den Friedhof mit den
Eingangstoren (um 1900 angelegt)
Das
heutige Haupteingangstor
mit Davidsternen
Hinweis auf
die
Öffnungszeiten
Hinweistafeln
an der Mauer der Eingangstor: "Israelitischer Friedhof" und "Durch
Naziterror wurde der Dessauer israelitische Friedhof am 9. November 1938
geschändet. Nach der Zerschlagung des Faschismus ließ der 1. sowjetische
Stadtkommandant die Grabsteine bergen. Da der ursprüngliche Standort vieler
Grabsteine nicht mehr zu ermitteln war, wurden diese an der hinteren
Friedhofsmauer abgelegt".
Friedhofshalle
(wie unten)
Die Friedhofsmauer
entlang den Parkplätzen zu den benachbarten Einkaufszentren
Friedhofshalle
Grabsteine
im Bereich der 1906 erbauten und 1938
zerstörten Trauerhalle (Kopien der Grabsteine für
Mutter und Schwester von Moses Mendelssohn)
Grabsteine
für Max Tuchmann (1869-1932)
und Otto Tuchmann (1878-1930)
Teilansicht
des Friedhofes
In die
Umfassungsmauer einbetonierte Grabsteine, die 1938 zerstört, teilweise vom
Friedhof abtransportiert worden waren
wie oben
"Davidstern"
mit Kuppel aus zerschlagenen Grabsteinen
Teilansichten
des Friedhofes
Teilansichten
des Friedhofes mit teilweise erhaltenen Grabsteinen
Grabsteine
u.a. für Anna Valentin und Rosa Protter geb. Joseph
Grabstein
für Karl Rothschild (geb. 1865 Herleshausen, gest. 1911)
Grabstein
für Moses Bodenthal (1824 Wörlitz
-1914 Dessau) und Frau Fanny B. (1831-1926)
Grabstein
für den "Stiftungssekretär" Otto
Rosenbaum (1852-1923) und Frau August R.
Grabsteine
für Marianne Rothschild geb.
Silberschmelzer (1837-1914) und Hermann Linz (-1922)
Grabstein für
Auguste Cohn geb. Eitig (1848-1897)
und Heinemann Cohn (1840-1921)
Erweiterungsfläche
von 2018 (2020 noch
nicht für eine Belegung vorbereitet)
Einzelne Presseberichte zum Friedhof
Februar 2018:
Der jüdische Friedhof in Dessau wird
erweitert
Artikel von Annette Gens in der
"Mitteldeutschen Zeitung" vom 12. Februar 2018: "Jüdischer Friedhof in Dessau Gemeinde erhält Gräberfeld für nichtjüdische Partner.
Dessau. Der Jüdische Friedhof in Dessau wird in den nächsten Wochen erweitert. Möglich macht das ein Flächentausch zwischen der Jüdischen Gemeinde zu Dessau und der Stadtverwaltung. Die rund 1.200 Quadratmeter neue Friedhofsfläche schließen sich östlich des in der Nähe der Ludwigshafener Straße gelegenen Jüdischen Friedhofs an.
Die eingetauschte Fläche liegt seit vielen Jahren brach. „Das Gebiet wird im Frühjahr erschlossen“, kündigt Alexander Wassermann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Dessau, an. Noch im Februar sollen auf der Fläche Bäume gefällt werden.
Etwa 120 Grabstellen sollen auf dem Areal entstehen, das räumlich vom eigentlichen jüdischen Friedhof getrennt bleiben wird. Es wird zwischen dem alten Teil des seit 1674 bestehenden historischen Friedhofs und dem neuen Begräbnisplatz aber eine Verbindung geben. Auf dem neuen Begräbnisplatz können nun nichtjüdische Partner ihre letzte Ruhe finden.
Mit der neuen Fläche kann die Gemeinde ein Problem lösen, das auch in anderen Jüdischen Gemeinden von Bedeutung ist. Es gibt heute mehr gemischte Paare als früher. Doch Ehepaare, bei denen der eine Partner jüdisch, der andere aber nichtjüdisch ist, erhalten in der Regel kein gemeinsames Grab auf jüdischen Friedhöfen.
Das ist auch in Dessau aus religiösen Gründen so, bestätigte Wassermann. Auf dem neuen Begräbnisplatz können nun aber nichtjüdische Partner ihre letzte Ruhe finden. Etwa 120 Grabstellen werden auf der hinzugewonnenen, eingetauschten Fläche entstehen.
Die Jüdische Gemeinde zu Dessau wurde 1994 neu gegründet. Ein Jahr später fand laut Wassermann das erste Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof statt. Seither wurden dort 70 Gemeindemitglieder zur letzten Ruhe gebettet. Zur Zeit wird ein neues Gräberfeld vorbereitet, das aber für Probleme sorgt. Bei ersten Grabungen wurde Müll gefunden. Reste alter Lkw-Reifen und Flaschen mit noch nicht definierter Flüssigkeit.
Offenbar handelt es sich um die Reste alter Lkw-Reifen und Flaschen mit noch nicht definierter Flüssigkeit. Bei den Flaschen gibt es aber zumindest einen Hinweis, dass diese mindestens 70 Jahre alt sein müssen.
Gefunden wurden im Boden aber auch zerschlagene Grabsteine, sagte Manfred Pungert, der die Altstoffe birgt. Momentan wird die Gräberfläche mit rund 80 Grabstellen untersucht. Mittels Bagger wird der Boden ausgehoben und das Material, das dort nicht hingehört, geborgen. Städtisches Umweltamt hat den geborgenen Müll auf dem Friedhof bereits in Augenschein genommen.
Überlieferungen zufolge soll es nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Jüdischen Friedhof etliche Bombentrichter gegeben haben, die verfüllt worden sind. Für diese Version spricht das Bild der Grabungen. Eine andere Überlieferung besagt, dass bereits nach 1939 umliegende Unternehmen ihren Müll auf dem Friedhof entsorgt haben sollen. Bestätigt sind beide Versionen nicht.
Das städtische Umweltamt hat den geborgenen Müll auf dem Friedhof bereits in Augenschein genommen, sagte Stadt-Sprecher Carsten Sauer. Ersten Erkenntnissen zufolge „handelt es sich dabei nicht um Altlasten, von denen eine Gefährdung ausgehen könnte“. Eine abschließende Einschätzung über die Materialien liegt noch nicht vor und wird von einer beauftragten Fachfirma vorgenommen. Das Umweltamt stehe der Gemeinde beratend zur Seite." Link
zum Artikel
Video mit Dr. Bernd Ulrich: Führung über den jüdischen Friedhof
Dessau mit Einführungen zur Geschichte der neuen jüdischen Gemeinde https://youtu.be/bu5-zv-HZ0k
Werner Grossert: Der Gute Ort - Israelitischer Friedhof Dessau. 1994 (= Schriftenreihe der
Moses-Mendelsohn-Gesellschaft Dessau e.V. Bd. 2).
Michael Brocke / Eckehart Ruthenberg / Kai
Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in
Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin).In: Veröffentlichungen aus
dem Institut Kirche und Judentum, Hrsg. Peter von der Osten-Sacken,
Band 22, Berlin 1994, S. 296 - 300.
Bernd Gerhard Ulbrich: Rundgang über den Israelitischen
Friedhof in Dessau-Rosslau. 2009. (= Schriftenreihe der Moses Mendelssohn
Gesellschaft Dessau e.V.) . 53 S.
Zeugnisse jüdischer Kultur - Erinnerungsstätten in
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und
Thüringen, Tourist Verlag GmbH, Berlin 1992, S. 171-172.
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