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Gelnhausen mit
Stadtteil Roth und Altenhaßlau (Gemeinde Linsengericht) (Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Gelnhausen bestand eine jüdische
Gemeinde bereits im Mittelalter. Bereits im 13. Jahrhunderts lebten Juden
in der Stadt. 1241/42 ist in einer Reichssteuerliste allgemein von den Juden
in der Wetterau die Rede,womit vermutlich auch Juden in Gelnhausen (außer denen
in Frankfurt, Friedberg und Wetzlar) gemeint waren. 1280 wird erstmals
eine Jude aus Gelnhausen genannt. Der Schultheiß von Gelnhausen hatte sein
Vermögen beschlagnahmt, nachdem er in das Stift Mainz verzogen war. Die Juden
der Stadt unterstanden dem König. 1347 hatten sie 200 Pfund an
jährlicher Reichssteuer zu bezahlen, dazu den 1342 eingeführten Goldenen
Pfennig. Namentlich bekannt sind die Juden Abraham, sein Sohn Lewe und
Gottschalk von Gelnhausen. Die jüdischen Familien lebten in der Vorburg, seit
Anfang des 14. Jahrhunderts in der "Judengasse", die zwischen
der ehemaligen Kuhgasse und dem Untermarkt verlief, die heutige Brentanogasse.
Hier waren auch die Einrichtungen der jüdischen Gemeinde. Zur Vernichtung
der bis dahin vermutlich blühenden jüdischen Gemeinde kam es bei der Judenverfolgung
in der Pestzeit im Juni 1349. Die Juden der Stadt wurden nach einer Chronik
von 1420 auf dem Platz verbrannt, wo sich im 15. Jahrhundert der Kirchhof
Unserer Lieben Frauen befand.
1360/62 werden wieder Juden in der Stadt genannt. Aus zahlreichen anderen
Orten sind in der Folgezeit Juden zugewandert, aus Butzbach, Eppstein, Frankfurt
am Main, Heidelberg, Ingolstadt, Oberwesel, Odernheim, Ortenberg, Rothenburg ob
der Tauber, Seligenstadt, Soden, Sontra, Staffelstein, Treysa, Weinsberg und Windecken. Gelnhauser Juden werden u.a. in Augsburg, Frankfurt am Main, Köln,
Mühlhausen/Thüringen, Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber genannt. Um 1360
wirkte der synagogale Liederdichter Rabbi Jakob von Gelnhausen, der 1517 von dem
Toraschreiber Menachem Oldendorf zu Fankfurt am Main in eine Liedersammlung
aufgenommen wurde. 1425
wurden 61 jüdische Personen in der Stadt gezählt. Die
jüdischen Familien lebten überwiegend vom Geldverleih. Sie wurden immer wieder
aufs Neue durch Sonderabgaben und außerordentliche Steuern finanziell
schwer belastet (u.a. 1434 Krönungssteuer von 100 Gulden, 1497 und 1510
Beiträge zu den Feldzügen Kaiser Maximilians I. usw.) und daher zu relativ
hohen Zinsen gegenüber ihren Gläubigern gezwungen. 1576 wurden
die Juden der Stadt ausgewiesen, konnten aber spätestens 1599 wieder
zuziehen (zunächst drei Familien).
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17. Jahrhundert zurück. In
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte die Gemeinde wiederum relativ
große Bedeutung (1734
wurden 33 jüdische Familien gezählt), auch als Rabbinatssitz, u.a.
wirkte von 1701 an bis 1741 der bekannte Halachist Rabbiner Henoch
ben Jehuda Löb in der Stadt, Verfasser einer Vielzahl von rabbinischen
Abhandlungen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Gelnhausen ein bedeutendes
Zentrum des gelehrten Rabbinertums. Weitere bedeutende Rabbiner war der Asket
und Wunderrabbiner Samuel Warburg, der 1817 während des Betens mit
hocherhobenen Händen in der Synagoge starb, sowie der letzte Rabbiner Hirsch
Levi Kunreuther (gestorben 1847). In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
war die "Judengasse" noch ein jüdisches Ghetto, dessen Tore nachts
abgeschlossen wurden.
1735 gab es 33 jüdischen Familien in Gelnhausen, bis 1749 etwa
40, nach 1750 insgesamt 66 jüdische Familien.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert
wie
folgt: 1835 261 jüdische Einwohner (7,2 % von insgesamt 3.595 Einwohnern),
1861 217 (6,2 % von 3.499), 1871 182 (5,1 % von 3.552), 1885 225 (6,1 % von
3.694), 1895 223 (5,0 % von 4.496), 1910 219 (4,5 % von 4.859). Zur jüdischen
Gemeinde in Gelnhausen gehörten auch die in Altenhaßlau und Roth lebenden
jüdischen Personen: in Altenhaßlau 1835 30
jüdische Einwohner, 1861 26, 1905 17, 1924 10, 1932 7; in Roth
1924 4 Personen (Roth gehörte zuvor zur Gemeinde Lieblos).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Elementar- und Religionsschule (seit 1836; erster Lehrer war Hirsch Schlesinger), ein rituelles Bad (bei der Synagoge) und einen Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt
(Elementarlehrer), der zugleich als Kantor und Schochet tätig war (vgl. die
Ausschreibungen der Stelle auf der Textseite).
Von besonderer Bedeutung war der Lehrer Meier Strauß, der 30 Jahre in
der Gemeinde als Lehrer und Kantor wirkte (Ruhestand 1917, gestorben 1924,
Berichte zu ihm auf der Textseite).
Nachfolger von Strauß waren I. Weingarten, danach Siegmund Marx (siehe unten). Die Gemeinde gehörte
nach Auflösung des eigenen Rabbinates (nach dem Tod von Rabbiner Kunreuther
1847) Mitte des 19. Jahrhunderts zum Rabbinatsbezirk Hanau. Zum Vorsteheramt
der Israeliten in Hanau gehörte 1924 Moses Halle aus Gelnhausen. 1932 war
Abraham Goldschmidt Kreisvorsteher des Bezirkes Gelnhausen.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Sanitätsgefreiter
Bernhard Bornheim (geb. 23.4.1884 in Stockheim, gef. 27.10.1916),
Moritz Flörsheim (geb. 14.11.1877 in Gelnhausen, gef. 24.9.1917),
Theodor Gabriel (geb. 13.6.1883 in Alsheim, gef. 26.11.1917),
Sanitätsunteroffizier Siegfried Halle (geb. 27.6.1895 in Gelnhausen, gef.
28.3.1918), Julius Hecht (geb. 24.12.1889 in Gelnhausen, gef. 12.6.1915), Siegfried
Moritz (geb. 18.7.1886 in Gelnhausen, gef. 7.11.1914), Isidor Schmidt (geb.
15.3.1897 in Karlstadt, gef. 1.4.1918). Ihre Namen wurden auf dem 1939 im Stadtgarten von Gelnhausen
aufgestellten Kriegerdenkmal nicht eingetragen. 1950-51 wurden unter den 1914-18 Gefallenen zunächst drei Namen ergänzt (Hecht, Moritz, Schmidt).
1925, als 215 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (4,5 % von
insgesamt 4.758 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Joseph
Lorsch, Jacob Goldschmidt, Ludwig Blumenbach. Als Lehrer, Kantor und Schochet
war inzwischen Siegmund Marx angestellt. Synagogendiener war Friedhof Stern. Die
Religionsschule der Gemeinde besuchten damals 30 Kinder. An jüdischen
Vereinen und Wohlfahrtseinrichtungen bestanden: der Israelitische
Frauenverein e.V. (gegründet 1882, Leitung 1924 Bella Lorsch und M. Halle,
1932 Bertha Heymann; Ziele: Krankenpflege, Unterstützung Hilfsbedürftiger,
Bestattungswesen, 1932 60 Mitglieder), der Begräbnisverein Chewro Kadischo
Kabronim e.V. (gegründet 1711, 1924 Leitung Lehrer Marx, 1932 Leitung
Rudolf Buchsbaum; Ziele: Unterstützung hilfsbedürftiger Ortsansässiger und
Bestattungswesen, 1932 15 Mitglieder), der Kriegshinterbliebenenfond
(bzw. Israelitischer Kriegerfonds, gegründet 1919, Leitung 1924 Jakob
Mayer, 1932 Ludwig Blumenbach, Ziel: Unterstützung hilfsbedürftiger
Kriegerwaisen), der Wohltätigkeitsverein (Gemiluth-Chasodim;
gegründet 1712, Leitung 1924
Siegfried Strauß, 1932 Vorsitzender Abraham Goldschmidt, Ziel: Unterstützung
Hilfsbedürftiger und Bestattungswesen, 1932 16 Mitglieder) und die Israelitische
Altershilfe Esras Sekenim für die Israelitische Gemeinde Gelnhausen
(gegründet 1920, Leitung 1924/32: Arthur Meyer, 1932 25 Mitglieder).
1933 lebten noch 162 jüdische Personen in Gelnhausen (im Mai 1933; im
Januar 1933 waren es wohl noch über 200). In
den folgenden Jahren ist ein Großteil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung, der
Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts (sc. der Boykott der
jüdischen Geschäfte war in Gelnhausen erstmals bereits im Dezember 1932
durchgeführt worden!) weggezogen (insbesondere nach Frankfurt) beziehungsweise ausgewandert. Im März 1935
waren noch 131 jüdische Personen in Gelnhausen, im März 1938 noch
40. 1936 verließ Seew Willi Lang, der letzte jüdische Religionslehrer, Kantor
und Schochet, Gelnhausen auf Grund der immer stärkeren nationalsozialistischen
Bedrohungen. Auf Grund der Ereignisse in den "Gelnhauser Pogromnächten"
Anfang Juni 1938 (siehe unten bei der Geschichte zur Synagoge) und der
Auflage an die jüdischen Familien, die Stadt bis zum 1. September 1938 zu
verlassen, war Gelnhausen bereits Anfang November 1938 ohne jüdische
Einwohner.
Von den in Gelnhausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Flora
Benedick geb. Scheuer (1907), Lothar Benedick (1923), Erna Bergen (1892), Wilhelm Bergen (1883),
Lina Blumenbach geb. Moritz (1885), Ludwig Blumenbach (1883), Lazarus Carlsruhe
(1866), Marianne Cohn geb. Bergen (1882), Bertha Epstein geb. Frank (1878),
Klara Eskeles geb. Reis (1890), Carolina Flörsheim
geb. Goldschmidt (1882), Hella Flörsheim (1912), Lina Flörsheim geb.
Goldschmidt (1881), Sophie Flörsheim geb. Schwerin (1878), Berta Franck geb.
Carlsruhe (1868), Emil Goldschmidt
(1869), Abraham Goldschmidt (), Betty Goldschmidt (1878), Emil Goldschmidt
(1869), Josef Goldschmidt
(1914), Rosa Goldschmidt (1889), Rosa Goldschmidt geb. Adler (1879), Heinz
Gottlieb (1908), Lucie Gottlieb geb. Linick (1911), Irma Gottschalk geb. Heymann
(1910), Franziska Gottstein geb. Mehrgut (1883), Ernst Hecht (1920), Hermann Hecht (1922),
Leopold Hecht (1893), Max Hecht (1888), Regine Hecht (1865), Gertrud B.
Heilbrunn geb. Strauss (1908), Ludwig Heilmann (1904), Otto Heiser
(1909), Arnold Hess (1901), Fritz Hess (1937), Julius Hess (1934), Lydia Hess (1911),
Siegbert Hess (1932), Bertha Heymann geb. Stern (1884),
Jean Heymann (1878 oder 1879), Alfred Hirsch (geb. in Niedermittlau 1894),
Markus Hirsch (geb. in Niedermittlau 1866), Frieda Israeli (1898), Heinrich
Israel (1878), Rudolf (Rudi) Israel (1917), Elsa de Jong geb. Korn (1897),
Bertha Kahn geb. Scheuer (1870), Adele Katz geb. Löwenstein (1883), Fanny
Kaufmann geb. Kaufmann (1856), Regina Kaufmann geb. Scheuer (1861), Rosalia
Kaufmann geb. Sichel (1858), Feodora Kissing geb. Morawitz (1876, siehe
Presseartikel vom Juli 2010 unten), Adelheid
Kneip (1868), Berta Kneip
(1876), Henriette Kneip (1870), Karl Kneip (1869), Leopold Kneip (1865), Minna
Kneip (1884), Gustel Korn geb. Goldschmidt (1866), Sitta (Gitta) Krautmacher
geb. Lorsch (1899), Berta Lehmann
geb. Reis (1874), Cilli Leib geb. Hecht (1891), Markus Linick (1876), Paul
Linick (1908 oder 1909), Recha Linick geb. Glauberg (1877), Ludwig Lismann
(1860), Franziska Lorsch (1856), Henriette Lorsch (1863), Rosalie Lorsch (1852),
Emilie Madelong geb.
Gutkind (1872), Gustav Mehrguth (1889), Gutta Meyer geb. Bergen (1878), Robert
D. Meyer (1908), Karola Moritz geb. Meyer (1904), Margot Moritz (1930), Max
Moritz (1896), Lucia Raimann (1898), Adele Regensburger geb. Kneip (1870), Recha
Rosenthal (1877), Arthur Heinrich (Heini) Scheuer (1902), Rachel Scheuer (1905),
Emma Scholem geb. Somborn (1867), Bertram Schulhaus (1879), Max Schwarzschild (),
Gustav Sichel (1876), Olga Simon geb. Wertheim (1871), Lotte Sondheimer (1907),
Elly Stein geb. Strauss (1890), Erwin Stern (1923), Ilse Stern (1920), Johanna Stern geb. Somborn (1887), Marianne Stern (1860), Arnold Strauss (1888),
Cäcilie Straus geb. Bergen (1881), Elsa Strauss geb. Stern (1880), Fritz Strauss
(1896), Karoline Strauss geb. Kneip (1890), Kathinka Strauss (1894), Martin Strauss (1927), Josephine Thanhauser geb. Reis (1877),
Caroline (Karola) Walter geb. Moritz (1898), Selma Weis geb. Scheuer (1890),
Julius Wertheim (1895), Max Wertheim (1892).
Vgl. das "Totenbuch
- Opfer nationalsozialistischer Verfolgung der Jüdischen Gemeinde
Gelnhausen" (1986; eingestellt als pdf-Datei).
Aus Altenhaßlau sind umgekommen: Sabine Bohrmann (1883), Jenny
Goldschmidt (1872), Dora Löwenthal (1887), Erich Löwenthal
(1916).
Nach 1945 zogen wieder wenige jüdische Personen in Gelnhausen zu. Die
"Neue Jüdische Gemeinde" in Gelnhausen setzte sich zunächst vor
allem aus 60 bis 70
Displaced Persons zusammen. Erster Vorsitzender der Gemeinde (seit 1947) war
Julius Lilienfeld, der in Rückingen die
Kriegszeit überleben konnte (mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet). Die
meisten der Displaced Persons sind bis 1949 verzogen beziehungsweise
ausgewandert. 1949 bis 1966 hatte die Gemeinde Mitglieder in Gelnhausen und
Orten der Umgebung, wie Hanau, Bischofsheim,
Dörnigheim, Niederissigheim, Bergen-Enkheim und Rückingen. 1966 wurden 43
jüdische Männer gezählt, davon 15 in Hanau. 1969 gehörten zur Gemeinde 46
Personen, davon 37 Männer und neun Frauen. Der Sitz der Gemeinde, gleichzeitig
Wohnsitz der Gemeindevorsitzenden Ludwig Lilienfeld war damals Rückingen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Texte zur Geschichte der
jüdischen Gemeinde befinden sich auf einer weiteren Seite
Zur Geschichte der Synagoge
Bereits im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden.
Erstmals wird eine "Schule" (Synagoge) in Gelnhausen 1337 genannt. In
diesem Jahr wurde sie als Reichslehen dem Freiherrn Forstmeister von Gelnhausen
verliegen. Nach der Judenverfolgung in der Pestzeit (1349), wurde das Gebäudevon Karl IV. an Heinrich und Adelheid von Isenburg verkauft
, die
es ihrerseits am 25. Januar 1352 an einen Gelnhauser Bürger für 100 Pfund
Haller weiterverkauften. Die Synagoge befand sich in der "Judengasse" (Heute
Brentanogasse), etwa in Höhe des heutigen Grundstückes Brentanogasse 6, hinter
der Häuserzeile am "der Ambach" gen. Flutgraben.
Nach der Ausweisung der jüdischen Einwohner 1576 konnten sie 1599 wieder
zuziehen. 1601 konnte die Synagoge auf dem heutigen Synagogengrundstück
erbaut werden. Das Jahr wird durch Hochzeitsstein nachgewiesen. Im
Dreißigjährigen Krieg wurde die Synagoge zerstört. 1656 konnte sie
wieder aufgebaut werden. Für die Genehmigung hierzu zahlte die Judenschaft dem
Rat der Stadt 50 Taler. 1736 wurde ein Umbau und Erweiterungsbau der
Synagoge durchgeführt. 1740 wurde der Toraschrein an der Ostwand des
Betraumes eingebaut.
Im Bereich um die Synagoge befand sich das rituelle Bad, das jüdische
Gemeindehaus mit den Räumen der Israelitischen Schule und der Lehrerwohnung.
Diese Nebengebäude wurden 1975 zur Anlage eines Parkplatzes in Bereich um die
ehemalige Synagoge abgebrochen.
Die Pogromnacht 1938 geschah in Gelnhausen bereits in der Nacht vom 3.
auf den 4. Juni 1938. Am Freitagabend, 3. Juni 1938 hatte die Gemeinde noch
ihren Gottesdienst ungestört feiern können. In der Nacht zum Samstag sind die
beiden Tore von 30 bis 40 SA-Leuten zugemauert worden. Nachdem zwei junge
Männer der jüdischen Gemeinde (Siegfried Weiss und der Bruder von Manfred
Meyer) die Mauern nach außen abrissen (der Zement war noch weich), versammelten
sich in Kürze zahlreiche schreiende Menschen auf dem Hof und bombardierten die
Synagoge mit Steinwürfen. In der folgenden Nacht von Samstag auf Sonntag (4.
auf 5. Juni 1938) wurden alle Fenster jüdischer Wohnungen eingeworfen. Zugleich
mauerte man den Eingang zum Manufakturwarengeschäft des jüdischen
Gemeindevorstehers Heinrich Scheuer zu. Auf dem Bürgermeisteramt wurde Heinrich
Scheuer am 7. Juni mitgeteilt, dass die jüdische Gemeinde alle Schäden an
jüdischem Eigentum selbst zu tragen hätten. Ansonsten werde erwartet, dass
Gelnhausen bis zum 1. September 1938 "judenrein" sei.
Die Synagoge kam noch im Juli 1938 in den Besitz eines nichtjüdischen
Gemüsehändlers (Kaufmann Christof Pfeil) zum Preis von 10.400 RM, der sie als Lagerhalle verwendete. Kultgegenstände waren nach
Frankfurt ausgelagert worden. Der Tora-Schrein und das klassizistische hölzerne
Brüstungsgitter der Frauenempore wurden vom neuen Besitzer zum Schutz abgedeckt
und konnten damit gerettet werden. Während des Krieges wurde das
Synagogengebäude durch Granatenbeschuss beschädigt.
Nach 1945 bemühten sich die 1947 etwa 50 Personen umfassende jüdischen
Gemeinde um Erhalt und Instandsetzung der ehemaligen Synagoge. Der Besitzer des
Synagoge (Käufer von 1938) lehnte eine Übernahme beziehungsweise Beteiligung
an Instandsetzungsarbeiten ab. Er war bereit gegen Rückerstattung des 1938 bezahlten
Kaufpreises zur Rückgabe der Gebäude bereit. Doch kam es dazu nicht mehr: nach
Gründung des Staates Israel im Mai 1948 rechnete man mit der baldigen
Auswanderung der meisten Familien. Im August 1949 war auch von Seiten des
Jüdischen Landesverbandes Hessen kein Interesse mehr an einer Wiedereröffnung
der Synagoge.
1969 verkauften die Erben der Kaufmanns Christof Pfeil das Grundstück und
das Gebäude der Synagoge an die Kraftfahrzeuginnung der Kreishandwerkerschaft,
um darin eine Kraftfahrzeug-Lehrwerkstatt einzurichten. Anfang der
1970er-Jahre wurden Gebäude neben der Synagoge abgebrochen und dadurch
unwiederbringlich zerstört, insbesondere die Mikwe (rituelles Bad) und das
frühere jüdische Gemeindehaus mit der Schule und der Lehrerwohnung. 1981
erwarb die Stadt Gelnhausen in Übereinstimmung mit dem Jüdischen Landesverband
Hessen und dem Hessischen Kultusministerium für 120.000 Mark die ehemalige Synagoge mit
Landesmitteln von der Kreishandwerkerschaft mit dem Ziel, das Gebäude zu
sanieren und zu renovieren. Anfang 1983 begannen die Bauarbeiten; im Mai 1983
konnte Richtfest gefeiert werden. Etwa 1,5 Millionen Mark wurde in das Gebäude
investiert. Am 25. September 1986 konnte die ehemalige Synagoge als
Stätte der Kultur und Begegnung ("geweiht dem Geiste des Friedens und der
Kultur") wiedereröffnet werden. Seitdem gab es Hunderte von Veranstaltungen
im Gebäude, darunter Konzerte, Ausstellungen und vieles mehr.
Adresse/Standort der Synagoge: Brentanostraße
6
Fotos
(Quelle: wie angegeben)
Historische Außen- und
Innenaufnahme
der Synagoge
(Quelle: u.a. Arnsberg Bilder S. 69) |
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Außenansicht |
Innenansicht |
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Ehemalige Synagoge im
Zustand
vor der Renovierung
(sw-Foto aus Altaras 1988 S. 149
Innenansicht: Kreisarchiv Main-Linzig-Kreis) |
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Foto vom Februar 1981 |
Innenansicht |
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Ehemalige Synagoge nach der
Renovierung
mit erster Hinweistafel
(sw-Foto aus Altaras 1988 S. 149) |
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Foto vom September 1986 |
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Standort in der
Brentanostraße
und Stadtplan
(Fotos ab hier: Hahn, Aufnahmedatum 22.3.2009) |
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Straßenschild
"Brentanostraße"
mit Hinweis, dass diese bis 1906
"Judengasse" hieß |
Plan zum historischen
Stadtrundgang
mit Eintragung der Synagoge
(roter Punkt und Nr. 27) |
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Blick auf die ehemalige
Synagoge - südliche
Längsseite mit vier, dem Hof zugewandten
hohen
Segmentbogenfenstern und
- im Bereich der Frauenempore -
zwei kleine
Segmentbogenfenster. |
Barockes Eingangsportal |
Ostgiebel der ehemaligen
Synagoge
zwei Segmentbogenfenstern rechts und
links des Toraschreines,
darunter
kleine Apsis hinter dem Toraschrank |
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Denkmal mit
Inschrift (deutsch und hebräisch): "Dieses Gebäude wurde im Jahre
1601
als Synagoge errichtet und diente der jüdischen Gemeinde von
Gelnhausen bis 1938.
In den Jahren des Hasses wurden die jüdischen
Mitbürger vertrieben oder deportiert
und das Gebetshaus entweiht. In der
Hoffnung auf eine Versöhnung wurde dieses Haus
am 25. September 1986 dem
Geiste des Friedens und der Kultus geweiht".
Bei der Plastik handelt es sich um ein Werk der jüdischen Bildhauerin
Dina Kunze, in
dem sie sich mit Lessings Ringparabel, der Aufforderung zur
Toleranz unter den
Weltreligionen auseinandersetzt. |
"Hochzeitsstein" (Chuppa-Stein"
an der
Synagoge und der üblichen (hier abgekürzten) Inschrift:
"Kol sasson wekol simcha, kol
chatan wekol kalla": "Die Stimme der
Wonne
und der Freude, die Stimme des Bräutigams
und der Braut", vgl.
Jeremia 7,34 sowie
rechts und links des Davidsternes die Buchstaben für Mazel
Tow = Gut Glück
vgl. Seite über
Hochzeitssteine |
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Im ehemaligen Betsaal mit
Blick zum Toraschrein |
Barocker Toraschrein mit
charakteristischem Säulenportikus |
Oberer Teil des Toraschreines
mit Gebotstafeln und Krone |
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Im ehemaligen Betsaal mit
Blick
zur ehemaligen Frauenempore |
Die Deckenbemalung |
Der Kronleuchter |
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Blick zum Betsaal durch das
Eingangstor
zum Vorraum (mit Ausstellungsbereich) |
Blick von der
ehemaligen
Frauenempore |
Blick vom Treppenaufgang zum
Eingang der ehemaligen Frauenempore |
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Auf der ehemaligen
Frauenempore
(mit Ausstellungsbereich) |
Auf der ehemaligen
Frauenempore |
Deckenbemalung |
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Gedenk- und
Ausstellungsbereich im Vorraum vor dem ehemaligen Betsaal
und auf der
ehemaligen Frauenempore |
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Memorbuch für die aus
Gelnhausen in der
NS-Zeit umgekommenen jüdischen Personen |
Tafeln zur jüdischen
Geschichte
von Gelnhausen |
Rituelle Gegenstände:
Toraschilder,
Torawimpel, Torazeiger |
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Pessachplatte (Sederteller)
und Tefillin |
Verschiedene rituelle
Gegenstände |
Kleiner und großer Tallit
(Gebetsschal) |
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Käppchen (Kopfbedeckung,
Kippa)
und Mesusa |
Menora, Schabbatlampe |
Siddur (Gebetbuch) und
Eliasbecher
für den Sedertisch |
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Tasche für den Gebetsschal
(Tallit) |
Briefbeschwerer (links)
und Taschenkalender |
Berchesdecke (Decke zum
Zudecken
des Schabbatbrotes) |
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Rechts ein kabbalistischer
Kalender |
Tafeln auf der
ehemaligen Frauenempore zur jüdischen Geschichte
einzelner Familien
Gelnhausens und zu einzelnen Epochen |
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Die ehemalige Synagoge Gelnhausen im Film:
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Oktober 2009:
"Stolpersteine" werden verlegt |
Artikel von Sabine Köhler-Lindig im "Gelnhäuser Tageblatt" am
1. Oktober 2009 (Artikel):
"36 "Stolpersteine" erinnern an Schicksale der Gelnhäuser Juden.
Gestern Abend: Interessengemeinschaft stellt erste Verlegung am 20. Oktober, 14 Uhr, vor
GELNHAUSEN. 36 "Stolpersteine" erinnern ab Dienstag, 20. Oktober, 14 Uhr, in der Altstadt an die während des Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Gelnhäuser Juden. Der Künstler Gunter Demnig, der durch das Projekt "Stolpersteine" bekannt geworden ist, kommt an diesem Tag in die Barbarossastadt, um die ersten Mahnmale zu verlegen. Als vorläufigen Höhepunkt bezeichnete Bürgermeister Thorsten Stolz gestern Abend den Stand der Arbeit der Interessengemeinschaft (IG) "Stolpersteine" Gelnhausen. Zusammen mit Peter Musall, Christine Raedler, Christel Schmitz-Bonfigt, Rosemarie Bartel und Prof. Dr. David Lupton verdeutlichte der Rathauschef im Rahmen eines Pressegesprächs die Bedeutung, die das Projekt für die Stadt habe, und ging auf die einzelnen Etappen bis zur Verlegung ein..." |
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Artikel im Gelnhäuser Tageblatt vom 20.
Oktober 2009 (Artikel):
"Heute beginnt die Verlegung der Stolpersteine
GELNHAUSEN. Gelnhausen wird zum Bestandteil des größten dezentralen Denkmals der Welt zum Gedenken an Opfer der Nazis.
(rdn). Als Auftaktveranstaltung für das Projekt "Stolpersteine Gelnhausen" fand im Kino "Pali" eine Matineevorstellung des Films "Stolperstein" statt. Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Mit diesen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die von Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden. Die Stolpersteine sind kubische Betonsteine mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, auf deren Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet. Sie werden vor den letzten frei gewählten Wohnorten der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster des Gehweges eingelassen. Auch in Gelnhausen sollen am heutigen Dienstag Stolpersteine gesetzt werden..." |
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April 2010:
Vortrag zur Geschichte jüdischer Frauen in
Gelnhausen |
Artikel von Markus Wimmer im
"Gelnhäuser
Tageblatt" vom 26. April 2010 (Artikel):
"Als die Nazis Gelnhausen für "judenfrei" erklärten
GELNHAUSEN. Über das Schicksal Gelnhäuser Juden informierten sich die Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd) Höchst bei einer Führung entlang der Gelnhäuser Stolpersteine. Christine Raedler, Mitglied der IG Stolpersteine und Leiterin des Zentrums für Regionalgeschichte beim Main-Kinzig-Kreis, berichtete am Beispiel der ehemaligen jüdischen Bürger, für die im vergangenen Oktober Stolpersteine verlegt wurden, über deren Schicksal und das Projekt der Stolpersteine in Gelnhausen..." |
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Mai
2010: Informationsabend der
"Interessengemeinschaft Stolpersteine Gelnhausen" - nächste
Verlegung am 15. Oktober 2010 |
Artikel im "Gelnhäuser
Tageblatt vom 8. Mai 2010 (Artikel):
"1943: Ein städtischer Mitarbeiter versteckt eine Jüdin vor Nazis
GELNHAUSEN - Die "Interessengemeinschaft Stolpersteine Gelnhausen" recherchiert derzeit 75 Fälle.
(rdn). Zu einem Informationsabend hatte die "Interessengemeinschaft Stolpersteine Gelnhausen" in das Romanische Haus eingeladen. Prof. Dr. David Lupton von der Recherchegruppe und Ortsvorsteher stellte dabei den Ablauf der bisherigen Aktionen vor..." |
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Juli
2010: Eine jüdische Frau wurde 1943
im Gelnhäuser Rathaus versteckt |
Artikel von Claudia Raab im "Gelnhäuser Tageblatt" vom 29. Juli
2010 (Artikel):
"Historikerin spürt besonderen Fall von Zivilcourage auf
GELNHAUSEN. Aktenstudium offenbart: Jüdin war 1943 auf Dachboden des Gelnhäuser Rathauses versteckt
Bei ihren Recherchen zur Platzierung der nächsten 'Stolpersteine' in Gelnhausen, durch die den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung gedacht wird, ist Historikerin Christine Raedler auf eine bemerkenswerte Geschichte aufmerksam
geworden..." O |
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August
2010: Näheres zum Bericht von der im
Gelnhäuser Rathaus 1943 versteckten jüdischen Frau |
Artikel von Claudia Raab im "Gelnhäuser Tageblatt" vom 7.
August 2010 (Artikel):
"'Feodora Kissing und mein Vater wurden einfach abgeholt'
WÄCHTERSBACH/GELNHAUSEN. Minne Bohnenberger berichtet, wie ihr Vater im Jahr 1943 eine Jüdin im Rathaus versteckte...". |
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Oktober
2010: Informationen zur Verlegungen
weiterer "Stolpersteine" am 14. Oktober 2010 |
Artikel von Claudia Raab im "Gelnhäuser Tageblatt" vom 5.
Oktober 2010 (Artikel):
"29 weitere 'Stolpersteine' zum Gedenken an Opfer der NS-Zeit
GELNHAUSEN. Arbeitsgemeinschaft stellt Termin für weitere Verlegung in Gelnhausen vor - Dank an Helfer
(cra). 29 Stolpersteine zum Gedenken an Opfer nationalsozialistischer Verfolgung sollen am 14. Oktober durch den Künstler Gunter Demnig in Gelnhausen verlegt werden..." |
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Oktober
2010: Bericht über die Verlegung der
"Stolpersteine" und Eröffnung einer Ausstellung am 14. Oktober
2010 |
Artikel im "Gelnhäuser Tageblatt" vom 15. Oktober 2010 (Artikel):
"Über Schicksale 'stolpern' gegen das kollektive Vergessen.
GELNHAUSEN. Seit gestern erinnern 29 weitere 'Stolpersteine' in Gelnhausen an die Opfer der NS-Zeit.
(skl). Maria Taranenko war 16 Jahre alt, als sie als Zwangsarbeiterin in die Rüstungsindustrie nach Deutschland kam. In der Barbarossastraße 18, an dem Ort, wo früher die Veritas Gummiwerke ihren Standort hatten, war sie laut den Registern der Stadt ordentlich
gemeldet...". |
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November
2010: 20 weitere
"Stolpersteine" werden
verlegt |
Artikel im "Gelnhäuser Tageblatt" vom 11. November 2010 (Artikel):
"Nachkommen aus Israel bei 'Stolperstein'-Verlegung
GELNHAUSEN. 20 weitere Gedenktafeln erinnern in Gelnhausen an NS-Zeit
(cra). Um an die Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken, wurden bereits zum dritten Mal in Gelnhausen
'Stolpersteine' verlegt. Im Gegensatz zu den beiden ersten Veranstaltungen dieser Art, nahm diesmal Künstler Gunter Demnig die Verlegung nicht selber vor..."
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November
2011: Auszeichnung der
"Interessengemeinschaft Stolpersteine" mit dem Heimatpreis |
Artikel im "Gelnhäuser
Tageblatt" vom 5. November 2011: "'Verspäteten' Heimatpreis
verliehen.
Gelnhausen. IG 'Stolpersteine' freut sich über Auszeichnung -
Ehrung konnte am 'Gelnhäuser Nachmittag' nicht übergeben
werden..."
Link
zum Artikel. |
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August / November 2012:
Im
November erscheint ein Buch über die "Stolperstein"-Schicksale |
Artikel von Ines Hartmann im
"Gelnhäuser Tageblatt" vom 31. August 2012: "Seite für Seite: Ein Stein - ein Name - ein Mensch
Interessengemeinschaft 'Stolpersteine' veröffentlicht voraussichtlich im November ein Buch über die
'Stolperstein'-Schicksale in Gelnhausen
'Ein Stein - ein Name - ein Mensch': In Erinnerung an die Opfer der NS-Herrschaft sowie um die Nachkommen zu Wort kommen zu lassen, entstand jetzt ein Buch über die
'Stolpersteine' in Gelnhausen. 'Unser Buch soll kein wissenschaftliches Werk
sein', betont Prof. Dr. David Lupton von der Interessengemeinschaft 'Stolpersteine' Gelnhausen.
'Es soll die Menschen für dieses Thema sensibilisieren und durch die Schicksale einen emotionalen Zugang
bringen'...
Wer dieses Projekt unterstützen möchte, kann seine Spende auf das Spendenkonto der Stadt Gelnhausen, Kontonummer 1016, BLZ 507 500 94, mit Betreff
'Spende Stolperstein-Buch' oder 'Spende Stolperstein' überweisen. Weitere Auskunft erteilt Rosemarie Bartel, Telefon 06051/18239."
Link zum Artikel: Seite für Seite: Ein Stein - ein Name - ein Mensch (Gelnhäuser Tageblatt, 31.08.2012) |
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Juni 2024:
Das Rabbinerhaus in Gelnhausen
wurde von Bürgern erworben und ein "Förderverein Rabbinerhaus" gegründet
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Artikel von Matthias Abel in der "Gelnhäuser
Neuen Zeitung" vom 21. Juni 2024: "Gemeinnützigkeit anerkannt -
Förderverein für das Rabbinerhaus in Gelnhausen gegründet
Sie haben die Diskussion über das Rabbinerhaus an der Brentanostraße in Gang
gesetzt, jetzt haben sie sich neu formiert: Am 31. Mai haben acht Bürger den
'Förderverein Rabbinerhaus Gelnhausen' ins Leben gerufen. Was die
Verantwortlichen planen.
Gelnhausen. Der neue Förderverein löst die 'Interessengemeinschaft
Rabbinerhaus' ab und möchte es jenen Bürgern, die in den vergangenen Wochen
ihre Solidarität erklärt haben, die Möglichkeit geben, aktiv zur Rettung des
Gebäudes beizutragen, teilt der Verein in einer Pressemeldung mit. Die
Satzung und der Antrag auf Gemeinnützigkeit des neuen Fördervereins sind
mittlerweile vom Finanzamt genehmigt worden. Dank der Anerkennung der
Gemeinnützigkeit können Finanzmittel eingeworben werden. Als Vorsitzender
wurde Arno Fischer gewählt, seine Stellvertreterin ist Ursula Cichon. Das
Amt des Schatzmeisters übernimmt Bernd Cichon. Sabine Brunk und Werner
Granzow fungieren als Beisitzer.
Gelnhausen: Förderverein Rabbinerhaus wertet Parlamentsbeschlüsse als
Erfolg. Was will der Verein erreichen? 'Der Förderverein Rabbinerhaus
Gelnhausen wollte zunächst einmal verhindern, dass das Haus, wie
zwischenzeitlich von der Stadt geplant, aus der öffentlichen Hand gegeben
und an einen privaten Investor verkauft wird', heißt es in der Mitteilung.
Dieses Anliegen, sagt Arno Fischer, konnte auch dank der Unterstützung
lokaler Politiker zumindest vorläufig erreicht werden. Die
Stadtverordnetenversammlung hatte in ihrer Sitzung am 20. März das Aussetzen
der Verkaufsverhandlungen beschlossen. Den jüngsten Beschluss, demzufolge
der Magistrat mit dem Förderverein binnen 18 Monate ein Nutzungs- und
Finanzierungskonzept für die Immobilie erarbeiten soll, wertet der Verein
wie das zuvor verhängte Moratorium als 'Erfolg bürgerschaftlichen
Engagements', der neue Handlungsmöglichkeiten eröffne. 'Bislang sah sich die
Stadtverwaltung nicht in der Pflicht, die bei der Eröffnung der Synagoge im
Jahre 1986 vom Land Hessen mitgegebene Aufforderung zu erfüllen, das
Ensemble zu einem Ort zu machen, an dem die Ursachen erforscht werden, wie
es dazu kommen konnte, dass Menschen ihren jüdischen Mitbürgerinnen und
Mitbürgern derartige Grausamkeiten antun konnten', heißt es in der
Mitteilung. Und wie sehen die weiteren Planungen aus?
Verein plant Lehrort zur Jüdischen Geschichte Gelnhausens. Wie der
Förderverein in seiner Meldung mitteilt, planten die Mitglieder einen
Lernort zur Jüdischen Geschichte Gelnhausens. In der Satzung steht: 'Zweck
des Vereins ist die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege.
Dazu soll ein Dokumentationszentrum zur jüdischen Geschichte Gelnhausens als
Lernort im Rabbinerhaus und dem gesamten Synagogenensemble eingerichtet
werden.' Das Angebot von Bürgermeister Christian Litzinger, die mögliche
Nutzung des Hauses und ihre Realisierung in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe
zu prüfen, hätten die Mitglieder gerne angenommen. Und: Der Förderverein
beabsichtigt auch mit öffentlichen Veranstaltungen auf seine Arbeit
aufmerksam zu machen und neue Mitstreiter zu gewinnen. 'Wir hoffen, in den
nächsten Wochen viele Menschen in Gelnhausen für unser Anliegen zu
begeistern', betont Armo Fischer. Neue Mitglieder seien jederzeit
willkommen. Mitgliedsanträge können über die folgende Adresse angefordert
werden: Förderverein Rabbinerhaus Gelnhausen, Heylstraße 2363571 Gelnhausen
oder per E-mail an
Rabbinerhaus-Gelnhausen@t-online.de."
Link zum Artikel |
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Oktober 2024:
In Linsengericht-Altenhaßlau
werden "Stolpersteine" verlegt |
Artikel von Joachim Ludwig in
der "Gelnhäuser Neuen Zeitung" vom 16. Oktober 2024: "In der
Hauptstraße in Altenhaßlau. Gedenken an die Familie Löwenthal: Erste
Stolpersteine in Linsengericht verlegt.
Linsengericht-Altenhaßlau. Insgesamt sind es mehr als 113.000 in ganz
Europa, im nahen Gelnhausen wurden bereits mehr als 100 verlegt. Als Zeichen
einer wichtigen Erinnerungskultur hat Initatior Gunter Demnig am Montag (14.
Oktober) die ersten sechs Stoplersteine in der Gemeinde Linsengericht
verlegt. Vor ihrem einstigen Wohnhaus in der Hauptstraße 5 in Altenhaßlau
wird an die sechs Mitglieder der Familie Löwenthal erinnert, die zum größten
Teil im KZ Auschwitz und im Ghetto Minsk ermordert wurden. Klaus Balzer
stellte währenddessen die zugrunde liegenden Recherchen vor.
Stolpersteine in Altenhaßlau: Europaweites Projekt erinnert an Gräueltaten
der NS-Diktatur. Mit starken Händen trug Gunter Demnig die sechs
Messingsteine heran. Der Künstler kniete sich und begutachtete das Loch im
Gehweg, in das die Stolpersteine verlegt werden sollten. Liebevoll nahm sich
der Iniatior eines europaweiten Projektes, das die Erinnerung an die
Gräueltaten der NS-Diktatur bewahrt, die Zeit, jeden Stein einzeln an seine
Position zu setzen. Gunter Demnig ist sich auch nach mehr als 113.000
Stolpersteinen noch der Bedeutung jeden einzelnen Steins bewusst. Auf den
Steinen in der Hauptstraße in Altenhaßlau stehen die sechs Namen und ein
Teil der Geschichte der Familie Löwenthal, die bis 1935 dort lebte.
Gebannt beobachteten die Besucher, eine Mischung aus Kommunalpolitik,
Heimat- und Geschichtsverein und Anwohnern, die Szenerie. Es hätte Stille
geherrscht, wären da nicht die vielen Autos gewesen, die sich an diesem
Montagnachmittag durch die enge Straße drängten. Während dort das Leben
weiterging, stand die Welt um Gunter Demnig still. Mit einem Besen kehrte er
die gold leuchtenden Messingsteine ab. Mit Wasser schwemmte er sie ein,
damit sie in den kommenden Jahren fest an Ort und Stelle bleiben. 'Ich hätte
zu Beginn nie gedacht, dass es so viele werden würden', sagte der Künstler
noch leise. Doch selbst diese vielen Steine mit ebenso vielen Namen von
Ermordeten, Verfolgten und Geflüchteten, von Juden, Kriegsgefangenen und
couragierten Menschen, die sich gegen das NS-Regime stellten, decken nur
einen Bruchteil der Namen ab, deren Erinnerung bewahrt werden muss. Jedes
Opfer war ein Mensch mit Freunden, Familien und einem Leben, das durch
Unrecht und Gewalt vorzeitig beendet wurde.
Klaus Balzer berichtet aus den Recherchen zur Familie Löwenthal. 'Mir
ist Gänsehaut über den Rücken gelaufen, als ich die Meldekarte von Herbert
Löwenthal gefunden habe. Handschriftlich steht doch einfach ‚verstorben‘.
Sonst wurde alles feinsäuberlich mit Schreibmaschine festgehalten',
berichtete Klaus Balzer von den Recherchen. Bewegende und traurige Momente
seien das eine; das Richtige zu tun, um diese Menschen nicht zu vergessen,
das andere. Die Bürgerliste Linsengericht hatte die ersten Stolpersteine für
die Gemeinde beantragt. Klaus Balzer hatte für seine Fraktion, aufbauend auf
dem Wissen des Heimat- und Geschichtsvereins, den Blick in die grausamste
Zeit deutscher Geschichte gewagt. 'Es darf nie wieder passieren, es wird nie
wieder passieren', sagte Christine Raedler vom Main-Kinzig-Kreis und machte
darauf aufmerksam, dass aktuell ähnliche Tendenzen wie in den 1920er-Jahren
zu erkennen seien. Die Historikerin Christine Wittrock hatte einiges über
die Familie Löwenthal gesammelt. 'Hier lebten Julius und Dora Löwenthal mit
ihren Söhnen Walter, Richard Max, Erich Wilhelm und Herbert', so Raedler,
Leiterin des Zentrums für Regionalgeschichte, die auch zur IG Stolpersteine
in Gelnhausen gehört. Dort arbeitet sie eng auch mit Christel
Schmitz-Bonfigt zusammen, deren Herzensangelegenheit es war, auch in
Linsengericht erste Stolpersteine zu verlegen. Im Jahr 1935, so die
Recherche, wurde Julius Löwenthal vorgeworfen, einen Bauern in die
Depression und den Selbstmord getrieben zu haben. Es folgte eine Hetzjagd
auf ihn, als er eines Abends sein Wohnhaus verließ. 'Er wurde getreten,
geschlagen und verlor fast alle seine Zähne.' Statt ihn ins Krankenhaus zu
bringen, landete er im Gefängnis in Gelnhausen. Selbst der Gelnhäuser
Anzeiger rief auf, Julius Löwenthal seiner 'gerechten Strafe' zuzuführen.
Wer einen deutschen Bauern in den Tod getrieben habe, dürfe nicht am Leben
bleiben. Walter und Richard Max Löwenthal gelang die Flucht nach Frankreich.
'Doch die Spur verliert sich', so Klaus Balzer. 'Wir wissen nicht, was aus
ihnen geworden ist.' Das Schicksal des Restes der Familie ist genau bekannt.
Herbert Löwenthal wurde in Auschwitz ermordet. Sein Bruder und die Eltern im
Ghetto Minsk. Ihre Namen bleiben nun aber in Erinnerung, als Beispiel
jüdischen Lebens und dessen Schicksal in Altenhaßlau und im ganzen
Linsengericht. 1935 erwarb Friseurmeister Fritz Oswald das Haus. Nach Ende
des Zweiten Weltkrieges ließen die US-Amerikaner ihn noch einmal dafür
bezahlen. 'Das war damals so üblich', erklärte Christine Raedler. Seit Ende
der 60er ist es ein normales Wohnhaus, direkt neben dem Pfarrhaus. Doch ab
jetzt ist es auch der Ort, an dem sechs Namen und sechs Schicksale stehen,
damit sechs Opfer der NS-Dikatur nicht vergessen werden. 'Wir müssen
gemeinsam dafür sorgen, dass unsere Demokratie weiterlebt. Dazu gehört es
auch, dass wir unserer Jugend die Schicksale der Menschen näherbringen',
ergänzte SPD-Fraktionschef Detlev Roethlinger. Es müsse klar werden, welche
Gräuel rechte Gewalt in Deutschland bereits ermöglicht habe."
Link zum Artikel |
Hinweis auf die Ausstellung,
die vom 2. September bis 30. November 2011 stattfand:
"Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in
Hessen 1933-1945.
Eine Ausstellung des Fritz Bauer Instituts und des Hessischen Rundfunks
mit Unterstützung der Sparkassen Kulturstiftung Hessen-Thüringen und des
Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst im
Main-Kinzig Forum Gelnhausen Barbarossastraße 24.
Weitere Informationen - auch über das Begleitprogramm in Gelnhausen und
umliegenden Orten - siehe den Flyer (zur Vergrößerung
anklicken) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Germania Judaica II,1 S. 273-275; III,1 S. 427-433. |
 | H. Strauss: Festschrift zum 200jährigen Jubiläum
der Vereine Gemiluth-Chasodim uKabronim in Gelnhausen am 25. Juni 1911.
Gelnhausen 1911. |
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 240-246. |
 | ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. S. 69-71. |
 | Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 148-149. |
 | dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. |
 | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 204-206. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 409-412. |
 | Festschrift ehemalige Synagoge Gelnhausen. Gelnhausen 1986.
2. Auflage 2001.
Online eingestellt (pdf-Datei). |
 | Manfred Meyer: Jüdisches Leben in Gelnhausen. In:
Zwischen Vogelsberg und Spessart. Gelnhäuser Jahrbuch 1988. |
 | Jürgen Ackermann: Die Einrichtung einer
Religionsschule für die Judenkinder iun Gelnhausen in kurhessischer Zeit.
In: Geschichtsblätter Gelnhausen 1982-1984. |
 | ders.: Jüdische Schulen im Kreis Gelnhausen. In:
Heimatjahrbuch des Kreises Gelnhausen 1986. |
 | ders. 1. Von Rabbinern, Lehrern und Vorsängern in
der Synagogengemeinde Gelnhausen. 2. "Teutsche Familiennamen" für
die Juden in der Stadt und Burg Gelnhausen. 3. Festfeier in der
Synagoge anlässlich des Sedantages 1895. In: Festschrift Ehemalige
Synagoge Gelnhausen. Widmung als kulturelle Begegnungsstätte. 25. September
1986. Hrsg. vom Magistrat der Stadt Gelnhausen. |
 | ders. Von Rabbinern, Lehrern, Vorbeters in der jüdischen
Kultusgemeinde Gelnhausen 1648-1938. Geschichtsblätter Gelnhausen
1985/86/87. |
 | Ulrike Weingärtner: Jüdisches Leben in Gelnhausen
in Spätmittelalter und Frühneuzeit. In: Gelnhäuser Geschichtsblätter
2008 S. 67-103. |
 | dies.: Chronologie: Jüdisches Leben in Gelnhausen
1240-1600. In: Gelnhäuser Geschichtsblätter 2008 S. 104-123. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gelnhausen
Hesse-Nassau. Jews lived there in 1242. In 1337 they were paying an annual tax
on their synagogue. During the Black Death persecutions of 1348-49 they were
massacred. Other Jews who settled in the town were expelled in 1576 but returned
and built a new synagogue in 1601, which they restored after the Thirty Years
War (1618-1848) and later enlarged (1735-40). Dispite hostile measures (such as
confinement to a ghetto), they numbered 33 families in 1734. Originally
restricted to moneylending, the Jews became traders and later entered the
professions. Numbering 261 (7 % of the total) in 1835, they opened a religious
school in 1836 to counteract Protestant teaching, established a Jewish lending
library in 1894, and were affiliated with the rabbinate of Hanau. An anti-Jewish
boycott campaign was lauched even before the Nazis came to power in 1933 and 72
of the 218 Jews fled by November 1933. They disposed of their synagogue in July
1938 and, after the last Jews departure (1. October), Gelnhausen war proclaimed
'free of Jews' (judenrein). At least nine former Jewish residents perished in
Auschwitz. The synagogue was renovated in 1986 and transformed into a cultural
center, with a permanent exhibition devoted to local Jewish history.

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