Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Neumarkt in der Oberpfalz (Kreis Neumarkt)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht   

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte des Rabbinates   
Zur Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen in der Gemeinde  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos   
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur  

            

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In Neumarkt gab es bereits im Mittelalter eine jüdische Gemeinde, die mehrfach von Judenverfolgungen betroffen war. Bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebten jüdische Familien in der Stadt. Bei der sogenannten "Rindfleisch-Verfolgung" 1298 wurden sie Opfer der "Judenschläger". Nach der Überlieferung sollen die Juden in der Synagoge verbrannt worden sein. Anfang des 14. Jahrhunderts werden Juden wieder in der Stadt genannt, doch wurde durch die Judenverfolgung während der Pestzeit 1348/49 wiederum jüdisches Leben in der Stadt zerstört. Die Synagoge ging in den Besitz des Kurfürsten über. Nach dieser Verfolgung werden seit 1362 wieder Juden in der Stadt genannt. Sie erhielten durch Kurfürst Ruprecht den Älteren die Synagoge zurück. In Nürnberg werden im 14. Jahrhundert mehrfach Juden aus Neumarkt genannt, die dort als Judenbürger aufgenommen worden waren (1314, 1326 und 1349). Aus Neumarkt sind in der Zeit zwischen 1362 und 1391 fünf jüdische Männer namentlich bekannt. Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Geldverleih, möglicherweise war ein Arzt unter den jüdischen Einwohnern (1362). 1391 wurden die Juden aus der Pfalz vertrieben. Ab 1446 lebten wieder Juden in der Stadt. Sie mussten sie jedoch 1499 nach dem Übergang des Gebietes an die Kurpfalz verlassen. Erneut vertrieben wurden die jüdische Personen 1555.  
 
Eine wichtige Erinnerung an die mittelalterliche jüdische Geschichte ist die noch erhaltene Mikwe im Keller des "Schreiber-Hauses" in der Bräugasse, die aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt (wurde spätestens 1610 zugeschüttet und inzwischen wieder freigelegt).   
   
Eine neue jüdische Gemeinde entstand erst wieder seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Durch Zuzüge aus umliegenden Landgemeinden (erste Familie 1862 von Salomo Oettinger), insbesondere aus Sulzbürg, nahm die Zahl der Gemeindeglieder jedoch rasch zu: 1867 53 jüdische Einwohner (1,4 % von insgesamt 3.893 Einwohnern), 1871 80 (1,8 % von insgesamt 4.513), 1880 101 (1,0 % von insgesamt 5.071) und erreichte 1890 mit 162 Personen (2,8 % von insgesamt 5.703 Personen) einen Höhepunkt.  
 
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (1868 eröffnet s.u.), eine Mikwe (um 1900 neu gerichtet siehe Bericht von 1903 unten),  eine jüdische Schule (Elementarschule seit 1873) sowie ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). An Lehrern waren tätig:  Heinrich Friedmann (1872 bis 1884, siehe Anzeigen und Artikel unten), Salomon Kahn (1884 bis 1909, siehe Artikel unten), Jakob Oppenheimer (von Sulzbürg kommend: 1909 bis 1916, siehe Artikel unten), Jakob Nußbaum (1917-1937, siehe Artikel unten). 1911 verlegte der Sulzbürger Rabbiner (Distriktsrabbinat Sulzbürg) seinen Wohnsitz und damit den Sitz des Bezirksrabbinates nach Neumarkt (1925 Dr. Magnus Weinberg), 1931 jedoch nach Regensburg, was der Anlass war, das Bezirksrabbinat Sulzbürg-Neumark mit dem Bezirksrabbinat Regensburg zu vereinigen (Bezirksrabbinat Regensburg-Neumarkt).  

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner in Neumarkt zurück: 1900 138 (2,3 % von insgesamt 6.041 Einwohnern), 1910 nochmals wie 1890 148 ( 2,3 % von 6.376). 
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Ludwig Hahn (geb. 20.4.1892 in Neumarkt, gef. 22.3.1916), Leopold Landecker (geb. 20.12.1874 in Sulzbürg, gef. 11.12.1916), Unteroffizier David Rindsberg (geb. 6.9.1885 in Neumarkt, gef. 12.3.1915), Philipp Rindsberg (geb. 15.3.1887 in Neumarkt, gef. 26.3.1915), Theodor Rindsberg (geb. 13.7.1894 in Neumarkt, gef. 15.4.1915), Hugo Siegfried Wilmersdörfer (geb. 31.8.1893 in Neumarkt, gef. 10.8.1914). Außerdem sind noch mehrere in Neumarkt geborene, später in anderen Orten lebende jüdische Männer gefallen, so Vizefeldwebel Siegfried Hahn (geb. 2.4.1888 in Neumarkt, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 28.9.1918) und Gefreiter Friedrich Neustädter (geb. 11.10.1888 in Neumarkt, vor 1914 in Würzburg wohnhaft, gef. 28.9.1914).         
 
Um 1925, als 110 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (1,4 % von insgesamt ca. 7.800 Einwohnern), waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde: Adolf Baruch, Julius Hahn, Rudolf Heller, Lazarus Frank, Ludwig Landecker und der bereits genannte Oberlehrer Jakob Nussbaum. Dieser unterrichtete an der jüdischen Religionsschule und erteilte den Religionsunterricht an den öffentlichen Volksschulen. Rabbiner Dr. Magnus Weinberg erteilte den Religionsunterricht an den höheren Schulen. Insgesamt gab es 1925 12 schulpflichtige jüdische Kinder in der Stadt, 1932 noch neun Kinder. An jüdischen Vereinen gab es einen Israelitischen Männer- und Jünglingsverein (1925 18 Mitglieder unter dem Vorsitzenden Sanitätsrat  Dr. Godlewsky, Ziele: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Krankenwache) und den Israelitischen Frauenverein (mit 30 Mitgliedern unter dem Vorsitz von Frau Neustädter, 1932 Frau Fanny Kraus, Ziel: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Krankenwache). Außerdem bestand eine Ortsgruppe des Centralvereins unter Vorsitz von Sanitätsrat Dr. Godlewsky. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Adolf Baruch (1. Vors.) und Jakob Nussbaum (2. Vorsteher, Schriftführer und Schatzmeister). Zur Repräsentanz gehörten fünf Gemeindemitglieder. Lehrer war weiterhin (bis zu seinem Tod 1937) Jakob Nussbaum. 

Neumarkt ExpressIG.jpg (36176 Byte)Von den jüdischen Familien gehörenden Gewerbebetrieben war weit bekannt die "Velocipedfabrik Gebr. Goldschmidt": aus einem kleinen Betrieb der metallverarbeitenden Industrie, in dem Joseph Goldschmidt in Sulzbürg Öfen herstellte, entstand 1882 in Neumarkt eine Fabrik für Fahrräder. Die später In der eigenen Werbung bezeichnete sich die Firma als eine der ersten auf deutschem Boden. 1884 bezog man ein neues Firmengebäude in der Nähe des Bahnhofes. Die Firma wuchs zu einem der für die Stadt wichtigsten Industriebetriebe, in dem neben Fahrräder auch Motorräder, zeitweise auch Autos hergestellt wurden. Sie wurde 1938 "arisiert"; die Produktion wurde 1952/59 eingestellt. Informationen zur Firme siehe Website der "Express-IG".
  
1933 wurden 105 jüdische Einwohner gezählt. Auf Grund der Folgen der zunehmenden Repressalien, der Entrechtung und des wirtschaftlichen Boykotts, verließen bis 1938 30 Gemeindeglieder die Stadt, verzogen von hier oder wanderten aus. Der ehrenamtlich für die Gemeinde tätige Wirtschaftsfachmann, Kommerzienrat Arnold Dreichlinger, übernahm 1935 im Auftrag des Verbands der Bayerischen Israelitischen Gemeinden die Betreuung der in Not geratenen Kleingemeinden. Die Gemeinde schloss sich 1935 dem Jüdischen Kulturbund in Nürnberg an und beteiligte sich an kulturellen Veranstaltungen der Gemeinde Regensburg. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet, die Einrichtungen jüdischer Wohnungen zerstört, jüdische Männer und Frauen wurden misshandelt und verhaftet. Besonders schwer misshandelt wurde der Gemeindevorsitzende Adolf Baruch. Er starb auf Grund der Misshandlungen in der folgenden Nacht im Gefängnis. Die festgenommenen Frauen wurden nach einigen Tagen wieder freigelassen, die Männer in das Gefängnis nach Regensburg gebracht, ein Teil davon kam später in das KZ Dachau. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Neumarkt endete mit den Deportationen 1942:  am 2. April 1942 wurden 15 jüdische Einwohner nach Piaski (bei Lublin, Polen) deportiert und ermordet. Am 1. November 1942 lebten noch drei Juden in Neumarkt. Ihr Schicksal ist nicht bekannt.  
  
Von den in Neumarkt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):   Helene Baruch geb. Rothschild (1896), Kurt Baruch (1890), Fanni Devries geb. Goldschmidt (1868), Ida (Eva) Enoch geb. Wolff (1875), Berta Fernich geb. Wilmersdörfer (1902), Georgine (Käte) Gutmann geb. Feuchtwanger (1883), Albert Haas (1893), Ilse Haas (1924), Seligmann Haas (1861), Anna Haberer geb. Neuhaus (1883), Anneliese (Elise) Hahn (1922), Edith Hahn (1921), Emanuel Hahn (1884), Max Hahn (1925), Rosa Hahn geb. Wilmersdörfer (1895), Selma Hutzler geb. Landeker (1901), Berta Kraus geb. Löwenstein (1876), Martin Kraus (1876), Fanny (Franziska) Krämer geb. Reinemann (1883), Sigmund Krämer (1868), Berthold Landeker (1899), Lina (Karoline) Landeker geb. Wild (1877), Rosl (Rosa) Landeker geb. Metzger (1907), Rosa Liebermann geb. Rindsberg (1875), Lui Löw (1868), Friedrich Neustädter (1923), Jakob Neustädter (1883), Julius Neustädter (1879), Kathi Neustädter geb. Weinstein (1888), Martin Oettinger (1879), Berta Oppenheimer geb. Rindsberg (1890), Frieda Salomon geb. Wolf (1873), Regina Steindecker geb. Steindecker (1898), Klara Wassermann geb. Bayersdorfer (1866), Emma Weill geb.Goldschmidt (1869), Josef Wilmersdörfer (1899), Heinrich Wolf (1872), Sigmund Wolf (1871).    
Achtung: Bei Recherchen zu Neumarkt - auch in den angegebenen Quellen - kommt es häufig zu Verwechslungen mit anderen Städten / Orten Neumarkt. Die obige Liste beruht auf einer Auswertung der Listen des Gedenkbuches des Bundesarchives unter Eingabe von "Neumarkt Oberpfalz".     
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde    
      
Aus der Geschichte des Rabbinates 
vgl. Berichte zu Dr. Weinberg in Sulzbürg und Regensburg.     
    
Silberne Hochzeit von Rabbiner Dr. Magnus Weinberg und seiner Frau Judith geb. Bamberger (1923)  

Neumarkt Israelit 12041923.jpg (17825 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. April 1923: "Silberne Hochzeit, Dr. M. Weinberg, Distriktsrabbiner und Frau Judith geb. Bamberger, in Neumarkt in der Oberpfalz, feiern am 19. April ihre silberne Hochzeit".

   
Exegetische Betrachtung von Rabbiner Dr. Magnus Weinberg (1922)     

Neumarkt Israelit 19101922.jpg (271882 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober 1922: "Traditionelle Irrtümer. Zur Paraschat Bereschit. Von Dr. M. Weinberg in Neumarkt (Oberpfalz).  Die exegetische Betrachtung zum Wochenabschnitt Bereschit (1. Mose 1,1 - 6,8) ist eines der zahlreichen Beispiele für die Publikationen von Rabbiner Dr. Weinberg in jüdischen Periodika.

   
Anzeige von Bezirksrabbiner Dr. Magnus Weinberg betr. koscherer Gänse (1928) 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Oktober 1928: "Bekanntgabe! Bei Beginn der diesjährigen Gänsezeit wird wieder darauf hingewiesen, dass Gänse, die aus dem Bezirk der Gemeinden Amberg oder Sulzbach bezogen werden, nur dann als zuverlässig Koscher betrachtet werden dürfen, wenn sie ordnungsmäßig von den allein zuständigen Schochtim gesiegelt sind und zugleich die genaue Schächtzeit angegeben ist. Man achte also auf den unversehrten Siegel: Godlewsky etc. (Amberg) oder Rachelsohn etc. (Sulzbach).   
Neumarkt-Oberpfalz, Tischri 5689. Dr. M. Weinberg, Bezirksrabbiner."    

    
Zum 60. Geburtstag von Rabbiner Dr. Magnus Weinberg (1927)  

Neumarkt BayrGZ 23051927.jpg (85684 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 23. Mai 1927: "60. Geburtstag. Dr. Weinberg. Am 13. Mai dieses Jahres feierte Herr Distriktsrabbiner Dr. Magnus Weinberg seinen 60. Geburtstag. Dr. Weinberg, der durch sein liebenswürdiges Wesen und seine segensreiche Wirksamkeit sich allgemeiner Zuneigung erfreut, ist ein Schüler des Berliner Rabbinerseminars. Er wurde vor 33 Jahren als Rabbiner nach Sulzbürg in der Oberpfalz berufen; vor 16 Jahren verlegte er seinen Amtssitz nach Neumarkt in der Oberpfalz. Dr. Weinberg ist neben seiner Amtstätigkeit besonders auch durch seine schriftstellerischen Arbeiten bekannt geworden. Besonders auf historischem Gebiete hat er wertvolle Veröffentlichungen gebracht, von denen nur die ‚Geschichte der Juden in der Oberpfalz’ und der Aufsatz über die ‚Sulzbacher Druckereien’ erwähnt seien. Auch in der ‚Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung’ sind einige viel beachtete Aufsätze von Dr. Weinberg erschienen. Wir sind stolz darauf, Dr. Weinberg zu unseren Mitarbeitern zu zählen und beglückwünschen ihn auch von dieser Stelle aus auf das herzlichste."

  
Die Auflösung des Rabbinates Sulzbürg (1931)  

Neumarkt BayrGZ 01081931.jpg (162218 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. August 1931: "Bezirksrabbiner Dr. Magnus Weinberg, Neumarkt, als Rabbiner von Regensburg gewählt. Die Gemeindevertretung der israelitischen Kultusgemeinde Regensburg wählte unter Zustimmung der Bezirksgemeinden der Rabbinate Neumarkt - Sulzbürg und Regensburg einstimmig Seiner Ehrwürden Herrn Bezirksrabbiner Dr. Magnus Weinberg, bisher in Neumarkt (Oberpfalz) zum Rabbiner von Regensburg. Mit Zustimmung des Bayerischen Gemeindeverbandes werden die Rabbinate Regensburg und Neumarkt - Sulzbürg zu einem Bezirksrabbinat mit dem Sitze in Regensburg vereinigt. Dieses Bezirksrabbinat umfasst dann die ganzen Regierungsbezirke Oberpfalz und Niederbayern mit den Gemeinden Regensburg, Amberg, Cham, Floß, Neumarkt i.O., Straubing, Sulzbach, Sulzbürg und Weiden. Dr. Weinberg ist in Schenklengsfeld, einer noch heute blühenden jüdischen Gemeinde bei Fulda, geboren, besuchte das Gymnasium in Fulda und wuchs dort als erster Schüler des Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn s.A. auf. Nach Absolvierung des Gymnasiums in Fulda genoss Dr. Weinberg seine talmudische Fortbildung in Halberstadt bei den Rabbinern Dr. Auerbach, Nobel und Sal. Cohn s. A. Alsdann besuchte er das Hildesheimer'sche Rabbinerseminar in Berlin. Nach dessen Absolvierung wurde er im Jahre 1895 von den Gemeinden des Distriktsrabbinates Sulzbürg als Nachfolger des dort im gleichen Jahre verstorbenen Distriktsrabbiners Dr. Löwenmayer s.A. gewählt. Der Sitz dieses Rabbinates wurden im Jahre 1910 nach Neumarkt verlegt. Dr. Weinberg hat sich insbesondere als jüdischer Schriftsteller auf historischem und religionsphilosophischem Gebiete einen angesehenen Namen erworben. Von seinen Werken seien hier die folgenden erwähnt: 'Geschichte der Juden in der Oberpfalz' (5 Bände, ein auf gründlichsten Aktenstudien aufgebautes Werk), 'Die hebräische Druckerei in Sulzbach' (2 Bände), 'Das Memorbuch von Hagenbach', 'Die unterfränkischen Memorbücher', 'Spruchpoesie des Talmuds und der rabbinischen Literatur', 'Die Partikel ki nach der Auslegung des Talmud', sowie Beiträge zu den Jahrbüchern der 'Jüdisch-literarischen Gesellschaft' in Frankfurt am Main."
   
Sulzbuerg BayrGZ 01091931r.jpg (109733 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1931: "Neumarkt (Oberpfalz). Nach fast 200jährigem Bestehen löste sich mit dem 1. August dieses Jahres das Rabbinat Sulzbürg auf, nachdem der seitherige Bezirksrabbiner Herr Dr. Weinberg nach Regensburg berufen wurde und es dem immer kleiner und wirtschaftlich schwächer gewordenen Bezirk unmöglich war, sich weiter aufrecht zu erhalten. 
Vor der Übersiedelung des Herrn Dr. Weinberg nach Regensburg veranstaltete die Israelitische Kultusgemeinde Neumarkt eine herzliche Abschiedsfeier, der sich auch fast alle Mitglieder der Kultusgemeinde Sulzbürg angeschlossen. Kultusvorstand Baruch sprach Herrn Dr. Weinberg in bewegten Worten den Dank der Gemeinde Neumarkt aus. Oberlehrer Nussbaum schilderte den Scheidenden als religiöses und geistiges Oberhaupt wie als vortrefflichen Menschen und weltlichen Führer, der es meisterlich verstanden die Forderung Tauroh im derech erez (‚Tora verbunden mit respektvollem Benehmen’) seinen Betreuten vorzuleben. Zum Schlusse dankte er Herrn Dr. Weinberg im Auftrag des Männer- und Jünglingsvereins für die vielen geistvollen Vorträge, die den Vereinsmitgliedern immer wertvolle Anregung boten.
Kultusvorstand Grünebaum, Sulzbürg, widmete dem scheidenden Rabbiner Worte des Dankes. Kommerzienrat Dreichlinger, Mitglied des Rats, sprach ebenfalls herzliche Abschiedsworte und gab der Freude Ausdruck, dass wir auch ferner dessen religiöser Führung unterstehen, da ja unser Rabbinatsbezirk dem Regensburger angegliedert worden sei.
Am Schlusse der Feier, die von musikalischen Darbietungen der Frau Kraus und deren Sohn umrahmt war, dankte der Gefeierte in launigen Worten für die ihm dargebrachten Ehrungen. – Möge Herrn Dr. Weinberg mit seiner Familie auch in seinem neuen Wirkungskreis Gottes Segen begleiten!"

  
Rabbiner Dr. Magnus Weinberg wird nach Vereinigung der Rabbinatsbezirke Rabbiner in Regensburg (1931)  

Neumarkt GblIsrGFrf 091931.jpg (22381 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt" vom September 1931: "Regensburg. Dr. Magnus Weinberg, bisher Bezirksrabbiner in Neumarkt (Oberpfalz), wurde zum Rabbiner von Regensburg gewählt, nachdem die beiden Rabbinate vereinigt wurden." 
     
Neumarkt Israelit 30071931.jpg (53981 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1931: "Regensburg, 27. Juli (1931). Herr Bezirksrabbiner Dr. Weinberg in Neumarkt wurde zum Rabbiner von Regensburg gewählt. Mit Zustimmung der Regierung und des bayerischen Gemeindeverbandes werden die Rabbinate Regensburg und Neumarkt-Sulzbürg zu einem Bezirksrabbinat mit dem Sitz in Regensburg vereinigt. Bezirksrabbiner Dr. M. Weinberg ist in weiten Kreisen durch seine rege literarische Tätigkeit bekannt und zählt auch seit Jahrzehnten zu den eifrigen Mitarbeitern des 'Israelit'."  

 
40-jähriges Dienstjubiläum von Dr. Magnus Weinberg (1935)  

Neumarkt Israelit 31101935.jpg (58922 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1935: "Regensburg, 29. Oktober (1935). Aus Leserkreisen werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass Herr Bezirksrabbiner Dr. M. Weinberg dieser Tage auf eine ununterbrochen vierzigjährige rabbinische Tätigkeit zurücksieht. Am 5. November 1895 wurde er in Neumarkt in sein Rabbinat eingeführt. Er hatte seinen Amtssitz in Sulzbürg, später in Neumarkt und seit einigen Jahren in Regensburg, von wo aus er auch seine früheren Gemeinden betreut. Der allbeliebte, gelehrte und tatvolle Rabbiner ist auch über den Kreis seiner Gemeinden hinaus durch seine wissenschaftlichen Beiträge in literarischen Jahrbüchern und auch durch seine gelegentlichen Aufsätze im ‚Israelit’ bekannt. Wir wünschen Herrn Rabbiner Dr. Weinberg ein weiteres gesegnetes Wirken in ungemindert frischer Kraft. (Alles Gute) bis 120 Jahre."



Zur Geschichte der jüdischen Schule und der Lehrer
  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1860 / 1868 / 1872 / 1884 
Lehrer:  N.N. bis 1872, Heinrich Friedmann (1872 bis 1884), Salomon Kahn (1884 bis 1909), Oppenheimer (bis 1917), Jakob Nußbaum (1917-1937)  

Neumarkt AZJ 20011860.jpg (48837 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Januar 1860: "Die Stelle eines examinierten jüdischen Religionslehrers ist in hiesiger Gemeinde vakant und soll sofort oder möglichst bald besetzt werden. Gehalt 250 Thaler, freie Wohnung und Heizung. – Qualifizierte Bewerber wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnisse an den unterzeichneten Vorstand franco wenden. Neumarkt, den 24. Dezember 1859. B. W. Wolff.
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1868: "Vakante Stelle. Die neu konstituierte Kultusgemeinde Neumarkt in der Oberpfalz sucht einen Religionslehrer, der zugleich das Vorsänger- und Schächteramt zu versehen hat, zu engagieren. Das fixe Jahreshonorar ist vorläufig auf 300 Gulden, nebst einer sehr freundlichen Wohnung, und 100 Gulden an Akzidenzien bestimmt. Es ist übrigens bei Anwachs der Gemeinde, die für jetzt aus 13 Familien besteht, eine Gehaltsaufbesserung, namentlich bei entsprechenden Leistungen, in Aussicht genommen. Befähigte Bewerber wollen ihre Anmeldungen unter Anlage ihrer Zeugnisse an den unterzeichneten Vorstand frankiert einsehen. 
Neumarkt
, den 21. April 1868. Oettinger, Kultusvorstand". 
   
Neumarkt Israelit 09101872.jpg (54284 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Oktober 1872: "Offene Lehrerstelle. Die Lehrer-, Schächter- und Vorbeterstelle in hiesiger Kultusgemeinde ist in Erledigung gekommen. Bewerber um diese Stelle, mit welcher neben einer freien Wohnung (einer der schöneren in hiesiger Stadt) ein fixer Gehalt von 450 Gulden und außerdem noch Nebenbezüge von circa 150 Gulden verbunden ist, haben ihre Gesuche binnen 4 Wochen anher in Vorlage zu bringen. Neumarkt, Oberpfalz, 2. Oktober 1872. Oettinger, Kultus-Verstand."
   
Neumarkt AZJ 24061884.jpg (108616 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Juni 1884: "Bekanntmachung. In Folge Berufung unseres Herrn Lehrers Friedmann auf eine Schulstelle in München soll die Stelle eines Elementar- und Religionslehrers, verbunden mit Kantordienst in der israelitischen Kultusgemeinde dahier in nächster Zeit wieder besetzt werden. Bewerber werden eingeladen, ihre diesbezüglichen Gesuche, mit Zeugnissen belegt, bis längstens 10. Juli dieses Jahres an die unterfertigte Verwaltung einzusenden. 
Die Regelung des Gehaltes bei freier Dienstwohnung wird bis zur erfolgten Wahl vorbehalten und richtet sich nach der Leistungsfähigkeit der Herren Bewerber. Bemerkt wird noch, dass die nun vakante Stelle durch Erteilung des Religionsunterrichtes etc. an der Königlichen Realschule, sowie durch ein Pensionat für Realschüler und weitere Dienste in der israelitischen Gemeinde bisher sehr einträglich war. Neumarkt i. Oberpfalz, den 16. Juni 1884. 
Die Verwaltung der israelitischen Kultusgemeinde Neumarkt."
    
Neumarkt Israelit 30061884.jpg (77429 Byte)Dieselbe Anzeige erschien auch in der orthodox-jüdischen Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1884.   

 

  
Anzeigen für das Israelitische Schüler-Pensionat des Lehrers Heinrich Friedmann (1874 / 1875 / 1876 / 1877)  

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. September 1874: "Israelitisches Schul-Pensionat. 
Ich empfehle mein Pensionat für jüdische Knaben, welche die hiesige, neu errichtete Gewerbeschule mit Handelsabteilung oder deren Vorbereitungskurs besuchen wollen, mit dem Bemerken, dass genannte Lehranstalt von einer hochrenommierten Lehrkraft, dem bisherigen Münchner Schulrate, Herrn Marschall als Rektor geleitet werden wird. Pensionäre erhalten außer sorgfältigster Pflege und Beaufsichtigung Nachhilfestunden in allen Lehrfächern. Beginn des Schuljahrs 1. Oktober dieses Jahres
Neumarkt
in der Oberpfalz, den 15. September 1874. H. Friedmann, Lehrer."   
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. August 1875: 
"Aufnahme von Schülern in Kost und Logis
Knaben, welche die hiesige königliche Gewerbeschule besuchen wollen, finden bei mir unter mäßigen Bedingungen liebvolle Aufnahme. Gute und reichliche Kost, gesundes Logis, gewissenhafte Beaufsichtigung und Nachhilfe in den Lehrfächern wird zugesichert. Beginn des Schuljahres Anfangs Oktober.  
Neumarkt
in der Oberplatz, den 10. August 1875. 
H. Friedmann
, israelitischer Elementarlehrer, zugleich Hilfslehrer an der königlichen Gewerbeschule dahier."    
 
Neumarkt Israelit 16081876.jpg (49969 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1876: "Israelitisches Schüler-Pensionat  
in Neumarkt in der Oberpfalz (Bayern). Knaben, welche die hiesige königliche Gewerbeschule besuchen wollen, finden in meinem Pensionate liebvolle Aufnahme, gute Verpflegung und Nachhilfe in den Lehrfächern. Pensionspreis mäßig. Beginn des Schuljahrs Anfangs Oktober dieses Jahres. 
H. Friedmann, israelitischer Lehrer und Hilfslehrer an der königlichen Gewerbeschule in Neumarkt."  
     
Neumarkt Israelit 22081877.jpg (44633 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. August 1877: "Pension für israelitische Schüler in Neumarkt (Oberpfalz, Bayern). Noch einige Knaben, welche die 6-kursige königliche Realschule besuchen wollen, finden in meinem Hause gute Verpflegung, gewissenhafte Beaufsichtigung und wenn nötig, Nachhilfe in den Lehrfächern. Pensionsbetrag mäßig. Beginn des Schuljahres 1. Oktober dieses Jahres. 
H. Friedmann, israelitischer Lehrer und Hilfslehrer an der königlichen Realschule Neumarkt, Oberpfalz."   
 
Dieselbe Anzeige erschien auch in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. August 1877:    

      
Über den Lehrer Heinrich Friedmann (Lehrer in Neumarkt von 1872 bis 1884; Artikel zu seinem 25jährigen Dienstjubiläum in München 1909)  

Hoechheim AZJ 24091909.jpg (120881 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. September 1909: "München, 10. September (1909). Am 1. September dieses Jahres wurde das 25jährige Dienstjubiläum des Herrn Oberlehrers Heinrich Friedmann dahier, der seit dieser Zeit den Religionsunterricht an den Königlichen Gymnasien und städtischen Volks- und Mittelschulen erteilt, von der Gemeinde, dem Rabbinate und den Kollegen festlich und feierlich begangen. Die Vorstandschaft der ersteren überreicht mit wärmsten Worten der Anerkennung für ersprießliches segensreiches Wirken in der Schule und besonders in der technischen Leitung des israelitischen Religionsunterrichtes, die ihm obliegt, eine Dankadresse nebst kostbarem, prachtvollem Ehrengeschenk. Standesgenossen, Freunde und Bekannte schlossen sich in Rede und Werk diesen an. Blumenspenden, Depeschen und Glückwunschzuschriften liefen in zahlreicher Menge ein. 'Dem Verdienste seine Krone' lautete die Parole des Tages und speziell der erhebenden, weihevollen Stunde. Herr Friedmann, aus Höchheim in Unterfranken gebürtig, zählt nunmehr 41 Dienstjahre, wovon er zwei an Privatlehrinstituten, zwei in Sulzburg (verschrieben für Sulzbürg), zwölf in Neumarkt (Oberpfalz), an den dortigen Volksschulen und den Rest dahier verbrachte. Möge es dem pflichttreuen, zielbewussten, liebenswürdigen Jubilar beschieden sein, bei vollster Kraft und Gesundheit noch eine Reihe von Jahren in dem schönen, wenn auch oft dornenvollen Berufe des Unterrichtes und der Jugenderziehung mit gleichen Resultaten zu wirken. Dem wackeren Kämpen auf dem Gebiete des Schulwesens, unserem lieben, treuen Friedmann, gilt der herzlichste Wunsch: Ad multos annos." 

   
Zum 80. Geburtstag des Oberlehrers a.D. Heinrich Friedmann (1929, Lehrer in Neumarkt von 1872 bis 1884)  

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. April 1929: "Heinrich Friedmann. Am 24. März 1929 konnte der angesehene, allseits beliebte Schulmann, Herr Oberlehrer a.D. Heinrich Friedmann, in seltener geistiger und körperlicher Frische seinen 80. Geburtstag begehen. Mit seiner markanten, stets liebenswürdigen Person ist die Aufwärtsentwicklung dreier jüdischer Gemeinden Bayerns aufs engste verbunden. 1870 bis 1872 wirkte er als Schulverweser in Sulzbürg (Oberpfalz), gründete im nachfolgenden Jahre die Elementarschule der Nachbargemeinde Neumarkt und folgte in Jahre 1884 dem ehrenvollen Rufe der Israelitischen Gemeinde München als Lehrer und Leiter ihres Religionsschulwesens. Die gegenwärtigen trefflichen Führer der Münchner Gemeinde und des bayerischen Judentums zählen zu seinen ehemaligen Schülern. Die Verehrung und Wertschätzung, die dem Jubilar allseits entgegengebracht wird, ist ein sichtbares Zeichen der hohen pädagogischen und hervorragenden menschlichen Qualitäten, die er als Lehrer allezeit in jahrzehntelanger segensreicher Tätigkeit bekundet hat. Die Liebe zum Berufe ließ ihn erst im schon begonnenen Greisenalter, im Jahre 1920 von dem Unterrichte und im Jahre 1924 von der bewährten Leitung zur wohl verdienten Ruhe zurücktreten. Mögen dem Jubilar neben seiner greisen Gattin, Tochter des im Jahre 1895 verstorbenen Sulzbürger Rabbiners, Dr. Mayer Löwenmayer, noch viele gesunde und frohe Jahre beschieden sein. Ad meoh w’essrim schonoh!"  

    
Beschwerde über den Chasan und Schochet (1902)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1903: "Neumarkt (Oberpfalz), 3. Mai. Hierselbst übte der Chasan und Schochet am Heiligen Schabbat, dem 7. Tag des Pessachfestes (das war am 18. April 1903) Mizwos Miloh (Beschneidung) aus, ohne Autorisation, Befähigungsnachweis, noch Kenntnis der rabbinischen Autoritäten - aber unter Assistenz eines Arztes. Wie tritt das zuständige Rabbinat diesem Missstand entgegen?"     

     
Ehrung für Oberlehrer Salomon Kahn zum 40. Dienstjubiläum (1904)

Neumarkt Israelit 07011904.jpg (126362 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1904: "Neumarkt, 4. Januar (1904; Ehrung eines jüdischen Lehrers.). Zum ersten Male geschah es in Bayern, dass ein jüdischer Schulmann gelegentlich der Neujahrsorden-Verleihungen den Titel eines Oberlehrers erhielt, welche Ehre Herrn Salomon Kahn hierselbst am 1. Januar 1904 zuteil wurde. Derselbe, bereits mehr als 40 Dienstjahre zählend, wurde am Morgen des Glück bringenden Tages per Depesche durch den Kultusminister von Wehner in München beglückwünscht und erhielt im Laufe der nächsten Stunden Gratulationen schönster und erfreuendster Art von dem Präsidenten der Oberpfalz, Exzellenz von Lutz, Regierungsdirektor von Hochkirch, Kreisschulinspektor Leipold, der noch das Attribut ‚königlich’ hinzufügte, erster Vorstand des oberpfälzischen Kreisausschusses Leißel in Regensburg, und noch von zahlreichen Freunden und Bekannten aus der Nähe und Ferne. Diese Auszeichnung des Einzelnen bedeutet zugleich eine Dekorierung des Standes im allgemeinen und der israelitischen Lehrerschaft im besonderen, und ist ferner ein Beweis wohltuender Gerechtigkeitsliebe, toleranter Gesinnung, gesunder Zustände, wie solche Gott sei Dank dem erlauchten Fürsten Luitpold und seinen höchsten Beamten zum köstlichsten Ruhme und dem bayerischen Lande zur Zierde gereichen, woselbst man ohne Unterschied der Konfession nach dem goldenen Prinzipe schaltet und waltet: ‚Dem Verdienste seine Krone.’ Ist’s auch nur ein ‚Titel ohne Mittel’ – da bekanntlich keinerlei Gehaltserhöhung damit verbunden ist, so entschädigt diese Erhöhung für viele Beschwerlichkeiten des Berufes mehr, als irgendwelche persönliche Zulage, die Befriedigung gewährt, der Pflicht genügt zu haben. Möge sich Oberlehrer Kahn daran erquicken."

 
Zum Tod von Oberlehrer Salomon Kahn (1909)  

Neumarkt Israelit 01041909.jpg (90308 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1909: "Neumarkt, 25. März (1909). Am 17. März verstarb dahier Herr Königlicher Oberlehrer S. Kahn nach 48jähriger Lehrtätigkeit, und nachdem er in hiesiger Gemeinde 25 Jahre gewirkt hatte, im 69. Lebensjahre. Die allgemein große Beteiligung bei der Beerdigung legte beredtes Zeugnis von der Liebe und Verehrung ab, deren sich der Dahingeschiedene allgemein erfreute. Am Grabe sprach zunächst Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Weinberg über den Lebensgang des Heimgegangenen. Hierauf ergriff der Rektor der Realschule Herr Dr. Knittl das Wort. Er hob die vorzüglichen Eigenschaften des Verstorbenen als Lehrer hervor und sprach seinen Dank im Namen der Königlichen Realschule aus. Herr Lehrer Weil sprach im Namen der Schule. Herr Lehrer Oppenheimer, Sulzbürg nahm von seinem teuren Freunde Abschied. Herr Hauptlehrer Rosenmerkel, Gyrdaum (gemeint: Pyrbaum), Vorsteher des Bezirkslehrervereins brachte dem Dahingeschiedenen im Namen seiner Kollegen die letzten Grüße. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

    
Lehrer Jakob Oppenheimer kommt als Sulzbürg nach Neumarkt (1909)  

Sulzbuerg Israelit 23091909l.jpg (42517 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September 1909: "Sulzbürg (Oberpfalz), 20. September (1909). Heute schied unser Lehrer, Herr Jakob Oppenheimer, nach 24jähriger Amtstätigkeit, um den Posten eines Elementar- und Religionslehrers in Neumarkt zu übernehmen. Sein Weggang von hier wird allgemein bedauert und dementsprechend gestalteten sich auch die zu seiner Ehre veranstalteten Abschiedsfeierlichkeiten. Wir wünschen ihm in seinem nunmehrigen Wirkungskreise herzlichst Glückauf."  

      
Zum Tod von Lehrer Jakob Oppenheimer (1916)  

Neumarkt FrfIsrFambl 22121916.jpg (106546 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Dezember 1916: "Neumarkt, Oberpfalz. Am Donnerstag, 7. Dezember diesen Jahres starb hier der in weiten Kreisen bekannte und von Kollegen überaus höch geschätzte Hauptlehrer Jakob Oppenheimer. 23 Jahre hatte er im nahen Sulzbürg gewirkt, dem Ursitze des Rabbinats Neumarkt. Vor 7 Jahren trat er die Stelle eines Elementarlehrers hier in Neumarkt an und wirkte segensreich, bis ein schweres Leiden ihn zur Aufgabe des Lehramtes zwang. Er wurde am Sonntag, 10. Dezember auf dem altehrwürdigen Friedhof Sulzbürgs beerdigt. Aus nah und fern strömten Freunde und Verehrer herbei. Am Grabe würdigte Herr Rabbiner Dr. Weinberg - Neumarkt die vielen Verdienste des Entschlafenen, ihm folgten Herr Kultusvorstand Dreichlinger für Neumarkt, Herr Regensburger für die Gemeinde Sulzbürg, Herr Oberlehrer Friedmann - München für die Familie, Herr Rosenbaum als Amtsnachfolger und Freund, Herr Mannheimer - Dettelbach für den israelitischen Lehrerverein Bayerns, Herr Oberlehrer Nothaas für den Bezirk Neumarkt, ein Kind des Vorstandes Dreichlinger für die Schule Neumarkt. Ruhe sanft, du trefflicher Lehrer! Das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen."       

     
Jakob Nußbaum kommt als Lehrer nach Neumarkt (1917)   

Jakob Nußbaum kam 1917 als Nachfolger von Jakob Oppenheimer als Lehrer der Israelitischen Volksschule in Neumarkt und Kantor der jüdischen Gemeinde.

Altenmuhr AZJ 23021917.jpg (29531 Byte)Notiz in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Februar 1917: "Die israelitische Kultusgemeinde Neumarkt (Oberpfalz) wählte als Nachfolger des verstorbenen verdienstvollen Hauptlehrers Oppenheimer seligen Andenkens den Herrn Hauptlehrer Nußbaum in Altenmuhr zum Lehrer der israelitischen Volksschule und Kantor."

 
Zum Tod von Lehrer Jakob Nußbaum (1937)    

Altenmuhr Bayr GZ 15021937.jpg (118432 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Februar 1937: "Jakob Nußbaum seligen Andenkens. Am 25. Januar verschied plötzlich unser lieber Freund, Oberlehrer i.R. Jakob Nußbaum, Neumarkt. Seit 1888, also fast 50 Jahre, gehörte er unserem Bruderbunde (gemeint: Lehrerverband) als treues Mitglied an. Ein überaus tüchtiger Schulmann, der neben seiner Schultätigkeit noch jahrzehntelang ein weit und breit bekanntes und beliebtes Schülerpensionat leitete, ist mit ihm dahingegangen. In den Gemeinden, in denen er tätig war - Burgebrach von 1888-1894, Altenmuhr 1894-1917, Neumarkt, Oberpfalz seit 1917 wurden ihm wegen seines leutseligen Wesens, seines friedfertigen Charakters Liebe und Verehrung im weitgehendsten Maße zuteil. Mit Rat und Tat stand er jedem einzelnen Mitgliede seiner Gemeinden in liebevollster Weise zur Verfügung. Der Schriftleiter, der Nußbaums Nachfolger in Altenmuhr war, war oft Zeuge der großen Verehrung, die alt und jung ihrem Lehrer und Freunde Jakob Nußbaum entgegenbrachte und spürte es so deutlich wie groß der Vorteil ist, der Nachfolger eines klugen, angesehenen und pflichteifrigen Lehrers zu sein. Nußbaum war auch ständig auf seine Weiterbildung bedacht. Er besuchte noch als fast 50jähriger Mann die Gewerbelehrerkurse in Nürnberg und München und war der Leiter der allgemeinen Fortbildungsschule in Altenmuhr. In Lehrerkreisen war er als kluger, vornehmer Kollege sehr angesehen und gerne hörte man auf seinen Rat. Im Ruhestand widmete er sich mit besonderer Liebe gemeindlichen Arbeiten und wurde von der Kultusgemeinde Neumarkt mit dem Amte des Kultusvorstandes betraut.
Um den so plötzlich Heimgegangenen klagt nicht nur seine Gattin, die ihm stets die treueste Lebensgefährtin war, seine Kinder, die jüdische Lehrerschaft Bayerns, seine vielen Schüler und seine Gemeinden, sondern darüber hinaus trauert um ihn eine große Anzahl Freunde, die die Liebe, die sie ihm im Leben entgegenbrachten, ihm auch übers Grab hinaus bewahren werden. Der jüdische Lehrerverein Bayern wird ihm ein treues Gedenken bewahren.  A."
Nuernberg Friedhof n410.jpg (99088 Byte)  
Grabstein für Jakob Nussbaum auf dem 
neuen jüdischen Friedhof in Nürnberg
  

   
Lehrer Hermann Rosental  übernimmt die Religionslehrerstelle in Neumarkt (1935)
    

Mitteilungen in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni 1935: "Stellenbesetzungen: Der Lehrer Hermann Rosental, bisher in Frankfurt am Main, wurde nach Neumarkt, der Schulamtsbewerber Färber nach Rockenhausen berufen. - Der pensionierte Volksschullehrer Popper in Leer übernahm die Religionslehrerstelle in Maßbach."      

  
 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben              
Bericht über die Gemeindeverhältnisse (1903)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1903: "Aus der Oberpfalz. Der 'Israelit', der nun schon seit mehr denn vier Dezennien seine für Synagoge und Schule, für Gemeinde und Familie heilsame und zweckfördernde Runde macht, und so maches edle Wirken, das sonst in bescheidener Stille der Öffentlichkeit unbekannt geblieben wäre, unparteiisch weiten Kreisen mitteilt, möge auch Nachstehendes in seinen Spalten einer Aufnahme würdigen: 
In Neumarkt - seit 1. Januar 1903 eine unmittelbare Stadt geworden - ist bei den jüngsten Gemeindewahlen der Vorstand der Kultusgemeinde, Herr Isaac Wolf, mit großer Majorität zum Gemeindebevollmächtigten gewählt worden. Es ist dies nicht allein für ihn ehrend, sondern auch für die ganze Gemeinde, deren Mitglieder mit den übrigen Einwohnern in bestem Einvernehmen leben. 
Gleichzeitig erwähne ich, dass sich in der Förderung der Gemeindeinstitutionen in genannter Stadt eine sehr erfreuliche Regsamkeit kund gibt. Während dieselbe vor einigen Jahren noch sehr im Argen lagen, hat der jetzige Distriktsrabbiner, Herr Dr. M. Weinberg - sein Licht leuchte - im Einverständnis mit genanntem Vorstand, Anordnungen getroffen, welche jeden religiös denkenden Jehudi interessieren werden. Es wurde die Schechita in zuverlässige Hände gegeben, die Mikwe wieder hergerichtet, und in gottesdienstlicher Beziehung viele Institutionen getroffen, die früher in hiesiger Gemeine nicht gepflogen worden sind. Durch all dieser Verbesserungen sit die Gemeinde sehr belastet worden. Doch gereicht es ihr nur zur Ehre, dass sie nciht, wie so viele andere Gemeinden, in religiösen Dingen eine falsche Sparsamkeit walten lässt. Neumarkt könnte in dieser Beziehung vielen anderen Gemeinden vorbildlich sein. Da ... Rabbiner, Vorsteher und Judentum in einer unzertrennlichen Wechselwirkung zueinander stehen, und erstere auf das Gedeihen wie auf den Verfall des letzteren von entscheidendem Einflusse sind, so kann man zuversichtlich die Hoffnung hegen, dass die Gemeinde auf dem betretenen Wege weiter schreiten wird."  


Werbung zum Besuch des "Mineral-Wildbades Neumarkt" für orthodoxe Juden (1904)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Mai 1904: "Aus der Oberpfalz. Wenn der Frühling das Zepter streitend dem Winter abgerungen, wenn die Erde einen farbenreichen Blumenteppich in ihre saftigen Matten und grünen Fluren hineingewoben, wenn die Sonne ihre warmen Strahlen in die Herzen der Menschen ergießt und die ganze Natur erweckt zu neuem Leben, dann eilt Jung und Alt froh hinaus ins Freie, um sich an dem belebenden Hauche des erwachten Frühlings zu erfrischen und zu stärken. Dann beginnt auch die Zeit der Badereisen. 
Für den Jehudi, der treu zum Glauben der Väter hält und sich nicht zum Besuche eines sog. Luxusbades entschließen kann, der aber seine von des Winters Strapazen angegriffene Gesundheit fernab vom lärmenden Geräusche des Alltagslebens wieder gewinnen will, für den ist die Wahl eines passenden Luftkurortes immer eine wichtige Angelegenheit. Es besteht zwar kein Mangel an solchen, die bei aller Billigkeit mit jedem Komfort der Neuzeit eingerichtet sind, aber fast nie ist in denselben für den Magen eines orthodoxen Juden Sorge getragen. Und das ist der Grund, warum die Wahl eines Sommeraufenthaltsortes für manchen so viel Kopfzerbrechen bedeutet. Ich glaube nun, dem kranken und erholungsbedürftigen jüdischen Publikum einen Dienst zu erweisen, wenn ich auf ein Bad aufmerksam mache, das in jeder Hinsicht nicht nur dem körperlichen, sondern auch dem geistig-religiösen Bedürfnisse entspricht. 
Das Mineral-Wildbad Neumarkt in der Oberpfalz, in anmutiger Hügellandschaft gelegen, umgeben von Eichen-, Buchen- und Föhrenwaldungen, ist in Folge seiner geschützten, überaus gesunden, klimatischen Lage hierzu wie geschaffen. Spezialität der Anstalt ist die Verabreichung von Schlamm- und Moorbädern, Da der ganze Talkessel, in welchem Neumarkt liegt, in die Liasformation eingesenkt ist und der Grund der ganzen Gegend aus mergeligem Kalkstein, Schwefelkies, Bitumon und anderen organischen Überresten besteht, so entfalten diese zubereiteten Schlammbäder eine außerordentlich kräftige Wirkung, zumal ja Schwefelwasser bei der Zubereitung genommen wird. Sie werden deshalb mit gutem Erfolge angewendet bei alten, gichtigen Ablagerungen in die Gelenke, bei chronischem Gelenk- und Muskelrheumatismus. (Näheres ist aus dem Prospekt ersichtlich). Die herrliche Lage der Anstalt ist es, der 'Wildbad Neumarkt' einen Vorzug verdankt, welcher bei der Heilung des kranken und geschwächten Organismus gewiss keine zu unterschätzende Rolle spielt und auf den ein Teil der guten Heilerfolge des Bades mit zurückzuführen ist, nämlich die reine, frische, nervenstärkende Luft. Aus diesem Grund ist Neumarkt auch ganz besonders für Ferienkolonien geeignet. 
Was die religiösen Verhältnisse betrifft, so findet täglich Gottesdienst statt. Die Schechita steht unter Aufsicht Seiner Ehrwürden des Herrn Distriktsrabbiner Dr. M. Weinberg von Sulzbürg. Auch ist für streng-rituelle Verpflegung gute Gelegenheit vorhanden. Für die Bekenner des Judentums, welchen durch ärztliche Verordnung der Besuch eines Luftkurortes vorgeschrieben wurde, ist eine solche Heilstätte bis jetzt vielfach mit der Notwendigkeit verbunden gewesen, Trefah (Unerlaubtes) zu essen. Wie dieser Zwang verstimmend auf Geist und Gemüt eines gewissenhaften Jehudi wirken und die Heilung durch diese deprimierende Stimmung beeinträchtigt werden muss, brauch nicht erst gesagt zu werden."

   
Antisemitische Regungen durch die Gründung einer Ortsgruppe des "Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbands" (1907)  

Neumarkt Israelit 30051907.jpg (78237 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai 1907: "Neumarkt (Oberpfalz), 22. Mai (1907). Der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband gründete hier eine Ortsgruppe, bei welcher Gelegenheit der Referent, Vorsteher für den Gau Franken, Oskar Thomas aus Nürnberg, in die Hervorkehrung ‚deutschnationalen Empfindens’ ein bedeutendes Quantum Antisemitismus mischte. ‚Juden, Ausländer und andere Angehörige des Kaufmannsstandes, die im Gegensatz zum Deutschtum stehen, werden nicht aufgenommen,’ lautete der oberste Grundsatz des famosen Vereins, ‚aber nicht aus konfessionellen Gründen,’ wie der Redner zur Rechtfertigung der Intoleranz hervorhob, (beileibe nicht!) ‚sondern lediglich zur Erhaltung der völkischen Eigenart.’ Er meinte noch: ‚die große Gruppe der Zionisten steht mit dem Verbande in dieser Anschauung auf gleichem Boden.’ Unser Städtchen wird aber den Sirenenrufen kein Gehör schenken und den konfessionellen Frieden nicht preisgeben."

  
Betonung des friedlichen Zusammenleben der Konfessionen am Ort angesichts der ersten antisemitischen Regungen (1907)  

Neumarkt Israelit 31101907.jpg (106876 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1907: "Neumarkt (Oberpfalz), 27. Oktober (1907). Beim 50jährigen Jubiläum der hiesigen protestantischen Gemeinde sprach u.a. der rechtskundige Bürgermeister, Herr Hofrat und Landtagsabgeordneter Weißenfels, Worte der schönsten Toleranz, die es verdienen, in die Öffentlichkeit zu gelangen. ‚Wir alle wissen, dass in unseren Mauern nur Menschen wohnen, die in Frieden und Eintracht, trotz aller Verschiedenheit der Bekenntnisse miteinander gelebt haben und fürderhin verkehren wollen. Ist das eigentlich ein Wunder? Sollte es denn anders sein? Bekennen wir nicht denselben Gott? Besitzen wir nicht dieselbe heilige Schrift als die Grundlage unseres Glaubens? Haben wir nicht alle eine gemeinsame Grundlage für die Betätigung der Nächstenliebe? Gewiss. Unsere Aufgaben, unsere Ziele und das Fundament, auf dem wir ruhen, die sind uns gemeinsam. Deshalb wäre es vollständig verfehlt, zu suchen, was uns trennt; deshalb ist es nur folgerichtig, das zu suchen, was uns einigt. Es liegt nicht in unserer Wohlfahrt, den ersten besten Einzelnen zu folgen, Hetzern und Verleumdern unser Ohr zu leihen. Seit 28 Jahren meiner Tätigkeit dahier und sicher noch vorher sind unsere Bürger nebeneinander gewandelt in Frieden, Ruhe und Eintracht und kein Anlass hat sich ereignet, der dies Zusammenwirken zerstört hätte. So soll es auch weiter bleiben!’ Herr Dekan Stammberger hob noch hervor, dass die Stadt Neumarkt dafür bekannt sei, dass in ihr ein friedliches Zusammenleben der Konfessionen stattfindet und gepflegt wird."

  
   
Berichte zu einzelnen Personen der Gemeinde      
Zum Tod von Mordechai (Marx) Feuchtwanger (1899)  

Neumarkt Israelit 08091899.jpg (246324 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1899: "Neumarkt, 2. September (1899). ‚Die alte Garde ergibt sich nicht – sie stirbt’. Mordechai (Marx) Feuchtwanger, der nahezu 84-jährige, so rüstige, körperlich und geistig stets frische Mann, zählte nicht mehr zu den lebenden. Ein Schlaganfall streckte ihn am Heiligen Schabbat mit der Toralesung Schefatim auf das Krankenbett, welches neun Tage später sein Sterbelager werden sollte. Tora und Derech-Erez (respektvolles Benehmen) waren so recht in ihm vereinigt, und mit der Wiedergabe seiner Biographie ist die Geschichte der alten Gemeinde Sulzbürg auf fast 100 Jahre eng verbunden, aus welcher Kehillo (Gemeinde) er stammte, woselbst der Name seiner Familie schon seit undenklichen Zeiten einen guten Klang besaß. In seiner Jugendzeit besuchte er nebst obligatorischem Religionsunterrichte (damals existierte in Sulzbürg noch keine jüdische Elementarschule) auch den Privatcheder (jüdische Privatschule) des Reb Mosche Löwenmayer – das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen -, der eine Jeschiba (Talmudschule) im Kleinen unterhielt und die Schüler der verschiedensten Jahrgänge, von 5-18 Jahren in allen Gebieten jüdischen Wissens belehrte, und Mordechai Feuchtwanger zählte mit zu den eifrigsten und wissbegierigsten. Obwohl er sich dem Handelsstande widmete, so war er doch ein Torakundiger und vervollkommnete sich späterhin noch, insbesondere am Schabbat und an den Feiertagen bei dem Rabbiner Dr. Mayer Löwenmayer, der ihm im Jahre … in höchst ehrender Weise den Chawer-Titel (Auszeichnung für einen Gelehrten) verlieh, welchen Herr Rabbiner Dr. Weinberg – sein Licht leuchte – am 80. Geburtstag des nunmehr selig Entschlafenen erneuerte. Das Vertrauen der Gemeinde berief ihn in die Verwaltung, ebenso zum Gaboi des Wohltätigkeits-, Talmud-Tora- und Jugendvereines und sein liebliches, angenehmes Organ, verbunden mit einem Schatze unverfälschter, althergebrachter, ortsüblicher Melodien befähigte ihn, auch in den Jomim Hanoraim (ehrfurchtgebietenden Tagen) (als Vorbeter) zu amtieren und am Schabbat Schabbaton (= Hoher Versöhnungstag, Jom Kippur) das Tefillat Mincha (Mittagsgebet) und später Tefillat Schacharit (Abendgebet) mit wahrhafter Hingabe vorzutragen. Als er daher vor ca. 18 Jahren, unter Berücksichtigung mancherlei Verhältnisse den Entschluss fasste, seine Muttergemeinde zu verlassen, um sich der aus den Fruchttrieben derselben entsprossenen Anpflanzung in Neumarkt anzuschließen, bedauerte man seinen Wegzug sehr lebhaft und die Lücke, welche hierdurch entstand, war schmerzlich, ihm selbst gereichte es ebenfalls nicht zum dauernden Glücke; denn dieses, neckisch und launenhaft, schien von ihm gewichen zu sein, als der Tod seinen wohl versorgten Sohn nach kurzem Eheglücke von seiner Seite riss und ihm die treue Gattin, eine wackere Frau im wahrsten Sinne des Wortes, raubte, und oft bereute er es, den Wanderstab ergriffen zu haben, da er zudem mancherlei Gebräuche und Einrichtungen der alten Heimat schmerzlich vermisste. In dem mit Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit, jenen Grundsäulen des Weltgebäudes Ausgestatteten lebte aber nebst dem, eine Liebenswürdigkeit und stete Freundlichkeit, eine gereifte Erfahrung und Wissen auch auf profanem Gebiete, sodass sich seine Verehrer und Freunde aus allen Bevölkerungskreisen rekrutierten und man gerne in seiner Nähe verweilte, um seinen einsichtigen, mit Witz, Gleichnis und Beispiel belegten Worten zu lauschen und seinem überlegten, vernünftigen Urteile zu vertrauen. Daher erstreckt sich der Verlust um diesen wackeren Kämpen der Vorzeit noch weiter als auf seine Familieglieder, denen er selbstredend in erster Linie das Vorbild, der Inbegriff von Tugend und Frömmigkeit, allumfassender Menschenliebe und Toleranz, Vater und Berater gewesen, und die zahlreiche Beteiligung am Leichenbegängnisse bewies, dass auch weitere Kreis in Mitleidenschaft gezogen sind, welchem Gedanken auch der amtierende Geistliche, Herr Rabbiner Dr. Weinberg – sein Licht leuchte – unter Zugrundelegung der Textworte: … gebührenden Ausdruck verlieh.  Durum; sed levius fit patientia. Quidquid corrigere est nefas. ‚Hart ist’s, aber Geduld erleichtert, was zu ändern versagt ist’. Hebräisch und deutsch: ‚Wehe um die, welche ich verloren, und die nicht mehr gefunden werden.’ Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

  
Zum Tod von Fabrikbesitzer Heinrich Dreichlinger (1901)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1901: "Neumarkt (Oberpfalz), 6. September (1901). Ganz plötzlich und unerwartet kehrte der unerbittliche Tod in unserer Gemeinde ein, einen Mann dahinraffend, der, ob seiner Liebenswürdigkeit und Güte von Hoch und Nieder, Jung und Alt hochgeachtet und geliebt war. Im 74. Lebensjahre setzte ein Herzschlag dem segensreichen Leben, Wirken und Streben des Herrn Heinrich Dreichlinger, Fabrikbesitzer, ein Ziel, nicht fragend, welchen Schmerz, welche Trauer ein solcher Verlust hervorrufen muss. Wer den aus dem Leben Geschiedenen kannte, fühlt, was seine trauernde Gattin, seine tief betrübte Familie, seine zahlreichen Freunde und Bekannten, und insbesondere die bedürftige Menschheit, der er im Verein mit seiner gleichgesinnten Gattin, allezeit ein stillgebender Wohltäter, Tröster und Freund war, an ihm verloren. Vor seinem edlen, biederen Charakter, seiner außerordentlichen Herzensbildung und Gutmütigkeit konnte kein trügerischer Glanz bestehen; der edle Zweck, das höhere Ziel, bildete den Mittelpunkt, worin sich all sein Tun und Handeln vereinigte. 
Unsere Gemeinde besonders, welcher er in früheren Jahren ein trefflicher Vorstand war, verliert in ihm einen eifrigen Förderer, der auch später, nachdem er lange das in Ehren begleitete Amt niedergelegt, sein reges Interesse und seine Anhänglichkeit bewahrte. 
Ein treubesorgter Gatte, ein liebevoller Vater, ein wahrer Menschenfreund, hat er sich aus eigener Kraft, vermöge seiner Tüchtigkeit, zur eminenten Höhe emporgearbeitet, als leuchtendes Vorbild für seine musterhaft erzogenen beiden Söhne, welche ach mit rührender Zärtlichkeit an den geliebten Eltern hängen. 
Was er außerdem hinterlässt, ist der gute Name, den er sich im Kampfe ums Dasein erworben, das treue Andenken, das Tausende für ihn bewahren und die allgemeine Liebe, die ihm wohl niemand rauben kann. Möge die schwer gebeugte Gattin, die tief trauernde Familie, Trost finden in ihrem festen Gottvertrauen und in dem schönen Bewusstsein treuer Pflichterfüllung; möge die alles heilende Zeit lindernden Balsam auf die allzu schmerzende Wunde träufeln.  
Von Nah und Fern eilten Verwandte und Bekannte herbei, ihrem allbeliebten Mitbruder die letzte Ehre zu erweisen. Ein imposanter Leichenzug, zusammengesetzt aus allen Schichten der Bevölkerung, folgte dem Sarge, und viele Tränen wurden dem Verblichenen nachgeweint. Dass er nicht mehr unter uns ist, schmerzt uns, dass er aber unter uns war, erhebt uns, wir sind stolz darauf.  S.K."      

        
Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert - Grabstein für Siegfried Neuhaus aus Neumarkt in New Orleans (1885-1905)     
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860 eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd., aufgenommen.       

Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans für 
"Siegfried Neuhaus Beloved Nephew of B. Hess. 
Born in Neumarkt Oberpfalz Bayern. Dec. 31, 1885. 
Died in New Orleans LA Sept. 27, 1905."       

 
Zum Tod der Frau von Kantor Meier Godlenstag  (= Godlewsky, 1909)  

Es handelt sich um Luise Godlensky (= Godlewsky) geb. Kleinbauer, Frau von Kantor und Religionslehrer Meier (Mayer) Godlewsky, der in Sulzbach, um 1909 in Neumarkt und ab 1914/15 in Cham wirkte.  

Neumarkt Israelit 14101909.JPG (70729 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1909: "Neumarkt, 12. Oktober (1909). Am 1. Oktober verschied dahier Frau Kantor Luise Godlenstag im 38. Lebensjahre. Die Beerdigung fand in Sulzbach statt. Am Bahnhofe in Neumarkt sprach Herr Distriktsrabbiner Dr. Weinberg – Sulzbürg herzliche Trostesworte und rühmte die Tugenden der Verstorbenen. Am Friedhof, der die Menschenmenge, die – aus allen Ständen und Konfessionen – herbeigeeilt war, nicht fassen konnte, sprach zunächst Herr Lehrer Stein – Sulzbach. Er zeigte in kernigen Worten, was die edle Entschlafene als Gattin, Tochter und Mutter ihren Angehörigen gewesen. Herr Lehrer Weil, der als Verweser in Neumarkt täglich in der Familie Godlenstag verkehrte, schilderte das innige Familienleben und sprach zugleich seinen Dank aus für die vielen Wohltaten, die Vielen die teure Verklärte erwiesen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

 
Zum 25-jährigen Jubiläum des Mitgliedes der jüdischen Gemeindeverwaltung Adolf Baruch (1931)

Neumarkt BayrGZ 01091931.jpg (41193 Byte)Artikel in der "Bayerischen israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1931: "Neumarkt (Oberpfalz). Am 30. August des Jahres konnte unser derzeitiger Vorstand Herr Adolf Baruch auf eine 25jährige Tätigkeit als Mitglied unserer Gemeindeverwaltung zurückblicken. Er gehört zu den seltenen Männern, denen das Gemeindewohl wahre Herzenssache ist und der in Freud und Leid bei größter Selbstverleugnung und Bescheidenheit zu jedermanns Verfügung steht. Möge er uns noch lange erhalten bleiben und es ihm ad meo schono (bis 100 Jahre) vergönnt sein in seinem Edelsinne zum Wohle der Allgemeinheit weiter wirken zu können!"

      
      
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige der Frau von Max Dreichlinger (1902)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1903: 
"Für meinen kleinen Haushalt suche per sofort oder 1. Juli ein 
junges Mädchen,
 
das etwas kochen kann und auch Hausarbeit mit verrichtet. 
Frau Max Dreichlinger,
Neumarkt bei Nürnberg."       


Verlobungsanzeige von Anny Nussbaum und Hermann Rosenfeld (1922)  

Schopfloch CV-Ztg 09111922.jpg (34005 Byte)Anzeige in der CV-Zeitung (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 9. November 1922: 
"Statt Karten   Anny Nussbaum - Hermann Rosenfeld. Verlobte. 
Neumarkt in der Oberpfalz - Schopfloch in Mittelfranken."   

   
Hochzeitsanzeige für Dr. D. Holstein und Rosl geb. Weinberg (1925)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1925: 
"Dr. med. D. Holstein, Kinderarzt - Rosl Holstein geb. Weinberg (Neumarkt Oberpfalz) - Vermählte.
 Köln am Rhein, Ehrenstraße 31. 
Trauung - so Gott will - 18. August 1925 / 28. Menachem Ab   2 Uhr, Würzburg, Hotel Goldschmidt."    

    
Verlobung- und Hochzeitsanzeige für Meta Weinberg und Willi Strauss (1928)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1928: "Gott sei gepriesen.  Bezirksrabbiner Dr. M. Weinberg und Frau, Neumarkt (Oberpfalz) - M. Strauss und Frau, Geroda, beehren sich die Verlobung ihrer Kinder Meta und Willi bekannt zu geben:  Meta Weinberg - Willi Strauss, Lehrer. Verlobte. 
Neumarkt
(Oberpfalz) - Frankfurt-Main, Zobelstraße 9II.  Juni 1928 / Siwan 5688."
   
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1928: "Die - so Gott will - Montag, den 15. Oktober 1928 - 1. Cheschwan 5689 - in Würzburg, Alhembra-Saal stattfindende Vermählung ihrer Kinder 
Meta und Willi beehren sich anzuzeigen  
Bezirksrabbiner Dr. M. Weinberg und Frau   Neumarkt (Oberpfalz) - 
Moses Strauss und Frau  Geroda (Unterfranken)."     

       
       
      

Zur Geschichte der Synagoge           
    
Im Mittelalter wird mehrfach eine Synagoge genannt. Nach der Überlieferung sollen die jüdischen Einwohner 1298 in ihr verbrannt sein. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts bestand gleichfalls eine Synagoge, die nach der Verfolgung in der Pestzeit durch den Kurfürsten beschlagnahmt wurde. 1362 erhielten die wieder zugezogenen Juden das Gebäude zurück. Die mittelalterliche Synagoge (meist "Judenschule" genannt) stand vermutlich an der Stelle der späteren Hofkapelle zu "Unserer Lieben Frauen". 
    
19./20. Jahrhundert  
  
Die seit den 1860er-Jahren wieder entstandene Gemeinde richtete 1864 eine Synagoge im Haus Hafnergasse 10 ein. In demselben Gebäude waren auch eine Wohnung für den Lehrer und die Schulräume für den Religionsunterricht. Ein Einweihungsbericht zur Synagoge konnte noch nicht gefunden werden. Die laufenden Kosten der Synagoge wurden auch in Neumarkt durch die Gemeindemitglieder gedeckt. Dazu gab es verschiedene Bestimmung, unter anderem die Regel, dass neu zuziehende Gemeindemitglieder für sich und ihre erwachsenen Familienmitglieder Synagogenplätze gegen eine Bezahlung an die Gemeinde erwerben mussten. In Neumarkt konnte man sich für 100 Mark lebenslang einen Platz in der Synagoge sichern. Diese Regelung wurde freilich nicht von allen akzeptiert und führte 1895 zu einer Klage von zwei in Neumarkt zugezogenen Familienvorständen. Allerdings entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München für die Rechtmäßigkeit der Regelung. Da dieses Urteil auch für andere Gemeinden von Interesse war, berichtete hierüber die überregionale orthodoxe Zeitschrift "Der Israelit":   

Neumarkt Obpfalz Israelit 18041895.JPG (223183 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1895: "München, 20. März (1895). Eine höchst wichtige Entscheidung für israelitische Kultusgemeinden fällte der Verwaltungsgerichtshof. Diese Gemeinden sind befugt, zu bestimmen, dass jedem Manne und jeder Frau ein Synagogenplatz gegen eine von der Gemeinde bestimmte Gebühr zugewiesen werde. In Nördlingen hat seinerzeit die Gemeinde bestimmt, dass die Mittel zum Synagogenbau dadurch gedeckt werden, dass jedes Gemeindemitglied einen Platz für 400 Mark (oder deren Zinsen) übernehmen müsse. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Recht der Gemeinde anerkannt. Der gleiche Fall kam heute nochmals betreffs einer anderen Gemeinde zur Verhaltung. Durch Beschluss des Bezirksamts Neumarkt i.O. waren die israelitischen Kultusgemeindemitglieder Simson Wilmersdorfer und Max Landecker in Neumarkt für verpflichtet erklärt worden, für sich und ihre Frauen zusammen vier Synagogenplätze im Betrage von je 100 Mark auf Lebensdauer zu erwerben, und zwar auf Grund des von ihnen entrichteten Eintrittsgeldes. Dieser Bescheid stützte sich auf einen Kultusgemeindebeschluss vom 1. Dezember 1888, wonach jedes selbständige steuerpflichtige Mitglied der Kultusgemeinde einen Synagogenplatz für sich sowohl, wie nach der Verehelichung auch für die Ehefrau auf Lebensdauer zu erwerben habe. Die Erträgnisse sollen zur Bestreitung der gemeindlichen Bedürfnisse, sowie zur Bildung eines Synagogenbaufonds verwendet werden. Gegen den bezirksamtlichen Beschluss wurde von beiden beschwere eingelegt, die jedoch nach gutachtlichem Antrage des Oberstaatsanwaltes als unbegründet kostenfällig verworfen wurde unter Festsetzung der Beschlussgebühr auf 20 Mark. Nach den Motiven ist der Beschluss der Kultusgemeinden von 1888 nicht zu beanstanden. Die fragliche Leistung übersteigt nicht die Leistungsfähigkeit der Zahlungspflichtigen und werden sämtliche selbständige Mitglieder für sich und ihre Frauen zur Zahlung von je 100 Mark für Synagogenplätze herangezogen. Die Erträgnisse kommen allen Kultusgemeindemitgliedern zugute und kommt der bestrittenen Leistung ein obligatorischer Charakter zu. Die Beschwerdeeinwände, dass die dermalige Synagoge nicht zu klein sei, sondern im Verhältnis zur Mitgliederzahl vollkommen ausreiche, sowie dass die Erwerbung von Synagogenplätzen auf Lebensdauer nicht notwendig sei, sind unbehelflich und ist die Berechtigung der Kultusgemeinde zur Beschaffung der nötigen Mittel zur Deckung der gemeindlichen Bedürfnisse von derartigen Erwähnungen nicht abhängig. Was den ferneren Einwand anlangt, dass die Ehefrauen als selbständige Mitglieder der Kultusgemeinde zu betrachten seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass dieselben nicht selbständige Mitglieder sind, sondern Familienangehörige ihrer Ehemänner. Der erstinstanzielle Beschluss ist demnach vollkommen gerechtfertigt." 

Obwohl, wie aus dem zitierten Artikel von 1895 in Neumarkt ein Synagogenbaufonds für den möglichen Neubau einer Synagoge angelegt worden war, kam es auf Grund der seit dem Ende des 19. Jahrhunderts leicht zurückgehenden Zahl der Gemeindemitglieder nicht zu einem Neubau. Im Sommer 1928 wurde die Synagoge allerdings umfassend renoviert. So präsentierte sich bei der Wiedereinweihung am Sabbat vor dem Neujahrsfest 5689 (14./15. September 1928) die Synagoge völlig neu:  

Neumarkt Obpfalz BayrGZ 02101928.jpg (215434 Byte)Die Bayerische Israelitische Gemeindezeitung berichtete in ihrer Ausgabe am 2. Oktober 1928 über die durchgeführten Arbeiten (Der Artikel ist von Lehrer Jakob Nußbaum unterzeichnet): "Neumarkt (Oberpfalz). Der Sabbat vor Rosch HaSchana (Neujahrsfest) war für unsere Gemeinde ein herrlicher Festtage; denn an ihm wurde unsere während des Sommer renovierte Synagoge ihrer Bestimmung wieder übergeben. Der rastlosen Tätigkeit unsere Vorstandes Herrn Adolf Baruch im Verein mit unserem für das Gemeindewohl unermüdlich besorgten und jederzeit opferfreudigen Ratsmitglied Herrn Kommerzienrat Dreichlinger ist es gelungen, unser Gotteshaus unser der sachkundigen Leitung des Herrn Architekten Albert Meyer aus Nürnberg durch diesige Meister als hehres Schmuckkästchen erstehen zu lassen. 
In hervorragender Weise ist die Ausstattung der Ostseite gelungen, die eine vollständige Neugestaltung erfahren hat. Über der in Rot gehaltenen von goldkanellierten Säulen flankierten heiligen Lade treten aus einem strahlendurchschimmerten Gewölke zwei Gesetzestafeln mit den 10 Geboten hervor. Zwei geschmackvoll ausgeführte bunte Fenster mit dem Davidstern in der oberen Rundung erfüllen in vornehmer Schlichtheit rechts und links den Raum bis zu den Emporen, die wie das Gestühl und die Wandtäfelung mit ihren vergoldeten Fassungen in leichtem Beige gehalten sind. Wände und Decke sind gelb getönt und durch ein elfenbeinfarbenes Hohlkehlenband verbunden, das die Akustik in ganz auffallender Weise verbesserte. Auch der Fußboden ist mit einer Steinholzmasse neu belegt. Das ganze wirkt durch seine Ruhe und Stilreinheit äußerst stimmungsvoll. 
Ein solches Werk erfordert natürlich nicht unbedeutende Mittel und wenn auch durch Zeichnung von Anteilscheinen wie durch freiwillige Gaben seitens jetziger oder ehemaliger Gemeindeangehöriger ganz ansehnliche Beträge aufgebracht und durch Stiftungen gar manche Ausgabe übernommen wurde, so wäre es unserer verhältnismäßig kleinen Gemeinde ohne das Wohlwollen und die finanzielle Unterstützung des Verbandes kaum möglich gewesen, es aus eigener Kraft zu schaffen.
Es war darum für uns doppelt erfreulich ehrenvoll, dass der hochverehrte Verbands-Präsident, Herr Oberlandesgerichtsrat Dr. Neumeyer, uns durch seine persönliche Teilnahme an unserer Weihefeier auszeichnete, zu der auch Herr rechtskundiger Bürgermeister Weidner erschienen war. - Der eigentliche Festakt fand in Verbindung mit einem Freitag-Abendgottesdienst statt. Es war ein erhebender Augenblick, als nach dem Mah towu die Torarollen im Feierkleide unter dem Gemeindechorgesang Wajehi binzana eingeholt und in den Araun hakaudosch (Toraschrein) verbracht wurden. Hierauf hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Weinberg eine tiefempfundene Weiherede. Herr Kultusvorstand Baruch begrüßte die Gäste und Gemeindeangehörigen und dankte in herzlichen Worten allen, die durch Rat und Tat sich verdienst gemacht. Nun nahm Oberlandesgerichtsrat Dr. Neumeyer das Wort und legte in bekannt eindrucksvoller Weise die Bedeutung des Verbandes für die bayerische Judenheit und besonders für die Kleingemeinden dar und schloss mit der Mahnung, sich der Pflichten als Glieder der Glaubensgemeinschaft wie als Staatsbürger in gleichem Maße bewusst zu bleiben. Nach dem Solovortrag des 100. Psalms durch den Kantor nahm der Abendgottesdienst seinen üblichen Verlauf.  
Am Abend lud Herr Oberlandesgerichtsrat Dr. Neumeyer die Vorstände und Beamten mit ihren Frauen zu einer gemütlichen Unterhaltung in die Wohnung des Herrn Kommerzienrats Dreichlingen ein. Am Samstag Nachmittag fand sich dann die Gemeinde zu Ehre ihres geschätzten Gastes im Kainzschen Garten zusammen und nur zu rasch verflossen die Stunden unter den anregenden Ausführungen und Mitteilungen des Herrn Präsidenten. 
Möge das schöne Gotteshaus ein Segensquell für unsere Gemeinde sowie für alle diejenigen werden, die sich während des Jahres als Gäste unseres Luftkurortes, der 'Perle der Oberpfalz' in ihm einfinden und sich erfüllen des Psalmisten Wort: boruch habo beschein haschem, berachunchem mihes haschem!*    Nußbaum." 
(* = Psalm 118,26: "Gesegnet, der da kommt im Namen des Ewigen! grüßen wir euch aus dem Hause des Ewigen"). 

  
Nur noch wenige Jahre nach der Wiedereinweihung der schön renovierten Synagoge in Neumarkt konnten in ihr Gottesdienste abgehalten werden. 
  
Beim Novemberpogrom 1938 drangen SA-Männer zusammen mit vielen Stadtbewohnern in die Synagoge ein, zerschlugen die Fenster und vernichteten das Inventar und die Ritualien. Das Gemeindearchiv wurde beschlagnahmt. Das schwer beschädigte Synagogengebäude wurde von der Stadtverwaltung beschlagnahmt. Im April 1945 wurde es bei einem Luftangriff zerstört. An dem Nachfolgegebäude erinnert eine Gedenktafel an die Geschichte der Neumarkter Synagoge. 
     
     
Adresse/Standort der SynagogeHallertorstraße 9a (alte Anschrift: Hafnergasse 10).
     
     
Fotos            
(Quelle: Fotos von Theodor Harburger; Quelle: Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem; veröffentlicht in Th. Harburger: "Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern. 1998 S. 616-617; Farbfotos: Hahn, Aufnahmedatum 23.6.2006). 

Kultgegenstände aus der 
Synagoge Neumarkt (Fotos von 1929) 
Neumarkt Synagoge 100.jpg (97049 Byte) Neumarkt Synagoge 101.jpg (79883 Byte)
  Bei diesen Kultgegenständen (Ritualien) handelt es sich um Schmuck der Torarollen: 
links Tora-Aufsätze (Rimmonim), rechts Toraschild (Tass) und Tora-Zeiger (Jad); 
diese Gegenstände wurden vermutlich beim Novemberpogrom 1938 
zerstört oder gestohlen.   
   
Synagogengrundstück 2006     
Neumarkt Synagoge 202.jpg (53422 Byte) Neumarkt Synagoge 201.jpg (80558 Byte) Neumarkt Synagoge 200.jpg (46623 Byte)
Das Nachfolgegebäude am 
Platz der Synagoge
"Ehemalige Synagoge - errichtet 1868,
 demoliert 1938, zerstört 1945"
    

   
   
 Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

November 2009: Ausstellung zum jüdischen Friedhof Sulzbürg in Neumarkt (bis Ende Januar 2010 im Stadtmuseum Neumarkt
Artikel in den "Neumarkter Nachrichten" vom 16. November 2009 (Artikel): 
"Atmosphäre der Vergänglichkeit beeindruckt.  
Foto-Ausstellung 'Hier ist verborgen' eröffnet - Bilder vom jüdischen Friedhof Sulzbürg lockten viele. 
NEUMARKT (nin)
- 'Hier ist verborgen' heißt die Foto-Ausstellung, die noch bis Ende Januar im Stadtmuseum zu sehen ist. Gestern wurde sie eröffnet - und die zahlreichen Besucher waren beeindruckt. 
Wer glaubte, dass er mit einem Vorlauf von einer Viertelstunde noch einen Platz bei der Eröffnung ergattern würde, irrte: Alle Stühle waren besetzt, an den Wänden und den Türen der Nebenräume drängten sich die Interessierten. Alle wollten sie unter den ersten sein, die einen Blick auf die Impressionen vom jüdischen Friedhof Sulzbürg werfen durften.
In schwarzes Holz gerahmt hängen die Bilder von Edgar Pielmeier, Direktor des Regensburger Studienseminars St. Emmeram, an den Wänden. 'Erstaunlich', so findet Dekan Norbert Dennerlein, in Bezug auf die Qualität der Fotos, 'dass dieser Mann die Fotografie nur als leidenschaftliches Hobby betrachtet'. Denn: Die Bilder, die in den vergangenen beiden Jahren entstanden sind, fangen noch rechtzeitig vor Beginn der derzeit laufenden Konservierungsmaßnahmen die besondere Atmosphäre der Vergänglichkeit des Friedhofs ein. 
Bis 1879 wurden hier auch Mitglieder der jüdischen Gemeinde Neumarkt bestattet. Die jahrhundertealte Geschichte des Friedhofs beschreibt in Texten zu den Bildern Heide Inhetveen, Profession für Agrarsoziologie. 'Interessant und berührend', urteilt ein Besucher. Und will nächste Woche noch einmal in Ruhe wieder kommen.".  
  
Hinweis: Eine Bericht über eine Friedhofsführung im April 2011 mit Georg Hirn findet sich auf der Seite zum jüdischen Friedhof in Neumarkt     
  
Mai 2011: Besuch von Prof. Harry Goldsmith (Harry GoldschmidtI in Neumarkt   
Artikel von Erich Zwick in Neumarkt-TV.de vom 27. Mai 2011 (Artikel): "Auf den Spuren des Ahnen 
NEUMARKT
: Sein Großvater war einst einer der Gründer der ehemaligen Neumarkter Express-Werke. Am Donnerstag begab sich der Enkel, Professor Dr. Harry Goldsmith, auf Spurensuche auf dem ehemaligen Fabrikgrundstück, das jetzt das Museum für historische Maybach-Fahrzeuge und eine Express-Abteilung beherbergt. 
Bürgermeisterin Ruth Dorner, die den im Jahre 1928 als Harry Goldschmidt in Nürnberg geborenen Gast begrüßte, fand einen sehr persönlichen Anknüpfungspunkt: Nahe Verwandte von ihr hätten ihren Lebensunterhalt als Mitarbeiter der Express-Werke verdient. 
Der betagte emeritierte Professor für Biochemie in Ottawa verlor keine großen Worte. Er, der im Alter von zehn Jahren die schreckliche "Reichspogromnacht" erleiden und mit den Eltern nach London fliehen musste, sprach von "verzeihen" und "vergessen". 
"Vergessen", das zeigte die Betroffenheit in der kleinen Runde, darf diese unheilvolle Zeit aber nie werden, damit sich Unmenschlichkeiten nicht wiederholen. So beinhaltet der Eintrag des Geehrten in das Goldene Buch der Stadt eine friedvolle Botschaft: '...in der Hoffnung, dass sich das Museum und die Stadt Neumarkt zu ihrem Vorteil entwickeln.'"    
  
August 2015: Besuch von Nachkommen jüdischer Familien aus Sulzbürg und Neumarkt   
Artikel von Bettina Griesbeck in der "Mittelbayerischen" vom 31. August 2015: "Geschichte. Leidvolle Suche nach den Wurzeln
David Neustädter aus Israel besucht die Orte seiner Vorfahren in Bayern. In Sulzbürg und Neumarkt sah er sich alte Gräber an.

Neumarkt. Behutsam streicht David Neustädter mit den Fingerspitzen über eine Grabinschrift auf dem jüdischen Friedhof in Gießereistraße. 'Hier ruht zum ewigen Frieden Herr Jakob Hirsch Neustädter, geb. in Sulzbürg 5. Nov. 1845, gest. in Neumarkt 23. Juni 1919' ist auf der schwarzen Marmorplatte zu lesen. 'Das war der Bruder meines Ur-Großvaters', sagt David Neustädter und erklärt auf Hebräisch seinen beiden Kindern Shlomo und Hanna, vor wessen Grab sie stehen. Die israelische Familie ist weit geflogen um sich auf die Spuren ihrer Vergangenheit zu begeben. David Neustädters Sohn und seine Tochter begleiten ihren Vater auf seiner mittlerweile zweiten Reise nach Deutschland. Die drei sind gemeinsam auf der Suche nach den Wurzeln ihrer Familie. 'Es ist gut zu wissen, wo man herkommt', sagt David Neustädter und zeigt mit der rechten Hand auf seine Brust. 'Auch wenn es im Herzen schmerzt.'
Gräber sind ein Stück Erinnerung. Vergangenen Freitag kamen die Neustädters in Deutschland an. Seitdem sind sie aber nicht allein unterwegs. Während ihrer Tage in Sulzbürg und Neumarkt wird die Familie Neustädter von Professorin Dr. Heide Inhetveen an verschiedenen Stationen ihrer Reise begleitet. 'Am Vormittag waren wir beispielsweise auf dem Sulzbürger Israelitischen Friedhof', sagt Inhetveen. Sie hat einen persönlichen Bezug zur Familie über ihr Neumarkter Wohnhaus, das gegenüber der ehemaligen Synagoge liegt. 'Dort lebten über Generationen jüdische Familien – darunter auch Vorfahren von David Neustädter', erklärt Inhetveen. Neben dem Bezug über ihr zu Hause ist die Beschäftigung mit der jüdischen Vergangenheit auch ein 'persönliches Wunden-Heilen' für die Soziologin. Die jüdische Familie aus Nazareth Illit (deutsch: 'Nazareth auf der Höhe'), eine Siedlung auf den Hügeln des unteren Galiläa bei Nazareth, lauscht während des Friedhof-Besuchs den Worten des Neumarkter Historikers Hans Georg Hirn. Bis Inhetveen die Geschichten über deren Vorfahren übersetzt, runzeln sich Stirnfalten bei David Neustädter. Vor den Grabsteinen zückt Shlomo sein Smartphone und macht Bilder für die Verwandten zu Hause, auch Hanna fotografiert. Es sei wichtig, nicht zu vergessen, wo man herkommt, sagt David Neustädter. Am Dienstag geht die Reise der Familie Neustädter weiter nach Bad Kissingen. Einem Teil ihrer Verwandten, die dort lebten und während des zweiten Weltkriegs deportieert umgebracht wurden, sind dort 'Stolpersteine' gewidmet – das Projekt des Kölner Bildhauers Gunter Demnig erinnert an Opfer der NS-Zeit. 'Diese Steine vor den Wohnhäusern unserer Verwandten besuchen wir dann auch', sagt Neustädter. Er würde es schön finden, bei seinem nächsten Besuch diese Art der Erinnerung auch in Neumarkt zu sehen.
Aufarbeitung ist wichtiger denn je. Auf Nachfrage bei der Stadt Neumarkt, ob in der Region 'Stolpersteine' geplant sind, sagt Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger (SPD), dass generell Erinnerungsarbeit gerade durch die Flüchtlingssituation wieder wichtiger ist denn je. Deshalb schließt sie generell die Verlegung von 'Stolpersteinen' nicht aus. 'Die Stadt ist sich ihrer Geschichte bewusst und hat auch bereits viel gemacht was die jüdische Vergangenheit angeht.' In jüngster Zeit sei neben dem Musical 'Der letzte Brief' über das Leben der Jüdin Ilse Haas beispielsweise auch ein Gedenkstein im Grünstreifen um die Altstadt zur Erinnerung an die jüdischen Mitbürger aufgestellt worden. Die Stolpersteine seien im Stadtrat allerdings noch nicht diskutiert worden, sagt Heßlinger. 'Aber wenn der politische Wille da ist, dann kann so ein Projekt auch klappen.' "  
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September/November 2015: In Neumarkt sollen "Stolpersteine" verlegt werden   
Artikel in den "Neumarkter Nachrichten" vom 22. September 2015: "Stolpersteine in Neumarkts Straßen. SPD-Fraktion will an vertriebene und ermordete Juden erinnern
NEUMARKT
- Die SPD-Stadtratsfraktion will erreichen, dass auch in Neumarkt mit sogenannten Stolpersteinen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird.
In der Begründung des Antrags heißt es, dass die Erforschung der NS-Zeit in Neumarkt wurde zum 850. Jubiläum durch die Stadt in Auftrag gegeben worden sei. Lange Zeit sei dieses dunkle Kapitel der Geschichte mit einem Mantel des Schweigens bedeckt gewesen. 2010 erschien die wissenschaftliche Publikation 'Neumarkt i.d.OPf. im Nationalsozialismus 1933-1945', in dessen Vorwort es heiße: Nur fundiertes Wissen über die Fehler der Vergangenheit kann davor bewahren, sie bei der nächsten Gelegenheit zu wiederholen. Eine anschauliche Form der Erinnerungsarbeit sei das Projekt 'Stolpersteine', so die SPD. Konkret gehe es darum, Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf öffentlichem Grund zu verlegen. Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Mit diesen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden. Stolpersteine sind zehn mal zehn mal zehn Zentimeter große Betonquader, auf deren Oberseite eine Messingplatte angebracht ist. Auf den Messingplatten werden Namen und Daten der Opfer eingeschlagen. Der Gedenkstein wird vor dem Haus des Opfers niveaugleich in das Pflaster des Gehweges eingelassen. Die Erinnerung an den Einzelnen sowie für alle Opfer wird somit in unseren Alltag geholt, hofft der Künstler Demnig. 'In unseren Nachbarstädten Nürnberg und Regensburg sind bereits Stolpersteine verlegt', schreiben die Sozialdemokraten in ihrem Antrag. Und nicht nur dort: In Europa seien inzwischen 22 000 Stolpersteine in über 530 Städten und Gemeinden verlegt worden."  
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Artikel von Bettina Dennerlohr in der "Mittelbayerischen Zeitung" vom 19. November 2015: "Politik. Neumarkt soll Stolpersteine bekommen. Der Kultursenat genehmigte den SPD-Antrag einstimmig... 
Neumarkt.
Stolpersteine, die an die Opfer des NS-Regimes Stolpersteine als Erinnerung an NS-Opfererinnern, wird es künftig auch in Neumarkt geben. Das haben die Mitglieder des Verwaltungs- und Kultursenats in ihrer Sitzung am Mittwochabend genehmigt. Einstimmig schlossen sie sich einem entsprechenden SPD-Antrag an. 20 bis 30 Steine könnten in Neumarkt verlegt werden, sagte zweite Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger. Stadtarchivar Dr. Frank Präger und der kürzlich verstorbene Hans-Georg Hirn hätten entsprechende recherchiert. 'Stolpersteine ermöglichen individualisiertes Erinnern und schaffen Nähe', so Heßlinger.
Dr. Heinz Sperber (CSU) regte an, Patenschaften zur Reinigung der Steine zu vergeben. Schließlich habe die Erfahrung mit den Steinen vor dem Bürgerhaus gezeigt, dass diese sonst nach einem Winter hässlich aussehen würden. Genau eine solche Patenschaft sei bereits mit den Schülern des Ostendorfer Gymnasiums in Planung sagte Heßlinger. Das bekräftigten auch die Jugendlichen selbst, von denen einige zur Sitzung des Senats gekommen waren..." 
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März/Mai 2016: Die Verlegung von "Stolpersteinen" steht bevor 
Artikel von Bettina Griesbeck in der "Mittelbayerischen Zeitung" vom 29. Februar 2016: Interview mit Gunter Demnig 
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Artikel von Bettina Griesbeck in der "Mittelbayerischen Zeitung" vom 29. Februar 2016: Geschichte. Eine Recherche gegen das Vergessen
Seit Herbst arbeitet die Initiative Stolpersteine auf eine Verlegung in Neumarkt und Sulzbürg hin – der Termin steht nun.

Neumarkt. Noch erinnert an der Adresse Oberer Markt 5 in Neumarkt nichts daran, dass in dem Gebäude einmal die jüdische Familie Hahn gelebt hatte. Fünf Familienmitglieder wurden 1942 während des Zweiten Weltkriegs deportiert und ermordet. Am Freitag, 27. Mai, werden im Gedenken an Emanuel Hahn, Julius Hahn, Edith Regina Hahn, Annaliese Hahn und Max Hahn fünf goldene Gedenktafeln in den Fußgängerweg vor dem Haus verlegt. Im Rahmen des Projekts Stolpersteine wird dazu der Künstler Gunter Demnig zu Gast sein.
Stadt übernimmt Steinpatenschaft. 'Anschließend soll noch gegen 10 Uhr ein Stolperstein in Sulzbürg verlegt werden', sagt Dr. Heide Inhetveen, die Sprecherin der Initiative Stolpersteine, im Gespräch mit unserer Zeitung. Allerdings stehe dafür noch ein Gemeinderatsbeschluss aus, ob dort eine Verlegung stattfinden dürfe. Seit Herbst des vergangenen Jahres setzt sich die rund 14-köpfige Gruppe für diese Form der Erinnerungskultur ein. Seit am 18. November vergangenen Jahres der Verwaltungs- und Kultursenat beschlossen hatte, dass künftig Stolpersteine an die Neumarkter Opfer des NS-Regimes erinnern sollen, hat die Arbeit der Initiative erst richtig begonnen.
Oberbürgermeister steht hinter dem Projekt.
Noch im Vorfeld des Senatsbeschlusses traf sich die Initiative ein erstes Mal. 'Seitdem gab es zwei weitere Treffen und wir haben fast alles, was den ersten Verlegungstermin angeht, besprochen und organisiert', sagt die zweite Bürgermeisterin Gertud Heßlinger. Seitens der Stadt Neumarkt gebe es Rückendeckung 'Oberbürgermeister Thomas Thumann unterstützt das Projekt und die Stadt übernimmt die Patenschaft für einen der fünf Stolpersteine.' Damit die Bevölkerung sich im Vorfeld der Verlegung auch ein Bild machen könne, worum es bei dem Projekt Stolpersteine gehe, seien Informationsabende in Neumarkt und Sulzbürg geplant. Die Hauptarbeit liege in der Forschung zu den Personen, für die Stolpersteine verlegt werden sollen, sagt Dr. Inhetveen. In den vergangenen Monaten habe sie viel Zeit in Archiven verbracht. Manchmal waren es Kleinigkeiten, wie eine Bleistiftnotiz auf einer alten Rechnung, die das unvollständige Puzzle eines Lebens um ein Stück erweiterten. 'Die Lebensläufe der Hahn-Familienmitglieder werden bei der Verlegung vorgelesen.'
Erinnerungsarbeit ist wichtig. 'Man freut sich erst, wenn man etwas entdeckt, aber gleichzeitig fühlt es sich auch schwer und traurig an', sagt Dr. Inhetveen. In diesen Momenten sei sie froh, dass sie in Archiven sitze. Dort sei es still. Es sei eine Recherche gegen das Vergessen, darüber sind sich Heßlinger und Dr. Inhetveen einig. In Zukunft solle es weiterhin Zusammenarbeit mit Schulen und Bildungsangebote zum Projekt geben. 'Gerade jetzt ist diese Erinnerungsarbeit wichtig', sagt Heßlinger, 'damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.'
Die Erstverlegung der Stolpersteine in Neumarkt findet am Freitag, 27. Mai, um 9 Uhr, am Oberen Markt 5, statt. Im Anschluss soll es in Sulzbürg gegen 10 Uhr weitergehen."   
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Vgl. Artikel von Wolfgang Endlein in der "Mittelbayerischen" vom 19. Mai 2016: "Holocaust. Vor Bäckerei wird NS-Opfern gedacht. Wo heute Neumarkter Brot kaufen, lebten einst die Hahns. Stolpersteine erinnern künftig daran, was ihnen die Nazis antaten..."
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Mai 2016: Erste "Stolpersteine" werden im Landkreis Neumarkt verlegt 
Artikel in "Neumarktonline.de" vom 20. Mai 2016: "'Stolpersteine' werden verlegt
NEUMARKT.
Am Freitag nächster Woche um 9 Uhr werden fünf "Stolpersteine" (wir berichteten) in Neumarkt vor dem Gebäude Oberer Marktstraße 5 verlegt. Sie sollen an das Schicksal von Emanuel Hahn, Julius Hahn, Edith Regina Hahn, Anneliese Hahn und Max Hahn erinnern. Für einen der Stolpersteine hat die Stadt Neumarkt die Patenschaft übernommen. Auch der Künstler Gunter Demnig wird zur Erstverlegung nach Neumarkt kommen. Nach einem musikalischen Auftakt von Helmut Enzenberger und einigen Schülern des Ostendorfer Gymnasiums werden Prof. Dr. Heide Inhetveen und Helmut Enzenberger einleitende Worte sprechen. Den Abschluss bildet ein Bericht über das Leben der Familie Hahn.
Ein weiterer Stolperstein wird dann im Anschluss in Sulzbürg vor der ehemaligen Synagoge, Vorderer Berg 18 verlegt. Dort beginnt die Verlegung um 10.15 Uhr. Die Patenschaft für diesen Stein hat die Gemeinde Mühlhausen übernommen."
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Oktober 2017: In Neumarkt und Sulzbürg werden weitere "Stolpersteine" verlegt  
Anmerkung: In Neumarkt und Sulzbürg wurden am 16. Oktober 2017  17 "Stolpersteine" verlegt: fünf Steine für die Familie Weil vor dem Anwesen am Schlossberg 2 in Sulzbürg, fünf Steine für die Familie Haas (Oberer Markt 39), drei für die Familie Baruch (Bahnhofstraße 13) und vier für die Familie Haas/Löw (Stephanstraße 17) in Neumarkt.
Artikel von Hauke Höpcke in den "Neumarkter Nachrichten" vom 16. Oktober 2017: "Weitere Stolpersteine in Neumarkt und Sulzbürg verlegt. Sie erinnern an 17 jüdische Deutsche, die vertrieben oder ermordet wurden - 
NEUMARKT - In Neumarkt und Sulzbürg erinnern seit gestern 17 weitere 'Stolpersteine' an jüdische Deutsche, die dort gelebt haben und während der Nazizeit aus ihren Häusern vertrieben, deportiert und getötet wurden und an die wenigen denen gerade noch rechtzeitig die Flucht gelang.
Es war ein bewegender Augenblick, es war ein anrührender Moment am Oberen Markt. 'Jahrzehntelang erinnerte sich niemand an diese Familie und dann geschah Wunder über Wunder und heute gibt es in Neumarkt die Stolpersteine', sagte Myrna Haas, die Witwe von Ernst Haas. Er hatte als einziger jüdischer Neumarkter Verschleppung in die Konzentrationslager überlebt und starb im vergangenen Jahr in seiner neuen Heimat in den USA. Vor seinem Elternhaus in der Oberen Marktstraße 39 erinnern nun fünf Stolpersteine an seine Eltern Semi und Frieda Haas, seine Geschwister Ilse und Walter und an ihn selbst. 'Vergessen Sie niemals dieses Familie', sagte Haas. Gemeinsam mit ihren Söhnen sprach sie ein Gebet in englischer und in hebräischer Sprache. Dann entzündete Myrna Haas eine Kerze mit einem blauen Davidstern, dem Symbol des Judentums, und stellte diese vor die eingelassenen Messingtafeln mit den eingravierten Lebensdaten der Familie ihres Mannes. An zwei weiteren Stellen im Stadtgebiet wurden 'Stolpersteine' verlegt: Vor der Bahnhofstraße 13 erinnern sie an Kurt, Helene Henriette und Hermann Baruch. In der Stephanstraße 17 wohnten Seligmann und Albert Haas sowie Leopold und Rosa Löw. In Sulzbürg befinden sich fünf neue Stolpersteine am Schlossberg 2. Sie erinnern an Rebekka, Leopold, Lazarus, Cäcilie und Bertha Weil. Seit zwei Jahren gibt es die Neumarkter 'Initiative Stolpersteine'. Seine Mitglieder erforschen die Lebensgeschichte der jüdischen Mitbürger im Kreis Neumarkt. Neben der Vorsitzenden Heide Inhetveen und der Leiterin des Stadtmuseums Petra Henseler ist hierbei das Ostendorfer Gymnasium besonders engagiert. Zu Ernst Haas bestand seit 2004 ein enger Kontakt. Am OG entstand das Musical 'Der letzte Brief' über das Leben seiner Schwester Ilse Haas. Zwischen 2006 und 2014 besuchte er mehrmals die Schule.
Engagierte Schüler. Ein P-Seminar unter der Leitung von Alexander hatte auch den gestrigen Tag vorbereitet, das Programm gestaltet, die Lebenswege der Familie Haas recherchiert, die Blumen besorgt, die an den Gedenktafeln niedergelegt wurden, und selbst auch die Patenschaft für einen der Stolpersteine übernommen. Denn das Projekt des Künstler Gunter Demnig, der mit inzwischen 61 000 Stolpersteinen in 21 Ländern die größte dezentrale Gedenkstätte geschaffen hat, finanziert sich im Kreis Neumarkt ausschließlich über private Spenden und nicht mit Geld aus der öffentlichen Hand."  
Link zum Artikel  
Vgl. Artikel von Wolfgang Endlein in der "Mittelbayerischen.de" vom 4. Oktober 2017: "Heimatgeschichte. 17-fache Erinnerung an den NS-Terror. In Neumarkt erinnern neue Stolpersteine an Opfer des NS-Regimes..." 
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Vgl. Artikel in neumarktonline.de vom 16. Oktober 2017: "Stolpersteine gesetzt..."  
Link zum Artikel   
Vgl. Artikel in der "Mittelbayerischen.de" vom 10. Oktober 2017: "Gedenken. Engagiert gegen das Vergessen...
Link zum Artikel 
 
Juni/Juli 2018: Weitere "Stolpersteine" werden verlegt 
Anmerkung: weitere neun "Stolpersteine" wurden am 16. Juli 2018 in Neumarkt und Sulzbürg verlegt.
Artikel von Helmut Sturm in der "Mittelbayerischen.de" vom 29. Juni 2018: "Gedenken. Weitere neun Zeichen gegen das Vergessen. Die Verlegung weiterer Stolpersteine ist geplant.
Neumarkt
. Die ersten 'Stolpersteine' im Landkreis Neumarkt wurden im Mai 2016 verlegt. Am Donnerstag Nachmittag kündigten die Sprecherinnen der Initiative Stolpersteine Professorin Heide Inhetveen und Bürgermeisterin Getrud Heßlinger die Verlegung von neun weiteren Gedenksteinen an.
Am 16. Juli werden in der Neumarkter Bahnhofstraße, damals auch 'Judengasse' genannt, sieben und in Sulzbürg zwei Stolpersteine feierlich verlegt. Zum ersten Mal wird ein Gedenkstein für ein Opfer der T4-Aktion, der Vernichtung 'lebensunwerten Lebens', verlegt. 'Die Spuren der Tötung behinderter oder kranker Menschen wurden regelrecht verwischt', schilderte Heinz Rösch die aufwendige Recherche. In einem kurzen Abriss stellte Prof. Inhetveen die Ermittlungen zu den Lebensläufen der Familie Thekla und Simon Freising (Vater und Tochter) in Sulzbürg und der großen Familie Landecker in Neumarkt vor. Die Vorstellung der Landecker-Kinder übernahmen Laura Polster, Nele Richert und Vanessa Stastny, Teilnehmerinnen des P-Seminars Geschichte 'Wider das Vergessen 2.0' am Ostendorfer Gymnasium. Bezugnehmend auf die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl und die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland, Europa und der ganzen Erde stellte Bürgermeisterin Heßlinger das generationsübergreifende Engagement der Ostendorfer Gymnasiasten mit den eindringlichen Worten: 'Wehret den Anfängen!' und: 'Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen ...', als besonders erfreulich und Hoffnung gebend hervor.
Vor der Verlegung der Gedenksteine, besucht die jüdische Familie Geoff Neuhaus aus Virginia mit ihren Kindern vom 13. bis 15. Juli die Orte ihrer Vorfahren. Die Verlegung der neun Gedenksteine erfolgt am 16. Juli zwischen 14.30 und 16.30 Uhr in Sulzbürg und Neumarkt. Insgesamt liegen dann in Neumarkt 24 und in Sulzbürg acht Stolpersteine. Am Abend des 16. Juli hält der Künstler und Erfinder der 'Stolpersteine. Ein Kunstprojekt für Europa', Gunter Demnig, einen Vortrag mit anschließendem Gespräch im Dietrich Bonhoeffer-Saal des evangelischen Gemeindezentrums. Als weiteren Erfolg des Nicht-Vergessens bezeichneten die Sprecherinnen der Initiative die geplante Widmung des Platzes hinter dem Schreiberhaus in 'Dr. Markus-Weinberg-Platz'."
Link zum Artikel  
 
Dezember 2018: Schüler entwickeln eine App zur Dokumentation der Schicksale jüdischer Personen 
Artikel von Helmut Sturm in der "Mittelbayerischen.de" vom 15. Dezember 2018: "Seminar. Schüler digitalisieren Opfer-Biografien
Zu den 'Stolpersteinen' haben die jungen Leute eine App entwickelt, in der Schicksale beschrieben sind.
Neumarkt
. Seit 2016 beschäftigt sich das P-Seminar 'Stolpersteine 2.0 und 1.0' der Fachschaft Geschichte am Ostendorfer Gymnasium (OG) mit dem Thema der Verlegung von 'Stolpersteinen' in Neumarkt. Mit ihrem Engagement wollen die 15 Schülerinnen und Schüler erreichen, dass die Geschichte und die Tragödien hinter den Steinen nicht in Vergessenheit geraten. 'Wir fühlen uns zwar nicht verantwortlich dafür, was geschehen ist', sagen Felicitas Stigler und Hanna Löhlein vom OG, 'aber wir fühlen uns verantwortlich dafür, dass so etwas nie wieder passiert.' Bereits zweimal haben sich die 15 Schülerinnen und Schüler mit ihrem Geschichtslehrer Matthias Meyer an der Verlegung von Stolpersteinen in Neumarkt beteiligt. In Zusammenarbeit mit der 'Initiative Stolpersteine in Neumarkt und Sulzbürg' organisierte das P-Seminar 2.0 neben der Gedenkveranstaltung an sich einen zusätzlichen Vortrag des Künstlers und Gründers der Aktion Gunter Demnig im ev. Gemeindezentrum an der Kapuziener Straße. Ganz besonders wehren sich die Gymnasiasten des OG gegen die Verharmlosung des Themas durch rechtsextreme Gruppierungen, die das unfassbare Unrecht, das unvorstellbare Leid und den Tod von Millionen Menschen als 'Fliegenschiss' der Geschichte bezeichnen möchten. In enger Zusammenarbeit mit den Damen und Herren der Initiative Stolpersteine für Neumarkt und Sulzbürg und dem Neumarkter Stadtarchivar Dr. Frank Präger haben die Jugendlichen begonnen, auf das Schicksal der Neumarkter Opfer des Nationalsozialismus aufmerksam zu machen.
Biografien zugänglich gemacht. Um einen permanenten Zugang zu den Informationen der Gedenksteine in den Gehwegen vor den betroffenen Häusern zu gewährleisten, haben sie eine App entwickelt, mit Hilfe derer die Biografien der Opfer für jeden zugänglich gemacht wurden. 'Damit wollen wir besonders Jugendliche dazu ermuntern, nicht achtlos und beiläufig an diesen Gedenksteinen vorbei zu laufen. Wir möchten sie mit diesem modernen Mittel der Information dazu ermuntern, sich auch mit diesem finsteren Kapitel unserer Heimatstadt auseinanderzusetzen – sich damit offensiv zu beschäftigen.' Mit Hilfe dieser App werden die Biografien der Opfer für jeden zugänglich gemacht. 'So möchten wir auch die Erinnerung an diese Menschen wach halten.' Neben erklärenden Texten bietet die App auch die Möglichkeit, Bilder und Videos einzubinden. Der 'Stolpersteine Guide', so heißt die App, ist eine Web-Anwendung, die Informationen zu den Stolpersteinen in vielen verschiedenen Städten Deutschlands zusammenfasst. Die jeweiligen Beiträge werden von den Stolperstein-Initiativen vor Ort erstellt und gepflegt. Momentan sind alle 24 bisher in Neumarkt verlegten Stolpersteine in der App aufgenommen. Dabei handelt es sich ausnahmslos um jüdische Bürger der Stadt. Da in den nächsten Jahren aber weitere Stolperstein-Verlegungen, unter anderem auch für die Opfer der Euthanasiemorde geplant sind, werden auch die Einträge für die App zunehmen.
Version läuft unproblematisch. Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich die einzelnen Biografien anzusehen: Entweder über die Internetseite oder per Smartphone-App (Android bzw. iOS). Die Smartphone-Apps können über den Google Play Store oder den App Store von Apple heruntergeladen werden. Die Macher der App planen zwar bereits eine neue Version, bislang gibt es aber nur die herkömmliche Version. 'Und die läuft jetzt auch unproblematisch, versichern die Ostendorfer.' In diesem Jahr wurden bereits sieben Stolpersteine vor den Häusern Bahnhofstraße 14 und 20 verlegt. Dabei kümmerte sich das P-Seminar um die Patenschaft der Stolpersteine für Selma Hutzler (geb. Landecker) und Berthold Landecker. Die beiden Geschwister wurden 1942 von Neumarkt über Regensburg ins Ghetto Piaski (Polen) abtransportiert und dann von den Nazis ermordet.
Mehr dazu unter: https://stolpersteine-guide.de/    https://stolpersteine-guide.de/staedte/172/neumarkt-in-der-oberpfalz
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Januar 2019: Reinigung der "Stolpersteine" zum Holocaust-Gedenktag 
Artikel von Josef Wittmann in der "Mittelbayerischen" vom Januar 2019: "Gedenken. Bündnis erinnerte an die Nazi-Opfer. Das 'Bündnis für Menschlichkeit' polierte die Gedenksteine der Neumarkter Holocaust-Opfer auf. Das hat einen Hintergrund.
Neumarkt. 'Was wir jetzt brauchen sind neue Ansätze, um historische Erfahrungen für die Gegenwart zu nutzen' forderte Außenminister Heiko Maas am Holocaust-Gedenktag. Bald gebe es keine Zeitzeugen mehr. Inzwischen helfen in 1265 deutschen Kommunen und einundzwanzig Ländern Europas mehr als 70 000 'Stolpersteine' beim Erinnern. Die werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der Nazi-Opfer ins Trottoir eingelassen. Im Raum Neumarkt organisiert das die Aktion 'Initiative Stolpersteine für Neumarkt und Sulzbürg' von Dr. Heide Inhetveen. Das 2018 neugegründete Neumarkter 'Bündnis für Menschlichkeit und gegen Rassismus' schlug Heide Inhetveen für den Tag der Opfer des Nationalsozialismus eine ganz besondere Putzaktion vor.
Das Bündnis - Die Gründung: Im Oktober wurde nach der Landtagswahl und den Anti-AfD-Demos das 'Bündnis für Menschlichkeit gegen Rassismus' gegründet.
Neuer Glanz für Stolpersteine. Das Bündnis ist überparteilich. Darin finden sich Einzelpersonen, aber auch viele Mitglieder von den Grünen, SPD, FDP und den Linken. CSU und UPW fehlen noch. 'Die Messingplatten der Stolpersteine oxidieren schnell und die Inschriften verschwinden', erklärte Heide Inhetveen zu Beginn des Rundgangs am neuen Dr.-Magnus-Weinberg-Platz. 'So wichtig das Verlegen der Steine ist, genauso wichtig ist ihre Pflege. Die Inschriften müssen immer wieder sichtbar gemacht werden, um Gedenksteine zu bleiben.' An diesem Nachmittag sollten die am Oberen Markt, in der Bahnhofstraße und der Wiesenstraße verlegten Denkmäler aus Messing wieder auf Hochglanz gebracht werden. Die Stolpersteine brauchten aber nicht nur Zuwendung mit 'Elsterglanz', Zahnbürste und Putzlappen, sondern auch 'Hand-, Kopf- und Seelenarbeit'. 'Indem wir uns bücken, niederknieen, arbeiten, würdigen wir mit unserem Leib und unserer Haltung die Opfer des Nationalsozialismus in dieser Stadt'. Neumarkt und die Neumarkter hätten sich im 'tausendjährigen Reich' nicht durch Widerstand gegen die Morde an seinen Juden ausgezeichnet. Im Gegenteil seien oft Wohltäter, die armen Mitbürgern geholfen hätten, aus Habgier verraten und in den Tod geschickt worden. Noch heute fänden sich Namen auch von Neumarkter Denunzianten in den Gestapo-Archiven. Veröffentlicht dürften sie erst 70 Jahre nach dem Tod werden, verriet Mitorganisator Heinz Rösch seinen Zuhörern. An einem normalen Samstag stolpert kaum ein Passant über die Messingschilder am Boden. An diesem Nachmittag aber erzählten zwei Stunden lang Inhetveen und Rösch die Lebensgeschichten der Ermordeten. Mehr als zwanzig Zuhörer lauschten den Biographien der Familien Hahn, Baruch, Landecker und Haas.
Viele Einzelschicksale. Jede Messingplatte bekam ein Gesicht, wie das von Julius Hahn, der 1937 wegen sogenannter Rassenschande verhaftet wurde oder das des siebenjährigen Walter Haas, den die Familie in die USA retten konnte, bevor sie ermordet wurde. An jeder Station hielten Passanten inne und lauschten den Erzählungen mit offenen Mund. Die Aktion wird 2020 wiederholt."
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Vgl. Artikel von Hauke Höpke in den "Neumarkter Nachrichten" vom 27. Januar 2019: "Neumarkts Stolpersteine glänzen wieder...
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November 2019: Für die Familie Neustädter werden in Neumarkt "Stolpersteine" verlegt
Anmerkung: In Neumarkt und Sulzbürg liegen mit dieser Verlegung nun 37 "Stolpersteine" 
Artikel im "Donaukurier" vom 13. November 2019: "Aktion gegen das Vergessen. Fünf weitere Stolpersteine erinnern an ermordete Juden.
Neumarkt
(fxm) Bereits zum vierten Mal hat in Neumarkt und Sulzbürg der Künstler Gunter Demnig zehn mal zehn Zentimeter große Betonsteine mit einer Messingplatte ins Straßenpflaster eingelassen.
Darauf stehen die Namen der im Dritten Reich Ermordeten, Geburts- und Sterbedatum sowie der Name des Vernichtungslagers. Zu den bisher verlegten 32 Stolpersteinen sind nun weitere fünf gekommen. Vor dem letzten Wohngebäude der Opfer versammelten sich eine Schülergruppe des Ostendorfer-Gymnasiums, die sich im P-Seminar mit diesem Thema beschäftigte, Schulleiterin Ulrike Severa, Stadtarchivar Frank Präger, Dekanin Christiane Murner, Dekanatsreferent Christian Schrödl sowie Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger (SPD) und Heide Inhetveen, die beide der Initiative Stolperstein angehören. Dabei waren auch die jetzigen Hausbesitzer, die mit der Verlegung der Gedenksteine einverstanden waren. Zwei Schüler umrahmten die nachdenklich stimmende Feier mit Geigenklängen, während Demnig die Stolpersteine verlegte. Inhetveen und Präger verlasen die Lebensgeschichten der umgebrachten Juden. Alle gehören der Familie Neustädter an. Jakob Hirsch Neustädter zum Beispiel kam 1883 in Sulzbürg zur Welt und lebte in Neumarkt als Viehhändler. Bei den Novemberpogromen 1938 wurde er in sogenannte Schutzhaft genommen und in Regensburg inhaftiert. 1941 wurde er nach Riga deportiert und ermordet. Seine Frau Kathi wurde 1888 geboren und ihr Schicksal ähnelte dem ihres Mannes. Für ihre Kinder Kurt und Lotte wurden Platzhalter eingesetzt, die in den nächsten Jahren durch Stolpersteine ersetzt werden. 'Wir müssen Flagge zeigen', sagte Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger, bevor Dekanin Murner Segensgebete sprach. An den Stolpersteinen legten danach zahlreiche Anwesende Rosen nieder."  
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Artikel vom 6. November in den "Neumarkter Nachrichten" vom 6. November 2019: "Gelähmte Jüdin wurde in Heilanstalt ermordet.
Fünf neue Stolpersteine werden am heutigen Dienstag in Neumarkt und Sulzbürg verlegt
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NEUMARKT - Sie erinnern an die Familie Neustädter, die in nationalsozialistischen Vernichtungslagern ermordet wurden. Die von der Initiative Stolpersteine organisierten Verlegungen durch den Künstler Gunter Demnig beginnen um 14.30 Uhr in der Bahnhofstraße 9.
Jakob Hirsch Neustädter wurde 1883 in Sulzbürg geboren, lebte in Neumarkt als Händler. Bei dem Novemberpogrom 1938 wurde er für mehrere Tage in Regensburg inhaftiert. 1941 wurde Neustädter nach Riga deportiert und ermordet. Seine fünf Jahre jüngere Frau Kathi Neustädter wurde 1938 in Neumarkt inhaftiert. Auch ihre Spur verliert sich nach der Deportation nach Riga im Jahr 1941. Zusätzlich werden zwei Platzhalter verlegt für Kurt und Lotte Neustädter, die Kinder des Paares, die nach Palästina emigrierten. Die Platzhalter sollen in den nächsten Jahren durch Stolpersteine ersetzt werden.
Die zweite Verlegestelle ist die Schützenstraße 15. Dort wohnte Julius Neustädter, Jahrgang 1879. Er musste nach den Novemberpogrom einige Zeit im Konzentrationslager Dachau verbringen. 1942 wurde er nach Piaski in Polen deportiert, wo er ermordet wurde. Zusätzlich werden zwei Platzhalter verlegt für die Ehefrau Minna, geborene Kraus, und die Tochter Nanni Neustädter, verheiratete Grünthal.
Zwei weitere Stolpersteine verlegt Gunter Demnig ab 16 Uhr in Sulzbürg vor dem Anwesen Hinterer Berg 14. Dort befand sich das Stammhaus der Familie Neustädter. Die Stolpersteine erinnern an den 1885 geborenen Siegfried Neustädter, der 1942 nach Izbica verschleppt wurde. Izbica war ein sogenanntes Transitghetto, von dem die Menschen später in die Vernichtungslager Majdanek und Auschwitz-Birkenau gebracht wurden. Seine Ehefrau Martha Neustädter wurde wegen ihrer Behinderung ermordet. Nach dem Ersten Weltkrieg erkrankte sie an der Spanischen Grippe, der über 20 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Martha Neustädter überlebte, behielt aber Lähmungen zurück. Seit 1922 lebte sie in verschiedenen Heilanstalten. 1940 wurde sie nach Grafeneck verlegt und dort ermordet. Im Rahmen der "T4"-Aktion töteten deutsche Ärzte und Pflegekräfte mindestens 70 000 kranke und behinderte Menschen. Mindestens 59 von ihnen stammten aus dem heutigen Landkreis Neumarkt..."
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Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Neumarkt i.d. Oberpfalz  
bulletWebsite M.U.T. Musical und Theater Neumarkt e.V.  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in der Stadt (interner Link)  

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,2 S. 577-578; III, S. 949-950.  
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 83-85.  
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 276.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 166-168.  
bulletSynagogengedenkbuch BY 01.jpg (49758 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu
ISBN 978-3-98870-411-3.  
Abschnitt zu Neumarkt S. 253-260 (die Forschungsergebnisse konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica"  noch nicht eingearbeitet werden).
bulletFranken Obpf Lit 010.jpg (75915 Byte)Hans-Peter Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Neumarkt S. 96-97.  
bulletNeumarkt Lit 030.jpg (87979 Byte)Hans Georg Hirn: Jüdisches Leben in Neumarkt und Sulzbürg. Reihe: Neumarkter Historische Beiträge Bd. 12. 656 S. 2011. Artikel zur Buchvorstellung     

    
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Neumarkt  Upper Palatinate. The 13th century community was destroyed in the Rindfleisch massacres of 1298. New comunities were ended in the Black Death persecutions of 1348-49 and the general expulsions from the Palatinate in 1555. Through the Middle Ages the Jews dealt in livestock and wool products and from the mid-15th century in moneylending. 
The modern community commenced in the mid-19th century and grew to 148 (total 5.703) in 1890. A synagogue was dedicated in 1868 and a cemetery and Jewish public school were opened in the 1870s. In 1933, 105 Jews lived there; 30 left by March 1937. On Kristallnacht (9-10 November 1938), men and women were arrested and beaten and the synagogue was vandalized along with Jewish homes. On 2 April 1942, 15 Jews were expelled to Piaski in the Lublin district (Poland). 
        
          

                   
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Stand: 18. Mai 2020