Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ottweiler (Kreis Neunkirchen) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge 

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Allgemeine Berichte zur jüdischen Geschichte in Ottweiler
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)         
    
In Ottweiler bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Bis 1777 waren für Juden nur Tagesaufenthalte in der Stadt erlaubt. 1777 wurde der erste Schutzbrief für eine jüdische Familie ausgestellt. Bis 1786 konnten sich weitere jüdische Familien niederlassen. 1785/90 wird u.a. der Jude Abraham Israel, Sohn des Israel Aron von Illingen, in Ottweiler genannt. Auch andere jüdische Personen in Ottweiler waren damals von Illingen zugezogen. 
   
Weitere Zahlen liegen aus dem 19. Jahrhundert vor: von 86 jüdischen Einwohnern 1808 stieg die Zahl auf 155 im Jahre 1833 (relativ höchste Zahl = 6,5 % der Stadtbevölkerung) und auf eine Höchstzahl von 170 im Jahre 1843 (von insgesamt 2.963 Personen). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung relativ schnell zurück (Prozess der Industrialisierung im Saarland, Konzentration auf bestimmte Städte), sodass 1895 nur noch 55 jüdische Einwohner gezählt wurden. Bis 1901/1905 erfolgte wieder ein leichter Anstieg, dann wiederum Rückgang auf 69/60 jüdische Einwohner (von insgesamt 5.559/6.146 Einwohnern).
    
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische Schule (Volksschule) und seit 1842 einen eigenen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Prägende Gestalt des jüdischen Gemeindelebens im 19. Jahrhundert war Lehrer Samuel Levy (geb. 1805 in Ottweiler, gest. 1879 in Ottweiler, s.u.), der 1875 sein 50-jähriges Amtsjubiläum in Ottweiler feiern konnte. Um 1887 war Lehrer J. Rothschild, um 1888/89 J. Schaumberger, um 1892 H. Heinemann (er unterrichtete 1892 8 Kinder an der israelitischen Volksschule), um 1894/95 V. Stern (1894 8, 1895 11 Kinder), um 1896 J. Levy, 1897/1901 S. Levy, um 1901/10 Lehrer Levi Katz (danach in Borken, Israelit. Familienblatt 24.2.1910), 1913/14 Max Levi. Einzelne Synagogendiener werden genannt: um 1887/88 H. Weiler, um 1892/97 Fr. Barth.
 
Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Trier. Zur jüdischen Gemeinde in Ottweiler gehörten Anfang des 20. Jahrhunderts auch die in Schiffweiler lebenden jüdischen Personen (1905 16 von insgesamt 6.255 Einwohnern), doch waren sie zeitweise auch nach Illingen zugeteilt.
 

Von den Gemeindevorstehern werden u.a. genannt: um 1879 A. Buxbaum, um 1886/88 A. Albert, um 1889/1905 Isaac Haas, S. Salm und S. Buxbaum.
   
Um 1925
, als noch 55 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (0,8 % von insgesamt etwa 7.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde Leo Salomon, Julius Michel, Hugo Salm. Vorsteher der Repräsentanz war Salomon Salm. Als Religionslehrer für die jüdischen Kinder kam, da die Gemeinde Ottweiler keinen eigenen Lehrer mehr hatte, Lehrer Willi Jonas aus Illingen nach Ottweiler. An jüdischen Vereinen bestand u.a. der Jüdische Frauenverein (1888 unter Leitung der Frau von J. Simon, 1889 unter Leitung der Frau von P. Salm), der Jüdische Männerverein (1889 unter Leitung von E. Coblentz). Eine Stiftung gab es mit der Israel Aron'schen Stiftung (Zweck: Brautausstattung; 1889/96 unter Leitung von A. Aron, S. Buxbaum, J. Haas und Th. Weiler bzw. S. Salm).  
    
1933
lebten 70 jüdische Personen in Ottweiler. Von ihnen ist nach 1935 etwa die Hälfte in die USA, nach Palästina oder Frankreich ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurden nach der Zerstörung der Synagoge (s.u.) die jüdischen Männer von der örtlichen SA verhaftet und nach Saarbrücken ins Gefängnis verbracht. Die jüngeren kamen von hier aus in das KZ Dachau. Im Oktober 1940 sind die in Ottweiler noch lebenden 13 jüdischen Einwohner nach Gurs/Südfrankreich deportiert worden. 
   
Von den in Ottweiler geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emma Barth geb. Schwarz (1874), Heinrich Barth (1878), Anna Becker geb. Levy (1862), Hugo Bonem (1884), Alfred Buxbaum (1869), Alfred Cahn (1881), Edith Cahn (1922), Gertrud Cahn geb. Grünebaum (1888), Marianne Cahn (1924), Oskar Zacharias Coblentz (1868), Alma Groenheijm geb. Hermann (1896), Karoline Herrmann geb. Wolf (1861), Myrtel Herrmann (1896), August Lang (1869), Julius Lang (1871), Karl Mai (1898), Horst Marx (1898), Rosa Marx geb. Salomon (1897), Babette Mayer geb. Kahn (1857), Delfine Meyer (1875), Arthur Salm (1895), Emilie Salm geb. Michel (1889), Friedrich (Fritz) Salm (1915), Ilse Salm (1917), Kurt Salm (1923), Else (Elsa) Salomon (1896), Lion Salomon (1869), Max Salm (1883), Margarete (Grete) Schönfeld geb. Katz (1909), Mathilde Straß geb. Lang (1875), Karl Westheimer (1880), Elisabeth (Elisa) Willner geb. Albert (1873), Eugenie Willner geb. Albert (1871). 
 
Seit 2014 gab es in Ottweiler mehrere Verlegeaktionen für "Stolpersteine" zur Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit. Weitere Informationen siehe in der Website von Hans Werner Büchel
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Allgemeine Berichte zur jüdischen Geschichte in Ottweiler 
Über die Situation der Juden in Ottweiler in den 1770er-Jahren 

Artikel in den "Israelitischen Annalen" vom 26. März 1841: "Kreis Ottweiler, bis 1777 durften hier und in Saarbrücken keine Juden wohnen. Für den täglichen Aufenthalt zahlt jeder 12 kr. oder für ein Jahr 2—4 Friedrichsd'or Leibzoll. Damals gestattete der humane Fürst Ludwig den Juden im Fürstentum, mit Ausnahme Saarbrücken selbst, welches Privilegien hatte, keinen Juden zuzulassen, die Aufnahme. Der Magistrat von Ottweiler wollte dagegen ramonstriren, da aber auf dessen Reise zum Fürsten der Wagen umstürzte und einer der Herren ein Bein brach, nahm man dies für ein Omen und so unterblieb der Antrag. Ein mir vorliegender Schutzbrief vom 1. Januar 1777 gestattet dem Inhaber freien Handel, jedoch Abschließung von Verträgen nur unter Aufsicht oder Bescheinigung der betreffenden Ortsbehörde; ferner den Gottesdienst nur privatim zu halten, jedoch für hohe Feierlichkellen jüdische Männer bis zur Zahl 10 aus der Nähe zum Gottesdienste einzuladen, ohne für diese Zeit Zoll zu entrichten; der Rabbiner hatte kein Schutzgeld zu zahlen. Auch hatten sie in allen innern Angelegenheiten Autonomie. Ähnlich waren die Verhältnisse in Illingen, wo die Gemeinde jedoch älter ist."   

   
   

Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule 
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 / 1886 / 1889 / 1892
/ 1910 / 1911 / 1913
sowie Ausschreibungen von Vorbetern zu den Hohen Feiertagen 1921 / 1922

Anmerkung: falls Lehrer Samuel Levy bis zu seinem Tod in Schule und Gemeinde tätig war, erfolgte die Ausschreibung 1879 nach seinem Tod Anfang Oktober dieses Jahres:
Ottweiler Israelit 22101879.jpg (42394 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1879: "Die hiesige israelitische Elementarlehrerstelle, verbunden mit dem Vorsängerdienst, ist vakant und soll sofort wieder besetzt werden. Das Gehalt beträgt Mark 1.000 bis 1.100 nebst freier Wohnung. Tüchtige Bewerber wollen sich gefälligst sofort unter Beifügung von Kopien ihrer Zeugnisse an Unterzeichneten werden. Ottweiler (Regierungsbezirk Trier), 15. Oktober 1879. A. Buxbaum, Vorstand."
 
Ottweiler Israelit 13121886.jpg (38113 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1886: "Die hiesige Stelle eines Elementarlehrers, Chasan und Schochet ist per 1. Januar 1887 zu besetzen. Fester Gehalt 300 Mark, Schechita circa 300 Mark, freie Wohnung und Heizung. Ottweiler, im Dezember 1886. Der Vorstand A. Albert."
 
Ottweiler Israelit 21101889.jpg (47685 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Januar 1889: "Inserat. Die Gemeinde Ottweiler (Regierungsbezirk Tier) sucht per 1. Januar 1890 einen geprüften Elementarlehrer, Chasan und Schochet. Gehalt Mark 640, Schechita Mark 160 Garantie bei freier Wohnung. 
Reflektanten wollen unter Angabe ihrer bisherigen Tätigkeit sich wenden an den Vorstand Isaac Haas."
 
Ottweiler Israelit 11011892.jpg (42638 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Januar 1892: "Die hiesige Elementarlehrer-, Chasan- und Schochet-Stelle ist vom 15. Januar respektive 1. Februar 1892 zu besetzen. Gehalt Mark 600 und Schechita ca. Mark 200 bei freier Wohnung und Heizung. Unverheiratete Bewerber wollen sich melden bei dem Vorstand 
Isaac Haas
, Ottweiler (Rhein-Nahe-Bahn)."
 
Ottweiler Israelit 12051892.jpg (51460 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai 1892: "Die hiesige Elementarlehrerstelle, verbunden mit Chasan und Schochet ist per sofort zu besetzen an einen verheirateten Lehrer. Gehalt Fixum Mark 750. Schechita und Nebeneinkommen Garantie Mark 200 bei freier Wohnung und Heizung. Kostgeld beträgt pro Tag Mark 1. Offerten sind zu richten an 
Isaac Haas, Ottweiler (Regierungsbezirk Trier)."  
 
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 3. März 1910: "Die hiesige Stelle ist per 1. April neu zu besetzen durch einen
ledigen Lehrer
,
der die Elementarschule leitet, Chassen und Schochet ist.
Gehalt 1200 Mk., an Nebenverdienst 300 Mk., bei freier Wohnung ohne Möbel.
Reflektanten wollen ihre Zeugnisse einsenden an den Vorstand
J. Haas. Ottweiler
, 1. März 1910.
Nachbemerkung: Ottweiler besitzt Lehrer-Seminar u. ist eine Kreisstadt von ca. 7000 Einwohnern."  
 
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 9. November 1911: "Mit einem
seminaristisch gebildeten Lehrer

ist die hiesige Volksschule verbunden mit Kantorat und Schechite, bis 15. November respektive 1. Dezember neu zu besetzen. Gehalt 1200 Mk. Fixum, freie Wohnung u. Brand. Nebenverdienst garantiert 200 Mark. Ledige Lehrer wollen sich melden bei dem
Vorsteher der Synagogen - Gemeinde Ottweiler
, Bezirk Trier. J. Haas." 
 
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 11. September 1913: "Unsere
Lehrer- und Kantorstelle

ist neu zu besetzen. Antritt am 15. September oder 1. Oktober dieses Jahres. Gehalt Mark 1350 bei freier Wohnung und Brand (= Heizung). Ledige, seminaristisch gebildete Lehrer wollen sich melden bei dem Vorstand J. Haas,
Ottweile
r, Bez. Trier"    
 
 
1922/23 suchte die Gemeinde jweils für die Hohen Feiertage im Herbst einen Vorbeter, 1923 gegebenenfalls auch für länger einen Lehrer oder Kantor im Nebenberuf.
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 1922: "Die israelitische Kultusgemeinde Ottweiler Saar, sucht für Raschaschone (Neujahr) und Jom Kipur einen
Vorbeter.
Angebote gefälligst zu richten an Leo Salomon Vorstand
Ottweiöer (Saar).
"
 
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 9. August 1923: "Die Israelitische Kultusgemeinde in Ottweiler - Saar sucht für die Herbstfeiertage einen
Vorbeter
.
Eventuell erfolgt auch Anstellung eines ledigen Lehrers oder Kantors für dauernd, im Nebenberuf. Angebote umgehend an den Vorstand Leo Salomon in Ottweiler-Saar erbeten." 

 
Lob der jüdischen Schule unter Lehrer Samuel Levy (1854)   

Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. November 1854: "Ottweiler besitzt eine ausgezeichnete Schule, an deren Spitze Herr S. Levy mit gutem Erfolg wirkt." 

     
Schwierigkeiten auf dem Weg zur rechtlichen Gleichstellung: der jüdische Lehrer Samuel  Levy wird auf Grund behördlicher Einsprüche nicht als gleichwertiger Lehrer in der Schule anerkannt (1862)

Ottweiler AZJ 11021862.jpg (135031 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Februar 1862: "Ottweiler, 30. Januar. Ich übersende Ihnen die No. 15 der 'St. Johannes Zeitung' vom 17. Januar, wo folgender Artikel wörtlich zu lesen: 'Einen weiteren Beitrag zu dem oft ausgesprochenen Satze, dass unsere Verfassung nur 'ein Blatt Papier' und die darin gewährte Religionsfreiheit eben nur eine auf diesem Blatte stehende Phrase ist, dürfte Nachstehendes liefern. An der im vorigen Jahre hier gegründeten höheren Bürgerschule erteilt der Herr Pastor Hansen unentgeltlich den katholischen Religionsunterricht und hat dafür Sitz und Stimme im Lehrerkollegium, eine Tatsache, die gewiss jeder billig Denkende für angemessen halten wird. Die Schule wird indessen von vielen Israeliten besucht, zu deren unentgeltlichem Religionsunterricht der jüdische Lehrer Herr Levy sich erboten hatte, wenn ihm, wie dem Religionslehrer der Katholiken, dafür die Mitgliedschaft des Lehrerkollegiums werde. Das Kuratorium der Schule fand dies ganz angemessen und akzeptierte 'mit Dank' das Anerbieten des Herrn Levy. Inzwischen trifft nun eine Verfügung der Königlichen Regierung zur Trier ein, welche, sich auf ein Reskript der Ministers von Bethmann-Hollweg vom Jahre 1859 beziehend, es untersagt, dass der jüdische Religionsunterricht in den Lektionsplan aufgenommen werde, indem die öffentlichen höheren Unterrichtsanstalten nur für den Religionsunterricht der beiden christlichen Konfessionen, nicht aber für den anderer Religionsgesellschaft zu sorgen hätten. Das vordem 'mit Dank' akzeptierte Anerbieten wird sonach nun 'mit Dank' wieder abgelehnt und die Juden können zusehen, woher sie Religionsunterricht bekommen. Nun existiert aber eine Verfügung desselben Mitgliedes des so genannten liberalen Ministeriums von demselben Jahre 1859, in welcher angeordnet ist, dass diejenigen Dissidenten, und als solche werden ja die Juden angesehen, welche einen ordnungsmäßigen Religionsunterricht nicht nachweisen können, zum Besuche des Religionsunterrichtes einer der bei-   
Ottweiler AZJ 11021862a.jpg (167264 Byte)den christlichen Konfessionen angehalten werden müssen. Wenn nun, wie zu erwarten steht, der Herr Levy den fraglichen, in Zukunft also privatim zu erteilenden Religionsunterricht ablehnt, so werden wir vermutlich nächstens erleben, dass die jüdischen Schüler, wenn sie nicht in Schulstrafen fallen wollen, dem christlichen Religionsunterricht beiwohnen müssen. Wie geeignet ein solches Verfahren ist, für Preußen, für den Staat der Intelligenz, Sympathien zu erwecken und moralische Eroberungen zu machen, leuchtet sicherlich Jedem ein und mancher Nichtpreuße mag dabei denken: ex ungue leonem (gemeint: aus einem Teil auf das Ganze schließen).'
Es wird interessieren, den Wortlaut des Reskriptes der Königlichen Regierung zu Trier zu lesen. Hier folgt er: Sie haben unterm 26. Oktober c. No. 5472 uns den Beschluss des Kuratoriums der dortigen höheren Bürgerschule von selbigem Tage vorgelegt, nach welchem das Anerbieten des jüdischen Lehrers Levy, den Knaben mosaischer Religion den Religionsunterricht unentgeltlich erteilen zu wollen, bestens akzeptiert wird, und die Genehmigung desselben beantragen. Wir eröffnen Ihnen darauf, dass dem Nichts entgegensteht, dass Herr Levy den israelitischen Schülern den fraglichen Unterricht erteilt, auch nicht, dass dieser Unterricht im Schullokale erteilt wird. Müssen aber doch darauf aufmerksam machen, dass der in den Lektionsplan der öffentlichen höheren Unterrichtsanstalten aufzunehmende, und rücksichtlich der Verpflichtung zur Teilnahme an demselben den übrigen Lehrgegenständen gleichstehende Religionsunterricht für die Schüler der beiden christlichen Konfessionen beschränkt bleiben muss, und nicht auf den Religionsunterricht solcher Schüler ausgedehnt werden darf, welche anderen Religionsgesellschaft angehören. Dennoch darf auch im vorliegenden Falle der von dem Herrn Levy zu erteilende Religionsunterricht nicht in den Lektionsplan aufgenommen werden, und muss die Teilnahme an demselben der Bestimmung der Eltern der betreffenden Schüler anheim gestellt werden. Zu Ihrer näheren Instruktion verweisen wir auf das Reskript des Herrn Unterrichtsministers vom 5. mai 1851 im Centralblatt für die gesamt Unterrichtsverwaltung in Preußen, Jahrgang 1859 pag. 334. Trier, den 10. Dezember 1861. Königliche Regierung, Abteilung des Inneren, gez. Von Gärtner. An den Königlichen Landrat Herrn von Schlechtendal, Hochwohlgeboren zu Ottweiler I. S. V. 5623.
Ottweiler AZJ 11021862b.jpg (149497 Byte)Abschrift vorstehender Regierungsverfügung erhalten Euer Hochwohlgeboren zur gefälligen Kenntnisnahme und Bachtung. Ottweiler, den 10. Januar 1862. Der Königliche Landrat. Gez. Von Schlechtendal. An den Rektor der höheren Bürgerschule Herr Dr. von Cölln. Hochwohlgeboren hier. No. 165 pr. Couvert des Herrn Bürgermeisters Weiand. Euer Wohlgeboren teile ich hierdurch eine Verfügung der Königlichen Regierung zu Trier vom 10. Dezember vorigen Jahres mit. Nach diesem Reskript hören Sie sonach auf, Lehrer der höheren Bürgerschule zu sein, sowie auch meine Befügnis, die Schüler israelitischer Konfession zum Besuche Ihrer Religionsstunden anzuhalten, erlischt. Ingleich kann in Zukunft auf dem Zeugnisse der betreffenden Schüler die Zensur für Religion nur mit dem Worte 'vacat' ausgefüllt werden. Ottweiler, den 13. Januar 1862. Der Rektor der höheren Bürgerschule gez. Dr. E. von Cölln. An Herrn Lehrer Levy Wohlgeb. Hier.
(Dieser Vorgang überrascht uns nicht. Er ist eine Konsequenz des in Preußen von jeher dem Judentume gegenüber herrschenden Systems, das durch die 'neue Ära' ebenso wenig wie durch die Verfassung alteriert worden ist. Es ist ferner ein Zeugnis, wie ungerechterweise man in Preußen gegen die Zentralisation in Frankreich deklamiert, da sie in Preußen nicht minder vorhanden, und man von Berlin aus bald dem Magistrat einer Stadt im östlichen Teile des Staates verbietet, einen Juden als Fachlehrer anzustellen, bald einem Schulkollegium an der südwestlichen Spitze, den Religionsunterricht der jüdischen Schüler in die Zensur mit aufzunehmen!! Übrigens muss es immer als eine beachtenswerte Erscheinung hervorgehoben werden, dass man für notwendig hält, die christlichen Kinder zum Religionsunterrichte zu zwingen, die jüdischen Kinder nicht – können wir dies nicht als Zeugnis für uns und unsere Religion ansehen? – Aus Allem geht aber hervor, wie notwendig es ist, bei der Beartung des Unterrichtsgesetzes auch unsere Stimme vernehmen zu lassen. Dass vom Entwurfe selbst die jüdische Schule und Jugend nicht viel zu erwarten habe, lässt sich voraussetzen. Die Redaktion).

  
Weiterer Artikel zur genannten Problematik

Ottweiler AZJ 18021862.jpg (105489 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Februar 1862: "Ottweiler, im Februar. Der in voriger Nummer mitgeteilte, den Vorgang an hiesiger Schule betreffende Artikel aus der 'St. Johannes Zeitung' hat eine Erwiderung des Landrats von Schlechtendahl in No. 23 hervorgerufen, die allerdings nur enthält, was bereits bekannt ist, jenen Artikel einen gehässigen nennt und die Voraussetzung ausspricht, dass der jüdische Religionslehrer (trotz der erlittenen Zurücksetzung) den Religionsunterricht unentgeltlich zu geben fortfahren werde. Der Verfasser des erstgenannten Artikels, beiläufig bemerkt, kein Jude, ließ diese Erwiderung nicht ohne Antwort, die wir in No. 25 der 'St. Johannes Zeitung_ lesen. Er widerlegt hier die Auslassungen des Herrn Landrats und kommt dann auf den bekannten Vorgang in Posen, worüber er sich folgendermaßen auslässt: 'Der Herr Minister hat 'hat dem allmächtigen Gott' geschworen, die Verfassung treu und unverbrüchlich zu halten. Ein wesentlicher Punkt derselben ist aber Art. 12. Dieser lautet: Die Ausübung der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. 'Vertrauend auf jenen Eid ging nur der Jude hin und studierte, um einst Lehrer zu werden. Sein kleines väterliches Erbteil wurde dazu verwandt – aber er tat es gern, wusste er doch, dass es Früchte tragen wurde, wenn er fleißig sei. Er war fleißig, er bestand sein Oberlehrer-Examen und hatte durch dies Bestehen ein Recht auf Anstellung erhalten. Da wählte ihn der Posener Magistrat zum Lehrer an die Realschule. Nun bringt sein
Ottweiler AZJ 18021862a.jpg (103276 Byte)Fleiß die ersehnte Frucht, nun kann er die alte Mutter unterstützen, die ihrem Erstgeborenen bis hierher so treu geholfen hatte. Er ist gewählt – bestätigt muss er ja werden, er hat ja sein Examen so gut bestanden, und dass er Jude ist, das schadet nichts, denn die Verfassung, die der Minister mit heiligem Eide beschworen, die steht ihm ja schützend zur Seite! Armer Betrogener! Was hast Du Dir unter Eid gedacht? Was unter Verfassung? Du bist ein Jude, und der Herr Minister bestätigt Dich nicht, weil Du ein Jude bist. Gehe hin und traure, traure mit uns um das verlorene Vaterland.
Dieses nämlichen Ministers Verordnungen sucht der Herr Landrat so warm zu verteidigen; er sagt, unsere Notiz sei in 'möglichst gehässiger' Weise abgefasst.
Haec alii sex Et plures uno conclamantore Juvénal Satura VII 166.
In No. 26 folgt noch eine andere Erwiderung, welche insonders das Prinzip betont, für die Kinder der christlichen Konfessionen den Religionsunterricht obligatorisch zu machen, die jüdischen Kinder davon zu befreien, was der Verfasser unter den obwaltenden Umständen nicht für eine 'Freiheit', sondern für eine 'Vogelfreiheit' ansieht. – Schwerlich wird dieser Kampf eine unmittelbare Einwirkung üben, aber gut ist es doch, dass an allen Enden des preußischen Staates die Widersprüche aufgedeckt werden, in welche man in Preußen geraten ist, und deshalb verdienen alle die ehrlichen und freimütigen Kämpfer Anerkennung und Dank." 

 
50jähriges Amtsjubiläum und 70. Geburtstag von Lehrer Samuel Levy (1875)

Ottweiler AZJ 18051875.jpg (59826 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Mai 1875: "Köln, den 7. Mai 1875. Am 5. dieses Monats feierte Herr Lehrer Samuel Levy in Ottweiler sein 50jähriges Amtsjubiläum und zugleich seinen 70. Geburtstag. Am Vorabend fand ein Fackelzug und Serenade seitens der dortigen 'Liedertafel' statt; der Jubilar hielt eine halbstündige Ansprache, worin er die Toleranz der Bewohner Ottweiler's betonte, und auch über die Lehren des Judentums sprach, das die Grundsätze zuerst der Welt verkündete: 'Haben wir nicht Alle einen Vater usw.'
Am Festtage selbst wurden ihm bedeutende, sinnige und wertvolle Geschenke von seinen Kindern, Verwandten, von seiner Gemeinde, von seinen früheren und jetzigen Schülern und seinen zahlreichen Freunden überreicht, unter anderem ein neuer Talar, ein großer und kleinere Pokale, ein ausgezeichneter Stock (Symbol des Lehrerstandes), Uhr, Sofa, silberne Dosen, gestickte Kissen, kostbare Teppiche, Vasen usw. usw."
Ottweiler AZJ 18051875a.jpg (229377 Byte)Der Kreissekretär Herr Wolf überreichte ihm im Auftrage des Landrats den von Seiner Majestät ihm verliehenen Hohenzoller'schen Hausorden mit dem Wunsche, dass er ihn noch lange in Gesundheit und Rüstigkeit tragen möge. Der Kreis-Schulinspektor, Herr Pfarrer Tiehn aus Neunkirchen, wünschte dem greisen Lehrer Glück und pries seine Verdienste um Schule und Synagoge, sich zugleich entschuldigend, dass er amtlich verhinderte wäre, am Feste weiter teilzunehmen. Hierauf Gratulationen von den städtischen Behörden, der Direktion des dortigen evangelischen Lehrerseminars, der evangelischen Geistlichkeit und von den Bürgern. Der Festgottesdienst begann um ½ 10 Uhr vormittags. Der Synagogenchor trug einen Choral vor. Die Festrede hielt Herr Landrabbiner Goldmann aus Birkenfeld, da Herr Oberrabbiner Kahn aus Trier durch Krankheit verhindert war zu erscheinen. Zuerst gab er seinem Danke gegen Gott Ausdruck, dass er den Jubilar diesen Tag hat erreichen lassen. Dann schilderte er die Verdienste des Letzteren, indem er seinem Rede den Psalmvers: (hebräisch und deutsch) 'Wer ist der Mann, der Gott fürchtet, dem zeigt Er den Weg, den man wählen soll.' Diesem Manne zeigte Gott den Weg, den man wählen soll, in der Schule, in der Synagoge und im Leben. Er trug auch das Unangenehme, 'die Nacht des Unglücks', das ihm das Leben bot, mit Geduld. Die Rede war einfach, fand aber wohlverdienten Beifall. Der gewaltige Chorgesang 'Gebet Gott die Ehre' und ein Gebet für den Kaiser, schloss die erhebende Feier. Das Festessen fand in einem geräumigen Saale statt. Ungefähr 140 Personen nahmen daran teil. Die Kreis-, Stadt- und Schulbehörden, jüdische und christliche Kollegen aus der ganzen Umgegend, viele seiner früheren Schüler, die zum Teil aus weiter Ferne hierher gereist waren, seine Verwandten, seine Freunde und die Bewohner Ottweilers ohne Unterschied der Konfession. Den ersten Toast brachte der Herr Kreissekretär auf Seine Majestät den Kaiser. Den zweiten Herr Schulinspektor Zimmermann, evangelischer Pfarrer in Wiebelskirchen, im Auftrage des oben erwähnten Kreis-Schulinspektors dem Jubilar. In schönen Worten hob er die Tüchtigkeit des Gefeierten hervor. Darauf wurde durch seinen früheren Schüler, Lehrer Löb in Köln, im Auftrage des sich überhaupt sehr verdient gemachten Festkomitees die Morenu vom Oberrabbiner Kahn, dem tüchtigen Talmudisten, Schmuel Halevi, mit herzlichen Worten überreicht. Der neu kreierte Rabbiner sprach interessante und herrliche Worte über das Sonst und Jetzt und gipfelte in einem Toast auf den Kultusminister Falk. Darf noch Toaste auf Behörden, die Stadt, das dortige Seminar, das Festkomitee usw. Auch in gebundener Rede wurde der ehrwürdige Jubilar gefeiert wobei sich besonders Herr Lehrer Sender aus Tholey durch seine trefflichen und launigen Verse auszeichnete. Im Laufe des Tages sind zahlreiche Briefe und an 50 Telegramme aus allen Gegenden eingelaufen. Ich glaube nicht zu viel zu behaupten, wenn ich bemerke, dass wohl noch nie einem jüdischen Lehrer zu Ehren ein solches Fest gefeiert wurde. Dies mag auch meine Ausführlichkeit entschuldigen. Unvergesslich wird es stets allen Anwesenden blieben. Löb."
 
Artikel in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 10. Juni 1875: "Ottweiler, 6. Mai. Einem sehr ausführlichen Berichte der 'St Johanner Zeitung' entnehmen wir nachfolgende Auszüge: Eine ebenso erhebende als seltene Feier vollzog sich gestern in unserer sonst so stillen Stadt, die es wohl verdient, auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Der hiesige israelitische Lehrer Herr Levy, ein geborner Ottweilerer, feierte gleichzeitig mit seinem 70. Geburtstage auch sein 50-jähriges Amtsjubiläum. Bei seinem stillen und bescheidenen Wesen wäre es, wie dem Referenten bekannt, dem Jubilar viel lieber gewesen, wenn dieser Tag still und unbemerkt vorübergegangen wäre. Seinen zahlreichen Schülern, Freunden und Verehrern aber, wie auch seinen Vorgesetzten Behörden war derselbe eine willkommene Veranlassung, dem in seinem Amte. wie im Privatleben vielverdienten und allgemein geachteten Manne Dank und Anerkennung für sein langes, ebenso segensreiches als mühevolles Wirken zu zollen. Zu diesem Zwecke bildete sich schon vor Monaten ein aus jüdischen und christlichen Mitbürgern unserer Stadt bestehendes Festkomitee, um diesen Ehrentag des Jubilars in gebührender, solenner Weise zu feiern. Und dieser Zweck ist denn auch in ausgiebigster Weise erreicht worden, denn die Feier war eine wahrhaft großartige und gelungene. Zur Einleitung des festlichen Tages brachte der Ottweiler Männergesangverein dem Jubilar schon am Vorabend ein Gesangständchen.
der nächste Morgen fand die Stadt in freudigster Aufregung und in festlichster Bewegung. Von allen Seiten strömten die Festteilnehmer, teils aus weiter Ferne herbei, vorab ehemalige und jetzige Schüler und Schülerinnen des Jubilars, in dessen Wohnung, um demselben ihre Teilnahme zu bezeugen und ihre Glückwünsche darzubringen. In erster Linie erschienen bei ihm zu diesem Zwecke auch seine nächsten Vorgesetzten, die Herren Kreisschulinspektoren Pfarrer Riehn von Neunkirchen und Pfarrer Zimmermann von Wiebelskirchen, um demselben zu seinem Ehrentage die herzlichsten Glückwünsche abzustatten und ihm Anerkennung und Dank für seine treue und redliche Amtsführung und für sein reiches Verdienst um die Schule überhaupt zu erkennen zu geben. Etwa um 9 Uhr erschien Herr Kreissekretär Wolff, um, in Vertretung des am persönlichen Erscheinen verhinderten Herrn Landrats, dem Jubilar die Insignien des ihm von Sr. Majestät dem Kaiser und König, verliehenen Adlers zum Hohenzollern'schen Haus­orden zu überreichen. Gegen 10 Uhr etwa begann der Festgottesdienst in der zur Feier des Tages festlich geschmückten Synagoge, bei welchem Herr Sender von Tholey als Vorbeter fungierte und nach erhebendem Festgesange Herr Landrabbiner Goldmann von Birkenfeld, in Vertretung des durch Krankheit verhinderten Oberrabbiners Dr. Kahn von Trier, die Festrede hielt. Ein besonders ehrendes Zeugnis für den Jubilar war es gewiss, dass die Lehrer aller Konfessionen in sehr großer Anzahl aus der näheren und weiteren Umgegend herbeigeströmt waren, um den allverehrten Kollegen zu seinem Geburts- und Ehrentage zu beglückwünschen und diesen Tag in Gemeinschaft mit ihm zu verleben. Auch die in alle Welt zerstreuten Schüler und Schülerinnen des Jubilars erinnerten sich des teueren, geliebten Lehrers an seinem Jubiläumstage und über 40 Telegramme, die während des Festmahls einliefen und teils aus weiter Ferne, u.a. eines aus Oran (Mittags 12 Uhr dort aufgegeben) gaben Zeugnis von der ihm bewahrten Liebe und Verehrung."   

 
Zum Tod von Lehrer Samuel Levy (1879)   

Anmerkung: zum Tod von Lehrer Samuel Levy erschienen mehrere Nachruf von seinen Kollegen: einer von Lehrer Victor Simon aus Illingen, ein anderer von Lehrer German Sender aus Tholey.
Zu Samuel Levy und seiner Familie siehe auch https://gedenkbuch.saarbruecken.de/gedenkbuch/personen_detailseite/person-22828 
Samuel Levy war ein Sohn von Jonathan (Nathan) Levy (1761-1831) und der Johanna geb. Oppenheimer (1772-1847). Samuel Levy heiratete am 25. März 1830 Johannetta geb. Levy (1804-1855). Die beiden hatten vier Kinder: Bernhard (Bezalel) (1831-1885, siehe unten), Nathan (1832-1896), Helena (1834-1837) und Philippina (1836-1837). 

Artikel in "Der israelitische Bote" vom 23. Oktober 1879: "Nekrolog. Illingen, Reg.-Bez. Trier, 12. Oktober 1879. Dienstag, am 4. Halbtag des Sukkot-Festes (= 7. Oktober 1879) starb in Ottweiler nach schwerem Leiden der langjährige Lehrer der israelitischen Gemeinde Herr Samuel Levy. Geboren daselbst am 5. Mai 1805 widmete er seine Jugend auf der jüdischen Hochschule (Rabbinerschule) zu Frankfurt am Main theologischen und talmudischen Studien; doch seine innerste Neigung zog ihn mehr zum Unterrichte der Jugend hin, welchem er denn auch den größten Teil seines arbeitsvollen Lebens mit großer Treue und reichem Erfolg geweiht hat. Noch als Greis zeichnete er sich durch eine seltene Frische und erregende Lebendigkeit aus. Im Jahre 1875 feierte er unter allgemeiner Beteiligung sein 50jähriges Lehrer-Jubiläum und wurde bei dieser Gelegenheit mit dem Adler der Inhaber des Königlichen Hausordens von Hohenzollern dekoriert. Auch besaß er die Befugnis fürs Rabbineramt. Selbstlos und aufopferungsfähig hat er manchem Armen und Leidenden geholfen; friedfertig und versöhnlich hat er manchen Zwist im Keime erstickt oder bald geschlichtet. Sein Leben war nicht frei von schweren Prüfungen; aber ein Hauptglück ist ihm zu Teil geworden: er hat 2 achtbare Söhne hinterlassen, wovon der eine der in weiten Kreisen bekannte und berühmte Augenarzt Dr. Levy in Ottweiler ist; außerdem viele dankbare Schüler, die ihn wie einen Vater liebten und verehrten.
Freitag am Simchat-Tora-Fest (Gesetzesfreude) fand das großartige Leichenbegängnis statt. Die jüdischen Kollegen Tiefenbronner aus Saarbrücken, Simon aus Illingen, Friedmann aus Neunkirchen, Friedmann aus Spiesen, Eppstein aus St. Wendel, Cohn aus Södern, Baum aus Bosen, Sender aus Tholey sowie viele christliche und fast alle Bürger Ottweilers, darunter sämtliche Beamten waren in unübersehbarer Menge erschienen. Um 2 Uhr setzte sich der Leichenzug in Bewegung und hinter der Bahre wurde der Orden des Verstorbenen auf einem schwarz-samten Kissen nachgetragen. Am Grabe sprach der langjährige Freund und Kollege Sender aus Tholey die Grabrede. Das zahlreich anwesende Publikum folgte mit der größten Teilnahme den wohlgelungenen Ausführungen des geehrten Redners und die reichlich fließenden Tränen auch der nichtjüdischen Freunde und Verehrer des Verstorbenen bezeugten zur Genüge, wie sehr ihm die allgemeine Liebe, Hochachtung und Werthschätzung zu Teil geworden.
Die Erde deckt nun die irdischen Reste des guten, edlen Freundes, seine unsterbliche Seele weilt am Throne des Höchsten. Wir, wir haben ihn verloren und beweinen den wackern Mitstrebenden, den hingebenden Freund, den teuren Kollegen; aber nicht nur wir, ganz Israel, ja die ganze Menschheit, Alle, Alle haben ihn verloren. Möge dieser herbe Verlust ein Sporn sein für Alle, die Gottesfurcht in ihren Herzen tragen, die das Streben haben, für das Judentum und seine Wahrheiten und durch Tat erfüllte Bewährung seiner Grundsätze einzutreten, die Lücke auszufüllen. Gott aber möge der tiefgebeugten Gemeinde Ottweiler die ihr tiefgeschlagene Wunde heilen und ihr das Glück geben, dass sich ihr und uns Allen. erfülle: das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen, dass das Andenken an den uns verlornen Frommen fort und fort segensreich wirke. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.       V. Simon, Lehrer und Prediger." 
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. November 1879: "Man schreibt uns aus Tholey unterm 16. dieses Monats (sc. Oktober): Am 7. dieses Monats verschied der Religions- und Elementarlehrer, Kantor und Prediger der israelitischen Gemeinde Ottweiler, Rabbi Samuel Levy, im 75. Lebensjahre. Unsere Gegend, die offen gesagt, leider sehr arm an tüchtigen jüdischen Gelehrten mit zeitgemäßer Bildung ist, verliert durch seinen Heimgang ihre schönste Zierde; denn er war ein wahrer Talmid-Chacham (Talmud-Gelehrter), ein Mann der Wissenschaft, ein vorzüglicher Pädagoge, dazu ein echter Menschenfreund, ein guter und edler Charakter, dem Wohltun eine Wonne und Liebe zum Frieden ein wahres Bedürfnis war. Von seinem seligen Vater, Rabbi Nathan Levy ebenfalls zum Rabbiner bestimmt, ward er früh in Bibel und Talmud eingeführt, worauf er nach Frankfurt a. M. wanderte, wo er in der dortigen Talmud-Thoraschule (Jeschiwa) seine talmudischen und theologischen Studien fortsetzte und sich auch zugleich weltlicher Bildung ernstlich befleißigte. Nach kaum 4 Jahren starb sein Vater und nun musste er auf dringendes Verlangen der Seinen und auf wiederholten Wunsch der jüdischen Gemeinde Ottweiler nach Hause kehren, wo ihm die Fortführung der Funktionen seines Vaters, sowie der Jugendunterricht übertragen wurde. Sein Examen als Elementarlehrer bestand er vorzüglich. Nach dreijähriger ausgezeichneter Amtsführung ward er von der Königlichen Regierung zu Trier vom II. Examen dispensiert und als definitiver Religions- und Elementarlehrer an der israelitischen Schule zu Ottweiler förmlich angestellt. '54 Jahre' verwaltete er seine verschiedenen Berufsfächer in Schule, Synagoge und Haus mit aller Treue und Hingebung und wirkte Gutes in und außerhalb seiner Gemeinde. Am 5. Mai 1875, an seinem 70. Geburtstage, feierte er sein 50jähriges Amtsjubiläum. Seine Majestät der Kaiser und König verlieh ihn zu diesem Ehrentage den Adler des Königl. Hausordens von Hohenzollern, auch erteilte ihm unser seliger Oberrabbiner I. Kahn zu Trier den Morenu, resp. Rabbinertitel, den er aber seiner großen Bescheidenheit wegen nie angewandt wissen wollte. — Bis vor einem halben Jahre war er an Körper und Geist rüstig geblieben. — Trotz seines Patriotismus, den er in Wort und Tat betätigte, und bei aller Anerkennung seiner trefflichen Leistungen (er bildete unter Anderen viele junge Leute zu Lehrern heran), die ihm auch regierungsseitig öfters geworden, konnte er als jüdischer Lehrer — doch nie die vollen Rechte eines öffentlichen Volkslehrers erhalten, was ihm so sehr leid tat. Er ging vor einigen Jahren selbst ans Abgeordnetenhaus, doch ohne Erfolg. Er hatte einmal an der Spitze der betreffenden Delegierten des Bezirks öffentlich gegen die Einführung des Judengesetzes vom 23. Juli 1847 gewirkt, und dies konnte man ihm 'dort oben' nicht vergessen. Seine Beerdigung fand unter ungewöhnlich großer Beteiligung statt. An ihr beteiligten sich die Geistlichen beider christlicher Konfessionen, viele Beamten der Stadt, die Direktoren und Lehrer des Lehrerseminars, der Bürger- und anderer städtischer Schulen, eine große Zahl der christlichen Lehrer der Umgegend und 9 israelitische Kollegen. Ja vom Main und Rhein, aus der Pfalz, von der Nähe, Saar und Mosel waren Freunde und Bekannte herbeigeeilt. — Auf besonderen Wunsch der Verwandten hielt Einsender dieses am Grabe die Leichenrede; auch fand unter Leitung desselben gleich nach der Beerdigung eine entsprechende Seelenfeier (Haskarat Neschimah) statt, wobei Glaubensgenossen aus mehr denn 12 verschiedenen Gemeinden sich beteiligten. Des sel. Rabbi Levy's Andenken aber bleibt in der jüdischen Gemeinde Ottweiler unvergesslich.   G. Sender, Lehrer."  

 
Über Lehrer Levi Katz (um 1906-1910 in Ottweiler)  
Lehrer Levi Katz ist am 23. Dezember 1876 in Beiseförth geboren als Sohn von Daniel Katz und Bertha geb. Lange. Er war seit 1902 verheiratet mit Bertha geb. Wolf, mit der er neun Kinder hatte: Nora (1903), Siegfried (1904), Frieda (1905), Margarete (geb. 1909 in Ottweiler, 1943 in Auschwitz ermordet), Käthe (1912), Robert (1914), Rut (1915), Lotte (1918), Werner (1922). Levi Katz hat die Lehrerseminare in Würzburg und Kassel besucht und wurde zunächst Lehrer in Bosen, danach in Ottweiler; 1910 übernahm er die Stelle des Lehrers und Kantors in Borken, wo er bis 1938 blieb, unterbrochen von der Zeit als Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg 1916 bis 1918. Bereits 1933 kam er für fünf Wochen in das KZ Buchenwald. 1939 Umzug zu seiner Tochter Margarete nach Amsterdam. Im Mai 1943 kam er in Haft in das KZ Waaterborg (bis Januar 1944). 1944 wurde er in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er das Kriegsende erlebte. Er emigrierte nach Amerika, 1949 nach Israel, wo er 1953 gestorben ist.   
Quelle: Robert Katz: Zur Familie des Lehrers Levi Katz. In: Eva Tigmann / Michael Landau. Unsere vergessenen Nachbarn. St. Ingbert 2010. S. 385-386; http://www.saarland-biografien.de/frontend/php/ergebnis_detail.php?id=2218  
 
Zum Tod von Lehrer Max Levy (1915 gefallen, 1913/14 Lehrer in Ottweiler) 
 

 Artikel im "Israelitischen Familienblatt /Blätter für Erziehung und Unterricht" vom 11. März 1915: "Bei den Kämpfen in den Vogesen (vom 18. bis 20. Februar) starb der (Lehrer-)Kollege Max Levy
den Heldentod für Vaterland.
Max Levy ist in Magdeburg geboren. Frühzeitig verwaist, fand er im Deutsch-israelitischen Kinderheim zu Diez a. d. Lahn Aufnahme und wurde dort sorgfältig erzogen. Von 1901—1906 besuchte er das Lehrerseminar zu Hannover und genügte sodann seiner Militärpflicht. Wie es so vielen jungen Lehrern ergeht, so führte auch ihn das Geschick in verhältnismäßig kurzer Zeit in viele Gemeinden; u. a. war er auch kurze Zeit an einer der Alliance-Schulen in Konstantinopel tätig. Mehrere Jahre amtierte er in Bayreuth und zuletzt an der jüdischen Volksschule zu Ottweiler. Kurz vor Ausbruch des Krieges nahm er noch an einem Kursus im Simonschen Seminar zu Peine teil. Er war ein begabter, strebsamer Kollege, der sich, wie ein mir vorliegender Feldpostbrief zeigt, auch bei seinen Kameraden im Felde allgemeiner Beliebtheit erfreute. Im jugendlichen Alter von 28 Jahren hat er jetzt den Tod fürs Vaterland gefunden, er ruhe sanft ln Frieden! M. St."   

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   

Einladung zum Schwuaus-Ball (1906)  
Anmerkung: die jüdische Gemeinde veranstaltete zu Schwuaus (= Schawuot = Laubhüttenfest) einen Ball.

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 24. Mai 1906: "Schwuaus-Ball.
in Ottweiler (Rhein-Nahe-Bahn).
Zu dem am 30. Mai, abends 9 1/2 Uhr,
im neurenovierten Pavillon-Saale (L. Sauer) stattfindenden Fest-Balle ladet ergebenst ein
Das Komitee."  

 
Aus einer Spendenliste anlässlich des Neujahrsfestes (1921)

Mitteilung vom 21. Oktober 1921: "Ottweiler - Saar: 100.-: Jul. Michels;  50,-: B. Herrmann, Leo Salomon, Emma Michels, Heinr. Barth, Kahn, Sal. Salm, Max Salm, Hugo Salm, Pilz;  20.-: Leonie Aach, Judith Aach, Robert Salm, Friedr. Barth; 10.-: H. Herrmann. Summe: 640,- Mark"   

   
Die klein gewordene Gemeinde Ottweiler wird von der Gemeinde Illingen betreut (1937)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1937: "Die saarländischen Synagogengemeinden Merzig und Neunkirchen, die einst bedeutende Gemeinden waren, sind heute fast gänzlich aufgelöst. Nur noch einige Mitglieder sind zurückgeblieben. Dank der finanziellen Hilfe des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden kann die Gemeinde Illingen, die zur zweitgrößten Gemeinde im Saarland geworden ist, ihren Kantor und Lehrer weiter behalten. Die Gemeinde betreut die Juden in den Orten Herchweiler, St. Wendel, Ottweiler und Neunkirchen. Der Anschluss der Gemeinden Merzig und Neunkirchen ist beschlossen worden und bedarf nur noch der behördlichen Genehmigung. Der Anschluss anderer Gemeinden an die Gemeinde Illingen wird erstrebt."     

 
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Ernennung von Dr. B. Levy zum Sanitätsrat (1882)

Anmerkung: Dr. Bernhard (Bezalel) Levy (geb. 13.1.1831 in Ottweiler, gest. 7.4.1885 in Ottweiler) war ein Sohn des Lehrers Samuel Levy (s.o.), zur Familie siehe https://gedenkbuch.saarbruecken.de/gedenkbuch/personen_detailseite/person-12905: Bernhard Levy war seit 1860 (in Tholey) verheiratet mit Magdalena (Lina) geb. Bähr (1837-1908), mit der er zwei Kinder hatte: Nathan Karl (1861-1929) und Anna Amalie (1862 - Ghetto Theresienstadt 1944). Zu Nathan Karl siehe https://gedenkbuch.saarbruecken.de/gedenkbuch/personen_detailseite/person-12907, zu Anna Amalie verheiratete Becker siehe https://gedenkbuch.saarbruecken.de/gedenkbuch/personen_detailseite/person-547.  
Dr. B. Levy war Kriegsteilnehmer als Stabs- und Bataillon-Arzt im Infanterie-Regiment 69 an den Kriegen 1864/70 und wurde dafür mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (AZJ 13.9.1895 S. 437)

Ottweiler Israelit 10051882.jpg (21676 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1882: "Ottweiler, 26. April (1882). Der weithin berühmte Augenoperateur Herr Dr. med. B. Levy von hier ist von Seiner Majestät dem Könige von Preußen zum Sanitätsrat ernannt worden."  
 
Zum Tod von Sanitätsrat Dr. B. Levy (1885)  
Mitteilung in "Populär-wissenschaftliche Monatsblätter zur Belehrung über das Judentum für Gebildete" vom 1. Juni 1885: "In Ottweiler starb am 7. April Herr Sanitätsrat Dr. Levy, bekannt als tüchtiger Augenarzt, im Alter von 54 Jahren."   

  
Samuel Buxbaum aus Ottweiler äußert sich zum Antijudaismus seiner Zeit in Russland und Deutschland und schreibt dazu an Ludwig Philippson (1892)  
Anmerkung: zu dem im Text genannten Dr. Ludwig Philippson siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Philippson  

Artikel in "Der Gemeindebote" vom 22. April 1892: "Ottweiler, 16. April. Die Pessachfeier vor Allem, und die sich bessernden (?) Aussichten für die Kolonisierung unserer armen russischen Brüder (gemeint: Ansiedlung in Palästina) sind die Veranlassung zu folgendem kleinen Beitrag in Ihr geschätztes Blatt. Als der moderne Judenhass sein Haupt erhob — Russland war in diesem Trauerspiel noch nicht aufgetreten — wagte ichs, mich mit Organisationsplänen an unseren unvergesslichen Herrn Dr. Ludwig Philippson s.A. zu wenden Ich war so glücklich, mit einem Antwortschreiben beehrt zu werden, das vor mir liegt. Dasselbe lautet: 'Bonn, 4.3.1831. Geehrter Herr! Besten Dank für Ihr wertes Schreiben. Stimmen, die aus warmem Herzen fließen und aus unmittelbarer Erfahrung reden sind mir stets willkommen. Allein Ihre Ideen scheinen mir nicht realisierbar. 'Eine soziale Organisation der Juden' zu schaffen, ist nicht möglich, da die Juden sich nicht dazu heranlassen, und wäre auch gefährlich, weil 'ein Staat im Staate'. In Amerika hat man schon versucht, jüdische Kolonien zu schaffen, ist aber nie weiter als zum Wort gekommen. Meine Zeit gestattet mir nicht, ausführlicher zu sein, und füge nur hinzu die Versicherung meiner Wertschätzung, mit der ich zeichne Ihr ergebenster Philippson." — Für Russland leider ist der Plan zur Verwirklichung gekommen. Wenn nun auch eine solche Katastrophe in Deutschland undenkbar, unmöglich ist, so dürfte es doch auch an der Zeit sein, sich etwas mehr um unsere Verhältnisse zu kümmern. Welche Schäden für den Erwerb und das Fortkommen der Judenhass bereits ausgebrütet hat und noch weiter zeugt, das bedarf wohl keiner Schilderung. Es wäre wohl ratsam, wenn von Zeit zu Zeit Besprechungen stattfinden, um au fait zu bleiben, Rat und Tat zu leisten, da wo es Not tut. Möchte doch dieser bescheidene Wunsch Gehör finden. Sam. Buxbaum."   

   
Auszeichnung für den Studierenden Felix Coblenz aus Ottweiler (1895), später bedeutender Rabbiner und Pädagoge (1863-1923)  

Ottweiler AZJ 04101895.jpg (162502 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Oktober 1895: "Berlin, 29. September (1895). Unsere Mitteilung, dass der stud.phil. Felix Coblenz aus Ottweiler den Preis der hiesigen theologischen Fakultät gewonnen, geht jetzt erst durch die politischen Zeitungen und zwar mit einigen Bemerkungen, die nicht ganz richtig sind. Es heißt dort, dass Herr Coblenz Lehrer in der Rheinprovinz sei. Tatsächlich ist derselbe jetzt Hörer der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums und nach Beendigung seiner Studien ist er designiert, Rabbiner der Gemeinde zu Bielefeld zu werden. Die Aufgabe lautete: 'Recht und Schranken der Behauptung, dass als das betende Ich in den Psalmen nicht erst im gottesdienstlichen Gebrauch derselben, sondern schon nach der Absicht der Dichter die israelitische Gemeinde anzusehen sei, sind am exegetischen Tatbestande darzutun.' Hierauf war nur die Arbeit von Coblenz eingegangen, über welche die Fakultät folgendes Urteil fällte: Der Verfasser der mit dem Motto 'Immer strebe zum Ganzen' versehenen Arbeit hat zwar nicht gerade neue Gesichtspunkte für die Lösung der im Thema enthaltenen Frage aufgestellt, aber er hat das vorhandene Material, und zwar sowohl die Quellen als die Literatur über diese, mit großem Fleiß und recht gutem Verständnis durchgearbeitet. Er hat ferner den Stoff im Allgemeinen gut disponiert; die Darstellung ist einfach und klar, und die gewonnenen Ergebnisse sind der Hauptsache nach wohl begründet. Die Fakultät steht daher nicht an, die Arbeit des Preises für würdig zu erklären."
  
Ottweiler Coblenz 010.jpg (59833 Byte)Felix Coblenz ist am 30. Dezember 1863 in Ottweiler geboren (der Vater Emanuel Coblenz war später Rektor der jüdischen Volksschule Köln und Vorstandsmitglied der Vereinigung für das liberale Judentum). Nach dem Schulbesuch in Ottweiler und St. Wendel (Progymnasium) ließ er sich in Münster zum Lehrer ausbilden. Ab 1892 Studium in Berlin (Friedrich-Wilhelm-Universität und Hochschule für die Wissenschaft des Judentums); 1895 Promotion in Zürich. Von 1889 bis 1916 war er als Lehrer und Rabbiner in Bielefeld tätig, danach als Rabbiner der jüdischen Reformgemeinde in Berlin. Er starb am 3. September 1923 in Berlin. 
Hinweis: es besteht ein Wikipedia-Artikel über Felix Coblenz (von hier das Foto) mit einer Zusammenstellung der wichtigsten Werke von Felix Coblenz einschließlich einer Literaturzusammenstellung.     

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen        
Gesellensuche des Schneidermeisters M. Feiner (1900) 

Ottweiler Israelit 28061900.jpg (35797 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1900: "Tüchtiger Schneider-Geselle zu sofortigem Eintritt gesucht. Samstags und Feiertage frei. 
M. Feiner, Schneidermeister, Ottweiler, Bezirk Trier."    
  
Ottweiler Israelit 09081900.jpg (32168 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1900: "Schneidergeselle für sofort gesucht. Nur guter Arbeiter wolle sich melden bei M. Feiner, Schneidermeister, Ottweiler, Bezirk Trier."   

      
      
      

Zur Geschichte des Betsaales / der Synagogen             
    
Bereits Ende des 18. Jahrhundert war vermutlich ein Betsaal vorhanden. Erstmals wird ein solcher jedoch erst 1815 genannt. Zeitweise (bereits nach 1781?) befand sich der Betsaal im Haus Sammetgasse 3. Dieses Haus war seit 1730 das zweite evangelische Pfarrhaus und kam im Dezember 1781 in den Besitz des jüdischen Gemeindegliedes Abraham Israel, seit 1814 für einige Jahre in den Besitz des Abraham Jacob. Dieses Gebäude ist bis heute erhalten.   
   
Im Juli 1803 konnten die jüdischen Gemeindeglieder Aaron Weiler und Aaron Albert einen Altbau an der südöstlichen Ecke des Schlosshofes zum Bau einer Synagoge erwerben. Da die Gemeinde in den folgenden Jahrzehnten stark gewachsen ist, war diese erste Synagoge offenbar nicht mehr groß genug und musste durch einen Neubau ersetzt werden. Die neue Synagoge wurde 1839/40 erstellt und im Spätsommer 1840 eingeweiht. Für den Bau der Synagoge engagierten sich im Miteinander Juden und Christen der Stadt, wie dies bereits beim Bau der katholischen Kirche wenige Jahre zuvor geschah.

Bericht in den "Israelitischen Annalen" vom 5. Juli 1839: "In Ottweiler wird jetzt eine neue Synagoge gebaut. Die dazu nötigen Fuhren werden sowohl von den Ackerbautreibenden Juden, als auch von den Christen beider Konfessionen wohlwollend besorgt. Vor drei Jahren waren alle bei Erbauung einer katholischen Kirche eben so gemeinschaftlich tätig. Ein Beweis von echter Duldsamkeit. Der Synagogenbau würde schon weiter gefördert sein, wenn die Bemittelteren mit freigiebiger Hand beisteuerten, wozu bisher keine Hoffnung gegeben ist!"   
 
Kurz vor der Fertigstellung des Synagoge erschien in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. August 1840 folgender Bericht: 
Ottweiler AZJ 08081840a.jpg (157899 Byte)"Ottweiler (bei Trier), 14. Juli (1840). Bald werde ich Ihnen mehreres Angenehme von hier mitzuteilen die Ehre haben, denn unsere neue Synagoge ist im Ganzen fertig zu nennen, sie ist zugleich eine Zierde der Stadt. Sobald nun die Subsellien (Sitzbänke) etc. völlig eingerichtet sein werden, bereiten wir uns zum Einweihungsfeste vor. In Verbindung mit diesem schönen Gebäude stehen auch das Schullokal für die israelitische Jugend und die Wohnung für den Lehrer und Vorsänger. 
Sehr verdient um diesen neuen Bau machte sich unser Lehrer Herr Levy, denn nur durch seine Anstrengung und Beharrlichkeit ließ die Gemeinde sich zu einem solchen Werke bewegen. Hier konnte man auch die Humanität unserer Behörde und christlichen Einwohner wahrnehmen, sie wetteiferten mit den Israeliten in unentgeltlicher Herbeiführung von Holz und Stein und sonstigem Baumaterial zur Synagoge. Es war aber auch nicht anders zu erwarten; denn als hier vor sechs Jahren eine katholische Kirche erbaut wurde, da bestrebten sich ebenso  die Israeliten, es den Christen in unentgeltlicher Herbeischaffung der verschiedenen Baumaterialien zuvorzutun außer den freiwilligen Geldbeiträgen. 
Überhaupt findet man hier ein sehr schönes patriarchalisches Leben bei den Israeliten, Jeder bebaut seinen Acker und selbst die Vermögenderen, welche fünfzig und hundert Morgen Landes bestellen, arbeiten mit eigenen Händen auf dem Felde und in der Scheune gemeinschaftlich mit ihren Dienstboten und Taglöhnern. Von Gehässigkeit zwischen Christen und Juden ist hier keine Spur zu finden, im Gegenteil, man nimmt den lebhaftesten Anteil gegenseitig bei Freuden und Leiden, die christlichen Leichen werden ebenso von den Israeliten, wie die Israelitischen von den Christen begleitet. Dennoch herrscht allenthalben daselbst echte Religiosität, sodass dieses Betragen keineswegs die Folge eine Indifferentismus sein kann. 
Die geistige Bildung ist ebenfalls sehr befriedigend und von der Jugend ist durch die redliche Bemühung und den unermüdlichen Eifer des genannten israelitischen Lehrers noch mehr zu erwarten. Sehr wenige von ihnen werden dem Handel gewidmet, sondern einem Handwerke oder der Ökonomie.
Ottweiler AZJ 08081840b.jpg (79265 Byte)Choralgesang wird gegenwärtig vorbereitet und mit der Einweihung der Synagoge ins Leben treten. Es wird nun Alles darauf ankommen, welchen Rabbinen wir in Trier erhalten werden; denn der letztverstorbene wollte den Choralgesang hier nicht zulassen. Vorigen Sonnabend hielt hier der Rabbinatskandidat Moses Heß von Trier eine Rede über die eherne Schlange nach Anleitung der Mischna. Er gewann alle Herzen, man ist hier begeistert für ihn. Möge uns Gott vor einem Missgriffe bei der Rabbinenwahl bewahren. Als ein Desiderium ist der Mangel eines Begräbnisplatzes für die hiesigen Israeliten zu bezeichnen. Sie müssen ihre Leichen nach dem zwei Stunden von hier entfernten Orte Illingen zur Bestattung bringen, woher ihre Vorfahren im Jahre 1775 einwanderten, obgleich der Gemeindevorsteher Herr J. Coblenz, sowie auch der Schuldirektor Herr S. Albert sich schon erboten haben, einen ihrer Äcker zu diesem Zwecke herzugeben und die Gemeinde bereits zwei und dreißig Familien stark ist. Allein der Aberglaube Einiger verhinderte bis jetzt die Ausführung dieses Projektes." 
 
Im Sommer 1840 wurden - bereits vor der Einweihungsfeier - Gottesdienste in der neuen Synagoge abgehalten. Vermutlich zu den hohen Feiertagen im Herbst 1840 war die offizielle Einweihung.
Bericht in den "Israelitischen Annalen" vom 14. August 1840: "Kreis Ottweiler. In diesem Kreise wohnen viele Israeliten und in Ottweiler selbst eine bedeutende und wohlhabende Gemeinde. Hier besteht eine sehr gut eingerichtete jüdische Elementarschule, welcher der tüchtige Lehrer H. Levy mit aller Kraft vorsteht. Den hebräischen und Religionsunterricht, den ich zu prüfen aufgefordert wurde, fand ich nach den Umständen sehr befriedigend. Das Schullokal und die Wohnung des Lehrers lassen nichts zu wünschen übrig. Eine höchst schöne und geschmackvoll gebaute neue Synagoge, in welcher jetzt schon der Gottesdienst gehalten wird, wird, sobald die noch fehlenden neuen äußeren Verzierungen angebracht sind, eingeweiht werden, und jetzt schon werden die Schuljugend und andere Erwachsene in Choralgesängen für dieses bevorstehende Fest durch den würdigen H. Lehrer eingeübt, welche man auch später beim Gottesdienst beizubehalten gedenkt."  

Die neue Synagoge war auf demselben Grundstück wie der 1803 erbaute Vorgängerbau erstellt worden. Vermutlich wurden Teile der Außenmauern wiederverwendet. Von der Architektur her war es ein spätklassizistisch geprägter Bau. Den Plan hatte möglicherweise der Ottweiler Baumeister Josef Lerch erstellt. Fast 100 Jahre war die Synagoge in Ottweiler Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in der Stadt.      
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört. Am frühen Morgen des 10. November erschien der Neunkircher Kreisleiter mit seinem Stab und zwei Gestapobeamten in Ottweiler. Die örtlichen SA-Leute wurden auf den Schlossplatz bestellt. Auf Befehl des Kreisleiters wurde das Innere der Synagoge völlig zerstört. Mit Rücksicht auf eine Polsterei in der Nachbarschaft wurde keine Brandstiftung vorgenommen. Nach den Verhaftungen der jüdischen Männer kam die SA am frühen Nachmittag ein zweites Mal zum Schlossplatz, um der Zerstörungswerk der Synagoge zu vollenden. Dabei wurden die Fenster eingeworfen, die Ziegel des Synagogendaches auf die Straße geworfen, Bänke und das sonstige Holzinventar auf die Straße geworfen. Abends wurde unter dem Beifall einer johlenden Menge und musikalisch begleitet durch das SA-Musikkorps das Inventar der Synagoge verbrannt. 
Die Stadt erwarb die Synagogenruine samt dem Grundstück. Auch nach 1945 blieb die Ruine zunächst stehen, bis sie 1962 abgebrochen wurde, um den Schlosshof vergrößern zu können. Anfang der 1990er-Jahre wurde das Grundstück jedoch wieder bebaut. An dem hier erstellten Wohn- und Geschäftshaus wurde eine Hinweistafel angebracht. Dahinter befindet sich zusätzlich eine Metallplastik in Form eines Davidsterns als Denkmal für die zerstörte Synagoge. 2018 wurden die Grundmauern der Synagoge mit rotem Granitpflaster dargestellt.    
    
Standort der Synagoge: Schlosshof (Pauluseck 11)        
       
       
       
Fotos:
(Quelle: E. Tiggmann s. Lit.  und Landesamt s. Lit.)

Historische Fotos Ottweiler Synagoge 010.jpg (63017 Byte)  
  Die Synagoge Ottweiler um 1925   
     
Ottweiler Synagoge 12.jpg (110853 Byte) Ottweiler Synagoge 11.jpg (69767 Byte) Ottweiler Synagoge 009.jpg (74797 Byte)
Beim Pogrom am 10. November 1938: rechts das brennende Synagogeninventar Die Synagogenruine 1940 

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort  
Gedenkstunde zum 65. Jahrestag der Zerstörung der Synagoge im November 2003
(Quelle: Stadt Ottweiler)  

Ottweiler Synagoge 050.jpg (19639 Byte)"Ottweiler. Unweit der ehemaligen Ottweiler Synagoge, an einem Gedenkstein auf dem Fornarohof, kamen rund 50 Teilnehmer zu einer Gedenkfeier zusammen. Zu ihr hatten die Stadtverwaltung und die beiden Kirchengemeinden eingeladen. Anlass war der Rückblick auf die Pogromnacht am 9. November 1938. Damals, vor 65 Jahren, wurden im nationalsozialistischen Deutschland die Synagogen angezündet und geplündert. Jüdische Geschäfte wurden ausgeraubt. Viele machten mit. Viele schauten zu. Alle, die Opfer, die Täter und die Mitläufer, hatten Angst vor dem Terror des Staates. Das Datum ist als "Reichkristallnacht" in die Geschichte eingegangen. Aber es wurde mehr als Kristall zerschlagen. Die Werte des Abendlandes wurden verraten: Menschen jüdischen Glaubens, aber auch Sintis, Romas, Christen, Sozialisten und Kommunisten wurden damals verfolgt, misshandelt und in den Konzentrationslagern erschossen, vergast oder erhängt. Bald darauf, im Zweiten Weltkrieg, sollte ganz Europa brennen. Die Bilanz – Millionen an Toten, Schutt, Schmach und Asche. Aktuell sprachen sich Bürgermeister Hans-Heinrich Rödle, Diakon Reber und Pfarrerin Schmitt-Pridik während der Feierstund  e gegen Rassismus und Antisemitismus aus. Gemeinsam appellierten sie für mehr Frieden, Toleranz und Vernunft."
 
Weitere Berichte zur Erinnerungsarbeit vor Ort bitte über Suchmaschinen recherchieren.  
 
Juni 2018: Die Grundmauern der ehemaligen Synagoge werden markiert  
Artikel von Heinz Bier in der "Saarbrücker Zeitung" vom 15. Juni 2018: "Ottweiler - Ortsrat. Roter Granit für die Synagogen-Grundmauer
Ottweiler.
Der Ortsrat Ottweiler befasste sich in seiner jüngsten Sitzung vor allem mit Bebauungsplan-Änderungen.
... Die Nachbildung der äußeren Grundmauern der Ottweiler Synagoge, die in der letzten Ortsratssitzung von der CDU-Fraktion beantragt und vom Ortsrat einstimmig beschlossen wurde, muss nach einem Widerspruch des Landesdenkmalamtes anders als ursprünglich vorgesehen ausgeführt werden. Eine Nachbildung mit Platten ist nicht möglich, nun sollen die Grundmauern mit rotem Granitpflaster dargestellt werden..." 
Link zum Artikel 
 
November 2019: Verleihung des Alex-Deutsch-Preises für "gelebte Erinnerungskultur"
Hinweis: zu Alex Deutsch (1913 Berlin - 2011 Neunkirchen-Wiebelskirchen) siehe den Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Alex_Deutsch_(KZ-Häftling)       
Artikel von Anja Kernig in der "Saarbrücker Zeitung" vom 21. November 2019: "Alex-Deutsch-Preis: 'Das ist gelebte Erinnerungskultur'. In Ottweiler wurde der Alex-Deutsch-Preis verliehen
Ottweiler Doppelte Auszeichnung: Alex-Deutsch-Preis für das Saarpfalz-Gymnasium Homburg und Hans-Joachim Hoffmann

'Wir wollten den Preis unbedingt haben und haben alles dran gesetzt, ihn zu bekommen.' Weshalb Eberhard Jung und seine AG Geschichte des Saarpfalz-Gymnasiums Homburg ihrer Bewerbung mal eben 51 Stadtmagazin-Ausgaben und sieben Bücher beifügten – Belege der geleisteten Arbeit aus 20 Jahren des Bestehens der AG.
Voilà, am Mittwoch ging ihr Wunsch in Erfüllung: Der Vorsitzende der Alex-Deutsch-Stiftung, Landrat Sören Meng, überreichte dem Lehrer und den Schülern bei der gut besuchten Feier im historischen Sitzungssaal des Landratsamtes den zweiten Alex-Deutsch-Preis. 'Zwei Jahrzehnte haben sich die Schüler der AG Geschichte mit dem Leben und Wirken von Alex und Doris Deutsch auseinandergesetzt, ihnen Briefe geschrieben, sie gemalt, gemeinsam Ausstellungen eröffnet, Diskussionsrunden geführt.' Sogar eine Briefmarke wurde Alex Deutsch gewidmet. Artikel darüber fanden Einzug in Printmedien wie auch in die besagten sieben Bücher. 'Das ist nicht nur ausgezeichnete Zeitzeugenarbeit, das ist gelebte Erinnerungskultur', lobte der Kurator. 'Die AG Geschichte ist ein Vorzeigeprojekt und für den Alex Deutsch Preis prädestiniert.'
'Eine Leitfigur, ein großes Vorbild' sei Alex Deutsch, erklärte Eberhard Jung in seiner Dankesrede. 'Ein Musterbeispiel für die Ohnmacht des kleinen Mannes gegen die Allmacht des terroristischen Staates, den er letztendlich übertrumpft hat – mit seiner Bescheidenheit und Toleranz, seinem Humanismus und seiner Nächstenliebe.' Der Stiftung erteilte er den 'klaren Auftrag', für die Verfilmung der Lebensgeschichte des Auschwitzüberlebenden zu sorgen, der bis zu seinem Tod 2011 in Wiebelskirchen gewohnt hatte. Die Bedeutung des Zeitzeugentums stellte Roland Rixecker, Antisemitismus -Beauftragter der Landesregierung, deutlich heraus. 'Menschen sind verführbar, das wissen wir.' Umso wichtiger seien authentische Berichte über Einzelschicksale. Indem Persönlichkeiten wie Alex Deutsch ihre Erfahrungen schildern, geben sie ihre Zeitzeugenschaft an die nächste Generationen weiter. Die wiederum deren Geschichte 'zu ihrer Geschichte machen'.
Den weiteren zweiten Alex-Deutsch-Preis hatte zuvor Hans-Jürgen Hoffmann entgegen genommen. 'Seit fast zwei Jahrzehnten erforscht er die Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler und trägt mit Publikationen und Vorträgen dazu bei, dass die Erinnerung nicht verloren geht', betonte Meng. Dazu stellte er die Chronik der Familien Levy und Coblenz 'exemplarisch in den Fokus seiner Forschungen'. Seit 2013 bietet Hoffmann regelmäßig Führungen über den jüdischen Friedhof an. Zudem setzte sich der Preisträger für die Aberkennung der Ottweiler-Ehrenbürgerschaften an die NS-Größen Hindenburg, Hitler, Göring und Spaniol ein – 'auch um der von ihm ebenfalls angeregten Umsetzung der Aktion Stolpersteine Glaubwürdigkeit zu verleihen.' Die nicht immer reibungslos verlaufene Stolperstein-Vorgeschichte wie auch die Viten der 40 Menschen, denen die Steine gewidmet sind, dokumentierte Hoffmann 2015 im Buch 'Seid vorsichtig mit der Obrigkeit…!'.  Dass etliche Personen und Institutionen ihm erst ihre Hilfe dafür zusicherten, dann aber nie realisierten – diesem Ärger verschaffte der frischgebackene Preisträger in seiner Ansprache Luft. Unterstützer fand er dagegen unter anderem in Bürgermeister Holger Schäfer und der Sparkasse Neunkirchen. Aktuell warten noch zwei Typoskripte auf Sponsoren: zum einen Biographien politisch Verfolgter, zum anderen, 'fast fertig', Ausführungen zur Lokalgeschichte zwischen 1918 und 1956. Mit beiden Texten entspricht Hoffmann dem Vermächtnis August Bebels: 'Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.' 'Vor ihrem Engagement verneige ich mich', hatte Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot eingangs geäußert. Musikalisch gestaltet wurde der gelungene Abend, an dem auch Doris Deutsch und der Schöpfer des Preises, Seiji Kimoto, anwesend waren, von Pädagogen der Alex-Deutsch-Gemeinschaftsschule Wellesweiler."
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Fotos der Veranstaltung  

  
  
   

Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite Stadt Ottweiler  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Ottweiler (interner Link) 
bulletWebsite der Synagogengemeinde Saar   
bullet Website von Hans Werner Büchel (Ottweiler) zur Stadtgeschichte Ottweiler mit besonderem Schwerpunkt zur jüdischen Geschichte und zur Verlegung von "Stolpersteinen" in Ottweiler  

Literatur:   

bulletEva Tigmann: "Was geschah am 9. November 1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998. S. 69-71.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 450-451 (mit weiteren Literaturangaben). 
bulletHart, Schaffner & Marx: Reprint des Style Book Herbst/Winter 1909-1910. Mit einem Nachwort von Martina Graf und einer englischen Übersetzung von Lisa Hannah. Hamm am Rhein 2012. (Im Nachwort auch eine Beschreibung der deutschen Herkunft). 
vgl. Presse-Artikel Hammer Verlag gestaltet Reprint des 'Style Book' von 'Hart, Schaffner & Marx' (Allgemeine Zeitung, 04.07.2012)   
bulletHans-Joachim Hoffmann: Spurensuche: 'Zu lehren gab ich dein Herz'. In: Lebenswege jüdischer Mitbürger. Hrsg. vom Landkreis Neunkirchen. Ottweiler 2009.
bulletHans-Joachim Hoffmann: 'Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...!' Beitrag zur Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers. 405 S.  ISBN 978-3-946313-01-4. 19,80 €.
In Ottweiler erhältlich unter anderem bei der Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich- Straße. 
bulletHans Werner Büchel: Wohnstätten jüdischer Familien in Ottweiler. Zusammengestellt und bearbeitet im Sommer 2015. Link zur Dokumentation  

   
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ottweiler  Saar. Jews are first mentioned in the late 18th century. Many dealt in livestock. In 1840, a synagogue was consecrated, with the community under the jurisdiction of the Liberal R. Yosef Cahan (Joseph Kahn) from 1840. A private Jewish elementary school was started in 1825. The Jewish population rose to a peak of 170 (total 2.963) in 1843, including 70 children up to the age of 14. With the inaguration of a railway station in St. Johann in 1852, promoting the industrial development of the Saar, Jews began to leave Ottweiler for the industrial towns, their population dropping to 55 in 1895. In the late 19th century antisemitism flared up under the influence of a local doctor. With the defeat of the Center Party in the 1907 Reichstag elections, Catholic elements began agitating against Liberals and Jews. In mid-1933, the Jewish population was 81. With the Nazi rise to power and the annexation of the Saar to the Reich by plebiscite in 1935, most Jews left, including 19 to Palestine, 12 to the United States, 13 to France, and 19 to other German cities. On the morning after Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was wrecked, the Jewish cemetery was desecrated, Jewisch homes were vandalized, and Jews beaten and arrested. After the disturbances, the community ceased to function. On 22 October 1940, 13 Jews were deported to the Gurs concentration camp. In all, 20 Jews perished in the Holocaust, including 11 to Auschwitz.  
   
    

                   
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Stand: 06. Oktober 2024