Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Rohrbach (Stadt Büdingen, Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen
Links und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Rohrbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1721 waren 15 jüdische Einwohner am Ort (von insgesamt 161 Einwohnern).  
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1828 36 jüdische Einwohner, 1861 58 (15,3 % von insgesamt 380 Einwohnern), 1880 86 (21,9 % von 393), 1900 58 (13,6 % von 425), 1910 48 (12,2 % von 392).     
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule, Schulraum im Synagogengebäude), ein rituelles Bad (im Hof der Synagoge) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Provinzialrabbinat in Gießen.  
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Adolf Oppenheimer (geb. 28.9.1886 in Rohrbach, gef. 26.5.1915).      
 
Um 1924, als zur Gemeinde noch 45 Personen gehörten (9,8 % von insgesamt 457), waren die Gemeindevorsteher Josef Oppenheimer I, Simon Grünebaum II und Levi Grünebaum. Die jüdische Gemeinde hatte keinen eigenen Lehrer mehr. Seit 1906 erfolgt der Religionsunterricht im gemeinschaftlichen Schulverband von Düdelsheim, Glauberg und Rohrbach. So unterrichtete die 1924 neun schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde Lehrer Samuel Heß aus Düdelsheim in Religion. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Joseph Oppenheimer (1. Vors.), Simon Grünebaum (2. Vors.) und Levi Grünebaum (3. Vors.). Auch Lehrer Heß aus Düdelsheim unterrichtete weiterhin in der Gemeinde. Im Schuljahr 1931/32 waren von ihm fünf Kinder in Religion zu unterrichten.     
    
1933 lebten noch 37 jüdische Personen in Rohrbach (8,3 % von insgesamt 443; in acht Familien). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Von Januar bis März 1939 verzogen 15 jüdische Gemeindeglieder (Angehörige der Familien Oppenheimer und Grünebaum) nach Frankfurt. 1939 wurde nur noch ein jüdischer Einwohner registriert. Von den nach Frankfurt Verzogenen sind etwas später Samuel und Jeanette Oppenheimer nach Südafrika emigriert.   
     
Von den in Rohrbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Frenkel geb. Oppenheimer (1883), Julius Grünebaum (1892), Levi Grünebaum (1872), Lothar Grünebaum (1929), Simon Grünebaum (1859), Sofie Grünebaum (1898), Walter Grünebaum (1923), Fanny Meier geb. Oppenheimer (1851), Kathinka Rothschild geb. Oppenheimer (1870), Johanna Seligmann geb. Grünebaum (1885), Hedwig Sonneberg geb. Grünebaum (1896).  
Anmerkung: eine Auswertung in den angegebenen Listen ist nur eingeschränkt möglich (oben nach Kriterium: Familiennamen Grünebaum und Oppenheimer +Rohrbach), da in den Listen nicht ausreichend zwischen den drei Orten "Rohrbach" mit früheren jüdischen Gemeinden unterschieden wird; auch in Heidelberg-Rohrbach und in Sinsheim-Rohrbach gab es jüdische Gemeinden.    
    
Zur Erinnerung an das Schicksal der früheren jüdischen Gemeindeglieder ist am alten Rathaus in Rohrbach (Klostergasse) seit 1990 eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift lautet: "Zur Erinnerung an die ehemalige Synagoge der jüdischen Gemeinde Rohrbach. Erbaut 1884 und während der nationalsozialistischen Diktatur am 9. November 1938 verwüstet und zum Gedenken an unsere verfolgten und ermordeten jüdischen Mitbürger."    
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1891 / 1892

Rohrbach Buedingen Israelit 17121891.jpg (73779 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1891: "Vakanz
Die Stelle des Religionslehrers, Vorbeters und Schächters ist per 1. Januar zu besetzen. Mit einem Fixum von 600 Mark pro Jahr ist ein feines Wohnzimmer und freier Brand verbunden. Nebenverdienste, inklusive Schechita , belaufen sich auf ca. 200 Mark. Auch ist dem Bewerber Gelegenheit geboten, Unterricht in einer Filiale zu erteilen, welche ungefähr 30 Minuten entfernt ist, die 150-200 Mark einbringt. Qualifizierte, seminaristisch gebildete Lehrer wollen ihre Zeugnisse nebst Biographie an den Unterzeichneten einsenden. 
Rohrbach bei Büdingen (Oberhessen). Abraham Oppenheimer, Kultusvorstand."  
  
Rohrbach Buedingen Israelit 16061892.jpg (39485 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1892: "Vakanz
Die hiesige Gemeinde sucht per 1. September einen seminaristisch gebildeten Religionslehrer. Das Einkommen beträgt 850 bis 900 Mark nebst freier Wohnung. Bewerber wollen ihre Zeugnisse senden an den Vorstand  
Abraham Oppenheimer, Rohrbach bei Büdingen (Oberhessen)."  

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge                 
     
Zunächst war ein Betraum beziehungsweise eine erste Synagoge unbekannten Baujahres vorhanden.  
  
1884 wurde das Haus des bisherigen Betsaales völlig umgebaut. Während sich bisher der Männer- und Frauenraum auf zwei Zimmer im Erdgeschoss dieses Gebäudes befand, wurde 1884 eine Frauenempore im Obergeschoss eingebaut; der bisherige Bereich des Männer- und Frauenraumes wurde zum "neuen Männer-Raum". Nach dem Umbau hatte der Synagogensaal 54 Plätze für Männer; auf der Empore hatte es 26 Plätze für die Frauen. Auch Gemeinde- und Schulräume sowie die Wohnung des Lehrers wurden in dem Gebäude untergebracht. Im Hof war das rituelle Badehaus.   
       
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Die drei Torarollen und Kultgegenstände sind verschwunden. Danach wurde das Abwesen für 560 mark an einen nichtjüdischen Privatmann verkauft, obwohl es einen Wert um 3.000 Mark gehabt haben soll. Es ist nicht bekannt, ob der äußerst niedrige Preis überhaupt gezahlt wurde. 
  
Das Gebäude wurde in den 1950er-Jahren nach Klärung des Restitutionsverfahrens zur "Dorfschule" umgebaut. Nach Ende der "Schulzeit" wurde das Synagogengebäude in ein Zweifamilienhaus mit einem Metzgerladen im Erdgeschoss umgebaut.   
    
    
Adresse/Standort der Synagoge            Beundagasse 21   
    
    
Fotos
(Quelle: Altaras s. Lit.)  

Situationsplan von 1883: die Synagoge 
ist im Mittelpunkt mit "A" eingetragen, 
Hofräume mit "B" und das Lehrerhaus der
 israelitischen Religionsgemeinde mit "C"
Rohrbach Synagoge 990.jpg (24076 Byte)  
     
     
Pläne zum Synagogenumbau von 1883, gezeichnet durch 
Geometer Eberhard aus Büdingen
Rohrbach Synagoge 991.jpg (40163 Byte) Rohrbach Synagoge 992.jpg (56023 Byte) Rohrbach Synagoge 995.jpg (58610 Byte)
Oben: der "alte Grundriss" der Synagoge 
vor 1884 mit Männer- und Frauenraum im 
Bereich des Erdgeschosses 
Der "neue Grundriss" mit der Synagoge 
nach 1884; eine Frauenempore ist auf Höhe 
des Obergeschosses eingebaut
Längenschnitt (eingezeichnet auf Grundriss
 links mit Zugang zur Frauenempore vom
 Fraueneingang; erkennbar auch der Männereingang
     
   Rohrbach Synagoge 994.jpg (35142 Byte) Rohrbach Synagoge 993.jpg (47598 Byte)
   "Alte Ansicht" des Gebäudes vor 1884 
- von der Ortsstraße gesehen
"Projektierte Ansicht" 
von der Ortsstraße
       
     
Die zur Dorfschule umgebaute Synagoge
 in den 1960er-Jahren
(Quelle: private Website zu Rohrbach, 
siehe Link unten)
Rohrbach Synagoge 998.jpg (45805 Byte)   
       
        
Das ehemalige Synagogengebäude - 
umgebaut zum Ladengeschäft mit
 Wohnung im Juni 1985  
Rohrbach Synagoge 996.jpg (69473 Byte) Rohrbach Synagoge 997.jpg (78009 Byte)
        
        

   
   
Links und Literatur

Links:

Website der Stadt Büdingen  
Private Website zu Rohrbach 

Literatur:  

Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 230-231.   
Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 193-194.   
dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 156.   
Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 314-315.     
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 299-300. 

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Rohrbach  Hesse.  The community numbered 86 (22 % of the total) in 1880 and 37 in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue's interior was destroyed and by December 1939 no Jews remained, at least 31 having emigrated (chiefly to the United States).   
   
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 01. Februar 2014