Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

   
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Oberfranken"
   

Markt Hirschaid (Kreis Bamberg)
 
mit Sassanfahrt (Markt Hirschaid) 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen      
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Pläne 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)       
    
In Hirschaid lebten einige Juden bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Zwei Juden aus Hirschaid klagten 1488 und 1494/95 vor dem Landgericht Bamberg gegen Schuldner und Bürgen aus der näheren Umgebung. 1508 war mindestens eine jüdische Familie sowie ein jüdischer Arzt in Hirschaid ansässig. Ein Jude aus Hirschaid ließ sich 1508 in Rothenburg ob der Tauber nieder. Ob in den folgenden Jahrzehnten und in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges Juden am Ort lebten, ist nicht bekannt. 
 
Erst in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts sind Juden wieder in Hirschaid nachzuweisen. 1675 lebten 30 jüdische Personen am Ort. 
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1812 83 jüdische Einwohner (in 20 Familien; 13,7 % von insgesamt 604 Einwohnern), 1832 104 (ca. 18 %), 1852 79, 1867 51 (6,6 % von 776), 1880 69 (7,3 % von 941), 1900 58 (5,2 % von 1.113), 1910 65 (4,6 % von 1.411). Die jüdischen Familienvorsteher waren als Kleinhändler (mit Waren oder Vieh), Handwerker oder auch in der Landwirtschaft tätig.     
 
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge, ein jüdische Schule (jüdische Elementarschule bis 1924, im Gebäude Nürnberger Straße 12, das von 1887 bis 1939 von der jüdischen Gemeinde als Gemeindehaus sowie als Elementar- und Religionsschule genutzt wurde - mit Lehrerwohnung) sowie ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden bis 1819 auf dem jüdischen Friedhof in Pretzfeld beigesetzt, seitdem im Friedhof Buttenheim, der mit im Besitz der Gemeinde Hirschaid war. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
  
Von den Lehrern sind bekannt: um 1878/1882 Moses Goldlewsky (danach in Gerolzhofen, siehe weitere Informationen dort). Sein Nachfolger war von  1883 bis zu seinem Tod 1928 der von der Gemeinde hoch geschätzte Lehrer Abraham Rau. Sein Nachfolger wurde Lehrer Kahn (vgl. Presseberichte unten).    
  
Die jüdische Gemeinde gehörte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Rabbinat in Adelsdorf, nach dessen Auflösung zum Distriktsrabbinat in Bamberg. 
  
Um 1924, als zur Gemeinde noch 64 jüdische Gemeindeglieder gehörten (4,1 % von insgesamt 1.594 Einwohnern; dazu 13 in Buttenheim), waren die Vorsteher der nach Auflösung der Buttenheimer Gemeinde gebildeten "Synagogengemeinde Hirschaid und Buttenheim" Jonas Strauß und Julius Aufsesser aus Hirschaid sowie Jakob Bauer aus Buttenheim. Hauptlehrer Abraham Rau unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde acht Kinder, an der Volksschule drei Kinder. Er war zugleich Vorbeter und Schochet der Gemeinde. An jüdischen Vereinen bestanden der Frauenverein Buttenheim-Hirschaid mit zusammen 23 Mitgliedern unter Leitung von Paula Schmitt aus Hirschaid (auch 1932). 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Heinrich Stern (1. Vors.) und Heinrich Hellmann (3. Vors.) aus Hirschaid sowie Jakob Bauer (2. Vors.) aus Buttenheim. Den Religionsunterricht besuchten im Schuljahr 1931/32 fünf Kinder. 
 
1933 wurden 64 jüdische Einwohner gezählt (3,7 % von insgesamt 1.713 Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung von Ort verzogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). 1941 wurden noch 26 jüdische Einwohner gezählt. Im folgenden Jahr 1942 wurden alle vom Ort verschleppt; über Nürnberg erfolgte ihre Deportation in die Nähe von Lublin.   

Von den in Hirschaid geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Julius Aufseeser (1880), Lina Aufseeser (1885), Sofie Fleischmann geb. Hellmann (1883), Helene Frank geb. Götz (1898), Rosa Gerst geb. Stern (1883), Leopold Godlewsky (1878), Mathilde Hahn geb. Strauss (1886), Heinrich Hellmann (1879), Hilda Hellmann geb. Klein (1888), Bianka Heumann geb. Schmitt (1907), Hannelore Heumann (1933), Jonathan Heumann (1892), Karl Heumann (1930), Ludolf Heumann (1931), Philipp Heumann (1899), Setta Heumann geb. Schümlein (1905), Carry Kahn geb. Weissmann (1910), Frieda Kahn (1931), David Kahn (1894), Ferdinand Katz (1877), Helene (Hindl) Neumann geb. Strauss (1890), Meta Neumann geb. Strauss (1884), Karola Plaut geb. Katz (1911), Gerhard (Gerd) Plaut (1937), Siegfried (Fritz) Plaut (1910), Moritz Schmitt (1880), Paula (Pauline) Schmitt geb. Dingfelder (1884), Fanny Speyer geb. Godlewsky (1882), Frieda Stern (1881), Selma Stern (1884), Selma Stern geb. Dingfelder (1891), Sophie Stern geb. Heumann (1886), William Stern (1887), Jeanette Sternschein geb. Hellmann (1890), Meta Stoll geb. Strauss (1884), Bertha Weissmann geb. Reichmannsdörfer (1881), Gustav Weissmann (1878), Hermann Weissmann (1905). 
    
Hinweis: zur jüdischen Gemeinde Hirschaid gehörten auch die in Sassanfahrt lebenden jüdischen Personen. Zwischen 1931 und 1939 war es die Familie Merel. Die Eltern, Samuel Merel (geb. 1890 in Gorlice) und Minna (Mina, Mindel) geb. Feniger (geb. 1890 in Dukla) sowie ihre fünf Kinder Lotte, Esther, Nathan, Sophie und Jenny. Die Eltern starben im Vernichtungslager Auschwitz (Samuel Merel) bzw. in Le Vernet (Frankreich; Minna Merel). Lotte, Esther und Nathan wurden mit einem Kindertransport nach England geschickt. Sophie und Jenny, die mit den Eltern nach Südfrankreich geflüchtet waren, konnten von einer jüdischen Hilfsorganisation in ein Kinderheim in die Schweiz gebracht werden und trafen im Oktober 1945 ihre Geschwister wieder. Für die Eltern wurden am 17. Oktober 2017 in Sassanfahrt "Stolpersteine" verlegt. 
Zum Besuch von Jenny Orenstein geb. Merel im Oktober 2017 in Sassanfahrt siehe Pressebericht:  http://www.infranken.de/regional/bamberg/ein-bewegender-besuch;art212,2978919  
    
Hinweis: An den in Hirschaid geborenen jüdischen Lehrer Elias Godlewsky (Sohn des Lehrers Moses Godlewsky; war Lehrer nach verschiedenen anderen Orten von 1924 bis 1936 in Kassel, zuletzt noch in Bad Wildungen; gest. 1953 in New York) erinnert ein "Stolperstein" in Bad Wildungen.
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers/Vorbeters/Schächters 1876/77

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1876: "Lehrer-Gesuch. 
Die israelitische Kultus-Gemeinde zu Hirschaid bei Bamberg sucht einen Religionslehrer, wenn möglich unverheiratet, welcher zugleich die Vorsänger und Schächterstelle übernehmen kann, und wird demselben ein jährlich fixierter Gehalt von 800 Mark nebst freier Wohnung zugesichert. Hierauf Reflektierende wollen sich gefälligst bald anher melden.
Hirschaid, 7. September 1876. Die Kultus-Verwaltung."
Unklar ist, worum fünf Monate nach der obigen Ausschreibung im Februar 1877 erneut ausgeschrieben werden musste. Eventuell war nur kurze Zeit ein neuer Lehrer in der Gemeinde oder die Stelle kommt im Herbst 1876 nicht besetzt werden. 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1877: "Lehrer-Gesuch. 
Die israelitische Kultus-Gemeinde zu Hirschaid bei Bamberg sucht einen Religionslehrer, wenn möglich unverheiratet, welcher zugleich die Vorsänger und Schächterstelle übernehmen kann, und wird demselben ein jährlich fixierter Gehalt von 800 Mark nebst freier Wohnung zugesichert. Hierauf Reflektierende wollen sich gefälligst bald anher melden.
Hirschaid, im Januar 1877. Die Kultus-Verwaltung."

  
Zum Tod des Lehrers (auch Vorbeter, Schächter, Beschneider) Moses Godlewsky in Gerolzhofen im März 1900 (war um 1878/1882 Lehrer in Hirschaid)   

Gerolzhofen Israelit 09041900.jpg (203575 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1900: "Unterfranken. Ende März (1900). 'Wehe uns...' haben wir schmerzvoll bei der Nachricht von dem plötzlichen Hinscheiden des Herrn Lehrer Moses Godlewsky in Gerolzhofen am Abend des 19. vorigen Monats (März 1909) ausgerufen. Gewiss, wer wie wir Gelegenheit hatte, den Mann kennen und würdigen zu lernen, der wird diesen Schmerz mit uns teilen, der wird empfinden, dass der Tod dieses seltenen Mannes nicht nur einen schweren Verluste für die hartgeprüfte Familie und für die Gemeinde, sondern auch für das Allgemeine, für den Kelal Jisrael (ganz Israel) bedeutete. Herr Godlewsky war sozusagen ein Vollkommener, vor allem ein Chassid (ein Frommer) ein Gottesfürchtiger mehr als viele andere, ein reiner, hoher Charakter, selbst- und anspruchslos wie selten einer, musterhaft in Pflicht- und Berufstreue. Von guter, ehrenwerter Familie in Russland stammend, war er mit reicher Torakenntnis ausgestattet, ein Gelehrter in Tanach (Bibel) und ... Sein Hebräisch war klassisch und bewundernswert. Seit Jahrzehnten in Bayern naturalisiert, hat er sich rasch die Kenntnis im Deutschen angeeignet, sodass er nicht nur den gesetzlichen Ansprüchen für den Lehrerberuf mehr als genügte, sondern auch bei den königlichen Behörden, bei Vorgesetzten und Kollegen, sowie in der Gemeinde und deren Umkreis in hohem Ansehen stand. Bei seiner seltenen Begabung und seinem energischen Willen war es ihm gelungen, bisher ihm fremde Kenntnisse und Fähigkeiten sich anzueignen, ward ein gewandter, angenehmer Chasan (Vorbeter), ein tüchtiger Schochet uBodek (Schächter und Fleischbeschauer), ein geschickter Mohel (Beschneider) und erlernte noch in späteren Jahren Stenographie und Schriftmalerei. Was er für die Ausbildung seiner Kinder, die ebenfalls von besonderer Begabung, getan und geleistet, erregte allgemeine Bewunderung. Von seinen fünf Söhnen studierte einer Medizin, der bereits als tüchtiger Arzt praktiziert, die vier anderen ließ er als Lehrer ausbilden und suchte sie so der Tora und der Gottesfurcht zu erhalten. So hatte Herr Godlewsky im engeren Kreise gelebt und gewirkt, bis eine tückische Herzkrankheit seine Schaffenskraft lähmte und ihn schließlich im besten Mannesalter, im 57. Lebensjahre, dem Tode überlieferte. Hart empfindet die trauernde Witwe mit ihren sieben Kindern den Verlust des geliebten, sorgsamen Gatten und Vaters, die Gemeinde des treuen Führers und Beraters, Lehrers und Freundes, beklagenswert erscheint der frühe Heimgang eines so frommen, tätigen Mannes allen, denen das allgemeine Wohl und Heil am Herzen liegt. Kein Wunder, dass die Teilnahme an diesem Trauerfalle eine sehr lebhafte und allgemeine war und sie gab sich kund bei dem Leichenbegängnisse, dem sich nicht nur die Gemeindemitglieder, sondern auch viele Nichtisraeliten, darunter städtische und königliche Beamte, die Lehrerschaft und viele seiner Verehrer aus der Umgegend anschlossen.
Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Stein aus Schweinfurt gab sowohl im Hause als am Grabe den Trauergefühlen, der Anerkennung und der Bedeutung des pflichttreuen, gelehrten und frommen Hingeschiedenen beredten Ausdruck. Es sprachen noch außerdem Herr Lehrer Hirsch - Zeilitzheim im Namen der Kollegen, Herr Lehrer Oppenheimer - Prichsenstadt im Namen des jüdischen Lehrervereins und endlich der Kultusvorstand im Namen der Gemeinde.
Möge der gebeugten Familie himmlischer Trost werden und der Verdienst des Dahingeschiedenen ihr beistehen; er selbst aber den reichen Lohn seiner Taten in einem schöneren Leben finden und am Sternenhimmel verdienstvoller Männer glänzen für und für -  mit Zitat aus Daniel 12,3: "die, die viele zur Gerechtigkeit weisen, werden leuchten wie die Sterne immer und ewiglich"
 
Aus dem Stadtarchiv Gerolzhofen: Foto der Familie Godlewsky 1889: von links: Leopold (geb. 1878 in Hirschaid, umgekommen um 1942), Ida (1844), Rosa (geb. 1876 in Schradeck im Kurland - Srednik / Kowno, Litauen, später verheiratet mit Rudolph Moddel, umgekommen 1943 im Ghetto Theresienstadt), Julius (geb. 1884 in Gerolzhofen), Elias (geb. 1880 in Hirschaid, wurde Lehrer an verschiedenen Orten, von 1924 bis 1936 in Kassel, zuletzt noch in Bad Wildungen; gest. 1953 in New York; an ihn erinnert ein "Stolperstein" in Bad Wildungen ), Moses (um 1843, gest. 1900), Fanny (geb. 1882 in Hirschaid, später verheiratet mit Siegfried Speyer, ermordet 1942 im KZ Auschwitz). Nicht auf dem Foto ist der 1867 noch in Schradeck im Kurland - Srednik / Kowno, Litauen geborene Sohn Meyer (Mayer, Meier), der als Kantor und Religionslehrer in Sulzbach und Cham tätig war und 1939 in Konstanz starb (weitere Informationen auf der Seite zu Cham).
Genealogische Informationen teilweise nach https://www.geni.com/people/Moses-Godlewsky/6000000031450400686.
  

   
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Abraham Rau (1908)    

Hirschaid Israelit 22101908.jpg (34174 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1908: "Bamberg, 19. Oktober (1908). Kommenden Samstag Schabbat Bereschit (Schabbat mit der Toralesung Bereschit = Am Anfang..., d.i. 1. Mose 1,1 - 6,8 = 24. Oktober 1908) feiert die israelitische Kultusgemeinde im nahen Hirschaid das 25jährige Dienstjubiläum ihres Lehrer Herrn Abraham Rau. Herr Lehrer Rau ist Schüler der israelitischen Lehrerbildungsanstalt Würzburg und hat öfter aus Liebe zu seiner Gemeinde, deren ungeteilte Achtung er sich erfreut, einen Ruf nach einer anderen Gemeinde abgelehnt."
   
Hirschaid Israelit 29101908.jpg (173761 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1908: "Hirschaid bei Bamberg, 25. Oktober (1908). Am Heiligen Schabbat Paraschat Bereschit (Schabbat mit der Toralesung Bereschit = Am Anfang..., d.i. 1. Mose 1,1 - 6,8 = 24. Oktober 1908) wurde hier das Jubiläumsfest des seit 25 Jahren daselbst wirkenden Herrn Lehrers A. M. Rau feierlich begangen. Die jüdische Gemeinde ehrte die Verdienste des Jubilars in schönster Weise durch herrliche wertvolle Geschenke und Worte der Anerkennung. Um das Gelingen des Ganzen haben sich insbesondere die Herren Schütz und Jonas Strauß sehr verdient gemacht. Am Freitagabend trugen die jüngsten Schülerinnen entsprechende Gedichte vor und Alt und Jung fand sich in der reizend geschmückten Wohnung des Gefeierten zur Gratulationskur ein. Sabbat-Vormittag wurde Festgottesdienst abgehalten, den Herr Lehrer Hammelburger, Nachbarkollege aus Mühlhausen, in würdiger Weise leitete. Nach dem Einheben hielt Herr Oppenheimer - Sulzbürg, Jugendfreund des Geehrten, eine längere, sehr inhaltsreiche, der Feier des Tages angemessene Rede. Herr Lehrer Hammelburger sprach sodann namens der Kultusgemeinde noch Mussaf. Der Jubilar dankte gerührt ob der zahlreichen Beweise von Liebe und Verehrung. Am Abende sollte aber erst die eigentliche Festlichkeit beginnen, wozu eine vorzügliche Musikkapelle aus Bamberg engagiert war. Im Zenkschen geräumigen Saale hatte sich eine illustre Gesellschaft eingefunden und rasch waren alle Plätze besetzt. Fräulein Hellmann eröffnete den Reigen der Vorträge, worauf Herr Kultusvorsteher Hellmann ein Hoch auf den Jubilar ausbrachte. Herr Schütz sprach namens der ehemaligen Schüler, die ein sinniges und wertvolles Geschenk überreichten. Der Lokalschulinspektor und katholische Pfarrer Schramm aus Hirschaid hielt eine wirkungsvolle Anrede, worin er mit herzlichen Worten der vielen Verdienste des Jubilars gedachte. Ihm schloss sich Herr Lehrer Oppenheimer - Sulzbürg namens des israelitischen Lehrervereins an, zu dessen Verwaltung der Jubilar eine Zeitlang gehörte. Er dankte und gratulierte dem Jubilar und widmete ihm ein sinnreiches zu seinen Ehren verfasstes Gedicht. Herr Lehrer Leicher - Hirschaid sprach für den Bezirkslehrerverein, Herr Hauptlehrer Fischler namens der Lehrerschaft, denen mit der Ehrung des Herrn Rau gleichfalls Ehre und Auszeichnung widerfuhr. Noch mehrere Herren kamen zu Worte und Herr Rau sprach wiederholt seine Dankbarkeit aus für die mannigfachen, unerwarteten Ehrungen. Die Gemeinde Hirschaid, welche vor einigen Jahren die ehemalige Religionsschule in eine öffentliche umwandelte verdient bei dieser Gelegenheit speziell Erwähnung und rühmliche Anerkennung. Das schöne, in jeder Beziehung wohlgelungene Fest wird allen Teilnehmern in unvergesslicher Erinnerung bleiben."

  
40-jähriges Lehrerjubiläum von Lehrer Abraham Rau (1923)   
 

Adelsberg Israelit 17091923.jpg (58841 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1923: "Würzburg, 15. September (1923). Ihr 40jähriges Lehrer-Jubiläum begingen im Hotel Goldschmidt dahier die Lehrer: Ehrenreich - Langenselbold, Fröhlich - Gießen, Goldstein - Würzburg, Klein - Gießen, Levi -  Burgpreppach, Rau - Hirschaid, Rosenthal - Worms, Schloss - Langen, Stern - Echzell, Strauß - Gelnhausen, Weichselbaum - Adelsberg. Gleichzeitig übergaben sie dem hiesigen israelitischen Seminare ein ahnsehnliches Geschenk. Von den 15 Absolventen des Jahrganges 1883 sind leider drei mit Tod abgegangen und einer in einer Nervenanstalt untergebracht."

 
Zurruhesetzung von Lehrer Abraham Rau (1928)   

Hirschaid BayrGZ 01081928.jpg (26885 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. August 1928: "Bamberg. Oberfränkischer Volksschuldienst. Der wegen Erreichung der Altersgrenze im einstweiligen Ruhestand lebende Hauptlehrer Abraham Rau in Hirschaid wird in den dauernden Ruhestand versetzt und demselben für seine Dienstleistung die Anerkennung der Regierung von Oberfranken ausgesprochen."    
 
Hirschaid BayrGZ 15081928.jpg (22341 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. August 1928: "Hirschaid. Hauptlehrer Rau, der sich infolge Auflösung der jüdischen Volksschule seit einigen Jahren in zeitlichem Ruhestand befand, wurde nach Erreichung der Altersgrenze unter Anerkennung seiner Dienstleistung in der dauernden Ruhestand versetzt."  

 
Zum Tod von Lehrer Abraham Rau (1928)   

Hirschaid BayrGZ 15111928.jpg (123436 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Zeitung" vom 15. November 1928: "Abraham Rau - Julius Bernstein. Wieder sind uns zwei liebe Freunde und treue Kollegen durch den Tod entrissen worden. Am 14. Oktober starb Hauptlehrer a.D. Abraham Rau in Hirschaid, ihm folgte am 26. Oktober Lehrer Julius Bernstein von Mainbernheim ins Grab. 
Rau gehörte zu den immer seltener werdenden Beamten, deren ganze Lebensarbeit einer einzigen Gemeinde gewidmet ist. Kurz nach seinem im Jahre 1883 erfolgten Seminaraustritt kam er nach Hirschaid, wo er, zuerst als Religionslehrer, dann vom Jahre 1903 ab als Volksschullehrer, im ganzen 46 Jahre wirkte. Auch als vor einigen Jahren seine Schule infolge Kindermangels aufgelöst wurde, blieb er seiner Gemeinde, die wie zu einem Vater zu ihm aufschaute, treu. Die hohe und allseitige Verehrung, deren er sich erfreute, fand bei seiner Beerdigung ebenso beredte wie ergreifenden Ausdruck. Auch unserem Vereine, dem er seit 1884 angehörte, war Rau der Getreuesten einer. Durch das Vertrauen der Mitglieder wurde er in die Verwaltung berufen, in der er mehrere Jahre in sachlichem Ernste und hingebungsvollem Eifer mitarbeitete. Den Dank, den wir dem Heimgegangenen wollen, rief ihm der 2. Vorsitzende unseres Vereins, Herr Dr. Bamberger (Nürnberg), ins offene Grab nach. 
Im Gegensatz zu Rau war Bernstein in einer ganzen Reihe von Gemeinden in den verschiedensten Teilen unseres deutschen Vaterlandes tätig. Von Nenzenheim, seinem ersten Anstellungsorte, führte ihn die berufliche Laufbahn über Oberhessen und die ehemalige Provinz Posen nach Graudenz, wo er 26 Jahre wirkte. Als 63jähriger griff er nochmals zum Wanderstabe, da er nach dem Übergange von Graudenz an Polen der deutschen Heimat treu bleiben wollte In Mainbernheim, unweit seines ersten Wirkungskreises fand er ein neues Feld der Betätigung und erwarb sich hier durch sein schlichtes, anspruchsloses Wesen in allen Kreisen Liebe und Wertschätzung. Vor kurzem erst in den Ruhestand eingetreten, hat ihn nun der Tod zur Ruhe der ewigen Heimat heimgeholt.
Wir werden den dahingeschiedenen Kollegen ein treues und dauerndes Andenken bewahren."
  
Hirschaid BayrGZ 01111928.jpg (186051 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. November 1928: "Am Montag, dem 15. Oktober trugen wir den Herrn Oberlehrer Rau (Hirschaid) zu Grabe. Viel zu früh hat der Tod diese Zierde des Lehrerstandes, diesen gütigen Menschen und edlen Juden, der bis zum letzten Augenblick nichts anderes kannte, als Pflichterfüllung bis zum äußersten, hinweggerafft. Erst vor wenigen Monaten war er in den dauernden Ruhestand getreten, um nach aufreibender Lebensarbeit noch einige Jahre der Ruhe zu genießen. Aber nicht lange sollte er sich dieser wohlverdienten Ruhe erfreuen; denn ein tückisches Leiden brachte ihn in den Operationssaal nach Bamberg, wo er kurz darauf an den Folgen dieser Operation verschieden ist. Groß war die Zahl der Leidtragenden, die dem treuen Lehrer und Freunde das letzte Geleit gaben. Im Schulhofe von Hirschaid stand dicht gedrängt die jüdische und christliche Bevölkerung, unter ihnen die katholischen und protestantischen Ortsgeistlichen, um Abschied zu nehmen von dem allseits beliebten und geachteten Schulmanne, dem stets liebenswürdigen Menschen. Rabbiner Dr. Rülf (Bamberg) entwarf unter Zitierung des Wochenabschnittes 'Noach isch zaddik' ein Bild von der Persönlichkeit und dem Wirken dieses geachteten und redlichen Mannes, des vorbildlichen Lehrers, des treuen Gatten und Familienvaters, des reinen und edlen Menschen. Hauptlehrer Dr. Bamberger (Nürnberg), der 2. Vorsitzende des israelitischen Lehrervereins für Bayern, schilderte Rau als treuen Lehrer und Freund, der schon in jungen Jahren das Glück hatte, an eine Volksschule berufen zu werden, der aber unentwegt mit in der vordersten Reihe um die Besserstellung der Religionslehrer kämpfte. Die Lehrerschaft ehrte diesen Kämpfer dadurch, dass sie ihn in die Verwaltung des Lehrervereins berief, wo er mehrere Jahre tätig war. Der Vorsitzende des Bezirkslehrervereins Bamberg-Land ehrte in warmen Worten unter Niederlegung eines Kranzes das treue Mitglied des Bayerischen Lehrervereins. Auch der Krieger und Kampfgenossenverein, der mit umflorter Fahne erschien, und die freiwillige Sanitätskolonne ehrten ihren treuen Kameraden durch Kranzniederlegung. Namens der Kultusgemeinde Hirschaid sprach Herr Aufseeser mit tränenerstickter Stimme den Dank für viereinhalb Jahrzehnte aufopfernder Lebensarbeit aus und nahm Abschied von den 'Roe neemon'. Langsam nur verließ die Trauergemeinde den stillen Grabeshügel, der einen so kostbaren Schatz birgt, und von den ersten Blicke konnte man die stimme Frage ablesen: Wer vermag die furchtbare Lücke zu schließen, die der Tod hier gerissen hat? Oberlehrer Rau ist nicht mehr! Was sterblich an ihm war, ruht im dunklen Grabe. Sein Andenken wir aber bei allen, die ihn kannten, stets in Ehren gehalten werden. Secher zaddik lifrochoh! = Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen.  Fränkel, Erlangen."   
 
Artikel in der "Deutschen Israelitischen Zeitung" (Regensburg) vom 8. November 1928: "Hauptlehrer A. M. Rau in Hirschaid - seligen Andenkens. Einen überaus schweren Verlust hat die Kultusgemeinde Hirschaid-Buttenheim, durch das Hinscheiden des Herrn Hauptlehrers A. M. Rau erlitten. Am Schabbot Bereschis verschied er im Krankenhause zu Bamberg an den Folgen eines Herzschlages. Fast 46 Jahre hat er hier als Kantor, Lehrer und Schochet segensreich gewirkt. Das überaus große Trauergeleite gab Zeugnis von der großen Beliebtheit des Heimgegangenen bei allen Schichten der Bevölkerung. Infolge des Rausch chaudesch konnten nur kurze Ansprachen gehalten werden. Herr Distriktsrabbiner Dr. Rülf - Bamberg, Israelitischer Lehrerverein, Kultusgemeinde, Bezirkslehrerverein Bamberg-Land, Gemeinderat, Kriegerverein und Verein für ambulante Krankenpflege widmeten ehrende Nachrufe. Der Dahingeschiedene war mehreren Generationen ein trefflicher Jugendbildner und bildete fast ein halbes Jahrhundert den religiösen Mittelpunkt seiner Gemeinde. Auch unser Blatt beklagt in dem Dahingeschiedenen einen langjährigen Freund. Sein Andenken sei zum Segen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

 
Zum Jahrestag des Todes von Lehrer Abraham Rau (1929)   

Hirschaid BayrGZ 01121929.jpg (80660 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Dezember 1929: "Hirschaid (Oberfranken). Zur ersten Wiederkehr der Jahrzeit für unseren unvergesslichen Herrn Hauptlehrer A. M. Rau wurde von dessen Kindern in hiesiger Synagoge ein Ner Tamid (ewiges Licht) gestiftet, das unserem Gotteshause zur Zierde gereicht. Nach Mincha und von Herrn Lehrer D. Kahn vorgetragenem Einleitungsgesang übergab im Namen der Familie der Sohn des Verewigten, Herr Lehrer Simon Rau, Weißenfels, mit einer herrlichen Rede das Ner Tamid der Obhut der Gemeinde. Hierauf nahm Herr Lehrer Kahn dasselbe mit Dankesbezeugungen entgegen und rief nochmals die hervorragenden Charaktereigenschaften seines Amtsvorgängers, der hier über sechsundvierzig Jahre segensreich wirkte, der ergriffen lauschenden Gemeinde ins Gedächtnis. Diese erhebende Feier wird noch lange in unserem Gedächtnis bleiben. 
In unserer Gemeinde feierte am 12. November deren Senior, Herr Joseph Hellmann, bei vollkommener Geistes- und Körperfrische seinen achtzigjährigen Geburtstag. Mögen demselben noch viele weitere Jahre in Gesundheit beschieden sein. - 
Einen schweren Verlust erlitt unsere Kultusgemeinde durch den Heimgang des Kaufmanns Max Weißmann, Buttenheim. Dessen überaus ehrenvolles Leichenbegängnis, bei dem alle Konfessionen und einige Militärvereine mit Fahnen und Musik vertreten waren, legte Zeugnis ab von der Beliebtheit und Wertschätzung, deren sich der Verewigte bei Arm und Reich, auch über die Grenzen seiner Berufstätigkeit hinaus, erfreute."
  
Hirschaid Israelit 14111929.jpg (54019 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1929: "Hirschaid, 6. November (1929). Am Schabbat Bereschit war es ein Jahr, dass unser verehrter Oberlehrer A. Rau seligen Andenkens das Zeitliche segnete. Anlässlich des Jahrzeitstages wurde in der Synagoge zu Hirschaid, in der der Verblichene 46 Jahre amtierte, ein Neer tomid (Ewiges Licht) entzündet. Die Weiherede hielt der Sohn des Entschlafenen, Herr Prediger Simon Rau, Weißenfels a. Saale. Herr Lehrer Kahn, Hirschaid, entwarf noch einmal ein Bild von dem Wirken seines Amtsvorgängers. Die Feier machte auf alle Anwesenden einen tiefen Eindruck.   

    
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben     
Unter der nationalsozialistischen Herrschaft (1935)

Hirschaid Israelit 21021935.jpg (17889 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1935: "In Budenheim und Hirschaid bei Bamberg sind Tafeln angebracht worden: 'Juden nicht erwünscht'."      

     
     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Zum Tod des Weltkriegsteilnehmers Karl Heumann (1929)   

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1929: "Aus dem Verbande. Nachruf für Karl Heumann (Hirschaid). Karl Heumann zog am ersten Mobilmachungstage (sc. des Ersten Weltkrieges) ins Feld und war bis zum letzten Tag draußen - ohne Verletzung, mit vielen Auszeichnungen und Anerkennungsschreiben kehrte er heim - jedoch den Keim einer unheilbaren Krankheit in sich tragend, die ihn viele Jahre aufs Krankenlager warf und 10 Jahre nach Friedensschluss nun hinraffte. Wer Karl Heumann, den großen starken Mann kannte, hätte nie geglaubt, dass er in der Vollblüte der Jahre hingerafft werden könnte. Er war es, der in der schlimmsten Hitlerzeit (gemeint: in den 1920er-Jahren) den Antisemiten die Stirn bot und vor einer noch so großen Überzahl nicht zurückschreckte. Wo Karl Heumann war, schwiegen die Hitler - er bekämpfte sie nicht mit dem Wort, sondern - mit Recht - mit der Faust. Zum großen Teile haben wir den konfessionellen Frieden, der sehr in unserer Gemeinde im argen lag, ihm mit zu verdanken. 
Nun ist er gefallen! - Seine Beerdigung gestaltete sich zu einer großen Trauerkundgebung. Hunderte ohne Unterschied des Glaubens umstanden seine Bahre. Militär- und Kriegervereine, jüdische und nichtjüdische Frontkämpfer gaben ihm das Ehrengeleite und unter Böllerschüssen senkte man den toten Kameraden, dem sein Judentum über alles ging, ins kühle Grab. 
Ruhe sanft!  (R.W.)"
 
Hirschaid Israelit 15081929.jpg (42700 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. August 1929: "Hirschaid, 12. August (1929). Mit Karl Neumann, der dieser Tage starb, ist ein Mann von großer Beliebtheit von uns gegangen. Von Anfang bis zu Ende machte er den Weltkrieg mit vielen Auszeichnungen mit. Aber dem Krankheitskeim, den er sich dabei holte, erlag er jetzt. Herr Lehrer Kahn hielt eine ergreifende Abschiedsrede und die Kameraden gaben die Zeichen letzter militärischer Ehre am frischen Grabe. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

          
Zum Tod des Kultusvorstandes Heinrich Stern (1934)     
Anmerkung: der im Text genannte Rabbiner Dr. Max Katten war von 1930 bis 1939 Rabbiner in Bamberg, zur Biographie siehe http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/work3?id=2285 

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April 1934: "Hirschaid in Franken. In der Nacht vom 21. zum 22. März verschied nach kurzer Krankheit der Kultusvorstand der Gemeinde Hirschaid, Herr Heinrich Stern. Sein Tod bedeutet für die Gemeinde einen unersetzlichen Verlust. Herr Stern hat sich mit Wärme und Hingabe all der Aufgaben angenommen, die an ihn herantraten. An der Bahre rühmte Herr Lehrer Kahn den Verblichenen als Gatten, Sohn und Vater. Rabbiner Dr. Katten widmete ihm im Namen des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinde sowie des Bezirkes Worte der Anerkennung und des Dankes für seine unermüdliche tatbereite Wirksamkeit. Sein Andenken sei zum Segen!"    

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 5. Oktober 1928: 
"Statt Karten!  
Betina Seligman  Emanuel Rau    Verlobte.  
Regensburg   -  Magdeburg - Hirschaid. Oktober 1928."        

  
  
  
 
Zur Geschichte der Synagoge          
    
Bis 1838 befand sich die Synagoge im oberen Teil des Hauses Nr. 31 (heute Nürnberger Straße 16, Hintergebäude). Dieses Haus gehörte bis um 1840 Löb Jakob. Seit 1735 hatte die jüdische Gemeinde in diesem Haus ihre Gottesdienste abgehalten. Im unteren Teil des Hauses war ein rituelles Bad eingerichtet. In den 1820er-Jahren war die bisherige Synagoge in einem "zu ruinösen und baufälligen" Zustand.
  
1828 beschloss die jüdische Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge. Ein erster Bauplan wurde von Maurermeister Andreas Kratzer erstellt, zur Finanzierung wurde 1831 ein Baufonds eingerichtet. Da die meisten Familien damals jedoch in sehr armseligen Verhältnissen lebten, waren von den 20 jüdischen Familien nur sechs in der Lage, in den Baufonds einzuzahlen. Bis 1832 sammelten sich erst 511 Gulden und 50 Kreuzer hin, worauf die Gemeinde eine Kollekte in anderen jüdischen Gemeinden veranstaltete. Allein aus München kamen 86 Gulden und 46 Kreuzer. 1836 konnte ein geeignetes Grundstück gekauft werden. Doch dauerte es noch Jahre, bis der Bau durchgeführt werden konnte. Baumeister Mößmeringer erstellte 1849 einen gegenüber dem ersten Bauplan preisgünstigeren und weniger aufwendigen Plan. Bis September 1851 konnte der Bau durchgeführt und die Synagoge eingeweiht werden. 
   
Über 80 Jahre war die Synagoge Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in Hirschaid. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gebäude durch SA-Angehörige aus Bamberg niedergebrannt. Die jüdische Gemeinde hatte den Abbruch des Gebäudes zu bezahlen.  Das Grundstück kam Anfang Dezember 1938 in den Besitz der politischen Gemeinde.  

Im Jahr 2000 wurden auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge Grabungen vorgenommen. Dabei sollten die Außenmauern der Synagoge festgestellt werden. Dabei wurden vom aufgehenden Mauerwerk und vom Fußboden keine Rest mehr gefunden - der Abbruch der Synagoge war nach der Zerstörung 1938 vollständig vorgenommen worden. Es fanden sich jedoch die Fundamente des Gebäudes, die bis zu 1 m breit waren. Interessanterweise fanden sich 28 in einem Stoffsäckchen vergrabene Silber- und Kupfermünzen aus der Zeit von 1786 bis 1831 (vermutlich ein sogenanntes "Bauopfer"). Nach Abschluss der archäologischen Untersuchungen wurde eine Gedenkstätte für die ehemalige Synagoge angelegt. Der bereits 1979 aufgestellte Gedenkstein wurde durch ein neues Mahnmal ersetzt. Der Grundriss des Synagogengebäudes ist nachgezeichnet.    
   
   
Adresse/Standort der SynagogeNürnberger Str. 11 (frühere Hindenburgstr. 11) / Synagogenplatz    
    
    
Fotos / Pläne

Hirschaid Synagoge 059.jpg (57387 Byte) Hirschaid Synagoge 050.jpg (53110 Byte) Hirschaid Synagoge 051.jpg (38993 Byte)
Hirschaid Synagoge 052.jpg (37450 Byte)
          
     
Pläne von 1851  Hirschaid Synagoge 058.jpg (38080 Byte) Hirschaid Synagoge 057.jpg (39714 Byte)
      
   Hirschaid Synagoge 055.jpg (64255 Byte) Hirschaid Synagoge 056.jpg (36232 Byte)
       
     
Historisches Foto Hirschaid Synagoge 053.jpg (63791 Byte) Hirschaid Synagoge 054.jpg (67390 Byte)
          
     
Die Gedenkstätte 2007  Hirschaid Synagoge 203.jpg (97936 Byte) Hirschaid Synagoge 204.jpg (97767 Byte)
  Blick über das ehemalige Synagogengrundstück mit Nachzeichnung des 
Umrisses der Synagoge 
   
Hirschaid Synagoge 200.jpg (119382 Byte) Hirschaid Synagoge 202.jpg (73425 Byte) Hirschaid Synagoge 201.jpg (101095 Byte)
Menora mit Gedenkinschrift     
       
Die Gedenkstätte 2013 
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach)   
  
Hirschaid 201305002.jpg (149211 Byte) Hirschaid 201305003.jpg (183900 Byte) Hirschaid 201305004.jpg (128048 Byte)
Blick auf die Gedenkstätte   Die Hinweistafel   Hinweisschild "Synagogenplatz"   
 Das Foto oben in hoher Auflösung    Das Foto oben in hoher Auflösung    
     
     
Geschichtstafeln an der 
Unterführung beim Bahnhof 
Hirschaid Synagoge 205.jpg (82082 Byte) Hirschaid Synagoge 206.jpg (68597 Byte)
     

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte      
   
November 2013: Gedenken an den Novemberpogrom 1938 

  

    
Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Marktgemeinde Hirschaid   

Literatur:  

bulletGermania Judaica III,1 S. 563. 
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S.  
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 236-237.   
bulletKlaus Guth (Hg.): Jüdische Landgemeinden in Oberfranken 1800-1942. Ein historisch-topographisches Handbuch. Reihe: Landjudentum in Oberfranken - Geschichte und Volkskultur. Bamberg 1988. Zu Hirschaid S. 195-205.
bulletEva Groiss-Lau: Jüdisches Kulturgut auf dem Land. München/Berlin 1995.
bulletRudolf Panzer: Die jüdische Gemeinde in Hirschaid: 1582-1939. In: Hirschaid / Markt Hirschaid (Hg.). Hirschaid 2004 S. 87-102.
bulletders.: Jüdische Familien in der fränkischen Gemeinde Hirschaid: Jüdische Kultusgemeinde; die jüdischen Familien in Hirschaid. (Heimatkundliche Blätter für Hirschaid). Markt Hirschaid 2005.
bulletAnnette Schäfer: Der Gedenkstein für die vernichtete Synagoge in Hirschaid. In: Der Vergangenheit auf der Spur. Hg. von Günter Dippold. Bamberg 2006 S. 168-169.
bullet
Synagogengedenkbuch BY 01.jpg (49758 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Hirschaid S. 158-168 (die Forschungsergebnisse konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica"  noch nicht eingearbeitet werden).
bulletFranken Obpf Lit 010.jpg (75915 Byte)Hans-Peter Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Hirschaid S. 72-74.    

        
          


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Hirschaid  Upper Franconia. Jews are known from the second half of the 17th century, living under the protection of the bishops of Bamberg. The population declined after emancipation in the mid-19th century (from 83 in 1812 to 51 in 1867) but remained stable thereafter, numbering 64 in 1933 (total 1.713). The Jewish public school, the last in Upper Franconia, closed in 1924. Emigration in the Nazi era reduced the Jewish population to 43 in 1943. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned and the community was dispersed soon after. 
       
        

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge    

                  

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013