Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Hörstein (Stadt Alzenau, Landkreis Aschaffenburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge  
  

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Kennkarte aus der NS-Zeit     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)      
   
In Hörstein bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Doch gab es bereits im 17. Jahrhundert Juden am Ort: So wird 1657 ein Jude namens "Zehlarl zu Hörstein" genannt (Quelle: Fürst Ysenburg Büdingen Archiv Fasz. 19, Kellerei-Rechnung Meerholz 1657; Hinweis von Hans Kreutzer). 1680 werden drei jüdische Familien genannt, 1685 nennt ein Verzeichnis der "Schutzjuden" am Ort Izig, Coppell, Ließmann, Seligman, Löw und Mortge.
  
1707 gab es unter den damals 156 Hörsteiner Familien 13 jüdische Familien. 1789 waren es 17 "Schutzjuden" (großenteils mit Ihren Familien) in Hörstein, 1794 21.  
    
Im 19./20. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1867 116 jüdische Einwohner (10,6 % von insgesamt 1.098 Einwohnern), 1880 Höchstzahl von 137 (11,9 % von insgesamt 1.154), 1896 132 (in 24 Familien), 1900 128 (10,7 % von 1.191), 1910 125 (8,5 % von 1.467). Die Mehrheit der jüdischen Einwohner lebte vom Handel (insbesondere Viehhandel) und von der Brotbäckerei. Einige Familien hatten Landwirtschaft im Nebenerwerb.
   
Im Zusammenhang mit der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden auf 35 Matrikelstellen folgende jüdische Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Michael Geradwohl (Kramhandel und dergleichen), Jacob Geradwohl (Lumpen- und Landesproduktenhandel), Herz Geradwohl (Ellenhandel und dergleichen; Matrikelstelle geht 1825 an Raphael Bär Weil), Löb (Koppel) Rothschild alt (Viehhandel), Raphael Appel (Viehhandel und Krämerei), Löb (Samuel) Rothschild jung (Viehhandel), Morche Joseph Löwenthal (Kram- und Viehhandel), Kusel (Samuel) Rothschild (Viehhandel), Daniel (Samuel) Rothschild (Viehhandel), Simon Reis (Krämerei), Löser Weiler (Krämerei), Süsel (Koppel) Rothschild (Viehhandel), Moses Hamburger (Viehschlachten), Löser Reis (Viehhandel), Herz Reis (Viehhandel), Seligmann Straus (Viehhandel), Witwe von Löser Westheimer Emmerich (Handarbeit, Taglohn, lebt von Unterstützung), Simon Tugut (Mäkler), Koppel Haas (allerlei Handel), Affrom (Abraham) Neu (Viehschlachten, ab 1820 auf dieser Stelle sein Sohn Simon Neu, Metzer), Jessel Lang (Mäkler), Maier Grünebaum (Lehrer, Vorsänger und Handel), Löw Grünebaum (Lichter und Seifenfabrikation, ab 1824), Raphael Löw Weil (Handel mit Gewürz, Ellen- und Eisenwaren, ab 1825), Löb Löwenthal (Weber, Leinen und Baumwollweberei, ab 1825).   
    
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule, ab 1900 Elementarschule, ab 1910 Volksschule; um 1896 34 Kinder, 1897 30 Kinder, 1899 24 Kinder; ab 1931 noch jüdische Privatvolksschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 48 Jahre lang war bis 1894 Isaak Wahler Lehrer in Hörstein (gestorben 1912 im Alter von 98 Jahren); sein Nachfolger im Amt war von 1894 bis 1931 sein Sohn Israel Wahler (Verfasser von "Schulgeschichtlichen Aufzeichnungen 1913-1931"). 1872/85 wird ein Lehrer M. Grünbaum (bzw. Grünebaum) in Hörstein genannt, möglicherweise zur Unterstützung von Lehrer Isaak Wahler am Ort. Die Gemeinde war orthodox geprägt und gehörte zum Bezirksrabbinat Aschaffenburg. Gemeindevorsteher waren um 1876 Herr Löwenthal, um 1896 K. Rothschild, 1897 J. Rothschild, D. Emerich und D. Rothschild, um 1899 J. Rothschild.
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde der Gefreite Meier Rothschild (geb. 9.8.1889 in Hörstein, gef. 2.10.1914), Jakob Steinhäuser (geb. 29.8.1882 in Oberlauringen, gef. 5.9.1916), Emil Strauß (geb. 17.6.1893 in Hörstein, gef. 22.8.1914) und Unteroffizier Raphael Strauß (geb. 10.6.1885 in Hörstein, gef. 7.6.1917). Außerdem fiel der Gefreite Emil Rothschild (geb. 28.6.1898 in Hörstein, vor 1914 in Freudenberg am Main wohnhaft, gef. 8.11.1918).   
     
Um 1925, als noch 117 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (ca. 7,8 % von insgesamt etwa 1.500 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde: Moritz Rothschild, David Rothschild, R. Gradwohl, Samuel Rothschild und Julius Hamburger II. Lehrer der Gemeinde war der bereits genannte Hauptlehrer Israel Wahler. Dieser unterrichtete damals 14 Kinder an der Jüdischen Volksschule. Lehrer Wahler wechselte 1931 nach Bad Neustadt a.d. Saale. 1932 waren die Vorsteher weiterhin Moritz Rothschild (1. Vorsitzender), Wilhelm Rothschild (2. Vorsitzender). Als Lehrer war inzwischen Michael Berlinger angestellt. Dieser unterrichtete an der jüdischen Volksschule noch acht Kinder in vier Klassen. Ende 1934 wurde er an die jüdische Volksschule in Aschaffenburg berufen. An jüdischen Vereinen gab es den Israelitischen Wohltätigkeitsverein Gemilus Chesed (gegründet etwa 1830; Ziele: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattung), den Synagogenverschönerungsverein (1899 genannt mit den damaligen Vorstehern M. Löwenthal und J. Wahler) sowie die Armenunterstützungskasse. 
    
1933 lebten noch 98 jüdische Personen am Ort. Bereits in diesem Jahr kam es zu Übergriffen und schweren Misshandlungen von Juden durch die SS. Dadurch verließen zunehmend die Hörsteiner Juden den Ort. Anfang 1936 wurden auf dem jüdischen Friedhof 100 Grabsteine umgeworfen. Die nächste Friedhofschändung war im Januar 1937 (39 Steine umgeworfen, teilweise zerbrochen). Die letzten jüdischen Lehrer an der (seit 1931) privaten jüdischen Volksschule waren Michael Berlinger (bis Ende 1934), dann (Anfang 1935) Paul Possenheimer, danach (ab Mitte 1935) Joseph Gallinger und (ab Herbst 1936) Leopold Rose (siehe Mitteilungen unten).  Im Herbst 1938 wurden zu den Hohen Feiertagen die Fenster der Synagoge und der meisten jüdischen Häuser eingeworfen. Es kam zu weiteren Misshandlungen. 44 jüdische Einwohner konnten bis 1940 emigrieren, davon 21 in die Vereinigten Staaten; 46 verzogen in andere Städte in Deutschland, 35 davon nach Frankfurt.    
    
Von den in Hörstein geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Ludwig Emmerich (1895), Raphael Gradwohl (1867), Regina Gradwohl geb. Rothschild (1873), Adolf Moritz Hamburger (1875), Daniel Hamburger (1873), Julius Hamburger (1878), Julius Hamburger (1894), Mina Hamburger geb. Oppenheimer (1878), Nathan Hamburger (1871), Rita Hamburger (1920), Selma Hamburger geb. Hess (1884), Wolf Hamburger (1880), Sophie Heß geb. Hamburger (1869), Selma (Erna) Kanthal geb. Rotschild (1906), Else Levi geb. Rothschild (1895), Emanuel Löwenthal geb. Rothschild (1870), Eva Löwenthal (1881), Markus Löwenthal (1868), Sally Löwenthal (1872), Selma Neuhaus geb. Hamburger (1906), Ester Oppenheimer (1853), Markus (Max) Ring (1868), Paula Ring geb. Waller (1912), Else Rosenthal geb. Strauss (1912), Berta Rothschild (1909), Bertha Rothschild (1886), Daniel Rothschild (1881), Gustav Rothschild (1902), Hermann Rothschild (1885), Hermann Rothschild (1890), Isaak Rothschild (1878), Josef Rothschild (1853), Josef Rothschild (1891), Julius Rothschild (1888), Malli Rothschild (1892), Max Rothschild (1883), Max Rothschild (1887), Meta Rothschild (1904), Rosa Rothschild geb. Adler (1896), Salli Rothschild (1879), Samuel Rothschild (1875), Sarah Rothschild (1887), Selma Rothschild geb. Kleimann (1882), Siegfried Rothschild (1894), Berta Schubach geb. Rothschild (1886), Kathinka Sonneberg geb. Oppenheimer (1879), Mathilde Stern geb. Oppenheimer (1881), Leo Strauss (1887), Rafael Strauss (1875), Reni Paula Strauss (1917, Kennkarte siehe unten), Babette Strauß geb. Hamburger (1890), (1890), Klara Strauß (1895), Siegfried Strauß (1888), Amalie Stühler geb. Rothschild (1888), Selma Valk geb. Emmerich (1887), Israel Wahler (1875), Sigmund Wahler (1871), Ella Waller (1912).          
    
    
    
Aus dem Leben der jüdischen Gemeinde             
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule   
Jakob Haas, bisher Lehrer in Hörstein, wird Lehrer in Höchheim (1867)  

Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von Unterfranken und Aschaffenburg" vom 3. September 1867: "Durch Regierungs-Entschließung vom 29. August laufenden Jahres Nr. 34007 ist die von der israelitischen Kultusgemeinde Höchheim, königlichen Bezirksamts Königshofen, beschlossene Übertragung ihrer Religionslehrer- und Vorsängerstelle an den Schuldienst-Exspektanten Jakob Haas in Hörstein, königlichen Bezirksamts Alzenau, genehmigt worden."       

   
Lehrer Israel Wahler sucht den Besitzer von gefundenen Tefillin (1900)    
Anmerkung: Israel Wahler war Nachfolger seines Bruders Carl Wahler, der 1931 in Neustadt verstorben ist (siehe Berichte oben) Israel Wahler ist 1875 in Hörstein als Sohn des dortigen Lehrers Isaak Wahler geboren. 1894 übernahm er als Nachfolger seines Vaters die Leitung der Hörsteiner israelitischen Religionsschule. Seine Frau Bella geb. Adler ist 1878 in Gleicherwiesen geboren. Israel und Bella Wahler hatten einen Sohn: Isaac (geb. 1918 in Frankfurt am Main). Nachdem 1931 die Schule in Hörstein wegen Schülermangels geschlossen wurde, übernahm Oberlehrer Wahler die Stelle seines verstorbenen Bruders als Leiter der israelitischen Volksschule in Bad Neustadt. Nach 1933 wollten die Wahlers zunächst in Deutschland bleiben, doch wurde der Sohn 1934 auf Drängen seiner Mutter zu einer Großtante in die USA geschickt. Nach dem Novemberpogrom 1938 betrieben Israel und Bella Wahler ihre eigene Auswanderung, die aber nicht mehr zustande kam. 
Sohn Isaac E. Wahler hatte bis zum April 1942 mit seinen Eltern brieflichen Kontakt, dann hörte er nichts mehr von ihnen. Anfang 1947 kam er als Mitarbeiter des stellvertretenden amerikanischen Chefanklägers bei den Nürnberger Prozessen, Robert M. W. Kempner, nach Deutschland zurück. Auf einer Dienstreise entdeckte er in einem amerikanischen Aktendepot in Oberursel im Taunus die Akten der Außenstelle Würzburg der Staatspolizeistelle Nürnberg über die Judendeportationen in den Jahren 1941 bis 1943. Diese Akten wurden 1947 im so genannten Wilhelmstraßen-Prozess, bei den Prozessen gegen Angehörige der Nürnberger und Würzburger Gestapo, beim Eichmann-Prozess in Jerusalem und bei vielen anderen Verfahren verwendet (vgl.: Herbert Schultheis und Isaac E. Wahler, Bilder und Akten der Gestapo Würzburg über die Judendeportationen 1941-1943, Rötter Druck und Verlag Bad Neustadt, 1988
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Hoerstein Israelit 04101900.jpg (34608 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Oktober 1900: "Vom Vorstand der Königlich Preußischen Bahnstation Dettingen wurden mir ein Paar Tefillin - sehr schön und groß - übergeben, welche im Wartesaal gefunden wurden. Wahrscheinlich hat sie ein russischer Wanderer, der am 18. und 19. September in Hörstein gewesen, dort liegen lassen. Eigentümer möge sich bei mir melden. Hörstein bei Aschaffenburg, 21. September. Israel Wahler, Lehrer". 

      
Die israelitische Elementarschule wird israelitische Volksschule (1910)  

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" / "Blätter für Erziehung und Unterricht" vom 17. März 1910: "Zur Nachahmung! 
Im Jahre 1900 errichtete die Kultusgemeinde Hörstein bei Aschaffenburg aus ihrer Religions- eine Elementarschule (Verweserei), um ihrem Lehrer eine staatliche Anstellung zu verschaffen. Jetzt hat diese lehrerfreundliche Gemeinde auch den letzten Schritt getan und die Umwandlung in eine Volksschule einstimmig beschlossen. Dieser Tage nun wurde unser dortiger Kollege Herr Israel Wahler von der Königs. Regierung von Unterfranken zum definitiven Volksschullehrer befördert. — Der jetzt 96 jährige Vater und Amtsvorgänger dieses Kollegen, der Nestor der bayerischen Lehrerschaft, wirkte bis 1894 als Religionslehrer 40 Jahre in Hörstein. Hochachtung vor einer solchen Gemeinde."  

   
Zum Tod von Lehrer i.R. Isaak Wahler im Alter fast 98 Jahren (1912)  

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 29. Februar 1912: "Mein Lehrer.
Isaak Wahler
ist am 14. dieses Monats in seinem Wirkungsort Hörstein (Bayern) in dem selten hohen Alter von 97 Jahren und 7 Monaten sanft entschlummert. Die Trauerbotschaft hat mir sofort die Feder in die Hand gedrückt, nicht etwa um den Tod zu beklagen, sondern um meinen Lehrer in diesen Blättern in dankbarer Weise einen Gedenkstein aufzurichten. Was er der Gemeinde Hörstein, in welcher er vom Jahre 1856-1894 als Lehrer und Kantor gewirkt hat, war, das hat mein Vater als Vorsteher am Tage der Beerdigung einem zahlreichen Zuhörerkreise in einer kurzen kernigen Ansprache gesagt: 'Er war ein guter, treuer und gewissenhafter Lehrer, der seine Schüler mit Liebe und Wärme in unserer heiligen Religion unterwiesen hat und er war auch ein Chasen (Vorbeter, Chassan) im wahren Sinne des Wortes, der es verstand, bei jedem Gottesdienste die Gemeinde zu erbauen.'
Ein ewiges Andenken wird ihm die Gemeinde bewahren.
Der zuständige Rabbiner Dr. Breuer - Aschaffenburg entwarf in zu Herzen gehenden Worten ein Lebensbild des Dahingeschiedenen, wobei er ganz besonders auf dessen vorbildlichen Charakter hinwies. Selbst die Herren: Bezirksamtmann von Alzenau, der Schulinspektor, der erste Lehrer und der Ortspfarrer ließen es sich nicht nehmen, dem Verstorbenen warm empfundene Worte der Anerkennung und Verehrung, nachzurufen, wobei der letztere ganz besonders hervorhob, dass auch Lehrer Wahler sehr dazu beigetragen, den Frieden unter den verschiedenen Konfessionen zu erhalten und zu stärken. Sein jüngster Sohn und Nachfolger rief ihm zum Schlusse des Traueraktes rührende Abschiedsworte nach. Ein solches Gefolge hatte man seit Menschengedenken in Hörstein nicht gesehen.
Am Grabe dankte in warmen Worten der älteste Sohn des Dahingeschiedenen, Lehrer Calman Wahler, dem Vater für seine große Liebe. Lehrer Wechsler - Alzenau schilderte im Aufträge des bayrischen Lehrervereins ihn als den tätigen, aufrichtigen und treuen Kollegen.
Damit schließt das Leben eines Mannes, der fast ein volles Jahrhundert gelebt und in dieser langen Zeit viel erlebt, viel gelitten und viel gekämpft hat, der die ganze Entwicklung des jüdischen Lehrerstandes mit angesehen, in ihr selber gestanden und manchen wertvollen Beitrag geliefert hat.
Drang auch sein Ruf nicht nach außen, mit desto größerer Energie und Intensivität entfaltete er seine Kräfte innerhalb der Gemeinde. Trotzdem er auf dem Boden des streng gesetzestreuen Judentums stand und sich sein religiöser Lebenswandel auch in diesen Bahnen bewegte, muss hier anerkennend hervorgehoben werden, dass er nicht fanatisch, sondern tolerant auch anders denkenden Kollegen gegenüber antrat.
Wahler wurde am 13. Juli 1814 zu Jochsberg bei Ansbach geboren. Von seinem Vater, Reb Calman Wahler, der in Theilheim als Lehrer fungierte, erhielt er Vorbereitungen für die hebräischen Fächer und das Kantorat. In seinem 17. Lebensjahre nahm er eine Religionslehrerstelle in der Pfalz an, wo er von christlichen Kollegen in den weltlichen Fächern für die Finalprüfung vorbereitet wurde, die er auch im Jahre 1845 am königlichen Lehrerseminar zu Würzburg bestand. Hierauf war er an verschiedenen Orten, wie Göllheim (Rheinpfalz), Geroldshausen, Rieneck tätig, von wo er, da ihm alle diese Stellungen nicht zusagten, im Jahre 1852 in Begleitung seiner Frau nach Amerika reiste, um sein Glück in der neuen Welt zu versuchen. Von dieser Reise, 120 Tage auf dem Segelschiff, erzählte er oft seinen Schülern. In Amerika ging es ihm sehr schlecht. Bei den wirtschaftlichen Kämpfen, die damals die eingewanderten Juden durchzumachen hatten, zeigte man ihm als Lehrer wenig Verständnis. Infolge der vielen Aufregungen, entstanden durch ihre soziale Notlage, starb seine Frau, und er kehrte 1856 ganz entmutigt nach Deutschland zurück. Er erhielt dann gleich eine Anstellung als Lehrer und Kantor in meinem Heimatorte, der Gemeinde Hörstein, wo er bis zum Jahre 1894 wirkte.
Er wäre noch länger in Tätigkeit geblieben, wenn nicht gerade sein Sohn sein Nachfolger geworden wäre. Sein Anfangsgehalt betrug 160 Gulden, und stieg bis zu einem Endgehalt von 500 Mk. Seine Gemeinde, seine zahlreichen Schüler, Kollegen, Freunde und Bekannten werden ihm nach Verdienst ein ehrendes Andenken bewahren und dem teueren Lehrer einen ewigen Denkstein in ihrem Herzen errichten. Das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen. 
Lehrer Adolf Rothschild Achim - Bremen"  


25-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Israel Wahler (1919)
  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1919: "Hörstein. Lehrer Israel Wahler beging sein 25-jähriges Amtsjubiläum. Der Jubilar übernahm nach überstandener Prüfung am Würzburger Seminar die hiesige Lehrerstelle, die sein Vater 48 Jahre innehatte, der im gesegneten Alter von 98 Jahren vor kurzem verstarb. Wie der Vater, so verstand es auch der Sohn, sich durch volle Hingebung zu seinem Berufe die Liebe der Gemeinde zu erringen. Gemeinde sowohl wie Schule hat er in jeder Weise zu heben verstanden. Ihm gelang es auch in inniger Zusammenarbeit mit unserem Vorsteher Raphael Rothschild, die Religionsschulstelle zu einer staatlichen Elementarlehrerstelle umzugestalten, ein modernes Schulhaus zu errichten und einen Umbau der Synagoge herbeizuführen."   


Oberlehrer Israel Wahler aus Hörstein kommt zum 1. April 1931 nach Bad Neustadt an der Saale

Neustadt Saale BayrGZ 15041931.jpg (14370 Byte)Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. April 1931: "Personalia. Oberlehrer Wahler (Hörstein) wurde ab 1. April (1931) an die Volksschule Neustadt a.d. Saale versetzt. Die Volksschulstelle Hörstein wurde eingezogen, wird aber, wie wir hören, als Privatvolksschule weitergeführt."
   
Alzenau Israelit 30041931.jpg (115605 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1931: "Alzenau (Unterfranken), 25. April (1931). Nach 37jähriger Wirksamkeit in seinem Heimatorte Hörstein schied Herr Oberlehrer Israel Wahler von uns, um als Nachfolger seines allzu früh in die Ewigkeit berufenen Bruders die Volksschullehrerstelle in Neustadt a.S. anzutreten. Wenn man solange Zeit an einem Platze wirkt, erhält dieser das Gepräge seines Amtsinhabers. So ist es dem unermüdlichen, kraftvollen Schaffen des Scheidenden zu verdanken, wenn in Hörstein heute noch alle jüdischen Institutionen in bester Verfassung sich befinden. Er wirkte die Umwandlung der Religionsschule in einer Volksschule, sorgte für die Renovierung der Synagoge und Mikwoh und suchte, begünstigt durch eine glänzende Rednergabe, durch allsabbatliche Vorträge die Religiosität seiner Gemeinde zu heben. Sein pflichteifriges Wirken in der Schule war vorbildlich und wurde bei den Prüfungen auch von der Staatsbehörde anerkannt. Kein Wunder, dass Oberlehrer Wahler bei seinem Abschiede große Ehrungen zuteil wurden. Der Bezirkslehrerverein Alzenau hielt eine Abschiedskonferenz in Hörstein, um ihm eine besondere Freude zu bereiten. Der Konferenzleiter, Herr Hauptlehrer Rosel von Großwelzheim, hob in seiner Ansprache die großen Verdienste Wahlers hervor, die er sich durch Vorträge im Vereine, seine Anregungen bei den Debatten und durch fleißigen Besuch der Konferenzen im großen bayrischen Lehrervereine erwarb. Der Gesangverein in Hörstein, dessen Gründer und Ehrenmitglied Wahler war, brachte ihm ein Ständchen, und die Kultusgemeinde sowie die christlichen Kollegen und andere Freunde ehrten den Scheidenden durch prächtige Geschenke. Möge Herrn Oberlehrer Wahler in seinem neuen Wirkungskreise gleiche Anerkennung und gleicher Erfolg beschieden sein. Die besten Wünsche seiner zahlreichen Schüler und Freunde begleiten ihn."

   
Lehrer Paul Possenheimer wechselt von Hörstein nach Lübeck - Lehrer Josef Gallinger kommt von Uffenheim nach Hörstein (1935)
       

Possenheimer 120.jpg (79061 Byte)Anmerkung: bei Lehrer Possenheimer handelte es sich um Lehrer Paul Possenheimer (geb. 29.7.1913 in Burgkunstadt): lernte an der Israelitischen Präparandenschule in Höchberg, danach (1930 bis 1933) an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (Informationen nach Reiner Strätz: Biographisches Handbuch Würzburger Juden Bd. 2 S. 444). Das Foto links zeigt (als zweiten von links, Nr. 14) Lehrer Paul Possenheimer mit Schülerinnen und Schülern der jüdischen Religionsschule Lübeck 1935 (Quelle: www.stolpersteine-luebeck.de: Unterseite); Nr. 13 bezeichnet Rabbiner Dr. David Alexander Winter.    
   
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai 1935: "Personalia. Lehrer Gallinger von Uffenheim übernahm die private Volksschulstelle in Hörstein, Kollege Possenheimer in Hörstein trat eine Stelle in Lübeck an. Lehrer Fritz Levy - Rockenhausen wurde an die Gartenbauschule Ahlem bei Hannover berufen."       

  
Lehrer Josef Gallinger verlässt die Gemeinde - sein Nachfolger wird Lehrer Leopold Rose (Herbst 1936)   
Anmerkung: In den "Mitteilungen des Jüdischen Lehrervereins für Bayern" vom 1.11.1938 S. 18 ist dann zu lesen: "Lehrer Rose - Hörstein ist zur Hachscharah (Vorbereitung zur Auswanderung nach Palästina) gegangen. Die private Volksschule in Hörstein wurde aufgelöst" und "Lehrer Gallinger, früher Hörstein, übernahm eine Lehrstelle in New York".   

Mitteilung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September 1936: "Lehrer Josef Gallinger in Hörstein erhielt eine Lehrerstelle am Philanthropin in Frankfurt am Main. Schulamtsbewerber Leopold Rose in Oettingen, übernimmt die Stelle an der privaten Volksschule in Hörstein."  
 
Mitteilung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. November 1936: Lehrer Leopold Rose, bisher in Oettingen, übernahm die private Volksschule in Hörstein."   

     
     
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Spendenaufruf für die Familie des Daniel Löb Strauß (1876)    

Hoerstein Israelit 21091876.jpg (68722 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1876:  "Aufruf! Daniel Löb Strauß, Handelsmann in Hörstein, welcher sich mit dem Kälber-Handel ernährte, hatte das Unglück, dass er mehrere Monate schwer krank danieder lag. Als er wieder genesen war, wurden seine sämtlichen Kinder krank, und so hat er seine paar Gulden, welche er zum Handel braucht, verzehrt. Die kleine jüdische Gemeinde hat schon Alles aufgeboten, aber es reicht nicht. Demselben ist nun auch das Kapital auf sein Haus gekündigt worden. Alle Handels- und Geschäftsleute werden um milde Haben höflichst ersucht; und wenn nur 300 Mark zusammen kommen, ist dem armen Manne geholfen. Die Gaben können an der israelitischen Kultusvorstand Herrn J. M. Löwenthal zu Hörstein bei Aschaffenburg (Bayern) zugeschickt werden. Veröffentlichung in diesen Blättern. Vorstehendes beglaubigt der Wahrheit gemäß  Der Kultusvorstand J.M. Löwenthal".  

   
Jüdische Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg aus der Familie Joseph Rothschild   
Zu Familie Rothschild aus Hörstein und Alzenau siehe die genealogischen Zusammenhänge bei geni.com.
Hier zunächst die Familie Joseph Rothschild (1853 Hörstein - 1943 KZ Auschwitz) https://www.geni.com/people/Joseph-Rothschild/6000000000169922212
Die unten genannten Söhne von Joseph Rothschild und seiner Frau Philippine geb. Hamburger (1856-1907) waren:
- Daniel Rothschild (1890-1956 NY, USA): https://www.geni.com/people/Daniel-Rothschild/6000000000169922329
- Simon Rothschild (1885-1950 NY, USA): https://www.geni.com/people/Simon-Rothschild/6000000000169922309      
- Salli Rothschild (1879-1965 Los Angeles,  USA): https://www.geni.com/people/Salli-Rothschild/6000000000169922274     
- Alfred Rothschild (1895-1974 Israel): https://www.geni.com/people/Alfred-Rothschild/6000000000169922319  
- Moritz Rothschild  (1877-1943 ?): https://www.geni.com/people/Moritz-Rothschild/6000000000169922243   
- Leopold Rothschild (1876-1944 USA):  https://www.geni.com/people/Leopold-Rothschild/6000000000169922232 
- Hermann (Zwi) Rothschild (1881-1970 Würzburg): https://www.geni.com/people/Hermann-Tzvi-Rothschild/6000000000169922295  
- David Rothschild (1888-1973 NY, USA): https://www.geni.com/people/David-Rothschild/6000000000169922253  
Zu den Töchtern und weiteren Nachkommen siehe Angaben bei geni.com.

Artikel von 1915/16 (Quelle: Stadtarchiv Alzenau) über "Acht jüdische Brüder im Weltkrieg 1914-1918. Dass acht Brüder im Felde standen und gemeinsam für die Sache des Vaterlandes kämpften, dürfte auch in diesem, an merkwürdigen Ereignissen so reichen Kriege von 1914-1918 nicht zu oft vorgekommen sein. Die Familie Josef Rothschild I. in Hörstein bei Aschaffenburg darf wohl als jüdische Soldatenfamilie bezeichnet werden. Ein Mitglied dieser Familie (sc. Salomon Rothschild, "Im deutschen Reich' 1896 Heft 1 S. 44) fiel im Kriege 1866, ein anderes (sc. Rafael Rothschild s.u. Mitteilung von 1928) kämpfte 1870 mit und besitzt mehrere Auszeichnungen. Unser Bild führt uns acht Brüder Rothschild, Neffen des Kriegsveteranen (gemeint wohl Rafael Rothschild), vor.
Reihenfolge von links nach rechts:
1. Daniel Rothschild, 26 Jahre alt, diente im 2. Bayerischen Jägerbataillon und wurde in den Kämpfen auf der Loretto-Höhe schwer verwundet.
2. Simon Rothschild, 30 Jahre alt, diente im 118. Infanterie-Regiment in Worms und wurde bei den Gefechten vor Brest-Litowsk ebenfalls schwer verwundet.
3. Salli Rothschild, 36 Jahre alt, diente beim 116. Infanterie-Regiment, Darmstadt.
4. Alfred Rothschild, 20 Jahre alt, diente im 80. Füsilier-Regiment in Wiesbaden, war im Felde beim Reserve-Infanterie-Regiment 253, Reserve-Infanterieregiment 37, später dem Landwehr-Infanterie-Regiment 77 und 78 zugeteilt.
5. Moritz Rothschild, 38 Jahre alt, diente bei ihm Train und war in den Gefechten in Frankreich, Russland, Ungarn und Serbien.
6. Leopold Rothschild, 40 Jahre alt, diente im 109. Infanterie-Regiment, war von Mai 1916 bis Kriegsende im Felde dem Landwehr-Infanterieregiment 40 zugeteilt.
7. Hermann Rothschild, 35 Jahre alt, war im 1. Königlich-Bayerischen Infanterie-Leib-Regiment und wurde im Westen bei einer größeren Schlacht verwundet. 
8. David Rothschild, 28 Jahre alt, diente beim 116. Infanterie-Regiment und kam zu dem gleichen Regiment nach Frankreich."   
 
Jüdische Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg aus der Familie Raphael Rothschild 
Raphael Rothschild (1848-1929) war ein älterer Bruder des o.g. Joseph Rothschild: https://www.geni.com/people/Raphael-Rothschild-III/6000000024787730515 
Söhne von Raphael Rothschild und seiner Frau Eva (1850-1921) waren - im Bericht unten werden drei verheiratete Brüdern von Adolf als Kriegsteilnehmer genannt: 
- Adolf Rothschild (1875-1919 Achim): https://www.geni.com/people/Adolf-Rothschild/6000000000277431002  
- Leopold Rothschild (1877-1947 NY, USA): https://www.geni.com/people/Leopold-Rothschild/6000000000277302550  
- Salomon Rothschild (1881-1946 USA): https://www.geni.com/people/Salomon-Rothschild/6000000000225797797   
- Simon Rothschild (unbekannte Lebensdaten): https://www.geni.com/people/Simon-Rothschild/6000000000277279661 
Mit den "sieben Schwägern" werden u.a. die Ehemänner seiner Schwestern Sara verh. Jacob, Recha verh. Birkin, Yetta verh. Feilman gemeint sein. Mit den "sieben Vettern" sind die o.g. Söhne von Joseph Rothschild gemeint, von denen 1914 vermutlich der achte (Alfred) noch nicht eingezogen war.  
Artikel in "Der Gemeindebote" vom 28. August 1914 mit einem Bericht von Lehrer Adolf Rothschild in Achim bei Bremen: "Achim-Bremen, 21. August. Aus meiner Familie sind 17 Krieger hinausgezogen. Drei verheiratete Brüder, darunter zwei Unteroffiziere, kämpfen an der französischen Grenze; sieben Schwäger, darunter ein Unteroffizier (Kampfplatz mir unbekannt), sieben Vettern, darunter drei Unteroffiziere, wurden auch zur Fahne gerufen. Mein Vater, Res. (Raphael) Rothschild, Vorsteher der jüdischen Gemeinde zu Hörstein (Bayern), der 1870 als Unteroffizier mitgemacht und mehrere Auszeichnungen besitzt, hat sich freiwillig gemeldet. Ich war auch Soldat, wurde aber vor einigen Jahren wegen eines Augenleidens für dienstuntauglich erklärt; ich habe mich auch freiwillig gemeldet... Lehrer Rothschild." 
Anmerkung: Adolf Rothschild ist 1875 geboren als Sohn von Raphael Rothschild. Er war Lehrer an der jüdischen Schule in Achim (Georgenstraße), wo er 1919 starb und im dortigen jüdischen Friedhof beigesetzt wurde. Grab siehe https://www.verdener-familienforscher.de/verden/judenfriedhof/index.php?id=grab&ia=29.    
Artikel in der "Neuen Jüdischen Presse" vom 1. August 1919: "Achim-Bremen. Adolf Rothschild, ein bewährter Mitarbeiter der 'Neuen Jüdischen Presse', ein Lehrer, der seinen Beruf auf die idealste Weise erfasst hatte, und sich sich in Wort und Schrift besonders um die Hebung des Judentums in Deutschland mühte, ist im besten Alter — er, wurde 1875 in Hörstein geboren — verschieden."   
 
Nach "Dr. Bloch's österreichischer Wochenschrift" vom 26. November 1915 erhielt Hermann Rothschild 1915 das Eiserne Kreuz; nach dem "Israelitischen Familienblatt" vom 11. Oktober 1917 S. 2 erhielt Unteroffizier Leopold Rothschild (Miltenberg), Sohn des Herrn Rafael Rothschild aus Hörstein das Eiserne Kreuz II.  

      
Die Witwe des im Krieg vermissten Jakob Steinhäuser heiratet wieder (1921)  
Anmerkung: zur Chaliza vgl. den Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Chalitza-Schuh  

Artikel in "Jüdische Monatshefte" 1921 Heft 3/4 S. 37: "Ein Zeitbild.
Herr Jakob Steinhäuser in Hörstein (Bezirk Aschaffenburg) war schon zu Beginn des Krieges eingerückt und wurde bald darauf als vermisst gemeldet. Seitdem hat man nichts mehr von ihm gehört. Er ist, wohlgemerkt, amtlich nicht als tot, sondern lediglich als vermisst gemeldet. Vor einiger Zeit wurde dem zuständigen Rabbiner, Herrn Dr. Breuer in Aschaffenburg, mitgeteilt, dass Frau Steinhäuser die Absicht habe, sich wieder zu verheiraten. Herr Dr. Breuer setzte Frau Steinhäuser in mündlicher Unterredung die verhängnisvolle Bedeutung ihrer Absicht auseinander, wies auf den strengen Ernst hin, mit welchem die religionsgesetzliche Möglichkeit der Wiederverheiratung einer Kriegswitwe geprüft werden müsse, zumal in einem Falle, wo über das Schicksal des aus dem Felde nicht heimgekehrten Ehegatten weder durch amtliche Feststellungen noch auf dem Wege privater Erkundungen irgendwelche Sicherheit zu erlangen ist. Die Wirkung dieser Darlegungen auf Frau Steinhäuser war gering, sogar sehr gering. Denn bald darauf setzte sie sich mit dein Rabbiner in Offenbach, Herrn Dr. Dienemann, in Verbindung, der sich auch bereit erklärte, ihre Trauung mit Herrn Löb, ihrem Bräutigam, vorzunehmen, jedoch erst nachdem ein Schwager der Frau Steinhäuser, die kinderlos ist, mit ihr den Chaliza-Akt vollzogen habe. Dieser Chaliza-Akt soll nun vor kurzem in Offenbach unter Hinzuziehung des Rabbinats der israelitischen Gemeinde in Frankfurt a. M. stattgefunden haben, so dass nun im Sinne des Offenbacher Rabbinatsgerichtsurteiles einer Trauung von Herrn Löb mit Frau Steinhäuser nichts mehr im Wege stand, obwohl Herr Löb ein Kohen ist, der eine Chaliza nicht heiraten darf. Die Trauung des Herrn Löb mit Frau Steinhäuser ist nun tatsächlich am Sonntag, den 10. April dieses Jahres durch Herrn Dr. Dienemann vollzogen worden."     

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde      
Zum Tod von Löb Grünebaum (1876) 

Anmerkung: Löb Grünebaum war mehrere Jahre (genannt u.a. 1868) Vorsteher der jüdischen Gemeinde Hörstein.    

Hoerstein Israelit 07061876.jpg (43791 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1876: "Hörstein (Bayern). Wir beklagen den Verlust eines frommen und eines der edelsten Mitglieder unserer Gemeinde. Löb Grünebaum, Seifenfabrikant ist am 21. Nissan im 77. Lebensjahre in ein besseres Jenseits abgerufen worden. Derselbe verdient es, dass sein Name veröffentlicht wird und der Nachwelt zum ehrenden Andenken bleibt. Er war ein echter Jehudi, übte das (Lernen der) Tora, den Gottesdienst und die Wohltätigkeit, studierte fast Tag und Nacht in der heiligen Lehre und belehrte auch andere darin. Möge Gott denselben belohnen in einer Welt, wo der Lohn ein wahrer ist."   

           
Goldene Hochzeit von David Oppenheimer und Esther geb. Rothschild (1924)  

Hoerstein Israelit 03071924.jpg (29775 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1924: "Hörstein bei Aschaffenburg, 1. Juli (1924): Das Ehepaar David Oppenheimer und Frau Esther geborene Rothschild feierten am Samstag, den 21. Juni, in körperlicher und geistiger Frische im Kreise ihrer Kinder und Enkel das Fest der Goldenen Hochzeit."    

          
80. Geburtstag von Rafael Rothschild (1928)    
Weitere Informationen mit weiterem Foto: https://www.geni.com/people/Raphael-Rothschild-III/6000000024787730515: demnach ist Raphael Rothschild am 31. März 1848 geboren und am 19. März 1929 gestorben (vgl. Angaben zur Familie oben).    

Mitteilung im "Israelitischen Familienblatt" vom 4. April 1928: "Rafael Rothschild (Hörstein), langjähriger Vorsitzender der Gemeinde Hörstein, Kriegsteilnehmer von 1870-71, wurde am 31. März 80 Jahre alt".   

    
80. Geburtstag von Sara Hamburger (1932)  

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Februar 1932: "Hörstein. Am 7. Januar (28. Tebeth) vollendete Frau Sara Hamburger in geistiger und körperlicher Frische ihr 80. Lebensjahr. Frau Hamburger war seit Gründung des israelitischen Frauenvereins 1. Vorsitzende, dessen Obliegenheiten sie heute noch mit der größten Pflichttreue ausführt. Vor drei 2ahren feierte sie mit ihrem Ehegatten Moses Hamburger das Fest der goldenen Hochzeit."    

  
80. Geburtstag von Esther Oppenheimer geb. Rothschild (1933)  

Hoerstein BayrGZ 15031933.jpg (25406 Byte) Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. März 1933: "80. Geburtstag. Am 17. März begeht Frau Esther Oppenheimer in Hörstein bei Aschaffenburg in voller körperlicher und geistiger Rüstigkeit ihren 80. Geburtstag. Die Jubilarin ist wegen ihrer aufrichtigen Frömmigkeit und ihrer Mildtätigkeit, die sie besonders armen jüdischen Leuten gegenüber ausübt, überall geachtet und geehrt. Möge ihr noch ein langer und glücklicher Lebensabend im Kreise ihrer ganzen Familie beschieden sein!"  
 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1933: "Hörstein, 7. März (1933). Am 17. März begeht Frau Esther Oppenheimer in Hörstein bei Aschaffenburg in voller körperlicher und geistiger Rüstigkeit ihren 80. Geburtstag. Die Jubilarin ist wegen ihrer aufrichtigen Frömmigkeit und ihrer großen Mildtätigkeit, die sie besonders armen jüdischen Menschen gegenüber ausübt, überall geachtet und geehrt. Möge ihr noch ein langer und glücklicher Lebensabend im kreise ihrer ganzen Familie beschieden sein. (Alles Gute) bis 120 Jahre!". 

      
      
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Anzeige der Bäckerei Mathes Gradwohl (1865)  

Hoerstein Israelit 22111865.jpg (14645 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1865: "Ein Bäckerlehrling wird zum sofortigen Eintritt gesucht von Mathes Gradwohl, Bäcker in Hörstein, Post Dettingen (Bayern)."  

   
Anzeige der Weinhandlung M. Grünebaum (1877)

Hoerstein Israelit 07021877.jpg (29467 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1877": "Hörsteiner Koscherer Wein Hörsteiner echten Rießling, empfiehlt Unterzeichneter auf Pessach in Flaschen und Gebinden, 1876er per Liter 1 Mark, 1874er per Liter 1 Mark 50 Pf., Rothen per Liter 1 Mark 50 Pf., mit der Versicherung, dass der Wein nur durch mich behandelt und abgekeltert wurde.  
M. Grünebaum in Hörstein bei Aschaffenburg."

    
Anzeigen des Gemischtwarengeschäftes Jos. Math. Löwenthal (1900 / 1902)    

Hoerstein Israelit 23081900.jpg (32266 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1900
"Suche für mein gemischtes Warengeschäft, Samstags und Feiertage geschlossen, einen 
Lehrling

Kost und Logis im Hause. 
Jos. Math. Löwenthal, Hörstein, Bayern."    
  
Hoerstein Israelit 31101900.jpg (33927 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1900
"Lehrling und ein angehender Commis gesucht. 
Mathias Löwenthal
Manufakturwaren-, Herren- und Knaben-Kleider-Fabrik- und Maß-Geschäft, 
Hörstein, Bayern."
    
Hoerstein Israelit 28031901.jpg (25863 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. März 1901
"Lehrling gesucht. 
Mathias Löwenthal,
 
Manufaktur- und Herrenkleider-Geschäft, Hörstein, Bayern."      
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1901
"In meinem gemischten Warengeschäfte, Samstags und Feiertage geschlossen, suche einen 
Lehrling

Kost und Logis im Hause. 
Jos. Math. Löwenthal
, Hörstein, Bayern."      
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1902:
"Lehrlingsstelle offen
bei Mathias Löwenthal 
Manufakturwaren- und Herrenkleider. Hörstein (Bayern)."  

     
Anzeige des gemischten Warengeschäftes von Jacob Rothschild I (1903)

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1903: 
"Suche für mein gemischtes Waren-Geschäft, samstags und Feiertage streng geschlossen, einen 
Lehrling

Jacob Rothschild I.
Hörstein in Bayern."    

   
Lehrlingsstelle gesucht - Anzeige von Kusel Rothschild (1904)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Februar 1904: 
"Lehrling 
sucht Stelle
in Samstags geschlossenem Hause. Derselbe besuchte 3 Jahre die Handelsschule; Stellung in einer kleineren Stadt mit Kost und Logis im Hause gewünscht. Manufakturwarenbranche bevorzugt. Offerten an 
Kusel Rothschild, 
Hörstein bei Aschaffenburg
."   

      
Todesanzeige von Max Rothschild (1925)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925: "Gestern starb in Düsseldorf nach kurzem, schweren Leiden mein geliebter Sohn, unser guter Bruder, Schwager, Onkel und Neffe 
Herr Max Rothschild
im Alter von 33 Jahren. 
Hörstein
/Bayern, Halberstadt, Oberseemen den 21. Juli 1925. 
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen
Jeanette Rothschild."   

   
Verlobungsanzeige von Selma Hamburger und Julius Neuhaus (1927)       

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 2. Dezember 1927: 
"Statt Karten! 
Selma Hamburger  -  Julius Neuhaus.  
Verlobte.   
Hörstein bei Aschaffenburg  -  Baumbach (Bezirk Kassel)  Dezember 1927"            


Verlobungsanzeige von Nelli Löwenthal und Martin Lehmann (1928)   

Hoerstein Israelit 29121927.jpg (24604 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1927: 
"Nelli Löwenthal - Martin Lehmann - Verlobte. 
Hörstein (Unterfranken) - Dieburg (Hessen) - Neujahr 1928."  

         
Verlobungsanzeige von Feny Hahn und Willi Rothschild (1928)

Kuelsheim Israelit 09021928.jpg (27595 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: 
"Feny Hahn - Willi Rothschild. Verlobte. 
Külsheim (Baden) - Hörstein (Unterfranken)."     

       

Kennkarten aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte von Reni Strauss, 
geb. in Hörstein
 
 Hoerstein KK MZ Strauss Reni.jpg (92766 Byte)  
   Kennkarte für Reni Strauss (geb. 10. März 1917 in Hörstein, später wohnhaft in Mainz und Frankfurt), 
1941 nach unbekannt deportiert und umgekommen  
 

      
      
      
Zur Geschichte der Synagoge                
      
Bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war ein Betsaal beziehungsweise eine Synagoge vorhanden. 1824 musste die jüdische Gemeinde in Hörstein die Baufälligkeit ihres Bethauses feststellen. Im Hinblick auf einen notwendigen Neubau waren zu dieser Zeit schon 1.400 Gulden an Spenden gesammelt worden. Somit dürfte der Synagogenbau in den folgenden Jahren verwirklicht worden sein. Ein Bericht zur Einweihung und das genaue Datum der Einweihung ist nicht bekannt. 
 
Von Ludwig Löwenthal (geb. 1895): Erinnerungen an Hörstein und Besuch in der Synagoge (1905)

Leserbrief im ""Frankfurter Israelitischen Familienblatt" Heft 4 1905: "Lieber Schreibonkel! 
Sehr freute ich mich, als ich Ferien bekam, denn ich wusste, dass ich nach Hörstein, in meine frühere Heimat, zu meinen lieben Großeltern durfte. Also will ich Dir den Schabbos, welchen ich bei meinen Großeltern verlebte, schildern. Denn der Schabbos zu Hause ist doch nicht so schön:
'Während die Großmama die Lichter anzündete, ging ich mit meinem Großpapa, meinem jüngeren Bruder und meinem 8 Jahre alten Onkel zur Synagoge. Als dieselbe aus war, gingen wir nach Hause. Hier wurden wir von den lieben Großeltern gebenscht. Dann machte der liebe Großpapa Kidusch; während dessen alle im Zimmer ruhig waren. Darnach wurde gegessen. Wenn Du einmal so ein zappelndes Völkchen hättest sehen wollen, so ist es schade, dass Du am Freitag Abend nicht dabei gewesen bist. Denn wie wir herumtollten, ich glaube, so dürfen es wenige Kinder tun. Dafür wurden wir von unseren Tanten tüchtig geschimpft. Sie sagten: 'Wenn ihr nicht sofort ruhig seid, so jagen wir euch ins Bett.' Damit wir noch aufbleiben durften, gingen wir zu unserem Onkel, der unten im Hause wohnt. Auch hier verhielten wir uns lustig. Dann mussten wir uns zu Bette begeben.
Schabbos Morgen mussten wir etwas früher aufstehen, um rechtzeitig in die Synagoge zu kommen. Als dieselbe aus war, gingen wir spazieren. Den ganzen Nachmittag spielte ich mit meinen früheren Schulkollegen. Unser Spiel wurde durch das Minchagebet unterbrochen. Dann spielten wir wieder weiter, bis es dunkel wurde und wir wieder in die Synagoge gingen. Als die Synagoge aus war, machte der liebe Großpapa Habdala aus. Hierauf würden wir gebenscht und wünschten uns gegenseitig: 'Gut' Woch!"
Ludwig Löwenthal, 10 Jahre alt, zurzeit in Hörstein (Bayern)."        

    
1909 wurde die Synagoge umfassend renoviert. Architekt war Adolf Scholl aus Aschaffenburg. Vom 3.-5. September 1909 waren die Einweihungsfeierlichkeiten. Die Einweihung und die Festpredigt übernahm Rabbiner Dr. Breuer aus Aschaffenburg. Die Zeitschrift "Der Israelit" berichtete in ihrer Ausgabe vom 23. September 1909 über das Ereignis:   

Hoerstein Israelit 23091909.jpg (215906 Byte)Hörstein, 9. September (1909). Am 3.,4. und 5. dieses Monats fand dahier eine seltene Feier, die Einweihung der renovierten Synagoge statt, an welcher alle Ortsbürger regen Anteil nahmen. Die Häuser der Hauptstraßen hatten Festschmuck angelegt. Von nah und fern waren zahlreiche Festgäste erschienen, darunter der Herr Königlicher Bezirksamtmann und Herr Königlicher Geistlicher Rat und Dekan von Alzenau.
Nachmittags 3/4 4 bewegte sich der Festzug, an dem sich die ganze Kultusgemeinde, die Gemeinde- und Kirchenverwaltung, sämtliche Vereine und eine große Anzahl anderer Bürger Hörsteins, sowie die auswärtigen Festgäste beteiligten, von einem Musikchor, der Schuljugend und den Festdamen eröffnet, zur Wohnung des Herrn Kultusvorsteher Raphael Rothschild III., von wo die feierlich geschmückten Torarollen abgeholt und in die Synagoge getragen wurden. Vor dem Synagogeneingang hielt der Kultusvorsteher eine kleine Ansprache, in welcher er Herrn Lehrer Israel Wahler den Dank der Gemeinde zum Ausdruck brachte für die großen Verdienste, die sich dieser um die Renovierung erworben. Der Bezirksamtmann beglückwünschte nach einem vorgetragenen Prologe die Kultusgemeinde zu ihrem schönen Gotteshause, sprach seine Anerkennung über ihre Opferwilligkeit aus und übergab hierauf den Schlüssel Herrn Rabbiner Dr. Breuer - Aschaffenburg.
Herr Dr. Breuer ging in seiner meisterhaft durchgeführten Festpredigt von dem Psalmvers aus: "Kommt in seine Tore mit Dank, in seine Höfe mit Lob, danket und segnet seinen Namen!" und sprach über die Bedeutung des Gebetes.
Nach dem Festgottesdienst begaben sich alle Teilnehmer im Zuge zum Festbankett in die Gartenwirtschaft "Zum Ritter". Hier hielt Herr Lehrer Wahler eine längere Ansprache, in der er alle Anwesenden begrüßte und allen Mitarbeitern an dem Renovierungswerk, besondern dem verdienstvollen Leiter des Ganzen, Herrn Architekten Adolf Scholl in Aschaffenburg, dem Kultusvorstand und den zahlreichen Spendern den Dank der Gemeinde übermittelte. Herr Pfarrer Klement wies auf das harmonische Zusammenleben der hier wohnenden Konfessionen hin und beglückwünschte die Kultusgemeinde namens der katholischen Kirchengemeinde. Herr Lehrer B. Wechsler aus Alzenau überbrachte die Grüße und Glückwünsche unserer Nachbargemeinde. Herr Salli Löwenthal brachte einen Toast auf Herrn Lehrer Wahler aus.

Die Synagoge blieb Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens bis 1938. 
    
Der nationalsozialistische Terror richtete sich schon bald nach 1933 gegen die Hörsteiner Synagoge. Im Februar und Mai 1936 wurden die Fenster der Synagoge eingeworfen. Anfang Juni 1938 wurden - am Tage vor dem Wochenfest Schawuoth - die meisten Silberschmuckstücke der Torarollen gestohlen. Am Neujahrsfest 1938 (26. September) wurden wiederum die Fenster der Synagoge eingeworfen; in den Straßen wurde "Schneidet den Juden die Hälse ab!" gerufen. Da in der Synagoge kein Gottesdienst mehr abgehalten werden konnte, brachten die in Hörstein noch lebenden Juden eine Torarolle aus der Synagoge in ein Privathaus, um hier Gottesdienst abhalten zu können. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet, blieb jedoch insgesamt erhalten. Die Inneneinrichtung und die Ritualien wurden völlig vernichtet. Wenig später wurde sie von der Ortsverwaltung beschlagnahmt. 
  
Nach 1945 wurde das Gebäude zunächst als Feuerwehrhaus zweckentfremdet. 1982 wurde es abgebrochen. Das Grundstück wurde teilweise von einer Bäckerei überbaut. Die steinernen Gebotstafeln vom Giebel der Synagoge wurden gesichert und in das Heimatmuseum Alzenau verbracht. 
    
    
Adresse/Standort der Synagogefrüheres Haus Nr. 37, heute Grundstück Hauptstraße 29.   
    
    
Fotos    

 Historische Postkarte von
 Hörstein mit Synagoge
(Sammlung Hahn) 
   
   Im Jahr 1900 gelaufene historische Ansichtskarte
mit Ausschnitt: Synagoge und Schule 
 Rückseite der Karte, die am 26. August 1900 von
Dettingen (Poststempel) nach Nürnberg versandt wurde
     
 Weitere historische Abbildungen
(links aus der Sammlung von Harald Weis,
bzw. Fotos rechts Stadtarchiv Alzenau)
 
   Links das Anwesen des Händlers und Färbers
Sally Rothschild in der Hauptstraße
in Hörstein (vermutlich vor 1935)
 
 Fam. Josef und Moritz Löwenzahn (Metzger): von links Berta und Moritz mit Tochter Nelly, sitzend Josef, Enkelin Betty, auf dem Rad Siegfried, ganz rechts Ida Löwenthal. Oben an der Wand lehnend, Selma Wallerstein
     
Die Synagoge in Hörstein 
(Quelle: www.hoerstein.info
Hoerstein Synagoge 110.jpg (30171 Byte) Hoerstein Synagoge 111.jpg (95048 Byte)
        Außenansicht Innenansicht
        
Die Gebotstafeln der
 ehemaligen Synagoge 
(Fotos: Gerhard Sittinger, Hörstein,
  www.hoerstein.info)
Hoerstein Gebotstafeln 010.jpg (62224 Byte) Hoerstein Gebotstafeln 011.jpg (63409 Byte)
   Die Gebotstafeln der ehemaligen Synagoge in Hörstein, die in den Giebel der Außenwand
 eingemauert waren (heute im  Museum der Stadt Alzenau; rechts die dortige Erklärungstafel; 
Seite zum Museum auf www.alzenau.de
). 
     
Aktuelle Fotos vom Synagogengrundstück usw. werden noch erstellt; über Zusendungen freut sich der Webmaster; 
Adresse auf der Eingangsseite

     
     

Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Stadt Alzenau   
bulletWebsite des Vereinsrings der Gemeinde Hörstein: www.hoerstein.info mit Seite zur jüdischen Geschichte / Synagoge 
bulletInformationen zum jüdischen Friedhof in Hörstein (interner Link) 

Literatur:  

bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 468-469.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 323-324.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 67.
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 86.  
bulletBayern Synagogengedenkbuch IMG_20150803_0001.jpg (85625 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband III: Unterfranken, Teil 1. Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg. von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu (mit umfassenden Quellen- und Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Hörstein  S. 92-111.

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Hoerstein  Lower Franconia. The community was founded in the mid-18th century. A synagogue was built around 1817. The Jewish population remained stable and even grew in the 19th century, numbering 128 in 1900 (total 1,191). In 1933, 98 remained, living in traditional religious life. Jews were beaten by the SS in 1933; the cemetery was desecrated in 1936 and 1937; and the windows of the synagogue and Jewish homes were smashed in September 1938. Most Jews left in 1938. In the 1935-40 period, 44 emigrated, including 21 to the United States, and 46 left for other German cities, including 35 for Frankfurt.  
   
   

                   
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Stand: 06. Oktober 2024