Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Marburg (Kreisstadt, Hessen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt

Die nachstehend wiedergegebenen Texte aus dem Zeitraum zwischen 1837 und 1937 mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Marburg wurden in jüdischen Periodika gefunden. 
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
 
Die Texte sind erst teilweise abgeschrieben und sind noch mit Anmerkungen zu versehen - zum Lesen bitte die Textabbildungen anklicken. 
   
   
Übersicht:

bulletAus der Geschichte des Rabbinates in Marburg  
-  Kurzer Bericht über einen Konflikt in der Gemeinde um das Rabbinat (1852)  
-  Ausschreibung des Rabbinates (1861)  
-  Nach dem Ende der Dienstzeit von Rabbiner Moses Salomon Gosen: die Vorzüge von Marburg als Sitz des Provinzialrabbinates (1861)  
Kreisrabbiner Liebmann Gersfeld aus Rotenburg wird Provinzialrabbiner für die Provinz Oberhessen in Marburg (1862)     
-  Ausschreibung des Rabbinats nach dem Tod von Rabbiner Liebmann Gersfeld (1876)   
Die ehemaligen Schüler von Rabbiner Dr. Leo Munk sollen sich melden (1901)  
25-jähriges Amtsjubiläum von Rabbiner Dr. Munk (1901)    
Zum Tod von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)  
Nachruf zum Tod von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917) 
Beisetzung von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)  
70. Geburtstag von Frau Selma Munk, Witwe von Rabbiner Dr. Leo Munk (1930)  
Provinzialrabbiner Dr. Naphtali Cohn ist in den Ruhestand getreten (1933)   
Ausschreibung des Rabbinates (1935)   
Verlobungsanzeige von Martha Goldschmidt und Rabbiner Dr. Curt Peritz (1934)  
Einführung von Rabbiner Dr. Curt Peritz (1936)        
bulletAus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
-  Spannungen zwischen Vorsteheramt und Gemeindegliedern im Blick auf Fragen des Religionsunterrichts und der Anstellung eines Religionslehrers (1837) 
Stundenplan für die jüdischen Volksschulen in der Oberprovinz Hessen (1838)   
-  6. Jahresversammlung der israelitischen Lehrer-Konferenz Hessens in Marburg am 2. Juli 1894 
32. Jahresversammlung der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens in Marburg (1900)    
Ausschreibung der Stelle eines Lehrers (1902)  
Zum Tod von Lehrer Abraham Strauß - fast 30 Jahre Lehrer der Gemeinde Marburg (1918)    
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Hilfsvorbeters und Schochet (1924)  
Über den Lehrer Salomon Pfiffering (seit 1919 Lehrer in Marburg)         
   
"Purimwunsch" - von Lehrer Salomon Pfifferling, Marburg (1929)    
Lehrer Salomon Pfifferling ist 25 Jahre als Lehrer und Kantor tätig (1929)   
Weiterbestehen der Israelitischen Volksschule - Wiedereinsetzung von Lehrer Salomon Pfifferling in sein Amt (1934)    
Zum Tod von Lehrer Honas Gans (1936)   
bulletÜber das Israelitische Schülerheim / das Schüler- und Lehrlingsheim / Heilerziehungsheim 
-  
Das "Schüler- und Lehrlingsheim" entsteht (1900) - Einweihung im April 1901 
Übergabe des neuen "Schüler- und Lehrlingsheimes" (1901)  
E
rster Jahresbericht des Vereins "Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim" (1903)     
Bericht über das Israelitische Schüler- und Lehrlingsheim (1906)     
10-jähriges Bestehen des Israelitischen Schülerheimes (1911) 
Anzeige des Israelitischen Schüler- und Lehrlingsheimes (1918)  
Gründung eines Israelitischen Erziehungsheimes für schwer erziehbare Kinder (1928) 
Das "Israelitische Erziehungsheim" wird am 1. Juli 1928 eröffnet (1928)    
Einweihung des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1929)   
Über das Israelitische Heilerziehungsheim (1930)   
A
usschreibung der Stelle des Direktors des Israelitischen Heilerziehungsheim (1934)     
Berufung von Lehrer Siegfried Kösterich als Leiter des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1934)     
Einführung von A. Höxter als Direktor des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1935)   
-  Über das Israelitische Heilerziehungsheim (1936)  
bulletAntisemitismus in Marburg seit Ende des 19. Jahrhunderts   
Der Antisemit Dr. Böckel intensiviert seine Aktivitäten (1887)  
Über den antisemitischen Reformverein (1887)   
Antisemitische Volksversammlung in Marburg (1888)  
Gerichtsverhandlung gegen den antisemitischen Volksschullehrer Ferdinand Fenner mit Gutachten von Prof. Hermann Cohen und Prof. Paul de Lagarde (1888) 
Aus dem Prozess gegen Lehrer Fenner (1888)   
Lehrer Fenner wird verurteilt (1888)  
H
essische Geistliche sprechen sich bei einer Versammlung in Marburg gegen den Antisemitismus aus (1891)   
Anzeige gegen gewalttätige, antisemitisch gesinnte Studenten (1893)   
Antisemitismus und Vorurteile - u.a. ausgestreut vom Pfarrer von Bürgeln (1894)    
Aktivitäten der Antisemiten in Marburg im Blick auf die Reichstagswahl (1905)   
Ausschluss jüdischer Personen aus der Klinikerschaft (1919)    
bulletJüdische Aktivitäten an der Universität  
Wilhelm Rothschild an der Universität in Marburg (1844)    
Dr. Nobel hält halachische Vorträge für jüdische Studenten (1901)  
S
emesterschlussfeier der "Jüdischen wissenschaftlichen geselligen Vereinigung" (1903)  
Eine erste jüdische studentische Korporation an der Universität wurde gegründet (1906)   
-  4. Jahresbericht der "Jüdischen Wissenschaftlich-Geselligen Vereinigung" (1907)  
Jahresbericht über die "Vereinigung jüdischer Akademiker" (1908)   
Aktivitäten der "Vereinigung jüdischer Akademiker" (1908) 
7. Jahresbericht der "Jüdischen Wissenschaftlich-Geselligen Vereinigung" (1910) 
3. Bundestag des Bundes jüdischer Akademiker in Marburg (1913)   )  
Vermächtnis der Justina Rodenberg an die Universität (1922)   
20. Stiftungsfest der V.J.A. (Vereinigung jüdischer Akademiker) Marburgs (1927)   
"
Jüdisches" zum Marburger Universitätsjubiläum (1927)  
Stiftung des Bankhauses Baruch Strauß an die Universität (1927)   
Ü
ber die Feier zum Universitätsjubiläum mit jüdischer Beteiligung (1927) 
Vierhundertjahrfeier der Universität (1927)  
bulletJüdische Professoren an der Universität  
Hermann Cohen habilitiert sich an der Universität (1873)
Hermann Cohen wird zum außerordentlichen Professor ernannt (1875)     
Hermann Cohen wird zum ordentlichen Professor ernannt (1876)   
Professor Stengel (nichtjüdisch) wechselt nach Greifswald (1896)  
Dr. Hermann Jacobsohn kommt an die Universität Marburg (1911)   
Artikel zu Hermann Cohen (1914)   
Dr. Adolf Fränkel wird zum außerordentlichen Professor ernannt (1922)    
   - Dazu eingestellt: Briefumschlag an Herrn Fränkel in Marburg, Schloßstraße 2, versandt von Wilhelmshaven am 18. Juni 1924     
Dr. Joseph Carlebach in Hamburg über "Die Hinterlassenschaft Hermann Cohens, des jüdischen Philosophen" (1925)  
P
rof. Dr. Adolf Fränkel wird nach Kiel berufen (1928) 
Prof. Benno Landsberger wurde nach Leipzig berufen (1929)  
bullet Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
G
ründung einer zionistischen Ortsgruppe (1907)    
-  Rege zionistische Aktivitäten (1908)   
Vortrag von Pastor Thimme über "Antisemitismus und Christentum" (1920)  
-  Aktivitäten der Jugendgruppe des Agudas Jisroel (1921)  
Marburger Brief" - Über das jüdische Leben in der Stadt (1925)  
-  Aus der Arbeit der Jugendgruppe des Agudas Jisroel (1925)  
2
0-jähriges Stiftungsfest der Vereinigung jüdischer Akademiker (1927) 
V
ortragsabend der Agudas-Jisroel-Jugendgruppe (1927)  
-  Vortrag von Rabbiner Dr. Elie Munk (Ansbach) vor der Agudas-Jugendgruppe (Sohn des früheren Marburger Rabbiners; 1928) 
A
usstellung religiöser Kunst aus Hessen und Nassau mit jüdischer Abteilung (1928)
50-jähriges Jubiläum des Frauen-Wohltätigkeitsvereines (1928)   
-  Vortrag von Redakteur Selig Schachnowitz (1937)   
bulletBerichte zu einzelnen Personen und Familien aus der Gemeinde    
-  Über die Marburger Familie Mosenthal - ein Artikel zum 100. Geburtstag des Dichters Salomon Hermann Mosenthal (1821-1877)  
-  25-jähriges Dienstjubiläum des Mohels (Beschneiders) Moses Blumenfeld (1909)  
-  25-jähriges Amtsjubiläum des Kultusbeamten Jonas Selig (1911)  
A
uszeichnung für den Gemeindeältesten Koppel Strauß (1911)   
-  Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Gustav Oppenheim (1913)  
Z
um Tod von Bankier Baruch Strauß (1914) 
Die "Baruch Josefine Strauß-Stiftung" soll wohltätigen Zwecken zugute kommen (1920)  
Zum Tod von Bankier Karl Strauß (1927)  
S
pende an Oberbürgermeister Müller von der Firma Baruch Strauß (1927)
-  Zum Tod von Adolf Bachrach (1928)  
77. Geburtstag von Simon Möllerich (1928)  
Großer Sportpreis für Hilde Bachrach (1933)   
-  Beitrag von Schwester Jenny Stiefel aus Marburg: 'Was der alte Kinderfreund erzählt' (1935)    
bulletAnzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
-  Anzeige des Restaurants Stern (1889)  
A
nzeige der Frau von Baruch Strauß (1898)    
Anzeigen des Leder- und Fellgeschäftes S. Strauß (1890 / 1906)  
Anzeigen des Manufakturwaren-, Konfektions- und Wäschegeschäftes M. Eichelbergs Nachfolger (1890 / 1903) 
Anzeige des Mode- und Manufakturwarengeschäftes Louis Erlanger (1891)    
-  Anzeigen der Wurstfabrik Gustav Isenberg (1897 / 1904)  
M
inna Stern empfiehlt ihre Mädchenpension (1901)   
Anzeige der Seifenfabrik S. Sonneborn (1915)  
Anzeige der Mehlhandlung A.S. Bachrach (1922)    
Hochzeitsanzeige von Karl Nussbaum und Cäcilie geb. Kugelmann sowie Hugo Kugelmann und Paula geb. Nussbaum (1928)  
Hochzeitsanzeige von Erwin Wohl und Minna geb. Strauß (1928)  
A
nzeige von Witwe B. Oppenheim für ihren koscheren Mittagstisch (1931) 
Hochzeitsanzeige von Dr. Artur Katz und Edith geb. Walter (1933) 
Hochzeitsanzeige von Henny Bachrach und Dr. Abraham Cohn (1935)     
Verlobungsanzeige von Rosi Farkas und Jacob Tempelhof (1935)   
bulletSonstiges  
"Jerusalem und Marburg" (1925) 
M
itgliederversammlung des Landesverbandes für jüdische Wohlfahrtspflege in Hessen und Hessen-Nassau in Marburg (1927) 
'Marburger Drucke jüdischen theologischen Inhalts' (Artikel von 1927) 
D
er antisemitische Angestellte Köhler wird gerichtlich verurteilt (1931)  
bulletWeitere Dokumente  
Briefumschlag an Dr. Willi Wertheim, Rechtsanwalt in Marburg (1923)   
Kennkarte aus der NS-Zeit für Richard Josef Weishaupt (geb. 1910 in Marburg)      

  
  
Aus der Geschichte des Rabbinates in Marburg  
  
Rabbiner in Marburg waren: 

bulletMoses Salomon Gosen (geb. 1780 in Kirchhain, gest. 1864 in Marburg), seit 1802 Rabbiner in Marburg, zunächst als Unterrabbiner, von 1809 bis 1824 als Distriktsrabbiner, später als Provinzialrabbiner; seit 1806 verheiratet mit Jeanette Metz aus Offenbach; 1860 beantragte er die Versetzung in den Ruhestand).
bulletLiebmann Gersfeld (geb. 1808 in Gelnhausen, gest. 1876 in Marburg): studierte bei den Rabbinern M.T. Sontheim in Hanau und Callmann Mengeburg in Darmstadt und wurde ordiniert von Seckel Wormser in Michelstadt, anschließend Studium an der Universität Marburg und Unterricht bei Rabbiner Gosen; 1836 Lehrer in Gelnhausen und zweiter Rabbiner an der Seite von Hirsch Kunreuther; 1845 Kreisrabbiner in Rodenburg im Kreis Schaumburg, 1851 Kreisrabbiner in Rotenburg/Fulda (verheiratet seit 1852 mit der 1831 in Rotenburg geborenen Kaufmannstochter Dorchen Wertheim), seit 1862 bis zu seinem Tod 1876 Provinzialrabbiner für Oberhessen in Marburg.
bulletDr. Leo Munk (geb. 1851 in Altona, gest. 1917 in Frankfurt): studierte 1870 bis 1876 am Berliner Rabbinerseminar und an der Universität; war von 1876 bis 1918 Provinzialrabbiner in Marburg; war 1897 Gründungsmitglied der Vereinigung traditionell-gesetzestreuer Rabbiner Deutschlands.
bulletDr. Naphtali Cohen (Cohn) (geb. 1874 in Altona, gest. Juli 1939 in Jerusalem): studierte an den Universitäten Berlin, Halle und Erlangen sowie am Rabbiner-Seminar in Berlin; 1899 Lehrer an der S.R. Hirsch-Schule in Frankfurt, 1900 an der Talmud-Tora-Schule in Köln; 1901 bis 1903 Distriktrabbiner und Leiter der Talmud-Tora-Schule (Präparandenanstalt) in Burgpreppach, danach Direktor der Talmud-Tora-Schule in Köln; von 1918 bis 1934 Provinzialrabbiner in Marburg, 1937 bis 1938 leitender Lehrer an der Jeschiwa in Fulda; 1938 verhaftet, 1939 nach Palästina emigriert. 
bulletDr. Curt Peritz (geb. 1898 in Breslau, gest. 1975 in Chicago): studierte am Berliner Rabbinerseminar; 1928 bis 1932 Rabbiner der konservativen Gemeinde Adass Jisroel in Königsberg i.Pr. und Waisenhausdirektor, um 1934 Rabbiner in Schönlanke (Trcianka), von 1936 an Provinzialrabbiner in Marburg; nach England emigriert; im Dezember 1948 mit seiner aus Schlüchtern stammenden Frau Martha geb. Goldschmidt nach New York.   

   
Kurzer Bericht über einen Konflikt in der Gemeinde um das Rabbinat (1852)  

Marburg AZJ 08111852.jpg (104832 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. November 1852: "Am Mittag kam ich nach Marburg. Im Jahre 1848 und den darauf folgenden lösten sich viele israelitische Gemeinden auf. So ging es denn auch in Fritzlar und in Marburg: dort trennte sich ein großer Teil von dem Kreisrabbinen Wetzlar, hier sagten sie sich los von ihrem Provinzialrabbinen Gosen. Die Marburger nannten sich ‚die Überzeugten’, indem sie wahrscheinlich überzeugt waren, ihr Geld zu sparen. Die traurigen Verhältnisse, in welche jüdische Gemeinden am Wenigsten verfallen sollten, weil sie hierdurch am Ehesten und mit Recht zu einem ( schlechten) Beispiel und zum Gespött werden müssen, sind nun zwar durch höhere Entscheidungen, wonach die Abgetrennten zur Zahlung ihrer seitherigen Beiträge verurteilt wurden, teilweise wieder geregelt, allein in Marburg erkennt die Gemeinde dessen ungeachtet ihren Rabbinen noch immer nicht an und dieser ist nun schon während der ganzen Zeit des traurigen Konflikts verhindert, die Ortssynagoge besuchen zu können. – Herr Gosen, der Nestor unserer hessischen Rabbinen, ein sehr gemütlicher Mann, wird den meisten Lesern dieser Zeitung sowohl aus Aufsätzen, die er in dieselbe geschrieben, wie auch von der Frankfurter Rabbinerversammlung her noch im Gedächtnisse sein."

  
Ausschreibung des Rabbinates (1861)  

Marburg AZJ 07051861.jpg (95361 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Mai 1861: "Nachdem der Provinzial-Rabbiner Gosen dahier mit seiner Zustimmung und mit vollem Gehalte wegen seines hohen Alters mit dem Vorbehalte in den Ruhestand versetzt worden ist, dass er die Stelle bis zum Dienstantritte seines Nachfolgers fortversehe, ist die Stelle eines Rabbinen für die Provinz Oberhessen erledigt, und werden geeignete Bewerber, welche die im § 8 der Verordnung vom 30. Dezember 1823 vorgeschriebene Fakultätsprüfung, sowie die Prüfung bei dem Landrabbinate bestanden haben, beziehungsweise nachzuholen bereit sind, aufgefordert, ihre Meldungsgesuche, mit den erforderlichen Zeugnissen versehen, innerhalb 4 Wochen bei der unterfertigten Behörde einzureichen. – Bemerkt wird, dass das fixe Einkommen der Stelle vorerst auf einen aus der israelitischen Provinzialkasse zu zahlenden Gehalt von 400 Talern jährlich festgesetzt worden ist. 
Marburg, am 22. April 1861. 
Kurfürstliches israelitisches Vorsteheramt der Provinz Oberhessen. M.D. Gosen."  

  
Nach dem Ende der Dienstzeit von Rabbiner Moses Salomon Gosen: die Vorzüge von Marburg als Sitz des Provinzialrabbinates (1861)  

Marburg AZJ 02071861.JPG (228934 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juli 1861: "Aus Oberhessen (Kurhessen), im Juni (1861). Der Herr Provinzialrabbiner Gosen ist nunmehr mit Belassung seines vollen Gehaltes in den Ruhestand versetzt, hat jedoch seine bisherigen Funktionen bis nach stattgefundener Einsetzung seines Amtsnachfolgers noch fortzusetzen. Die Stelle ist bereits ausgeschrieben und vorläufig mit 400 Talern dotiert. Möge die Wahl eine glückliche sein! Über den Sitz des neu anzustellenden Rabbinen hatten sich unter verschiedenen Gemeinden Rangstreitigkeiten erhoben. Ob hierüber endgültig entschieden ist, ist mir nicht bekannt. Erwägt man aber, dass Marburg der Sitz der hohen Regierung und des israelitischen Vorsteheramts ist, mit welch hohen Behörden der Provinzialrabbiner in vielfachem amtlichen Verkehre steht, und dass diese Stadt schon seit einer Reihe von Jahren Sitz des Provinzialrabbinen war; erwägt man ferner, dass es von weit mehr als bloß lokaler Bedeutung ist, dass in der einzigen Universitätsstadt des Landes, so die sämtlichen beamten und Geistlichen desselben ihre Ausbildung erlangen, auch das Judentum intellektuell würdig vertreten sei, sowie dass viele israelitische Jünglinge, welche die höheren Lehranstalten Marburgs frequentieren, und die vielen israelitischen Kranken, welche in dem weitberühmten dortigen Krankenhause stets befindlich sind, der geistlichen Belehrung, der geistlichen Einwirkung und des geistlichen Zuspruches teilhaftig werden: so dürfte Marburg als der geeignetste Sitz des Provinzialrabbinen außer allem Zweifel sein. Natürlich dürfte, wenn die letzteren Ansprüche sich verwirklichen sollen, bei der Wahl nur auf bewährte Kapazitäten Rücksicht genommen werden; ob aber eine solche bei dem festgestellten Gehalte sich finden lassen wird, ist freilich eine andere Frage. Unberechtigt ist jedenfalls der von einer Seite geltend gemachte Grund, als ob das zufällige Mehr von 4 oder 10 Steuertalern einer Gemeinde Berechtigung zu dem Anspruche gebe, den Provinzialrabbinen in ihrer Mitte zu haben. Man weiß ja, wie die Zahl- und Vermögensverhältnisse in israelitischen Gemeinden oft im Zeitraume von einigen Jahren große Veränderungen erleiden; es könnte demnach, wollte man nämlich jenen Grund für maßgebend halten, das Domizil des Provinzialrabbinen gar nicht endgültig entschieden werden, müsste vielmehr stets schwebend bleiben und der Provinzialrabbiner in Gefahr geraten, mit seiner Familie auf steter Wanderschaft befindlich sein zu müssen. Wenn auch Marburg jetzt nicht die numerisch und finanziell stärkste Synagogengemeinde Oberhessens hat, so ist es doch durch seine Lage und sonstigen Verhältnisse ganz dazu angetan, bei dem unbestreitbar in nicht zu langer Frist zur Geltung kommenden Prinzip der Freizügigkeit eine solche zu erhalten.    
Der Lehrer M. Rothschild in Treysa hat im Laufe des verflossenen Winters sein 25-jähriges Amtsjubiläum auf solenne Weise gefeiert unter rühmlicher Beteiligung des Schulvorstandes und der Gemeinde.    
Unter den im vorigen Jahre zur Vornahme einer landständischen Wahl nach Marburg berufenen und versammelt gewesenen großen Grundbesitzern - 200 Acker Landes – war auch ein Israelit, nämlich der Seifenfabrikant Herr Maier Wolf aus Schlüchtern. B.H."

   
Kreisrabbiner Liebmann Gersfeld aus Rotenburg wird Provinzialrabbiner für die Provinz Oberhessen in Marburg (1862)

Rotenburg adF 13051862.jpg (116320 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Mai 1862: "Aus Oberhessen (Kurhessen), Ende April. Die Besetzung der ausgeschriebenen Provinzialrabbinerstelle für die Provinz Oberhessen hat endlich stattgefunden. Hohe Regierung hat den Herrn Gersfeld, bisherigen Kreisrabbiner in Rotenburg an der Fulda, zum Provinzialrabbinen bestellt und damit wohlweislich eine Agitation beendet, welche nicht immer das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden wusste. Möge die Wirksamkeit des neuen Herrn Provinzialrabbinen eine recht segensreiche werden. Es ist in den israelitischen Kultusverhältnissen unserer Provinz so manches zu ordnen, was einer kräftigen Hand bedarf. So die Einführung einer gleichmäßigen Synagogenordnung, indem man dem dem jetzigen Zustande wohl sagen kann: 'ein jeder tat, was in seinen Augen recht war' (Zitat aus Richter 17,6, gemeint: es herrschen willkürlich Zustände); so die Beschränkung der Schochtim (Schächter), deren Zahl Legion ist; so der sich immer mehr als höchstes Bedürfnis erweisende Anschluss unserer Provinz an das israelitische Lehrerseminar in Kassel etc. etc. 
Aus gemachter Erfahrung möchte ich alle diejenigen, welche eine Torarolle schreiben lassen, darauf aufmerksam machen, kein lackiertes Pergament hierzu verwenden zu lassen, wie solches jetzt in den Fabriken bereitet wird, indem solche Torarollen durch Abspringen des Lackes nicht nur leicht schadhaft, sondern oft ganz unbrauchbar werden. Auch wird dieses lackierte Pergament meistens aus Schaffellen bereitet. B.H." 

  
Ausschreibung des Rabbinats nach dem Tod von Rabbiner Liebmann Gersfeld (1876) 

Marburg Israelit 26041876.jpg (119544 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1876: "Durch den Tod des Provinzial-Rabbinen Gersfeld dahier ist die Stelle eines Rabbinen für die Kreise Marburg, Kirchhain, Frankenberg, Ziegenhain und Biedenkopf erledigt worden und soll nunmehr anderweitig besetzt werden. Es werden daher geeignete Bewerber, welche die im § 8 der Kurhessischen Verordnung vom 30. Dezember 1823 vorgeschriebene Fakultäts-Prüfung an der hiesigen oder einer anderen deutschen Universität, sowie rücksichtlich der jüdischen Religionslehre die Prüfung bei dem Land-Rabbinate zu Kassel oder einer ähnlichen jüdischen Religionsbehörde bestanden haben beziehungsweise bei ersterem nachzuholen bereit sind, aufgefordert, ihre Meldungsgesuche mit den erforderlichen Zeugnissen versehen, innerhalb 4 Wochen bei der unterfertigten Behörde einzureichen. – Bemerkt wird, dass das fixe Einkommen der Stelle (ohne Akzidenzien) besteht in  
a) Gehalt aus der israelitischen Provinzial-Kasse zu Marburg 1.500 Mark   
b) Gehalt aus der Synagogengemeinde-Kasse daselbst   300 Mark  
c) Gehalt von den Gemeinden des Kreises Biedenkopf  156 Mark    
zusammen 1956 Mark.   
Marburg, den 5. April 1876.  Israelitisches Vorsteheramt: S. Meyerfeld. H. Strauß. S. Haas."  


Die ehemaligen Schüler von Rabbiner Dr. Munk sollen sich melden (1901)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901: "Alle ehemaligen Schüler Seiner Ehrwürden des Herrn Provinzialrabbiners Dr. Munk in Marburg werden gebeten, alsbald ihre Adresse an den Unterzeichneten mitteilen zu wollen. 
J. Strauß
, Marburg in Hessen, Steinweg 15."   

     
25-jähriges Amtsjubiläum von Rabbiner Dr. Munk (1901)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1901: "Marburg, 8. Dezember (1901). Heute feierte der hiesige Provinzial-Rabbiner Dr. Munk sein fünfundzwanzigjähriges Amtsjubiläum unter Anwesenheit sämtlicher Rabbiner Hessens und einer Deputation der hiesigen Schulbehörden. Landrabbiner Dr. Prager aus Kassel hob die Verdienste Munk's hervor, der in den schweren Zeiten der Verfolgung treu zu seiner Gemeinde gestanden habe. Dr. Munk antwortete in längerer Rede. Die Beteiligung an der Feier war sehr stark. Ausführlicher Bericht folgt."          
 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1901: "Amtsjubiläum des Rabbiners Dr. Munk. Marburg, 12. Dezember (1901).   
Marburg Israelit 19121901a.jpg (389650 Byte)   
Marburg Israelit 19121901b.jpg (330839 Byte)  
Marburg Israelit 24121901.jpg (34904 Byte)  

 
Zum Tod von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)  

Marburg AZJ 09021917.jpg (22645 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Februar 1917: "Provinzialrabbiner Dr. Munk in Marburg ist am 5. dieses Monats im Alter von 66 Jahren nach 40-jähriger Tätigkeit verschieden."   

  
Nachruf zum Tod von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917) 

Marburg FrfIsrFambl 16021917.jpg (205367 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Februar 1917: "Nachruf!  
Wir und unsere Gemeinden sind von einer schweren Heimsuchung betroffen worden. Der Mann, der über vierzig Jahre unser religiöser Führer gewesen,  
Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Leo Munk – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – 
ist uns Freitag, den 2. Februar, nach längerem leiden im 66. Jahre seines reich gesegneten Lebens entrissen worden. Noch ist die Wunde zu frisch, um die ganze Größe und Bedeutung dieses Verlustes erfassen zu können. Was der teure Entschlafene für die Entwicklung unserer religiösen Gemeinschaft in unserem Rabbinatsbezirke geleistet, wie er um die religiöse Unterweisung der Jugend und der Erwachsenen sich bemüht, wie er zahlreiche religiöse und soziale Institutionen ins Leben gerufen, sie gekräftigt und erhalten, wie er an allen orten und auf allen gebieten religiösen Lebens echt jüdische Gesinnung einzupflanzen und zu beleben gewusst hat, das wird in der Geschichte unseres Rabbinatsbezirkes zum ewigen Gedächtnis eingegraben bleiben. Die hohen persönlichen Eigenschaften, die den Entschlafenen zierten, die Festigkeit seines Charakters, der Adel und die Reinheit seiner Gesinnung, die Milde seines Wesens, die Liebe und Treue, die er gesät, sie werden seine Persönlichkeit auch für kommende Geschlechter zum edelsten Vorbilde gestalten. Wie sein ganzes Leben ein ununterbrochenes Opfer für uns gewesen, so wird unsere Dankbarkeit, Liebe und Treue in unseren Herzen unauslöschlich fortleben.
Marburg, den 11. Februar 1917. Israelitisches Provinzial-Vorsteheramt. 
Die Kreisvorsteher. Die Gemeindeältesten."  

  
Beisetzung von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)  

Marburg AZJ 16021917.jpg (154629 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Februar 1917: "Marburg, 9. Februar (1917). Unter großer Beteiligung fand vergangenen Montagnachmittag die Beerdigung des Bezirksrabbiners Dr. Leo Munk statt. Voran ging eine Trauerfeier in der Synagoge, die bis auf den letzten Platz gefüllt war. Zahlreiche Rabbiner, Vertreter von Gemeinden, Behörden und Vereinen waren erschienen. Es sprachen die Herren Provinzialrabbiner Dr. Bamberger (Hanau), Dr. Schlesinger (Marburg), Herr Eichelberg im Auftrag des Provinzialvorsteheramts, Lehrer Strauß für die Gemeinde, Rabbiner Dr. Meier Hildesheimer (Berlin) für die traditionell-gesetzestreue Rabbinervereinigung, Oppenheimer (Treysa) für die Lehrer des Bezirks, Rabbiner Dr. Nobel (Frankfurt) für den Deutschen Rabbinerverband, Justizrat Dr. Blau (Frankfurt) für den Verband der Deutschen Juden und den Deutsch-israelitischen Gemeindebund, Herr Jakob S. Posen (Frankfurt) im Auftrag des Kuratoriums des Rabbinerseminars, dem Munk angehörte, und des Ritualausschusses der jüdischen Gemeinden, Rabbiner Dr. Horovitz (Frankfurt) im Auftrag der Frankfurt-Loge, der Großloge des Unabhängigen Ordens Bne Brith und des Vereins zur Förderung der Bodenkultur unter den Juden Deutschlands, zum Schluss Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld (Gießen). An der Vorhalle des Friedhofes sprachen noch Provinzialrabbiner Dr. Cahn (Fulda), Rabbiner Dr. Esra Munk (Berlin) und Dr. Meier Munk (zwei Brüder des Verklärten). Dr. Leo Munk war der älteste Sohn des bekannten Rabbinatsassessors und Klausrabbiners; seine Mutter war eine Schwester des verstorbenen Rabbiners Dr. Israel Hildesheimer."    

  
70. Geburtstag von Frau Selma Munk, Witwe von Rabbiner Dr. Leo Munk (1930) 
   

Marburg Israelit 24041930.jpg (57366 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1930: "Marburg, 21. April (1930). Am letzten Pessachtage beging Frau Dr. Selma Munk - Marburg a. Lahn, Gattin des 1917 heimgegangenen Marburger Rabbiners, Dr. Leo Munk seligen Andenkens, den 70. Geburtstag in körperlicher und geistiger Frische. Die Jubilarin nimmt hervorragenden Anteil an den Arbeiten der jüdisch-sozialen Institutionen ihrer Gemeinde und widmet sich auch sonst dem Werk der Nächstenliebe und erfreut sich dadurch großer Beliebtheit auch in nichtjüdischen Kreisen. Dies fand beredten Ausdruck durch die zahlreichen Ehrungen und Glückwünsche, die ihr zuteil wurden."          

   
Provinzialrabbiner Dr. Naphtali Cohn ist in den Ruhestand getreten (1933)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Dezember 1933: "Marburg, 20. Dezember (1933). Herr Provinzialrabbiner Dr. Cohn ist in den Ruhestand getreten. Herr Dr. Cohn, als vornehmer Mensch und erfolgreicher Lehrer unter den Amtskollegen wie in seinen Gemeinden gleich verehrt und beliebt, hatte in seiner langen rabbinischen Wirksamkeit, oft auf schwierigem Boden, ungemein viel geleistet und auch viel zur Festigung der Tora und der Religion erreicht. Er scheute keine Mühe noch Kraft, die religiösen Institutionen in seinen Gemeinden, insbesondere Schulen, Religionsunterricht, Mikwen und früher Schechita auf denkbar möglicher Höhe zu erhalten. Sein Gesundheitszustand zwingt ihn, die Bürden und Würden des Rabbineramtes abzulegen. Möge es ihm beschieden sein, in der 'Ruhezeit' sich bei ungetrübter Gesundheit im Kreise seiner Familie sich für Tora und die Allgemeinheit zu betätigen. (Alles Gute) bis 120 Jahre."    


Ausschreibung des Rabbinates (1935) 
 

Marburg Israelit 09051935.jpg (63614 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Mai 1935: "Die durch Pensionierung des bisherigen Inhabers freigewordene Stelle des Provinzial-Rabbiners ist neu zu besetzen (Verf. d. Reg. Pr. v. 26.3.1935). 
Bewerber wollen ihre Meldungen unter Beifügung von Zeugnisabschriften und Rabbinatsautorisationen von gesetzestreuen Rabbinern bis zum 25. Mai 1935 bei uns einreichen. 
Israelitisches Vorsteheramt Marburg/Lahn."      

          
Verlobungsanzeige von Martha Goldschmidt und Rabbiner Dr. Curt Peritz (1934)    
Anmerkung: Die Verlobungsanzeige ist noch aus der Zeit vor Antritt des Rabbinates in Marburg. 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1934: 
"Statt Karten   -   Gott sei gepriesen.  
Die Verlobung ihrer Kinder Martha und Curt beehren sich anzuzeigen   
Klara Goldschmidt geb. Hirsch   Emma Peritz geb. Rosenthal        
Martha Goldschmidt - Rabbiner Curt Peritz   Verlobte.  
Schlüchtern Kislew 5695  Schönlanke - Breslau". 

   
Einführung von Rabbiner Dr. Curt Peritz (1936)  

Marburg Israelit 12111936.jpg (197130 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1936: "Einführung des neuen Rabbiners. 
Marburg,
6. November (1936). Am Sonntag nach Schabbat Paraschat Wajera (Schabbat Paraschat Wajera war am 31. Oktober 1936; mit Wajera ist die Toralesung 1. Mose 18,1 - 22,24 gemeint; die Einführung war am Sonntag, 1. November 1936)  fand in der hiesigen Synagoge unter starker Beteiligung der auswärtigen Bezirksgemeinden die feierliche Amtseinführung des zum Provinzialrabbiner gewählten Herrn Rabbiner Peritz, zuletzt in Schönlanke (heute polnische Stadt Trzcianka), vorher Königsberg in Preußen statt. Nach dem im Anschluss an das Nachmittagsgebet (Mincha) vom Chor vorgetragenen Baruch Hu, bestieg der Vorsitzende des Israelitischen Vorsteheramts und Amtsvorgänger, Herr Provinzialrabbiner i.R. Dr. Cohn die Kanzel, um den neu Gewählten und seine Gattin mit herzlichen Worten zu begrüßen. Beginnend mit dem Danke gegen den allgütigen Lenker aller Geschicke, hob er hervor, dass bei der grundlegenden Änderung aller Verhältnisse seit seinem Eintritt in den Ruhestand die Gefahr bestanden hatte, dass der weit ausgedehnte Rabbinatsbezirk fortan des eigenen geistigen Führers würde entbehren müssen, zu einer Zeit, wo gerade die kleinen Gemeinden und ihre Mitglieder desselben mehr als je bedürfen. Umso mehr sei man daher dem Preußischen Landesverbande jüdischer Gemeinden zu Dank verpflichtet, dass er es durch seine weitgehende Unterstützung ermöglicht habe, dass Redner nun heute das von ihm früher verwaltete Amt dem auf der Rabbinerschule zu Pressburg mit dem dafür erforderlichen tiefgründigen Wissen ausgestatteten und in den bisherigen Stellungen bewä
hrten Nachfolger übertragen könne. Wenn dieser nun heute zum ersten Male einen großen Bezirk mit kleinen und kleinsten Gemeinden übernehmen solle, so weise er ihn hin auf das gestern verlesene Torawort ‚und er (Abraham) pflanzte eine Tamariske in Beerscheba’ und flehe zu Gott, dass es auch ihm gelingen möge, eine solche Tamariske hier zu pflanzen, die nach dem Worte des Midrasch entweder eine Herberge gewesen sei, in welcher Abraham die dort Einkehrenden auf Gott gewiesen habe, oder ein Pardes, ein Obstgarten, mit dessen Früchten er seine Zeitgenossen erquickt und vor Not bewahrt habe. Es folgte die Begrüßung durch Herrn Rabbiner Dr. Galliner als Vertreter des Preußischen Landesverbandes, der betonte, dass heute mehr denn je ein Zusammenschluss notwendig wäre. Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn, Fulda, der in der Zeit der Vakanz das Rabbinat verwaltet hatte, entbot Herrn Provinzialrabbiner Peritz den Gruß, den einst der jeweils abtretende Wächter dem nachfolgenden entgegen rief.      
Sodann nahm als Vertreter der Israelitischen Gemeinde Marburg der Leiter des Israelitischen Heilerziehungsheims, Herr Lehrer Höxter, das Wort, um zunächst dem bisherigen Provinzialrabbiner für seine Verdienste um die Gemeinden des Bezirks und deren Mitglieder zu danken und dann den neu Gewählten mit herzlichen Worten willkommen zu heißen.      
Marburg Israelit 12111936a.jpg (169793 Byte)Es folgte die Antrittsrede des Herrn Provinzialrabbiners Peritz, der unter Anlehnung an das Abraham zweimal gesagte Lech Lecha (1. Mose 12,1) die Aufgaben des Rabbiners unserer Zeit entwickelte. Mit Chorgesang und dem Maariw schloss die Feier.    
Am Abend gab es eine wohl gelungene Feier in den Sälen des Israelitischen Heilerziehungsheims der gesamten Gemeinde und Gästen Gelegenheit, mit dem Herrn Provinzialrabbiner und seiner Gattin gemütlich beisammen zu sein. Nach der Begrüßung der Anwesenden durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Israelitischen Vorsteheramts, Herrn Sally Haas, widmete Herr J. Rothschild dem Rabbinerehepaare herzliche Worte. In netten Versen begrüßte sie der Gemeindeälteste Kugelmann namens der Gemeinde. Herr Pfifferling sprach im Namen der Lehrer. Frau Lotte Bachrach begrüßte Frau Rabbiner Peritz namens des Israelitischen Frauenvereins, der sich auf ihre Mitarbeit freue. Herr Bezirksrabbiner Dr. Laupheimer, Bad Ems – Limburg, entbot freundliche Worte Herrn Rabbiner Dr. Cohn, um dann namens des Nachbarrabbinats den neuen Kollegen zu begrüßen. Herr Lehrer Stern, Frankenberg, dankte Frau Rabbiner Dr. Cohn für ihre häufigen besuche der auswärtigen Kranken in den Kliniken, die bei diesen stets dankbare Freude ausgelöst haben und stellte gern fest, dass aus dem, was man heute aus dem Munde des neuen Provinzialrabbiner gehört habe, diesen das gleich gute Herz auszeichne. Es sprachen noch Frau Cilli Bachrach und Herr Samuel Bachrach, während die Herren Lehrer Simon und Hirschkorn die Anwesenden durch Gesangsvorträge erfreuten. Unter großem Beifall erwiderte Frau Rabbiner Peritz auf die Begrüßungsworte von Frau Lotte Bachrach. Nachdem noch Herr Rabbiner Dr. Cohn für das vielfache Gedenken seiner Gattin und seiner eigenen Person gedankt und insbesondere der neuen Rabbinerin freundliche Worte gewidmet hatte, erwiderte Herr Rabbiner Peritz, indem er für alle ihm heute entgegengebrachte Liebe herzlich dankte und unter Anlehnung an schöne Midraschworte auch an dieser Stelle darlegte, wie er sich das harmonische Zusammenarbeiten mit sämtlichen Bezirksgemeinden denke. In vorgerückter Stunde sprach sodann Herr S. Frank allen Erschienenen und insbesondere Herrn Höxter für die Bereitstellung der Säle den Dank aus."       

  
   
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Spannungen zwischen Vorsteheramt und Gemeindegliedern im Blick auf Fragen des Religionsunterrichts und der Anstellung eines Religionslehrers (1837)  

Marburg AZJ 23091837.jpg (351696 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. September 1837: "(Aus Marburg). Dass durch die Emanzipation der Juden in Kurhessen sich auch der Zustand der Rabbiner und Lehrer bedeutend verbessert habe, bedarf wohl kaum einer Erwähnung, da sich früherhin namentlich die jüdischen Volkslehrer in einer höchst traurigen Lage befanden, indem sie von der bloßen Willkür der Gemeindeglieder einzig und allein abhingen; denn sie wurden wie Knechte gedungen, und so wie diese nach Belieben der einzelnen Gemeindeglieder wieder verabschiedet, welcher nachteilige und unheilvolle Zustand der Lehrer seit einiger Zeit aber durch die weisen Verfügungen unseres Ministeriums gänzlich entfernt worden ist. Gegenwärtig bestellt die kurhessische Regierung auch sämtliche jüdischen Lehrer, und zwar mit einem Gehalte von wenigstens 100 Rthlr., welchen Gehalt die meisten Gemeinden unserer Oberprovinz gern und bereitwillig herbeizuschaffen suchen, da sie den glücklichsten Erfolg dieser vaterländischen Wohltat unserer weisen Landesregierung einsehen lernen. Ganz anders verhält sich dieses aber mit der jüdischen Gemeinde in unserer Provinzialstadt Marburg, wo unglücklicherweise ein Geist der Opposition zwischen Vorsteheramt und Gemeinde sich gebildet, der jeder etwaigen Verbesserung entgegen zu stehen pflegt. So zum Beispiel hat die Gemeinde noch gar keinen Volkslehrer, und da das achtungswürdige hiesige Vorsteheramt auf die Anstellung eines solchen drang, fand es leider! auch hierin eine starke Opposition, indem die meisten Mitglieder der hiesigen Gemeinde sich weigerten, das Minimum eines Gehaltes für einen Lehrer zu zahlen. Den bisherigen Religionsunterricht versah der hiesige achtungswürdige Provinzialrabbiner Gosen, und dem ungeachtet ließen die meisten Juden denselben von ihren Kindern nicht einmal besuchen, und warum? - - Die meisten empfangen auf diese Weise gar keinen Religionsunterricht, und vegetieren also bloß, - was sollen aber aus solchen Kindern für Staatsbürger entstehen? – endlich befahl die hiesige Regierung der Gemeinde, tüchtige Subjekte zur Besetzung gedachter Lehrerstelle in Vorschlag zu bringen, wobei sie natürlicherweise zunächst auf ihren Synagogenvorsänger Neumark fallen musste, der als Vorsänger einen Gehalt von 150 Gulden bezieht. Die Gemeinde stellte nun die unbillige Forderung an denselben, dass er für diesen Gehalt von 150 Gulden auch das Lehreramt versehen solle! Herr Neumark, bescheidener als die Gemeinde, welcher er dient, bat hierauf, dass man ihm wenigstens seinen Vorsängergehalt alsdann bis zu 100 RThlr. erhöhen möchte, welche billige Forderung aber dennoch nicht angenommen worden ist; denn wenn man ihm den Vorwurf der Untüchtigkeit machen will, so widerspricht man sich selbst, da er ja für 150 Gulden zu dieser Stelle tüchtig genug ist!! – Zuverlässig wird unsere weise Regierung bald dazwischen treten und der Gemeinde gebieten, Herrn Neumark einen Gehalt von 100 RTHlr. zu zahlen, da in Marburg niemand mit 150 Gulden auskommen kann, und wenn er auch nur auf die allernotdürftigsten Lebensbedürfnisse Rücksicht nehmen will. Wer wird aber auch die Stelle eines Vorsängers und Lehrers zugleich für 150 Gulden versehen? – gewiss kein so fähiger Mann, als wie Herr Neumark ist, der seine Stelle, insofern er nicht einen Gehalt von 100 RThlr. erhält, mit Recht gekündigt haben soll! -    Das hiesige Vorsteheramt ist gegenwärtig mit der Abfassung und Einführung eines neuen Lehrplanes beschäftigt, dessen eigentlicher Verfasser der als Schriftsteller im Gebiete der Profanphilologie rühmlichst bekannte Herr Dr. J. Hoffa, Privatdozent an der hiesigen Universität und Mitglied des jüdischen Vorsteheramtes, sein soll. Referent hat diesen neuen Lehrplan, der gewiss seines Verfassers würdig ausgefallen sein wird, noch nicht zu Gesicht bekommen, sobald dies aber der Fall ist, wird er nicht verfehlen, darüber zu berichten. – Dr. J."

     
Stundenplan für die jüdischen Volksschulen in der Oberprovinz Hessen (1838)  

Marburg AZJ 25011838.jpg (149875 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1838: "Marburg in Kurhessen.  Der in No. 75 der vorliegenden Zeitung angezeigte Lehr- oder Stundenplan für die jüdischen Volksschulen in der Oberprovinz Hessen ist von dem hiesigen Vorsteheramt nun wirklich in das Leben gebracht und in den jüdischen Volksschulen eingeführt worden, und Referent beeilt sich, denselben, wie er vor ihm liegt, mitzuteilen. Dieser Lehrplan für die Oberprovinz Kurhessens wurde bereits am 6. April dieses Jahres von der hochlöblichen kurfürstlichen Regierung dahier genehmigt, von dem hiesigen Vorsteheramte aber erst vor einigen Wochen in den jüdischen Volksschulen eingeführt. Seine Form und Einrichtung ist folgende, wobei Referent nur noch bemerkt, dass die Vormittags- und Nachmittagsstunden durch einen Gedankenstrich getrennt sind.    Sonntag: Religionslehre, Übersetzen aus dem Hebräischen, Schönschreiben (deutsch), - Kopfrechnen, deutsch Lesen, Verstandesübungen mit schriftlichen Aufsätzen;  Montag: biblische Geschichte, Übersetzen aus dem Hebräischen, Rechtschreiben (deutsch), - deutsche Sprache, deutsch Lesen, Geschichte, Naturgeschichte; Dienstag: hebräisch lesen, Tafelrechnen, Schönschreiben (deutsch), - Kopfrechnen; Schönschreiben (hebräisch);  Mittwoch: Religionslehre, Übersetzen aus dem Hebräischen, Rechtschreiben (deutsch) – Verstandesübungen mit schriftlichen Aufsätzen, deutsch Lesen, Naturgeschichte;  Donnerstag: biblische Geschichte, Übersetzen aus dem Hebräischen, Schönschreiben (deutsch), - deutsche Sprache, deutsch Lesen, Geschichte;  Freitag: hebräisch Lesen, Tafelrechnen, Rechtschreiben (deutsch), Verstandesübungen mit schriftlichen Aufsätzen; - Sonnabend: katechetische Religionsübungen oder religiöse Vorträge.      
Erläuterungen. Es sind nach dem vorstehenden Stundenplan bestimmt:   
1) für den Unterricht in der Religionslehre wöchentlich 2 Stunden  
2) für den Unterricht in der biblischen Geschichte wöchentliche 2 Stunden
Marburg AZJ 25011838a.jpg (264403 Byte)3) für den Unterricht im Übersetzen aus dem Hebräischen (Gebete und Grundtext der 5 Bücher Moses) verbunden mit den notwendigsten Regeln der hebräischen Sprache wöchentlich 4 Stunden  
4) für den Unterricht im deutschen lesen (nach Sinn und Inhalt)  wöchentlich 4 Stunden   
5) für den Unterricht im hebräischen lesen  wöchentlich 3 Stunden  
6) für den Unterricht im deutschen Schönschreiben wöchentlich 3 Stunden   
7) für den Unterricht im hebräischen Schönschreiben wöchentlich 1 Stunde  
8) für den Unterricht im deutschen Rechtschreiben (Orthographie) wöchentlich 3 Stunden   
9) für den Unterricht im hebräischen Rechtschreiben  wöchentlich 1 Stunde  
10) für den Unterricht im Kopfrechnen  wöchentlich 2 Stunden  
11) für den Unterricht im Tafelrechnen  wöchentlich 2 Stunden 
12) für den Unterricht in Verstandesübungen und damit zu verbindenden schriftlichen Gedankenausdruck wöchentlich 3 Stunden  
13) für den Unterricht in der Grundlehre der deutschen Sprache wöchentlich 2 Stunden   
14) für den Unterricht in der Naturgeschichte, verbunden mit dem Notwendigsten aus der Naturlehre  wöchentlich 2 Stunden  
15) für den Unterricht in der Geschichte, und zwar vorzugsweise der vaterländischen, verbunden mit dem Notwendigsten aus der Erdbeschreibung (Geographie)   wöchentlich 2 Stunden   
16) für katechetische Religionsübungen, beziehungsweise religiöse Vorträge wöchentlich 1 Stunde   überhaupt 36 Stunden.     
Anmerkung: Bei der Verteilung der Lehrgegenstände nach Tagen und Stunden war es Hauptaugenmerk, das Leichtere mit dem Schwereren, das Angenehme mit dem Nützlichen, die Gegenstände, welche mehr den Verstand und das Herz in Anspruch nehmen, mit denen, welche mehr äußere (mechanische) Tätigkeit und Fertigkeit erfordern, schriftliche Übungen mit mündlichen in der Weise abwechseln zu lassen, dass jede Ermüdung und Erschlaffung der Geisteskraft verhütet werde. Die Sabbatstunde, welche unmittelbar nach dem Morgengottesdienst gehalten wird, ist zunächst zu katechetischen Übungen (Prüfungen) in der Religionslehre, wobei die Älteren hinzugezogen werden können, bestimmt; an deren Stelle können von Zeit zu Zeit Religionsvorträge des Lehrers, ebenfalls in Gegenwart der Älteren treten.    
(Die Verteilung der Unterrichtsgegenstände oder vielmehr das Unterrichten der erwachseneren und kleineren Kinder, des Vormittags und Nachmittags, bleibt also dem Gutbefinden des jedesmaligen Lehrers ganz anheim gestellt; denn sämtliche Kinder können doch nicht zugleich denselben Unterricht genießen! Und betrachtet man hiernach die Verteilung der Unterrichtsgegenstände in vor- und Nachmittagsstunden, und berücksichtigt dabei noch den gegenwärtigen Zustand des jüdischen Volksunterrichtes, so bezweifelt Referent, dass der vorstehende Lehrplan sich in allen Gemeinden durchführen lässt, welche Ansicht er sogar von einigen jüdischen Volkslehrern vernommen zu haben glaubt, und billiger Weise hätte man bei der Abfassung dieses Stundenplanes auf das verschiedene Alter der Kinder einige Rücksicht nehmen sollen. Noch weniger wird man aber verlangen können, dass ein jeder Lehrer streng nach diesem Plane unterrichten solle, da er den Zustand seiner Schule genauer und besser kennen muss, ob sich gedachter Lehrplan in derselben ein- und durchführen lasse oder nicht. – Doch wir wollen das Beste hoffen und sehen, inwiefern sich die edle Absicht des hiesigen Vorsteheramtes realisiere, worüber zu seiner Zeit Bericht erstattet wird.) Dr. Discolus."

 
6. Jahresversammlung der israelitischen Lehrer-Konferenz Hessens in Marburg am 2. Juli 1894   

Marburg AZJ 31081894.jpg (123858 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitschrift des Judentums" vom 31. August 1894: "6. Jahresversammlung der israelitischen Lehrer-Konferenz Hessens zu Marburg am 2. Juli.  
War auch die Versammlung, welche im Café Quentin stattfand, hauptsächlich infolge des nicht besonders günstig gelegenen Konferenzortes nicht so zahlreich besucht wie in manchen früheren Jahren – die Präsenzliste weist ungefähr 60 Teilnehmer nach – so hatte sie dennoch einen recht anregenden Charakter und nahm einen allgemein befriedigenden Verlauf. Dieselbe begann um 10 Uhr durch Absingung eines von Herrn Gutkind Kassel geleiteten Chorals; alsdann folgte die Eröffnungsrede des Vorsitzenden, Herrn Dr. SteinKassel. In schwungvoller Sprache versuchte er die Frage zu beantworten, ob auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts ein konstanter Fortschritt nachzuweisen sei. Diese Frage müsse leider verneint werden, meint der Redner, da gerade in der Gegenwart eine geistige Unaufgeklärtheit und sittliche Verrohung herrsche, obgleich man von Lessing gelernt habe und bei Pestalozzi in die Schule gegangen sei. Mit dem Wunsche, dass das zweite Vierteljahrhundert unserer Jahresversammlungen ‚an Kämpfen leicht, an Siegen reich, an Rückschritten gering, an Fortschritten groß’ sein möge, schloss die gedankenreiche Eröffnungsrede.  
Nach derselbe begrüßte der Vorsitzende die erschienenen Konferenzmitglieder und Gäste mit warmen Worten. Als Gäste hatten die Versammlung beehrt die Herren Landrabbiner Dr. PragerKassel, Provinzialrabbiner Dr. Munk Marburg und Dr. Koref Hanau und Rabbiner Dr. Horwitz – Frankfurt am Main, Herr Provinzialvorsteher Eichelberg – Marburg. Die Herren Gemeindeältesten Strauß und Rosenbusch – Marburg, Herr Justizrat Hirsch – Kassel, im Namen des Ausschusses des ‚Hessischen Lehrervereins’ Herr Lehrer BredeKassel, Herr Gymnasiallehrer Dr. Vogt Marburg 
Marburg AZJ 31081894a.jpg (311871 Byte)und einige Lehrer aus den angrenzenden Landesteilen. Die Herren Provinzialrabbiner Dr. Cahn Fulda, Hauptlehrer Andorn – Krefeld (ein früheres Konferenzmitglied), sowie mehrere Kollegen hatten ihr Fernbleiben, das bei vielen leider durch Krankheit begründet war, entschuldigen lassen; Herr Müller – Frankershausen hatte die Versammlung telegraphisch begrüßt. – Hierauf hieß Herr Dr. Munk die Versammlung namens der Synagogengemeinde Marburg herzlich willkommen und teilte ihr mit, dass denjenigen Konferenzbesuchern, welcher über Nacht in Marburg bleiben wollten, seitens der dortigen Israeliten bereitwilligst Freiquartiere zur Verfügung gestellt seien, um deren Benutzung er bat. – Nachdem der Vorsitzende dem Herrn Redner für seine herzliche Begrüßung und der Gemeinde Marburg für ihr liebenswürdiges Anerbieten Worte des Dankes gesagt und nachdem mitgeteilt worden war, dass der D.J.G.B. zu den Kosten der Versammlung einen Zuschuss von 150 Mark bewilligt habe, wurde das Bureau gebildet, indem Herr Gutkind zum stellvertretenden Vorsitzenden und der Unterzeichnete zum Schriftführer ernannt wurden. – Der nunmehr durch den Vorsitzenden zur Vorlesung gelangende Jahresbericht des Ausschusses enthielt die Mitteilung von der bei der Königlichen Regierung nachgesuchten und auch erwirkten Abänderung der Ferienordnung, sodass jetzt die Sommerferien anstatt 14 Tage 3 Wochen dauern und die seitherigen Chanukkaferien in die Weihnachtszeit verlegt sind.   
Nachdem Herrn Gutkind im Anschlusse an den von ihm vorgetragenen Kassenbericht Entlastung erteilt worden war, trat man in die eigentliche Tagesordnung ein, indem Herr Kollege Amram Borken das Wort zu seinem Vortrage: ‚Die Vorbildung der israelitischen Lehrer’ erhielt. In Erwägung, dass die Bestrebungen der gesamten deutschen Lehrerschaft, zu der auch die Mitglieder unserer Konferenz gehören, in Bezug auf Umgestaltung des Lehrerbildungswesens auch von den israelitischen Volksschullehrern geteilt werden, und dass die in kleineren und größeren Lehrerversammlungen angenommenen diesbezüglichen Beschlüsse beziehungsweise Leitsätze auch von dem israelitischen Lehrer, soweit sie im Allgemeinen Lehrgegenstände betreffen, unterschrieben werden können und müssen, hatte der Herr Referent seinen Ausführungen die von dem Hessischen Volksschullehrerverein vor einigen Jahren auf seiner Jahresversammlung zu Ziegenhain angenommenen Leitsätze zugrunde gelegt und diese nur in soweit modifiziert, als dies die eigenartigen Verhältnisse des israelitischen Lehrerstandes erheischen. Die Versammlung lauscht dem interessanten Vortrage bis zum Schlusse mit gespannter Aufmerksamkeit; da die nachfolgenden Leitsätze ein klares und treues Bild des Vortrages ergeben, kann auf dessen Inhaltsangabe Verzicht geleistet werden. In Vertretung des durch Krankheit am Besuche der Konferenz verhinderten Korreferenten Herrn Blach Gudensberg wurde das von demselben eingesandte Korreferat von dem Unterzeichneten verlesen; dasselbe war in sehr schöner Sprache und edler Begeisterung für die in Frage stehende Angelegenheit ausgearbeitet, ergänzte in einigen Punkten die Ausführungen des Referenten und vertrat in wieder anderen Punkten, zum Beispiel bei Leitsatz 2, einen entgegengesetzten Standpunkt als dieser. Nach einer viertelstündigen Pause wurde in die Debatte über die gehörten Vorträge eingetreten, die durch ihre Lebhaftigkeit das Interesse bekundete, das dem Beratungsgegenstande entgegengebracht wurde. Während die Leitsätze 1,3,5 und 6 debattelos angenommen wurden, riefen Nr. 2 und 4 einen die Frage klärenden, längeren Meinungsaustausch hervor, an dem sich die Herren Dr. Prager, Koref, Munk, EhrenreichWehrda, HeiserNiedenstein, LöwensteinFulda, OppenheimerBarchfeld,  PerlsteinZwesten, Stahl – Falkenweg, Steinweg – Laasphe, Strauß – Gelnhausen und der Referent beteiligten. Das Ergebnis der Debatte war die unveränderte Annahme der von dem Referenten aufgestellten Leitsatze, nur bei Leitsatz 4 wurde der Wortlaut etwas geändert, sodass dieselben folgendermaßen lauten:    
1. Der erhöhten Bedeutung der Volksschule, den sich steigernden Anforderungen an die Volksschullehrer und der diesen gebührenden sozialen Stellung entsprechend, ist das Lehrerbildungswesen zeitgemäßer zu gestalten.   
2. Die private Vorbereitung für das Seminar ist zu verwerfen. Dagegen ist tunlichst bei jedem Seminar eine Präparanden-Anstalt zu errichten, die in dreijährigem Kurses das allgemeine Wissen etwas in dem Umfange wie die siebenstufige Realschule zu vermitteln hat. Erstrebenswert wäre allerdings die Vorbildung durch die Realschule.   
3. Das Seminar soll vornehmlich Fachanstalt sein und in dreijährigem Kursus die Seminaristen in die Pädagogik und ihre Hilfs-
Marburg AZJ 31081894b.jpg (296642 Byte)wissenschaften (Physiologie, Logik, Schulhygiene, Geschichte des Erziehungs- und Unterrichtswesens, Methodik usw.) einführen, durch den Unterricht in der Seminar-Übungsschule praktisch tüchtig machen, für das Kultusamt ausreichend vorbilden und bei Ergänzung des allgemeinen Wissens besonders die religiösen Wissenschaften und die Musik berücksichtigen.    
4. Die Einführung der Externats-Erziehung ist anzustreben. Wo aus Zweckmäßigkeitsrücksichten die Beibehaltung des Internats sich empfiehlt, darf die Hausordnung nicht zu beengend wirken und muss den Zöglingen tunlichst Gelegenheit zum Verkehr in besseren Familien ermöglicht werden.   
5. Die Zahl der jährlich in die Seminare Aufzunehmenden soll sich nach dem vorliegenden Bedürfnis richten, und die Auswahl unter den zur Aufnahme Angemeldeten soll mit besonderer Sorgfalt vorgenommen werden.    
6. Als Seminarorte empfehlen sich größere Städte. Zu Seminarlehrern sind in der Volksschulpraxis wohl erfahrene Schulmänner berufen, welche eine sichere Gewähr für ihre wissenschaftliche Befähigung bieten.   
Es folgt nunmehr die Beratung der gestellten Anträge. Herr SchwarzschildSchlüchtern begründete den von ihm in Gemeinschaft mit mehreren Kollegen des Vorsteheramtsbezirks Hanau eingebrachten Antrag: ‚Der Ausschuss der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens möge bei Königlicher Regierung dahin wirken, dass die Religionslehrer im Regierungsbezirk Kassel den israelitischen Volksschullehrern vollständig gleichgestellt werden.’ Obschon die ganze Versammlung den in Betracht kommenden Lehrern in Bezug auf Besoldung, Anstellung und Pensionierung Gleichstellung mit den Volksschullehrern gönnt, wurde ihnen dennoch von vielen Seiten die Aussichtslosigkeit des Antrags nachgewiesen und ihnen der Rat gegeben, an maßgebender Stelle die Umwandlung der Religionsschulen in Volksschulen zu veranlassen. Die Antragstellen beschränkten denn auch ihren Antrag darauf, dass für sie wenigstens eine gesetzliche Regelung ihrer Pensionsverhältnisse herbeigeführt würde; auf Anregung des Herrn Dr. Munk wurde deshalb eine Kommission gewählt, die aus den Ausschussmitgliedern und den Herren SchwarzschildSchlüchtern, Löwenstein Fulda und Strauß Gelnhausen besteht, welche die Angelegenheit weiter betreiben soll.    
Ein Antrag des Herrn Amram: ‚Die israelitische Lehrerkonferenz Hessens möge beschließen, dass die Jahresversammlung nicht mehr wie seither am ersten Montag im Juli, sondern Pfingsten stattfinde,’ welcher mit der schon vorher erwähnten Neuregelung unserer Sommerferien begründet war, wurde von der Versammlung nicht angenommen.   
Als dritter Beratungsgegenstand stand wie auf allen diesjährigen Versammlungen der israelitischen Lehrer Deutschlands die Bildung eines D.J.L.B. auf der Tagesordnung. Namens des Ausschusses hatte Herr Cornelius – Rothenburg ein Referat über die angestrebte Vereinsbildung herausgearbeitet, in welchem zwar das Zustandekommen eines alle israelitischen Lehrer Deutschlands umfassenden Lehrerbundes als wünschenswert und nutzbringend dargestellt worden war, in welchem aber auch davor gewarnt wurde, eine solche Vereinigung zu sehr auszudehnen. In der sich an die Vorlesung anschließenden Debatte wusste Herr Gutkind – Kassel in überzeugender Weise nachzuweisen, dass bei den in den einzelnen deutschen Provinzen und Ländern bestehenden verschiedenartigen Lehrverhältnissen die Gründung eines D.J.L.B. kaum möglich sei, dass ein solcher Verein jedenfalls nicht von Bestand sein könne, und dass die Ziele des anzustrebenden Vereins auf andere, einfachere und billigere Weise erreicht werden könnten. Die Konferenz beauftragte daraufhin ihre zu der konstituierenden Versammlung zu delegierenden Ausschussmitglieder, zu der beabsichtigten Vereinsbildung eine abwartende Stellung einzunehmen und diese den Delegierten der Brudervereine gegenüber  zu begründen.   
Von den hierauf erstatteten Mitteilungen, bei denen die Verfügung der Königlichen Regierung betreffs der Ferienordnung und das Dankschreiben des Schriftstellers Hause zur Verlesung kamen, waren die des Unterzeichneten und des Kollegen Ehrenreich – Wehrda von besonderem Interesse. Erstere betraf die von der Königlichen Regierung beabsichtigte Regulierung der Gehälter der israelitischen Lehrer, die denen ihrer christlichen Kollegen ganz und gar entsprechen sollen, die im Kreise Ziegenhain bereits durchgeführt sei und allmählich auf den ganzen Regierungsbezirk ausgedehnt werden soll. Kollege Ehrenreich führte die von Herrn Hauptlehrer Eschwege in Höchberg herausgegebenen ‚kolorierten Zahlenbilder für gemeine Brüche’ vor.    
Marburg AZJ 31081894c.jpg (78356 Byte)Als Ort der nächstjährigen Versammlung wurde Kassel gewählt, als Vortrag von den zur Auswahl gestellten Themen auf warme Befürwortung der Herren Dr. Munk und Horwitz das Thema: ‚Was ist Tierschutz, und wie ist die Pflicht der Schonung der Tiere und Pflanzen in der israelitischen Schule zu behandeln?’  Das Referat übernahm auf einen aus der Versammlung geäußerten Wunsch Herr Dr. Munk, das Korreferat der Unterzeichnete.  
Die Vorstandswahl fand auf Vorschlag des Herrn Heiser – Niedenstein durch Wiederwahl der seitherigen Mitglieder ihre Erledigung.   Nachdem die Versammlung von dem Vorsitzenden für geschlossen erklärt worden war, sprach der vorgenannte Kollege dem Leiter der Konferenz für die umsichtige Leitung derselben und für die unparteiische Führung der Geschäfte den Dank der Versammlung aus.   
Das sich an die Verhandlungen anschließende gemeinschaftliche Mahl vereinigte die Teilnehmer noch einige stunden, die leider allzu rasch verflogen. Spät trennten sich die Konferenzbesucher mit dem herzlichen Wunsche eines allseitigen frohen Wiedersehens im nächsten Jahr.  
Treysa, am 5. August (1894). G. Oppenheim."   

  
32. Jahresversammlung der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens in Marburg (1900)  

Marburg Israelit 10051900.jpg (93824 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1900: "Kassel, 8. Mai (1900). Die israelitische Lehrerkonferenz wird ihre 32. Jahresversammlung am 6. Juni zu Marburg abhalten. Zu den wichtigsten Gegenständen der Tagesordnung gehört wohl die Vorbereitung einer neuen Auflage des in den hessischen Schulen allgemein eingeführten Dr. Stein’schen Lesebuches. Zu diesem Zwecke hatte die 31. Jahresversammlung eine Kommission eingesetzt, welche vor kurzem ihre Arbeit begonnen hat. Mit eine der schwierigsten Aufgaben wird wohl die Vermehrung des religiösen und jüdisch-nationalen Stoffes sein. Gerade die klassischen Darstellungen aus diesen Gebieten sind spärlich vorhanden, und die vorhandenen sind zudem meist unbekannt. Die Kommission erbittet daher hiermit die Unterstützung jüdischer Gelehrter, Schulmänner und Schriftsteller, sei es durch Zusendung oder auch nur Angabe solcher Stoffe und ihrer Quellen, sei es durch einige Darstellung solcher Stoffe. Etwaige gefällige Zusendungen erbittet die Kommission zu Händen des Lehrers Amram in Borken (Regierungsbezirk Kassel)."    


Ausschreibung der Stelle eines Lehrers (1902)  

Marburg Israelit 30011902.jpg (39623 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1902: "Zum April dieses Jahres soll die Stelle eines Lehrers an der hiesigen Religionsschule, der auch als zweiten Chasan zu fungieren hat, neu besetzt werden. Unverheiratete Bewerber wollen ihre Meldungen baldigst dem Unterzeichneten zustellen. 
Provinzialrabbiner Dr. Munk,
Marburg."

   
Zum Tod von Lehrer Abraham Strauß - fast 30 Jahre Lehrer der Gemeinde Marburg (1918)  

Marburg AZJ 07061918.jpg (311660 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Juni 1918: "Ein jüdischer Lehrer. Von Jonas Plaut (Berlin-Charlottenburg). 
Die jüdische Gemeinde in Marburg hat mehrere Jahrzehnte das unschätzbare Glück gehabt, von drei seltenen, durch innigste Freundschaft einander verbundenen Männern geführt zu werden: von Hermann Cohen, Leo Munk und Abraham Strauß. Jetzt hat sie das schwere Leid erfahren, innerhalb Jahresfrist alle drei ins Grab sinken zu sehen. Nicht von der machtvollen Persönlichkeit Cohens oder der schönen Menschlichkeit Munks soll heute hier gesprochen werden. Dies Wort der Erinnerung sei Abraham Strauß geweiht.   
Fast dreißig Jahre hindurch durfte die Marburger Gemeinde diesen ungewöhnlichen Mann im tiefsten Wortsinne ihren Lehrer nennen. Nun steht sie verwaist.    
Verwaist sind die, denen er ein Lehrer war. Wer je unter der Zucht seines Geistes gestanden hatte, trug oder trägt dauernden gewinn. Er wollte, wie einst Diesterweg, seine Schüler zu Wirkern der Volkskraft stempeln, in ihnen eine ideale Lebensauffassung begründen und sie vernünftig machen. Wem er den Keim seiner sittlichen Weltanschauung ins Herz gepflanzt hatte, mochte hier und da wohl noch straucheln, aber er konnte nicht mehr fallen und untergehen. Das war die unmittelbare Wirkung einer Persönlichkeit, deren macht und Zauber jedem offenbar wurde, der in ihren Schatten trat. Er war die geborene Autorität – die Autorität des großen Menschen. Seine Herrschaft war die Herrschaft des Geistes, dem Seeluftzug vergleichbar, scharf anfassend, aber kräftigend und fördernd. Von Mitarbeitern und Schülern verlangte er viel. Er selbst jedoch tat immer mehr, als er von anderen forderte. – So wurden Generationen seine wahren Schüler. Scharf geißelte er oft jene schulmeisterliche Überhebung, die jeden als Schüler anspricht, dem ein bisschen armseliges Wissen vermittelt worden ist. Ihm war die Art des Kommens und Gehens von Zufälligkeitsschülern gänzlich fremd. Wer je seinen geistvollen Unterricht empfangen hatte, blieb ihm verbunden sein Leben lang. Als Strauß nach Marburg kam, bot die jüdische Gemeinde, durch Zuzug aus den angrenzenden Dörfern und Städtchen vergrößert, ein wenig einheitliches Bild. Wenn heute diese Gegensätze vielfach ausgeglichen sind, so bleibt das, neben der anregenden Luft der alten Universitätsstadt, das unbestrittene Verdienst von Strauß. Im Laufe der Jahre hatte sich ein einzigartiges Verhältnis zwischen Lehrer und Gemeinde herausgebildet. Es gab keine wichtige Frage, die ohne seinen bestimmenden Einfluss entschieden worden wäre. Vor ihm hatte niemand so leicht ein Geheimnis. In allen möglichen Lagen fand man den Weg zu ihm. Mit unbegrenztem Vertrauen wurde ihm begegnet; ein kostbares Gut, das er durch angestrengte Arbeit, Hingebung und Selbstlosigkeit hundertfach verdient hatte. Nie konnte jemand mit mehr Recht das lebenspendende Zentrum seiner Gemeinschaft genannt werden als die in Strauß verkörperte, schier unerschöpfliche Kraftquelle. Er war ihr Herz und Kopf zugleich. Hier war noch einmal das leuchtende Beispiel gegeben, was eine Lehrerpersönlichkeit aus einem Guss an edelster Wirkung durch edelste Kräfte hervorzubringen vermag. Mit Strauß gingen die Alten und die Jungen. Nie werde ich die meisterliche Art vergessen, in der er durch sein so genanntes ‚Lernen’ zu fesseln wusste. In Marburg war (und ist es wohl noch Sitte), dass am Sabbat nach dem Gottesdienst bei den Chewramitgliedern abwechselnd ein kurzer Lehrvortrag gehalten wurde. Stets war ein Kreis treuer Anhänger versammelt. Die Art, einen Midrasch zu verwerten, eine schwierige Stelle des Wochenabschnittes zu erklären, einen dunklen Gebetvers aufzuhellen, und all das in ständiger Verknüpfung mit Gegenwartsfragen, war einfach nicht zu über- 
Marburg AZJ 07061918a.jpg (319023 Byte)treffen. Die Wärme und Frische des Vortrags, die Prägnanz des Ausdrucks, die Anschaulichkeit der Darstellung, immer verbunden mit einer selbständigen, neuartigen Auffassung, schufen in vielen Stunden wahre Meisterwerke dieser ganz seltenen Kunst. Wie oft konnte man dann bei solchen und anderen Gelegenheiten die gut gemeinte, aber törichte Ansicht aussprechen hören: ‚Schade, dass dieser Mann nicht anderswo steht!’ Es war gar nicht schade. In Wirklichkeit war er (nach Cohens Wort) eine ‚Kulturpersönlichkeit’, deren Segenskraft inmitten seiner Gemeinde zur vollen Auswirkung kam und Unvergängliches als Erbe hinterlassen hat. Dabei war es ganz natürlich, dass Strauß sich nicht selten in der Lage sag, ehrenvolle Berufungen ablehnen zu müssen. Noch im letzten Jahre hatte eine große jüdische Organisation ihn zu ihrem Leiter machen wollen. Er blieb – obwohl vieles locken mochte – wie immer seiner Gemeinde und seinem Berufe treu. Denn wenn er auch längst – geistig wie wissenschaftlich – weit über dessen Grenzen hinausgewachsen war, so hat er doch keinen Augenblick das innere Verhältnis zu ihm eingebüßt. Ein stark betontes Standesbewusstsein blieb stets in ihm lebendig, und bei Abweisung ungerechtfertigter Angriffe kannte und übte er keinerlei Rücksicht. In solchen Stunden konnte man in dem grundgütigen Menschen eine scharfe Kampfnatur erkennen.     
Vielen schien so – an der idealen Berufsauffassung und –führung gemessen – der Kreis seines Wirkens beträchtlich weit gezogen. Tatsächlich war jedoch das den meisten hier Sichtbare nur ein kleiner Ausschnitt aus einem ungewöhnlich reichen Leben. Sein Haus war mehr als der Mittelpunkt seiner Gemeinde, es war eins der geistigen Zentren der altberühmten Universitätsstadt. Was Wunder auch, dass dieser seltene Mann einen erlesenen Kreis von Freunden sich erwarb, wohin er auch immer kam,. Gelehrte, Künstler, Schriftsteller, Journalisten von europäischem Ruf zählten dazu. Jahrelang hatte er in gründlichster Wiese, hauptsächlich auf theologisch-philosophischem Gebiet, akademische Studien getrieben. Sein jüdisches Wissen war erstaunlich. Mit der alttestamentlichen Forschung war er aufs Genaueste vertraut, Syrisch und Arabisch war ihm geläufig. Bei den führenden christlichen Theologen Marburgs stand er in höchster Achtung. Zahlreiche Studenten hat er zum Hebraicum vorbereitet. In spezifisch jüdischen Fragen war sein Urteil für die Dozenten in vielen Fällen autoritativ. Seine Überzeugung hat Strauß diesen Freunden gegenüber mit größtem Nachdruck und Erfolg vertreten. Er verlangte, dass sie in ihren Vorlesungen und Veröffentlichungen das Judentum mit derselben wissenschaftlichen Voraussetzungslosigkeit wie etwa das Griechentum behandeln sollten, weil sie nur so dieser geistig-religiösen Potenz ersten Ranges gerecht werden könnten. Noch kurz vor seinem Tode hörte ich von ihm nahe stehender Seite, dass Rade (der Herausgeber der ‚Christlichen Welt’) Artikel, die jüdische Themen behandelten oder berührten, vor der Drucklegung seiner Begutachtung unterbreitete. – Heißeste Liebe und ureigenste Begabung machten ihn zum Philosophen. Mit einer Reihe von Professoren war er befreundet, am innigsten mit Cohen. Strauß war auch diesem Großen gegenüber nicht nur der Empfangende. In den letzten Jahrzehnten hat Cohen wohl keine größere Arbeit veröffentlicht, die Strauß nicht vorher in allen wichtigeren Partien gekannt und kritisch gewürdigt hätte. Besser als Worte vermag vielleicht eine persönliche Erinnerung das seelische Verwandtsein beider Männer zu kennzeichnen. Im Juli 1902 wurde in Munks Wohnung eine kleine Feier zu Cohens 60. Geburtstag veranstaltet. In seiner Ansprache ging Strauß von dem Gedanken aus, wie er als Volksschullehrer gleichsam auf der untersten, Cohen als Hochschullehrer auf der obersten Sprosse stände und doch tausend Fäden von oben nach unten liefen, und dann wurde von ihm, einem Meister der Rede, ein
Marburg AZJ 07061918b.jpg (160159 Byte)Bild des Gefeierten entworfen, das alle Anwesenden in innerster Seele packte. Nach Cohens eigenem Wort war damit die Summe seiner Existenz gezogen. Strauß hatte ihn als Lehrer der Menschheit gepriesen, worauf Cohen in tiefer Rührung auf den Redner wies: ‚Und das ist unser Lehrer.’ – Auch an praktischer Arbeit wurde Bleibendes gemeinsam geschaffen. An der Schöpfung des Schülerheims hatte Strauß neben Cohen und Munk den größten Anteil. Solche Tätigkeit blieb der Öffentlichkeit meist verborgen, weil er stille Arbeit besonders schätzte. Als der Antisemitismus in Hessen und vorzugsweise auch in Marburg den inneren Frieden in brutaler Form bedrohte, stand Strauß mit Munk in vorderster Kampflinie. In jener bewegten Zeit hat er in politischen Versammlungen manchen Sturm bestanden und durch Furchtlosigkeit und mutiges Wort dauernde Erfolge erstritten. Der Verein zur Abwehr des Antisemitismus entsprang mit seiner kräftigen Initiative. Der Politik widmete er sich im Übrigen Zeit seines Lebens mit Leidenschaft. Führte ihn dabei auch seine Überzeugung weit nach links, so hat ein angeborener Takt ihn doch stets vor jedem Anstoß bewahrt. Mit angesehenen Parteiführern war er bis zuletzt herzlich befreundet.   
Nun hat ein plötzlicher Tod uns den tatkräftigen und lebensfrohen Mann entrissen. Trübe Tage hat es ganz gewiss auch für ihn gegeben. Aber umgeben von einer trefflichen Gattin und ausgezeichneten Kindern war ihm doch ein ungemein glückliches und gesegnetes Leben beschieden. Das hoch gespannte Ehrgefühl, die treue und arbeitsame Pflichterfüllung im Dienste der Gemeinde und die Liebe zur Wissenschaft, die in Abraham Strauß verkörpert waren, bilden das unzerstörbare Erbteil, das er uns und insbesondere seiner Familie hinterlassen hat. ‚Schauet auf den Fels, aus dem ihr genauen, auf den Born, aus dem ihr gegraben. Schauet auf Abraham, euren Vater.’ (Jesaja 51,1.2)."

  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Hilfsvorbeters und Schochet (1924) 

Marburg Israelit 20111924.jpg (56535 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1924: "Wir suchen für unsere Gemeinde einen Kultusbeamten, der die Funktionen als Schochet, Religionslehrer und Hilfsvorbeter zu übernehmen hat. Garantiertes Einkommen nach staatlichen Grundsätzen. Bewerbungen nebst Zeugnisabschriften und Kabbalot (Zertifikaten) von orthodoxen Rabbinern an den Herrn Gemeindeältesten S. Höxter, Marburg, Kasseler Straße 13. 
Die Gemeinde-Ältesten der Israelitischen Gemeinde Marburg."    

   

Datterode Pfifferling Salomon 010.jpg (45261 Byte)Salomon Pfifferling (geb. am 8. Februar 1882 in Datterode, umgekommen im  März 1942 im Ghetto von Riga) war ein Sohn des Baruch Pfifferling und dessen Frau Henriette geb. Burchardt (vgl. auch http://www.heimatverein-datterode.de/de/archiv/fotoarchiv/category/15-judengraeber und http://www.geschichtswerkstatt-marburg.de/projekte/pfiffe.php). Salomon Pfifferling bestand 1903 die Lehrerprüfungen und arbeitete anschließend in Leipzig, Lübeck und Aurich. Salomo Pfifferling nahm am Ersten Weltkrieg teil (verletzt 1915) und kehrte 1918 als Kriegsverletzter wieder nach Aurich zurück. Salomon war seit 1919 Lehrer der israelitischen Volksschule in Marburg. Er war verheiratet mit Selma geb. Rehbock (geb. 27. Mai 1881 in Erfurt, umgekommen im März 1942 im Ghetto von Riga. Die Familie wohnte in Marburg in der Heusingerstraße 3, zusammen mit der Mutter von Selma: Sophie Rehbock (geb. 17. Januar 1855 in Stiebel; gest. 13. Juni 1937 in Marburg). Die Tochter Margot (geb. 5. August 1913 in Aurich) lernt Dentistin, heiratete Weil und emigrierte 1933 nach Frankreich, wo sie überlebte. Salomon und Selma wurden am 9. Dezember 1941 nach Riga deportiert.     

  
"Purimwunsch" - von Lehrer Salomon Pfifferling, Marburg (1929)  

Marburg Israelit 21031929.jpg (353286 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1929: "Purimwunsch
Liebe Jugend! Ihr habt gewiss schon von dem ‚Deutsch-Israelitischen Kinderheim’ in Diez gehört und zu Chanukka und Purim Sammlungen für dasselbe veranstaltet; aber nur wenige von Euch oder vielleicht niemand fand bisher Gelegenheit, das Heim selbst und die kleinen Insassen kennen zu lernen. Darum soll Euch heute erzählt werden, auf welche Weise die Kinder unserer Volksschule mit Zöglingen des Diezer Heims zusammenkamen.  
Wie alljährlich veranstalteten auch im vorigen Jahre unsere Schulkinder eine Purimsammlung zu Gunsten von Diez. Da wurde von einer Seite der Vorschlag gemacht, das gesammelte Geld dazu zu verwenden, den Kindern des Diezer Heimes ein recht großes Purimpaket mit so genannten ‚Schlach-Monaus’ zu senden. Gesagt, getan! Schon am anderen Tage wurde ein Liebesgabepaket mit einem herzlich gehaltenen Brief, unterschrieben von allen Kindern unserer Schule. Welch große Freude das Paket bei den Zöglingen hervorrief, bewies uns einige Tage später das Schreiben, das wir aus Diez erhielten. Alle 24 Kinder schrieben uns und dankten in herzlichen Worten für die Leckereien; selbst der jüngste von 6 Jahren drückte uns seine Anerkennung aus. In mehreren Briefen wurden unsere Kinder eingeladen, im Laufe des Sommers dem Diezer Heim einen Besuch abzustatten. Da wir schon immer das untere Lahntal kennen lernen wollten, machten wir im verflossenen Sommer unseren Ausflug nach Limburg und Diez, um gleichzeitig das Heim zu besuchen.   
Bei unserer Ankunft in Diez – es waren auch einzelne Mütter der Kinder mitgefahren – wurden wir von Herrn Direktor Kadden und seiner Gattin aufs herzlichste empfangen. Ganz überrascht waren wir von der schönen Lage der Anstalt, dicht am Walde umgeben von gut gepflegten Gärten. Die Innenräume sind groß und luftig, und überall herrscht eine mustergültige Ordnung. Von den verschiedenen Zimmern hat man eine herrliche Aussicht in das Lahntal. Am besten gefiel uns die schöne, zur Andacht stimmende kleine Synagoge im hause, in der täglich Gottesdienst stattfindet. Inzwischen war es Mittag geworden, und die Heimkinder kamen aus der Schule. Welch eine Freude für sie, als sie den unerwarteten Besuch der Marburger Kinder sagen. Durch den vorausgegangenen Briefwechsel kannten sich die Kinder schon mit Namen und waren überglücklich, sich jetzt persönlich gegenüber zu stehen. Zuerst noch etwas schüchtern, aber nach einiger Zeit schon vertrauter, entstand bald ein lebhafter ‚Gedankenaustausch’ zwischen den Kindern. Einer überbot den anderen an Liebenswürdigkeit, sich für unsere Aufmerksamkeit dankbar zu zeigen. Die Knaben des Heimes erwiesen sich besonders galant zu unseren Mädels, führten sie in den garten, zeigten ihnen den Turn- und Sportplatz, auf dem die schönsten Spiele aufgeführt wurden. Bald sollten wir auch erfahren, dass man im Diezer Heim die schönste Tugend der Juden, die Gastfreundlichkeit, zu pflegen weiß. Herr Kadden hatte gewiss seiner Gattin – gleich unserem Stammvater Abraham – zugerufen: ‚nimm drei Maß feines Mehl und backe Kuchen’ (1. Mose 18,6). Wäre Herr Kadden ein Herdenbesitzer gewesen, so hätte er gewiss ein ‚fettes Rind’ geschlachtet und uns auch einen Braten vorgesetzt. Ob wir wollten oder nicht, wir mussten uns an die mit Blumen geschmückte Kaffeetafel setzen, und unsere Kinder ließen sich den Kuchen gut schmecken, besonders nach der vorausgegangenen Wanderung von Limburg nach Diez. Nach der Bewirtung durften wir noch einmal in den Garten; hier konnten wir uns davon überzeugen, wie die Anstaltsleitung unter Mitarbeit der Schüler den größten Teil der Gemüse für den eigenen Gebrauch selbst anbaut. Nicht zu vergessen ist auch die schöne geräumige Sukkoh (Laubhütte), die uns gezeigt wurde und die für alle Hausbewohner ausreicht.      
Inzwischen war die Zeit gekommen, dass wir uns zum Abschiednehmen rüsteten. ‚Ach, wie schade!’ erscholl es aus aller Munde! In einer kurzen Ansprache dankten wir den verehrten Gastgebern und gaben das Versprechen, der Anstalt weiterhin ein treuer Gönner zu bleiben und äußerten den Wunsch, im nächsten Jahre die Diezer Kinder bei uns in Marburg zu begrüßen. Als Abschiedsgruß wurden unseren Kindern Blumen überreicht, und der Anstaltsleiter gab seiner Freude über unseren Besuch Ausdruck. Sei es doch die erste jüdische Schule, die das Heim mit einem Besuch erfreut habe.    
Mit diesem Bericht wende ich mich auf Wunsch der Leitung des Heimes an Euch, liebe Jugend. Und wenn Ihr hierdurch angeregt werdet, zu Purim recht fleißig für das Diezer Heim zu sammeln – höre ich doch, dass die Ergebnisse der Sammlungen immer kleiner werden, - so würde ich mich freuen und Diez noch mehr. Ihr tragt dann dazu bei, dass es der Leitung ermöglicht wird, die Zöglinge zu treuen Juden und tüchtigen Menschen, die im Leben ihren Mann stellen, zu erziehen.   
Marburg-Lahn, Rausch-Chaudesch Adar 2. (Monatsbeginn der Adar Scheni = 13. März 1929)  S. Pfifferling."       

  
Lehrer Pfifferling ist 25 Jahre als Lehrer und Kantor tätig (1929)  

Marburg Israelit 18041929.jpg (23017 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1929: "Marburg, 10. April (1929). Man schreibt uns aus Frankfurt am Main: Am 1.- Pessachtag sind 25 Jahre verflossen, seitdem Herr Pfifferling, jetzt in Marburg an der Lahn, sein Amt als Lehrer und Kantor ausübt."  


Weiterbestehen der Israelitischen Volksschule - Wiedereinsetzung von Lehrer Pfifferling in sein Amt (1934)  

Marburg Israelit 31051934.jpg (96857 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1934: "Marburg, 22. Mai (1934). Nachdem der Preußische Unterrichtsminister in einem Erlass verfügt hat, dass die hiesige Volksschule, die ein Jahr geschlossen war und vor der Auflösung stand, weiter bestehen soll, wurde der Inhaber der Stelle, Herr Lehrer Pfifferling, nach fast einjähriger Beurlaubung wieder in sein Amt eingesetzt. Es ist dieses die einzige Schule im hiesigen Bezirk, die zu Beginn des neuen Schuljahres wieder eröffnet wurde, während durch den allgemeinen letzten Stellenabbau die übrigen 25 Schulstellen in den Landgemeinden aufgelöst sind. Für den Fortbestand der Schule ist es erforderlich, dass die Schüler aus den Nachbargemeinden der hiesigen Schule zugeführt werden und sind durch ein Rundschreiben der Reichsvertretung der deutschen Juden für entstehende Reisekosten Mittel zur Verfügung gestellt. Außerdem ist geplant, für Schüler, die bisher eine höhere Schule besucht haben, fremdsprachliche Kurse einzurichten."    

   
Zum Tod von Lehrer Honas Gans (1936) 
  

Marburg Israelit 11061936.jpg (146606 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juni 1936: "Honas Gans - das Andenken an den Gerechten in zum Segen.  Aus Palästina kommt die betrübende Nachricht, das Honas Gans dort einem schweren Leiden, das eine Operation erforderte, erlegen ist. Viele in Frankfurt wird diese Kunde in tiefste Trauer versetzen, denn Gans, der - nachdem er lange Jahre in Marburg als Lehrer gewirkt hatte - zuletzt acht Jahre mit seiner Frau die Verwaltung des Georgine Sara von Rothschild'schen Hospitals innehatte, gehörte in dieser Zeit zu den beliebtesten Persönlichkeiten des gesetzestreuen Frankfurt. Abgesehen von der Treue und aufopfernden Liebe, mit denen er seinen Amtspflichten oblag, war er auch sonst als Mensch und Jehudi allgemein hochgeschätzt und gern gesehen. Sein freundliches Wesen und seine stete Hilfsbereitschaft erwarben ihm viele Freunde. In all den Jahren konnten ihn die ersten Besucher des Frühgottesdienstes in der Synagoge Friedberger Anlage Sommer wie Winter am Vorbeterpulte sehen, wie er voll heißer Andacht die dem Gottesdienste vorausgehenden Psalmen rezitierte. Im Hörsaale und den Vereinslokalen fehlte er bei keinem Vortrag und keinem Schiur. Ungern sahen wir ihn vor einigen Jahren scheiden, aber sein Herz schlug in Liebe zu Erez Israel, und so zog er zu seinen Kindern dahin, um in der Siedlung Ramath-Hascharon ein ruhiges Landleben auf heiligem Boden zu führen. In seinen Briefen an Freunde drückte sich die tiefe Sehnsucht nach Frankfurt aus und dem jüdischen geistigen Leben in der großen Gemeinde, an dem er früher so regen Anteil nah,. Nun beendete er sein Leben, früher als man ahnen konnte, in einem Krankenhause der Heiligen Stadt. Tiefe Frömmigkeit und Toraliebe bahnen ihm, dem treuen Tillimsänger, die Bahn zu Gottes Thron. Gerechtigkeit wird vor ihm hergehen".       

     
     
     
Über das israelitische Schülerheim, das Israelitische Schüler- und Lehrlingsheim sowie das Israelitische Heimerziehungsheim 
Das "Schüler- und Lehrlingsheim" entsteht (1900) - Einweihung im April 1901   

Marburg Israelit 08031900.jpg (121837 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1900: "Marburg a.L., im März (1900). Dem Bemühen des Herrn Rabbiner Dr. Munk ist es gelungen, eine Anstalt ins Leben zu rufen, deren Tätigkeit eine segensreiche zu werden verspricht. Sie soll der Jugend aus der Umgebung, deren Eltern minderbemittelt oder unbemittelt sind, den Schulbesuch erleichtern. Andererseits soll sie dem Handwerk in jüdischen Kreisen Eingang verschaffen, um so ein wichtiges Argumentationsmittel dem Antisemitismus zu nehmen. Das Institut, in welchem die Knaben Wohnung und Kost haben werden, ist schon nahezu fertig gestellt. Ein Zentralkomitee wie auch Lokalkomitee in Berlin, Darmstadt, Gießen, Kassel, Frankfurt am Main ist an der Arbeit, dem Unternehmen in weiten jüdischen kreisen Förderer zu verschaffen, sodass es finanziell gefestigt werde. Der Vorstand ist aus allen Parteien zusammengesetzt. Im Statut ist festgelegt, dass die Jugend mit der jüdischen Religion und Literatur genügend vertraut gemacht und nach streng-religiöser Weise erzogen werde. Obzwar noch keine öffentliche Verlautbarung gemacht wurde, sind schon einige Anmeldungen erfolgt. Nebst Herr Dr. Munk hat an dem Gelingen dieses philanthropischen Werkes Herr Geheimrat Prof. Dr. Cohen den Löwenanteil. Das Institut wird den Namen ‚Schüler- und Lehrlingsheim’ führen." 
     
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1901: "Marburg, 3. Mai (1901). Am 15. April ist hier ein 'Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim' eröffnet worden. Das Institut hat den Zweck, jüdischen Knaben, ... Handwerker werden, die übrigen höhere Lehranstalten besuchen. An der Spitze des Vorstandes steht Herr Prof. Dr. Cohen; die Leitung hat Herr Bergel, der die Prüfung pro facultate docendi gemacht hat und seit Jahren im mittleren und höheren Schuldienste tätig ist. Die Räume des Hauses entsprechen in hygienischer und schultechnischer Hinsicht den Anforderungen der Neuzeit. Die Zöglinge erhalten gegen sehr mäßige Pension, Unbemittelte ohne jede Vergütung, alles im Heim, was für ihre körperliche und geistige Entwicklung erforderlich ist."   

    
Übergabe des neuen Schüler- und Lehrlingsheimes (1901)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1901: "Marburg, im Mai (1901). Mit dem Beginne des neuen Schuljahres ist das hier errichtete Schüler- und Lehrlingsheim seiner Bestimmung übergeben worden. Wir verdanken diese segensreiche Institution dem Geheimen Regierungsrate und Prof. an hiesiger Universität, Dr. Hermann Cohen, und dem hiesigen Provinzial-Rabbinen, Dr. Leo Munk. Den rastlosen Bemühungen dieser beiden Männer ist es gelungen, weitere Kreise für die Sache zu interessieren und die notwendigen, sehr bedeutenden Mittel zu beschaffen. Die Anstalt, die nach mehr als einer Richtung von sozialer Bedeutung für unsere hessischen Glaubensgenossen werden dürfte, will Kindern jüdischer Eltern vom Lande - zunächst aus Hessen - gegen geringes Entgelt die Möglichkeit gewähren, sich durch Besuch der hiesigen höheren Schulen eine gesteigerte Bildung zu erwerben. Auch Lehrlingen, die bei hiesigen Meistern ein Handwerk erlernen wollen, sollen in ihr eine Heimstätte finden. Für weniger Bemittelte können Ermäßigungen eintreten, für Unbemittelte sind eine Anzahl Freiplätze geschaffen. Die Anstalt widmet der geistigen und körperlichen Entwicklung der ihr anvertrauten Knaben gleichmäßig die größte Sorgfalt. Ihre Begründer haben durch Gewinnung einen bewährten
Marburg Israelit 23051901a.jpg (243300 Byte)Kraft auch weitgehendsten Ansprüchen Genüge geleistet. Das verantwortliche Amt des Leiters ist dem für das hökere Schulwesen geprüften und seitherigen Seminarlehrer zu Köln, Herrn J. Bergel, anvertraut. Auch nach der hygienischen Seite ist allen modernen Anforderungen, die an ein derartiges Institut zu stellen sind, entsprochen. Mitten im Schulenviertel unserer Universitätsstadt gelegen, gewährt das durchaus einfach gehaltene Gebäude einen netten, freundlichen Anblick. Dem schmucken Äußern entspricht das sonnige Innern. Alles ist in hellen Farben gehalten, überall ist für Licht und Luft reichlicher Zutritt geschaffen, an jeder Stelle herrscht peinlichste Sauberkeit. In dem parterre dem Hausgarten gelegenen Souterrain befindet sich der schöne Speisesaal, die geräumige Küche, die für die Knaben bestimmten Douchebäder-Vorrichtungen und sonstige Wirtschaftsräume. Von der Straße aus betritt man durch ein geschmackvolles Portal die im unteren Stockwerke gelegenen Unterrichts- und Unterhaltungssäle, sowie das mit einer reichhaltigen Bibliothek versehene Beth Hamidrasch. Die Räume sind durchweg einfach, aber zweckentsprechend eingerichtet, ihre Wände mit sinnigen, bedeutungsvollen Sprüchen geschmückt. Im Beth Hamidrasch finden täglich talmudische Vorträge von Herrn Rabbiner Dr. Munk statt, die zur Zeit von 12 Hörern, Studenten der hiesigen Universität, die sich dem Rabbinerberufe widmen wollen, besucht werden. Für eine große Anzahl Mediziner und Juristen ist ein besonderer talmudischer Schiur eingerichtet worden. In den oberen Räumen liegen die Schlaf- und Waschzimmer der Zöglinge, sowie die Wohnung des Leiters.
Zur Zeit sind in der Anstalt elf Schüler, die das hiesige Königliche Gymnasium und die Oberrealschule besuchen, sowie zwei Lehrlinge aufgenommen. Eine größere Anzahl Aufnahmegesuche unbemittelter Knaben musste leider abgewiesen werden, da die vorhandenen Mittel zur Schaffung weiterer Freistellen nicht ausreichen. Die Männer aber, die dieses Werk geschaffen, erhoffen, dass die Kraft der Betätigung, die niemands bei uns gefehlt hat, wenn es sich um Maßnahmen für die Erhaltung unserer geistigen und sittlichen Eigenart handelt, auch hier nicht versagen wird. Es ist eine Ehrenpflicht für jeglichen von uns - insonderheit für jeden hessischen Glaubensgenossen - dieser würdigen und bedeutungsvollen Sache sein Interesse zuzuwenden und nach seinen Kräften materiell Beihilfe zu gewähren.
Von dem in leichter Anlehnung an den Rokokostil gehaltenen Portale des Heims leuchtet in vergoldeten Lettern der biblische Imperativ (hebräisch und deutsch aus Sprüche 22,6): 'Rüste den Knaben!'  
Wenn die Anstalt dieser Forderung entsprechen, wenn sie ihre Aufgabe, unsere Jugend zu Männern heranzuziehen, die unserer Glaubensgemeinschaft zur Ehre und ihr zum Ruhme gereichen, erfüllen soll, dann muss sie auf die energische Teilnahme und tatkräftigste Unterstützung weiterer Kreise rechnen können. Mögen diese Hoffnungen und Erwartungen nicht getäuscht werden!"    

    
Erster Jahresbericht des Vereins "Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim" (1903)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1903:      


Bericht über das israelitische Schüler und Lehrlingsheim (1906)   

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. August 1906: "Marburg. Das  israelitische Schüler- und Lehrlingsheim versendet seinen Rechenschaftsbericht. In schlichter Weise wird auf knapp einer Seite über die Tätigkeit der Anstalt berichtet. Über ihre Ziele äußert sich der Bericht kurz: 'Sie soll einem doppelten Zwecke dienen: einem sozialpolitischen, indem sie es den weniger Bemittelten unter unseren Glaubensgenossen ermöglicht, ihre Kinder einer besseren Schulbildung zuzuführen, und einem religiösen, welcher aber auch zugleich ein sozial-ethischer ist, indem diese Kinder durch gediegenen Unterricht in unserem Religionswesen gegen die Verführungen der Zeit wehrhaft gemacht werden.' Das Schülerheim ist ein gut bürgerliches Pensionat, wo die Schüler gegen eine mäßige Vergütung eine recht gute Verpflegung erhalten und sich einer vorzüglichen Beaufsichtigung erfreuen. Jedem der beiden Heime - die wachsende Zahl der Pensionäre machte die Erwerbung eines zweiten Hauses nötig - steht ein Direktor vor, der von einem Lehrer in der Überwachung der Schüler unterstützt wird. Dabei erhalten sie einen gründlichen Religionsunterricht, sodass die Befähigsten Talmud lernen. Die beiden Heime zählen gegenwärtig 77 Zöglinge, von denen 51 die Oberrealschule, 15 das Gymnasium und 6 die trefflich geleitete Volksschule besuchen. Auch einige Handwerkslehrlinge finden in der Anstalt eine vortreffliche Unterkunft. Noch ist die finanzielle Basis der Anstalt keine gesicherte und besonders wäre es wünschenswert, wenn die auf dem neu angekauften Hause ruhende Hypothekenschuld von 35.000 Mark recht bald getilgt werden möge."      

    
10-jähriges Bestehen des Israelitischen Schülerheimes (1911)  

Marburg Israelit 23031911.jpg (164736 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. März 1911: "Marburg, 20. März (1911). Das hiesige Israelitische Schülerheim sieht nunmehr auf eine zehnjährige Tätigkeit zurück. Von weitschauenden Männern in einer Zeit gegründet, als die soziale Bedrängnis in engeren Bezirken, insbesondere in kleineren Städten und auf dem flachen Lande, verhängnisvoll zu werden drohte, hat die Anstalt vortreffliche Wirkungen gezeitigt. Die Knaben, die in diesem Heime erzogen werden, sollten zugleich dem modernen und religiösen Wissen zugeführt werden. Allgemeine Bildung und vaterländische Gesinnung sollten sich in ihrem jugendlichen Geiste mit unserer religiösen Bildung zu wirkungsvoller Einheit verschmelzen. Dieses Programm ist der in stiller und geräuschloser, aber umso intensiverer Arbeit schaffenden Anstalt zu einem Quell reichsten Segens geworden. Aus kleinen Anfängen ist ein stattlicher Betrieb entstanden. Nahezu hundert beträgt zurzeit die Anzahl ihrer Zöglinge. Der weitaus größere Teil besucht die hiesigen höheren Schulen (humanistisches Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule), ein kleinerer Teil die hiesige israelitische Volksschule. Auch einige Handwerker haben bei hiesigen Meistern Stellung gefunden und empfangen im Schülerheim sorgsame Pflege und Anleitung. Gewöhnung an ein von echt jüdischem Geiste erfülltes Leben, gediegener Unterricht im gesamten jüdischen Schrifttum (Tenach, Mischnah, Gemoro), sorgfältige Überwachung der Schularbeiten, Pflege des Turnens und der Jugendspiele, Anlage eines Schulgartens und Anleitung in Garten- und Obstbaumpflege, das sind im wesentlichen die Aufgaben, die die beiden trefflichen Leiter, die Herren Oberlehrer Bergel und Rabbiner Dr. Schlesinger in wärmster Hingebung und unentwegter Pflichterfüllung zu lösen bestrebt sind. Glückliche Erfolge haben mit Gottes Hilfe bis jetzt die treue Arbeit gelohnt. Ein großer Teil ehemaliger Heimzöglinge wirkt schon im praktischen Leben in akademischen, kaufmännischen und gewerblichen Berufen. Erst in diesen Tagen hat die Anstalt die Freude gehabt, dass ihre vier
Marburg Israelit 23031911a.jpg (79521 Byte)Zöglinge, die an der Maturitätsprüfung der hiesigen Oberrealschule teilnahmen, auf Grund ihrer vorzüglichen schriftlichen Leistungen von der mündlichen Prüfung dispensiert wurden. Die Möglichkeit, gegen sehr bescheidene Kosten ihren Kindern eine so vorzügliche religiöse, geistige und körperliche Erziehung angedeihen zu lassen, wird von unseren Glaubensgenossen nach Kräften ausgenützt, sodass die Verwaltung des Schülerheims of aus bloß räumlichen Gründen nicht in der Lage ist, allen Anforderungen um Aufnahme zu entsprechen. Schmerzlicher berührt es, dass aus Mangel an Mitteln so oft Minderbegüterte abgewiesen werden müssen. Hier erblühte den jüdischen Körperschaften und Gemeinden noch eine weiter und dankbare Aufgabe. Durch tatkräftiges Interesse für diese prächtige Institution, durch Gewährung größerer Jahresbeiträge, Schaffung von Freistellen konnten hier ganze Ströme reichsten Segens für unsere Jugend geschaffen werden."  
   
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. April 1911: 
derselbe Bericht wie in der Zeitschrift "Der Israelit"    
  
Marburg FrfIsrFambl 24031911.jpg (118396 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. März 1911: "Marburg. Das hiesige israelitische Schülerheim sieht nunmehr auf eine zehnjährige Tätigkeit zurück. Von weitschauenden Männern in einer Zeit gegründet, als die soziale Bedrängnis in engeren Bezirken, insbesondere in kleineren Städten und auf dem flachen Lande, verhängnisvoll zu werden drohte, hat die Anstalt vortreffliche Wirkungen erzielt.   
Nahezu hundert beträgt zurzeit die Anzahl ihrer Zöglinge. Der weitaus größte Teil besucht die hiesigen höheren Schulen (humanistisches Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule), ein kleinerer Teil auch die hiesige israelitische Volksschule. Auch einige Handwerker haben bei hiesigen meistern Stellung gefunden und empfangen im Schülerheim sorgsame Pflege und Anleitung. Gewöhnung an ein von echt jüdischem Geiste erfülltes Leben, gediegener Unterricht im gesamten jüdischen Schrifttum (Tenach, Mischnah, Gemoro), sorgfältige Überwachung der Schularbeiten, Pflege des Turnens und des Jugendspiels, Anlage eines Schulgartens und Anleitung in Garten- und Obstbaumpflege, das sind im wesentlichen die Aufgaben, die die beiden trefflichen Leiter, Oberlehrer Bergel und Rabbiner Dr. Schlesinger, zu lösen bestrebt sind."  

   
Anzeige des Israelitischen Schüler- und Lehrlingsheimes (1918) 

Marburg FrfIsrFambl 20121918.jpg (84282 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Dezember 1918: "Auf mehrfache Anfragen machen wir darauf aufmerksam, dass in unserer Anstalt nur solche Zöglinge Aufnahme finden, welche als Lehrlinge bei hiesigen Handwerkern eintreten, oder die als Schüler entweder das hiesige Gymnasium, die Oberrealschule, beziehungsweise das Realgymnasium oder die israelitische Elementarschule hier besuchen. 
Eintritt bei uns kann für Lehrlinge jederzeit, für Schüler in der Regel am Anfange eines jeden Semesters erfolgen. Anmeldungen sind an den Herrn Provinzial-Rabbiner Dr. N. Cohn, Schwan-Allee 15 hier zu richten.   
Marburg a.d. Lahn, Dezember 1918.  
Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim."

     
Gründung eines Israelitischen Erziehungsheims für schwer erziehbare Kinder (1928)   

Marburg Israelit 26041928.jpg (218446 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1928: "Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim.  
Marburg, 23. April (1928). Am 11. März dieses Jahres tagte zu Marburg a.L. unter dem Vorsitz des Provinzialrabbiners Dr. Cohn das vorbereitende Komitee für die Gründung eines israelitischen Erziehungsheimes für schwer erziehbare Kinder. Zu der Sitzung waren außer dem Vorstande, und einigen Kuratoren des bisherigen israelitischen Schüler- und Lehrlingsheimes zu Marburg a.L. Vertreter von Landesverbänden der israelitischen Gemeinden, des Hessischen Logenverbandes und der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden erschienen. Der Vorsitzende verlas die eingegangenen Begrüßungsschreiben und konnte feststellen, dass die Landesverbände der Synagogengemeinden sämtlicher deutschen Länder sowie die Wohlfahrtsverbände die beabsichtigte Neugründung erfreut begrüßen und sich mit namhaften Beträgen an den Kosten beteiligen wollen. Das Kuratorium des Israelitischen Schüler- und Lehrlingsheimes, das einst von den Herren Provinzialrabbiner Dr. Leo Munk seligen Andenkens und Geheimrat Professor Dr. Hermann Cohen seligen Andenkens sowie Bankier Hermann Eichelberg begründet worden ist, will sein Haus, das infolge der inzwischen erfolgten Gründung von höheren Schulen an vielen kleinen Plätzen für seinen ursprünglichen Zweck nicht mehr gebraucht wird, für das neue Erziehungsheim zur Verfügung stellen. Der Vorsitzende dankte allen denen, die sich schon vor dem genannten Tage um die Sache bemüht hatten und unter ihnen ganz besonders Herrn Rabbiner Dr. Horovitz in Frankfurt am Main, der die Gründung eines solchen Heimes schon seit vielen Jahren anstrebt und mit Eifer verfolgt. Ihm war es in erster Reihe gelungen, den Preußischen Landesverband jüdischer Gemeinden in Berlin für die Sache zu interessieren und zur Bewilligung von 10.000 Mark zu den Kosten des Umbaues und 5.000 Mark für den Haushalt des ersten Jahres zu bestimmen. Inzwischen haben auch der Preußische Landesverband gesetzestreuer Synagogengemeinden in Halberstadt und andere Landesverbände größere Summen bewilligt, sodass die Versammlung der Ansicht ist, dass die Anstalt nunmehr gesichert ist und mit dem Umbau alsbald nach den Feiertagen begonnen werden kann, zumal nicht daran zu zweifeln ist, dass die Anstalt, mit deren Gründung eine seit langem schwer empfundene Lücke in  der Reihe der jüdischen sozialen Einrichtungen der deutschen Juden ausgefüllt werden wird, sehr bald eine große Zahl von Gönnern auch aus den Kreisen unserer privaten oft bewährten Wohltäter finden wird. Endlich sei noch erwähnt, dass auch der Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik dem Plane seine volle Sympathie entgegenbringt und der neu zu gründenden Erziehungsanstalt seine Unterstützung zugesagt hat. So wünschen wir dem Unternehmen ein volles Gelingen."     
    
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 27. 'April 1928:   
 
Marburg BayrGZ 01061928.jpg (240417 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Juni 1928: "Fürsorge für schwer erziehbare Kinder…" Derselbe Text wie oben. 
   
Ergänzende Bemerkung: "Das Israelitische Erziehungsheim für schwer erziehbare Kinder in Marburg a.d.L. soll am 1. Juli dieses Jahres eröffnet werden. Für die Aufnahme kommen in erster Reihe Knaben im Alter von 6-14 Jahren in Betracht. Aufnahmegesuche sind schon jetzt an den Vorsitzenden, Herrn Provinzialrabbiner Dr. Cohn, Marburg a.d.L., Schwanallee 15, zu richten."    

  
Das "Israelitische Erziehungsheim" wird am 1. Juli 1928 eröffnet (1928) 

Marburg Israelit 31051928.jpg (35423 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1928: "Marburg, 18. Mai (1928). Das ‚Israelitische Erziehungsheim’ für schwer erziehbare Kinder in Marburg a.L. soll am 1. Juli dieses Jahres eröffnet werden. Für die Aufnahme kommen in erster Reihe Knaben im Alter von 6-14 Jahren in Betracht. Aufnahmegesuche sind schon jetzt an den Vorsitzenden, Herrn Provinzialrabbiner Dr. Cohn, Marburg a.L., Schwanallee 15, zu richten."    
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 8. Juni 1928: "Marburg. Das *Israelitische Erziehungsheim' für schwer erziehbare Kinder in Marburg an der Lahn soll am 1. Juli dieses Jahres eröffnet werden. Für die Aufnahme kommen in erster Reihe Knaben im Alter von 6 bis 14 Jahren in Betracht. Aufnahmegesuche sind schon jetzt an den Vorsitzenden, Herrn Provinzial-Rabbiner Dr. Cohn, Marburg an der Lahn, Schwanallee 15, zu richten."  

       
Einweihung des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1929)  

Marburg Israelit 24011929.jpg (56223 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1929: "Marburg, 20. Januar (1929). Heute fand hier in Anwesenheit von Vertretern der staatlichen und städtischen Behörden, der Landesverbände der Synagogengemeinden, des Israelitischen Vorsteheramts und der Synagogengemeinde Marburg, der Logen und Verwaltungen der Nachbargemeinden und zahlreicher Gäste von hier und auswärts die feierliche Einweihung des Israelitischen Heilerziehungsheims statt. Die Feier nahm einen sehr würdigen und allseits befriedenden Verlauf.  (Näherer Bericht folgt.)."
   
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 25. Januar 1929:  
 
Marburg Israelit 07021929.jpg (168108 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1929: "Marburg, 27. Januar (1929). Vor kurzem fand, wie schon kurz berichtet, in Gegenwart von Vertretern staatlicher und städtischer Behörden, jüdischer Verbände und Gemeinden und zahlreiches Gäste die feierliche Einweihung der ‚Israelitischen Heilerziehungsheims’ für schwer erziehbare Kind in Marburg statt. In seiner Festrede hob der Vorsitzende, Provinzialrabbiner Dr. Cohn, hervor, dass das Marburger Israelitische Schüler-  und Lehrlingsheim die Gründung der verstorbenen Provinzialrabbiner Dr. Munk und Geheimrat Prof. Hermann Cohen, sowie des Herrn Hermann Eichelberg sei. Der Geist der verewigten Gründer das alten Heims, der Liebe zur Menschheit, solle auch die Devise für das neue Heim sein. Die Neugründung fülle eine seit langem schmerzlich empfundene Lücke in der großen Reihe der jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen in Deutschland aus. Das beweisen die zahlreichen Glückwunschschreiben, das beweise vor allem die allseitige Stützung der Neugründung.   Der Leiter des neuen Heims, Herr Direktor Witt, übernahm das Haus und zeigte in großen Zügen das Bild, das er sich von seiner Aufhabe gemacht habe. Das Haus solle im Sinne seiner großen Gründer ein haus der Liebe sein für die Kinder, die der Liebe so sehr bedürfen. Groß war die Reihe der hierauf folgenden Begründungsreden, von denen besonders die des Landesrats Dr. Schellmann für den Landeshauptmann, die des Bürgermeister Boß für die Stadt und Wohlfahrtsamt Marburg und die von Professor Düring (Frankfurt), der das Haus hinsichtlich seiner Eignung zu begutachten, hervorgehoben seien. Die Grüße der jüdischen Organisationen überbrachte Rabbiner Dr. J. Horovitz (Frankfurt).    Mit Gesang und Musik, wie sie begonnen hatte, schloss die eindrucksvolle Feier. An den akademischen Festakt schlossen sich Führungen durch das Haus und eine Bewirtung der Ehrengäste durch die Heimleitung an. Von den bei der Festtafel verlesenen Begrüßungsschreiben seien die besonders herzlich gehaltenen Briefe des Regierungspräsidenten von Kassel und von Frau Geheimrat Cohen (Berlin) genannt."   
  
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 1. Februar 1929:   

       
Über das Israelitische Heilerziehungsheim (1930)  

Marburg Israelit 06101930a.jpg (228916 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Oktober 1930:   
Marburg Israelit 06101930b.jpg (102950 Byte) 
Marburg Israelit 06101930c.jpg (79242 Byte)   
Marburg Israelit 06101930c2.jpg (133928 Byte)  

   
Ausschreibung der Stelle des Direktors des Israelitischen Heilerziehungsheim (1934)         

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1934:      

 
Berufung von Lehrer Siegfried Kösterich als Leiter des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1934)  

Marburg Israelit 05071934.jpg (84133 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1934:   

     
Einführung von A. Höxter als Direktor des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1935) 
 

Marburg Israelit 11041935.jpg (119001 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1935:    


Über das israelitische Heilerziehungsheim (1936)  

Marburg Israelit 09011936.jpg (110214 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Januar 1936:     

      
    
          
Antisemitismus in Marburg seit Ende des 19. Jahrhunderts   
Der Antisemit Dr. Böckel intensiviert seine Aktivitäten (1887)    

Marburg AZJ 18081887.jpg (74170 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. August 1887: "Aus Kurhessen, 8. August (1888). Wie der ‚K.Z.’ aus Marburg geschrieben wird, hat der antisemitische Reichstagsabgeordnete Dr. Böckel vor kurzem seine Stellung an der dortigen Universitätsbibliothek, an welcher er früher als Hilfsarbeiter tätig gewesen war, aufgegeben, um von jetzt ab seine ganze Zeit seinem Beruf (?!) als Abgeordneter, Redakteur und Agitator zu widmen. Er benutzt übrigens die stille Zeit zu zahlreichen Volksversammlungen und sieht seine Anhänger in bedeutendem Maße wachsen. (Alles schon da gewesen und wieder vorübergegangen. Ein Fanatiker macht viele Narren."   

     
Über den antisemitischen Reformverein (1887)   

Marburg AZJ 25081887.jpg (127679 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. August 1887:  

  
Antisemitische Volksversammlung in Marburg (1888)  

Marburg AZJ 03051888.jpg (60200 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Mai 1888: "Marburg, 16. April (1888). Gestern Mittag 4 Uhr fand dahier im Saalbau eine antisemitische Volksversammlung statt, zu welcher mittels an den Straßen angehefteter Plakate, die jedoch gestern Morgen sämtlich abgerissen waren, eingeladen war. In dieser Versammlung erstattete der Reichstags-Abgeordnete Dr. Böckel über seine parlamentarische Tätigkeit Bericht. Der Bericht enthielt eine Glorifizierung seiner bekannten Heldentaten, gewürzt mit Ausfällen auf das Judentum, die jüdische Presse und das Verhalten der konservativen Presse, namentlich der hiesigen ‚Oberhessischen Zeitung’. Die Versammlung war von der Landbevölkerung der Umgegend gut, von hier jedoch schlecht besucht."

  
Gerichtsverhandlung gegen den antisemitischen Volksschullehrer Ferdinand Fenner mit Gutachten von Prof. Hermann Cohen und Prof. Paul de Lagarde (1888)  

Marburg AZJ 03051888a.jpg (238125 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Mai 1888: "Marburg, 25. April (1888). Vor dem hiesigen Landgericht kam heute die Anklage gegen den hiesigen Volksschullehrer Ferdinand Fenner wegen Beschimpfung der jüdischen Religion zur Verhandlung. Den Vorsitz führte Herr Landgerichtsdirektor Dahlmann, die Staatsanwaltschaft vertrat Erster Staatsanwalt Bertram. Der Gerichtshof hatte den Prof. Lagarde – Göttingen (als Antisemit bekannt, wie er sich in Schriften ausgesprochen, die einst lebhafte Polemik hervorriefen - Redaktion der Allgemeinen Zeitung des Judentums) und Prof. Cohen – Marburg (ordentlicher Professor der Philosophie) zu Sachverständigen ernannt; von der Staatsanwaltschaft wurde in gleicher Eigenschaft Provinzial-Rabbiner Dr. Munk geladen; der Gerichtshof lehnte indessen den letzteren als befangen ab (Dr. Munk hatte Strafantrag gegen Fenner erstattet) ebenso des Dr. Hirsch Hildesheimer. Bei Eintritt in die Verhandlung dehnte der Staatsanwalt die weitere Anklage wegen öffentlicher Beleidigung des jüdischen Kultusvorstehers aus. Fenner, evangelischer Lehrer der Marburger Bürgerschule, soll am 5. Dezember 1886 im nahen Marbach eine Rede gehalten haben, worin er sagte: ‚Die meisten von Ihnen werden wissen, dass der Talmud das Gesetz der Juden ist, und dass in demselben steht: das Gesetz Mosis gilt nur von Juden zum anderen, auf die Gojim hat es keinen Bezug, die dürfen sie bestehlen, betrügen usw. Nun geben Sie Acht, meine Herren! Ein guter Jude tut, was im Talmud steht, dann ist er in unseren Augen ein Schuft, tut er es nicht, ist er in den Augen der Juden ein Schuft. Ein Schuft ist er auf alle Fälle.’ Heute behauptet er, es sei ihm nicht eingefallen, die Juden mit der jüdischen Religionsgesellschaft zu identifizieren. Auch habe er nicht gesagt, das und das stehe im Talmud, sondern wenn das im Talmud stehe, so sei das so schrecklich, dass man nicht begreifen könne, wie die Juden noch geduldet werden. Er habe noch nie daran gedacht, dass der Talmud ein jüdisches Religionsbuch sei, und das auch nie gehört. Eine ganze Reihe von nichtjüdischen Zeugen bekundet, dass Fenner so sich ausgedrückt habe, wie die Anklage behauptet. Der antisemitische Reichstagsabgeordnete Dr. Böckel hingegen unterstützt die Aussagen Fenners. Böckel sagt weiter, Talmudjude, Reformjude oder getaufter Jude sei vollständig gleichgültig, für ihn sei die Judenfrage eine nationale, eine soziale Frage. Provinzial-Rabbiner Dr. Munk erklärt: Zu der Denunziation bei der Schulbehörde habe er sich veranlasst gesehen, weil die Kinder der jüdischen Schule von den Kindern der Bürgerschule durch Schimpfworte und Schläge arg belästigt wurden. Der Antrag des Staatsanwalts, den Zeugen zu vernehmen, ob etwas Derartiges, wie Angeklagter gesagt hat, im Talmud stehe, wird vom Gerichtshof abgelehnt.   -   Der Präsident lässt zunächst das Gutachten des Prof. Paul de Lagarde in Göttingen verlesen. Zwei Fragen waren ihm vorgelegt worden: 1) ob die in dem Talmud enthaltenen Vorschriften des Glaubens und der Sitte als bindendes Gebot für den gläubigen Juden anzusehen und eine Beschimpfung des Talmud als eine Beschimpfung der jüdischen Religionsgesellschaft und eine Einrichtung derselben zu betrachten ist, 2) ob im Talmud steht: Das Gesetz Moses usw. (wie Angeklagter anführte). Die erste Frage wird in dem Gutachten verneint. Zur zweiten Frage heißt es: Es sei nichts zu finden, wonach dem Juden gestattet ist, den Nichtjuden zu betrügen, wenn auch die Sitten- oder Rechtslehre des mosaischen Gesetzes vor dem Forum christlicher Moral nicht bestehen könne, und zwar noch weniger als diejenige als diejenige des Talmud. In dem Gutachten tritt übrigens der antisemitische Standpunkt des Sachverständigen ziemlich deutlich hervor. Sachverständiger Prof. Cohen bestritt den wissenschaftlichen Charakter des Gutachtens Lagarde’s. Alle die
Marburg AZJ 03051888b.jpg (186246 Byte)jenigen, welche die noachidischen Verbote halten (Mord, Blutschande, Götzendienst usw.), seien den Israeliten im Talmud absolut gleichgestellt. Die Frage, ob eine der inkriminierten Stellen ähnlich im Talmud stehe, verneinte der Sachverständige absolut; eine reservatio mentalis beim Eid sei durchaus verboten. Redner erörtert die Bedeutung des Talmud für die verschiedenen Gebiete des jüdischen Lebens; eine Beschimpfung des Talmud ist eine Beschimpfung jeder Einrichtung der jüdischen Religionsgesellschaft; wenn man vom Talmud sage, er erlaube, die Nichtjuden zu betrügen, so ist das eine Beschimpfung der Juden. – Nach längerer Pause wurde die Sitzung wieder aufgenommen. Staatsanwalt Bertraum hielt die Anklage vollständig aufrecht; er wies auf die Unerfahrenheit und Leichtfertigkeit, sowie auf die Verwerflichkeit der antisemitischen Agitation hin. Mit scharfen Worten kritisierte der Staatsanwalt das Gutachten des Prof. de Lagarde. Dasselbe gestehe zwar zu, dass der berüchtigte Satz von der Zulässigkeit des Betruges der Christen nicht im Talmud stehe; der ganze Ton des Gutachtens aber, welches jeglicher Würde und jeglichen Anstriches einer gelehrten Forschung und Untersuchung entbehre, zeige, dass der Verfasser durchaus Antisemit sei. Es handele sich hier um eine anerkannte Religionsgenossenschaft, die geschützt werden muss. Ihre Rechte werden von Kaiser und Reich geschirmt, sie müssen von Hohen und Niederen geachtet werden, ob sie Beamte oder etwas anderes sind. Der Staatsanwalt kennzeichnet hierauf den Rassenhass in seiner Verwerflichkeit, bezeichnet als erschwerend, dass Angeklagter unschuldiger Kindern Judenhass beigebracht habe, anders als strafmildernd Fenners Unerfahrenheit. Der Strafantrag geht auf 3 Monate Gefängnis wegen Religionsbeschimpfung und Beleidigung, falls aber nur auf Beleidigung erkannt werden sollte, auf 6 Wochen Gefängnis. – Der Verteidiger, Rechtsanwalt Martin – Kassel, meinte, über die Berechtigung des Antisemitismus könne man streiten, das gehöre indes nicht zu Sache. Auch er erkannte an, dass Lagarde’s Gutachten nicht objektiv sei, dasselbe sei aber mit Cohen’s Gutachten der Fall; auch über dieses lasse sich streiten. – Der Verteidiger beantragt Freisprechung. Der Angeklagte hat nichts weiter zu erinnern, als dass er dagegen protestiert, als ob er je die Kinder antisemitisch beeinflusst habe; im Gegenteil habe er öfters Kinder bestraft, weil sie jüdischer Kinder geschimpft und geschlagen haben. – Das Urteil wird Mittwoch, den 2. Mai, 11 Uhr vormittags, publiziert werden."       

   
Aus dem Prozess gegen Lehrer Fenner (1888)  

Marburg AZJ 10051888.jpg (116460 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai 1888: "Marburg, 25. April (1888). Der hier gegen den Lehrer Fenner geführte Prozess, über welchen wir in voriger Nummer berichtet haben, bietet mehrfaches Interessante dar, sodass wir einiges Einzelne nachholen. Der Fenner, ein starker, bartloser, noch sehr junger Mann, hatte in der Versammlung zu Marburg gesagt: 
‚Über die Meinung, es gäbe auch ehrliche Juden, denke ich folgendermaßen: Die meisten von Ihnen werden wissen, dass der Talmud das Gesetzbuch der Juden ist und dass in demselben steht: ‚Das Gesetz Mosis gilt nur vom Juden zum andern; auf die Gojims hat es keinen Bezug, die dürfen sie bestehlen und betrügen.’ Nun geben Sie Acht, meine Herren! Tut der Jude, was im Talmud steht, ist er in unseren Augen ein Schuft; tut er es nicht, ist er in den Augen der Juden ein Schuft. Ein Schuft ist er auf alle Fälle.’  
Dieser Äußerung wegen erhob die königliche Staatsanwaltschaft auf Grund des § 166 des deutschen Strafgesetz-Buches die Anklage. Dieser Paragraph lautet: ‚Wer dadurch, dass er öffentlich in beschimpfenden Äußerungen Gott lästert, ein Ärgernis gibt, oder, wer öffentlich eine der christlichen Kirchen, oder eine andere, mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebietes bestehende Religionsgesellschaft oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche beschimpft usw., wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft."    

  
Lehrer Fenner wird verurteilt (1888)  

Marburg AZJ 10051888a.jpg (22441 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai 1888: "Marburg, 2. Mai (1888). Lehrer Fenner wurde vom Gerichte wegen Beschimpfung der jüdischen Religions-Gesellschaft zu 14 Tagen Gefängnis und in die Kosten verurteilt."

   
Hessische Geistliche sprechen sich bei einer Versammlung in Marburg gegen den Antisemitismus aus (1891)        

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Juli 1891:       

 
Anzeige gegen gewalttätige, antisemitisch gesinnte Studenten (1893)    

Marburg Israelit 07121893.jpg (39407 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Dezember 1893:   

 
Antisemitismus und Vorurteile - u.a. ausgestreut vom Pfarrer von Bürgeln (1894) 

Marburg AZJ 14091894.jpg (105800 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. September 1894: "Marburg, 9. September (1894). Es war zu erwarten, dass wie bei jeder Cholera-Epidemie auch bei der in unserer Nachbarschaft ausgebrochenen Seuche der ‚polnische Jude’ sofort eine hervorragende Rolle spielen würde. Das ist denn auch prompt geschehen. Hier in Marburg war übrigens von derlei Gerüchten, wie sie die antisemitische Presse mit Behagen auftischt, bis jetzt nichts zu hören. Vielmehr sprach man nur von den polnischen Arbeitern, die bei dem in Bürgeln wohnhaften Gutspächter Schneider beschäftigt sein sollten. Auch das war reine Erfindung, denn Herr Schneider hat keine polnischen Arbeiter auf seinem Gut. Dagegen stieß die amtliche Cholera-Kommission bei der wissenschaftlichen Feststellung der Ursache der Seuche auf den angeblichen ‚polnischen Juden’. Die Kommission überzeugte sich aber sofort durch genaue Nachforschungen in Bürgeln, dass Niemand den ‚polnischen Juden’ gesehen hatte. Heute wurden nochmals der Bürgermeister und andere Einwohner Bürgelns befragt, und es ergab sich wieder, dass seit Monaten kein ‚polnischer Jude’ in dem Dorfe erblickt worden ist. Von dem, ‚polnischen Juden’ machte zuerst der – Pfarrer der Gemeinde der Cholera-Kommission Mitteilung. Woher der Herr seine Wissenschaft bezogen hat, war nicht festzustellen, umso weniger, als er bei der Umfrage der Cholera-Kommission bei den Ortseinwohnern leider durch ‚Mangel an Zeit’ verhindert war, persönlich zugegen zu sein."   

   
Aktivitäten der Antisemiten in Marburg im Blick auf die Reichstagswahl (1905)
  

Marburg FrfIsrFambl 16061905.jpg (58166 Byte) Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Juni 1905:     

   
Ausschluss jüdischer Personen aus der Klinikerschaft (1919)
  

Marburg FrfIsrFambl 03011919.jpg (34770 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Januar 1919:   

   
    
    
Jüdische Aktivitäten an der Universität Marburg    
Wilhelm Rothschild an der Universität in Marburg (1844)   
Anmerkung: es handelte sich wohl um Wilhelm Carl von Rothschild (1828-1901)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Orient" vom 6. August 1844: "Der fromme Rothschild jun. Wolf oder Wilhelm soll jetzt die Universität Marburg beziehen wollen, um Camerialia zu studieren. Ein gewisser Posen, ein Orthodox, soll sein Mentor sein".      

    
Dr. Nobel hält halachische Vorträge für die jüdischen Studenten (1901)
  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1901: "Marburg. Eine erfreuliche Tatsache lässt sich von hier mitteilen. der bewährte Kanzelredner Herr Dr. Nobel, der früher in Köln und Königsberg amtierte und sich jetzt studienhalber hier aufhält, hat sich entschlossen vor jüdischen Studenten an jedem Schabbat halachische Vorträge zu halten. S."   

  
Semesterschlussfeier der "Jüdischen wissenschaftlichen geselligen Vereinigung" (1903)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1903:      

   
Eine erste jüdische studentische Korporation an der Universität wurde gegründet (1906)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1. Februar 1907:      

 
4. Jahresbericht der "Jüdischen Wissenschaftlich-Geselligen Vereinigung" (1907) 

Marburg FrfIsrFambl 12041907.jpg (192048 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. April 1907:     
  
Marburg Israelit 18041907.jpg (74283 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1907:    

      
Jahresbericht über die "Vereinigung jüdischer Akademiker" (1908)  

Marburg Israelit 15041908.jpg (93067 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1908:   
Marburg FrfIsrFambl 15041908.jpg (85544 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. April 1908:  

   
Aktivitäten der "Vereinigung jüdischer Akademiker" (1908) 

Marburg FrfIsrFambl 07081908.jpg (189019 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August 1908:    

    
7. Jahresbericht der "Jüdischen wissenschaftlich-geselligen Vereinigung" (1910)  

Marburg AZJ 13051910.jpg (162088 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Mai 1910: "Marburg, 6. Mai (1910). Die unter dem Namen ‚Jüdische wissenschaftlich-gesellige Vereinigung’ hier bestehende Korporation versendet soeben ihren 7. Jahresbericht. Sie ist in stetiger Entwicklung begriffen und zählt zurzeit mit Inaktiven und allen Herren 62 Mitglieder. Die Tendenz der Vereinigung gelangt in ihrem Namen zum Ausdruck. Als ein Sammelpunkt für Akademiker und gebildete Kaufleute will sie sowohl zum sozialen Ausgleich beitragen, als auch durch eingehende Behandlung allgemein-wissenschaftlicher und speziell jüdischer Probleme die geistigen Interessen ihrer Mitglieder anregen und in freier offener Aussprache über alle Fragen jüdischen und öffentlichen Lebens zur ernsten Würdigung einer jeden ehrlichen Überzeugung erziehen. Allwöchentlich findet ein wissenschaftlicher Vereinsabend mit anschließender Kneipe statt. Auch in gemeinschaftlichen Ausflügen und Festlichkeiten gelangt die Geselligkeit zu ihrem Recht. Die regen Sympathien, die die Jüdische wissenschaftlich-gesellige Vereinigung innerhalb der hiesigen jüdischen Gemeinde gefunden und die freundschaftlichen Beziehungen, die sie zu den übrigen hier bestehenden studentischen Korporationen unterhält, beweisen die verständnisvolle Teilnahme, die man ihren Bestrebungen entgegenbringt. Im vergangenen Wintersemester fanden zehn Vorträge über folgende Themen statt: ‚Das Buch des Propheten Jona’, ‚Gekrönte Proselyten im Judentum’, ‚Jüdische Politik’, ‚Der psychische Impressionismus der jüngsten deutschen Vergangenheit’, ‚Aus dem Rechtsleben einer kleinen jüdischen Gemeinde Hessens’, ‚Die universelle, historische Bedeutung des jüdischen Kaufmanns’, ‚Menasse ben Israel’, ‚Die Geschichte des Antisemitismus’, ‚Krankenbesuch und Trauergebräuche nach Bibel und Talmud’, ‚Diskussionsabend über die Lösung der Judenfrage’. Der Vorstand besteht zurzeit aus den Herren stud.med. Otto Strauß (1. Vors.), cand.med. Hugo Meyer (Kassierer) und stud.med. Julius Nagel (Schriftführer)."     

     
3. Bundestag des Bundes jüdischer Akademiker in Marburg (1913)      

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Januar 1913:      

 
Vermächtnis der Justina Rodenberg an die Universität (1922)   

Marburg FrfIsrFambl 16021922.jpg (21939 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Februar 1922:    


20. Stiftungsfest der V.J.A. (Vereinigung Jüdischer Akademiker) Marburgs (1927)  

Marburg Israelit 16061927.jpg (102115 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1927:   

 
"Jüdisches" zum Marburger Universitätsjubiläum (1927)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 22. Juli 1927:     

  
Stiftung des Bankhauses Baruch Strauß an die Universität (1927)  

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 5. August 1927: "Marburg. Eine Carl-Strauß-Stiftung. Zu den mannigfachen Stiftungen für die Marburger Philippsuniversität anlässlich der Vierhundertjahrfeier, deren letzte Kultusminister Becker mit dem Betrage von 150.000 für ein Hallenschwimmbad überreichte, ist noch eine gekommen. Die Inhaber des Bankhauses Baruch Strauß in Marburg und Frankfurt am Main, die Herren Carl und Albert Strauß, haben eine namhafte Stiftung zur Förderung wissenschaftlicher Forschungen gemacht, die der noch im Werden begriffenen Gesellschaft der Wissenschaften zur Verfügung gestellt worden ist. Es handelt sich zunächst um eine Summe von 25.000 Mark und um eine jährliche Beihilfe von 1.000 Mark, doch ist zu erwarten, dass diese Zuwendungen noch vergrößert werden. Die Stiftung ist nach dem inzwischen verstorbenen älteren Chef des bekannten Bankhauses Carl-Strauß-Stiftung benannt worden."    
 
Marburg Israelit 11081927.jpg (28443 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. August 1927:    

     
Über die Feier zum Universitätsjubiläum mit jüdischer Beteiligung (1927)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 12. August 1927:    


Vierhundertjahrfeier der Universität (1927)  

Marburg Israelit 18081927.jpg (173758 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1927:     

  
    
Jüdische Professoren an der Universität  

Hermann Cohen habilitierte sich an der Universität (1873)  

Marburg AZJ 25111873.jpg (31004 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. November 1873:  

  
Hermann Cohen wird zum außerordentlichen Professor ernannt (1875)  

Marburg AZJ 11051875.jpg (16957 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Mai 1875: "Marburg, im April (1875). Der an hiesiger Universität habilitierte Privatdozent der Philosophie, Dr. Hermann Cohen, ist zum außerordentlichen Professor ernannt worden."


Hermann Cohen wird zum ordentlichen Professor ernannt (1876) 

Marburg AZJ 22021876.jpg (16922 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Februar 1876: "Marburg, im Februar (1876). Der bisherige außerordentliche Professor der Philosophie an hiesiger Universität, Dr. Hermann Cohn, ist zum ordentlichen Professor ernannt worden."  

  
Professor Stengel wechselt nach Greifswald (1896) 
Es handelt sich um den nichtjüdischen Romanisten Prof. Edmund Max Stengel (1845-1935) 

Marburg AZJ 13121895.jpg (21798 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Dezember 1895: "Professor Stengel in Marburg, der sich um die Bekämpfung des Antisemitismus in Hessen sehr verdient gemacht hat, ist zum Sommersemester 1896 nach Greifswald versetzt." 

    
Dr. Hermann Jacobsohn kommt an die Universität Marburg (1911) 

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. April 1911:      
 
Marburg FrfIsrFambl 28041911.jpg (23029 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. April 1911: 

  
Artikel zu Hermann Cohen (nur die ersten Zeilen, 1914)
  

Marburg AZJ 21081914.jpg (39974 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Israelitischen Zeitung" vom 21. August 1914:   

   
Dr. Adolf Fränkel wird zum außerordentlichen Professor ernannt (1922)  
Anmerkung: Adolf Abraham Halevi Fränkel (1891-1965): studierte und promovierte an der Universität Marburg; mit Unterbrechungen durch Kriegsdienst im 1. Weltkrieg von 1916-1928 in Marburg, wo er nach der Habilitation Professor wurde, 1928 in Kiel. 1929 Professor und Leiter des mathematischen Instituts der Hebräischen Universität in Jerusalem   

Marburg FrfIsrFambl 09021922.jpg (16515 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. Februar 1922: "Marburg. Dr. Adolf Fränkel, ein Führer des Misrachi in Deutschland, ist zum außerordentlichen Professor ernannt worden."  
 
Dazu eingestellt: Briefumschlag an Herrn Fränkel in Marburg, Schloßstraße 2, versandt von Wilhelmshaven am 18. Juni 1924  
(Dokument aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)      
Marburg Dok Fraenkel 010.jpg (224422 Byte)Prof. Dr. Adolf Abraham Halevi Fränkel war von 1922 bis 1928 an der Marburger Universität als außerordentlicher Professor tätig, bis er 1928 nach Kiel berufen wurde (siehe unten). 
Adolf Abraham (Halevi) Fränkel wurde am 17. Februar 1891 in München geboren. Nach einem "sehr gut" bestandenen Abitur führte ihn seine Studienzeit neben München, Berlin und Breslau unter anderem 1914 auch nach Marburg, um dort bei Prof. Dr. Hensel eine Dissertation zu schreiben (Promotion an der Universität Marburg) und sich 1916 ebd. zu habilitieren. Im Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 hatte er aktiven Militärdienst geleistet. Während eines Fronturlaubs hielt er am 12. Juli 1916 seine Antrittsrede vor der philosophischen Fakultät der Universität Marburg. 1928 folgte er dem Ruf an die Christian-Albrechts-Universität in Kiel. 1929 bis 1930 lehrte er als Gastprofessor an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Im April 1933 folgte seine Beurlaubung infolge des Gesetzes zur Wiederherstellung der Berufsbeamtentums, das den Ausschluss von Juden mit sich brachte. In Folge bemühte er sich um eine Rückkehr an die Hebräische Universität in Jerusalem. Bereits im Oktober 1933 wird sein Antrag auf Wohnsitzverlegung genehmigt. 1938 bis 1940 war Abraham Halevi Fränkel Rektor der Hebräischen Universität von Jerusalem.
vgl. weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Abraham_Halevi_Fraenkel 
https://www.uni-marburg.de/fb12/historie/100-jahre-mat-sem 
https://de.wikipedia.org/wiki/Misrachi (im Artikel oben wird Dr. Fränkel als Führer des Misrachi in Deutschland bezeichnet.   

    
Dr. Joseph Carlebach in Hamburg über "Die Hinterlassenschaft Hermann Cohens, des jüdischen Philosophen" (1925)
  

Marburg Israelit 30071925.jpg (449478 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925:       

  
Prof. Dr. Adolf Fränkel wird nach Kiel berufen (1928)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. April 1928: "Marburg. Einen ehrenvollen Ruf als ordentlicher Professor nach Kiel hat Professor Dr. Fraenkel in Marburg erhalten."       

   
Prof. Benno Landsberger wurde nach Leipzig berufen (1929)     
Anmerkung: zu Prof. Benno Landsberger (1890-1968) siehe Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Benno_Landsberger   

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 13. September 1929: "Marburg. Der ordentliche Professor Benno Landsberger an der Universität Marburg ist zum 1. Oktober vom sächsischen Volksbildungsministerium zum Ordinarius der orientalischen Philologie und zum Mitdirektor des semitischen Instituts sowie des staatlichen Forschungsinstituts für Orientalistik in Leipzig ernannt worden. Er wird hierdurch Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Geheimrats Professor Dr. Zimmern. Der im 40. Lebensjahr stehende Gelehrte hat der Universität Marburg bereits als Privatdozent und außerordentlicher Professor angehört."       

    
    
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Gründung einer zionistischen Ortsgruppe (1907)          

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. März 1907:   

 
Rege zionistische Aktivitäten (1908)  

Marburg FrfIsrFambl 04061908.jpg (90277 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Juni 1908:  

   
Vortrag von Pastor Thimme über "Antisemitismus und Christentum" (1920)  

Marburg Israelit 19021920.jpg (146405 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1920: "Gegen den Antisemitismus in Hessen. Marburg, 10. Februar (1920). Im Schlossgarten sprach gestern Abend Herr Pastor Thimme über das Thema 'Antisemitismus und Christentum'. Thimme schilderte in glänzender Darstellung mit Einfügung herrlicher Schriftstellen, die wechselvolle, oft so tragische Geschichte des Judenvolkes, ihre Verfolgungen im Altertum, zu Innozenz IV. und Luthers Zeiten. Trotz aller Verfolgungen haben die Juden treffliche Eigenschaften, wie Pietät, Familiensinn, Nüchternheit, geistige Regsamkeit, entwickelt. Nur eine ehrliche Aussprache über die beiderseitigen Fehler kann hier eine Besserung bringen. Restlos dankbar müssen wir dem jüdischen Volkes für die Bibel sein, die Geist von ihrem Geist, unser gesamtes Kulturleben mit ihrem Hauche erfüllt. In der anschließenden Aussprache ergriffen u.a. Prof. Baumgarten, Postsekretär Kappler, Prof. Jacobsohn und Studienrat Weichelt das Wort, erklärten sich mit dem Redner einverstanden und unterstrichen seine Worte. Herr Studienrat Heintze vertrat die Gegenseite und fand wenig Anklang."       
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Februar 1920:  "Marburg, 13. Februar (1920). Im Schlossgarten sprach vor kurzem Herr Pastor Thimme über das Thema 'Antisemitismus und Christentum'. Der Einladung zu den Vortrage, in dem Thimme dem Judentum gerecht werden wollte, war auch eine große Anzahl jüdischer Mitbürger gefolgt. Die überaus taktvolle Geschäftsführung des Herrn Rektor Hentze bewirkte, dass die weihevolle Stimmung, die von Anfang an über der Versammlung lag, bis zum Schluss anhielt und dass sich die Veranstaltung zu einem Familienabend gestaltete. Thimme schilderte in glänzender Darstellung, mit Einfügung herrlicher Schriftstellen, die wechselvolle, oft so tragische Geschichte des Judenvolkes, ihre Verfolgungen im Altertum, zu Innozenz IV. und Luthers Zeiten. Trotz aller Verfolgungen haben die Juden treffliche Eigenschaften, wie Pietät, Familiensinn, Nüchternheit, geistige Regsamkeit, entwickelt, einzelne Schlacken vom Ghetto her haften ihnen natürlich an. Nur eine ehrliche Aussprache über die beiderseitigen Fehler kann hier eine Besserung bringen. Restlos dankbar müssen wir dem jüdischen Volke für die Bibel sein, die, Geist von ihrem Geist, unser gesamtes Kulturleben mit ihrem Hauche erfüllt. In der anschließenden Aussprache ergriffen unter anderem Professor Baumgarten, Postsekretär Kappler, Professor Jacobsohn und Studienrat Weichelt das Wort, erklärten sich mit dem Redner einverstanden und unterstrichen seine Worte. Herr Studienrat Heintze vertrat die Gegenseite. Wie Thimme ausdrücklich sagte, wollte er den Antisemitismus nur von der religiösen, geistigen Seite her erschüttern. Es käme nur darauf an, das Problem auch einmal von der politischen, wirtschaftlichen und Rassenseite zu beleuchten, denn diese Fragen sind heute besonders brennend."        

  
Aktivitäten der Jugendgruppe des Agudas Jisroel (1921) 

Marburg Israelit 05051921.jpg (154274 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1921:     

   
"Marburger Brief" - über das jüdische Leben in der Stadt (1925)  

Marburg Israelit 03091925.jpg (230719 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1925:  

   
Aus der Arbeit der Jugendgruppe der Agudoh-Bewegung (1925) 

Marburg Israelit 29101925.jpg (151128 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1925:     

    
20-jähriges Stiftungsfest der Vereinigung jüdischer Akademiker (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 17. Juni 1927:      


Vortragsabend der Agudas-Jisroel-Jugendgruppe (1927)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 9. Dezember 1927:    

 
Vortrag von Rabbiner Dr. Elie Munk aus Ansbach vor der Agudas-Jugendgruppe (Sohn des früheren Marburger Rabbiners; 1928)  

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 23. März 1928:    
 
Marburg Israelit 04041928.jpg (54568 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1928: "Marburg (Lahn). Am 14. März sprach in unserer Agudas Jisroel-Jugendgruppe unser ehemaliger Vorsitzender, Herr Rabbiner Dr. Elie Munk – Ansbach, vor überfülltem Saal über ‚Die Bedeutung der Gottesidee im gegenwärtigen Zeitalter’. Den außerordentlich interessanten und formvollendeten Ausführungen des Redners, die mit großem Beifall aufgenommen wurden, schloss sich eine angeregte Diskussion in kleinerem Kreise an. Dem verehrten Referenten sei auch an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt." 

   
Ausstellung religiöser Kunst aus Hessen und Nassau mit jüdischer Abteilung (1928)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 30. März 1928:    

 
50-jähriges Jubiläum des Frauen-Wohltätigkeitsvereines (1928)  

Marburg Israelit 26041928a.jpg (124918 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1928:     
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 27. April 1928:  

 
Vortrag von Redakteur Selig Schachnowitz (1937)  

Marburg Israelit 25031937.jpg (114000 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1937:      



Berichte zu einzelnen Personen und Familien aus der Gemeinde 
Über die Marburger Familie Mosenthal - ein Artikel zum 100. Geburtstag des Dichters Salomon Hermann Mosenthal (1821-1877) 

Marburg AZJ 21011921.jpg (104325 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Januar 1921:  "Salomon Hermann Mosenthal. Ein Gedenkblatt zu seinem 100. Geburtstag, 14. Januar 1921. Von L. Horwitz (Kassel).  
Einem fast Vergessenen sollen diese Zeilen gelten. Wir haben ja nur noch literarisches Interesse für die Dichter der Biedermeierzeit, denn die letzten 60 Jahre zeigten uns andere Ziele und Wege. Jedoch hat Mosenthal für alle Zeiten gelebt, denn er lebte ja den Besten seiner Zeit, schuf Werke, die ihn stets leben lassen. Es hätte eines genügt, ihm einen ehrenvollen Platz im deutschen Dichterhain zu sichern, denn sein Volkslied: ‚Zu Straußburg auf der langen Brück’, da stand ich seines Tages, nach Süden wandte sich mein Blick, in grauem Nebel lag’s’ ist eben Eigentum des Volkes; man singt es überall ohne sich um den Dichter zu kümmern, wie ja auch die große Menge nicht nach dem Schöpfer der ‚Loreley’ und des ‚Heideröslein’ fragt. Auch seine Gestalten in seinen Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben sind Menschen aus Fleisch und Blut; wir sehen sie mit ihren Vorzügen und Schwächen unter uns wandeln und darum leben sie von Geschlecht zu Geschlecht. Da es hier nicht die Aufgabe ist, Mosenthals Stellung in der deutschen Literatur der Epigonenzeit hu schildern, sei nur seines Werners und Strebens gemacht, namentlich wie er stets des Felsens gedachte, aus dem er gehauen, und nie seine alte Mutter vergaß, wenn er auch im äußersten Glanz und in hoher sozialer Stellung in den letzten Jahrzehnten seines Lebens sich befand. Treue war sein
Marburg AZJ 21011921a.jpg (263437 Byte)ureigenster Zug, und er blieb sich bis zu seinem letzten Atemzug treu.     
Die Familie Mosenthal führte bis zum Jahre 1808 den gemeinsamen Namen Marburg. Als die Israeliten Kurhessens durch König Jérome veranlasst wurden, deutsche Familiennamen anzunehmen, nannten sich die Brüder seines Großvaters Mosenthal, Rosengarten, Hahndorf und Gustorf, letzter später von Gustorf. Der Name Marburg weist auf den Ursprung der Familie hin. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts lebte in Marburg der Schutzjude und Proviantmeister Hertz Isaak aus St. Goar. Nachdem in Marburg durch den Tod Abraham Fuldas eine Judenstelle frei geworden war, bat Hertz Isaak, seinem Verwandten Abraham Moses die Niederlassung daselbst zu gewähren, ‚da dieser in solchem Proviantwesen lange Jahre treulich servieret und sich dabei fleißig aufgeführet’. Landgraf Karl gestattete das Wohnrecht für Marburg am 21. Oktober 1717. Mosenthals Großvater, Moses Abraham Marburg, war ein direkter Nachkomme des Genannten. Er und sein Bruder Süßmann Abraham genossen als Hofjuden beim Landgrafen Wilhelm volles Vertrauen. Sie versorgten das hessische Militär beim Feldzuge in die Champagne mit Lebensmitteln und Ausrüstungen zur vollsten Zufriedenheit ihres Landesherrn, der sie mit vielen Gnadenbeweisen bedachte. Mosenthals Vater, Herz, war Inhaber eines angesehenen Kaufhauses in Kassel; sein Sohn Salomo war das älteste Kind aus zweiter Ehe mit Betty Weil aus Frankfurt am Main. Diese junge Frau reichte dem kinderreichen Manne die Hand zum Lebensbunde in der Hoffnung, sorgenfreie Tage zu verleben. Aber am 14. Januar 1821 brach das Verhängnis über das angesehene Handelshaus herein; es musste seine Zahlungen einstellen. Um die Ehre des Hauses zu retten, gab die Wöchnerin dem gebeugten Manne den Familienschmuck zum Verkauf; fast reichte es, die Gläubiger zu befriedigen. Verschämte Armut weilte nun bei Mosenthals Eltern; aber die tatkräftige Mutter sorgte durch Eröffnung eines Kaufladens für Handarbeiten für ihre Familie. Zwei Faktoren waren es, die Mosenthals Erziehung beeinflussten. Bei aller Dürftigkeit pflegte man in seinem Elternhause alles Gute und Schöne. An den Abenden wurden Gedichte gelesen, und so bereicherte sich der empfängliche Sinn des geweckten Knaben bald mit den Schätzen der Poesie. In seinem Onkel, dem Schuldirektor Dr. Büdinger, hatte er seinen ersten Lehrer, und als Gymnasiast war es der Dichter Dingelstädt, der die dichterischen Anlagen seines Schülers sehr beachtete und im ‚Salon’ Mosenthals erste Gedichte bekannt gab; er vermittelte auch die Bekanntschaft mit Rückert. Nach bestandenem Abiturientenexamen zog Mosenthal nach Stuttgart, um an der dortigen Technischen Hochschule sich dem Lebensberufe als Ingenieur zu widmen. Seinen Neigungen entsprach dieser Beruf nicht, und so war er entschlossen, eine Hauslehrerstelle bei einem russischen Fürsten in Simbirsk anzunehmen. Eine glückliche Wendung in seinem Lebensschicksal vereitelte jedoch dieses vorhaben. Auf einstimmige Empfehlung dreier Frankfurter Herren wurde er Erzieher beim Generalkonsul Goldschmidt in Wien, dem Vertreter des Bankhauses von Rothschild. Für Mosenthals Entwicklung war die Übersiedlung nach Wien von weittragender Bedeutung. Ledig aller Sorgen ums tägliche Brot, nur seiner Pflicht lebend, konnte der Poet hier schaffen, ohne durch eine äußere Sorge behindert zu sein. Ferner war es Grillparzer und sein Kreis, die fördernd auf Mosenthal wirkten. Nach der ‚Allgemeinen deutschen Biographie’ hat Mosenthal 18 Dramen und 20 Operntexte geschrieben, auch mehrere Bände Gedichte und einige Novellen. Die Texte zu den Opern ‚Die lustigen Weiber von Windsor’, ‚Judith’, ‚Die Folkunger’, ‚Makkabäer’, ‚Königin von Saba’, ‚Das goldene Kreuz’ sind von ihm verfasst. Den ersten großen Erfolg gewann seine ‚Deborah’, Volksschauspiel in vier Akten.     
Marburg AZJ 21011921b.jpg (183219 Byte)Ein Zeitgenosse behauptet davon ohne Übertreibung, sie sei das populärste Drama des Jahrhunderts, und nicht bloß in Deutschland, sondern fast in allen Kulturländern. Die berühmte englische Schauspielerin Bateman stellte die Heldin zu London an dreihundert aufeinander folgenden Abenden dar. In 15 Sprachen übersetzt, wurde sie in der Alten und Neuen Welt aufgeführt. Adelaide Ristori, Italiens berühmteste Tragödin, zog mit ‚Deborah’ überall hin, sich und Mosenthal Ruhm erwerbend. In der ‚Deborah’ verkörperte Mosenthal die Versöhnung der religiösen Gegensätze, Duldung und Humanität; aber auch selbstlose Überwindung der eigenen Leidenschaften zugunsten des Glückes des Geliebten bilden einen wesentlichen Teil. Die Vorgänge sind mit großer Anschaulichkeit und Lebendigkeit geschildert. Es ist merkwürdig, wie sehr sich Mosenthal in eine ihm ursprüngliche ganz fremde Welt und Vorstellungsweise, die der katholischen Gebirgsbauern von Steiermark, eingelebt hat. Unwillkürlich denkt man an Schillers ‚Tell’ und die Schweiz. Auch die Nebenfiguren sind trefflich erfunden. – Noch ein zweites Mal ist Mosenthal auf dramatischem Gebiete ein Wurf gelungen: ‚Der Sonnwendhof’ 1854. Wir sehen wieder ganz einfach, klare, von sich selbst entwickelte Vorgänge. Auch hier wird eine Neigung geopfert, ein Vorurteil bekämpft und ein Unrecht gutgemacht. Der Schluss versöhnt. Allgemein wird der ‚Sonnwendhof’ als Mosenthals beste Arbeit bezeichnet; er ist in fünf Sprachen übersetzt, darunter von Andersen ins Dänische. – Mosenthals Gedichte haben wenig Eigentümliches und lehnen sich oft an fremde Muster. In den letzten Lebensjahren Mosenthals, als Misserfolge auf der Bühne und heftige Angriffe der Kritik ihn sehr verstimmten, schrieb er seine ‚Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben’. Sie enthalten reichen Stoff aus des Dichters eigenen Erlebnissen und schildern Personen und Zustände seiner Kasseler Heimat und deren Umgebung. Die Wärme und Treue der Darstellung haben den Leserkreis der Novellen bis heute erhalten, während man kaum von ‚Deborah’ spricht. Der in seiner Jugend mit Not kämpfende Dichter hatte in seinem Alter ein sorgenloses Dasein. Der Ertrag seiner Werke, seine Stellung als Regierungsrat, seine Erhebung in den österreichischen Adelsstand sicherten ihm einen behaglichen Lebensabend. Mosenthal erreichte nicht das biblische Alter. Am 17. Februar 1877 beendete er sein arbeitsreiches Leben und wurde wie ein Fürst zu Grabe geleitet. In seinem Nachruf sagte Dr. Jellinek: ‚Mosenthal war Dichter und Jude; deshalb hatte er als Dichter Verständnis für die poetischen Seiten des Judentums, für dieses große weltgeschichtliche Epos, dessen Held Israel ist.’"

 
25-jähriges Dienstjubiläums des Mohels (Beschneiders) Moses Blumenfeld (1909) 

Marburg FrfIsrFambl 29101909.jpg (61762 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Oktober 1909: "Marburg. Im März dieses Jahres beging Herr Moses Blumenfeld das 25-jährige Jubiläum seiner Tätigkeit als Mohel. Aus diesem Anlasse wurde ihm von Eltern der von ihm in den Bund Abrahams eingeführten Kinder und von anderen Freunden eine Ehrengabe überreicht, deren Verwendung ihm anheimgegeben wurde. Auf seinen Wunsch hat sich heute ein Kuratorium konstituiert, das diese Ehrengabe zu einer Mohel Blumenfeld Stiftung bestimmte, deren Zweck die Ausstattung bedürftiger Bräute sein soll."     

  
25-jähriges Amtsjubiläum des Kultusbeamten Jonas Selig (1911)  

Marburg Israelit 08061911.jpg (48084 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1911: "Marburg, 6. Juni (1911). Der Kultusbeamte unserer Gemeinde, Herr Jonas Selig, feiert kommenden Dienstag, 13. Juni, sein 25-jähriges Amtsjubiläum. Er erfreut sich seiner Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit halber allgemeinster Achtung und Beliebtheit. An seinem Ehrentage wird es ihm aus der Mitte unserer Gemeinde und aus dem Kreise seiner Freunde an Zeichen der Wertschätzung und Anhänglichkeit gewiss nicht fehlen."      

   
Auszeichnung für den Gemeindeältesten Koppel Strauß (1911)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juni 1911: "Herrn Koppel Strauß in Marburg wurde der Königliche Kronenorden IV. Klasse verliehen. Herr Strauß hat fast drei Jahrzehnte hindurch das Amt eines Gemeindeältesten der dortigen israelitischen Gemeinde bekleidet und wurde auf seinen Antrag wegen seines hohen Alters - er befindet sich in seinem 81. Lebensjahre - aus seinem Amte entlassen. Die Überreichung des Ordens und die Entlassung erfolgte in der Synagoge durch Herrn Provinzialrabbiner Dr. Munk unter anerkennender Hervorhebung der verdienstvollen und erfolgreichen Wirksamkeit des Herrn Strauß für die religiösen Interessen der israelitischen Gemeinde."      

  
Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Gustav Oppenheim (1913)  

Marburg FrfIsrFambl 28111913.jpg (13892 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. November 1913: "Marburg. Hier verschied Gustav Oppenheim, langjähriger Vorsteher der jüdischen Gemeinde."         

  
Zum Tod von Bankier Baruch Strauß (1914)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Februar 1914: "In Marburg a.L. verschied der Seniorchef und Begründer des Frankfurter und Marburger Bankhauses gleichen Namens Baruch Strauß im Alter von 72 Jahren".        

   
Die "Baruch Josefine Strauß-Stiftung" soll wohltätigen Zwecken zugute kommen (1920)      

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Februar 1920: "Marburg. Die Firma Baruch Strauß übergab der Israelitischen Gemeinde 30.000 Mark als 'Baruch Josefine Strauß-Stiftung'. Die Zinsen sollen Verwendung finden zur rituellen Verköstigung armer Kranken in den Kliniken, für Wöchnerinnen und auch für minderbemittelte Kinder zum Gebrauch einer Badekur."        
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Februar 1920: "Die Firma Baruch Strauß in Marburg hat der dortigen israelitischen Gemeinde eine Stiftung in Höhe von 30.000 Mark unter dem Namen 'Baruch Josephine Strauß-Stiftung' überwiesen. Die Zinsen sollen Verwendung finden zur rituellen Beköstigung armer Kranken in den Klinken, für Wöchnerinnen und auch für minderbemittelte Kinder zum Gebrauch einer Badekur."    

   
Zum Tod von Bankier Karl Strauß (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 20. Mai 1927:   

   
Spende an Oberbürgermeister Müller von der Firma Baruch Strauß (1927)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 27. Mai 1927:      

  
Zum Tod von Adolf Bachrach (1928)  

Marburg Israelit 19011928.jpg (114293 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1928: "Adolf Bachrach - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Marburg, 16. Januar (1928). Unsere Gemeinde klagt um einen ihrer Besten: am vorletzten Freitag verschied nach langem, sehr schwerem und mit übermenschlicher Geduld ertragenem Leiden Adolf Bachrach im 48. Lebensjahre. Er war lange Jahre Mitinhaber der Firma A. S. Bachrach, die von seinem seligen Vater in Neustadt (Main-Weserbahn) gegründet und dann nach Marburg verlegt worden ist. Die Firma stieg unter seiner klugen und charaktervollen Mitleitung zu immer größerem Ansehen empor, und auch er selbst erfreute sich allgemeiner Wertschätzung bei Juden wie Nichtjuden infolge seines großzügigen, offenen Wesens, seiner Güte und ferner geradezu sprichwörtlichen Mildtätigkeit, mit der er so vielen Bedrängten Hilfe gebracht hat. Besonders in der schweren Kriegszeit und den darauf folgenden Jahren hat er so manche Not gestillt, wohl keiner, der bei ihm anklopfte, verließ sein Haus, ohne Unterstützung in Rat und Tat empfangen zu haben. Diesen menschlichen Tugenden entsprachen die jüdischen, bildete er doch als Jude und Mensch eine unlösliche, harmonische Einheit, eine Persönlichkeit im besten Sinne. Sein großes Geschäft war am Sabbat streng geschlossen, zu den liebsten Besitztümern, die er sein eigen nannte, gehörte die beinahe zärtlich gehütete eigene Sefer-Thora (Torarolle), die er am Simchas-Thorafeste in stolzer Freude in der Synagoge herumtrug. 'Simchas Tora, Freude an der Tora' war überhaupt ein bezeichnender Ausdruck seines Lebens, und wie konnte er diese Freude auch den Kindern vermitteln, der jungen Generation unserer Marburger Gemeinde, die er an den Torafesten besonders beschenkte             
und die ihn als einen echten Jugendlichen liebten und ganz als einen der ihren empfand. So war er befähigt, als Vorstandsmitglied unseres 'Israelitischen Schüler- und Lehrlingsheims' organisatorische und pädagogische Fragen zugleich mit dem Weitblick des klugen Kaufmanns und mit der Wärme des echten Menschenfreundes zu behandeln, Eigenschaften, die er auch im Vorstand der Chewrat Gemiloth Chassodim (Wohltätigkeitsverein) segensreich betätigte. Durch sein freundliches und gegen jedermann zuvorkommendes Wesen erwarb er sich unzählige Freunde, wovon sein Leichenbegängnis ein mächtiges Zeugnis ablegten. ein so gewaltiges Trauergefolge, das sich aus Besuchern von Nah und Fern, selbst von den entlegendsten Ortschaften, aus Juden und Nichtjuden zusammensetzte, hat Marburg kaum je gesehen. Alle Kreise der Kaufmannschaft, des Getreidehandels usw. waren vertreten. Die Trauer um Adolf Bachrach ist allgemein: eine für den 15. Januar angesagte Jubiläumsfeier des Frauenvereins ist abgesagt worden, um dem Schmerze auch der jüdischen Frauen Ausdruck zu verleihen. - Bei der Beerdigung sprach, trotz eigenen Unwohlseins, Herr Provinzialrabbiner Dr. Cohn in ergreifenden Worten, außerdem Herr Oberlehrer Bergel für das Schülerheim als dessen früherer langjähriger Leiter, Herr E. Goldschmidt für die Chewra und Herr Dr. Mayer - Düsseldorf für die Familie. Auch in den Trauertagen fanden sich neben den Mitgliedern der weitverzweigten Verwandtschaft Freunde und Bekannte aus Nah und Fern im Trauerhause ein, und am Donnerstag der Vorwoche hielt Herr Rabbiner Dr. Hartwig Carlebach, Berlin, dort einen groß angelegten Hesped (Trauerrede), in dem er der schwergeprüften Gattin, den Kindern und Geschwistern Trost zusprach. aber wir alle bedürfen dieses Trostes! Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.  J.R." 
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 20. Januar 1928:    
 
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 27. Januar 1928:      

   
77. Geburtstag von Simon Möllerich (1928 in Wiesbaden)   

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 17. Februar 1928: "Wiesbaden. Am 2. Februar feierte Herr Simon Möllerich, jetzt in Wiesbaden wohnhaft, seinen 77. Geburtstag in ausgezeichneter Geistesfrische. Lange Jahre unterhielt derselbe ein größeres Zigarrengeschäft in Marburg a.L., wo er seinen Wohnsitz hatte."       


Großer Sportpreis für Hilde Bachrach (1933)
  

Marburg Israelit 02031933.jpg (20195 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1933:    


Beitrag von Schwester Jenny Stiefel aus Marburg: "Was der alte Kinderfreund erzählt" (1935)   

Marburg Israelit 10121925.jpg (516763 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1925:     

    
    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   

Anzeige des Restaurants Stern (1889) 

Marburg Israelit 27061889.jpg (49119 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1889:  

   
Anzeige der Frau von Baruch Strauß (1898)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1898: "Wegen Verheiratung meiner Köchin, die 13 Jahre in meinem Hause war, suche ich per sofort oder 1. Oktober Ersatz. Nur Solche wollen sich melden, die schon in guten Häusern waren und perfekt kochen können. 
Frau Baruch Strauß, Marburg in Hessen, Barfüßerstraße 40."   

 
Anzeigen des Leder-, und Fellgeschäftes S. Strauß (1890 / 1906) 

Marburg Israelit 02061890.jpg (44484 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juni 1890: 
   
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. August 1906:    

     
Anzeigen des Manufakturwaren-, Konfektions- und Wäschegeschäftes M. Eichelbergs Nachfolger (1890 / 1903)  

Marburg Israelit 01121890.jpg (32800 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1890:  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1903:  

  
Anzeige des Mode- und Manufakturwarengeschäftes Louis Erlanger (1891)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1891: 

  
Anzeigen der Wurstfabrik Gustav Isenberg (1897 / 1904) 

Marburg Israelit 20121897.jpg (72680 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1897:   
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1904
"Suche per sofort einen kräftigen 
Lehrling

aus achtbarer Familie. Samstags und Feiertage streng geschlossen. 
G. Isenberg. Metzgerei und feinere Wurstfabrikation, Marburg (Hessen)."        

    
Minna Stern empfiehlt ihre Mädchenpension (1901)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1901: 
"Gegen geringe Vergütung nehme ich Mädchen achtbarer Eltern, welche die höhere Töchterschule besuchen wollen   
Frau Minna Stern,
 
Marburg a.d. Lahn, Bahnhofstraße 25, 1. Etage."        

  
Anzeige der Seifenfabrik S. Sonneborn (1915) 

Marburg Israelit 18031915.jpg (46558 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1915:    

   
Anzeige der Mehlhandlung A.S. Bachrach (1922)  

Marburg Israelit 26101922.jpg (35978 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1922:    

   
Hochzeitsanzeige von Karl Nussbaum und Cäcilie geb. Kugelmann sowie Hugo Kugelmann und Paula geb. Nussbaum (1928)
   

Marburg Israelit 09081928.jpg (33607 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1928:     

   
Hochzeitsanzeige von Erwin Wohl und Minna geb. Strauß (1928)  

Marburg Israelit 16081928a.jpg (36178 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1928:       

   
Anzeige von Witwe B. Oppenheim für ihren koscheren Mittagstisch (1931)     

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 23. Januar 1931:     


Hochzeitsanzeige von Dr. Artur Katz und Edith geb. Walter (1933)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1933: 
"Dr. Artur Katz - Edith Walter-Katz. 
Vermählte.  
Marburg/Berlin - Hafai Hadar Hacarmel Haus Tarshish - Dessau" 

    
Hochzeitsanzeige von Henny Bachrach und Dr. Abraham Cohn (1935)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1934: "Gott sei gepriesen.  
Henny Bachrach - Dr. phil. Abraham Cohn  
zeigen ihre am Dienstag, den 26. Tebeth 5695 (1. Januar 1935) - so Gott will - stattfindende Vermählung an. 
Trauung: Marburg (Lahn), Schwanenallee 15, 1 Uhr."      

 
Verlobungsanzeige von Rosi Farkas und Jacob Tempelhof (1935)  

Marburg Israelit 11041935a.jpg (32020 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1935:   

    
    
Sonstiges 
   
"Jerusalem und Marburg" (1925) 

Marburg Israelit 12021925.jpg (549139 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1925: 
Marburg Israelit 12021925a.jpg (188110 Byte)   

   
Mitgliederversammlung des Landesverbandes für jüdische Wohlfahrtspflege in Hessen und Hessen-Nassau in Marburg (1927)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 13. Mai 1927:     


"Marburger Drucke jüdischen theologischen Inhalts" (Artikel von 1927)  

Marburg Israelit 21101927.jpg (184905 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober 1927:   
Marburg Israelit 21101927b.jpg (141340 Byte)       

   
Der antisemitische Angestellte Köhler wird gerichtlich verurteilt (1931)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 15. Mai 1931:      

      
      
Weitere Dokumente 

Briefumschlag an Dr. Willi Wertheim, 
Rechtsanwalt in Marburg (1923)
   
(aus der Sammlung von 
Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries) 
Momberg Dok 15118.jpg (173693 Byte)   

Es handelt sich um einen an Dr. Willi Wertheim, Rechtsanwalt in Marburg adressierten Briefumschlag, versandt von Joseph Spier aus Momberg am 9.1.1923. 
Der Absender Joseph Spier besaß in Momberg eine Nudelfabrik (siehe dort).
Der Briefempfänger war Dr. Willi Wertheim, geboren am 28. Januar 1892 in Hatzbach als Sohn von Meier und Juliana Wertheim. Nach einem unterbrochenem Studium wegen Kriegsteilnahme im Ersten Weltkrieg promovierte er anschließend im Studienfach Jura und eröffnete 1919 seine erste Praxis als Rechtsanwalt, ab 1925 in Gemeinschaftspraxis mit Hermann Reis. Nach dem Berufsverbot für Anwälte floh Willy Wertheim 1933 nach Frankreich. 1937 wurde ihm in Abwesenheit die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Am 21. Februar 1943 wurde er ins Sammellager Drancy bei Paris eingeliefert. Am 4. März 1943 wurde er nach Lublin / Majdanek deportiert und ermordet. 
Quellen: http://www.geschichtswerkstatt-marburg.de/projekte/werth.php 
http://elisabethschule.de/de/schule/publikationen/experiment-sonderheft.html   
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsrec/current/3/sn/juf?q=neustadt+joseph+spier

      

Kennkarte aus der NS-Zeit für Richard Josef Weishaupt (geb. 1910 in Marburg)            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte für Richard Josef Weishaupt 
aus Marburg
 
 Marburg KK MZ Richard.jpg (94085 Byte)   

 Richard Josef Weishaupt ist am 22. April 1910 als Sohn von Adolf Weishaupt und seiner Frau Lisette geb. Weinberg in Marburg geboren. Richard wurde - wie schon sein Vater - von Beruf Schneider und arbeitete als solcher in Frankfurter Konfektionshäusern. Er heiratete 1931 die nichtjüdische Schneiderin Elisabeth Maria geb. Rauch, mit der er in Mörfelden wohnte. 1932 kam die Tochter Lydia zur Welt, die jüdisch erzogen wurde. Die Kennkarte für ihn wurde 1939 in Mainz ausgestellt, wohin er 1938 verzogen ist. Die Kriegszeit überlebte Richard Weishaupt auf Grund seiner "Mischehe", zuletzt versteckt bei Verwandten. Nach Kriegsende ist er in die USA ausgewandert. Am 16. Juli 1997 ist er in New York verstorben. 
In Mörfelden-Walldorf wurden für die Familie Weishaupt in der Elisabethenstraße 6 "Stolpersteine" verlegt.   
Weitere Informationen http://www.moerfelden-walldorf.de/default.asp?action=article&ID=1790     

      

      

      

      

      

      

 

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Stand: 30. Juni 2020