Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Wiesenbronn (VG Großlangheim, Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge  
   mit Berichten zur Restaurierung des Gebäudes  2007/2010 bis 2015 
bulletFotos / Darstellungen  
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
   
In Wiesenbronn bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. Bereits 1548 werden Juden am Ort genannt. 
  
Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner zu: 1714 waren bereits acht jüdische Familien in Wiesenbronn, 1719 31 Personen. 
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1814 92 jüdische Einwohner (10,4 % von insgesamt 886 Einwohnern), 1837 160 (14,8 % von 1.080), 1867 105 (10,4 % von 1.013), 1890 80 (8,8 % von 908), 1900 52 (5,8 % von 896), 1910 44 (5,3 % von 836).  
   
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Wiesenbronn auf insgesamt 26 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Joel Nathan Klugmann (Wein- und Getreidehandel, dann Feldbau), Joseph Eißig Strauss (Schmusen), Moses Laemlein Rosenbusch (Viehhandel und Feldbau), Eißig Laemlein Rosenbusch (Viehhandel und Feldbau), Schönlein, Witwe von Nathan Klugmann (Weinhandel), Samuel Selig Seligmann (Schlachten), Löw Selig Wiesemann (Schlachten), Abraham Löw Lämmlein Lehmann (Schlachten), David Lämmlein Lehmann (Weinhandel), Jüdlein Moses Liblin (Warenhandel), Joseph Lazarus Oettinger (Papierhandel), Samson Maennlein Rosenthal (Warenhandel), Simon Veitel Bamberger (Warenhandel; möglicherweise identisch mit Simon Simcha Bamberger, d.h. Vater des späteren Würzburger Rabbiners Seligmann Bär Bamberger), Meyer Samuel Handburger (Spezereihandel), Simon Isaac Einhorn (Schmusen), Abraham Isaac Gutgewaehr (Viehhandel und Feldbau), Simon Isaac Eisenthal (Viehhandel), David Abraham Eichbronner (Viehhandel und Feldbau), Salomon Eisig Strauss (Viehhandel), Isaac Eisig Strauss (Viehhandel), Klaerla, Witwe von Salomon Weikersheim (weibliche Arbeiten), Aron Moses Roßmann (Viehhandel), Abraham Nathan Klugmann (Weinhandel und Feldbau), Simon Löw Samuel Dienstbieter (Weinhandel), Selig Wiesmann (Metzgerei, seit 1823); nicht auf der Matrikelliste Fälklein Nathan Wertheimer (jüdischer Lehrer) und Abraham Levi. 
  
Berühmtester Sohn der jüdischen Gemeinde ist der "Würzburger Raw", der in Wiesenbronn geborene Rabbiner Seligmann Bär Bamberger. Sein Geburtshaus in der Eichenstraße 1 wurde 1981 abgebrochen. Eine Gedenktafel befindet sich am Nachbargebäude mit folgender Inschrift: "Auf diesem Platz stand das Geburtshaus des 'Würzburger Raw' Seligmann Bär Bamberger. Die Gemeinde Wiesenbronn gedenkt ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger".    

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Rödelsee beigesetzt (ein altes Memorbuch wurde in der Gemeinde aufbewahrt). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). 1817 war in der Gemeinde als Lehrer Fälklein Nathan Wertheimer tätig (siehe Matrikelliste oben). In besonderer Erinnerung blieb aus dem 19. Jahrhundert Lehrer Jacob Rosenbaum, der 1897 verstorben ist und zuvor 34 Jahre lang als Lehrer der Gemeinde tätig war (siehe Bericht unten). Nur kurze Zeit in der Gemeinde war der 1909 überraschend schnell verstorbene Lehrer Emanuel Schloß (siehe Bericht unten). Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Kitzingen
  
Keine Gefallenen aus der jüdischen Gemeinde im Ersten Weltkrieg.    
  
Um 1924, als zur Gemeinde 27 Personen gehörten (3,1 % von insgesamt 882 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Wolf Eichenbrenner und Simon Münz. Damals erhielten drei Kinder der Gemeinde ihren Religionsunterricht durch Lehrer Bernstein aus Mainbernheim. 1932 war Gemeindevorsteher Hermann Sondhelm.      

1933 lebten noch 22 jüdische Personen in Wiesenbronn (2,5 % von insgesamt 866 Einwohnern). Inden folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bis 1937 verließen neun Gemeindeglieder den Ort: drei emigrierten nach Palästina, zwei in die USA, vier verzogen in andere Orte Deutschlands. Drei jüdische Einwohner verstarben noch am Ort. 1938 wurden noch neun jüdische Einwohner gezählt. Im Oktober 1938 erklärte der Verband der Bayerischen Israelitischen Gemeinden die Auflösung der Gemeinde. Beim Novemberpogrom 1938 kam es zu Misshandlungen jüdischer Einwohner. In einigen Häusern wurden die Scheiben eingeworfen. Im Stoffgeschäft Krämer wurden die Schaufenster eingeschlagen, die Ware auf die Straße geschleppt und anschließend auf einem Feld verbrannt. Auf dem Dorfplatz stellte man eine jüdisch gestaltete Puppe auf und hängte ihr ein Schild mit den Namen jener Einwohner um, die noch mit Juden geschäftlich oder privat verkehrt hatten. Zwei Juden von Wiesenbronn wurden in das KZ Dachau gebracht, wo einer von ihnen, der letzte Gemeindevorsteher Sali Heippert am 13. Dezember 1938 umgekommen ist. Zwischen Juli 1939 und September 1940 verließen weitere sechs jüdische Einwohner das Dorf. Einer konnte noch nach Palästina emigrieren, fünf zogen in andere Orte Deutschlands. Anfang Februar 1942 lebten nur noch drei jüdische Frauen in Wiesenbronn. Eine wurde am 20. März 1942 nach Kitzingen verbracht, von dort am 10. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt.  Die beiden anderen wurden über Kitzingen nach Würzburg verbracht und von dort am 24. März 1943 nach Izbica bei Lublin bzw. am 17. Juni 1943 nach Auschwitz. Beide wurden ermordet. 
  
Von den in Wiesenbronn geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Lina Gidel Altmann geb. Eisenheimer (1865), Malchen Eichenbronner (1878), Moses Eichenbronner (1881), Nathan Eichenbronner (1875), Getta Eisenheimer (1862), Simon Eisenheimer (1859), Klara Frank geb. Rosenbusch (1870), Marta Fröhlich geb. Münz (1895), Simon Fröhlich (1898), Emma Heippert geb. Klugmann (1887), Käthe Heippert (1920), Sali (Sally) Heippert (1885), Doris Hermanns geb. Rosenbusch (1869), Anna Isaacson (1880), Fanny Joseph geb. Rossmann (1881), Jeane Klugmann (1871), Joseph Klugmann (1884), Hedwig Kohn geb. Klugmann (1891), Jakob Krämer (1881), Selma Krämer geb. Fleischhauer (1893), Klara Maier geb. Strauss (1862), Meta Müller geb. Eichenbronner (1883), Jakob Münz (1888), Georg Paul (1890), Hedwig Paul geb. Münz (1893), Hilda Paul geb. Münz (1891), Leo Rosenbusch (1867), Hanna Sacki geb. Klugmann (1862), Regina Sondhelm (1876), Rosa Stein geb. Rossmann (1880).       
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  

Ausschreibungen der Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle 1900 / 1903 / 1907

Wiesenbronn Israelit 13121900.jpg (67009 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1900
"Die hiesige 
Religionslehrerstelle
erbunden mit dem Vorbeter- und Schächterdienste ist per Januar zu besetzen. Fixes Gehalt beträgt bei freier Wohnung Mark 600.--. Nebenverdienst und Einnahme aus der Schechitah betragen Mark 400.-  Seminaristisch gebildete Lehrer (verheiratete bevorzugt) belieben sofort ihre Zeugnisabschriften an den unterzeichneten Vorstand einzusenden. 
Wiesenbronn bei Kitzingen am Main, 10. Dezember (1900). 
A. Roßmann
."     
 
Wiesenbronn Israelit 19021903.jpg (41727 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1903
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schochetstelle wird per 1. März vakant.  
Fixer Gehalt: 600 Mark, Schechitah und Nebenverdienste 400 Mark, freie Wohnung mit Garten nebst Holzrecht. Reflektanten wollen alsbald ihre Zeugnisse an den unterzeichneten Kultusvorstand einsehen.   
Wiesenbronn, bei Kitzingen, 10. Februar 1903. A. Roßmann."      
 
Wiesenbronn Israelit 25041907.jpg (48516 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Dezember 1907: "Die hiesige 
Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle 
ist per 1. Mai zu besetzen. - 
Jährliches festes Gehalt 600 Mark sowie 600 Mark garantierte Nebeneinkünfte aus dem Vorbeter- und Schächterdienste.
Meldungen richte man gefälligst an den unterzeichneten Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Wiesenbronn. 
A. Rossmann
."    

  
Zum Tod des Lehrers Jacob Rosenbaum (1897)   

Wiesenbronn Israelit 16121897.jpg (125681 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Dezember 1897: "Wiesenbronn, im Kislew. Wiederum hat der Tod eine weite Lücke gerissen, nicht nur in eine Familie und in unsere Gemeinde, sondern für das ganze Judentum wird der Verlust unersetzlich sein. Unser Lehrer und Führer, der hier nahezu 34 Jahre seines Amtes mit großer Treue waltete, Herr Jacob Rosenbaum weil nicht mehr unter uns. Nachdem er noch am Sonntag unterrichtete, machte am Dienstag Nacht eine Herzlähmung seinem edlen Leben, welches nur der Tora, Aboda (Gottesdienst) und Gemilus Chasodim (Wohltätigkeit) gewidmet war, ein Ende. Mehr als 60 Jahre stand er als Lehrer, Chasan und Schochet in den jüdischen Gemeinden Germersheim, Klein-Ostheim, Gleusdorf, Rödelmaier und zuletzt hier in einer Weise vor, die ihm überall die Achtung, Liebe und Anhänglichkeit seiner Kultusmitglieder erwarb. Davon legte seine am Eref Schabbos (Freitag) stattgehabte Beerdigung den sprechendsten Beweis ab. Von nah und fern waren Freunde, Schüler und Kollegen herbeigeeilt, um dem teueren Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Vor dem Trauerhause gaben die Herren Lehrer Strauß - Kleinlangheim, Lehmann - Schonungen, Eisenheimer - Großenbuseck, Rosenbaum - Berolzheim (Sohn des Verstorbenen) und der protestantische Lehrer Zemer - Wiesenbronn, den Gefühlen des Schmerzes in ergreifenden Reden Ausdruck. Die ganze Bevölkerung Wiesenbronns, ohne Unterschied des Konfession, gab dem von Allen verehrten Dahingeschiedenen das Geleite. Auf dem Begräbnisplatze, in dem eine Stunde entfernten Rödelsee, hatten sich zahlreiche Freunde und Verehrer des Verlebten eingefunden und hier gaben Lehrer Frank - Rödelsee und Kissinger - Frankenwinheim ein treffliches Lebensbild, des als Jehudi, als Lehrer und als Mensch gleich groß dastehenden Mannes, der uns ebenso unersetzlich als unvergesslich sein wird. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

  
Zum Tod des Lehrers Emanuel Schloß (1909)      

Wiesenbronn Israelit 25111909.jpg (131866 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25.´November 1909: "Wiesenbronn (Unterfranken), 23. November (1909). Mit dem Hinscheiden unseres allverehrten Lehrers Emanuel Schloss - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - hat unsere Gemeinde einen überaus schmerzlichen Verlust erlitten. Die Beisetzung fand unter ungewöhnlich zahlreicher Beteiligung aller Schichten der Bevölkerung statt. 
In Verhinderung des zuständigen Herrn Rabbiners Adler in Kissingen wurde Herr Präparandenlehrer Klugmann aus Höchberg von der Gemeinde zur Abhaltung eines Hesped (Trauerrede) berufen. In zu Herzen gehenden Worten schilderte derselbe das verdienstvolle Wirken des für die Ideale unserer heiligen Tora und Religion begeisterten Lehrers und Erziehers, des von innigster Andacht beseelten Vorbeters, des treuen Freundes und einsichtigen Beraters der Gemeindeglieder. Herr Lehrer Rosenberger - Kleinlangheim widmete dem hochgeschätzten Kollegen Worte ehrenden Gedächtnisses, hervorhebend, dass bei der jetzigen, der Tora leider abholden Generation mehr denn je der Ausspruch unserer Weisen - seligen Andenkens - seine Berechtigung hat : 'ein Gerechter vergeht, für seine Generation ist vergangen', weshalb der Verlust des allgemein Betrauerten ein beklagenswerter sei. Mit tränenerstickter Stimme rief hierauf der Sohn des Verblichenen, Herr Lehrer Jakob Schloß - Mönchsroth, dem Vater tiefergreifende Worte kindlicher Dankbarkeit und Verehrung nach.
Auf dem Friedhof zu Rödelsee, wohin man die sterbliche Hülle des Dahingegangenen geleitete, hielt Herr Lehrer Wechsler - Aschbach einen eindrucksvollen Hesped (Trauerrede), das Leben und Wirken des Verstorbenen mit den Worten kennzeichnend: 'Gottesfurcht ist das Licht des Lebens..." Gottesfurcht war die Quelle seiner Lebensäußerungen, bildete die Motive seiner Handlungen; Gottesfurcht war sein köstliches Kleinod. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."         

  
  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Jugendliche wegen Aktion gegen Synagoge und jüdische Häuser verurteilt (1936)  
Anmerkung: zu dem vielleicht überraschenden Urteil 1936 ist anzumerken, dass die NS-Behörden keine Privataktionen duldeten, die nicht mit Parteibehörden, Gestapo usw. abgesprochen waren.

Wiesenbronn Israelit 30011936.jpg (82949 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1936: "Wegen Sachbeschädigung verurteilt. 
Frankfurt am Main, 22. Januar 1936. Die 'Main-Fränkische Zeitung' in Würzburg meldet aus Kitzingen: 
Die Judenfrage ist gesetzlich geregelt. Der Führer hat den klaren Befehl gegeben, dass Einzelaktionen gegen Juden zu unterbleiben haben. Trotzdem glauben manche immer noch, auf eigene Faust losziehen zu dürften. so fassten drei Burschen in Wiesenbronn den Entschluss, in ihrem Dorf etwas zu unternehmen. Eines Nacht klapperten die Scheiben und flogen bei vielen Juden die Fenster ein. Die drei hatten sich deswegen vor dem Amtsgericht Kitzingen wegen teils gemeinschädlicher, teils einfacher Sachbeschädigung zu verantworten. Jeder der drei Burschen wurde zu einer Geldstrafe von 60 Mark, für den Fall der Nichteinbringlichkeit zu einer Gefängnisstrafe von 20 Tagen verurteilt. Der Staatsanwalt hatte die Freiheitsstrafen beantragt. Nur dem Umstand, dass die Tat der jungen Burschen als ein unüberlegter Streich zu bewerten war, hatten sie es zu verdanken, dass sie mit einer, wenn auch empfindlichen Geldstrafe, davonkamen.     

  
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Über den aus Wiesenbronn stammenden "Würzburger Raw" - Seligmann Bär Bamberger (Artikel zu seinem Tod 1878)  
Anmerkung: es wird nur der erste Teil der Biographie bis zum Antritt der Rabbinates in Würzburg zitiert.      

Wiesenbronn AZJ 05111878.jpg (320389 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. November 1878: 
"Seeligmann Bär Bamberger. 
Wiederum ist ein Mann von hinnen geschieden, der in der Geschichte des Judentums seinen Platz einnimmt und dessen Mann neben den Persönlichkeiten, welche im Leben und in der Wissenschaft gewirkt und neue Bahnen eingeschlagen haben, mit Verehrung genannt zu werden verdient. Weithin ist die erschütternde Kunde gedrungen, dass der Distriktsrabbiner Bamberger in Würzburg am Laubhüttenfeste während des Gottesdienstes, ja, wie die Blätter meldeten, vor der geöffneten Bundeslade (= Toraschrein) plötzlich verschieden sei; ein Herzschlag machte seinem Leben ein Ende. 
Diesem würdigen Manne ein Wort der Erinnerung in dieser Zeitung zu widmen, erscheint mir, seinem ehemaligen Schüler, als eine Pflicht, als ein Akt der Pietät. 
Seligmann Bär Bamberger oder R. Jizchak Dob Halewi, unter welchem Namen er in rabbinischen Kreisen bekannte ist, wurde im Jahre 1909 in Wiesenbronn, einem Dorfe nicht weit von Würzburg, geboren. Er besuchte die im ersten Viertel dieses Jahrhunderts noch blühende Fürther Jeschiwah, wo er ganz nach nach alter Weise unter dem bekannten Wolf Hamburger dem Studium des Talmud oblag. Hamburger, dessen Lieblingsschüler er war und dessen Werke er vor der Drucklegung zuweilen kopierte, übte einen wesentlichen Einfluss auf seine spätere Denk- und Handlungsweise aus. Nach mehrjährigem Aufenthalte in Fürth kehrte er in die Heimat zurück; er begründete eine Familie und ward - Geschäftsmann. Schon damals ein tüchtiger Talmudist, widmete er in seinem frommen Eifer seine Tätigkeit mehr dem Studium als dem Geschäfte, das er seiner Frau überließ, sodass das Kapital, das er als Heiratsgut erhielt, in dem Maße abnahm, als seine Familie sich vergrößerte. Bald waren seine Mittel erschöpft und das Geschäft löste sich auf. - 
Im Jahre 1839 trat der greise Oberrabbiner Abraham Bing von seiner Stelle zurück, und das große Oberrabbinat Würzburg, zu dem noch verschiedene Ansbach'sche, Fulda'sche und andere Gemeinden gehörten, wurde gemäß Erlass des bayerischen Ministeriums in mehrere Distriktsrabbinate geteilt. Da entschloss sich Bamberger, durch die Verhältnisse gedrängt und durch seine Freunde ermuntert, als Kandidat für das Rabbinat Würzburg aufzutreten. Seine Anhänger vermochten es durchzusetzen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung, welche sich auch über deutsche Sprache und Elementargegenstände erstreckte, ihm erlassen und er als Distriktsrabbiner von Würzburg am 19. März 1840 gewählt wurde. Trotz mancher Kämpfe, welcher er namentlich in den ersten Jahren seiner Amtsführung zu bestehen hatte, erwarb er sich die Liebe und Achtung seiner Gemeinde; auch diejenigen, welche seiner Richtung nicht huldigten und ihren eigenen Weg gingen, schätzen ihn wegen seiner ungeheuchelten Frömmigkeit und seines biederen Charakters..."            


Zum Tod des aus Wiesenbronn stammenden Julius Klugmann (gest. 1921 in Nürnberg)  
 

Nuernberg Israelit 03031921.jpg (100189 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1921: "Nürnberg, 27. Februar (1921). Einen schweren Verlust hat die Adaß Jisroel in Nürnberg erlitten. Vor einigen Wochen schied Herr Julius Klugmann nach kurzem Krankenlager aus dem Leben. Mit ihm verlor die gesetzestreue Judenheit Bayerns eine Persönlichkeit, die sie in ihren besten Traditionen verkörperte. Lange Jahre Vorstandsmitglied der Adaß Jisroel, strebte er in Ehrlichkeit und Treue, in nimmermüdem Eifer mit Gleichgesinnten, die Adaß Jisroel zum Mittelpunkt echtjüdischen Lebens in Nürnberg zu machen. Er selbst verstand es in wundervoller Weise, unterstützt von einer gleichgesinnten Gattin, in die Tat umzusetzen. Den Armen ist ein Wohltäter genommen worden, der in Wahrheit Jahrzehnte ohne Aufsehen und ohne viel darüber zu sprechen, viele Tränen getrocknet, und manches Leid gelindert hat. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch wurde er, der in Wiesenbronn geboren war, bei seinen Ahnen auf dem alten ehrwürdigen Friedhof zu Rödelsee zur letzten Ruhe gebettet; Rabbiner Dr. Wohlgemuth, Kitzingen und Rabbiner Dr. Klein, Nürnberg, beklagten in tief empfundenen Worten den Heimgang des echten Jehudi und wahren Menschenfreundes. Während der Schiwa sprach im Trauerhause Rabbiner Dr. Brader, Ansbach, als langjähriger Freund des Hauses, Worte herzlichen Gedenkens. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

   
Beiträge zum 50. Todestag von Rabbiner Seligmann Bär Bamberger in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928    
- 1. Dr. Moses Auerbach (Berlin): Rabbi Seligmann Bär Bamberger - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -  
- 2. Karl Ochsenmann (Frankfurt am Main): Seligmann Bär Bamberger - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - zum 50. Todestag. Dem Förderer jüdischen Schulwesens, dem Vertreter jüdischer Volksbildung ein Gedenkblatt zur 50. Wiederkehr seines Todestages in Ehrfurcht gewidmet. 
Anmerkung: Die Beiträge wurden nicht abgeschrieben - zum Lesen bitte die Textabbildung anklicken       

Rechts: Beitrag von
 Dr. Moses Auerbach
Wiesenbronn Israelit 27091928.jpg (378006 Byte) Wiesenbronn Israelit 27091928a.jpg (614018 Byte) Wiesenbronn Israelit 27091928b.jpg (551163 Byte)
       
Rechts: Beitrag von 
Karl Ochsenmann
Wiesenbronn Israelit 27091928c.jpg (901459 Byte) Wiesenbronn Israelit 27091928d.jpg (430521 Byte) Wiesenbronn Israelit 27091928e.jpg (318309 Byte)
       

  
 Neujahrgrüße von Frau Abraham Klugmann (September 1931)  

Wiesenbronn Israelit 10091931.jpg (37276 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. September 1931: 
"Allen lieben Verwandten und Bekannten wünsche ich herzlichst 
gute Einschreibung und Besiegelung  
Frau (von) Abraham Klugmann 
Wiesenbronn
."    

   
   
Zur Geschichte der Synagoge        
    
Im 18. Jahrhundert war ein Betraum oder eine erste Synagoge vorhanden. 1718 wurde eine Synagoge im Anbau zu einem Gebäude (des "Samson Judenhaus") an der Badersgasse eingerichtet. Auf diesem Grundstück stand - nach den archäologischen Funden von 2012 - zunächst vermutlich ein mittelalterlicher Herrensitz (nach 1264 erbaut). Um 1500 wurde das mittelalterliche Gebäude abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt (vermutlich ein Wohnhaus eines Handwerkers mit Werkstatt). 1718 wurde der genannte Anbau errichtet, durch den das Haus erstmals als Synagoge genutzt wurde. 1792 wurde eine neue Synagoge auf dem Grundstück erstellt. Das Gebäude enthielt im Erdgeschoss eine Vorsängerwohnung, den Betsaal im Obergeschoss. Über 140 Jahre war dieses Gebäude Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort. 1850 wurde im Erdgeschoss auch eine Mikwe (rituelles Bad) eingebaut. 1890 wurde ein größerer Umbau vorgenommen, der Betsaal wurde dabei mit aufwendigen Schablonenmalereien gestaltet. 
    
Im Zusammenhang mit der Auflösung der jüdischen Gemeinde im Oktober 1938 wurde die Synagoge geschlossen; die Ritualien wurden nach München verbracht, darunter Silberschmuck der Torarollen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wo sie beim Novemberpogrom 1938 zerstört wurden. Das Mobiliar wurde teilweise zersägt und nach jüdischem Brauch auf dem Friedhof beigesetzt.  
 
Das Synagogengebäude kam 1939 in Privatbesitz und wurde 1950 zu einem Wohnhaus mit Zwischendecke im früheren Betsaal umgebaut. Trennwände wurden eingezogen, Fenster wurden vergrößert oder teilweise zugemauert. Erhalten blieb unter dem Dach die Originaldecke des Betraumes mit einem charakteristischen blauer Sternenhimmel. Auch als Wohnhaus blieb die frühere Synagoge ein auffallendes Gebäude am Ort. 1990 wurde an der Ostseite ein Nebengebäude neu erstellt.  
  
2005 erfolgte ein Besitzerwechsel. Vom neuen Eigentümer des Synagogengebäudes wurde seit diesem Jahr eine umfassende, aber zugleich behutsame Restaurierung und Sanierung des Gebäudes vorgenommen. Die Trennwände und die Zwischendecke wurden wieder ausgebaut, die Synagoge mit dem Betsaal in den ursprünglichen Zustand versetzt. Die Renovierungsarbeiten wurden im Sommer 2013 abgeschlossen. Bei den Arbeiten wurde auch das rituelle Tauchbad (Mikwe) freigelegt. Sie war bis oben mit Bauschutt aufgefüllt worden. Dabei wurden zahlreiche Fundstücke entdeckt. Im Sommer 2016 erfolgten im Hof der früheren Synagoge Grabungen. Im Zusammenhang mit ihnen wurden weitere Relikte des jüdischen Lebens gefunden wie die Reste eines Tora-Gehänges.    
   
Über die Restaurierung erschienen mehrfach Presseartikel:       

Frühjahr 2007: Grabungen im Keller der ehemaligen Synagoge
Wiesenbronn Synagoge 210.jpg (58835 Byte)Links: Im Frühjahr 2007 fanden Grabungen und sanierungsbegleitende Beobachtungen im Keller des Synagogengebäudes statt.  
Quelle: Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen Heyse, Website
 
Herbst 2008: Nur auf einem Nebengebäude der ehemaligen Synagoge wird eine Solaranlage installiert 
Zitate aus einem längeren Artikel in der "Main-Post" vom 11. November 2008 (Artikel): "WIESENBRONN - Sonne auf historischen Dächern
Bauherren wollen Solaranlagen – wenn sie in ein Denkmal ziehen, gibt es Probleme.
 
Reinhard Hüßner kennt sich aus mit Denkmälern. Er leitet das Kirchenburgmuseum in Mönchsondheim, und er baut sich ein historisches Gebäude zum Wohnhaus um – die alte Synagoge in Wiesenbronn (Lkr. Kitzingen). Ihm liegen auch Umweltschutz und Energiesparen am Herzen. So macht er sich bei der Sanierung seines Denkmals Gedanken, wie er Sonnenenergie nutzen kann. 
Ein verstecktes Nebengebäude darf er mit einer Solaranlage ausrüsten. Auf dem Haupthaus hat sie keine Chance. Das ist ihm klar. Dunkelblau spiegelnde Glasflächen, die moderne Technik über das Dach der Synagoge von 1792 stülpen – das würde nicht passen. 'Die roten, geschlossenen Dachlandschaften sind typisch für die fränkischen Dörfer', sagt Hüßner.
Als Winzer hat er ein Gefühl für die Landschaft. Als Volkskundler weiß er, dass Denkmäler sich wandeln und immer Zutaten bekamen, die irgendwann Mode oder neueste Technik waren, und die oft wieder verschwanden. Auch das sei zu bedenken.
...
Das meint auch Reinhard Hüßner. Die Solaranlage hat er sich zwar genehmigen lassen. Doch Vorrang hat die Wärmepumpe. Zwei 90 Meter tiefe Löcher ließ er dafür in den Hof bohren. Aus der Erde soll die Wärme für Wasser und Heizung kommen. Behutsam will er mit seinem Denkmal umgehen. Er zeigt den alten Betsaal der Synagoge mit der blauen Bemalung, erzählt von Lehmputz und Sumpfkalkmörtel für den neuen Anbau und davon, dass der Bau ein Jahr stockte, weil Hüßner im Keller fein säuberlich Relikte aus vergangenen Jahrhunderten freilegen ließ. Achtung vor Traditionen und natürlicher Umwelt gehören für ihn zusammen wie der bedachte Umgang mit Denkmälern und moderner Technik." 
   
September 2010: Die ehemalige Synagoge wird restauriert und als Wohnhaus genutzt  
Pressemitteilung im "Sonntagsblatt" vom 19. September 2010 (der Artikel von Torsten Schleicher im "Sonntagsblatt" wird nur mit den ersten Sätzen zitiert: "Wohnen unterm Sternenhimmel
Reinhard Hüßner restauriert die ehemalige Synagoge im Schwanbergdorf Wiesenbronn. 

In vielen Orten Frankens erinnern Friedhöfe und Synagogengebäude an die jüdische Vergangenheit - so auch im unterfränkischen Wiesenbronn. Reinhard Hüßner, Leiter des Mönchsondheimer Kirchenburgmuseums, leistet dort einen ganz privaten Beitrag der Erinnerungskultur: Er saniert die einstige Synagoge als künftiges Wohnhaus."  
  
Juli 2011: Auszeichnung für die Restaurierung der ehemaligen Synagoge  
Artikel von "fcn" in der "Main-Post" vom Juli 2011 (Artikel): "WIESENBRONN
25 000 Euro Preisgeld für die Sanierung der ehemaligen Synagoge 

Michaela und Reinhard Hüßner erhalten Auszeichnung von der unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks 
(fcn) Michaela und Reinhard Hüßner gehören zu den sechs Förderpreisträgern zur Erhaltung historischer Bausubstanz der unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks. Bei der Übergabe der mit jeweils 25 000 Euro dotierten Auszeichnungen lobte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel die Geehrten: 'Sie sind bereit, sich mit viel Engagement und großen finanziellen Opfern für unsere Heimat einzusetzen.'
Michaela und Reinhard Hüßner sanieren die ehemalige Synagoge in der Badergasse 4 in Wiesenbronn, erbaut 1792/93. In der Begründung der Jury heißt es: 'Ziel der Instandsetzung war neben der größtmöglichen Erhaltung der originalen Bausubstanz eine behutsame Ergänzung von ehemaligen Bauteilen und Schmuckelementen.' Der Bau eines Nebengebäudes für die Haustechnik und Sanitärräume habe Eingriffe in die historische Bausubstanz vermieden. Dennoch sei es gelungen, 'den langfristigen Erhalt des Gebäudes durch eine zeitgemäße Wohnnutzung sicherzustellen'.
'Uns ist dieser Preis sehr gelegen gekommen', freute sich Reinhard Hüßner. Auch der Landkreis Kitzingen habe das Projekt mit 3000 Euro gefördert. Er informierte die Festgäste im Gemeindehaus Kleinrinderfeld, dass es trotz umfassender Dokumentation im Verlauf der Arbeiten Überraschungen gegeben habe. 'In der Dachtraufe fanden wir Genisah, das ist historische Gebetsliteratur.' Außerdem traten Mesusa zu Tage, dabei handele es sich um früher im rechten Türpfosten angebrachte Textauszüge aus den Büchern Mose.
Hüßner präsentierte noch weitere Fundstücke – im Boden entdeckte und etwa 400 Jahre alte Vorratstöpfe, schön verzierte Kacheln aus dem 15. und 16. Jahrhundert sowie einen Pfeifenkopf aus dem 18. Jahrhundert. 'Man könnte diese Sachen einfach verschweigen und beseitigen, wir haben uns für die andere Variante entschieden.'
Der Förderpreisträger informierte, dass die Sanierung des Gebäudes noch rund ein Jahr dauern werde. Innen müssten noch Wandfassungen angebracht sowie Installationen und Sanitäranlagen eingebaut werden. Außerdem fehlt im Hof noch das Pflaster. 'Als wir im Jahr 2008 angefangen haben, wussten wir ungefähr, was auf uns zukommt', darauf wies Hüßner hin. Er betonte, dass man bei diesem Projekt alte Handwerkstechniken angewandt habe sowie viel Material aus der Umgebung – Steine, Holz und Lehm – nutzte."    
 
Mai 2012: Das Gebäude der ehemaligen Synagoge war vermutlich zunächst ein Herrensitz   
Artikel von Karina Brock im "Die Kitzinger" vom 6. Mai 2012: "Synagoge war wohl einmal ein Herrenhaus. Archäologie. Bevor die ehemalige Synagoge in Wiesenbronn zu einem jüdischen Gebetshaus wurde, war sie wahrscheinlich ein Herrensitz. Was ein bisschen Mörtel, ein Stück Holz und ein paar Steine so alles verraten können..."  
Link zum Artikel      
Artikel von Julia Haug in der "Main-Post" vom 6. Mai 2012: "Ein Adelssitz unter der Erde. Archäologischer Fund: Steinmauer in Wiesenbronn stammt aus dem 13. Jahrhundert..."  
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September 2013: Die Renovierungsarbeiten konnten abgeschlossen werden  
Artikel in der Website des "Bayerischen Rundfunks" vom 11. September 2013: "Wiesenbronn (Lkr. KT) Ehemalige Synagoge saniert
In Wiesenbronn wird am Donnerstag (12.09.13) der Abschluss der Renovierungsarbeiten an der ehemaligen Synagoge gefeiert. Das 1792 erbaute Anwesen wurde in den vergangenen acht Jahren saniert. Nun dient es als Wohnhaus.
Das Ehepaar Michaela und Reinhard Hüßner hat das Anwesen 2005 erworben und die 1792 erbaute Synagoge nach streng denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restauriert. Alle Innenräume wurden in den originalen Farben gestrichen - vor allem der imposante Betsaal, dessen Decke ein Sternenhimmel ziert. Reinhard Hüßner ist als Leiter des nur wenige Kilometer entfernten Kirchenburgmuseums Mönchsondheim Experte in Sachen alter Gebäude. Dem Bauherren war wichtig, den Charakter der ehemaligen Synagoge zu erhalten...
Altes Wissen, alte Materialien. Für die Renovierung des alten Gotteshauses wurden ausschließlich Baustoffe verwendet, die nach historischen Methoden hergestellt wurden. So hat Reinhard Hüßner vor Ort nach Lehm gegraben, um den damals üblichen Lehmmörtel herstellen zu können. Die auf historischen Überlieferungen basierenden Arbeitsmethoden setzten die Handwerker zusätzlich unter Zeitdruck: Für die Mörtelarbeiten hatten die Maurer nur zwischen April und Oktober Zeit.
Projekt mit Fördermitteln unterstützt
Der historische Betsaal im Inneren der ehemaligen Synagoge. Ursprünglich hat das Ehepaar Hüßner für das Projekt 500.000 Euro veranschlagt. Die Hüßners bekamen aber auch finanzielle Unterstützung durch das Land Bayern, den Bezirk Unterfranken sowie den Landkreis Kitzingen. 2011 erhielt das Ehepaar zum Beispiel den mit 25.000 Euro dotierten Förderpreis des Bezirks Unterfranken zum Erhalt historischer Bausubstanz. 2012 überreichte ihnen die deutsche Stiftung Denkmalschutz einen Förderbeitrag von 65.000 Euro."   
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Weitere Artikel: 
- in der "Abendzeitung München" vom 11. Oktober 2013: "Wiesbronn (Unterfranken). Wohnen in der Synagoge: Ehepaar baut jüdisches Gebäude um..."  Link zum Artikel   
- in "Spiegel online" vom 11. Oktober 2013: "Umgebaute Synagoge. Wohnen unterm Sternenhimmel..."  Link zum Artikel      
   
November 2015: Bericht über die renovierte ehemalige Synagoge 
Artikel von Barbara Herrmann in der "Main-Post" vom 4. November 2015: "Wiesenbronn. Fenster in die Vergangenheit..."
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September 2016: Eine neue Publikation zur Wiesenbronner Synagoge ist erschienen  
Artikel von Timo Lechner in der "Main-Post" vom 16. September 2016: "WIESENBRONN. Jüdische Geschichte unterm Sternenhimmel
Dass ein Mann wie Reinhard Hüßner nicht in einer Doppelhaushälfte einer Neubausiedlung wohnt, sondern in einem historischen Anwesen, das ist irgendwo konsequent. Der Leiter des Kirchenburgmuseums in Mönchsondheim hat sich mit der ehemaligen Synagoge seines Heimatortes Wiesenbronn aber nicht nur ein einstiges Gotteshaus als Domizil ausgesucht. Zusammen mit Gattin Michaela hat er in den vergangenen elf Jahren auch gleich noch eine Ausstellung im kleinen Museum eingerichtet. Am Donnerstag wurde die Begleitbroschüre, die von der Kulturstiftung des Bezirkes Unterfranken gefördert wurde, an Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel übergeben. Die Besucher können nun 'Im Schatten des Sternenhimmels' – so der Titel – in die Geschichte der ehemaligen Synagoge und der jüdischen Gemeinde in Wiesenbronn eintauchen. Ja, es gibt wirklich einen Sternenhimmel in der alten Wiesenbronner Synagoge: Dieser erstreckt sich erhaben entlang des Mansarddaches des Männerbetsaales im Obergeschoss des Gebäudes. Denkmalpfleger, Archäologen, Restauratoren, Geologen, Historiker und Volkskundler – sie alle waren während der Renovierung sowie bei bauhistorischen Untersuchungen der Synagoge eingebunden. Die Broschüre, die Hüßners Schulfreund Bernhard Ziegler vom gleichnamigen Kitzinger Atelier gestaltet hat, ist demnach kein Museumsführer, sondern soll Ergebnisse und neue Erkenntnisse dokumentieren. 'Diese Geschichte vor unserer Haustür soll Einblicke in unsere eigene Vergangenheit geben, die uns fähig macht, unsere Zukunft verantwortlich zu gestalten', sagt Hüßner. Blickfang des Hauses und der Ausstellung ist die original erhaltene Mikwe mit dem 2,8 Meter tiefen Tauchbecken, das der rituellen Reinigung diente. Sieben großformatige Tafeln beleuchten in Wort und Bild Themen wie die Baugeschichte der Synagoge, die jüdische Gemeinde Wiesenbronn oder die Biographie des in Wiesenbronn geborenen und aufgewachsenen 'Würzburger Raw' Seligmann Bär Bamberger. Den Besucher erwarten zwei Vitrinen mit archäologischen Funden seit dem Frühmittelalter. Darunter altes Kinderspielzeug wie Rasseln oder Miniaturgefäße, aber auch Töpfe, Kannen und Becher. Ausgestellt werden auch die Fundstücke aus der 'Gensiah' im Dachboden, ein Raum, in dem etwas geborgen oder verborgen wurde. Beispielsweise Gebetsliteratur, Bibeln und Bibelübersetzungen. Man erfährt nebenbei einiges über den jüdischen Doppelkalender, was in der Vergangenheit so alles auf dem Speiseplan stand und erhält eine kurze Einführung in die auch heute noch gebräuchlichen jiddischen Wörter in der Umgangssprache, wie Schlamassel, Bammel, Ramsch oder Schachern. Erwin Dotzel lobte bei der Vorstellung der Broschüre vor allem den Förderverein ehemalige Synagoge Wiesenbronn, dessen Mitglieder sich um die Ausstellung und deren Besucher kümmern wollen. Die Kitzinger Landrätin Tamara Bischof, gleichzeitig Mitglied des Bezirkstags, zeigte sich beeindruckt von der authentischen Umgebung, in der die Ausstellungsstücke gezeigt werden. Doris Frank vom Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen hatte ein Gastgeschenk mit Geschichte dabei: den eisernen Beschlag eines Opferstocks, den Reinhard Hüßners Vater einst den Kitzingern als Souvenir aus Wiesenbronn vermacht hatte und der jetzt nach einer längeren Reise wieder in die alte Heimat kam. Wie Hans-Christoph Haas, Gebietsreferent des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, in der Broschüre erläutert, ist die Wiesenbronner Synagoge bauhistorisch sehr interessant: Sie stelle einen typischen Vertreter einer fränkischen Landsynagoge dar, die mehrere Funktionen unter einem Dach vereinte und Zentrum des Gemeindelebens war. Entgegen der oftmals schmucklosen barocken Anlagen zeichne sie sich jedoch durch den offensichtlichen Gestaltungswillen des unbekannten Baumeisters aus, der in der prächtigen Südfassade seinen Höhepunkt finde. Die Ausstellung wird erstmals zur Wiesenbronner Kirchweih am Sonntag, 25. September, sowie am 23. und 30. Oktober von 10 bis 12 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Eintritt ist frei. Für 2017 wird es einen Terminkalender geben. Die Broschüre ist zum Preis von 3,50 Euro bei Reinhard Hüßner persönlich oder im Wiesenbronner Krämerladen erhältlich."
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Januar 2017 / März 2020: Rundfunk- und Fernsehberichte über die renovierte ehemalige Synagoge  
Beitrag des "Bayerischen Rundfunks" (Bayern 2) am 1. Januar 2017: "Erhalt durch Wandel. Wie die Synagoge Wiesenbronn als Wohnhaus bewahrt wird..."  
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Video in der Mediathek des "Bayerischen Rundfunks" - BR Fernsehen vom 1. März 2020:
https://www.br.de/mediathek/video/unter-unserem-himmel-01032020-leben-mit-einem-denkmal-synagogengeschichten-av:5e2882e9f995ef001abf2775  
 
Februar 2020: Über das Leben in einer ehemaligen Synagoge 
Beitrag von Gerhard Krämer in der "Main-Post" vom 27. Februar 2020: "Wiesenbronn. Filmreife Sanierung: Neues Leben in zwei alten Synagogen
In Wiesenbronn und Hüttenheim haben Familien die früheren Gotteshäuser zu Wohnhäusern saniert. Wie dies gelang und was die Bewohner damit verbinden, zeigt ein Fernsehfilm. Etliche Menschen wohnen in Denkmälern, seien es alte Häuser oder gar Türme. Wenige leben aber in einer ehemaligen Synagoge – wie die Familien Hüßner in Wiesenbronn oder Link in Hüttenheim. Andernorts dagegen dienen die ehemaligen Gotteshäuser als Lagerraum. All das sind Synagogengeschichten, die Sybille Krafft für die Fernseh-Reihe "Leben mit einem Denkmal" aufgespürt hat. Nicht mehr oft kommt es vor, dass es eine Preview gibt. Die Redaktion der Sendung 'Unter unserem Himmel' des Bayerischen Rundfunks (BR) hatte dazu in die ehemalige Synagoge in Wiesenbronn zur Familie Michaela und Reinhard Hüßner eingeladen. Im ehemaligen Betsaal, jetzt das Wohnzimmer der Familie, durften Akteure der Dokumentation und Fördermitglieder den Film vorab sehen. Kinofeeling einmal anders, nicht mit Popcorn und Cola, sondern mit Bratwürsten und Wein. 'Es war eine wunderschöne Zeit während der Dreharbeiten', schwärmt Reinhard Hüßner, der sich mit seiner Frau Michaela freute, Gastgeber sein zu dürfen. Für Sybille Krafft hätte es keinen kongenialeren Ort für das Preview geben können. 'Es ist notwendiger denn je, dass wir auf dieses kulturelle Erbe aufmerksam machen', sagt sie mit Blick auf aktuelle Geschehnisse. 'Diesen Schatz einfach zu bewahren und sorgsam damit umzugehen in der derzeitigen Situation, ist da das Beste.'
Nach dem Kauf des Gebäudes ging es ans Ausräumen. Im April 2005 hat Reinhard Hüßner das Plakat 'Zu verkaufen' an der ehemaligen Synagoge gesehen. 'Da haben wir zugeschlagen', erzählt er. Das Gebäude war im Prinzip bezugsfertig, doch sofort eingezogen ist Familie Hüßner nicht. 'Wir haben erst einmal ausgeräumt.'
'Wir haben versucht, das Ursprüngliche zu rekonstruieren.' Michaela Hüßner über die Sanierung der früheren Synagoge in Wiesenbronn
Denkmalpfleger, Archäologen, Restauratoren, Geologen, Historiker und Volkskundler waren dann neben Architekten und Handwerkern die Begleiter für die folgenden Jahre. Interessantes kam zum Vorschein. Fast lückenlos konnte die Bau- und Renovierungsgeschichte rekonstruiert werden. An einer Decke im Erdgeschoss fand der Restaurator zum Beispiel 63 Farbanstriche, verteilt auf 130 Jahre. Das rituelle Reinigungsbad, die Mikwe, wurde freigelegt, der Betsaal im Obergeschoss mit Mansarddach ist ja mit seiner letzten Ausmalung weitestgehend erhalten geblieben und wurde sorgfältig rekonstruiert und konserviert. Jetzt verbringen die Hüßners Abende im Wohnzimmer unterm Sternenhimmel.
'Wir haben all das selber gemacht, wozu man nicht unbedingt Fachleute brauchte', erzählt Michaela Hüßner. Außen klopften sie Putz ab und sie hatte sich sogar Zahnarztwerkzeug beschafft, um den Zement aus den Fugen zu kratzen. 'Wir haben versucht, das Ursprüngliche zu rekonstruieren.' Jede freie Minute habe man mit dem Gebäude verbracht. Wie viel Zeit das insgesamt war, das weiß sie nicht. 'Man rechnet da nicht nach', meint sie. Zehn Jahre lang sanierten die beiden nach allen Regeln der Denkmalkunst das Gebäude. Eine Zeit, in der auch das Gebäude selbst mit den Bauherren etwas gemacht hat: 'Man fühlt sich daheim. Zehn Jahre haben wir mit dem Haus gearbeitet, da fühlt man sich angekommen', erklärt Michaela Hüßner. Ihr Mann Reinhard fühlt sich in dem historischen Gebäude ebenfalls wohl. Es habe Geschichte und irgendwie eine Aura. Das Spannende sei auch die Einbindung in die Dorfgeschichte. Bei diesem Gebäude habe man nicht nur normale Jahreszahlen oder Wände, 'man kann auch die Menschen spüren, die dort gelebt und gearbeitet haben, gelitten und gefeiert haben'. Das ist 'das Fleisch eigentlich, was die Geschichte ausmacht'.
Ähnlich geht es der Familie von Andrea und Günter Link aus Hüttenheim. Günter Link, selbst Schreiner, hat auch zu den Hüßners eine Beziehung, denn er fertigte das Holzgeländer auf der Frauenempore des Betsaals. Als die Links die ehemalige Synagoge mit Vorsängerhaus gekauft haben, war das lange leerstehende Gebäude eigentlich eine Bauruine. Mit viel eigener Arbeit haben sie es saniert. Die Umwandlung von einem ehemaligen Gotteshaus in ein Wohnhaus sei anfangs schon etwas holprig gewesen. Doch nachdem die Israelitische Kultusgemeinde grünes Licht gegeben hatte, zog auch das Denkmalschutzamt mit, mit dem sie, wie die Hüßners in Wiesenbronn, auch beste Erfahrungen gemacht hätten.
Nachfahren jüdischer Bürger kommen zu Besuch. Und sie genießen das Wohnen in dem Gebäude mit einem sehr hohen Raum. 'Dem Ort seine Würde lassen und mit ihm leben', beschreibt es Günter Link. Es lebe sich hier anders als in einem Haus, in dem noch nie Menschen gelebt haben. Man habe auch Respekt davor, ergänzt Andrea Link. Besuch bekomme man von Nachfahren ehemaliger jüdischer Bürger in Hüttenheim. Das gebe einen ganz anderen Austausch mit Religion. Es sei sehr spannend, in einem geschichtsträchtigen Haus zu wohnen.
Sendetermin. Am Sonntag, 1. März, läuft um 19.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen in der Reihe 'Unter unserem Himmel' die Sendung mit dem Titel 'Leben im Denkmal: Synagogengeschichten'.
Es werden sechs Beispiele vorgestellt, wie ehemalige Synagogen in Franken heute genutzt werden, darunter neben Wiesenbronn und Hüttenheim zwei weitere, wo Menschen gerade dabei sind, eine Sanierung zu planen, die älteste noch genutzte Synagoge in Bayreuth und die ehemalige Synagoge in Uehlfeld, die ein Taxifahrer als Lager für Flipper-Automaten nutzt, die nach seinen Angaben überwiegend aus jüdischen Firmen stammen." 
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Hinweis des Webmasters nach Kontakt mit dem Eigentümer des Gebäudes der ehemaligen Synagoge (Reinhard Hüßner):  Der ehemalige Betsaal steht für Besichtigungen nicht zur Verfügung. Seit Frühjahr 2014 können die ehemalige Mikwe im Erdgeschoss und ein kleiner Ausstellungsraum zweimal im Monat besichtigt werden.   
 

  
Adresse/Standort der Synagoge:   zwischen Kleinlangheimer Straße und Badersgasse (Nr. 4) 
  
  
Fotos   

Das Gebäude 
der ehemaligen Synagoge 
vor der Renovierung 
Wiesenbronn Synagoge 197.jpg (33942 Byte) Wiesenbronn Synagoge 198.jpg (62679 Byte)
    Die beiden Fotos wurden 2004 erstellt 
(Fotos von Jürgen Hanke, Kronach, www.synagogen.info
     
Hinweistafel am Platz des
 Geburtshauses von 
Rabbiner Seligmann Bär Bamberger
(Parkplatz neben dem "Schwarzen Adler" 
an der Eichstraße 1) 
Wiesenbronn Schneckenweg 010.jpg (114372 Byte)
  Text der Hinweistafel: "Auf diesem Platz stand das Geburtshaus des 'Würzburger Rav' 
Seligmann Bär Bamberger. Die Gemeinde Wiesenbronn gedenkt ihrer ehemaligen
 jüdischen Mitbürger"; das Geburtshaus von Bamberger wurde 1981 abgebrochen  
       
Nach der sorgfältigen Renovierung: 
das Gebäude der ehemaligen Synagoge 
im November 2011 bzw. im
September 2013 

(Fotos: Reinhard Hüßner) 
Wiesenbronn Synagoge 11011a.jpg (51931 Byte) Wiesenbronn Synagoge 11010a.jpg (78047 Byte)
    Außenansicht nach 
abgeschlossener Renovierung 
Innenansicht des ehemaligen
 Betsaales mit Schablonenmalereien
 aus der Zeit um 1890 
  
  Das Foto oben in hoher Auflösung  Das Foto oben in hoher Auflösung 
     
Wiesenbronn Synagoge 210.jpg (216198 Byte) Wiesenbronn Synagoge 211.jpg (177227 Byte) Wiesenbronn Synagoge 212.jpg (264081 Byte)
Fotos oben nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten im September 2013: die ehemalige Synagoge als Wohnhaus  

    
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Februar 2016: Veranstaltung zur Erinnerung an Rabbiner Seligmann Bär Bamberger und seine Familie        
Artikel von Timo Lechner in "Die Kitzinger" (infranken.de) vom 25. Februar 2016: "WIESENBRONN. Erinnerung an besonderen Sohn des Dorfes
Wiesenbronn ist für seinen Wein bekannt. Doch die 1000-Seelen-Gemeinde im Steigerwaldvorland hat auch einen berühmten Sohn hervorgebracht: Seligmann Bär Bamberger.

Wiesenbronn ist landläufig für seinen Wein bekannt. Doch die 1000-Seelen-Gemeinde im Steigerwaldvorland hat auch einen berühmten Sohn hervorgebracht: Seligmann Bär Bamberger, auch als 'Würzburger Rav' bekannt. Der jüdische Geistliche wurde 1807 geboren und wurde weit über die Grenzen seines Heimatdorfes, vor allem als Initiator jüdischer Bildungseinrichtungen in Würzburg, bekannt. Ihm galt am Mittwoch ein Erinnerungsabend, zu dem Michaela und Reinhard Hüßner geladen hatten und der spannende Einblicke in das fränkische Landjudentum brachte. Leben im Baudenkmal? Davon gibt es mehrere Beispiele. Leben aber im Museum, das zugleich noch eine Synagoge ist, das gibt's wohl nur einmal. Für Michaela und Reinhard Hüßner aus Wiesenbronn ist das jedoch mittlerweile eine ganz normale Angelegenheit. Vor elf Jahren begannen sie, die ehemalige Synagoge des Ortes herzurichten. Wohnhaus und Ausstellungsort zugleich sollten entstehen. Nachdem das Projekt nun abgeschlossen ist, wollten die Hüßners mit einer Besichtigung für geladene Gäste und einer anschließenden Vortragsreihe im Gasthof Schwarzer Adler Seligmann Bär Bamberger würdigen, der ein beispielhafter Vertreter seiner Zunft und ein Mittler zwischen orthodoxer und liberaler jüdischer Lehre war, wie Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden erläuterte. Schuster beschrieb die Weltoffenheit Bambergers, mit der er fortschrittliche Töne in das jüdische Leben im Alltag brachte. Die heutige Würzburger Gemeinde sowie Shalom Europa, das jüdische Gemeinde- und Kulturzentrum in Würzburg, sei ohne ihn nicht denkbar. Schuster stilisierte den Rabbiner auch als Person, an der man sich in der aktuellen Debatte im Umgang mit Immigranten ein Beispiel nehmen könne. So wäre Bamberger heute für Menschenrechte und Gleichheit eingestanden. Aktuell müsse man bedenken, dass Menschen nach Deutschland kommen, die von Kindesbeinen an eine ablehnende Haltung gegenüber dem Judentum eingetrichtert bekommen hätten. Auch der Regierungspräsident von Unterfranken, Paul Beinhofer, sah Anlass für kritische Töne: Wer nach Deutschland komme, müsse die Werteordnung einer jüdisch-christlichen Tradition als 'Hausordnung' anerkennen. Das Landjudentum habe Franken entscheidend mitgeprägt, die Weltoffenheit Bambergers sei beispielhaft, so der Vorsitzende des Kuratoriums von Shalom Europa. Sein Stellvertreter, Albrecht Fürst zu Castell-Castell, lobte die Zielstrebigkeit der Hüßners, ebenso wie Bezirksheimatpfleger Professor Klaus Reder, der von seinen ersten Berührungspunkten mit der jüdischen Geschichte auf dem Land erzählte, die er bereits in seiner Studentenzeit hatte. Auch der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Michael Glos berichtete von persönlichen Erfahrungen mit dem Umgang und den Wandel einer Erinnerungskultur zum Judentum. Der Historiker Dr. Roland Flade, der mehrere Publikationen zu jüdischen Lebensgeschichten veröffentlicht hat, referierte über das Leben und Wirken von Seligmann Bär Bamberger als Distriktsrabbiner in Würzburg. Besonders hob er dessen Spannungsfeld als 'Unstudierter' unter den Gelehrten seiner Zeit hervor und beschrieb den gebürtigen Wiesenbronner als einen Mann des Ausgleichs, der durch die Gründung der Israelitischen Erziehungs- und Unterrichtsanstalt (1856) und die Israelitische Lehrerbildungsanstalt (1864) auch die Bildung aktiv vorangetrieben hat. Der Gastgeber Reinhard Hüßner dokumentierte die Familiengeschichte Bambergers, dessen Geburtshaus mit der Nummer 72 vor einigen Jahren abgerissen wurde. Ohne die Aufzeichnungen von Sohn Nathan Bamberger wäre das Wissen um den Rabbiner wohl weitgehend verloren gegangen. Die Spurensuche in Wiesenbronn geriet ebenso informativ wie unterhaltsam. Musikalisch gestaltet wurde der Erinnerungsabend vom Veitshöchheimer Quartett Schmitts Katze, das jiddische Lieder und Klezmer spielte. Wann und wie oft die Ausstellung in der Wiesenbronner Synagoge zu sehen wird, soll in den kommenden Wochen entschieden werden."  
Link zum Artikel  

      
     

Links und Literatur   

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Wiesenbronn   
bulletWikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_(Wiesenbronn)     

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 428-429.  
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 127-128;  1992² S. 137.   
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 470-471. 
bulletAvraham Malthête: Bamberger Circumcisions.  Online eingestellt
In diesem Beitrag werden Eintragungen von Beschneidungen aus der Familie Bamberger in Wiesenbronn zusammengestellt. Diese Beschneidungen nahm der Mohel Ascher Blumenthal aus Altenschönbach vor.    
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 179-180. 
bulletFranken Obpf Lit 010.jpg (75915 Byte)Hans-Peter Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Wiesenbronn S. 148-151. 
bulletReinhard Hüßner: "Ist die Synagoge ohnehin baufällig und nur mittelst Klammern und Rügeln zusammengebunden". Zur Baugeschichte der Wiesenbronner Synagoge. In: Jahrbuch für den Landkreis Kitzingen 2009. Dettelbach 209. S. 239-254.    

    
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Wiesenbronn  Lower Franconia. Jews are first mentioned in 1548 and a community is known from the 17th century. A synagogue was built in the late 18th century. R. Seligmann Baer Bamberger ('the Wuerzburger Rav'), founder of the Wuerzburg teachers seminary and chief rabbi of the Wuerzburg region in 1840-70, was born in Wiesenbronn in 1807 and founded a yeshiva there. The Jewish population reached 160 in 1837 (total 1.080) and then declined steadily to 22 in 1933. Nine left in 1933-38 and another six in 1939-40 in the wake of the Kristallnacht riots (9-10 November 1938). Three remaining women were reported to Izbica in the Lublin district (Poland) and the Theresienstadt ghetto in 1942.
    
     

                   
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Stand: 15. Oktober 2013