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Wetteraukreis"
Assenheim (Gemeinde
Niddatal) mit Bruchenbrücken (Stadt Friedberg) (Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
Hinweis: es kann in Einzelfällen zu Verwechslungen kommen mit den wenigen, im
pfälzischen Assenheim lebenden jüdischen Personen: bis zur zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts bestand eine Kultusgemeinde Alsheim-Rödersheim (so 1869
genannt) bzw. nach dem "Statistischen Handbuch des Deutsch-Israelitischen
Gemeindebundes" von 1869 eine Israelitische Kultusgemeinde Alsheim (nicht
zu verwechseln mit Alsheim heute VG Eich) zu
der in Alsheim 15, in Assenheim 10, in Rödersheim 33 und in Schauernheim
16 jüdische Einwohner gehörten. Das pfälzische Assenheim ist heute Teil der
Kommune Hochdorf-Assenheim.
Im hessischen Assenheim (1275 als Stadt genannt) bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42.
Bereits im Mittelalter lebten Juden in der Stadt. In der zweiten Hälfte
des 13. Jahrhunderts sind erstmals Juden nachweisbar. 1277 versetzte
Rudolf von Habsburg dem Ulrich I. von Hanau die Steuer der Juden zu Assenheim,
Münzenberg und Nidda für 300 Mark Kölner Pfennige, zahlbar in Jahresraten von
30 Mark. Die Assenheimer Judensteuer betrug 1278 14 Mark Aachener Pfennige.
König Albrecht I. bestimmte im Juli 1306, dass die Steuer der Juden in den
Orten Münzenberg, Assenheim und Königstein je zur Hälfte ihm und den Grafen
von Falkenstein zufallen sollte. Namentlich werden aus Assenheim die Juden
Lypmann und Rechelin genannt, die 1341 und 1348 finanzielle
Transaktionen in die Frankfurter Gerichtsbücher eintragen ließen. Bei der Verfolgung
in der Pestzeit 1348/49 wurden die Juden der Stadt ermordet. 1351
sprach Ulrich III. von den "vergangenen" Juden, als er sich aufs neue
mit den Juden zu Assenheim und mehreren anderen hessischen Orten belehnen ließ.
Erst nach der Verfolgung in der Pestzeit werden ein "Judenhoff"
und "judenhuser" genannt (1355/1360/1375), die sich damals
nicht mehr in jüdischem Besitz befanden.
Zwischen 1373 und Anfang des 16. Jahrhunderts waren jüdische Personen /
Familien in der Stadt in unterschiedlicher Anzahl ansässig. Sie waren als
Geldverleiher tätig. 1418 wurden die Assenheimer Juden von König Sigmund mit 5
Gulden zu einer Judensteuer des Reiches herangezogen. 1511 forderte die
Herrschaft Hanau eine Judensteuer. Von einer Vertreibung der Juden aus der Stadt
ist nichts bekannt.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17./18.
Jahrhundert zurück. 1670 wurden 20 jüdische Einwohner gezählt. In Bruchenbrücken
werden 1691 Juden erwähnt. Bis ca. 1724 bildeten die Assenheimer Juden
gemeinsam mit denen aus Nieder-Wöllstadt eine Gemeinde. Mitte des 18.
Jahrhunderts zogen einige Familien aus Böhmen (Verfolgungen unter Maria
Theresia) zu (vgl. Familiennamen Reichenberg und Rappolt).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Assenheim 1828 37 jüdische Einwohner, 1861 87 (9,2 % von
insgesamt 942 Einwohnern), 1871 96, 1880 72 (7,0 % von insgesamt 1.033), 1895 52
(in zehn Familien), 1900 50
(5,1 % von 970), 1910 35 (3,5 % von 1.132); in Bruchenbrücken 1830 26,
1898 16 jüdische Einwohner.
Die jüdischen Einwohner lebten vor allem vom Handel mit Manufakturwaren. Es gab
auch jüdische Viehhändler und Metzger. An beiden Orten waren die jüdischen
Einwohner völlig in das allgemeine Leben des Ortes (auch in das Vereinsleben)
integriert, wie u.a. im Bericht zum Geburtstag von Lehrer J. Ehrmann (1881,
siehe unten) deutlich wird, der auch Dirigent des örtlichen Gesangvereins
"Frohsinn" war. Von den jüdischen Vereinen ist vor allem zu erwähnen:
ein Krankenverein (1895 unter Vorsitz der Herren Zinsheimer und Reichenberg).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An Lehrern werden u.a.
genannt: Mendel Kaufmann (um 1870), J. Ehrmann (ab 1871 bis nach 1881), Bernhard Wunsch (1884 - 1893, weitere
Informationen zu ihm und seiner Familie in der
Seite zu Sandhausen), Leopold Stein (1897/98, gest.
1899 (unterrichtete 1895 5 Kinder der Gemeinde), Grab im jüdischen Friedhof Assenheim), Jsaak Markus (von
1899 bis 1929, danach in Groß-Karben;
geb. 1872 in Nowgorod; nach Novemberpogrom 1938 nach Frankfurt geflüchtet und
über England in die USA emigriert). Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Provinzialrabbinat in
Gießen.
Von den Gemeindevorstehern vom Ende des 19. Jahrhunderts sind bekannt:
1892 L. Isenburger, 1894 M. Haas, J. Grünebaum, L. Spier, 1895 L. Liebmann.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Salomon (Sally)
Goldschmidt (geb. 10.2.1887 in Nieder-Mockstadt, später in Assenheim wohnhaft,
gef. 12.5.1915).
Um 1924, als zur Gemeinde 26 Personen in Assenheim gehörten (2,1 % von
insgesamt 1.244 Einwohnern, dazu 14 in Bruchenbrücken), waren die Gemeindevorsteher
Leopold Reichenberg und L. Schmitz (beide aus Assenheim) sowie Louis Reichenberg
(Bruchenbrücken). Lehrer J. Markus, der damals sechs Kinder der Gemeinde in
Religion zu unterrichten hatte, erteilte den Religionsunterricht auch in umliegenden
Orten, u.a. in Altenstadt, Höchst
an der Nidder und Marköbel. 1932 waren
die Gemeindevorsteher: Siegmund Schnitzler (1. Vors., Assenheim), Max
Reichenberg (2. Vors., Bruchenbrücken) und Max Frank (3. Vors.,
Bruchenbrücken). Inzwischen gehörten auch die in Bönstadt noch lebenden
jüdischen Personen (1932: 9) zur jüdischen Gemeinde Assenheim.
1933 lebten noch 21 jüdische Personen in der Stadt (1,7 % von 1.216
Einwohnern, in 12 Familien). In
den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Nach den Ereignissen beim Novemberpogrom
1938 waren nur noch neun jüdische Personen in der Stadt. Damals ist die
Synagoge verwüstet worden (s.u.). Eine größere Menschenmenge, aufgestachelt
durch den NSDAP-Ortsgruppenleiter, überfiel das Haus des Viehhändlers Hermann
Liebmann und seiner Frau Jeanette geb. Reichenberg (beides ältere Leute) und
zerstörte darin das gesamte Inventar. Jeanette Liebmann wurde mit Steinen
beworfen und schwer verletzt; Hermann Liebmann wurde unter Stockschlägen die
Landstraße entlang zur Nidda gejagt, wo er blutüberströmt zusammenbrach. Die
jüdischen Männer, unter ihnen Max und Heinz Liebmann, Sohn und Enkel von
Hermann Liebmann wurden vier Tage und Nächte ohne Wasser und Brot im Rathaus
festgehalten und danach in das KZ Buchenwald verschleppt. Bis auf zwei wurden
die letzten jüdischen Einwohner im Frühjahr 1942 von Assenheim aus deportiert
(vier Personen). Am Ort bleiben konnten zunächst die mit nichtjüdischen
Partnern verheirateten Max Liebmann und Benno Schmitz. Sie mussten Zwangsarbeit
leisten und wurden noch 1943 (Benno Schmitz) beziehungsweise im Februar 1945
(Max Liebmann) in das KZ Theresienstadt eingewiesen, haben jedoch
überlebt.
Von den in Assenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):´Martha Adler geb. Buxbaum
(1902), Emma Berenz geb. Weisbecker (1890), Gustav Louis Berenz (1893), Ilse
Berenz (1922), Meta Blumenthal geb. Zinsheimer (1896), Max Buxbaum (1895), Berta
Grünebaum geb. Ladenburg (1885), Berthold Grünebaum (1877), Dora Grünebaum
(1912), Sally Isenburger (1872), Hermann Liebmann (1865), Alice Löwenthal geb.
Schnitzler (1908), Frieda Marx (1865), Frieda Mayer geb. Buxbaum (1897), Rosa
Nessenberger (1877), Isidor Reichenberg (1877), Klara Schmitz geb. Liebmann
(1878), Sally Simon (1889), Selma Stiefel geb. Haas (1876), Clothilde Weiler
geb. Haas (1872), Ida Wollisch geb. Kahn (1874), Hilda Wunsch
(1884).
Aus Bruchenbrücken sind umgekommen: Hugo Frank (1910), Adele Kahn geb.
Reichenberg (1891), Paula Mayer (1933), Aron Adolf Reichenberg (1867), Moritz
Reichenberg (1878), Sally Reichenberg
(1886).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1857 /
1871 / 1893 / 1910 (Aushilfs-Vorbeter)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Januar 1857:
"Konkurrenzeröffnung.
Die Lehrer- und Vorsänger-Stelle bei der israelitischen Gemeinde
Assenheim mit Bruchenbrücken ist vakant und sogleich zu besetzen.
Der Gehalt ist jährlich 150 Gulden fixe Besoldung und freie
Wohnung.
Außerdem aber können noch ca. 80 Gulden verdient werden, wenn der Lehrer
zugleich Schächter ist, welche Stelle mit vergeben wird.
Konkurrenzfähige Bewerber haben unter Vorlage ihrer Zeugnisse sich bei
dem unterzeichneten Vorstand in Assenheim portofrei zu
melden.
Assenheim im Großherzogtum Hessen, in der Wetterau, den 29. Dezember
1856.
Der israelitische Vorstand. Jacob Simon." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1871:
"In der israelitischen Gemeinde Assenheim (Großherzogtum Hessen) ist
die Stelle eines Vorsängers und Lehrers vakant. Fixer Gehalt 300 Gulden
nebst freier Wohnung und Heizung. Nebenakzidenzien 100 Gulden, wenn
derselbe Schächter ist.
Die Stelle kann schon anfangs Mai besetzt werden. Der Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1893:
"Vakanz.
Die Religionslehrer, Chasan- (Vorbeter-) und Schochet-Stelle
der Gemeinde Assenheim mit Bruchenbrücken in der Wetterau soll bis zum 1.
September dieses Jahres besetzt werden. Gehalt 600 Mark pro Jahr nebst
schöner, freier Wohnung mit Garten, Erträgnissen aus der Schechita und
sonstige Nebeneinkommen.
Meldungen mit Zeugnisabschriften innerhalb 8 Tagen erbittet Lehrer Wunsch,
Assenheim in der Wetterau." |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Juli 1910:
"Für die Gemeinde Assenheim wird ein tüchtiger Vorbeter zur
Aushilfe für Jomkippur gesucht.
Offerten mit Preisangabe. L. Spier, Bruchenbrücken bei
Friedberg." |
Geburtstag von Lehrer J. Ehrmann (1881)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1991: "Assenheim,
27. September (1881). Am Dienstag, den 27. September feierte der hiesige
israelitische Lehrer, J. Ehrmann, gleichzeitig Dirigent des dahier
bestehenden Gesangvereins 'Frohsinn', seinen Geburtstag. Abends brachte
demselben der Gesangverein ein solennes Ständchen mit Lampions, und
überreicht der Präsident unter einer sehr gelungenen Ansprache dem
Lehrer Ehrmann einen prachtvollen Sessel mit
Schlummerrolle.
Gewiss ein Zeichen der Anerkennung seitens des Vereins und besonders in
der jetzigen Zeit, wo fast überall das Rischuß (gemeint:
Antisemitismus) herrscht, während hier - Gott sei Dank - Alles in
Freundschaft und Einigkeit zusammenlebt." |
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Website
des Gesangvereins "Frohsinn 1845 Assenheim e.V.", der bis
heute besteht. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf von Lehrer L. Stein (1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1898: "Teure
Glaubensbrüder!
Ein wahrhaft frommer Jehudi, der sich sein Leben lang und seine zahlreiche
Familie durch einen kleinen Hausierhandel kümmerlich, aber ehrenhaft
ernährt, ist plötzlich den Seinigen entrissen worden und sein Tod wird
von einer leidenden, älteren, verlassenen Witwe sowie fünf unversorgten
Kindern betrauert. Vermögen ist nicht das geringste vorhanden und
alte Schulden müssen und sollen bezahlt werden. Den Unglücklichen würde
das Schlimmste bevorstehen, wenn sich gute Menschen nicht ihrer erbarmen.
Daher wende mich bittend an die verehrlichen Leser und Leserinnen dieser
Zeitung, diese hart geschlagene Witwe nebst Kindern nach Kräften
unterstützen zu helfen. Etwaige milde Gaben wolle man gefälligst an die
Geschäftsstele dieses Blattes unter 4960 (wo auch die Adresse der Familie
zu erfahren ist), oder auch an den Unterzeichneten einsenden.
L. Stein, Lehrer, Assenheim." |
Schilderung der Gemeinde unter Lehrer J. Markus und
Mitteilung des Todes von Frau Buchsbaum (1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar 1900: "Assenheim,
28. Dezember (1899). Den Lesern des 'Israelit' dürfte es nicht
uninteressant sein, zu erfahren, dass sämtliche Mitglieder der hiesigen
jüdischen Gemeinde trotz ihres schweren Kampfes ums Dasein, die meisten
beschäftigen sich mit dem Manufakturhandel, streng den Sabbat feiern, was
gegenwärtig leider zu den Seltenheiten gehört. Was mich noch besonders
überrascht, ist die Liebe zu unserer heiligen Tora, welche hier herrscht.
Täglich versammeln sich die Herren eine Stunde vor Maariv
(Abendgebet) im Hause ihres Lehrers, Herr J. Markus, um von ihm dort
vorgetragene Abschnitte aus dem Schulchan aruch und anderen Seforim
(Bücher) mit der größten Aufmerksamkeit zu lauschen. Herr Markus ist Zögling
des Kölner Seminars und ein guter Talmudist, und versteht es, seine
Zuhörer zu fesseln und sie für unsere Emunah (Wahrheit, hier
gemeint: jüdische Religion) zu begeistern. Möge dieses Verfahren des
Herrn Markus überall Nachahmung finden.
In der vorigen Woche ist hier Frau Buchsbaum im Alter von 81 Jahren
gestorben. Sie war eine wirkliche Esches chajil (wackere Frau) und
wurde allgemein die Fromme genannt. So kam es auch, dass nicht allein die
Glaubensgenossen, sondern auch sehr viele Nichtjuden von dem Städtchen
und seiner Umgebung herbeieilten, um der Verblichenen die letzte Ehre zu
erweisen. Die warmen Worte, welche Herr Markus ihr nachsagte, drangen tief
ins Herz, sodass alle Anwesenden innigst gerührt wurden. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Allgemeine Gemeindebeschreibung (1936!)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
August 1936 S. 437: "Assenheim. Altes Städtchen von 1200
Einwohnern, darunter 6 jüdischen Familien. Juden wohnen hier schon 1278,
werden von Rudolf von Habsburg 1351 an Ulrich von Haynow (Hanau)
verpfändet. 1495 wird der Jude Wolf von Assenheim (Assernin) genannt.
Eine Gemeinde besteht wohl bald nach dem 30-jährigen Krieg, hat 1670: 20
Seelen. Um 1900 sinds über 50, vor dem Weltkrieg 35 Seelen, zu denen noch
die Juden von Bruchenbrücken gehören. Heute noch 6 Familien. Der
langjährige Religionslehrer wohnt nun in dem zentraler gelegenen
Groß-Karben. Alte kleine Synagoge. - Schönes Schloss der Grafen von
Solms-Rödelheim. - Von Assenheim in 6 Minuten Bahnfahrt nach Friedberg
in Hessen." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Frau Süschen Hirsch (1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1872: "Nekrolog.
Wetterau. Am 13. dieses Monats wurde unsere Gegend durch eine
erschütternde Trauerkunde in die schmerzlichste Aufregung versetzt. Die
allverehrte Frau Süschen Hirsch, Gattin des Herrn S. Hirsch von
Assenheim, wurde uns, noch in den vierziger Jahren stehend, plötzlich
entrissen.
Dieser Verlust traf nicht bloß den trauernden Gatten, dem sie eine treue
Gefährtin durch alle Wege des Lebens gewesen, und ihre Tochter, der sie
eine zärtliche Mutter, sondern die ganze Familie, der sie eine
aufopfernde Freundin war.
Die Tugenden und Vorzüge der Verblichenen hier zu schildern ist nicht
möglich. Was aber besonders hervorgehoben zu werden verdient ist ihre
echte Religiosität und ihre unbegrenzte Wohltätigkeit. Wie das Haus
ihres Gatten, das wirklich (so gastfreundlich) wie das Haus unseres
Vaters Abraham ist, so war sie auch im vollen Sinne des Wortes eine
Mutter und Helferin der Armen.
Möge der Allgütige den tiefgebeugten Gatten, die trauernde Tochter und
der schmerzlich bewegten Familie lindernden Balsam in die blutenden Herzen
träufeln, der Verklärten aber in jenen lichten Höhen den reichsten Lohn
zuteil werden lassen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. K.M. in B." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März 1872: "Nekrolog.
Assenheim, 4. März (1872). Donnerstag, 14. Februar fand unter allgemeiner
Beteiligung das Leichenbegängnis der seligen Frau Süßchen Hirsch, von
deren zu frühem Hinscheiden in Nr. 9 dieses Blattes berichtet worden,
statt. Nciht allein fast sämtliche Israeliten der gesamten Umgegend,
sondern auch sehr viele Christen, unter ihnen die beiden Geistlichen und
die beiden christlichen Schullehrer - an hiesigem Orte das erste derartige
Vorkommnis - hatten sich dazu eingefunden. Auf allen Gesichtern malte sich
der innigste Schmerz und die tiefste Trauer. Die Dahingeschiedene war eine
Mutter der Waisen, eine Trösterin der Unglücklichen, eine Wohltäterin
der Armen. - Herr Rabbiner Dr. Levi von Gießen hielt die
Leichenrede und gab der Trauer der Anwesenden den angemessenen Ausdruck. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
25-jähriges Vorstandsjubiläum von Liebmann Spier (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1908: "Assenheim,
30. November (1908). Vergangenen Freitag feierte Herr Spier sein
25-jähriges Vorstandsjubiläum des Israelitischen Gemeinden Assenheim und
Bruchenbrücken. Aus diesem Anlass wurde dem um seine Gemeinden sehr
verdienstvollen Herrn Spier ein künstlerisches Ehrendiplom überreicht.
Abends fand ein Festessen statt." |
Auszeichnung für den Vorsteher der jüdischen Gemeinde
Liebmann Stier (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 29. November 1912: "Darmstadt. Liebmann Spier,
1. Vorsteher der israelitischen Religionsgemeinde
Assenheim-Bruchenbrücken und Meier Sternfels I., 1. Vorsteher der
israelitischen Religionsgemeinde Erfelden,
erhielten das Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift 'Für langjährige
treue Dienste' am Bande des Verdienstordens. |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeige von Salomon Simon (1891)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1891: "Ich
suche für meine Tochter, 16 Jahre alt, sehr kräftig, in allen
häuslichen Arbeiten, sowie im Nähen sehr tüchtig, passende Stelle in
einem besseren Hause. Es wird weniger auf hohen Lohn, als auf familiäre
Behandlung gesehen.
Offerten sind zu richten an Salomon Simon, Assenheim in der
Wetterau." |
Anzeige der Frau von D. Zinsheimer (1902)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 10. November 1902:
"Ein junges Mädchen
in kleinen Haushalt, bei guter Behandlung, gesucht.
Frau D. Zinsheimer, Assenheim (Wetterau)." |
Anzeige von L. Spier (Bruchenbrücken, 1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. März
1905: "Tüchtiges, fleißiges Mädchen, da auch kochen kann, gesucht.
Dauernde gute Stellung und Familienanschluss. Offerten an L. Spier,
Bruchenbrücken bei Friedberg." |
Verlobungsanzeige von Grete Reichenberg und Felix
Meyer (1912)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 13. Dezember 1912: "Statt jeder besonderen
Anzeige.
Grete Reichenberg - Felix Meyer. Verlobte.
Assenheim (Hessen) - Frankfurt am Main Königswarterstraße
11.
Empfang: Samstag, den 14. Dezember, Sonntag, den 15. Dezember."
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Zur Geschichte der Synagoge
Bereits im Mittelalter dürfte es eine Synagoge in dem
"judenhoff" gegeben haben.
1704 wird eine "neue Judenschule" (Synagoge) in
Assenheim genannt.
1862 wurde nochmals eine neue Synagoge in der Brunnengasse (im
Altstadtkern zwischen dem alten Rathaus und der Kirche) erbaut (vermutlich am
Standort der älteren Synagoge und im November/Dezember dieses Jahres
eingeweiht. Erstellt wurde ein verputzter Massivbau mit steilem Satteldach,
Lisenen, Rundbogenfries und Rundbogenfenstern, die auf beiden Seiten zu dreien
in eine Gruppe gefasst sind. Der Haupteingang lag im Westen.
Die Synagoge war bis 1936 Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am
Ort. In diesem Jahr war die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder bereits so stark
zurückgegangen, dass keine Gottesdienst mehr abgehalten werden
konnten.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und verwüstet.
Das Gebäude blieb jedoch erhalten. Nach 1945 wurde es von dem nach
Assenheim zurückgekehrten jüdischen Überlebenden Max Liebmann genutzt. 1953
wurde das Gebäude von der Stadt gekauft, 1961 zum örtlichen Feuerwehrhaus
umgebaut und als solches bis April 1980 verwendet. Beim Umbau wurden große Tore
und eine zweiflügelige Blechtüre eingesetzt, die meisten Rundöffenungen
zugemauert und ein Feuerwehrturm auf das Dach gesetzt. Mitte der 1980er-Jahre
stand das Gebäude leer, da die Feuerwehr ein neues Gebäude bezogen hatte. 1988
wurde ein Beschluss zur Sanierung der ehemaligen Synagoge
gefasst.
1989/90 wurde das Gebäude restauriert und dient seit der
Wiedereinweihung im November 1990 als kulturelle Begegnungsstätte. Eine
Dauerausstellung erinnert an die frühere jüdische Geschichte. Eine Gedenktafel
ist angebracht mit dem Text: "Ehemalige Synagoge der Israelitischen
Gemeinde Assenheim-Bruchenbrücken 1862-1938. Zur Erinnerung und zum Gedenken an
unsere verfolgten und ermordeten jüdischen Mitbürger."
Adresse/Standort der Synagoge: Brunnengasse
4
Fotos
(Quelle: Plan oben links, Pläne zur Restaurierung sowie
sw-Fotos aus Altaras s. Lit. 1988.1994; farbiger Plan aus der Seite des
Landesamtes für Denkmalpflege s. Links)
Pläne zur
Lage der Synagoge
im Assenheimer Altstadtbereich |
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Plan siehe über
den Link zur Seite des
Landesamtes für Denkmalspflege |
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Lageplanskizze mit
Eintragung von Altem
Rathaus (1), Ehemaliger Synagoge
mit Vorplatz (2) und
Kirche (3) |
Lage der
ehemaligen Synagoge an der
Ecke Schäfergasse / Brunnengasse |
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Die ehemalige
Synagoge
vor der Restaurierung (vor 1985) |
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Auf dem Foto ist
noch im Ansatz der auf das
Gebäude gesetzte Feuerwehrturm erkennbar |
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Pläne
zur Restaurierung der ehemaligen Synagoge |
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Ansicht von Osten |
Nördliche
Traufseite |
Erdgeschoss-Grundriss |
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Die ehemalige
Synagoge
nach der Restaurierung
(Fotos im November 1990) |
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Blick vom Alten
Rathaus zur
ehemaligen Synagoge |
Blick von der
ehemaligen Synagoge
zum Alten Rathaus |
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Die östliche
Giebelseite mit
dem jetzigen Eingang |
Die westliche
Giebelseite, an der auch
die Gedenktafel angebracht ist |
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neue
Fotos werden noch eingestellt |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Germania Judaica II,1 S. 28-29; III,1 S.
36-38. |
 | Rudolf Lumitsch: Geschichte der Stadt Assenheim. Hier auch
ein Abschnitt zu Geschichte der Juden in Assenheim. 1977. |
 | Friedrich Battenberg: Assenheimer Judenpogrome vor
dem Reichskammergericht. In: 900 Jahre Geschichte der Juden in Hessen.
Wiesbaden 1983. |
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 48-49. |
 | ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 17-18. |
 | Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 180-181. |
 | dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 145-146. |
 | dies.: Neuauflage der beiden Bände. 2007. S.
370-372. |
 | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S.
329-330. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 77. |
 | Hans-Helmut Hoos: Die Lebenserinnerungen des
Friedberger Juden Heinrich (Henry) Buxbaum (1900-1979). Einführung und Edition
(1) in Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde NF 46 (1988),
Einführung und Edition (2) in ebd. NF 47 (1989).
Dieser Beitrag ist auch erschienen unter dem Titel: "Scherben der
Erinnerung - Memoiren des Wetterauer Juden Henry Buxbaum". 246 S.
Friedberg 1994.
ISBN-10: 3870760788. In diesem Buch gibt es
verschiedene Bezüge zur jüdischen Geschichte in Assenheim. |
 | Johannes Winter: Herzanschläge. 1993. Hieraus
der Beitrag: Der Pogrom von Assenheim. Ermittlungen über das Verschwinden
von Juden, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen aus dem Dorf. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Assenheim
Hesse. Jews lived there around 1277-1349 and from the late 15th century
onward. Prominent in the cattle trade, they numbered 87 (9 % of the total) in
1861. The last few were deported to Poland on 30 September 1942.

vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|