Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Nidda mit Geiss-Nidda (Geiß-Nidda) (Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge 
    
Nidda Museum 016.jpg (147643 Byte) Bitte besuchen Sie auch die Website des Jüdischen Museums Nidda e.V. (Zimmermann Strauss Museum) 

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge  
bulletFotos 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur    

  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version
      
In Nidda lebten Juden bereits im Mittelalter. Ob es zur Bildung eines jüdischen Gemeinde mit eigenen Einrichtungen gekommen ist, ist unbekannt. Erstmals werden Juden in der Stadt in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts genannt. 1277 wurde die Judensteuer der in Nidda, Assenheim und Münzenberg lebenden Juden von Rudolf von Habsburg an Ulrich von Hanau übertragen, von diesem 1278 an die Grafen von Falkenstein. Auch 1300 und 1303 werden Juden in der Stadt genannt. Bei der Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 waren möglicherweise auch Juden aus Nidda unter den Opfern. Den Grafen von Hanau stand die Judensteuer auch nach Urkunden von 1401, 1404, 1414, 1442, 1456, 1468, 1492, 1521 und 1529 zu. Aus den Urkunden geht jedoch nicht hervor, wie viele jüdische Personen/Familien damals in der Stadt lebten. Es könnte auch sein, dass die jeweilige Verpfändung der Judensteuer nur theoretisch formuliert wurde, ohne dass in diesen Jahren jüdische Personen in der Stadt lebten. 1509 wird erstmals namentlich ein Itzing Jud von Nidd genannt. 
 
Erst aus dem 17. Jahrhundert gibt es weitere namentliche Nennungen von Juden in der Stadt: 1622 werden als jüdische Hausbesitzer Jeckel, Joseph und Schmuel genannt. 1660 wurde durch den Landgrafen die Missionierung der Juden angeordnet. Mehrfach wird Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts ein Jud David genannt. Um 1800 waren die Familien des Jacob Emanuel, Abraham und Löw Hirsch sowie Ascher David in der Stadt.  
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner folgt: 1828 40 jüdische Einwohner (2,3 % von insgesamt 1.700 Einwohnern), 1861 77 (4,3 % von 1.823), 1880 77 (4,3 % von 1.782), 1893 104 (in 22 Familien), 1894 109 (in 22 Familien), 1897 89 (in 24 Familien), 1900 95 (4,9 % von 1.950), 1910 96 (4,5 % von 2.130). In Geiß-Nidda lebten 1830 14 jüdische Personen, 1897 23, 1905 20.
   
Die meisten der jüdischen Haushaltsvorstände waren als Viehhändler oder Kaufleute tätig, doch gab es auch Handwerker (Schneider, Bäcker, Metzger, Uhrmacher, Schlosser, Schuhmacher (Isidor Rollhaus) sowie einen Gastwirt.
 
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof (beziehungsweise mehrere Friedhöfe in unterschiedlichen Zeiten, seit 1891 eigener Friedhof in Geiß-Nidda). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter tätig war. Als Lehrer werden genannt: um 1873 Lehrer Benjamin Heidingsfelder und Lehrer G. Bamberger (beide im Lehr- und Handels-Institut s.u.),1884/85 Lehrer M. Frank, um 1889/1893 Lehrer L. Schloß (erteilt 1893 auch den Religionsunterricht in Langsdorf), um 1895 Lehrer Schmal, um 1896 J. Plaut, um 1906 B. Rohrheimer, um 1919 Lehrer Katz. Die jüdische Gemeinde gehörte zum orthodoxen Bezirksrabbinat Gießen. Im Blick auf die Schulverhältnisse zählte die jüdische Gemeinde Nidda 1893 14, 1894 22, 1896 19, 1897 25 schulpflichtige Kinder. Seit 1912 war Nidda mit Geiß-Nidda und Nieder-Mockstadt zu einem Lehrerband zusammengeschlossen. 
  
An jüdischen Vereinen werden genannt: der Israelitische Wohltätigkeitsverein (um 1893 unter Leitung von L. Grünebaum, L. Zimmermann, M. Rollhaus, H. Löb und A. Wallenstein. 1894 unter Leitung von L. Grünebaum, M. Rollhaus und K. Löb, 1897 unter Leitung von Th. Levi, M. Rollhaus, L. Zimmermann und K. Löb).  
   
Von den Gemeindevorstehern werden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts genannt: um 1869 Löb Katz (gest. 1872, siehe Bericht unten), um 1886/87 David Leopold, um 1889 David Leopold mit den Herren Schiff und Zimmermann, um 1893 Gerson Katz, S. Grünebaum und W. Zimmermann. um 1897 Gerson Katz, M. Schiff und S. Grünebaum. 
Als Synagogendiener wird um 1893 M. Daub genannt.   
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Hugo Leopold (geb. 19.4.1893 in Nidda, gef. 8.3.1916) und Unteroffizier Moritz Levi (geb. 22.3.1890 in Nidda, gef. 19.7.1917). Aus Geiß-Nidda fiel Adolf Stern (geb. 28.2.1887 in Geiß-Nidda, gef. 28.8.1914). Außerdem fiel San.Sgt. Hermann Grünebaum (geb. 7.6.1880 in Nidda, vor 1914 in Saarburg Kreis Trier wohnhaft, gef. 12.6.1918).       
   
Um 1924, als noch 60 jüdische Einwohner gezählt wurden (2,5 % von insgesamt 2.350 Einwohnern, dazu 16 in Geiß-Nidda), waren die Vorsteher der Gemeinde Theodor Levi, Jacob Wallenstein und Emanuel Eckstein. Als Lehrer und Schochet in der Gemeinde war der Lehrer Abraham Kaufmann aus Schotten in Nidda tätig. Er unterrichtete damals fünf schulpflichtige jüdische Kinder aus Nidda in Religion. An jüdischen Vereinen bestand vor allem der Israelitische Wohltätigkeitsverein (1905 unter Leitung von T. Levi, 1924 unter Leitung von Emanuel Eckstein, 1932 unter Leitung von Max Strauß: Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Durchreisender). 1932 war die Gemeindevorsteher Emanuel Eckstein (1. Vors.), Ludwig Stein (2. Vors.) und Karl Stern (3. Vors.). Im Schuljahr 1931/32 waren zehn jüdische Schulkinder in Religion zu unterrichten.

1933 lebten wie 1925 noch 60 jüdische Personen in der Stadt, dazu 19 in Geiß-Nidda. In den folgenden Jahren ist der Großteil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der in der Stadt besonders heftigen Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (u.a. zehn in die USA, vier nach Palästina, eine Person nach Holland).
        
Antijüdische Maßnahmen in Nidda (1935)     

Nidda Israelit 29051935.jpg (52943 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1935: "Gießen. Wie der Landespressedienst des 'Deutschen Nachrichtenbüros' meldet, hat der Gemeinderat von Nidda in seiner letzten Sitzung folgenden Beschluss gefasst: 'In der Folge werden nur noch diejenigen Handwerker, Fuhrleute, Geschäftsleute usw. mit Lieferungen und Arbeiten für die Stadt berücksichtigt, die der Bürgermeisterei gegenüber eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass sie und ihre Familienangehörigen mit nichtarischen Personen keine Geschäfte tätigen'."      

Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Haus des letzten Gemeindevorstehers Emanuel Eckstein verwüstet. Die gesamte Einrichtung wurde auf die Straße geworfen und geplündert. Auch das Haus der Familie Rollhaus in Geiß-Nidda wurde verwüstet. Beide Familien verließen Nidda und flüchteten nach Frankfurt. Emanuel Eckstein kehrte am 19. Oktober 1939 noch einmal nach Nidda zurück. Von dem Lehrer Fritz Geiger angestiftet, hetzten 50 bis 60 Schulkinder den 66 Jahre alten Mann zu Tode, indem sie ihn mit Steinwürfen durch die Bahnhofstraße trieben. Eckstein starb im Bahnhof an Herzversagen, nachdem man ihm auch noch ein Glas Wasser verweigert hatte, um das er gebeten hatte. Seine Frau Sita, die Tochter Berta, der Schwiegersohn Josef Kugelmann und das Enkelkind Sigrid wurden nach den Deportationen ermordet. 
   
Von den in Nidda und Geiss-Nidda geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", Ergänzungen auf Grund der Recherchen von Wolfgang G. Stingl, Nekrologium)
: Berta Arenstein geb. Stern (1880),  Minna Beifus geb. Stern (1879, Geiss-Nidda), Josefine Berold geb. Raudnitz (1890, Nidda), Emanuel Eckstein (1873), Sitta Eckstein geb. Katz (1875), Gidda Freudenthal geb. Heilbronn (1875 Geiss-Nidda), Dina Hamburger geb. Wallenstein (1900, Nidda), Hugo Hamburger (1895), Klara Hirsch geb. Stock (1887), Johanna Katz geb. Leopold (1886), Sally Katz (1887), Erna Rosa Katzenstein geb. Meyer (1899, Geiss-Nidda), Pauline Kaufmann geb. Leopold (1883), Siegfried Kaufmann (1876), Bertha Kugelmann geb. Eckstein (1903), Josef Kugelmann (1896), Siegmund Kugelmann (1931), Sigrid Kugelmann (1931), Arthur Leopold (1886), Dora Leopold geb. Sichel (1886), Erich Leopold (1895), Karoline Leopold (1889), Rosa Bella Leopold (1888), Jeanette Löb geb. Freund (1859), Jenny Mayer geb. Rollhaus (1883, Geiß-Nidda), Manfred Mayer (1923, Geiss-Nidda), Sophie Philipp geb. Meyer (1892, Geiss-Nidda), Mathilde Rosenbaum geb. Meyer (1886, Geiss-Nidda), Ida Schiff (1868), Hedwig Schott geb. Leopold (1894), Bertha Sichel geb. Leopold (1887), Frieda Lotte Sichel (1918), Ilse Bella Sichel (1920), Nathan Sichel (1885), Johanna Simon geb. Meyer (1887 Geiss-Nidda, "Stolperstein" in Eschbach), Emma Schwarzhaupt (1868), Ilse Bela Sichel (1920), Lotte Sichel (1918), Hilda Stein geb. Stern (1890, Geiss-Nidda), Leopold Stein (1891, Geiss-Nidda), Clementine Stern geb. Zimmermann (1881), Josef Stern (1885, Geiss-Nidda), Max Stern (1875), Siegfried Stork (1884), Bertha Wallenstein (1866),  Ida Wallenstein geb. Baumblatt (1872), Rosa Wallenstein geb. Hecht (1867), Wilhelm Wallenstein (1901), Ida Weisenbach geb. Rollhaus (1887 Geiss-Nidda).
   
1986 wurde in der Johanniterturm-Anlage in der Ortsmitte ein Gedenkstein aufgestellt mit dem Text: "Zur Erinnerung an unsere 91 jüdischen Bürger, die während der Gewaltherrschaft 1933-1945 vertrieben und ermordet wurden. Die vom Faschismus verfolgten jüdischen Familien: Eckstein, Katz, Katzenstein, Kugelmann, Leopold, Levi, Mayer, Naumann, Rollhaus, Salm, Sichel, Sommer, Stein, Strauss, Wallenstein, Wertheim. Im Gedenken und zur Mahnung: Stadt Nidda."
An den 1939 ermordeten Emanuel Eckstein erinnert unweit des Bahnhofes die Emanuel-Eckstein-Anlage.

   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters und Schochet 1869 / 1886 / 1887 / 1893 / 1907 / 1911  
Anmerkung: es war für die Gemeinde aus unbekannten Gründen mehrmals sehr schwer, eine geeignete Person für die Stelle zu finden. 1886/87 war unter dem Vorsteher David Leopold fast ein Jahr lang die Stelle ausgeschrieben; auch 1893 finden sich unter dem Vorsteher Gerson Katz über mehrere Monate Anzeigen für die zu besetzende Stelle. Bei allen Ausschreibung findet sich zwischen der und der letzten Ausschreibung eine deutliche Aufbesserung des angebotenen Lehrergehaltes, vermutlich, um die Stelle attraktiver zu machen. 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1869: "Israelitischer Lehrer.
Die israelitische Religionsgemeinde Nidda-  Geiß-Nidda sucht einen geprüften Lehrer, welcher zugleich als Vorsänger und Schächter zu fungieren im Stande ist. Als Gehalt sind 300 fl. vorgesehen.
Lusttragende werden eingeladen, sich binnen 4 Wochen bei unterzeichnetem Vorstand zu melden. Reisekosten werden nicht vergütet.
Nidda, am 4. Februar 1869. Für den Vorstand Löb Katz."       

       
Nidda Israelit 22031886.jpg (49989 Byte) Nidda Israelit 13091886.jpg (46205 Byte) Nidda Israelit 11111886.jpg (45209 Byte) Nidda Israelit 27011887.jpg (53166 Byte)
Anzeigen in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1886 (ausgeschrieben noch für Nidda-Geißnidda!), 13. September 1886, 11. November 1886 und 27. Januar 1887. Text der Anzeige vom 11. November 1886: "Die Lehrer- und Vorbeterstelle der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde soll durch einen seminaristisch gebildeten, ledigen Lehrer per sofort besetzt werden. Gehalt 6-700 Mark, Nebenverdienst in Aussicht. Bewerber wollen sich unter Einreichung ihrer Zeugnisse baldigst melden. Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde Nidda (Oberhessen). David Leopold." In der Ausschreibung im Januar 1887 werden an Gehalt statt bislang 6-700 Mark nun 6-800 Mark angeboten.
   
Nidda Israelit 28081893.jpg (55604 Byte) Nidda Israelit 11121893.jpg (48956 Byte)    
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1893: "Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers und Vorbeters ist sofort in hiesiger Gemeinde zu besetzen. Gehalt beträgt Fixum 700 Mark, Nebenverdienst circa 200-300 Mark. Nur seminaristisch gebildete Bewerber und ledigen Standes werden berücksichtigt. Gesuche, mit Zeugnissen versehen, sind sofort einzusenden. Reisekosten erhält nur derjenige, welcher die Stelle antritt. Der Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Nidda: Gerson Katz." In der Anzeige vom 11. Dezember 1893 werden Fixum 900 Mark angeboten. 
   
Nidda Israelit 07021907.jpg (66200 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1907: "In unserer Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers und Vorbeters am 15. April zu besetzen. Gehalt Mark 900 nebst kleinem Nebeneinkommen. Seminaristisch gebildete Bewerber wollen sich unter Einreichung von Zeugnissen melden. Der Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinde Nidda (Hessen).
   
Nidda Israelit 18041907.jpg (62508 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1907: "In unserer Gemeinde ist die Stelle des
Religionslehrers und Kantors

vakant. Gehalt 1.000-1.200 Mark nebst Nebeneinkommen. Den seitherigen Lehrern war es ermöglicht an der Volksschule oder höheren Bürgerschule zu hospitieren, um zum Staatsexamen zugelassen zu werden.
Offerten nebst Zeugnisabschriften erbitte an den Vorstand der israelitischen Gemeinde Nidda in Hessen zu richten."
 
Nidda FrfIsrFambl 22121911.jpg (16037 Byte)Ausschreibung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Dezember 1911: "Frankfurt am Main. Vakanzen. - Nidda, Religionslehrer- und Kantor, 1.200 Mark und Nebeneinkommen."   

      
Versammlung israelitischer Lehrer der Provinz Oberhessen in Nidda (1865)   

Artikel in "Der Israelitische Lehrer" vom 31. August 1865: "Protokoll der ersten Versammlung israelitischer Lehrer der Großherzoglichen Hessischen Provinz Oberhessen, abgehalten zu Nidda, den 7. August 1865.
In Folge des Aufrufs vom 18. Juni dieses Jahres (Nummer 27 des israelitischen Lehrers) waren erschienen am 7. August, morgens 11 Uhr, im Gasthaus zur "Traube" in Nidda, die Herren: Dr. Levi Großherzoglicher Provinzial-Rabbiner aus Gießen; Lehrer Morgenstern aus Friedberg; Lehrer Isaac aus Alsfeld; Lehrer S. Mayer aus Gießen; S. Simon, früher Lehrer jetzt Kaufmann in Gedern; Lehrer L. Ullmann aus Gedern; Lehrer G.C. Bamberger, Echzell; Lehrer L. Wertheimer, Heldenbergen; Lehrer S. Strauß, Nieder-Mockstadt; Lehrer V. Cosmann, Hungen; Lehrer Kuttnauer, Düdelsheim; Lehrer N. Sichel, Ober-Seemen; Lehrer J. Nathan, Altenstadt...  "  
Zum weiteren Lesen des Textes, der sich nicht auf Nidda bezieht, bitte Textabbildung anklicken
 

  
Anzeigen des Lehr- & Handels-Institutes zu Nidda von G. Bamberger (1871 / 1872)    

Anzeige in "Der israelitische Lehrer" vom 29. März 1871: "Von Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr-Institut zu Nidda (Bad Salzhausen)
.
Unser seither in Echzell bestandenes Institut haben wir nach Nidda verlegt und mit dem dortigen vereinigt. Das Sommer-Semester beginnt den 24. April. Vorbereitung für's Handelsfach und für die höheren Gymnasialklassen. Prospekte gratis.
Echzell im März 1871. Der Institutsvorstand: Bamberger & Heidingsfelder. "  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1872: "Von Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr- & Handels-Institut zu Nidda. 
Das Sommer-Semester beginnt Montag, den 3. Juni. Knaben vom 7. Jahre an finden Aufnahme. Pension im Hause des Unterzeichneten. Sorgfältige Erziehung. Gründliche Vorbereitung für die höheren Klassen der Gymnasial- und Realschulen, sowie für's Handelsfach und für's Einjährig-Freiwilligen-Examen. Prospekte und nähere Auskunft durch den Instituts-Vorstand G. Bamberger."  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1872: "Von Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr- & Handels-Institut zu Nidda
(Bad Salzhausen), Station der Oberhessischen Eisenbahn (Jüdisches Pensionat).
Gründliche Vorbereitung für die oberen Klassen der Gymnasien und Realschulen, sowie für das Handelsfach und Einjährig-Freiwilligen-Examen. Knaben von 7 Jahren an finden zu jeder Zeit Aufnahme. 
Näheres im Prospekt. Der Institutsvorsteher G. Bamberger."   

   
Heirat von Lehrer und Institutsvorsteher Benjamin Heidingsfelder und sein beruflicher Wechsel in den Kaufmannsstand (1873)     
Anmerkung: nach Hanno Müller: Juden in Gießen S. 207 wird Benjamin Heidingsfeld(er) 1874 in Gießen genannt (Walltorstraße A 96) als Kaufmann und Generalagent der Deutschen Creditbank in Frankfurt am Main sowie als Agent des Annoncen-Agentur Rudolf Mosse. Er war verheiratet mit Sophie geb. Kahn. Die beiden hatten einen Sohn Otto Joseph (geb. 21.3.1874). 

Artikel in "Der Israelitische Lehrer" vom September 1873 S. 38: "Ingelheim. Wenn wir Beweise dafür suchen, dass die jüdischen Gemeinden der Gegenwart ihre Pflicht gegen die Lehrer leider schlecht erfüllen, so finden wir sie in dem Umstande, dass leider wieder zwei der tüchtigsten und strebsamsten unserer jungen Kollegen den Schulstab niedergelegt haben, um in den mehr Erfolg und größere Freiheit verheißen den Dienst Merkurs über zu treten. Herr Benjamin Heidingsfelder, der soeben sich vermählte, früher Lehrer und Institutsvorsteher in Echzell und Nidda in Oberhessen, gründete eine Schreibmaterialienhandlung und Annoncenagentur in Gießen und (Lehrer) Lichtenberg, früher in Ruhrort, dann in Braunschweig, tritt eine Reisestelle in einem Leinengeschäft an. Valet dem Lehrerstande, nachdem man ihm Jahre lang mit Begeisterung angehört - es ist ein grausames Wort, und doch, wir können den Männern leider nur zustimmen -! Mögen Sie in der Freiheit des kaufmännischen Berufes ihrer Kollegen und der edlen Strebungen und Ziele nicht vergessen, die uns verbunden. Wir reichen Ihnen schmerzlich bewegt, doch voll frohen Mutes auf ihre glückliche Zukunft die Freundeshand. Mögen Sie unser Allzeit freundlich gedenken und auch als Diener des Merkur mit uns arbeiten am Höchsten: an der Verherrlichung des freien, fortschreitenden Judentums und an der Hebung der Schule."    

     
      
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
  
Spendenaufruf für einen Seminaristen in Burgpreppach (1886)  

Nidda Israelit 25031886.jpg (100256 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1886: "Dringende Bitte! 
Der begabte Sohn einer ganz allein stehenden, unbemittelten Lehrerswitwe hat sich dem israelitischen Lehrerfach gewidmet, die Vorschule in Burgpreppach seit vorigem Jahre absolviert und befindet sich derzeit auf einem Seminarium. Die Mutter hat ihre früheren kleinen Ersparnisse gänzlich dem hoffnungsvollen Sohne geopfert, einige Wohltäter in Frankfurt am Main und in anderen kleinen Städten haben die Witwe unterstützt, wodurch die Kosten der Vorschule gedeckt werden konnten. Zur Fortsetzung des Studiums, welches noch etwa 1 ½ bis 2 Jahre dauern wird, fehlen aber jetzt alle Mittel. In dieser sehr bedrängten Lage bittet die schon betagte Mutter edle Menschenfreunde um einige Unterstützung; die kleinste Gabe wird dankbar entgegen genommen. Chr. Jost in Nidda.
Die Expedition dieser Blätter ist bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiter zu befördern. Die Expedition des 'Israelit'."

   
Spendensammlung und -aufruf für Juda Schloß (1876)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1875: "Die durch uns in der jüngsten Zeit an die Witwe Schweich in Schmalkalden eingesandten Gelder kamen von der Post mit dem Bemerken zurück, dass dieselbe gestorben sei. Wir werden daher den Ertrag der noch übrigen uns zugekommenen Spenden, wenn nicht von Seiten der verehrlichen Spender anderweitige Verfügung getroffen werden sollte, dem noch immer hilfsbedürftigen erblindeten Juda Schloß in Nidda zuwenden. Die Redaktion."       
 
Nidda Israelit 31051876.jpg (50774 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1876: "Der erblindete Juda Schloß in Nidda, der sich noch immer im hilfsbedürftigen Zustande befindet, bittet uns dringend um weitere Unterstützung. Da der Vorrat von den früheren eingegangenen Spenden aufgezehrt ist, richten wir an wohltätige Menschenfreude die ergebene Bitte, uns milde Gaben für den so unglücklichen Mann zukommen zu lassen. Die Redaktion des ‚Israelit’."  

      
Versammlung des "Central-Vereins" in Nidda und Gründung einer neuen Ortsgruppe für Hungen, Nidda und Umgebung (1912)   

Artikel in "Im Deutschen Reich" vom Mai 1912 S. 236-237: "In der am 24. März in Nidda im Gasthaus zur Traube stattgehabten Versammlung des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, hielt Herr Dr. Geiger über die Ziele und Bestrebungen des Vereins einen mit lebhaften Beifall aufgenommenen Vortrag. Nach Herrn Dr. Geiger sprach Herr Lehrer Rom in Nidda, der die Anwesenden, soweit sie noch nicht dem Verein angehörten, veranlasste, ihren Beitritt zu erklären. Es wurde alsdann zur Gründung einer Ortsgruppe für Hungen, Nidda und Umgebung geschritten. Als Sitz des Vereins wurde Hungen bestimmt, zum Vorsitzenden Herr Max Stern - Hungen, zum Schatzmeister Herr Adolf Salzbach - Hungen und zu Beisitzern die Herren Siegmund Sommer und Theodor Levi Nidda, A. Simon Echzell (statt Erbzell), Simon Rothschild - Schotten, S. Heynemann - Laubach gewählt wurden. Die Ortsgruppe Hungen, Nidda und Umgegend zählt bereits 62 Mitglieder."   

   
Gründung einer Gruppe der Agudas Jisrael Bewegung für Nidda, Hungen und Niedermockstadt (1914)     
Anmerkung: vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Agudath_Israel_Weltorganisation

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 12. Juni 1914: "Deutschland. Aus der Agudas Jisroel-Bewegung. ... 
In Hanau wurde eine Jugend- und Mädchengruppe, ebenso in Nidda für die Orte Nidda, Hungen und Niedermockstadt, gegründet..."   

    
In der NS-Zeit: antijüdische Beschlusse des Gemeinderates von Nidda (1935, wie oben aus der Zeitschrift "Der Israelit")  

Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main" vom Juli 1935 S. 435: "Frankfurt am Main. Nach Meldung des Landespressedienstes des Deutschen Nachrichtenbüros hat der Gemeinderat von Nidda folgenden Beschluss gefasst: 'In der Folge werden nur noch diejenigen Handwerker, Fuhrleute, Geschäftsleute usw. mit Lieferungen und Arbeiten für die Stadt berücksichtigt, die der Bürgermeisterei gegenüber eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass sie und ihre Familienangehörigen mit nichtarischen Personen keine Geschäfte tätigen.'"    
 
Artikel in "Jüdische Allgemeine Zeitung" vom 5. Juni 1935: "Nach Veröffentlichungen in der Presse hat der Gemeinderat von Nidda folgenden Beschluss gefasst: 'In der Folge werden nur noch diejenigen Handwerker, Fuhrleute, Geschäftsleute usw. mit Lieferungen und Arbeiten für die Stadt berücksichtigt, die der Bürgermeisterei gegenüber eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass sie und ihre Familienangehörigen mit nichtarischen Personen keine Geschäfte tätigen.'" 

    
    
Berichte zu einzelnen Gemeindegliedern
Goldene Hochzeit des Ehepaares Meyer in Geiß-Nidda - gehalten vom jüdischen Lehrer aus Schotten 1839  

Nidda IsrAnnalen 01031839.jpg (162997 Byte)Artikel in den "Israelitischen Annalen" vom 1. März 1839: "Großherzogtum Hessen. – Eine rührend Feierlichkeit fand am 30. Januar in dem Dorfe Geiss-Nidda (Kreis Nidda) statt. Die goldene Hochzeit eines stets durch tugendhaften und friedsamen Wandel geachteten jüdischen Paares, - der Mann, Herr Meyer, zählt 80 und seine Frau 83 Jahre – ward von der ganzen Bevölkerung des Ortes, ohne Unterschied der Religion, festlich begangen. Das ganz unbemittelte Paar war von Katholiken, Protestanten und Israeliten der Umgegend sowohl für den Tag, als auch zur künftigen Unterstützung, vielfältig beschenkt. Bürgermeister, Beigeordnete und Rat des Ortes veranstalteten eine solenne Mahlzeit, an welcher die verschiedenen Konfessionen des Ortes vereint waren. Die Trauung verrichtete der jüdische Religionslehrer, Meyer Frank aus Botzen*, nachdem er durch eine kräftige Predigt alle Anwesenden erbaut hatte. – Diese Feierlichkeit hat einen tiefen Eindruck hinterlassen, und ein wahrhaft herzerhebendes Beispiel von Eintracht gegeben, womit dieser durch allgemein herrschende Tätigkeit und Mäßigkeit ohnehin sehr emporgekommene Ort, noch insbesondere gesegnet ist. 
Anmerkung. Wir sind doch hoch gestellte Menschenfreunde ersucht worden, eine ausführliche Schilderung dieses Festes hier einzurücken, haben dies aber als unserm Zweck fremd ablehnen müssen. Doch durfte die Sache nicht ganz unerwähnt bleiben, und wir fügen schließlich hinzu, dass wir uns freuen würden, wenn es beiläufig dazu dienen könnte, der Mildtätigkeit einen Wink zu geben, welcher hinreichen möchte, um dem hochbejahrten Jubelpaare den kurzen Rest der mühseligen Wanderschaft hienieden zu erleichtern. Beiträge wird gern annehmen und zur zweckmäßigen Verwendung befördern, die Redaktion der Annalen."
*
Dazu Hinweis in "Israelitische Annalen" vom 8. März 1839: "Berichtigung: Bogen 9 Seite 72 Spalte 2, Zeile 5 von oben statt Botzen lies Schotten."

  
Zum Tod von Löb Katz (1872)
 
Anmerkung: Kaufmann Löb Katz starb im Alter von 69 Jahren und wurde im alten jüdischen Friedhof beigesetzt. Er war verheiratet mit Emilie geb. Igersheimer. 

Nidda Israelit 18091872.JPG (190799 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1872: "Nidda, 21. August (1872). Heute geleiteten wir einen Mann zu Grabe, dessen Andenken stets ein gesegnetes bleiben wird. Herr Löb Katz, ein talmudisch gebildeter Mann, weit bekannt ebenso sehr durch seine wahre Religiosität wie durch seine Wohltätigkeit, ist aus dem Kreise der Seinigen geschieden, um in ein besseres Jenseits einzugehen. Die rastlose Tätigkeit dieses Mannes von Jugend an, im Geschäftsleben, wie wenn es galt, Gemeinnütziges zu fördern, Gutes zu stiften, hatte früh schon seine Körperkraft gebrochen, während sein Geist frisch und klar blieb bis wenige Monate vor seinem Tode. Schon vor zwei Jahren hatte eine hartnäckige Krankheit diesen sonst so starken Mann niedergeworfen und ihn für die Dauer des Gebrauches seiner Glieder beraubt. Nur die sorgfältigste Pflege, wie die fromme Hingebung des Verblichenen in seinen Leiden haben ihn so lange erhalten, bis vor einigen Tagen eine große Schwäche sich seiner bemächtigte, dass er das Bett nicht mehr verlassen konnte. Die letzten Worte des sanft Dahinscheidenden waren Worte der Liebe, Versöhnung und des Gebetes. Katz hat ein Alter von 70 Jahren erreicht. Sein ganzes Leben gibt das Bild eines wahren, frommen Mannes ab. Die Maximen des Judentums hatten so sehr Wurzel in diesem energischen Manne gefasst, dass nichts imstande war, ihn nur einen Moment in seinem Glauben wanken zu machen, was Wunder, wenn er für seinen Glauben eintretend, für ihn kämpfend, im beständigen Kampfe, in edlem Kampfe mit der Außenwelt lag! Herr Löb Katz war mit irdischen Gütern reichlich gesegnet, das sollten alle, die mit ihm lebten, wohltätig empfinden; allein wie oft im Leben das Gute verkannt wird, so wurden auch die guten Absichten des Verstorbenen, besonders in Angelegenheit der Gemeinde, in der er lebte, deren Faktotum er zeitlebens war, nicht so gewürdigt, wie sie es verdient, und nur Undank und Unannehmlichkeiten waren die Erfolge seiner Mühen. Die allgemeine Trauer, welche sein Ableben wachrief und das große Leichenbegängnis gaben Zeugnis haben, wie der Verstorbene allgemein beliebt und geachtet war. Die Kinder des Verstorbenen waren aus der Ferne auf die Trauerbotschaft herbeigeeilt und ihre Tränen vereint mit denen der hinterlassenen Witwe und der vielen Freunde, aber besonders der Armen folgten ihm ins Grab. 
Möge die Erde ihm leicht werden!"
 

  
Zum Tod von Hannchen Mosbacher (
nicht: Masbacher; 1895) 
Anmerkung: Hannchen (Hanna) Mosbacher geb. Ehrlich ist am 19. Juni 1836 in Lohrhaupten bei Aschaffenburg als Tochter von David Ehrlich und seiner Frau Carolin geb. Reis geboren. Am 4. Februar 1862 (oder schon am 17. November 1857) heiratete sie den Pferdehändler Mendel (Emanuel) Mosbacher, der am 18. Oktober 1831 in Eschau geboren ist als Sohn von Feibel (Vaibel) Mosbacher und seiner Frau Charlotte geb. Hahn (Quelle: Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken). 1879 zog das Ehepaar nach Aschaffenburg um, wo Mendel Mosbacher Eigentümer des Hauses Wermbachstraße 30 war. Einige Jahre später (um 1890?) verzogen Mendel und Hannchen Mosbacher nach Nidda, wo Hannchen am 30. Januar 1895 gestorben ist. Mendel Mosbacher starb ebd. am 31. August 1895 (Nachweise in den Sterberegistern unten).            

Nidda Israelit 28021895.jpg (113969 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1895: "Aus Oberhessen. Wieder ist eine Fromme aus diesem Leben geschieden, wieder hat eine Treue uns verlassen! Am 30. Januar ist zu Nidda Frau Hannchen Mosbachersie ruhe in Frieden – nach längerem, schwerem Leiden in ein besseres Jenseits abberufen worden. Sie war eine wackere Frau in des Wortes wahrsten Sinn, welche sich Zeit ihres Lebens – bis zum letzten Augenblick – eines streng jüdisch-religiösen Lebenswandels beflissen! Sie hat es verstanden sich im Leben nützlich zu machen, und Gewissenhaftigkeit und Milde waren die Grundzüge ihres Wesens. War auch ihr ganzes Leben nichts als hingebende Pflichterfüllung, so wollen wir heute dennoch keine Schilderung der hohen Tugenden und edlen Eigenschaften der Verblichenen geben – es waren die Tugenden, wie jedes brave, fromme, echt jüdische Weib übt. Trotzdem sie erst vor wenigen Jahren mit ihrer Familie von Aschaffenburg nach Nidda gezogen war, hatte sie sich auch dort schon zahlreiche Freunde und Freundinnen in allen Schichten der Bevölkerung erworben, wie die überaus zahlreiche Beteiligung am Leichenzug bewies. 
Was sie war, lebt unvergesslich fort im Herzen alles Jener, die sie kannten, und weit über den engen Kreis der Ihrigen hinaus lebt das Andenken in der Gemeinde zu ewigem Ruhm und Beispiel fort. An ihrem Grabe sprach Herr Lehrer Plaut ergreifende Worte des Nachrufes und des Trostes, er führte auch, wie sie als treue Mutter, als zärtliche Gattin und als fromme Israelitin lebte und starb. – Wir haben an ihr viele verloren, und ihr Andenken gereiche uns zum Segen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
"

 
Zum Unfalltod von Handelsmann L. Mayer (1904)  

Nidda FrfIsrFambl 25111904.jpg (116872 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. November 1904: "Herzliche Bitte
Der Handelsmann L. Mayer von Nidda wurde - auf einer Fahrt von Frankfurt am Main nach Friedberg begriffen - am 3. dieses Monats in Niederwöllstadt vom Zuge erfasst und schrecklich verstümmelt. Derselbe hinterlässt eine Witwe im Alter von 61 Jahren in bitterster Not. Ihres einzigen Ernährers beraubt, hat sie nicht Unterhalt von heute auf morgen. Wir wenden uns deshalb an alle edel denkenden Mitmenschen mit der herzlichen Bitte, die Not dieser schwergeprüften Frau durch einen kleinen Beitrag lindern zu helfen. Zur Empfangnahme von Gaben erklären sich gerne bereit: Römheld, Oberamtsrichter; Roth, Bürgermeister; Sellheim, Amtsrichter; W. Bergen, Lehrer; M. Grünebaum, 1. Vorsteher der israelitischen Gemeinde Nidda; Carl Löb, Frankfurt am Main, Kronprinzenstr. 49 (Laden); die hebräische Buchhandlung von Rothschild, sowie die Expedition dieses  Blattes."  
 Nidda Israelit 17111904.jpg (90802 Byte) Dieselbe Anzeige erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. November 1904:   

   
Goldene Hochzeit von Gerson und Klara Holtz (1915)      

Artikel in "Der Gemeindebote" vom 22. September 1915: "Das seltene Fest der goldenen Hochzeit feierte in Nidda das Ehepaar Herr Gerson und Frau Klara Holtz in voller Rüstigkeit. Der Großherzog von Hessen ließ dem Jubelpaare sein Bild überreichen."  

    
81. Geburtstag der Witwe von Levi Zimmermann (1931)  
Anmerkung: es handelt sich um Rebecka Zimmermann geb. Loeb (geb. 8. Juli 1850 in Berstadt als Tochter von Mose Loeb). Sie war verheiratet mit dem Handelsmann Levi Zimmermann (1850-1917; Kinder: Clementine geb. 1881 und Ida geb. 1883). Rebecka Zimmermann starb am 21. September 1932 und wurde - wie auch ihr Mann - im neuen jüdischen Friedhof in Nidda beigesetzt.      

Artikel in "Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Gemeinden in Hessen" vom Juli 1931: "Nidda in Oberhessen. In seltener geistiger und körperlicher Frische begeht am 8. Juli Frau Levi Zimmermann Witwe dahier ihren 81. Geburtstag. Verehrt und hochgeschätzt von der ganzen Stadt, besucht die Greisin noch an den hohen Feiertagen das Gotteshaus. Im Sommer ist sie jeden Tag in ihrem Garten beim Haus tätig, wo unter ihrer Hand die schönsten Gemüse und Blumen gedeihen. Möge der allseits beliebten Frau noch eine lange Reihe von Jahren - bis 120 Jahre - in voller Gesundheit beschieden sein."    

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    

Anzeigen von Uhrmacher und Goldarbeiter D. Storck (1881 / 1886 / 1887)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1881: "Ein Uhrmacher-Gehilfe findet dauernde Stellung bei
D. Storck,
Uhrmacher und Goldarbeiter. Nidda (Hessen)."   
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1886: "D. Storck, Nidda (Hessen).
Spezialität in silbernen Synagogen-Einrichtungen: Kronen, Glocken, Bleche, Hände, Räuchertürme, Arm- und Chanukkaleuchter etc. Ebenso Silber- und versilberter Waren zu Hochzeitsgeschenken. Zeichnungen und Preise gratis".      
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1887: "Spezialität in silbernem Torarollenschmuck,
Jad, Taß, Ez Chaim. Nidda (Hessen). D. Storck".   

 
Anzeige der Metzgerei Simon Grünebaum (1886)    
Anmerkung: Metzger Simon Grünebaum war verheiratet mit Betty geb. Sichel (1847-1892), die im neuen jüdischen Friedhof beigesetzt ist. Mehrere Kinder der beiden sind im alten jüdischen Friedhof beigesetzt.   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. November 1886: "Metzgerei Simon Grünebaum, Nidda, Oberhessen
empfiehlt KOSCHER 
Fleischwurst, Cervelatwurst, Salamiwurst, Rauch- und Pökelfleisch
zu den billigsten Preisen".    

   
Anzeige des (jüdischen) Gasthauses zur Post (1905)  

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Februar 1905: "Gasthaus zur Post, Nidda
Direkt am Bahnhof. 
Einzig jüdisches Hôtel am Platze, den Herren Geschäftsreisenden bestens empfohlen. M. Grünebaum."   

  
Lehrstellensuche von Bäckerei Ludwig Stein (1924)  

Anmerkung: Bäcker Ludwig Stein war verheiratet mit Sara geb. Stern (1880-1932), die im neuen jüdischen Friedhof beigesetzt ist.

Nidda Israelit 29051924.jpg (36132 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1924: "Per sofort
Suche für meinen Sohn (Obersekundaner), 
Lehrstelle

Am liebsten Pension im Hause. 
Ludwig Stein, Bäckerei, Nidda in Oberhessen."

   
Anzeige des Manufaktur-, Herren- und Damenkonfektionsgeschäftes J. Gottlieb (1890)   
Anmerkung: es handelte sich um den Kaufmann Joseph Gottlieb, verheiratet mit Gita geb. Bär, deren Sohn Ludwig mit neun Monaten 1891 starb und als erster auf dem neuen jüdischen Friedhof beigesetzt wurde.    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Februar 1890: "Per 15. Februar suche ich für mein Manufaktur-, Herren- und Damenkonfektions-, Kurz- und Kolonialwarengeschäft mit Landkundschaft einen Lehrling unter günstigen Bedingungen. 
J. Gottlieb, Nidda
(Hessen)."   

   
Verlobungsanzeige von Else Srog und Albert Levi (1932)    

Anzeige in vom 10. November 1932. "Baruch HaSchem 
Else Srog - Albert Levi  Verlobte  
Königsbach (Baden) Schabbat Lech Lecha   Nidda (Hessen)."     

  
   
   

Zur Geschichte der Synagoge   
   
Ein Betsaal war vermutlich seit 1695 vorhanden. Damals wurde den Juden erlaubt, "an ihren Sabatten und Festtagen ohne Form einer Synagoge in einem von offener Strasse entlegenen Gemach aus ihren Privathäusern zusammenzukommen und ihr Gebet in der Stille zu verrichten". Ob der erlaubte Betsaal bereits damals in der Gerberstraße 3-5 eingerichtet wurde ist nicht bekannt. Hier jedenfalls befand sich im Dachgeschoss der beiden Gebäude bis 1877 ein alter Betsaal mit einer tonnenartigen, teilweise ausgemalten und mit einem Sternenhimmel versehenen Holzverkleidung. Da der Betsaal ("alte Synagoge") sich in der Gerbergasse befand, wurde dieser Teil der Gerbergasse auch "Synagogengasse" genannt. Für größere Veranstaltungen hatte die Gemeinde noch die so genannte "Judeschule", die sich zwischen dem linken alten Teil des heutigen Central-Cafés und dem ehemaligen Haus der Färberei Ruppel befand. 
     
1876/77 wurde eine neue Synagoge erbaut. Es handelte sich um ein aus Basalt erstelltes Gebäude mit einer Grundrissfläche von 80 qm. Daneben befand sich das rituelle Bad (Mikwe). Sie wurde am 26. Oktober 1877 mit einem großen Fest der Gemeinde eingeweiht. Dabei wurden die Torarollen der alten Synagoge feierlich und unter Gebeten entnommen und von den ältesten Gemeindegliedern mit einer festlichen Prozession unter einem Baldachin zur neuen Synagoge getragen. In der Prozession liefen in der Reihenfolge mit: Kinder der Gemeinde, ein ausgewähltes Mädchen mit dem Synagogenschlüssel, ein Musikkorps, der Gesangverein, der Baldachin mit den die Torarollen tragenden Gemeindegliedern, begleitet von Kerzen tragenden Mädchen, Rabbiner Dr. Levi aus Gießen mit dem Vorstand, Jungfrauen, Vertreter der Behörden und der Stadt, Geistliche und Lehrer, Bauhandwerke, Festgäste und sonstige Teilnehmer. 

Nidda AZJ 13111877sa.jpg (69311 Byte)Aus einem Artikel des Großherzoglichen Rabbiners der Provinz Oberhessen Dr. Levi in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1877: "Gießen, 29. Oktober (1877). Als ein Zeichen fortschreitender Humanität und brüderlichen Verhaltens und Verkehrens der christlichen Ortsgemeinde und Vorstände gegen ihre jüdischen Mitbürger, wollen Sie gefälligst folgende Tatsachen in Ihrer geschätzten Zeitung registrieren. 
Im Laufe verwichenen Sommers, bei der Synagogenweihe zu Ortenberg, und letzten Samstag, bei der zu Nidda, die ich vollzogen, und die beide in solennester Weise stattgefunden, haben sich nicht bloß die betreffenden christlichen Geistlichen und die Kreis- und Landbehörden am Zuge wie am Gottesdienste beteiligt: es haben auch die verschiedenen christlichen Gesangvereine bei der Feier in erhebendster Weise mitgewirkt, und die Ortsvorstände einen namhaften Beitrag zu den Kosten des Synagogenbaues geleistet…."
Es folgt im Artikel  ein Bericht über die Einweihung des Friedhofes in Alsfeld.

Die Synagoge blieb 60 Jahre lang Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in Nidda. 1927 konnte das 50-jährige Bestehen der Synagoge festlich begangen werden: 
      
Feier zum 50jährigen Bestehen der Synagoge 1927   

Nidda Israelit 10111927.jpg (110651 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1927: "Nidda, 7. November (1927). Am Schabbat Chol HaMoed feierte die Israelitische Gemeinde Nidda-Geiß-Nidda das 50jährige Bestehen ihrer Synagoge. Zu Ehren des Tages war das schöne Gotteshaus festlich geschmückt worden. Nach Schluss des Gottesdienstes am Schabbat-Morgen begann die eigentliche Feier, zu der die Vertreter der Behörden und anderen Konfessionen eingeladen waren. Eingeleitet wurde die Feier durch ein Baruch Haba, gesungen von jugendlichen Mitgliedern der Gemeinde. Den Höhepunkt der Feier stellte die Rede des Herrn Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld, Gießen, dar, der den Zusammenhang zwischen Synagoge und Haus, Haus und Synagoge in warmherzigen, beredten Worten schilderte. Als Vertreter der Behörde beglückwünschte Kreisdirektor Dr. Gaßner, Büdingen, die Gemeinde, ferner sprachen die Geistlichen der anderen Konfessionen ihre Glückwünsche aus. Am Nachmittag fand ein Kommers statt. Der Vorstand der Gemeinde, Herr E. Eckstein, begrüßte die Anwesenden; dann sprachen Herr Bürgermeister Ringshausen im Namen der Stadt, Herr Rektor Gakert für die Schulen. Theaterstücke, ernsten und heiteren Inhalts, verschönerten den Nachmittag. Die wohl gelungene, würdige Feier des Tages endete abends mit einem Festball."  
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 18. November 1927: "Aus Nidda. Die Israelitische Gemeinde Nidda - Geiß-Nidda feierte das 50-jährige Bestehen ihrer Synagoge. Die Festpredigt hielt Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld - Gießen. Als Vertreter der Behörde beglückwünschte Kreisdirektor Dr. Gaßner - Büdingen die Gemeinde, ferner sprachen die Geistlichen der anderen Konfessionen ihre Glückwünsche aus. Nachmittags fand ein Kommers statt. Nachdem der Vorstand der Gemeinde Herr E. Eckstein die Anwesenden begrüßt, sprachen Bürgermeister Ringshausen im Namen der Stadt, Rektor Gackert für die Schule. Theaterstücke verschönten den Nachmittag. Die Feier endete abends mit einem Festball."    
 
Artikel in '"Jüdisch-liberale Zeitung" vom 28. Oktober 1927: "Nidda (Synagogenjubiläum). Anlässlich des 50jährigen Bestehens der hiesigen Synagoge fand eine Feier in dem Gotteshaus statt, der auch Kreisdirektor Dr. Gaßner (Büdingen) im Auftrage der Regierung, sowie die Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden beiwohnten. die Festpredigt hielt Rabbiner Dr. Hirschfeld (Gießen)."  

Nach 1933: In der nationalsozialistischen Zeit, als die Zahl der jüdischen Familien am Ort schnell zurückgegangen war, ist das Synagogengebäude 1937 oder erst im Juli 1938 durch das letzte Vorstandsmitglied Emanuel Eckstein zwangsweise verkauft werden. 
  
Das Synagogengebäude wurde 1938/39 zu einem Mehrfamilienwohnhaus umgebaut. Eine Hinweistafel erinnerte von 1981 bis 1985 an die Geschichte des Hauses mit dem Text: "Ehemalige Synagoge mit Frauenbad der durch Auswanderung, Deportation und Tod im Jahre 1937 aufgelösten jüdischen Gemeinde von Nidda. Erbaut im Jahre 1877, eingeweiht unter großer Beteiligung der gesamten Niddaer Einwohnerschaft am 26. Oktober 1877, verkauft vom letzten Vorsteher der jüdischen Gemeinde Samuel [falsch für: Emanuel] Eckstein in private Hände im Jahre 1937, 1 Jahr vor der Reichskristallnacht am 9. November 1938. Umgebaut zu Wohnungen in den Jahren 1938/39." 
 
1985 wurde die Tafel entfernt, nachdem der Text stark umstritten war. Stattdessen wurde am Johanniterturm ein Mahnmal errichtet, die im März 1986 enthüllt wurde. Auf einem roten Granitstein wird auf dem Mahnmal der 91 jüdischen Personen aus Nidda und Umgebung gedacht, die zwischen 1933 und 1945 vertrieben oder ermordet wurden. Stellvertretend wurden dazu 17 Namen betroffener Familien in den Stein gemeißelt.  
  
Nidda Museum 015.jpg (135246 Byte)Im Jahr 2003 wurde im Haus Raun 62 das "Zimmermann-Strauß-Museum" eröffnet. Dieses Museum hat seinen Namen nach der Familie Zimmermann Strauß, die in der Niddaer Schlossgasse wohnte. In dem Museum sind Exponate ausgestellt, die an das jüdische Leben in Nidda erinnern. Auch eine Präsenzbibliothek ist vorhanden. Ein Gedenkzimmer erinnert an alle Niddaer Juden, die während der NS-Zeit ermordet wurden. Ein weiterer Ausstellungsraum zeigt das Modell und Gegenstände der 1877 erbauten Synagoge
Das Museum ist sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Absprache geöffnet (Kontakt: Dr. Wolfgang Stingl, Tel. 06043/2474) 
 
   
  
Adresse/Standort der SynagogeSchillerstraße 33  
   
   
Fotos   

Historische Aufnahmen    
Nidda Synagoge 053.jpg (35629 Byte) Nidda Synagoge 050.jpg (83710 Byte) Nidda Synagoge 051.jpg (55402 Byte)
Der alte Betsaal befand sich im Dachgeschoss
 des nicht mehr bestehenden Doppelhauses
 Gerberstraße 3-5 (Quelle:
  http://juden.kunstobjekt.org/
Das 1876/77 erbaute Synagogengebäude
 (Quelle: Arnsberg Bilder s. Lit. S. 155 
und Altaras 1988 S. 190)  
(Quelle: 
http://juden.kunstobjekt.org/
  
       
        
Das ehemalige Synagoge nach 
dem Umbau zum Wohnhaus
Nidda Synagoge 055.jpg (77469 Byte) Nidda Synagoge 060.jpg (18947 Byte)
  Quelle:  Altaras 1988 
S. 190 
Quelle: S. Jesberger aus
  www.synagogen.info 
     
Erinnerungen an die Synagoge im jüdischen Zimmermann-Strauß-Museum
(Fotos von S. Jesberger aus   www.synagogen.info)
  
Nidda Synagoge 061.jpg (30366 Byte)   Nidda Synagoge 063.jpg (32973 Byte) Nidda Synagoge 066.jpg (40617 Byte)
Modell der Synagoge 
im Zimmermann-Strauß-Museum   
Parochet / Toraschreinvorhang aus 
der ehemaligen Synagoge  
Toramantel aus der 
ehemaligen Synagoge  
      
   Neue Fotos mit höherer Auflösung als die obigen Fotos werden bei Gelegenheit eingestellt;
 über Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite.
     
     
Geiß-Nidda 
(Abbildungen erhalten von Hildegard Schiebe,
Zimmermann-Strauß-Museum)
   
   Plan der jüdischen Häuser in Geiß-Nidda und
Eintragung der Lage der Gedenkstätte
Gedenkstein: "Zum Gedenken an die jüdischen Familien von Geiss-Nidda Katzenstein, Maier, Rollhaus, Stein, die in den Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933-1945 misshandelt, verfolgt, vertrieben und ermordet wurden.
Im Haus in der Straße "Zum Kreuz"
wohnte Familie Stein 

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
 

Januar 2012: Auch in Nidda sollten "Stolpersteine" verlegt werden    
Artikel im "Kreisanzeiger" vom 26. Januar 2012: "Stolpersteine: 'Wir brauchen kleine Mahnmale'. Linke beantragen Verlegung zur Erinnerung an das Schicksal jüdischer Mitbürger - Gerhard Winter: Aufarbeitung erfolgte 'umfangreich und gründlich'..."  
Link zum Artikel Stolpersteine: 'Wir brauchen kleine Mahnmale' (Kreis-Anzeiger, 26.01.2012)  
  
November 2017: Über das Jüdische Museum in der Stadt ("Zimmermann-Strauß-Museum")        
Artikel von Elfriede Maresch im "Kreisanzeiger" vom 18. November 2017: "Nidda. Festen Platz in der Stadt. JÜDISCHES MUSEUM Hildegard Schiebe ist neue Vorsitzende / Räumliche Veränderungen / Arbeit mit Jugendlichen intensivieren
NIDDA - Das Jüdische Museum Nidda, nach seinen großzügigen Sponsoren Zimmermann-Strauß-Museum benannt, bekam Ende 2016 eine neue Leitung: Vorsitzende ist nun Hildegard Schiebe. Der Kirchenhistoriker Professor Dr. Rudolf Grulich, schon lange im Institut für Kirchengeschichte Böhmen, Mährens und Schlesiens aktiv und im Kontakt zum Museum, steht ihr Schiebe als Stellvertreter zur Seite, Kassenwartin ist Gabriele Amendt. Der Tod des Museumsgründers, Pfarrer Dr. Wolfgang Stingl, hatte eine Lücke hinterlassen. Es war schwer, Nachfolger zu finden. Schiebe und Grulich erzählen lächelnd, was ihnen den entscheidenden Impuls gab. 'Schon bei der ersten Niddaer Nacht der Museen 2014 kamen erfreulicherweise 40 Besucher. Wir haben uns lange überlegt, ob wir uns der Museumsleitung stellen sollen, zumal wir beide nicht am Ort wohnen. ,Wir warten die Resonanz der Museumsnacht 2016 ab‘, entschieden wir. Als 200 interessierte Besucher aus mehreren Generationen kamen, waren die Würfel gefallen: Das Jüdische Museum hat seinen Platz in Nidda, soll weiterentwickelt werden. Unser Gästebuch zeigt, dass sich auch viele Auswärtige für die Dokumentation jüdischen Lebens in Nidda interessieren. Es gibt sogar einen Eintrag in arabischer Schrift, verfasst von einer Syrerin mit armenischen Wurzeln.'
Hildegard Schiebe bringt Erfahrung in Ehrenämtern mit. Die 1948 Geborene wuchs im schwäbischen Ellwangen auf, ihre Eltern waren als Flüchtlinge aus dem oberschlesischen Tarnowitz gekommen. Die Tochter erlernte zunächst den Beruf der Erzieherin, in dem sie fünf Jahre lang tätig war. Sie machte das Abitur nach, wurde an der Pädagogischen Hochschule mit den Schwerpunkten Deutsch und Theologie zur Lehrerin ausgebildet, war in Grundschulklassen und an der Förderschule für Körperbehinderte tätig. Als sie mit ihrem Mann und den zwei Söhnen nach Bayern zog, verlangte das Kulturministerium eine Nachqualifikation in einem dritten Studienfach. So wechselte sie zur Diözese Würzburg und wurde im Religionsunterricht in der Grund-, der Sprachheil- und der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen eingesetzt. Neben der Familienarbeit pflegte sie gebrechliche Angehörige und war ehrenamtlich im Pfarrgemeinde- und im Diözesanbeirat tätig.
Schiebe begann zunehmend, sich für das Judentum und das gemeinsame jüdisch-christliche Glaubenserbe zu interessieren, machte zwei Hebräischkurse bei Professor Grulich und kam in Kontakt mit dem Institut für Kirchengeschichte Böhmens, Mährens und Schlesiens in Geiß-Nidda. Diese Arbeitsverbindung sollte erhalten bleiben. Schiebe hielt dort kürzlich bei einem gut besuchten Tag der offenen Tür ein Referat: 'Der Anteil der Juden an der deutschsprachigen Kultur in Tschechien'. Einige Besucher ließen sich anschließend das Jüdische Museum zeigen.
Der neue Vorstand hat schon etliche Weiterentwicklungen im Museum auf den Weg gebracht. Eine Gasheizung sowie besser dämmende Fenster wurden eingebaut. Das bedeutet, dass ganzjährig Veranstaltungen geboten, Gruppen nach Voranmeldung geführt werden können. So ist der kleinere Raum im Erdgeschoss des alten Niddaer Ackerbürgerhauses, das zeitweise der jüdischen Familie Stern gehörte, nun ein Zimmer für Gespräche mit Besuchern, ein Teil der Bibliothek steht dort. 'Jüdisches Leben in Nidda' ist das Thema des großen, zur Raun hin gelegenen Raumes. Kleiderbügel mit Firmennamen erinnern an jüdische Textilgeschäfte in Nidda, an die selbst verständliche Zusammenarbeit mit christlichen Geschäftsleuten im Wirtschaftsleben der Stadt. Fotos jüdischer deportierter und ermordeter Familien hängen im Raum, aber auch Aufnahmen Unbekannter. Das Museumsteam ist dankbar, wenn sich alteingesessene Niddaer melden würden, die beim Identifizieren helfen könnten.
Auch jüdische Feste spielen eine Rolle, etliche schön gestaltete Ritualgegenstände sind ausgestellt. So in der Sabbath-Vitrine Leuchter und kunstvoll perforierte kleine Gewürzbüchsen, die den 'Wohlgeruch des Feiertags' verbreiten sollen. Ein verziertes Gründerzeit-Tischchen mit Marmorplatte ist für Chanukka, das jüdische Lichterfest, gedeckt. Es gibt einen Thoraschrein-Vorhang und drei gestickte Thora-Mäntel aus mehreren Epochen, die aus der Niddaer Synagoge stammen.
Genau darüber liegt im Obergeschoss des Museums das Synagogenzimmer mit dem Modell des 1877 in der Schillerstraße erbauten jüdischen Gebetshauses, nachdem der Synagogenraum in der Gerbergasse nicht mehr ausreichte. Dort gibt es Thorarollen samt weiteren Mänteln und viele jüdische Gebetbücher, manche in der Region gedruckt, etwa bei Friedrich Cloos in Nidda. Besonders interessant ist 'Stunden der Andacht', ein spezielles Gebetbuch für Frauen und Mädchen, 1855 verfasst von Fanny Neuda, Tochter und Ehefrau von Rabbinern im k. und k.-Kaiserreich, das in verschiedene Sprachen übersetzt wurde und im Lauf mehrerer Jahrzehnte die respektable Zahl von 28 Neuauflagen erreichte.
Ein kleineres 'Zimmer des Nicht-Vergessens' enthält Ordner mit Aufzählungen beschlagnahmten jüdischen Vermögens, Ghettogeld, Bilder jüdischer Friedhöfe. Splitter zerschlagener Grabsteine erinnern an Ausschreitungen, an die Reichspogromnacht. Bibelausgaben verschiedener Epochen, oft illustriert, aber auch jüdische Schriften finden sich im Zimmer 'Gemeinsame Wurzeln'. Stolz ist das Museumsteam auf die wachsende Bibliothek im ausgebauten Dachboden, der einen ruhigen günstigen Arbeitsraum darstellt. Interessierte sind eingeladen, nach Terminabsprache hierher zu kommen. Themenschwerpunkte der Bibliothek sind 'Jüdisches Leben in Hessen, Deutschland, Europa', 'Das Judentum, seine Theologie und Geschichte', 'Der jüdisch-christliche Dialog', 'Gebete, Rituale, Symbole' und 'Antisemitismus und Holocaust'. Schiebe und Grulich erzählen noch von weiteren Plänen. Sie freuen sich, dass die evangelische Pfarrerin Hanne Allmansberger jedes Jahr mit einer Konfirmandengruppe das Museum besucht. Die Arbeit mit Jugendlichen soll ausgebaut, Schulen, Konfirmanden- und Firmgruppen eingeladen werden. Zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht im nächsten Jahr soll in besonderem Maß an die vertriebenen oder ermordeten Niddaer Judenfamilien erinnert werden, vielleicht auch mit einem Konzert. Insbesondere Rudolf Grulich lädt zur Nutzung der Bibliothek ein: 'Wir haben sehr lesenswerte Schätze!'
Kontakt zu Terminabsprachen für Besuche kann man unter der Mail-Adresse info@niddas-juden.de aufnehmen. Am morgigen Sonntag, 19. November, ist das Museum von 14 bis 17 Uhr geöffnet." 
Link zum Artikel      
 
November 2018: Die Kirchenglocken läuten zur Erinnerung an die Pogromnacht 1938   
Artikel von red im "Kreis-Anzeiger" vom 5. November 2018: "Läuten gegen das Vergessen in Nidda. Am 9. November läuten in Nidda fünf Minuten lang sämtliche Kirchenglocken zur Erinnerung an Novemberpogrome.
NIDDA - Als ein Zeichen des Gedenkens an das Schicksal der Juden, deren planmäßige Ausrottung durch die Nationalsozialisten mit dieser Nacht begann, werden am Freitag, 9. November, ab 18 Uhr in Nidda fünf Minuten lang die Kirchenglocken beider Konfessionen läuten. Die Kirchengemeinden wünschen sich zudem, dass möglichst viele Bürger eine Kerze in ein Fenster stellen. Gleichzeitig findet eine Gedenkfeier am Mahnmal am Johanniterturm statt. Mit Hinweisen auf den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, die auch in Nidda für die jüdischen Bürger die 'Katastrophe vor der Katastrophe' war, hat der Vorstand des Jüdischen Museums Nidda im Juni mit dem Verein 'Mehr Demokratie leben' ein Konzert mit Abi Wallenstein in Bad Salzhausen veranstaltet, einem Musiker, dessen jüdischer Vater aus Nidda stammt. Nun haben Hildegard Schiebe und Rudolf Grulich wieder auf die Vorgeschichte aufmerksam gemacht [...] Die Niddaer Synagoge blieb verschont, weil sie schon vorher verkauft worden war und die neue Besitzerin vehement dagegen protestierte. Dass ein mutiger Niddaer Fuhrunternehmer die Thorarollen an sich nahm, versteckte und nach dem Krieg dem ersten Bürgermeister überbrachte, ist ein Beispiel von Zivilcourage. Die Thorarollen kamen schließlich nach Israel und New York in Synagogen, wo sich auch Niddaer Juden und ihre Nachfahren versammeln und beten... "
Link zum Artikel  
 
Februar 2019: Über die Lebensgeschichte der in Geiß-Nidda geborenen Ilse Stein
Zu Ilse Stein und ihrer Familie: genealogische Informationen Einstieg über https://www.geni.com/people/Ilse-Stein/4429509058860056178 
Ilse Stein ist am 5. August 1924 in Geiß-Nidda geboren als Tochter von Leopold Stein (geb. 1891 in Crainfeld, umgekommen 1941 bei Minsk) und Hilda geb. Stern (geb. 1890 in Geiß-Nidda, umgekommen 1943 bei Minsk).  
Artikel von Elfriede Maresch im "Kreis-Anzeiger" vom 25. Februar 2019: "Geiß-Nidda: Ilse Steins Lebensgeschichte als Mahnung
Das Leben der Jüdin Ilse Stein aus Geiß-Nidda spiegelt auch ein Stück Zeitgeschichte wider. Jüdisches Museum und Kirchengemeinde erinnerten jetzt an sie.

GEISS-NIDDA - Mit etwa 30 Besuchern hatten die Organisatoren, das Jüdische Museum Nidda und die evangelische Kirchengemeinde Geiß-Nidda/Bad Salzhausen, gerechnet. Gemeindepfarrerin Heike Schalaster und Hildegard Schiebe (Jüdisches Museum) war bei der Begrüßung die Freude anzumerken, als stattdessen 100 Interessierte den Geiß-Niddaer Gemeindesaal füllten. Dort wurde die Lebensgeschichte der in Geiß-Nidda geborenen Jüdin Ilse Stein dargestellt. Kurt Müller zeigte auf einem Straßenplan, wo jüdische Familien lange Zeit in selbstverständlicher Nachbarschaft gelebt hatten, erinnerte an den jüdischen Teil des Gemeindefriedhofs. Der Historiker und Radiojournalist Johannes Winter hatte in den 1990er Jahren über das Schicksal jüdischer Bürger Oberhessens geforscht und seine Bücher 'Herzanschlag' und 'Die verlorene Liebe der Ilse Stein' mitgebracht, denn er war bei seinen Recherchen auf die Spur der 1924 Geborenen gestoßen und konnte sie 1992 an ihrem Wohnort Rostov am Don besuchen, was seinen Ausführungen besondere Authentizität gab. Winters Forschungen waren auch nützlich für den Dokumentarfilmer Ulf von Mechow und flossen in dessen Werk 'Die Jüdin und der Hauptmann' ein. Doch zunächst berichtete Madeleine Michel, Studentin der Geschichte in Gießen, über die Gedenkstätte Malyj Trostenez in einem Vorort von Minsk. Sie war dabei, als Bundespräsident Walter Steinmeier 2017 dort einen Erweiterungsabschnitt eröffnete. An dieser Stelle stand das Lager, in das Ilse Stein mit ihren Eltern und ihren zwei Schwestern eingeliefert wurde. Da hatte die Familie Stein bereits Schlimmes hinter sich: schleichender Entzug der Bürgerrechte, Plünderung ihres kleinen Ladens in der Reichspogromnacht, 'Verkauf' des Geiß-Niddaer Besitzes, der eher eine Enteignung war, Ghetto-ähnliche Unterbringung in einem Frankfurter 'Judenhaus'. Sie schilderte, wie im Juli 1941 deutsche Truppen Minsk bombardierten und eroberten. Im Zuge des 'Unternehmens Barbarossa' wurden 80 00 Juden auf einer Ghetto-Fläche von zwei Quadratkilometern zusammengedrängt, Unterernährung und Seuchen waren die Folge. Das eigentliche Vernichtungslage Malyj Trostenez war eines der größten in den besetzten Gebieten, die Zahl der Todesopfer, neben rassisch auch politisch Verfolgte, wird auf 206 000 aus mehreren Nationen geschätzt. Erst Ende Juni 1944 wurde das Lager aufgelöst, und die Rote Armee konnte Minsk befreien. 1994 konnte von Mechows Film ausgestrahlt werden, gestützt auf Recherchen in Archiven mehrerer Länder, auf Filmaufnahmen der Kriegszeit, auf Gespräche mit überlebenden Zeitzeugen des Lagers und der Partisanenbewegung. Doch trotz verheerender Lebensverhältnisse im Minsker Ghetto reden heute noch Überlebende von 'Schutzengeln', nämlich deutschen oder auch russischen Verantwortlichen in der Lagerhierarchie, die wenigstens geringe Solidarität erwiesen und Häftlinge schützten. Einer von ihnen war Willi Schulz, Wehrmachtsbeamter, im Minsker Ghetto 'Judenaufseher' bei den Arbeitstrupps und als loyaler Anhänger des NS-Systems geltend. Ein Widerstandskämpfer war er ganz sicher nicht. Bewog ihn Mitgefühl, als er die Zwangsarbeiterin Ilse und ihren Arbeitstrupp während einer Massenerschießung versteckte? Oder war es zunehmende Verliebtheit des älteren Mannes in das junge Mädchen? Seine Zuwendung und mangelnde Linientreue fielen auf, die Abkommandierung an die Front stand bevor. In einer fast misslungenen Flucht rettete er sich mit Ilse, ihren beiden Schwestern und 25 weiteren jüdischen Häftlingen zu den Partisanen. Doch auch dort war Überleben schwierig: Schulz starb im Umerziehungslager, Ilse, die nach Sibirien deportiert wurde und unter unmenschlichen Bedingungen lebte, verlor ihr erstes Kind. Ihr gelang der Aufbau einer neuen Existenz, sie lebte mit ihrer Familie in Rostov am Don, als die Kontaktaufnahme mit den Spurensuchern aus Deutschland gelang. In den Filmaufnahmen Mechows beeindruckt der Überlebenswille der älteren Frau. Sie war einmal zu Besuch in Geiß-Nidda, traf sich mit ihrer Kindheitsfreundin Milli Born. Doch ehe ihr großer Wunsch, dauerhaft nach Deutschland zurückzukehren, realisiert werden konnte, starb Ilse Stein im Jahr 1993. Das Buch von Johannes Winter erschien im Verlag Brandes & Apsel und hat die ISBN-Nummer 978-3-86099-734-5." 
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Vgl. Artikel im Gießener Anzeiger" vom 18. Dezember 2018: "Johannes Winter liest in Gießen aus 'Die verlorene Liebe der Ilse Stein'...
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Juni 2019: Besuch von Politikern im Zimmermann-Strauß-Museum 
Artikel von Elfriede Maresch im "Kreis-Anzeiger" vom Juni 2019: '''Von Schabbat zu Schabbat': CDU besucht Zimmermann-Strauß-Museum in Nidda
Anlässlich der bundesweiten CDU-Aktion 'Von Schabbat zu Schabbat - Gemeinsam gegen Antisemitismus' haben CDU-Politiker das Zimmermann-Strauß-Museum in Nidda besucht.
NIDDA -
Anlässlich der bundesweiten CDU-Aktion 'Von Schabbat zu Schabbat - Gemeinsam gegen Antisemitismus' haben Staatsministerin Lucia Puttrich, die stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Barbara Heinz, Kreisbeigeordneter Matthias Walther, weitere Kreisbeigeordnete sowie Mitglieder des CDU-Kreisverbands, des Ortsverbands Nidda und der Jungen Union das Zimmermann-Strauß-Museum in Nidda besucht. Museumsleiterin Hildegard Schiebe gab als Einführung zum Museumskonzept zunächst einen kurzen lokalgeschichtlichen Rückblick. 'Jüdische Niddaer waren ganz normale Mitbürger, Geschäftsleute, Gewerbetreibende, die im ganzen Stadtgebiet und auch in einigen Ortsteilen verstreut wohnten. Gettoisierung gab es hier nicht. An der Einweihung der neuen Synagoge 1877 nahmen Vertreter der Kommune und viele Ortsbürger teil, ebenso am 50-jährigen Bestehen. Als es schon in den 1920er Jahren zu Schmierereien an der Synagoge kam, tadelte Bürgermeister Erk dies öffentlich', berichtete Schiebe. Sie nannte Menschenrechtsverletzungen nach 1933, wies aber auch auf mutige Beispiele von Solidarität hin, wenn für jüdische Mitbürger heimlich eingekauft wurde, wenn sie versteckt wurden oder Handwerksbetriebe trotz Nachteilen weiter für sie arbeiteten. Ein Fuhrunternehmer konnte bei Übergriffen auf die Synagoge 1938 heimlich die Thorarollen herausholen und so vor der Zerstörung retten. Schiebe betonte: 'Mit der Aktion ,Von Schabbat zu Schabbat' setzt die CDU Zeichen gegen den aktuellen öffentlichen Antisemitismus.'
Puttrich erinnerte daran, wie sie schon 2018 mit einer Gruppe der Wetterauer CDU anlässlich der Schabbat-Aktion die Synagoge in Bad Nauheim besucht hatte. Auch durch osteuropäische Zuwanderer ist die Gemeinde dort gewachsen. Aus Erzählungen von Familienangehörigen ist die Ministerin mit dem einstigen jüdischen Leben in Nidda vertraut, aber auch mit der Entwicklung des Jüdischen Museums. Sie erinnerte an Fred Strauß, den großzügigen Förderer der Einrichtung. Als Siegfried Strauß 1914 in Nidda geboren und aufgewachsen, konnte er rechtzeitig in die USA auswandern und seine Eltern nachholen. Auch als erfolgreicher Geschäftsmann hat er die alte Heimat Nidda nicht vergessen. Er kam zunächst inoffiziell zu Besuch, Kontakte zum katholischen Pfarrer Dr. Wolfgang Stingl entwickelten sich. Mit Recht kritisierte Strauß eine damals an der ehemaligen Synagoge angebrachte Gedenktafel, in der von 'weggezogenen' jüdischen Bürgern Niddas die Rede war. Das wurde geändert, auch auf Drängen der damals schon kommunalpolitisch engagierten Lucia Puttrich. Sie setzte sich auch für die Benennung einer Straße als Emanuel-Eckstein-Anlage ein. Interessiert und fördernd begleitete Strauß die Bemühungen Stingls, Erinnerungen an das jüdische Nidda zusammen zu tragen, ein Museumskonzept zu entwickeln und ein Haus entsprechend einzurichten. Mehrfach war Strauß dann offiziell zu Besuch in Nidda und im Museum, das 2001 eingeweiht werden konnte. Noch als 80-Jähriger habe er die Ehepaare Lucia und Hagen Puttrich und Rolf und Elvira Hartmann im Cadillac durch New York gefahren, als sie ihn dort im Rockefeller-Center besuchten. Obwohl Angehörige von ihm in Konzentrationslagern ermordet wurden, habe er sich nicht verbittern lassen. Die freundschaftliche Beziehung setzte sich über Generationen fort, im November 2018 besuchte der Enkel des Förderers, Matthew Strauß, Nidda und das Museum. Beim Rundgang erläuterte Schiebe die Exponate, schilderte Lebensbilder jüdischer Niddaer sowie Feste und Rituale. Die Fragen der Besucher zeigten, wie viel davon in Vergessenheit geraten ist. Genau da sehen die Aktiven des Zimmermann-Strauß-Museums ihre Aufgabe: der 'Nachbar Judentum' soll in Erinnerung bleiben, die Epochen guten Zusammenlebens ebenso wie das Unrecht an den Juden und der viel zu geringe zivile Widerstand."
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Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Nidda  
bulletWebsite des Niddaer Heimatmuseums  
bulletWebsite des jüdischen Zimmermann Strauß Museums    
bulletOnline auszugsweise zugänglich: Wolfgang Gilbert Stingl: Fragmente jüdischen Lebens in Nidda. Nidda 1995. sowie ders.: "Jüdisches Leben in Nidda im 19. und 20. Jahrhundert". Dissertation Frankfurt am Main 2001. 
bulletZur Geschichte von Ilse Stein aus Nidda und dem Hauptmann Willi Schulz wurde der Dokumentarfilm "Die Jüdin und der Hauptmann" gedreht (Regisseur Ulf von Mechow: Informationen bei www.mdr.de.  
bulletWebsite http://www.juden-in-nordhessen.co.de: unter " Genealogien jüdischer Familien in Nordhessen" findet sich hier ein Stammbaum der Familie Lob in Nidda 
bulletSeiten zu den jüdischen Friedhöfen in Nidda: ältere Friedhöfe, neuer Friedhof (interne Links) 

Quellen

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Nidda 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Nidda sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,627   Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Nidda  1795 - 1808: enthält Geburtsregister 1795 -1808, Trauregister 1798 - 1803 und Sterberegister 1800 - 1805; enthält auch Angaben zu Personen aus Ober-Seemen 
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3055103     
Bei Lagis-Hessen finden sich zu Nidda und Geiß-Nidda an allgemeinen Registern, in denen auch jüdische Personen genannt werden:
über die Links bei https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsearch/sn/pstr?q=Nidda&submit=LAGIS-Suche.
Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Nidda, 1795-1808 (HHStAW Abt. 365 Nr. 627, wie oben)
Nidda, Sterbenebenregister, 1884-1891 (HStAM Best. 924 Nr. 1259)
Nidda, Geburtsnebenregister, 1884-1891 (HStAM Best. 924 Nr. 1252)
Nidda, Sterbenebenregister, 1892-1899 (HStAM Best. 924 Nr. 1260)
Nidda, Sterbenebenregister, 1876-1883 (HStAM Best. 924 Nr. 1258)
Nidda, Geburtsnebenregister, 1876-1883 (HStAM Best. 924 Nr. 1251)
Nidda, Geburtsnebenregister, 1892-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 1253)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1890-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 1255)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1901-1912 (HStAM Best. 924 Nr. 1256)
Nidda, Sterbenebenregister, 1900-1912 (HStAM Best. 924 Nr. 1261)
Nidda, Sterbenebenregister, 1913-1925 (HStAM Best. 924 Nr. 1262)
Nidda, Sterbenebenregister, 1926-1938 (HStAM Best. 924 Nr. 1263)
Nidda, Sterbenebenregister, 1938-1950 (HStAM Best. 924 Nr. 1264)
Geiß-Nidda, Geburtsnebenregister, 1876-1887 (HStAM Best. 924 Nr. 678)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1913-1925 (HStAM Best. 924 Nr. 1257)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1876-1889 (HStAM Best. 924 Nr. 1254)
Geiß-Nidda, Geburtsnebenregister, 1888-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 679)
Geiß-Nidda, Sterbenebenregister, 1926-1938 (HStAM Best. 924 Nr. 684)
Geiß-Nidda, Sterbenebenregister, 1876-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 682).

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,2 S. 586; III,2 S. 967-968.
bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 127-129.
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 155.
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 189-190.
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 154.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 328-329.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 264-265. 
bulletWolfgang Gilbert Stingl: Fragmente jüdischen Lebens in Nidda. Nidda 1995. 
bulletNidda Lit 025.gif (30567 Byte)ders.: "Jüdisches Leben in Nidda im 19. und 20. Jahrhundert". Dissertation Frankfurt am Main 2001. 388 S., 67 Abb. € 15,00. ISBN 3-924072-32-9. 
Buchbesprechung in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 8. Juli 2002.     
bulletSusanne Gerschlauer: Synagogen. In: Kirchen und Synagogen in den Dörfern der Wetterau. Reihe Wetterauer Geschichtsblätter. Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Band 53. Im Auftrag des Friedberger Geschichtsvereins hrsg. von Michael Keller. Friedberg 2004 S. 289-326.
bulletdies.: Katalog der Synagogen. In: ebd. S. 555-580.  
bulletJohannes Winter: Herzanschläge. 1993.  Hieraus der Beitrag: 19.10.1939. Emanuel Eckstein wird in Nidda/Jessen zu Tode gehetzt - Der letzte Lebenstag des Emanuel Eckstein.   
bulletJohannes Winter: Die verlorene Liebe der Ilse Stein. Deportation, Ghetto und Rettung. 2007. Informationen zum Buch bei amazon.de     
bullet Nidda - New York - Eger. Gedenkschrift zum 100. Geburtstag von Siegfried Strauss, eines jüdischen Niddaers, und Festschrift zum 70. Geburtstag von Wolfgang Stingl. Hrsg. als Gemeinschaftsausgabe des Jüdischen Museums in Nidda e.V. und des Instituts für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien e.V. in Geiß-Nidda. Gerhard Hess Verlag 2015. www.gerhard-hess-verlag.de  ISBN 978-3-87336-526-1.    

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Nidda  Hesse. Although Jews lived there in medieval times, a community was not established until the 18th century, growing to 95 (5 % of the total) in 1900. Affiliated with the Orthodox rabbinate of Giessen, it also had members in Geiss-Nidda. The Nazi boycott forced Jews to leave, disbanding the community (and disposing of the synagogue) before Kristallnacht (9-10 November 1938). Many emigrated, the last Jew being stoned to death on 19 October 1939.  
   
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020