Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  (english version)  
   
In dem bis Anfang des 19. Jahrhunderts zum schwäbischen Ritterkanton Kraichgau gehörenden Flehingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1548 Juden am Ort genannt. 100 Jahre später werden nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wieder jüdische Familien aufgenommen. Beim Einmarsch der Franzosen 1689 tat sich ein jüdischer Einwohner namens Affrohmle (Abraham) besonders hervor: als die Franzosen abrückten, legten sie in zahlreichen Gebäuden Feuer. Unter Einsatz seines Lebens hat (der einzige damals im Ort verbliebene Einwohner) Affrohmle die Brandherde reihum im Keim erstickt.  Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Zahl der Juden auf zehn Familien begrenzt. 1734 wurden 14 jüdische Haushaltungen mit zusammen 77 Personen gezählt. 
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 156 jüdische Einwohner (13,9 % von insgesamt 1.125 Einwohnern), 1827 160 (14,0 % von insgesamt 1.143), 1832 höchste Zahl mit 167 Personen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück: 1871 132, 1887 141, 1900 114 (10,1 % von 1.134), 1910 107 (7,9 % von 1.350). Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Sickingen, nach 1894 auch die in Bauerbach lebenden jüdischen Personen (in Sickingen 1924/32 jeweils 13 Personen: Familien Heidelberger und Heumann). Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Viehhandel. 
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (zunächst in dem Gebäude Samuel-Friedrich-Sauter-Str. 14; 1853 Bezug eines anderen Hauses; 1876 Auflösung der Konfessionsschulen, 1896 oder kurz danach wurde ein neues Gemeinde- und Schulhaus erbaut, in dem sich auch die Lehrerwohnung befand: Gochsheimer Straße 16, in den 1970er-Jahren abgebrochen), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungstexte der Stelle unten). Im 19. Jahrhundert war 35 Jahre Lehrer am Ort Wolf Flehinger (1840-1875, Artikel zu seinem Tod s.u.). Von 1887 an war Lehrer Schweizer am Ort - er konnte 1911 in Flehingen sein 50jähriges Dienstjubiläum feiern (siehe Bericht unten). Nach dem Tode von Lehrer Schweizer (1916) folgte Lehrer Isaak Rabinowitz (bis Anfang der 1920er-Jahre, danach Lehrer Moses Schloß, s.u.).   
Die Gemeinde wurde 1827 dem Rabbinatsbezirk Bretten zugeteilt.  

Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Ferdinand Schlesinger (geb. 7.2.1889 in Flehingen, gef. 21.9.1914), Gefreiter Hermann Barth (geb. 12.6.1890 in Flehingen, gef. 31.3.1918) und Louis Barth (geb. 11.7.1885 in Flehingen, gef. 26.3.1916). Ihre Namen stehen auf dem Gefallenendenkmal der Gemeinde an der Gochsheimer Straße. Außerdem ist gefallen: Josua (Josef) Stahl (geb. 16.6.1884 in Flehingen, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gef. 22.8.1914). 
 
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde 86 Personen gehörten (6,3 % von insgesamt 1.384 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Berthold Ackermann, Louis Barth und Theodor Ettlinger. Als Lehrer war Bernhard Lehmann tätig. Er erteilte damals 7 jüdischen Kindern den Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Wohltätigkeits- und Bestattungsverein Chewra Kadischa (Israelitischer Männerverein; mit einer Schiur am Schabbat; Leitung 1924/32 Heinrich Weingärtner) sowie den Israelitischen Frauenverein (Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattungswesen). 1932 waren die Gemeindevorsteher Louis Barth (1. Vorsitzender), Elias Heidelberger (2. Vorsitzender), Robert Schlesinger (3. Vorsitzender) sowie 2 weitere Mitglieder der Gemeinde. Als Lehrer und Schochet war inzwischen Moses Schloß angestellt. Er unterrichtete im Schuljahr 1931/32 7 Kinder in Religion. 
  
1933 gab es unter den jüdischen Gewerbetreibenden noch ein Dutzend Viehhändler; außerdem waren sechs Ladengeschäfte im Besitz jüdischer Familien. Im einzelnen handelte es sich um folgende Handels- und Gewerbebetriebe: Fa. Berthold Ackermann (Gochsheimer Straße 4, Lagerhaus Bahnhofstraße 30), Handelsmann Gustav Barth (Bissinger Straße 24), Handelsmann Heinrich Weingärtner (Bissinger Straße 22, abgebrochen), Handelsmann Louis Barth (Gochsheimer Straße 25), Viehhandlung Wolf Barth (Gochsheimer Straße 25), Viehhandlung Wolf Barth (Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 8), Handelsmann Elias Heidelberger (Am Senselberg 3), Handelsmann Nathan Heidelberger (Frank-von-Sickingen-Straße 18), Viehhandlungen Maier/Mannheimer und Kahn (Bissinger Straße 39), Handelsmann Moses Schlessinger (Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 7), Eisenwarenhandlung Robert Schlesinger (Bahnhofstraße 3), Schuhmachergeschäft Siegmund Uhl (Bissinger Straße 4), Handelsmann Hugo Weingärtner (Gochsheimer Straße 12), Handelsmann Viktor Weingärtner (Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 6).   
 

1933 lebten noch 72 jüdische Personen in Flehingen. Auf Grund der in den folgenden Jahren zunehmenden Repressalien, der Entrechtung und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verließen die meisten der jüdischen Einwohner Flehingen: 1937 wurden noch 32, 1939 noch 24 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge niedergebrannt (s.u.). Von den jüdischen Einwohnern, die bis 1940 auswandern konnten, sind 47 in die USA, 1 in die Schweiz, 1 nach Kanada, 3 nach Frankreich (diese 3 Personen der Familie Uhl wurden jedoch von ihrem Fluchtort deportiert und sind umgekommen). Am 21. Oktober 1940 wurden die letzten 9 jüdischen Einwohner aus Flehingen nach Gurs deportiert.  
  
Von den in Flehingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sofie Ackermann (1887), Berta Bär geb. Hausmann (1886), Beate Bärtig, Eda (Edda) Barth geb. Schlesinger (1896), Recha Bärtig geb. Schlessinger (1894), Heinrich Barth (1888), Heinrich Barth (1889), Hermann Barth (1889), Jeanette Barth geb. Schönfärber (1872), Johanna Barth geb. Kaufmann (1880), Josef Barth (1890), Julius Barth (1891), Lazarus Barth (1887), Lazarus Barth (1887), Leo Barth (1901), Toni Baum geb. Bierig (1886, vgl. Erinnerungsblatt des "Aktiven Museums" Spiegelgasse Wiesbaden), Karoline Bierig (1878), Philipp Blüthe (1909), Isak Flehinger (1874), Flora Greilsheimer geb. Mannheimer (1908), Karoline Greilsheimer geb. Schlessinger (1905), Mirjam Greilsheimer geb. Barth (1893), Lina (Mira) Gutmann (1892), Amalie Heidelberger geb. Gutman (1884), Elias Heidelberger (1869), Nathan Heidelberger (1873), Berta Heilbrunn geb. Flehinger (1883), Josef Herrmann (1866), Frieda Herz geb. Bierig (1879),Zidonia Kahn geb. Bierig (1884), Therese Kaufmann geb. Heidelberger (1857), Therese Kaufmann (1867), Leonie Lehmann geb. Meier (1887), Martha Lieben (1891), Hermine Rothschild (1881), Fanny Schlessinger geb. Kaufmann (1895), Gottschalk Schlessinger (1852), Leon Schlessinger (1888), Robert Schlessinger (1886), Jakob (Jukal) Schloß (1880), Hermine Simon (1890), Baruch Stahl (1876), Lina Stahl (1910), Emmi Uhl (1905), Natalie Uhl geb. Billigheimer (1869), Sara Uhl (1905), Siegmund Uhl (1876).
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1875 / 1877 / 1885 / 1887 

Flehingen Israelit 29121875.jpg (50466 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1875: "Die Religionsschulstelle zu Flehingen, womit Vorsänger- und Schächterdienst verbunden, wird andurch mit einem Fixum von 850 Mark, 400 Mark Gefallen und freier Wohnung zur baldigen Bewerbung und Einsendung der Abschriften von Befähigungs- und Sittenzeugnissen ausgekündigt. 
Bruchsal, 27. Dezember 1875. Das Bezirksrabbinat." 
  
Flehingen Israelit 10011877.jpg (55354 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1877: "Die israelitische Religionslehrerstelle in Flehingen, womit Kantor- und Schächterdienst verbunden, wird mit einem festen Gehalt von Eintausend Mark, 300 Mark Gefällen und freie Wohnung andurch zur Bewerbung innerhalb 3 Wochen ausgeschrieben. Tüchtige, in obigen Berufszweigen qualifizierte Lehrer wollen ihre Bewerbungen mit Zeugnissen und curriculum vitae belegt, franco anher gelangen lassen. 
Bruchsal, 3. Januar 1877. Das Bezirksrabbinat."
 
Flehingen Israelit 18061885.jpg (102664 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1885: "Durch die Beförderung des Lehrers ist die Religionsschul-, Kantor- und Schächterstelle in Flehingen, Rabbinatsbezirk Bretten, in Erledigung gekommen. Das Einkommen besteht in einem jährlichen Fixum von 600 Mark, freier Wohnung und 500-600 Mark Nebenverdienst, wozu noch für 1mal wöchentliche Unterrichterteilung etc. in dem benachbarten Bauerbach die Emolumenten von ca. 100 Mark kommen dürften.
Geeignete - in erster Reihe ledige - Bewerber haben ihre Meldungen unter Darlegung ihres Lebens- und Studienganges mit Nachweis über Befähigung und sittliche religiöse Führung über Befähigung nur in Zeugnisabschriften, da die diesbezüglichen Schriftstücke unbedingt nicht zurückgegeben werden, innerhalb 14 Tagen franco an die Großherzogliche Bezirks-Synagoge Bretten gelangen zu lassen. 
Bretten (Baden), den 16. Juni 1885. Schlessinger, Bezirksrabbiner."
 
Flehingen Israelit 08091887.jpg (80451 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1887: "Die Religionsschul-, Vorsänger und Schächterstelle zu Flehingen, Bezirksrabbinat Bretten, womit ein jährliches Fixum von 700 Mark, freie Wohnung und 500 Mark Nebenverdienst verbunden, wird wegen Verheiratung des bisherigen Inhabers nach auswärts zur Wiederbesetzung auf 1. November hiermit ausgekündigt. Qualifizierte Bewerbe wollen baldmöglichst - jedenfalls innerhalb 3 Wochen - ihre frankierte Meldungen mit den nicht zurückzugebenden Abschriften ihrer Zeugnisse über Studiengang und Wirksamkeit gelangen lassen an die Großherzogliche Bezirkssynagoge Bretten."   

 
Zum Tod von Lehrer Wolf Flehinger (1840 bis 1875 Lehrer in Flehingen)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1875: "Wiesloch, 7. November (1875). Leider hat der unerbittliche Tod wieder einen würdigen Mann aus unserer Mitte gerissen. Am vergangenen Mittwoch, dem 5. Marcheschwan (= 3. November 1875), verschied nach nur zweitägiger Krankheit der Religionslehrer Wolf Flehinger von Flehingen. Nach Kundwerden eilte Schreiber dieses, ein früherer Schüler des Verstorbenen, nach dort, um demselben die letzte Ehre zu erweisen. 
Flehinger wirkte als Lehrer, Vorbeter und Schochet über 35 Jahre in seiner Heimatgemeinde zur größten Zufriedenheit seiner Gemeinde und seiner Behörde. Bei seinem Onkel, Rabbiner Feidel - seligen Andenkens - (gemeint: Rabbiner Veit Flehinger, 1794-1854 Rabbiner in Flehingen) in Bretten erwarb derselbe sich ein tiefes Wissen in unserer heiligen Tora, sodass er in diesem Fache mehr als ein gewöhnlicher Religionslehrer ausgerüstet war, und dieses veranlasste ihn auch, als echter Jehudi zu leben, und befähigte ihn, seiner Gemeinde stets als Vorbild voranzuschreiten und dieselbe immer in echter Religiosität zu erhalten. 
Mit besonderer Vorliebe bekundete er stets die drei Grundpfeiler unserer heiligen Religion, Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit. Es war ihm eine wahre Freude, der Armen zu gedenken, besonders derjenigen in Erez Israel. 
Herr Bezirks-Rabbiner Schleßinger aus Bruchsal hielt die Leichenrede und sprach über die Worte 'die auf den Ewigen hoffen, legten an neue Kraft' (Jesaja 40,31) aus der dieswöchigen Haftara (prophetischen Lesung) in sehr beredter Weise; er wusste eine lebhafte Schilderung über den Verstorbenen zu geben, zumal er den Verblichenen kannte, das Schleßinger selbst ein Schüler Flehingers war. Dass er ein angesehener Bürger und Kollege war, bezeugte die Leichenbegleitung; sogar viele Nichtisraeliten beteiligten sich an dem Leichenzuge; ja von nah und fern eilten Freunde herbei, ihm die letzte Ehre zu erweisen. 
Der Verewigte erreichte ein Alter von 69 Jahren und hinterlässt eine tief trauernde Witwe mit 4 Kindern. Die Gemeinde Flehingen verliert in ihm einen teuern Freund und Genossen, der Lehrerstand einen wackern Amtsbruder. Möge er aufgenommen werden in den Bund des ewigen Lebens. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. Ackermann, Lehrer."  

   
50-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Schweizer (1911)  

Flehingen Israelit 27041911.jpg (105673 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1911: "Flehingen (Baden), 17. April. In voller körperlicher Rüstigkeit beging hier am 2. dieses Monats Herr Lehrer Schweizer sein 50jähriges Dienstjubiläum. Die jüdische Religionsgemeinde ließ es sich nicht nehmen, diesen Tag zu einem allgemeinen Festtag zu gestalten. Nachmittags 3 Uhr fand ein feierlicher Gottesdienst statt, wobei Herr Bezirksrabbiner Schlesinger - Bretten die Festpredigt hielt. Nach Beendigung desselben zogen alle Teilnehmer - die vollzählige israelitische Gemeinde, der Gemeinderat mit dem Bürgermeister an der Spitze und die sonstigen offiziellen Persönlichkeiten des Orts - in feierlichem Zuge zum Gasthaus zum 'Adler'. In einer Reihe von Ansprachen wurde hier der Jubilar unter gleichzeitiger Überreichung passender Ehrengeschenkte gefeiert. Herr Synagogenvorsteher Schlesinger sprach für die Gemeinde, Herr Lehrer Levy - Berwangen im Namen der Kollegen des Bezirks und Herr Hauptlehrer Stahl - Mannheim für die ehemaligen Schüler. In bewegten Worten dankte der Gefeierte für die ihm erwiesene Ehrung. Der Abend vereinigte nochmals Jung und Alt im 'Adlersaal'. Es galt, sich an den wohl gelungenen Theateraufführungen der 'einheimischen Künstler' zu erfreuen."
  
Flehingen FrfIsrFambl 28041911.jpg (15563 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. April 1911: "Flehingen (Baden). Lehrer Schweizer feierte unter zahlreichen Ehrungen sein 50jähriges Dienstjubiläum."  
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. April 1911: "Herr Lehrer Schweitzer in Flehingen beging am 8. dieses Monats unter großen Ehrungen seitens der Behörde und seiner Gemeinde sein fünfzigjähriges Amtsjubiläum. Möge dem treuen Beamten ein froher Lebensabend beschieden sein".         

  
Lehrer Isaak Rabinowitz kommt nach Flehingen (1916)  

Flehingen FrfIsrFambl 15091916a.jpg (25824 Byte)Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. September 1916: "Flehingen. Als Nachfolger des verstorbenen Lehrers Schweizer ist Lehrer Isaak Rabinowitz aus Odernheim, Sohn des vor einem Jahre in Frankfurt am Main verstorbenen Reb Schmul Rabinowitz, gewählt worden."

    
Beitrag von Lehrer Moses Schloß über "Der neue badische Lehrplan" (1932) 
Anmerkung (Angaben auf Grund der intensiven Recherchen von Wolfgang Schönfeld, Flehingen 2012): Lehrer Moses Schloß ist am 14. August 1871 in Külsheim geboren. Er war verheiratet mit Lea geb. Wechsler, die am 13. Juni 1870 im oberfränkischen Aschbach geboren ist. Moses Schloß war Mitte der 1920er-Jahre Lehrer in Diersburg, bis er Anfang 1932 (Angaben des Ortsarchives Flehingen - Melderegister) nach Flehingen wechselte. Er war der letzte Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde in Flehingen. Am 10. Juli 1940 verließ er Flehingen (Angabe des Ortsarchives Flehingen), um mit seiner Frau in das jüdische Altersheim ("Friedrichsheim") in Gailingen zu ziehen. Von hier wurden Moses und Lea Schloß am 22. Oktober 1940 in das südfranzösische Konzentrationslager Gurs deportiert. Ein Gedenkblatt bei Yad Vashem ist zu Moses Schloss vorhanden, allerdings keine Eintragung im Gedenkbuch des Bundesarchives. Nach weiteren Recherchen von Wolfgang Schönfeld (Auskunft vom 19.3.2012) befand sich Moses Schloss im Februar 1943 in einem "Heim für alte Männer" im Département Corrèze (Link). Im März 1943 kam das Ehepaar Schloss vom Lager Nexon (Haute Vienne) in ein Altersheim nach Cornil (Dep. Corrèze), wo sie bis Kriegsende untergebracht waren. Lea Schloss starb am 11. September 1945. Moses Schloss verließ Cornil im Mai 1946. Er starb am 15. Dezember 1946 in Périgueux und wurde im israelitischen Teil des Cimetière de l'Ouest beigesetzt.         

Flehingen Israelit 30061932.jpg (212754 Byte)Flehingen Israelit 30061932a.jpg (236897 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1932: "Der neue badische Lehrplan" von Lehrer Schloss in Flehingen". Der Artikel wird nicht ausgeschrieben - bei Interesse zum Lesen bitte anklicken"

    
Beitrag von Lehrer Moses Schloß über "Von der Ausbildung von Hilfsvorbetern" (1934)  

Flehingen Israelit 02081934.jpg (163177 Byte)Flehingen Israelit 02081934a.jpg (182514 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1934: "Von der Ausbildung von Hilfsvorbetern von Lehrer Schloß in Flehingen". Der Artikel wird nicht  ausgeschrieben - enthält jedoch einige Details zur Unterrichtspraxis von Lehrer Schloß - bei Interesse zum Lesen bitte anklicken."

   
Grab-/Gedenkstein für Moses Schloß auf dem Friedhof - Cimetière de l'ouest - in Périgueux 
(Fotos: Wolfgang Schönfeld, Aufnahmedatum 9.9.2012)  

Schloss Moses Grab 010.jpg (284737 Byte) Schloss Moses Grab 011.jpg (317508 Byte) Schloss Moses Grab 012.jpg (284327 Byte)
 Der Grab-/Gedenkstein für Moses Schloss und weitere Personen auf dem Cimetière de l'Ouest in Périgueux. Es handelt sich um einen allgemeinen, nicht um einen speziell jüdischen Friedhof. Auf diesem allgemeinen Friedhof sind jedoch auch jüdische Personen beigesetzt. 
Das Grab von Lea Schloss auf dem Friedhof des ehemaligen Centre de Rabès in Cornil existiert nicht mehr. Der Friedhof wurde nach Ablauf der dortigen Liegezeiten neu belegt (Informationen von Wolfgang Schönfeld)    

     
     
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
     
Zwei Israeliten werden in bürgerliche Ämter gewählt (1868)  

Flehingen Israelit 23091868.jpg (38320 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September 1868: "Flehingen (Baden). Von der liberalen Gesinnungsweise der hiesigen politischen Gemeinde zeugt die erfreuliche Tatsache, dass bei den jüngst hier stattgefundenen Wahlen zwei Israeliten, und zwar einer zum großen Gemeinde-Ausschusse und ein zweiter zu den Kreiswahlmännern, mit großer Majorität gewählt wurden.  Fl...."  

    
Bericht über fromme jüdische Viehhändler aus Flehingen (1898)  

Eppingen Israelit 14031898.JPG (94293 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1898: "Eppingen, 9. März (1898). Es ist ein wahrhaft wohltuendes Gefühl, wenn man in der heutigen, religiös-indifferenten Zeit die Wahrnehmung macht, dass es - Gott sei Dank - noch viele Jehudim gibt, welche sich Zeit, Mühe und Geld kosten lassen, um die Pflichten ihres Glaubens pünktlich zu erfüllen. Ein solch angenehmes Gefühl überkam uns, als hier am jüngsten Montag aus dem Abend sechs Uhr Zuge drei einfache Handelsleute aus Flehingen (Baden) entstiegen, um im öffentlichen Gottesdienste die Megilla (sc. Lesung auf dem Buch Ester zum Purimfest). Dieselben waren an diesem Tage auf einem berühmten Viehmarkte in Kirchheim unter Teck (Württemberg), und beabsichtigten noch am gleichen Tage in ihren Heimatort zu reisen, doch der Fahrplan zeigte ihnen, dass sie erst nach der öffentlichen Lesung eintreffen konnten. Sie benützten deshalb den Schnellzug nach Heilbronn und kamen um sechs Uhr hier (sc. Eppingen) an. Nach Beendigung des Gottesdienstes war es gerade Zeit, die Reihe per Bahn fortzusetzen und um acht Uhr waren sie zuhause. Diese braven Männer sind die Herren Gottschalk Schlessinger (Bruder des Herrn Bezirksrabbiners Schlessinger in Bretten), Simon Barth (naher Verwandter des Herrn Professors Barth in Berlin) und Theodor Ettlinger, ebenfalls aus einer angesehenen Familie. E."  

    
Der "Israelitische Frauenverein" feiert sein 25-jähriges Bestehen (1911)  

Flehingen Israelit 19011911.jpg (82527 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1911: "Flehingen (Baden), 5. Januar (1911). Der hiesige 'Israelitische Frauenverein' konnte dieser Tage auf eine 25jährige segensreiche Wirksamkeit zurückschauen. Aus diesem Anlass fand am 31. Dezember im Gasthaus zum 'Adler' eine kleine Feier statt, an der sich alle Mitglieder beteiligten. Herr Reallehrer Hausmann von hier, zur Zeit in Mosbach, gedachte in einer Ansprache der Entstehung, Entwicklung und Tätigkeit des Vereins. Die Verdienste, die sich Herr Lehrer Schweizer seit 23 Jahren durch uneigennützige Führung des Vereins erworben hat, brachte derselbe dadurch zum Ausdruck, dass die eine Vorsteherin des Vereins, Frau Bierig, ihm ein schönes Geschenk mit sinniger Ansprache überreichte. Die Feier, die in allen Teilen als recht gelungen bezeichnet werden kann, hielt die Teilnehmer bis in die Morgenstunde beisammen."  

  
Gründung einer Agudas-Jisroel-Frauen- und Mädchengruppe (1918)  

Flehingen FrfIsrFambl 06121918.jpg (95513 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Dezember 1918: "Aus der 'Agudas Jisroel' - Bewegung. Flehingen. Heute wurde hier eine Agudas-Jisroel-Frauen- und Mädchengruppe' ins Leben gerufen. Lehrer Rabinowitz wusste trefflich die Ziele und Zwecke der Agudo klarzulegen. Er begründete die unbedingte Notwendigkeit eines religiösen Vereins durch die Darstellung der jetzigen jüdischen Verhältnisse im Gegensatz zu den früheren Zeiten. Ferner brachte er zum Ausdruck, dass die Agudo den Zweck hat, das Judentum in einen Bund zu vereinigen, um sich so mit der Thora zu beschäftigen und das große Feld des jüdischen Gebiets zu bearbeiten. Das erfreuliche Resultat dieses Vortrags war der Abschluss sämtlicher Damen als Mitglieder. Frl. Nanny Barth, welche in Karlsruhe bereits aktiv in der Agudo tätig war, wurde als Schriftführerin ernannt. Vorgesehen ist die Durchnahme von Dinim, sowie der laufenden Wochenabschnitte. Ferner sollen Vorträge über jüdische Geschichte und Literatur sowie über aktuelle jüdische Fragen gehalten werden."  

  
   
Berichte über einzelne Personen aus der Gemeinde   
Zum Tod von Isaak Weimann (1868)  

Anzeige in der "Karlsruher Zeitung" vom 1. Juni 1868: "Bretten. Aufforderung unbekannter Gläubiger der Verlassenschaft des Isaak Weimann von Flehingen. Der Synagogenrat Flehingen hat anher vorgetragen, dass Isaak Weimann von da am 4. September 1865 gestorben sei mit Hinterlassung eines überschuldeten Vermögens, und dass dessen Erben deshalb auf die Erbschaft verzichtet haben. Nach Bezahlung der bevorrechteten Gläubiger habe dessen Vermögen 48 fl. 48 kr. betragen, während die israelitische Gemeinde an den Nachlass 98 fl. 25 kr. zu fordern habe. Auf Antrag der israelitischen Gemeinde und nach Ansicht der b.P.O. §§ 684,690 werden wir dieselbe ermächtigen, die 48 fl. 48 kr. zu erheben, wenn nicht innerhalb 2 Monaten Einsprache hiergegen bei uns erheben wird. Bretten, den 23. Mai 1868. Großherzoglich badisches Amtsgericht. Kamm."  

  
Zum Tod von Jakob Weingärtner (1889)  

Flehingen Israelit 06051889.jpg (153304 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1889: "Nachruf. (unlieb verspätet). Am 1. Tage der Halbfeiertage des Pessachfestes bewegte sich ein kaum übersehbarer Leichenkondukt durch die Straßen unseres Ortes, welcher die sterblichen Reste eines edlen Dulders unter Beteiligung alles Konfessionen wie zahlreicher Freunde und Bekannter von Nah und Fern zur Stätte der ewigen Ruhe geleitete. Der teure Verblichene, Jacob Weingärtner von hier, im Alter von nur 54 Jahren, wurde vor 12 Jahren von einem schweren, eine Operation nach sich ziehenden Lungenleiden befallen, welches er bis zu seinem Hinscheiden mit der größten Geduld und Seelenruhe, die nur einem gläubigen Gemüte eigen, ohne ein Wort der Klage, ertrug. Der Verewigte war ein wichtiger Mann und echte Jehudi und erwarb sich durch sein bescheidenes, friedliches und gottgefälliges Leben und durch sein menschenfreundliches und herztätiges Schaffen und Wirken die Liebe und Achtung Aller, weit über die Grenzen seines Heimatortes hinaus; er war (in der vollen Bedeutung des Wortes) 'Jakob, ein schlichter Mann, wohnend in Zelten' (1. Mose 25,27). Derselbe verwaltete eine Reihe von Jahren mit größter Gewissenhaftigkeit das Amt eines Vorstehers, bis er dasselbe wegen Zunahme seiner Leiden niederzulegen genötigt war; ebenso fungierte er Jahre lang durch sein Genie und seine liebliche Stimme und vorzüglichen Vortrag als gern gehörter Vorbeter an den ehrfurchtgebietenden Tagen und ließ er sich's doch nicht nehmen,  noch am letzten Jom Kippur, trotz seiner äußerst geschwächten Gesundheit, das Nidre- und Neila-Gebet vorzutragen. Die Gemeinde verliert an dem Verblichenen eines der edelsten ihrer Mitglieder. Herr Bezirksrabbiner Schlesinger in Bretten, wegen des Halbfeiertages von einer Leichenrede Umgang nehmend, richtete vor dem Trauerhause tief ergreifende, von Herzen kommende und zu Herzen gehende Trostworte an die Leidtragenden. So möge denn der Allgütige die schwer gebeugte Familie trösten. Seine Seele sein eingebunden in den Bund des Lebens. Flehingen (Baden), 2. Mai 1889."  

  
Zum Tod von Nanette Barth (1892)  

Flehingen Israelit 16061892.JPG (165179 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1892: "Wiesloch, 7. Juni (1892). Diese Woche starb in Flehingen bei Bretten, wenige Tage nach einem Sturze in den Keller, die verwitwete Frau Nanette Barth. Zu ihrem Leichenbegängnis eilten ihre Kinder, Verwandten und Freunde aus der Nähe und Ferne, um der teueren Toten die letzte Ehre zu bezeugen. Die Beteiligung bei dem Leichenbegängnis war überaus zahlreich, sogar die christliche Bevölkerung nahm großen Anteil daran; es zeigte sich da deutlich, welcher hoher Achtung und Beliebtheit sich die Verstorbene unter allen Einwohnern des Dorfes erfreute. Im Trauerhause widmete der Schwiegersohn, Herr Lehrer Ehrenreich aus Wertha (gemeint: Wehrda) bei Fulda, der Dahingeschiedenen einen herzergreifenden Nachruf. Auf dem Friedhof hielt Herr Bezirksrabbiner Schlesinger in Bretten die eigentliche Leichenrede und gab in herrlichen Gedanken einen erhabenen Lebensabriss der Verstorbenen, die eine wahre wachere Frau gewesen, wobei kein Auge tränenleer blieb. Hierauf ergriff Herr Professor Dr. Barth aus Berlin, ein Stiefsohn der Verstorbenen, schmerzerfüllt das Wort. Mit durch tränenerstockter Stimme sprach er seiner unvergesslichen Mutter, die ihn im arten Kindesalter erzog, da ihm seine eigene Mutter, Schwester der Verstorbenen, vor jetzt 28 Jahren durch den Tod entrissen worden, im Namen seiner übrigen 9 Geschwister den Dank aus, für all das Gute, das sie in aufopfernder Liebe und Treue erwiesen. Am 8. Juni sollte die Hochzeitsfeier eines ihrer Söhne stattfinden, wozu schon alle Vorbereitungen getroffen waren. Der Lenker aller menschlichen Schicksale, der Gebieter über Leben und Tod hat es anders gewollt; es wurde aus dem Trauhaus ein Trauerhaus, aber 'es ist besser zu gehen in das Haus der Trauer als zu gehen in das Haus des Mahls' (Prediger 7,2)."  

 
Zum Tod von Prof. Dr. Jakob Barth (1914) 
Anmerkung: Jakob Barth (1851 Flehingen - 1914 Berlin): Orientalist, 1874 Dozent am Berliner Rabbinerseminar und Prof. der semitischen Philologie an der Universität Berlin (bis 1914), einer der bedeutendsten Orientalisten seiner Zeit (Arbeiten zur Semitistik, Bibelexegese, Ausgaben arabische Handschriften), gehörte vielen jüdischen Organisationen und dem Verband der deutschen Juden an führender Stelle an.  

Flehingen Frf IsrFambl 30101914.JPG (262621 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Oktober 1914: "Professor Jakob Barth. 'Chaval ad de-awdin we-le mischtakchin - Wehe, über die, die dahingegangen, und die nicht zu ersetzen sind!' 
Ja, unersetzlich ist der Verlust, den das deutsche Judentum und die Wissenschaft des Judentums erlitten. Ein genialer Sprachforscher, der in den Annalen der Semitistik dauernd fortleben wird, und ein wahrhaft gläubiger Jude ist mit ihm dahingegangen. Was er der allgemeinen Wissenschaft gewesen, das wird sicherlich an anderen Stellen gebührend gewürdigt werden, was er der jüdischen Wissenschaft gewesen, auch das lässt sich im Rahmen eines Nachrufes nur andeutungsweise sagen. 
Vierzig Jahre lang hat er in einzigartiger Weise den Hörern des Rabbinerseminars die Propheten und unsere anderen heiligen Schriften erklärt. Er musste sich da eigene Wege bahnen; es waren fast gar keine Vorarbeiten vorhanden, die für eine wissenschaftliche und doch mit unserer Tradition zu vereinbarende Exegese brauchbar waren. Dass er es fertig brachte, strengste Wissenschaftlichkeit und strengste Gläubigkeit restlos miteinander zu vereinen, ist eine Großtat, die - zum Nacheifern anfeuernd - noch in späteren Generationen nicht vergessen werden wird. Wie schwer die Arbeit war, die der Heimgegangene damit leistete, kann nur der ermessen, der die oft blendenden und dabei sich doch oft selbst widerlegenden Thesen auf dem Gebiet der Bibelexegese kennt und weiß, welch einen ungeheuren Schaden sie auch in jüdischen Kreisen angerichtet hat. 
Mit bewundernswürdiger Klarheit verstand er es, auch die schwierigsten Stellen in unserem heiligen Schrifttum zu meistern, Gedankengänge aufzudecken, die anderen Forschern bis dahin verborgen waren und dann doch so einfach schienen. Vor allem aber war er ein unerreichter Meister in der rein sprachlichen Durchdringung der Bibel. Auf diesem Gebiete und in der Erforschung des Baues der hebräischen Sprache haben seine genialen Anschauungen fast allgemeine Anerkennung gefunden. Es ist hier nicht der Platz, um auf Einzelnes einzugehen, aber sein grundlegendes Werk: 'Die Nominalbildung in den semitischen Sprachen' mag wenigstens genannt werden. 
Nun ist dieser große Mann dahingegangen, und doppelt groß ist der Schmerz, dass es die meisten von uns ganz unvorbereitet getroffen hat. Wir hatten keine Zeit, wie sonst wohl einmal im Leben, uns widerstrebend und dennoch langsam auf einen drohenden Verlust vorzubereiten. Scheinbar kerngesund ging er noch im Sommersemester seinen Pflichten nach, und niemandem mochte wohl der Gedanke kommen, dass wir so bald an seiner Bahre stehen würden. Ach, wie viel Jahre hätten wir uns noch seiner Führung erfreuen wollen, und nun - müssen wir uns in das plötzlich Hereingebrochene schicken. 
Mag uns der Gedanke trösten, wie es auch sein Schwager, Dr. Meier Hildesheimer, in seinen zu Herzen gehenden Worten an der Bahre sagte, dass ihm der Allmächtige langes Siechtum ersparen wollte und den Schmerz und den Verlust seines Sohnes, unseres lieben, um den Misrachi in Berlin so verdienten jungen Gesinnungsgenossen, Dr. Heinrich Barth, der eben ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuze, auf dem Felde der Ehre fürs Vaterland fiel.  
Der Allmächtige tröste seine gesamte Familie, vor allem seine würdige Gattin, eine Tochter unseres großen Meisters Rabbi Esriel Hildesheimer. Mag der Gedanke mithelfen, ihren Schmerz zu lindern, dass Israel mit ihnen trauert um den großen Sohn und den großen Gelehrten. Dr. H. P., Berlin."
Flehingen Frf IsrFambl 30101914a.jpg (209376 Byte)"Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Jakob Barth, 1751 in Flehingen geboren, begann 1873 als Dozent an der Berliner Universität seine Lehrtätigkeit. Sein Lehrbezirk umfasste arabische und syrische Sprache und Erklärung älterer arabischer Schriftdenkmäler. Sehr geschätzte waren besonders seine Vorlesungen über den Koran, in dessen gründlicher Kenntnis er mit seinem Lehrer und Freunde Th. Nöldeke wetteiferte. Seinen Ruf in der Wissenschaft begründete Barth mit einer sehr sorgfältig kommentierten Ausgabe des 'Kitab al fasih' des arabischen Grammatikers Thalab, zu der er umfassende Handschriften-Vergleichungen in den Bibliotheken von Berlin, Leiden und Rom vorgenommen hatte. Aus einer Reihe von Einzelstudien zur vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen, die er in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft veröffentlicht hatte, ging sein linguistisches Hauptwerk 'Die Nominalbildung in den semitischen Sprachen' hervor, das in zwei Abteilungen 1889 und 1891 erschien und allseitig Beachtung fand. Der Standpunkt der vergleichenden Betrachtung der semitischen Sprachen, den Barth in diesem Werke einnimmt, führte zu einer längeren und ziemlich heftigen Polemik mit Paul de Lagarde. Auch auch Lagarde musste die außerordentliche Beherrschung der sprachlichen Einzelheiten und die Fülle neuer Bemerkungen bei seinem Gegner anerkennen, Vorzüge, die auch dessen spätere 'Etymologische Studien zum semitischen, insbesondere zum hebräischen Lexikon' auszeichnen. Auch als Herausgeber arabischer Literaturdenkmäler hat er Vortreffliches geleistet: so in den Ausgaben der Annalen des Tabai (Bd. 1) und des Divân des Kutami (1901). 
Aus seiner Lehrtätigkeit am Rabbinerseminar gingen verschiedene kritisch-exegetische Schriften zur Bibel hervor, unter denen die 'Beiträge zur Erklärung des Buches Hiob' und 'Beiträge zur Erklärung des Jesaja' die wichtigsten sind. - 
Zur Beisetzung auf dem Friedhofe des 'Adaß Jisroel'-Gemeinde (in Berlin) waren Rektor Geheimrat Professor Kipp sowie sämtliche Fachkollegen der großen Semitologen erschienen. Es sprachen Rabbiner Dr. Munk, Rektor Dr. Hoffmann vom Rabbinerseminar und Dr. Meier Hildesheimer. Die letzte Ehrung wirkte umso ergreifender, als auch gleichzeitig dem auf dem Felde gefallenen Sohn die letzte Ehrung ward."

  
Artikel von Rudolf Leszynsky über Prof. Dr. Jakob Barth (1914)    

Flehingen AZJ 06111914.jpg (378804 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. November 1914: "Vor etwa 45 Jahren wurde einem Primaner des Gymnasiums in Karlsruhe die vom Großherzog Friedrich gestiftete goldene Medaille des Fichtepreises überreicht für den besten Vortrag über Fichtes Reden an die deutsche Nation. Dieser Schüler war Jacob Barth, der spätere außerordentliche Professor der semitischen Philologie in Berlin. Die hervorragende Begabung, die den jungen Mann schon in so frühen Jahren auszeichnete, führte ihn später zu Erfolgen, die auf ganz anderen Gebieten lagen. Im Anfang fühlte er Neigung zu Rabbinerberuf, da er aus einer frommen Familie in Flehingen in Baden stammte und schon von frühester Jugend an Unterricht in Bibel und Talmud genossen hatte...."    
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Flehingen AZJ 06111914a.jpg (171070 Byte)    

   
Unteroffizier Schlessinger wird ausgezeichnet und gefördert (1915) 

Flehingen Israelit 02091915.jpg (18261 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1915: "Flehingen (Baden), 30. August (1915). Herr Schlessinger, Unteroffizier im 22. bayerischen Infanterie-Regiment, erhielt das Eiserne Kreuz und wurde zum Feldwebel befördert."  

        
Beisetzung des "im Dienste des Vaterlandes" gefallenen Louis Barth (1916)  

Flehingen AZJ 21041916.jpg (102958 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. April 1916: "Flehingen, 14. April (1916). Am 30. vorigen Monats fand hier unter großer Beteiligung von nah und fern, aller Schichten der Bevölkerung und zweier Kriegervereine mit umflorter Fahne die Bestattung des vor wenigen Tagen im Dienste des Vaterlandes gefallenen Louis Barth, Sohn des Herrn Leopold Barth von hier, statt. Alle Liebe und Verehrung wie die ganze Fülle des Schmerzes und der Teilnahme an dem Verlust des einzigen Sohnes und Bruders kamen in einer Weise zum Ausdruck, die den Angehörigen einigen Trost in ihrem tiefen Leid bieten muss. Der erst 31jährige junge Mann, bereits am vierten Mobilmachungstage eingerückt, beobachtete unter großen Schwierigkeiten und persönlichen Opfern soviel als tunlich alle religiösen Vorschriften unserer Religion. Sein Freund und Kriegskamerad Herr Nachmann aus Rastatt, in einem Regiment mit ihm stehend, machte es sich zur Ehrenpflicht, den teueren Heimgegangenen unter großen Opfern und Gefahren heimzugeleiten, um die sterbliche Hülle desselben in heimatlicher Erde bestatten zu können. Vor dem Trauerhause sprach Herr Dr. Grzymich (statt: Gryzmisch), Bezirksrabbiner von Bruchsal, tief empfundene Worte des Abschieds und des Trostes. Möge die schwer geprüfte Familie, die bereits dem teuren Vaterland ihren Tribut durch den Heldentod zweier braver und tüchtiger junger Männer gezollt hat, vor weiteren herben Schicksalsschläge bewahrt bleiben."   

    
Zum Tod des Beschneiders und langjährigen Gemeindevorstandes und Gemeinderates Isaak Weingärtner (1916) 

Flehingen FrfIsrFambl 15091916.jpg (136343 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1916: "Flehingen. Am 3. September starb, fast 85 Jahre alt, unser ältestes Gemeindemitglied, Isaak Weingärtner. Der Verewigte war länger als 40 Jahre Mauhel (Mohel, Beschneider) und hat an mehr als 2.000 Kindern die Miloh (Beschneidung) vollzogen. Stets war er zur Erfüllung dieser großen Mizwoh (Gottesgebot) mit Freuden bereit, nach den entferntesten Orten zu reisen, ohne jemals dafür eine Bezahlung oder auch nur die Vergütung seiner Reisekosten anzunehmen. Vielmehr teilte er noch Geschenke aus und übte auch sonst Zedokoh und Gemilus Chasodim (Wohltätigkeit) weit über seine Kräfte, wobei ihm seine vor etwa 10 Jahren in den Tod vorangegangene Gattin stets tapfer zur Seite stand. Auch war er stets bereit, den Vorbeter zu vertreten: namentlich pflegte er bis zu seinem höchsten Greisenalter die Selichos am Jom Kippur vorzutragen. Er wirkte jahrelang segensreich als Vorstand der israelitischen Gemeinde und war auch Gemeinderat bei der politischen Gemeinde. 
Der imposante Leichenzug, der sich durch die Straßen unseres Ortes bewegte, legte Zeugnis davon ab, welch großer Beliebtheit sich der Verewigte nicht nur bei seinen Glaubensgenossen, sondern auch bei allen, die ihn kannten, erfreute. An der Bahre hielt Bezirksrabbiner Dr. Grzymich - Bruchsal eine tief durchdachte und zu Herzen gehende Rede. Im Trauerhause hielt dann Lehrer Rabinowitz einen ergreifenden Hesped (Trauerrede), in welchem er an der Hand der Worte 'Eine Krone des Schmuckes ist das greise Haupt, auf dem Wege der Gerechtigkeit wird es gefunden' (Sprüche 16,31) den Lebenslauf des Dahingeschiedenen schilderte." 

  
Lehrer Max Lieben wird ausgezeichnet (1918) 

Flehingen FrfIsrFambl 11011918.jpg (24120 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Januar 1918: "Flehingen. Offiziersstellvertreter Lehrer Max Lieben, Inhaber des Eisernen Kreuzes 1. und 2. Klasse und der badischen Verdienstmedaille, erhielt nunmehr auch die silberne militärische Karl-Friedrich-Verdienstmedaille."   

     
Viktor Weingärtner wird mit dem EK II ausgezeichnet (1918)   

Flehingen FrfIsrFambl 18101918.jpg (8560 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. Oktober 1918: "Flehingen. Viktor Weingärtner erhielt das Eiserne Kreuz 2. Klasse."

 
Zum Tod des aus Flehingen stammenden Bezirksrabbiners Lazarus Schleßinger (gest. 1924 in Flehingen) 
Anmerkung: Rabbiner Lazarus Schlessinger in 1842/43 in Flehingen geboren. Er war seit 1870 Bezirksrabbiner in Bruchsal und von ca. 1877 bis 1920 Bezirksrabbiner in Bretten. Weitere Texte zu ihm auf der Textseite zu Bretten.      

Flehingen Israelit 24071924.jpg (113605 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1924: "Karlsruhe, 15. Juli (1924). Am Mittwoch, den 9. Juli wurde in Bretten die sterbliche Hülle des Bezirksrabbiners L. Schleßinger zu Grabe getragen. Mit ihm ist der älteste unter den Rabbinern der jüdischen Religionsgemeinschaft in Baden aus dem Leben geschieden. Seine Beerdigung gestaltete sich demgemäss zu einer großen Trauerkundgebung. Freunde aus vielen Orten beteiligten sich daran, die Behörden Brettens, die Synagogenräte und Lehrer seiner Bezirksgemeinden. Der Sarg wurde zunächst in die Synagoge gebracht, und hier bot der Schwiegersohn, Bezirksrabbiner Dr. Grzymisch - Bruchsal in seiner ergreifenden Gedenkrede eine groß angelegte Darstellung von dem Charakter und der priesterlichen Wirksamkeit des Verblichenen in Amt und Familie. Auf dem Friedhofe bekundete Rabbiner Dr. Unna - Mannheim die warme Wertschätzung des Oberrates der badischen Israeliten, Bezirksrabbiner Dr. Pinkus - Heidelberg gab der treuen Teilnahme der badischen Rabbiner Ausdruck, und Lehrer Herz - Ittlingen betonte die herzliche Anhänglichkeit der Religionslehrer des Bezirks. Synagogenrat Bernhard Kauffmann - Bruchsal gedachte namens der dortigen Gemeinde mit Anerkennung der Tätigkeit des Verewigten im Bezirk Bruchsal, und der Schwager, Rechtsanwalt Dr. Gunzenhauser - Stuttgart, Mitglied des Oberkirchenrats, legte für die Familie von der Liebe zu dem Dahingeschiedenen Zeugnis ab. Bezirksrabbiner Schleßinger, geboren und gestorben in Flehingen, erreichte ein Alter von 81einhalb Jahren und war von 1870 bis 1920, also 50 Jahre, im Amte."

  
Zum Tod von Synagogenrat Theodor Ettlinger (1926)  

Flehingen Israelit 28011926.jpg (114067 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1926: "Flehingen, 18. Januar (1926). Ein imposanter Leichenzug, wie er wohl noch selten hier gesehen wurde, bewegte sich am 20. Tewes (= 6. Januar 1926) durch die Straßen unseres Dorfes. Galt es doch, den nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 56 Jahren verstorbenen Synagogenrat Theodor Ettlinger zur letzten Ruhe zu bestatten. Die israelitische Gemeinde verliert in ihm eines ihrer besten Mitglieder. Mehr als 25 Jahre fungierte der Verblichene an den hohen Feiertagen in meisterhafter Weise als Baal tokea. Der Verstorbene war ein guter Jehudi und ein großer Baal Zdoko. Durch sein schlichtes, bescheidenes Wesen, seinen vornehmen Charakter und seine Hilfsbereitschaft mit Rat und Tat erwarb er sich die Liebe und Achtung aller derer, die ihn kannten, wovon das überaus zahlreiche Trauergeleite ein glänzendes Zeugnis ablegte. Vor dem Trauerhause entwarf Herr Bezirksrabbiner Dr. Grzymisch - Bruchsal in beredten Worten ein Lebensbild des Entschlafenen und schilderte die hervorragenden Charaktereigenschaften desselben. Im Namen der Familie widmete Herr Studienrat Dr. Levi - Mannheim dem Verstorbenen warme Worte des Abschieds. Möge Gott der tief gebeugten Gattin und den zwei Kindern seinen Trost zuteil werden lassen. Die israelitische Gemeinde wird ihm ein treues Andenken bewahren. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

 
Zum Tod von Siegmund Ackermann (1927)  

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 23. September 1927: "Am 27. August verschied das älteste Mitglied der israelitischen Gemeinde Flehingen, unser Mitglied Siegmund Ackermann im Alter von 84 Jahren. Der Verstorbene war Altveteran von 1866 und 1870."

  
Verlobungsanzeige von Karoline Schlessinger und Bezirksrabbiner Julius Greilsheimer (1929) 
Friesenheim JGreilsheimer 010.jpg (43479 Byte)Zur Erinnerung an Rabbiner Dr. Julius Greilsheimer (geb. 1891 Friesenheim, ermordet in Auschwitz) ein Artikel aus Ernst G. Lowenthal ("Bewährung im Untergang. 1965; zitiert nach Stude s.Lit. S. 58): "Am 29. April 1891 in Friesenheim (Baden) geboren, besuchte Julius Greilsheimer die Volksschule seiner Geburtsortes und absolvierte das Gymnasium in Lahr, seine rabbinische Ausbildung erhielt er am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau. Nach dem Kriege bekleidete er zunächst mehrere Stellen als Hauslehrer. 1925 wurde er vom Oberrat der Israeliten Badens als Bezirksrabbiner für die Rabbinatsbezirke Mosbach-Merchingen-Wertheim mit dem Wohnsitz in Mosbach angestellt. Als Vertreter der Rabbinerschaft wurde er mit zwei anderen Kollegen in die Landessynode gewählt. Seine Frau war Karoline geb. Schlessinger aus Flehingen (Baden); er hatte mit ihr zwei Töchter. Die ganze Familie wanderte 1939 nach Holland aus und wurde über Westerbrock nach Auschwitz verschleppt; Frau Greilsheimer erwartete damals ihr drittes Kind. Im Andenken an Rabbiner Greilsheimer und die übrigen umgekommenen Mosbacher Juden wurde im Herbst 1947 in Gan Jiskor (Israel) ein Hain von 100 Bäumen gepflanzt"   

Flehingen Israelit 28111929.jpg (39037 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1929: "Statt Karten
Karoline Schlessinger,
Dipl.- Handelslehrerin - Bezirksrabbiner Julius Greilsheimer -
Verlobte.   
Flehingen (Baden) - Mosbach und Friesenheim (Baden). November 1929. Marcheschwan 5690." 

  
80. Geburtstag von Gottschalk Schlesinger (1932)  

Flehingen Israelit 30061932g.jpg (110389 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1932: "Flehingen (Baden). 30. Juni (1932). Am heutigen Tage kann unser hoch verehrtes ehemaliges Gemeindemitglied, Herr Gottschalk Schlesinger, seinen 80. Geburtstag begehen. Herr Schlesinger gehörte 36 Jahre hindurch dem Synagogenrate Flehingen am, darunter war er 22 Jahre lang Vorsteher der hiesigen jüdischen Gemeinde. Außerdem bekleidete er nahezu 14 Jahre das Amt des Bezirksältesten der Bezirkssynagoge Bretten. Seine aufrichtige Frömmigkeit, seine edle Menschenliebe, seine stets durch die Tat bewiesene Auffassung von Recht und Gerechtigkeit befähigten ihn in hohem Maße, Repräsentant dieser Ämter zu sein. Aber weit über den Rahmen dieser Tätigkeit hinaus sicherten ihm seine hohen Tugenden, gepaart mit Lebensweisheit und treffendem Weitblick, die Liebe und Hochachtung seiner Mitmenschen. Der Jubilar, der zur Zeit bei der Familie seiner Schwiegersohnes, Bezirksrabbiner Greilsheimer in Mosbach (Baden), weilt, ist körperlich und geistig noch sehr frisch und rege und besucht regelmäßig den Morgen- und Abendgottesdienst. Wir wünschen dem verehrungswürdigen Manne, der sich durch vorbildliches Walten und Wirken in seiner Familie, in der Gemeinde und im Leben der Gesamtheit die höchsten Verdienste erworben hat, noch recht viele gesunde und gesegnete Jahre! (Alles Gute) bis 120!"

  
Auswanderung der Familien Berthold Ackermann und Max Heumann (1936)  

Flehingen Israelit 30071936.jpg (59754 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1936: "Flehingen, 27. Juli (1936). Familie Berthold Ackermann und Max Heumann werden in den nächsten Tagen auswandern. Wir verlieren damit unsere tatkräftigsten Mitglieder. Herr Berthold Ackermann war außerdem langjähriger Vorsteher und Hilfsvorbeter unserer Gemeinde. Herr Neumann war ein großer Wohltäter. - Wir sehen seit kurzer Zeit unsere einst - noch vor wenigen Jahren - blühende Gemeinde schwinden. Möge eine bessere Zeit dem Einhalt gebieten, damit nicht - Gott bewahre - eine der würdigsten Gemeinden dem Verfall anheimfällt!"  

      
80. Geburtstag von Sara Greilsheimer (1936)  

Flehingen Israelit 12111936.jpg (50193 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1936: "Flehingen (Baden), 5. November (1936). Am 17. November wird Frau Sara Greilsheimer 80 Jahre alt. Sie ist die Mutter des verehrten Bezirksrabbiners Greilsheimer in Mosbach und die Witwe des früheren hiesigen Vorstehers Isak Greilsheimer - seligen Andenkens. Die Greisin steht heute noch im Mittelpunkt unserer kleinen Gemeinde, der sie in ihrem echtjüdischen Lebenswandel ein würdiges Beispiel gibt. Möge Gott sie erhalten und kräftigen im Kreise ihrer Familie. (Alles Gute) bis 120 Jahre."  

   
85. Geburtstag von Gottschalk Schlesinger (1937)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juli 1937: "Mosbach (Baden), 25. Juni (1937). Am 30. Juni begeht Herr Gottschalk Schlesinger in bewundernswürdiger Geistesfrische und körperlicher Rüstigkeit im Kreise der Kinder, Verwandten und Bekannten seinen 85. Geburtstag. Unsere Gemeinde nimmt innigen Anteil an diesem Jubeltag. Ist doch dieser ehrwürdige Jubilar, der Schwiegervater unseres verehrten Raw, einer der treusten und pünktlichsten Besucher und Förderer des Gottesdienstes und ein Gottesfürchtiger von stärkstem Impuls. Jahrzehntelang war der Jubilar in seiner Heimatgemeinde Flehingen Vorsteher der jüdischen Gemeinde. In seiner Amtszeit fällt auch die Erbauung der prachtvollen Synagoge, für die er jahrelang gearbeitet hat. Weit und breit galt er als ein großer Freund der Lehrer und Kantoren. 
Mögen nun dem ehrwürdigen Jubilar noch sonnige Jahre in ungetrübter Gesundheit beschieden sein. (Alles Gute) bis 120 Jahre".      

 
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen     
Nach der Emigration: Suchanzeige nach S. Stahl (früher Flehingen) (1942)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 16. Januar 1942: "Gesucht wird: .... S. Stahl (fr. Flehingen (Baden), von Adolf Oppenheimer (fr. Buchen, Odenwald), 458 Jamaica Ave., Brooklyn, N.A."         

     
Nach der Emigration: Todesanzeige für Jacob Barth (früher in Flehingen) (1944)   
Anmerkung: die genannte Jeanette Barth geb. Schönfärber (1872) ist am 3. September 1942 in Theresienstadt umgekommen; die gleichfalls genannte Miriam Greilsheimer geb. Barth wurde am 26. April 1942 in das Ghetto Izbica deportiert und ist gleichfalls umgekommen.   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 10. März 1944: "Plötzlich und unerwartet verschied am 5. März 1944 mein geliebter Mann, mein guter Vater, Sohn und Bruder 
Herr Jacob Barth
(früher Flehingen, Baden) 
im 47. Lebensjahre. In tiefer Trauer:  Renate Barth geb. Kahn, 8015 Grenfell Avenue, Kew Gardens, L.I.  
Wolf Barth
   
Jeanette Barth
Theresienstadt  
Miriam Greilsheimer geb. Barth (Aufenthalt unbekannt).  
Hilda Manasse geb. Barth 605 W. 151 Str., N.Y.C.  
Nanny Bauernfreund
geb. Barth, 8730 123 Street, Richmond Hill. L.I.  
Lazarus Barth
, 8409 Talbot Street, Kew Gardens, L.I.  
Leo Barth
  605 West 151 Str. N.Y.C."        

   
   
Sonstiges      
Grabstein in Gurs für Siegmund Uhl        
(Foto: Ruth Miller, Oktober 2016; Siegmund Uhl ist am 28. Juni 1876 in Flehingen geboren. Er wohnte in Flehingen, von wo er am 13. März 1939 nach Frankreich emigriert ist. Am 22. Oktober 1940 wurde sie in das Internierungslager Gurs deportiert, wo er am 30. Januar 1941 umgekommen ist)       

Flehingen Gurs Siegmund Uhl.jpg (46723 Byte) Grabstein im Friedhof des südfranzösischen Internierungslagers Gurs für 
"Hier ruht  
Siegmund Uhl  
1876-1941  
Flehingen"
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Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge       
   
Das Wohngebiet konzentrierte sich bis ins 19. Jahrhundert vor allem auf das sogenannte "Hinterdorf" (auch "Judengasse" genannt; heute Gegend der Samuel-Friedrich-Sauter-Strasse). Seit der Mitte des 19. Jahrhundert standen jüdische Wohnhäuser auch an der Gemeindegrenze nach Sickingen beim "Grünen Hof" (Franz-von-Sickingen-Strasse) und an der Gochsheimer Strasse.  
   
Einen ersten Betsaal richteten die jüdischen Familien vermutlich bald nach ihrer Aufnahme in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein. Die notwendige Zahl von zehn Männern zur Feier der Gottesdienste wird schnell erreicht worden sein. Allerdings währte die Zeit eines relativ ungestörten jüdischen Gemeindeaufbaus nach den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges nicht lange. Bedingt durch die Kriegszüge Frankreichs wurde die Bevölkerung des Ortes mehrfach in Mitleidenschaft gezogen. Im Herbst 1677 flohen die jüdischen Familien teilweise nach Bretten, teilweise ins württembergische Oberderdingen, wo sie in Bürgerhäusern Unterkunft fanden. Rabbiner Lippmann wurde mit Frau und Tochter sogar im evangelischen Pfarrhaus bei Pfarrer Johann Jakob Mehle aufgenommen. Der Pfarrer gestattete es dem Rabbiner sogar,  einen Betsaal im Oberderdinger Pfarrhaus einzurichten und mit den in Derdingen wohnenden Juden regelmäßig jüdischen Gottesdienst zu halten. Allerdings fand dies nicht gerade die freudige Zustimmung des evangelischen Spezialsuperintententen von Knittlingen, der das Verhalten des Oberderdinger Pfarrers im Januar 1678 bei der Kirchenleitung in Stuttgart anzeigte. Zuvor hatte er Pfarrer Mehe bereits schriftlich ermahnt, den Aufenthalt der Juden im Pfarrhaus nicht länger zuzulassen, noch "weniger denselben ihren lästerlichen Gottesdienst zu gestatten". Mehe hatte geantwortet, dass ihm die jüdische Sabbatfeier, die Gebete, das Leben und der Wandel der Juden besser gefalle als der Gottesdienst und die Lebensweise "vihler unter uns". Die Stuttgarter Kirchenleitung (Konsistorium) zitierte Pfarrer Mehe nach Stuttgart, wobei dieser in seinem Verhör unter anderem wiederholte, dass ihm das Verhalten der Juden am Sabbat viel löblicher erscheine als das vieler Christen an ihren Sonn- und Feiertagen. Das Motiv seines Handelns sei Mitleid gewesen. Er habe auch keinerlei Miete vom Rabbiner verlangt und eine solche auch nicht erhalten. Dennoch erreicht Mehe nicht, dass die Juden weiterhin in Oberderdingen bleiben konnten. Auf Veranlassung durch die Kirchenleitung schritt die Regierungsbehörde ein und befahl, die Juden innerhalb von 24 Stunden aus Oberderdingen zu vertreiben. Es ist zu vermuten, dass sie wiederum nach Flehingen zurückkehren konnten. Dort haben sie vermutlich bald in einem ihrer Häuser wieder einen Betsaal eingerichtet. 
 
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde eine erste Synagoge erbaut, die bis 1873 genutzt wurde. Um 1840 waren der Neubau einer Synagoge und einer jüdischen Schule dringendes Anliegen der Gemeinde geworden. Der Unterricht der Kinder fand damals im Wohnzimmer des jüdischen Lehrers und seiner Familie statt. Das Synagogengebäude wurde als "gänzlich unzweckmäßig" geschildert, dennoch war der Bedarf nach einer neuen Schule größer. Anfang 1841 bot sich der Kauf eines Hauses an, in dem es möglich gewesen wäre, Schule und Synagoge einzurichten. Bezirksrabbiner Flehinger aus Bretten unterstützte gegenüber dem Oberamt dieses Anliegen der Flehinger Gemeinde. Dennoch wurde zunächst nur für neue Schulräume gesorgt. 1844, als die Flehinger jüdische Gemeinde aus 158 Personen in 34 Familien bestand, beantragte man beim Oberamt die Durchführung einer Kollekte außerhalb Flehingens, um beim Synagogenbau voranzukommen. Man hatte schon 1.000 Gulden angespart, da aber der Neubau auf 6.000 Gulden geschätzt wurde, konnte man noch nicht an einen Baubeginn denken. Dem Antrag der Gemeinde an das Oberamt konnten Zeugnisse des evangelischen und katholischen Pfarramtes sowie des Bürgermeisteramtes beigelegt werden, die mit warmen Worten das Anliegen der jüdischen Gemeinde unterstützten. Über den Ausgang der Kollekte liegen keine Angaben vor.  
 
Es blieb zunächst bei der alten Synagoge im Hinterdorf, die, nachdem sie sich 1861 "in einem unwürdigen Zustand" befand, im Frühjahr 1863 nochmals repariert worden ist. Um 1867 gab es nach Berichten des Bezirksamtes Bretten Probleme mit einem christlichen Nachbarn der Synagoge. Es war Johann Adam Steidle, der sich geradezu ein Vergnügen daraus machte, an den Schabattagen den "Pfuhl von Abtritt und Düngerstätte" umzurühren und wegzuführen. sodass man es in der Synagoge oft nicht aushalten konnte und den Gottesdienst einstellen musste. Außerdem wartete Steidle mit dem Dreschen und dem Fruchtputzen gleichfalls bis zum Schabbat. Die Putzmühle stellt er dabei so, dass der Staub durch die Fenster der Synagoge drang, wodurch die Kleider der Juden verunreinigt wurden. Das Bezirksamt beauftragte den Flehinger Bürgermeister, "dem Johann Steidle hierüber Vorhalt zu machen und ihn auf Straf- bzw. Polizeistrafgesetzbuch hinzuweisen". 

1866 predigte cand. phil. L. Schleßinger in der Synagoge in Flehingen. Die Predigten scheinen auf eine gute Resonanz gestoßen zu haben, weswegen sie sogar im Druck erschienen:    
   
Veröffentlichung von zwei Predigten von L. Schleßinger, gehalten in der Synagoge in Flehingen (1866)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1867:  Zwei Predigten, gehalten in der Synagoge zu Flehingen von L. Schleßinger, cand. phil. Karlsruhe 1866."           

  
Ein besonderes Ereignis in der alten Synagoge war noch die Weihe einer neuen Torarolle 1870:    

Flehingen Israelit 01061870.jpg (42948 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1870: "Flehingen. (Baden). Herr Joseph Hausmann dahier hat eine Torarolle schreiben lassen, die am Schabbat Paraschat Emor (= Schabbat mit der Toralesung Emor, d.i. 3. Mose 21,1 - 24,23, das war am 14. Mai 1870) unter großer Feierlichkeit in die Synagoge gegeben wurde. Was bei dieser Feierlichkeit besonders hervorzuheben, ist, dass auch die christliche Bevölkerung tätigen Anteil an derselben genommen hat. D. Ackermann."

Seit 1862/63 waren die Pläne zum Neubau einer Synagoge wieder vorangetrieben worden. In einer Gemeindeversammlung im Oktober 1862 beschlossen bis auf sechs Gemeindeglieder, eine Umlage von 500 Gulden jährlich zum Neubau einer Synagoge ab Frühjahr 1863 durchzuführen. Bis November 1863 hatte die Gemeinde inzwischen 3.000 Gulden erspart. Im Dezember 1872 lagen endlich konkrete Pläne für den Neubau vor, die vom Bezirksamt genehmigt wurden. Am 1. Mai 1874 konnte die neue Synagoge eingeweiht werden. 
   
Einweihung der neuen Synagoge am 1. Mai 1874  

Flehingen AZJ 26051874.JPG (67329 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Mai 1874: "Aus Württemberg, 10. Mai 1874. In dem Marktflecken Flehingen wurde am 1. dieses Monats eine neue schöne Synagoge eingeweiht. Der ganze Ort nahm den herzlichsten Anteil und war mit Fahnen, Girlanden und Laubgängen geschmückt. Mit Recht konnte der Bürgermeister bei der Eröffnung der Pforte hervorheben, in welcher Eintracht die drei Konfessionen hier leben; denn aus allen Ständen waren die Bewohner Flehingens versammelt, und der Bezirksamtmann, der Oberamtsrichter, der Reichstagsabgeordnete von Bretten usw. waren zugegen. Der Rabbiner Herr Schlessinger löste seine Aufgabe, in der alten, wie in der neuen Synagoge die Abschieds- und die Weihepredigt zu halten, in beredtester und ergreifendster Weise. Wir hoffen, dass seine beiden Reden im Druck erscheinen werden."

Die alte Synagoge wurde nach der Einweihung der neuen geschlossen. Das Gebäude ist erhalten und wird als Schuppen genutzt (Grundstück Samuel-Friedrich-Sauter-Strasse 14). Das dazugehörige Wohnhaus war vermutlich das Haus des Vorbeters (mit "judendeutscher" Inschrift) und der alten jüdischen Schule. 
  
Eine jüdische Schule befand sich zunächst vermutlich in der Samuel-Friedrich-Sauter-Strasse 14 (s.o.). 1853 konnten zwei Drittel eines Hauses zur Einrichtung einer Schule erworben werden, in dem die Kinder bis zur Auflösung der Konfessionsschulen 1876 unterrichtet wurden. Im Gebäude war auch die Lehrerwohnung. 1896 oder wenig später wurde ein neues Schul- und Gemeindehaus mit Lehrerwohnung erstellt. In ihm wurde der Religionsunterricht der Kinder erteilt. Das Gebäude besteht nicht mehr (Gochsheimer Strasse 16). Ein rituelles Bad befand sich in einem Anbau hinter dem Schulhaus. 
 
64 Jahre war die neue Synagoge in Flehingen Zentrum des jüdischen Gemeindelebens am Ort. 1889 erfährt man von einer Regelung für den Vorbeterdienst:   
   
Regelung für das ehrenamtliche Vorbeten in der Synagoge (1889)  

Flehingen Israelit 28011889.jpg (27523 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1889: "In Flehingen, der Vaterstadt des Herrn Bezirks-Rabbiners Schleßinger, muss jeder, der als Baal Tefilla (ehrenamtlicher Vorbeter) fungieren will, sich vorher bei dem Rabbiner in Bretten einer Probe unterziehen. - Auch gut."

1922 wurden im Gebäude Gedenktafeln für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges angebracht:   
   
Einweihung von Gefallenen-Gedenktafeln in der Synagoge (1922)  

Flehingen Israelit 22061922.jpg (101397 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1922: "Flehingen, 11. Juni (1922). In unserer Synagoge wurden zwei von den Mitgliedern der hiesigen Israelitischen Gemeinde gestiftete Gedenktafeln eingeweiht. Die eine Tafel ist den 5 im Weltkriege leider gefallenen Söhnen unserer Gemeinde gewidmet, während die zweite Tafel die Namen der übrigen 29 Kriegsteilnehmer unserer Gemeinde trägt. Zur Einweihungsfeier sind von hier und unserer Nachbargemeinde Sickingen erschienen: Der Bürgermeister und Gemeinderäte, die Geistlichen und Lehrer, der Direktor der Erziehungsanstalt, der Postsekretär und Bahnvorstand, sowie der Ausschuss des Militärvereins. Herr Lehrer Rabinowitz hielt eine ergreifende Rede, in welcher er die Entschlafenen ehrte und der übrigen Kriegsteilnehmer unserer Gemeinde in Liebe und Dankbarkeit gedachte. Nach der Predigt folgte das Totengebet für die Gefallenen, worauf der Vorsitzende des Militärvereins im Namen desselben eine Ansprache hielt. Mit dem Danke des Vorstandes der Israelitischen Gemeinde an die erschienenen Ehrengäste fand die stimmungsvolle Feier ihr Ende."

1924 konnte nach einer Renovierung des Gebäudes in einer besonderen Feier das 50jährige Bestehen der Synagoge gefeiert werden:
   
50-jähriges Bestehen der Synagoge (1924)  

Flehingen Israelit 26061924s.jpg (72633 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juni 1924: "Flehingen (Baden), 23. Juni. Am ersten Tag Schewuos (Wochenfest; der erste Tag war Sonntag, 8. Juni) feierte die Gemeinde das 50jährige Bestehen der Synagoge. Aus diesem Anlass wurde das Gotteshaus neu renoviert. Die hierzu erforderlichen Mittel sind hauptsächlich durch die Bemühungen des Vorstandes aufgebracht worden. Der Festgottesdienst wurde von Herrn Lehrer Lehmann abgehalten; der mit dem durch ihn eingeübten Kinderchor schöne Synagogengesänge zum Vortrage brachte und die Festpredigt hielt. Vom Vorstande gab Herr Ackermann einen kurzen Rückblick über den Werdegang der Erbauung der Synagoge und sprach allen Spendern den Dank der Gemeinde aus."  

Bis zur Zerstörung der Synagoge in der Pogromnacht im November 1938 feierte die Gemeinde in der Synagoge ihre Gottesdienste. Am Vormittag des 10. November 1938 wurde gegen 9 Uhr die Synagoge von SA- oder SS-Leuten, vermutlich aus Karlsruhe niedergebrannt. Bei den Brandstiftern handelte es sich um etwa fünf Männer, die mit einem Auto nach Flehingen gekommen waren, verschiedene Brandsätze in die Synagoge stellten und diese anzündeten. Die Torarollen und die anderen Einrichtungsgegenstände wurden ein Raub der Flammen. Nach dem von der Gemeinde angelegten Schadensverzeichnis wurde das Synagogengebäude bis auf das Mauerwerk der Umfassungswände völlig zerstört. Die Hausteinfenster-Umrahmungen und das Hauptgesims seien durch die Hitze größtenteils ausgeglüht. An den Nachbargebäuden sei kein Brandschaden entstanden. Einige Monate nach dem Brand wurde das Grundstück samt der noch stehenden Ruine an Privatleute aus Flehingen verkauft, die am 26. Oktober 1939 eine Abbruchgenehmigung stellten. Diese wurde vom Bezirksamt erteilt unter der Bedingung, dass das Gelände "vollständig sauber eingeebnet" wird. Ende April 1940 wurde die Synagogenruine abgebrochen.  
 
Das Grundstück wurde neu bebaut (Gochsheimer Strasse 14). Eine Gedenktafel ist vorhanden. 
  
 
 
Fotos  

Historische Pläne: 
(Quelle: GLA Karlsruhe 357 (Bezirksamt Bretten) Fasz. 8911)
  
Pläne zum Bau der neuen Synagoge 
in Flehingen vom Dezember 1892
Flehingen Synagoge 043.jpg (35566 Byte) Flehingen Synagoge 044.jpg (38182 Byte)
  Vordere Ansicht (zur Straßenseite)  Seitenansicht
        
  Flehingen Synagoge 041.jpg (39572 Byte) Flehingen Synagoge 042.jpg (31922 Byte)
  Langenschnitt mit Einzeichnung der
 Treppe zur Frauenempore und der Empore
Grundriss des I. Stockes 
(gemeint: Erdgeschoss)

    

Fotos nach 1945/Gegenwart:  

 
Die Inschrift am Haus 
Samuel-Friedrich-Straße 14 
(Foto: Hahn, April 1987)
Flehingen Inschrift 010.jpg (56333 Byte)
  Text der Inschrift: "Gebaut von Gemeindevorsteher Mosche Bierig und seiner Frau Keile. 'Es werden deine Scheunen voll und deine Kelter von Wein überlaufen' 1852". 
Der erste Satz ist deutsch, aber in hebräischen Buchstaben geschrieben, außer dem Titel für "Gemeindevorsteher". Der zweite Satz ist hebräisches Zitat aus Sprüche 3,10.
   
Standort der Synagoge: 
Foto um 1985
(Foto: Hahn)
Flehingen Synagoge 005.jpg (67287 Byte) 
  Gochsheimer Straße in Flehingen: links Standorte der ehemaligen Synagoge 
und der jüdischen Schule 
(Gochsheimer Straße 14 und 16) 
   
Fotos 2003
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 7.8.2003)
Flehingen Synagoge 151.jpg (58230 Byte) Flehingen Synagoge 150.jpg (46399 Byte)
   Die Gebäude im August 2003: Die
 Gedenktafel ist am linken Gebäude
 Gochsheimer Straße 16 angebracht 
Gedenktafel für die zerstörte 
Synagoge und die Schule
 
     

   
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
Anmerkung: Über "Stolpersteine" in Flehingen siehe Seite des Museumsvereins Flehingen-Sickingen e.V.  https://www.museumsverein-flehingen-sickingen.de/die-stolpersteine-in-flehingen/ 
 
Die Stolpersteine in Flehingen gehen auf eine Aktion des Geschichte-Neigungskurses des Melanchthon-Gymnasiums zurück. Sie wurden am 15. Dezember 2010 und am 11. Februar 2020 durch den Künstler Gunter Demnig verlegt. Der Museumsverein hat die Schülerinnen und Schüler bei ihren Recherchen begleitet und unterstützt.
Die Steine im Einzelnen und ihre Verlegeorte:
Heinrich Barth, geb. am 7. 1.1889 in Flehingen; wurde 1940 nach Gurs deportiert und am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Lazarus Barth, geb. am 9.10.1887 in Flehingen; wurde 1940 nach Gurs deportiert und am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Leo Barth, geb. am 1.3.1901 in Flehingen, wurde am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Die Steine für diese Menschen befinden sich derzeit im Rathaus Flehingen und warten auf ihre Verlegung in der Gochsheimer Straße 21.
Joseph/Joseph Barth, geb. 12.2.1890, wurde 1940 nach Gurs deportiert und am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Sein Stein befindet sich vor dem Haus Bissinger Straße Nr. 24.
Emilie Esther Uhl, geb. 28.6.1905 in Flehingen, wurde 1940 nach Gurs deportiert und am 31.12.1942 in Auschwitz ermordet.
Siegmund Uhl, geb. am 28.6.1876 in Flehingen, wurde nach Gurs deportiert und starb dort am 30.1.1941.
Nathalie (Natalie) Uhl geb. Billigheimer, geb. am 7.10.1869 in Stuttgart - Bad Cannstatt, wurde nach Gurs deportiert und im Februar 1944 in Auschwitz ermordet.
Ihre Steine liegen vor dem Haus Bissinger Straße Nr. 4.
Nathan Heidelberger, geb. am 11.7.1873 in Flehingen, wurde nach Gurs deportiert und am 8.5.1945 in Auschwitz ermordet.
Amalie Heidelberger geborene Gutmann, geb. am 30.1.1884 in Olnhausen, deportiert nach Gurs, am 16.9.1942 in Auschwitz ermordet.
Ihre Steine liegen vor dem Haus Franz-von-Sickingen-Str. 18.
Fanny Schlessinger geb. Kaufmann, geb. am 05. Januar 1895 in Zaberfeld; deportiert nach Gurs, ermordet am 14.8.1942 in Auschwitz.
Robert Schlessinger, geb. am 27.9.1886 in Flehingen; deportiert nach Gurs, am 19.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Gottschalk Schlessinger, geb. am 30.7.1852 in Flehingen; am 8. Januar 1939 in die Niederlande emigiert, deportiert nach Westerbork, in Auschwitz am 19.11.1943 ermordet.
Ihre Steine wurden im Februar 2020 vor dem Haus Bahnhofstraße 3 verlegt (siehe Presseartikel unten).
Elias Heidelberger, geb. am 15.2.1869 in Flehingen,deportiert nach Gurs, ermordet am 1.12.1940 in Gurs.
Sein Stein liegt vor dem Haus Am Senselberg 3.
Recha Thekla Bärtig geb. Schlessinger, geb. am 11. Oktober 1894 in Flehingen; wurde nach Gurs deportiert und am 10. August 1942 in Auschwitz ermordet.
Beate Bärtig, geb. am 15.3.1932; wurde nach Riga deportiert und dort am 1. Dezember 1941 ermordet.
Ihre Steine liegen vor dem Haus Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 7.   

Februar 2020: Verlegung von "Stolpersteinen" in Flehingen für die Familie Schlessinger      
Artikel von Havva Keskin in den Kraichgau-news.de vom 11. Februar 2020: "Stolperstein-Verlegung in Bretten und Flehingen. 'Verbeugung vor den Opfern'
Bretten
. Wer war Oskar Tretter aus Bretten? Und was passierte mit der Familie Schlessinger aus Flehingen? Der Leistungskurs Geschichte des Melanchthon-Gymnasium Bretten (MGB) unter der Leitung von Lehrer Dirk Lundberg hat den Lebensweg dieser Opfer des nationalsozialistischen Terrors nachverfolgt und Licht ins Dunkel dieser Zeit gebracht. Ihre bewegenden Schicksale wurden am Dienstag, 11. Februar, in Bretten und Flehingen verewigt. Das Programm mit Vorträgen gestalteten in der Aula des MGB unter anderem Elke Bender, Schulleiterin am MGB, Solange Rosenberg von der Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe und der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff. Zur Gedenkfeier waren auch David Schlessinger, Enkel von Robert und Fanny Schlessinger aus Großbritannien angereist  [...]  
Drei Stolpersteine zum Gedenken an Familie Schlessinger. Bereits vor zehn Jahren wurden in Flehingen schon einmal Stolpersteine verlegt, aber 'leider nicht alle', so Thomas Nowitzki, Bürgermeister von Oberderdingen. 'Umso wichtiger ist es, dass wir heute die drei Stolpersteine zum Gedenken an Robert Schlessinger, Fanny Schlessinger und Gottschalk Schlessinger verlegen können', betonte der sichtlich gerührte Bürgermeister. Er sei sehr froh darüber, dass die heutige Generation der Eigentümer des Hauses in der Bahnhofstraße 3 in Flehingen ihre Zustimmung zur Verlegung der drei Stolpersteine vor dem Haus gegeben hätten. 'Mein Dank gilt aber vor allem euch, den Schülerinnen und Schülern des Leistungskurses Geschichte hier am Melanchthon-Gymnasium, die ihr zusammen mit Herrn Lundberg die Stolperstein-Aktion in unserem Ortsteil Flehingen heute abschließt.'
'Wo die Nazis ihr Unwesen getrieben haben, tauchen die Stolpersteine auf'. Zum siebten Mal in Bretten zu Gast war an diesem Tag der Künstler Gunter Demnig, der die Idee zu den Stolpersteinen vor über 25 Jahren entwickelt und den 75.000 Stein am 29. Dezember 2019 in Memmingen verlegt hat. 'Das Projekt nimmt die Form an, die ich mir gewünscht habe: Überall in Europa, wo die Nazis ihr Unwesen getrieben haben, Menschen ermordet haben, Menschen deportiert haben, tauchen die Stolpersteine symbolisch auf', sagte er. Die Stolpersteine könnten allerdings nicht Grabsteine ersetzen, wenn die Opfer des NS-Terrors in Rauch aufgelöst, die Asche verstreut und im Winter zum Streuen der Wege benutzt wurde.
Verbeugung vor den Opfern. Die Aussage von Kritikern, durch die Stolpersteine werde auf die Opfer getreten, wies der Künstler entschieden zurück und sagte: 'Du musst, wenn du die Inschrift lesen willst, eine kleine Verbeugung vor den Opfern machen.' Im Anschluss an die Gedenkfeier verlegte Demnig persönlich den Gedenkstein für Oskar Tretter in der Weißhoferstraße 29 in Bretten. Der Stein trägt die Inschrift: 'Hier wohnte Oskar Tretter, JG. 1901, Zeuge Jehovas, verhaftet 1936, Gefängnis Bruchsal, entlassen 1936, 1939 Neuengamme, ermordet 9.5.1940'. Auch die Stolpersteine für die Familie Schlessinger verlegte der Künstler in der Bahnhofstraße 3 in Flehingen selber."  
Link zum Artikel   
 
Artikel von Hansjörg Ebert in den "Brettener Nachrichten" vom 20. Februar 2020: "Abiturienten enttäuscht. Stolpersteine in Flehingen ins Abseits gerückt: Ausgrenzung von Opfern und beschämend für Nachfahren.
Stolpersteine sollen an Mitbürger erinnern, die dem Nazi-Terror zum Opfer gefallen sind. Sie werden üblicherweise gut sichtbar auf dem Gehweg vor den Wohnhäusern platziert, wo die Betroffenen zuletzt gelebt haben. In Flehingen hat man die Gedenksteine allerdings ins Abseits und damit aus dem Blickfeld gerückt.
Mit großen Hoffnungen und Erwartungen hatten sie sich für das Projekt 'Stolpersteine' engagiert. Doch bei der Verlegung in Flehingen folgte die große Ernüchterung: 'Wir sind sehr enttäuscht darüber, wie die Sache gelaufen ist und was nun das Ergebnis ist', sagt Patrick Opacic.
Standort der Stolpersteine entwürdigend. Wir – das sind auch Caroline Eichenberg und Ian Deuerer und der ganze Leistungskurs Geschichte des Melanchthon-Gymnasiums (MGB). Auch einige Schüler des Edith-Stein-Gymnasiums gehören dazu. Sie alle hatten an diesem Projekt mitgewirkt, das Opfern des Nazi-Regimes ein würdiges Gedenken geben sollte.
Die Steine wurden verlegt, wo sie nicht auffallen. Ian Deuerer
Was dann bei der Aktion herauskam, sei allerdings alles andere als würdig gewesen, monieren die Abiturienten. 'Die Steine wurden – anders als es vorher abgesprochen war und wie es üblich ist – nicht auf der Gehwegmitte vor dem Wohnhaus, sondern abseits, fast auf dem Nachbargrundstück verlegt, wo sie nicht auffallen', sagt Ian Deuerer. Das sei entwürdigend und auch nicht im Interesse des noch lebenden Enkels David der jüdischen Familie Schlessinger. Der war eigens zu dieser Verlegung mit seiner Frau Pamela aus England angereist. 'Wir waren auch alle ein wenig stolz darauf, dass wir mithelfen konnten, die Gedenksteine für diese Familie zu verlegen und so die Erinnerung wachzuhalten', bekundet Caroline. Und dann kam es doch anders.
Enkel des Ermordeten konsterniert. Auch David Schlessinger sei konsterniert gewesen, als die Verlegung in Flehingen über die Bühne ging. Er habe aber gute Miene zum bösen Spiel gemacht und sich seine Enttäuschung nicht anmerken lassen, berichten die Schüler. So erging es auch anderen, die dabei waren. Sie waren perplex und schwiegen, weil sie aus Respekt vor den Angehörigen keinen Eklat riskieren wollten. Vor zehn Jahren hatte es schon einmal den Versuch gegeben, die Stolpersteine in der Flehinger Bahnhofstraße zu verlegen. Doch die Hauseigentümer hatten sich geweigert, obgleich der Gehweg der Gemeinde gehört, und die Aktion damals verhindert. Die Steine wurden dann in einer Vitrine in der Flehinger Verwaltungsstelle ausgestellt. Jetzt gab es mit dem Projekt des MGB einen neuen Anlauf. 'Abgesprochen war mit Bürgermeister Nowitzki ein Termin mit den Hauseigentümern, dem Bauhof und uns als Organisatoren, um einen vernünftigen Platz zu finden', berichtet Dirk Lundberg. Der Geschichtslehrer des MGB, hat das Projekt initiiert und begleitet es. Doch diesen Termin habe es nie gegeben. Vielmehr habe der Bürgermeister die Sache hinter verschlossenen Türen mit der Familie ausgehandelt. 'Wir haben über dieses Gespräch und sein Ergebnis nichts erfahren ', kritisiert Patrick Opacic. Man sei vielmehr vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Gemeinde verteidigt Vorgehen. Von Bürgermeister Thomas Nowitzki war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Er sei im Urlaub, teilte das Rathaus auf Nachfrage mit. 'Den Anstoß, erneut mit der Flehinger Familie über die Stolpersteinverlegung vor ihrem Haus zu sprechen, gab die Anfrage des Geschichtsleistungskurses des Melanchthon-Gymnasiums', informiert die Oberderdinger Pressereferentin Barbara Lohner. Die dann erfolgte Platzierung der Steine sei der mit den Anwohnern ausgehandelte Kompromiss gewesen. 'Der Bürgermeister war der Meinung, dass man die Leute mitnehmen müsse und nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden sollte', bekundete Lohner.
Unsere Generation muss dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt. Caroline Eichenberg
14 Monate lang hatten die Abiturienten mit viel Herzblut an diesem Thema gearbeitet, das bei ihnen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. 'Wir tragen keine Verantwortung für die Vergangenheit, sehr wohl aber für die Zukunft', lautet ein Fazit von Patrick Opacic. Caroline Eichenberg ergänzt: 'Unsere Generation muss dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt', erklärt sie und hat dabei durchaus auch aktuelle politische Strömungen im Blick. Ein Satz hat sich bei ihr bei der Beschäftigung mit dem Thema tief eingeprägt: 'Wer die Augen vor der Vergangenheit verschließt, wird blind für die Zukunft'."  
Link zum Artikel  
Weiterer Artikel  von Hansjörg Ebert in den "Brettener Nachrichten" vom 22. Februar 2020: "Gedenksteine. Oberderdingen lenkt im Stolperstein-Streit ein
Die Gemeinde Oberderdingen hat auf den Protest von Schülern, Lehrern und betroffenen Bürgern umgehend reagiert und die Stolpersteine besser sichtbar und direkt vor dem Wohnhaus verlegt, das für die jüdische Familie Schlessinger der letzte frei gewählte Wohnort war. Mitarbeiter des Gemeindebauhofs versetzten die Steine rund neun Meter von der Hofeinfahrt in Richtung Wohnhaus, sodass sich diese nun direkt vor dem Haus befinden.
Der erste Standort abseits des Hauses und des Blickfelds hatte für Unmut gesorgt. Die Stolpersteine sollen als Zeichen des Gedenkens und der Mahnung an die von Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnern. So auch vor dem ehemaligen Wohnhaus von Gottschalk Schlessinger, Robert Schlessinger und Fanny Schlessinger in der Bahnhofstraße 3 in Flehingen. 1940 wurden die Schlessingers von dort von den Nazis nach Gurs transportiert und starben in einem Vernichtungslager. Die heutige Hausbesitzerfamilie hat das Haus, in dem die Familie Schlessinger als jüdische Mitbürger bis 1940 gewohnt haben, Ende der 1950er/Anfang der 1960er-Jahre von einem einheimischen Vorbesitzer gekauft. Vor zehn Jahren hatte es schon einmal einen Versuch gegeben, vor diesem Haus die Stolpersteine zu verlegen. Der war jedoch am Widerstand der Hausbesitzer gescheitert. Seither lagerten die Steine in einer Vitrine in der Flehinger Verwaltungsstelle. Im vergangenen Jahr machte der Geschichts-Leistungskurs des Brettener Melnnchthon-Gymnasiums einen erneuten Vorstoß – diesmal mit Erfolg. Nur dass die Platzierung unglücklich im Abseits gewählt wurde. Dies hat die Gemeinde nun korrigiert.
Letzter Synagogenvorsteher in Flehingen. Robert Schlessinger war der letzte Synagogenvorsteher in Flehingen und wurde wie seine Frau Fanny Schlessinger und sein Vater Gottschalk Schlessinger deportiert und ermordet. Die Tochter einer Nachbarin, die Augenzeugin der Verschleppung wurde, erinnert sich noch an die Erzählungen ihrer Mutter von diesem traumatischen Erlebnis: „Sie hat erzählt wie die Nazis kamen und die Schlessingers an Händen und Füßen gepackt haben und wie einen Sack Kartoffeln auf den Lastwagen geworfen haben“, berichtet die heute betagte Seniorin, die damals vier Jahre alt war. Ihre Mutter habe dieses Geschehen ihr ganzes Leben lang erfolgt, erzählt die Dame, die durch den Zeitungsbericht aufgerüttelt wurde und sich meldete. Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte am Melanchthon-Gymnasium-Bretten beschäftigen sich mit ihrem Lehrer Dirk Lundberg seit rund einem Jahr mit dem Schicksal ehemaliger Flehinger Mitbürger, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Sie organisierten die Stolpersteinverlegung zusammen mit dem Künstler Gunter Demnig Mitte Februar in Flehingen zunächst an dem Standort, den die Gemeinde mit den Hausbesitzern vereinbart hatten." 
Link zum Artikel  
 

  
  

Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Oberderdingen  
bulletWebsite des Museumsvereins Flehingen-Sickingen e.V.    

Literatur:  

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 85-86.  
bulletKarl Banghard: Fünf Schneeballen. Zwölf Jahrhunderte. Ein Kapitel Geschichte des Kraichgaues. Flehingen-Sickingen 779-1979. S. 148-184. 
bulletJürgen Stude: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe. 1990.  
bulletMartin Jung: Die württembergische Kirche und die Juden in der Zeit des Pietismus (1675-1780). Berlin 1992 (= Studien zu Kirche und Israel. SKI. Band 13).
    
bulletFlehingen Lit 140.jpg (49137 Byte)Wolfgang Schönfeld: Schicksale jüdischer Familien in Flehingen. 
Verlag Alte Uni Eppingen. Eppingen 2013. ISBN 978-3-926315-42-7. 290 S. mit etwa 140 Abb. 
(erhältlich für 18,- € zuzüglich Versandkosten bei W. Schönfeld, E-Mail: w-schoenfeld@t-online.de)  

Zum Inhalt: Sieben Jahre Diktatur der Nationalsozialisten während des sogenannten Dritten Reichs genügten, um in Flehingen die ehemalige jüdische Gemeinde, die dort über mehr als 300 Jahre existierte, auszulöschen. Dieses Buch zeigt in detaillierter Darstellung auf, dass es bei diesen Zusammenhängen aber um wesentlich mehr ging. Es weist anhand von Originaldokumenten nach, wie die menschenverachtende Ideologie der Nationalsozialisten in Flehingen Familien bedrängte, ihre Lebensplanungen zerstörte, sie zur Flucht oder Auswanderung zwang und schließlich auch vernichtete. Einigen gelang nach abenteuerlichen Wegen durch Frankreich und einer sich anschließenden Einreise in die Vereinigten Staaten letztlich doch der Neubeginn in der Neuen Welt. Ihre Schicksal und das der Unglücklichen ist Thema dieses Buches. 
bulletFlehingen Lit 201501.jpg (85174 Byte)Wolfgang Schönfeld: Jüdisches Leben in Flehingen.    
Verlag Alte Uni Eppingen. Eppingen 2015. ISBN 978-3926315-48-9. 428 S. 129 Abb. 
(erhältlich für 20,- € im Buchhandel bzw. zuzüglich Versandkosten bei W. Schönfeld, E-Mail w-schoenfeld@t-online.de)
Zum Inhalt: Durch den Verlust der Gebäude der ehemaligen jüdischen Gemeindezentren im Ortsbild von Flehingen droht auch das Wissen um das jüdische Leben im Ort in Vergessenheit zu geraten. Jüngere Generationen haben oft keine Kenntnis über die damaligen Lebens- und Wirtschaftsweisen der Israeliten. Diesem Vergessen entgegenzuwirken hat sich die vorliegende Dokumentation zur Aufgabe gemacht. Die breite Spanne der Themen reicht dabei von den ersten Bemühungen um die Emanzipation der jüdischen Bevölkerung Badens und im Zusammenhang damit der Sonderrolle der Flehinger jüdischen Gemeinde bis hin zu den Auseinandersetzungen zwischen Orthodoxie und Liberalismus in der Karlsruher israelitischen Gemeinde, die auch in Flehingen ihre Spuren hinterlassen hat. Außer dem jüdischen Vereinsleben, dem Viehhandel und der Geschichte der Synagogenbauten werden unter anderem auch neue Erkenntnisse zum jüdischen Friedhof sowie durch Israeliten bewirkte bauliche Veränderungen im Ort thematisiert. Der Niedergang der Gemeinde zur Zeit des Nazi-Terrors findet ebenso Erwähnung wie die Versuche der Aufarbeitung der Verfolgungen und ihrer Nachwirkungen. 
So entstand ein Mosaik des jüdischen Lebens in Flehingen, das immer aber auch Mosaik bleiben muss und nur Aspekte dieses Lebens aufzeigen kann, weil vieles auf Grund fehlender Quellen nicht mehr darstellbar war.  
bulletFlehingen Lit 112017.jpg (61653 Byte) Wolfgang Schönfeld: Geschichte der jüdischen Familie Schlessinger in Flehingen. 
Verlag Alte Uni Eppingen. Eppingen 2017. ISBN 978-3926315-56-4. 344 S. 123 Abb.  
(erhältlich für 18,- € im Buchhandel bzw. zuzüglich Versandkosten bei W. Schönfeld, E-Mail w-schoenfeld@t-online.de)  
Zum Inhalt: Der dritte Band zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Flehingen konzentriert sich auf die Geschichte der Familie Schlessinger. Mit Hilfe von Archivdokumenten, Abbildungen und überlieferten Briefen wird die Entwicklung einer Familiengeschichte dargestellt, die ihren Ursprung in Flehingen im Hinterdorf hatte. Etliche Rabbiner gingen aus dieser Familie hervor, ebenso aber auch einige der im Ort ansässigen Metzger und Viehhändler. Besondere Beachtung findet ein Familienzweig, der heute in Israel lebt und dort maßgeblichen Einfluss auf die orthodoxe Glaubensrichtung und auf die Ausbildung orthodoxer Rabbiner hat. Es konnte die Lebensgeschichte der Familie des letzten Vorstehers der jüdischen Gemeinde Flehingen aufgearbeitet werden, die exemplarisch ist für die Verfolgung, Internierung und auch Machtlosigkeit der Opfer gegenüber den gesellschaftspolitischen und antisemitischen Entwicklungen der Nazizeit. Die Deportation bedeutete den Tod des Ehepaars Schlessinger und auch gleichzeitig das Ende der jüdischen Gemeinde in Flehingen.   
   
bullet Wolfgang Schönfeld: Jüdische Familien aus Flehingen. Lebenswege und Schicksale. Verlag Alt Uni Eppingen. Eppingen 2022. ISBN: 9 783926 315625. 278 S.
(erhältlich für 20,- € im Buchhandel bzw. zuzüglich Versandkosten bei W. Schönfeld, E-Mail w-schoenfeld@t-online.de).   
Zu diesem Buch: Nach umfangreichen Recherchen konnte von Wolfgang Schönfeld der vierte Band der Reihe zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Flehingen und ihrer Familien veröffentlicht werden. Der neue Band mit dem Titel "Jüdische Familien aus Flehingen. Lebenswege und Schicksale"  enthält viele neue Dokumente und Recherche-Ergebnisse und ist mit 114 farbigen und schwarzweißen Abbildungen versehen. Ein Orts-, Personen- und Sachregister erleichtert den Zugriff auf spezielle Inhalte. Es werden Familien vorgestellt, die in Flehingen enge verwandtschaftliche Beziehungen hatten und vor allem das wirtschaftliche Leben im Ort prägten. Die Darstellung greift auch über die Flehinger Verhältnisse hinaus und fasst ebenso Lebensverhältnisse nach der Auswanderung ins Auge, die nicht für alle Ausgewanderten immer glücklich verlaufen sind. Aber auch gelungene neue Lebensumstände kommen zur Sprache.

 

  
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Flehingen.  Jews are first mentioned in 1548 and were among the new settlers after the village was destroyed in the Thirty Years War (1618-48). In the Nine Years War (1689-1697), a single Jew remained in the village on the approach of the French. The community grew to a peak of 160 in 1827 (total 1,143). The 16th century Jewish cemetery served the surrounding communities for hundreds of years and in 1874 a synagogue was constructed. A Jewish elementary school was opened in 1841. Anti-Jewish riots broke out during the 1848 revolution. In 1933, 59 Jews remained. By 1938, all Jewish businesses had been liquidated. At least 40 Jews emigrated. The synagogue was burned down on Kristallnacht (9-10 November 1938), and 18 Jews were deported, all but one perishing, including 11 in Auschwitz. 
   
     

                   
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Stand: 30. Juni 2020